April 2011

Simone de Beauvoir – intellektuelle Wegbereiterin der Neuen Frauenbewegung

Im April 2011 sind es 25 Jahre, seit Simone de Beauvoir in Paris verstorben ist. Noch immer gilt sie als Vorkämpferin für die Rechte von Frauen im 20. Jahrhundert, Mitbegründerin der modernen Frauenbewegung und darüber hinaus als eine der zentralen Figuren des französischen Existentialismus, der sich mit Fragen nach Freiheit und Selbstentwürfen der Einzelnen beschäftigte.

Sich selbst hat Simone de Beauvoir stets vor allem als Intellektuelle und Schriftstellerin verstanden.

„Die emanzipierte Frau sieht sich selbst als aktiver und zupackender Mensch, sie verweigert die passive Rolle, die der Mann ihr als wesenhaft aufzwingen will.“

Simone de Beauvoir in „Das andere Geschlecht“

 

Die am 9. Januar 1908 geborene "Tochter aus gutem Haus" lehnte sich schon früh gegen ihr großbürgerliches katholisches Elternhaus auf.

Simone de Beauvoir studierte Philosophie an der Sorbonne in Paris und schloss ihr Studium 1929 als neunte Frau in ganz Frankreich mit der "agrégation" ab. Dieses Examen der besten Lehramtskandidatinnen und –kandidaten berechtigt zur Lehre an Gymnasien und Universitäten.
Im selben Jahr hatte Simone de Beauvoir an der Universität Jean-Paul Sartre kennengelernt und gab zunächst Privatstunden in Paris, um in seiner Nähe bleiben zu können.
Später führte sie ihre Laufbahn als Lehrerin aber auch nach Marseille und Rouen.

Erst nach der Veröffentlichung ihres Romans "Sie kam und blieb" (1943) widmete sich Simone de Beauvoir ausschließlich dem Schreiben.
Mit dem Philosophen und Schriftsteller Jean-Paul Sartre verband sie eine außergewöhnliche Beziehung: Ihr Partnerschaftsideal verband Bindung und Unabhängigkeit, Liebe und Freiheit miteinander. Charakteristisch für diese Beziehung war der Abstand, den beide wahrten, indem sie keine Wohnung teilten und sich zeitlebens siezten.

Da Sartre und de Beauvoir einander solidarisch unterstützten und Mut zur Radikalität der Ehrlichkeit zeigten, galten und gelten sie als intellektuelles "Traumpaar" des 20. Jahrhunderts.

Nach Ende des Zweiten Weltkriegs gründeten Sartre und de Beauvoir "Les temps modernes", eine existentialistische Zeitschrift, die kulturell und politisch bedeutend wurde. Simone de Beauvoir engagierte sich zudem für die französische Linke und setzte sich für ein von der Blockbildung des Kalten Krieges unabhängiges Europa ein.

1949 erschien de Beauvoirs Hauptwerk "Le deuxiéme sexe" (deutsch "Das zweite Geschlecht", 1951), mit dem sie die moderne Frauenbewegung richtungsweisend beeinflusste und das heute zu einem Standardwerk der frauenpolitischen Weltliteratur zählt.
In diesem Buch analysiert de Beauvoir die Stellung von Frauen in der patriarchalisch geprägten Gesellschaft. Sichtbar wird hier eine Veränderung ihres Denkansatzes: Im Mittelpunkt ihres Denkens steht nicht mehr das Individuum, denn Herrschaftsstrukturen zwischen den Geschlechtern lassen sich nicht individuell durch Willensentscheidung auflösen.

Simone de Beauvoir sieht das weibliche Geschlecht als Ganzes. Ehe und Familie versteht sie als Institutionen, die der Unterdrückung der Frauen dienen. Berühmt geworden ist ihr Ausspruch:

„Man wird nicht als Frau geboren, man wird zur Frau gemacht. (…) Sie wird stets bestimmt und unterschieden im Verhältnis zum Mann, er jedoch wird nie definiert im Verhältnis zu ihr; sie ist das Unwesentliche im Verhältnis zum Wesentlichen; er ist das Subjekt, er ist das Absolute: Sie ist das Andere. “

Simone de Beauvoir in „Das andere Geschlecht“

 

Als literarisch bedeutend gilt auch de Beauvoirs Roman "Die Mandarins von Paris" (1955), der die Isolation und Einflusslosigkeit der Intellektuellen in der Welt zum Thema hat. Für ihn erhielt sie 1954 den Prix Goncourt, die renommierteste literarische Auszeichnung Frankreichs.

Zwischen 1956 und 1962 engagierte Simone de Beauvoir sich für die Unabhängigkeit Algeriens und gegen den französischen Kolonialismus. In den 1970er Jahren nahm sie an der neuen Frauenbewegung teil und ermutigte Frauen zur Freiheit durch eigenständiges Leben und finanzielle Unabhängigkeit. Zudem war sie Vorsitzende der  Liga für Frauenrechte und setzte sich für das Recht auf Abtreibung ein.

Den Tod ihres Lebensgefährten Jean-Paul Sartre verarbeitete Simone de Beauvoir in ihrem Buch "Die Zeremonie des Abschieds" (1981). Mit dem Sterben ihrer Mutter hatte sie sich bereits 1964 in "Ein sanfter Tod" auseinandergesetzt. Sie selbst starb 1986 im Alter von 78 Jahren in Paris.

 

 

 

 

 

April 2011 (Johanna Thumm)


Lektüretipps und Links:

  • Alice Schwarzer: Simone de Beauvoir. Rebellin und Wegbereiterin, Köln 1999
  • Mechthild M. Jansen, Ingeborg Nordmann, Angelika Röming (Hrsg.): Man wird nicht als Frau geboren. Simone de Beauvoir zum 100. Geburtstag. Aus der Reihe "Polis" der hessischen Landeszentrale für politische Bildung;
    Download als pdf

 

 

 

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