Landtagswahl in Schleswig-Holstein

8. Mai 2022

Am 8. Mai 2022 wählten die Bürgerinnen und Bürger Schleswig-Holsteins ein neues Landesparlament. Die CDU um Ministepräsident Günther errang bei der Wahl zum 20. Landtag von Schleswig-Holstein einen Sieg mit großem Vorsprung vor den politischen Mitbewerbern. Einen herben Dämpfer gab es hingegen für die SPD, die mit einem historisch-schwachen Ergebnis hinter den Grünen nur den dritten Platz belegte. Die FDP und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW)  komplettieren die Riege der im neuen Landtag vertretenen Parteien. Die AfD scheiterte an der Fünfprozenthürde und ist künftig nicht mehr Teil des Landesparlaments.

Nur eine Woche nach der Wahl in Schleswig-Holstein, findet am 15. Mai die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen statt.

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    Vorläufiges Ergebnis

    Landtagswahl Schleswig-Holstein (Stand: 09.5.2022)

    Das vorläufige Ergebnis der Landtagswahl 2022 liegt vor: Die CDU um Ministerpräsident Daniel Günther hat bei der Wahl einen erdrutschartigen Sieg errungen — lediglich ein einzelnes Mandat trennt sie von der absoluten Mehrheit im Parlament und der Möglichkeit zur Bildung einer Alleinregierung. Die Grünen folgen mit deutlichem Abstand auf Platz zwei, und dürfen sich doch über ein sehr starkes Ergebnis freuen. Große Enttäuschung herscht hingegen bei der SPD: Nach zweistelligen Verlusten ist sie im Norden nur noch drittstärkste Kraft. Während FDP und SSW auch in der kommenden Legislatur Teil des Kieler Parlamentsbetriebs sein werden, scheitert die AfD an der Fünfprozenthürde.

    Die CDU kam auf 43,4 Prozent der abgegebenen Stimmen und wurde mit großem Vorsrpung erneut stärkste Kraft. Ein Zuwachs von 11,4 Prozentpunkten bescherte der CDU die komfortable Situation, rechnerisch frei  über die Wahl des künftigen Koalitionspartners entscheiden zu können. Als derzeit aussichtsreichster Partner gelten die Grünen, die mit 18,3 Prozent ihr im Norden bis dato stärkstes Ergebnis erzielten. Gegenüber der vergangenen Wahl bedeutet dies einen Zugewinn von 5,4 Prozentpunkten. Möglich wäre allerdings auch ein Schwarz-Gelbes Zweierbündnis aus CDU und FDP. Die FDP zählt mit Verlusten von 5,1 Prozentpunkten zwar  zu den Verlierern des Wahlabends, darf sich aber noch Hoffnungen auf die Rolle als alleiniger Juniorpartner an der Seite der CDU machen. Mit 6,4 Prozent gelang ihr der erneute Einzug. Die SPD dürfte als Koalitionspartner hingegen eher nicht in Frage kommen. Lediglich 16 Prozent der abgegebenen Stimmen bedeuteten für sie ein historisch schwaches Abschneiden und einen Verlust von 11,3 Prozentpunkten im Vergleich zur letzten Wahl. Noch heftiger hat es die AfD getroffen. Mit 4,4 Prozent musste sie sich erstmalig wieder aus einem Landesparlament verabschieden. Weiterhin im Kieler Landtag vertreten ist dagegen der Südschleswigsche Wählerverbund (SSW). 5,7 Prozent bedeuteten für die Regionalpartei ein Rekordergebnis.

    Am 26. Mai gaben CDU und Grüne die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen bekannt. Im Juni folgte dann die Einigung auf die Bildung einer Schwarz-Grünen Regierungskoalition.

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    Sitzverteilung im Landtag

    Laut vorläufigem Ergebnis der Wahl besteht der neue Landtag aus 69 Abgeordneten. Die CDU erhält 34 Sitze (+9 Sitze im Vergleich zur Wahl 2017), die Grünen 14 Sitze (+4), die SPD 12 Sitze (-9), die FDP fünf Sitze (-4) und der SSW 4 Sitze (+1).

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    Wahlbeteiligung

    Rund 2,3 Millionen Wahlberechtigte gibt es im nördlichsten Bundesland Deutschlands. Die Wahlbeteiligung lag bei 60,3 Prozent – und damit 4,3 Prozentpunkte niedriger als bei der letzten Wahl 2017. 31, 5 Prozent der Wählerinnen und Wähler gaben ihre Stimme via Briefwahl ab.

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    Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten


    Der Ministerpräsident

    Daniel Günther ist seit der Landtagswahl 2017 Ministerpräsident von Schleswig-Holstein und geht erneut als Spitzenkandidat der CDU ins Rennen. Seine Partei darf darauf hoffen, bei der Wahl auch von Günthers Popularität zu profitieren. Der Ministerpräsident ist nicht nur der beliebteste Politiker Schleswig-Holsteins, sondern führt auch im bundesweiten Vergleich das Ranking der populärsten Ministerpräsidentinnen und -präsidenten an. Nach Abschluss eines Studiums der Politikwissenschaft, VWL und Psychologie, arbeitete Günther von 2000 bis 2005 als Kreisgeschäftsführer der CDU Rendsburg-Eckernförde. Zwischen 2005 und 2012 war er Landesgeschäftsführer der CDU Schleswig-Holstein. Günther ist seit 2009 Mitglied des Kieler Landtages. Von 2014 bis 2017 war er Vorsitzender der CDU-Landtagsfraktion.


    Die Herausforderer

    Für die SPD bewirbt sich Spitzenkandidat Thomas Losse-Müller um das Amt des zukünftigen Ministerpräsidenten. Losse-Müller war viele Jahre Mitglied der Grünen, und wechselte erst 2020 zur SPD. Berührungspunkte mit seiner jetzigen Partei gab es allerdings schon seit längerem: Von 2014 bis 2017 war er unter Ministerpräsident Torsten Albig Chef der Staatskanzlei. Vor seiner politischen Laufbahn arbeitete der studierte Volkswirt von 2000 bis 2004 für die Deutsche Bank, ehe es ihn zur Weltbank nach Washington, und später zur Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit zog. 2012 folgte Losse-Müller dem Ruf der damaligen Finanzministerin Monika Heinold. Unter ihr war er bis 2014 Staatssekretär im Finanzministerium von Schleswig-Holstein.

    Gleich zwei Spitzenkandidatinnen werden für Bündnis90/Die Grünen zur Wahl antreten. Monika Heinold ist amtierende Finanzministerin und Stellvertretende Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein. Die gelernte Erzieherin wurde 1996 erstmals in den Kieler Landtag gewählt, und führt seit 2012 das Finanzministerium von Schleswig-Holstein. Aminata Touré ist mit 29 Jahren die Jüngste in der Riege der Spitzenkandidatinnen und -kandidaten. Nach ihrem Studium der Politikwissenschaft und Französischen Philologie arbeitete sie von 2014 bis 2017 als Mitarbeiterin der Bundestagsabgeordneten Luise Amtsberg. Als Nachrückerin zog Touré 2017 in den Kieler Landtag ein. 2019 wurde sie Vizepräsidentin des Schleswig-Holsteinischen Landtages.

    Bernd Klaus Buchholz ist Spitzenkandidat der FDP und seit 2017 Wirtschaftsminister von Schleswig-Holstein. Nach Abschluss seines Jurastudiums war Buchholz von 1992 bis 1996 schon einmal Abgeordneter im Kieler Landtag. In den Folgejahren arbeitete er in verschiedenen Funktionen für das Verlagshaus Gruner + Jahr. Von 2009 bis 2012 war er Vorstandsvorsitzender des Unternehmens. Ab 2014 arbeitete Buchholz für eine Hamburger Anwaltskanzlei. Seit 2013 ist er stellvertretender Vorsitzender der FDP in Schleswig-Holstein.

    Die AfD tritt mit Spitzenkandidat Jörg Nobis zur Wahl an. Der Diplom-Ingenieur war bereits 2017 Spitzenkandidat der AfD, und übernahm nach der Wahl auch das Amt des Fraktionsvorsitzenden im Kieler Landtag. Vor seiner Zeit als Abgeordneter arbeitete Nobis zwischen 2002 und 2007 als Offizier auf Kreuzfahrtschiffen. Ab 2008 war er als nautisch-technischer Sachverständiger tätig. Seit 2017 ist er Abgeordneter im Landtag von Schleswig-Holstein.

    Lars Harms ist Spitzenkandidat des Südschleswigschen Wählerverbandes (SSW), der politischen Vertretung der dänischen Minderheit im Landesteil Schleswig und der nationalen Friesen in Nordfriesland. Nach seinem Studium der Betriebswirtschaftslehre war er von 1989 bis 2000 als Leiter der Touristinformation in Heide tätig. Seit 2000 ist Harms, der der friesischen Volksgruppe angehört, Mitglied des Landtags in Kiel. 2012 übernahm er den Fraktionsvorsitz des SSW.

    Die LINKE ist seit 2012 nicht mehr im Kieler Landtag vertreten. Mit Spitzenkandidatin Susanne Spethmann soll nach zehn Jahren die Rückkehr ins Landesparlament gelingen. Spethmann ist Krankenpflegerin und Landessprecherin der LINKEN in Schleswig-Holstein.

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    Ausgangslage und Umfragen

    Lange Zeit hatte der Umgang mit der Corona-Pandemie die politischen Debatten Schleswig-Holsteins geprägt. Aufgrund des Kriegs in der Ukraine und den erwarteten Auswirkungen auf Deutschland und Europa, sind in den vergangenen Wochen andere Themen in den Vordergrund gerückt. So werden nun die sich stellenden politischen Herausforderungen in den Bereichen Mobilität und Verkehr, Energiepolitik, sowie in der Bildungs- und Umweltpolitik am wichtigsten empfunden. Corona liegt hingegen im Ranking wichtiger politischer Probleme nur noch auf Rang sechs.

    Eine Woche vor der Wahl liegt die CDU um Ministerpräsident Günther in Umfragen weiter deutlich vor der SPD. Die regierende CDU kommt auf 38 Prozent, die SPD liegt unverändert bei ungefähr 20 Prozent. Die Grünen bewegen sich in jüngsten Umfragen zwischen 16 und 18 Prozent; die Umfrageergebnisse der FDP variieren zuletzt zwischen sieben und neun Prozent. Während der Südschleswigsche Wählerverbund (SSW) in den vergangenen Wochen leicht zulegen konnte, und derzeit bei 5 Prozent liegt, zeigt sich für die AfD ein gegenläufiger Trend: Sie steht derzeit bei sechs Prozent.

    Weniger als sieben Tage vor der Wahl zeichnet sich ein klarer Wahlsieg der regierenden CDU ab. Sollten sich die jüngsten Umfrageergebnisse am Wahltag bestätigen, ergibt sich für Ministerpräsident Günther (CDU) sogar die Option zur Bildung einer Zweier-Koalition mit den Grünen. Leittragende einer Schwarz-Grünen Mehrheit könnte die FDP sein, die derzeit noch Teil der sogenannten Jamika-Koalition ist. Zur Erlangung einer parlamentarischen Mehrheit wäre Schwarz-Grün nicht länger auf die FDP angewiesen.

     

     

    Umfragen zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein am 8. Mai 2022 (Angaben in %)

     CDUSPDGrüneFDPAfDLINKESSWSonstige
    Forschungsgruppe Wahlen/ZDF
    29. April 2022
    38191776355
    Infratest dimap/ARD
    28. April 2022
    38191695-58
    Infratest dimap/NDR
    21. April 2022
    38201696-47

    Infratest dimap/NDR
    31. März 2022

    36201886-48
    INSA/BILD
    29. März 2022
    282716116345
    Infratest dimap/NDR
    10. März 2022
    33202094365
    INSA/BILD
    2. Februar 2022
    252815127436
    Infratest dimap/NDR
    20. Januar 2022
    282320107345
    INSA/BILD
    24. November 2021
    212818147435

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    Rückblick: Landtagswahl in Schleswig-Holstein 2017

    Das auch als Küstenkoalition bezeichnete Regierungsbündnis aus SPD, Grünen und dem SSW verlor bei der Wahl 2017 seine knappe Mehrheit. Die SPD um Ministerpräsident Torsten Albig büßte gegenüber 2012 drei Prozentpunkte ein; beim SSW betrug der Verlust etwas mehr als einen Prozentpunkt. Die schwarz-gelben Oppositionsparteien durften sich hingegen über Zugewinne freuen. Die CDU verbesserte sich um einen Prozentpunkt; die FDP gewann drei Prozentpunkte hinzu. Nachdem die FDP der möglichen Ampelkoalition eine klare Absage erteilt hatte, verständigten sich CDU, Grüne und FDP auf die Bildung einer Jamaika-Koalition. Neuer Ministerpräsident wurde Daniel Günther. Die LINKE konnte ihr Ergebnis gegenüber der vorherigen Wahl zwar leicht verbessern, blieb aber trotzdem unter der Fünfprozenthürde. An dieser scheiterte auch die inzwischen politisch marginalisierte Piratenpartei. Die AfD zog 2017 mit 5,8 Prozent erstmals in den Landtag von Schleswig-Holstein ein.

    Ergebnisse der Wahlen zum Landtag von Schleswig-Holstein seit 2012 (Angaben in %)

     CDUSPDGrüneFDPAfDLINKESSWPiratenSonstige
    201732,027,312,911,55,93,83,31,22,3
    201230,830,413,28,2-2,34,68,22,3

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      Wahlsystem

      In Schleswig-Holstein gibt es rund 2,3 Mio. Wahlberechtigte. Diese sind alle fünf Jahre zur Wahl der Abgeordneten des Landtags in Kiel aufgerufen. Gewählt werden darf bereits ab 16 Jahren. Wer selbst als Kandidatin oder als Kandidat zur Wahl antreten möchte, muss allerdings mindestens 18 Jahre alt sein. Zusätzliche Voraussetzung um wählen zu dürfen, ist die deutsche Staatsangehörigkeit. Das Wahlsystem gleicht dem der Bundestagswahl. Mit der Erststimme bestimmen die Wählerinnen und Wähler eine Direktkandidatin oder einen Kandidaten aus ihrem Wahlkreis. Die Zweitstimme wird für die Landesliste einer Partei vergeben. Sie ist entscheidend für das prozentuale Wahlergebnis einer Partei.

      35 der mindestens 69 Sitze des Landtags werden nach relativer Mehrheitswahl an die Direktkandidatinnen und -kandidaten in den Wahlkreisen vergeben. Die verbleibenden Sitze werden gemäß des Zweitstimmenergebnisses auf die Landeslisten der Parteien verteilt. Von der Anzahl der Sitze, die eine Partei über ihre Landesliste erhält, wird zunächst die Zahl der gewonnenen Direktmandate abgezogen. Falls eine Partei über gewonnene Direktmandate mehr Abgeordnete stellen kann, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis eigentlich zustehen würden, kommt es zu Überhangmandaten. Damit die Sitzverteilung im Landtag trotzdem dem Zweitstimmenergebnis entspricht, werden in diesem Fall zusätzliche Ausgleichsmandate an die anderen Parteien vergeben.

      In Schleswig-Holstein gilt die Fünfprozenthürde. Der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) ist von dieser Regelung jedoch ausgenommen. Die Partei vertritt die dänische Minderheit und die Friesen. Durch die Befreiung von der Fünfprozentklausel wird die parlamentarische Repräsentation dieser Minderheiten gewährleistet.

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      Wahl-O-Mat: Landtagswahl in Schleswig-Holstein

      Der Wahl-O-Mat zur Landtagswahl in Schleswig-Holstein fragt die Nutzerinnen und Nutzer nach ihren Positionen zu ausgewählten politischen Themen. Anschließend werden die Antworten mit den Partei- und Wahlprogrammen aller zur Wahl zugelassenen Parteien verglichen. Der Wahl-O-Mat ist ein Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Schleswig-Holsteinischen Landesbeauftragten für politische Bildung. Der Wahl-O-Mat ist freigeschaltet!

      www.wahl-o-mat.de

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      Letzte Aktualisierung: August 2022, Internetredaktion der LpB BW

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