Planspiele
Didaktische und methodische Hinweise
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Simulationsspiele wie das Plan- und Rollenspiel sind eine Methode der politischen Bildung. Möchten Sie Ihren Unterricht interaktiv gestalten und suchen einen spielerischen Zugang zu komplexen politischen Prozessen? Diese Seite bietet didaktisch-methodische Hinweise und einen Überblick über das Angebot der LpB Baden-Württemberg zu Simulationsspielen.
Das Planspiel
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In Plan- und Rollenspielen werden Entscheidungssituationen simuliert, um den Teilnehmenden einen Einblick in den Einfluss unterschiedlicher Interessenlagen und/oder die Wirkung reglementierter Abläufe kollektiver Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Statt zu erklären „so kam es zur Entscheidung X“ wird die Entscheidungssituation nachgestellt und den Teilnehmenden somit das Nacherleben ermöglicht. Planspiele zielen also auf die Aktivierung der Teilnehmenden ab. Sie ermöglichen offene Lernprozesse und bieten einen Einblick in komplexe Zusammenhänge durch Nacherleben und Verstehen.
Begriff
Begriff
Ein Symptom für die Unsicherheit im Umgang mit dem Planspiel im Politikunterricht ist die begriffliche Unklarheit, die sich in der Literatur in unterschiedlichen Definitionen ausdrückt. Unter anderem heißt es: „Ein Planspiel bedeutet, eine gedachte Lage, eine Situation oder einen Fall auf eine Lösung oder ein Ziel hin durchzuspielen“ (Henning 1988, S. 255) oder: „Im politischen Bildungsbereich verstehen wir darunter ein Entscheidungsspiel“ (Silkenbeumer/Datta 1975, S. 42), oder: „Das Planspiel ist ein Spielmodell, in dem Entscheidungsprozesse simuliert werden“ (Kaiser 1973, S. 76).
Die hier zugrundegelegte Definition von Planspielen stammt von Hilbert Meyer. Demnach sind „Planspiele (...) komplex gemachte Rollenspiele mit klaren Interessengegensätzen und hohem Entscheidungsdruck“ (Meyer 1987, S. 366).
Bernd Henning: Planspiel, in: Wolfgang Mickel/Dietrich Zitzlaff (Hrsg.): Handbuch zur politischen Bildung, Bonn 1988, S. 255–258.
Friedrich-Joachim Kaiser: Entscheidungstraining, Bad Heilbrunn 1973.
Hilbert Meyer: Unterrichtsmethoden II: Praxisband, Frankfurt/M. 1987
Rainer Silkenbeumer/Asit Datta: Rollenspiel und Planspiel – Methoden des politischen Unterrichts, Hannover 1975
Kennzeichen des Planspiels
Kennzeichen des Planspiels
Ein wichtiges Kennzeichen des Planspiels ist, dass es über eine simulierte Umwelt verfügt. Desweiteren müssen in einem Planspiel soziale Rollen übernommen werden und es muss im Rahmen festgelegter Regeln gehandelt werden. Die Rolle im Planspiel repräsentiert nicht in erster Linie eine Person, sondern bestimmte Positionen wie etwa die, nach der parlamentarischen Entscheidung zum Paragraphen 218 das Bundesverfassungsgericht anrufen zu wollen, oder sie steht für politische Institutionen, für Organisationen oder Interessengruppen: die Rolle des Bundesverfassungsgerichts oder die Rolle der Betriebsleitung bzw. des Betriebsrats. Natürlich sind auch diese Rollen immer an Personen gebunden – nur Personen können Träger von Rollen sein –, aber nicht die Person, ihre Meinung, ihre Befindlichkeit oder ihr Verhalten wird hier primär durch die Rolle ausgedrückt, sondern die Position einer bestimmten politischen und/oder gesellschaftlichen Gruppe, die Haltung und das Handeln einer Institution oder einer Organisation. Dadurch ist das Rollenverhalten stark formalisiert und dem Rollenträger weitgehend vorgegeben.
Dennoch lässt sich auch in Planspielen durch die Rollenübernahme die simulierte Handlungs- und Lebenswelt lebensnah und menschlich adäquat psychologisieren und dramatisieren. Die Spielerinnen und Spieler können als handelnde Subjekte aktiv und direkt am Spielgeschehen teilnehmen, so dass die soziale Welt und die politische Wirklichkeit nicht mehr bloß distanziertes Objekt der Betrachtung und Untersuchung sind. Allerdings ist der Spielraum für individuelle Rolleninterpretationen im Vergleich zum Rollenspiel erheblich geringer. Planspiele liegen daher schon von ihrem Rollenverständnis her eher auf der Ebene des politischen Lernens und weniger auf der Ebene des sozialen Lernens.
Gegenstand von Planspielen
Gegenstand von Planspielen
Gegenstand von Planspielen im Politikunterricht sind politische Entscheidungsprozesse, die aus einem tatsächlichen oder fiktiven, aus einem gegenwärtigen, vergangenen oder in der Zukunft liegenden „objektiven Konflikt“ resultieren. Wenn man davon ausgeht, dass Entscheidungsprozesse auch kennzeichnendes Merkmal der politischen Realität sind, die durch das Planspiel abgebildet werden soll, weist dies wiederum auf die große Nähe von Planspielen zu politischem Lernen hin. Der Gegenstand „Entscheidungsprozess“ bedingt die Struktur und den Verlauf von Planspielen. Im Entscheidungsprozess sollen gesellschaftliche und politische Probleme und Konflikte aus der Interessenposition einer übernommenen Rolle heraus im Spiel „gelöst“ werden. Das heißt: Im Planspiel muss es zu einer Entscheidung kommen. Der Konflikt soll nicht vertagt werden, nicht weiterschwelen, sondern so oder so gelöst werden. Dabei erfolgt die Konfliktaustragung gruppenweise, was Kommunikations- und Interaktionsprozesse notwendig macht, die der eigentlichen Entscheidung vorgelagert sind. Kommunikationsprozesse finden innerhalb der einzelnen Spielgruppen statt, wenn es darum geht, zur Durchsetzung der jeweiligen Position eine bestimmte Strategie und bestimmte Taktiken zu entwickeln, den Grad der Kompromissbereitschaft der Gruppe zu bestimmen, die „Essentials“ der Gruppenposition festzulegen.
Interaktionsprozesse finden zwischen den beteiligten Gruppen statt, wenn diese versuchen, den Gegner und seine Strategien zu erkennen, seine Reaktionen zu testen, zu paktieren, Bündnispartner für Mehrheitsentscheidungen zu gewinnen. Das Planspiel enthält so eine Kette von Entscheidungen: innerhalb der eigenen Gruppe, zwischen den einzelnen Gruppen sowie die Entscheidung über den Konflikt bzw. über das Problem selbst. Auf jede dieser Entscheidungen erfolgt eine Reaktion, so dass stets eine neue Entscheidungssituation entsteht, auf die es flexibel zu reagieren gilt. Darüber hinaus werden auf diese Weise für den Einzelnen auch Entscheidungsfolgen sichtbar.
Handeln im Planspiel bedeutet vor allem die Analyse von Problemen, das Abwägen von Alternativen, die Entwicklung von Strategien und Taktiken sowie das Treffen von Entscheidungen zur Realisierung der aufgestellten Ziele. Planspiele sind daher im Allgemeinen dort einsetzbar, wo formale politische Prozesse sowie Systemmechanismen deutlich gemacht, wo Abhängigkeiten einzelner und Gruppen von vorgegebenen Strukturen und Systemen veranschaulicht und Einsichten in Interessenlagen, Machtstrukturen und Entscheidungszwänge verdeutlicht werden sollen.
Planspiele sind daher immer problem- und nicht wissensorientiert. Die für den Spielprozess notwendigen Kenntnisse und Fakten eignen sich die Teilnehmenden entweder während des Spiels an. Dann ist es notwendig, in das Planspiel lehrgangsmäßig organisierte Phasen der Wissensvermittlung einzulagern. Oder aber das Planspiel ist die kompakte und handlungsbezogene Auswertung und Anwendung des vorher, etwa in einem Lehrgang, aufgearbeiteten Fachwissens.
Allgemeine Ziele des Planspiels
Allgemeine Ziele des Planspiels
Da die Spielteilnehmer nicht wie bei anderen Formen der Wissensvermittlung passiv zuhören, sondern wie bei allen handlungsorientierten Methoden aktiv werden, erhöht das Planspiel zunächst einmal die Lernmotivation. Doch das Planspiel leistet sehr viel mehr als lediglich einen gegebenen Lernstoff einfach auf andere Weise zu vermitteln als im herkömmlichen Frontalunterricht. Einerseits können im Planspiel risikofrei Erfahrungen gemacht werden, die sonst nicht gemacht werden könnten. Andererseits kann exemplarisch der Umgang mit komplexen Systemen eingeübt werden. Allerdings laufen Planspiele Gefahr, den für eine optimale Durchdringung notwendigen Kenntnisstand und die erforderliche Verarbeitungskapazität von Teilnehmern zu überschätzen. Dies kann letztlich zum Scheitern des Planspiels führen oder dazu, dass das Planspiel für politisches Lernen unergiebig wird, weil es zu schlicht ist. Es kann auch leicht passieren, dass es zu Ungleichgewichten zwischen den einzelnen Spielgruppen kommt. Dadurch werden die Ergebnisse des Planspiels erheblich beeinflusst und im Vergleich zur Realität verfälscht.
Planspiele im Politikunterricht können auch dazu führen, dass bei den Teilnehmenden statt Kritikfähigkeit und Bereitschaft zum Engagement genau das Gegenteil erreicht wird, nämlich Anpassung an und Resignation vor scheinbar unvermeidlichen Systemzwängen.
Die Qualität von Planspielen und ihre Bedeutung für den Politikunterricht hängen im Wesentlichen von der Sorgfalt ihrer Vorbereitung ab, von der Art ihrer Durchführung und vor allem vom Gewicht der anschließenden Auswertung.
Auch wenn das Planspiel im Politikunterricht „Politik“ zum Gegenstand hat und es vor allem darum geht, Einsichten in das Politische zu gewinnen, ist das Spiel selbst im Unterricht in erster Linie ein Prozess sozialen Lernens. Er stellt eine Mischung dar aus emotional personenbezogenen sowie rational gegenstandsbezogenen Faktoren. So lassen sich auf mindestens drei Ebenen Kenntnisse, Einsichten und Fähigkeiten erwerben, entwickeln und erproben.
Auf der Ebene des Politischen
- Kenntnisse über Organisationsstrukturen und Verwaltungsapparate von Behörden, Parteien, Interessengruppen und Institutionen;
- Einsichten in die Komplexität von Politik und in das Problem, dass sich Politik häufig in Dilemmasituationen befindet, in denen es „die“ Lösung nicht gibt.
Die Einsicht,
- dass Interaktionsräume und Rollenverteilungen gesellschaftlich bedingt sind;
- in welchem Maß Interessenwahrnehmung und -durchsetzung unter bestimmten politischen Verhältnissen möglich sind;
- in die Schwierigkeit, theoretisch entwickelte Lösungskonzepte in der Praxis durchzusetzen;
- in welchem Maße Kommunikation, Interaktion, Kooperation und Kompromissfähigkeit Voraussetzungen für effektives politisches Handeln sind.
Auf der Ebene der individuellen „politischen“ Fähigkeiten
ergibt sich ein ganzer Katalog von Fähigkeiten, den die Teilnehmenden erwerben, entwickeln und erproben können. So z. B.
- das Austragen von Konflikten;
- das Erkennen der eigenen Interessenlage;
- das Erkennen von Interessengegensätzen;
- eine Situationsanalyse;
- das Definieren von Problemen;
- das Formulieren eigener Ziele;
- eine Soll-Ist-Analyse;
- Entscheidungen darüber fällen, welche Zielsetzungen realisierbar sind;
- Einsichten in politische Zusammenhänge;
- Einsichten in den Ablauf politischer Entscheidungsprozesse;
- Entscheidungen selbst treffen;
- Konsequenzen selbst getroffener Entscheidungen tragen.
Auf der Ebene des sozialen Lernens
- die Fähigkeit mit Konfliktsituationen umzugehen;
- die Einübung von Frustrationstoleranz;
- die Fähigkeit zur Aufnahme und Auswertung von Informationen;
- die Entwicklung von Problemlösungskompetenz;
- die Entwicklung von solidarischem Verhalten;
- die Entwicklung von Kooperationsfähigkeit;
- die Entwicklung von sozialer Sensibilität und Kommunikationsfähigkeit;
- die Entwicklung von Entscheidungs- und Handlungsfähigkeit;
- die Entwicklung der Fähigkeit und Bereitschaft in Alternativen zu denken;
- die Entwicklung der Fähigkeit und Bereitschaft, Eigeninitative zu entwickeln und
- Wege zu ihrer Verwirklichung zu suchen;
- die Entwicklung der Fähigkeit und Bereitschaft, in verschiedenen sozialen Gruppen mitzuarbeiten.
Es bedarf eigentlich nicht der Erwähnung, dass diese Ziele mögliche Ergebnisse von handlungsorientierten Methoden und vom Einsatz von Simulations- und Planspielen im Politikunterricht sind. Welche Ziele tatsächlich realisiert werden, hängt von vielen Faktoren ab: den Lehrkräften, den Schülerinnen und Schülern, den institutionellen Bedingungen der Schule und natürlich davon, wie oft solche Methoden auch in anderen Fächern zum Einsatz kommen.
Planspiele der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg
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Was bietet die Landeszentrale für politische Bildung an?
- Wir entwickeln Planspiele und erproben sie.
- Wir schulen Teamerinnen und Teamer für den Einsatz von Planspielen Einsatz im schulischen und außerschulichen Bereich.
Planspiel-Publikationen
Zu diesem Zweck hat die LpB die Publikationsreihe „Planspiele“ ins Leben gerufen.
Zu den Planspiel-Publikationen
Politische Tage
Die Planspiele kommen bei den „Politischen Tagen“ der vier Außenstellen der LpB zum Einsatz, wo sie in den Schwerpunktthemen Demokratie, Europa und Globalisierung bei der Arbeit mit Schulklassen eingesetzt werden.
Möchten Sie Politische Tage in Ihrer Schule oder Institution veranstalten?
Methodik und Didaktik
Methodik des Planspiels
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Bei Planspielen ist ein gut geplantes Vorgehen wichtig. Dies beginnt schon bei den Vorbereitungen. Hier ist insbesondere die Auseinandersetzung mit der Methodik des Planspiels wichtig, da bei einer mangelhaften Durchführung eines Planspiels unerwünschte Ergebnisse auftreten können, die den ursprünglichen Zielen entgegengesetzt sind. Eine gute Darstellung der Methodik wurde von der Bundeszentrale für politische Bildung erstellt und ist unter folgendem Link abrufbar:bpb-planspiel-methodik
Didaktische Hinweise
Die didaktischen Hinweise wurden einem Aufsatz von Prof. Dr. Peter Massing in dem Band Methodentraining für den Politkunterricht entnommen.
Prof. Dr. Peter Massing ist emeritierter Professor für Sozialkunde und Didaktik der Politik am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin.
Die Bedeutung von Planspielen im Politikunterricht
Die Bedeutung von Planspielen im Politikunterricht
Die Vorzüge von Planspielen für den Politikunterricht liegen auf der Hand. Allerdings sind damit auch Probleme und Gefahren verbunden. Allgemein muss gewarnt werden vor einer falschen Vorstellung und vor einer übertriebenen Erwartung.
Das Plädoyer für Planspiele darf nicht zu der Vorstellung führen, von Lehrerinnen und Lehrern werde erwartet, dass sie im Unterricht dauernd Planspiele einsetzen. Diese Befürchtung wird in Fortbildungsveranstaltungen regelmäßig geäußert. Doch darum geht es nicht. Der Politikunterricht lebt von einem guten Methodenmix, aber zwei- bis dreimal sollten Schülerinnen und Schüler während ihrer Schulzeit schon ein Planspiel durchgeführt haben.
Die Forderung nach einer demokratischen Erziehung ist nur einzulösen, wenn bereits Kinder und Jugendliche Schritt für Schritt zur Entscheidungsreife geführt werden, d. h. mit anderen Worten, in Entscheidungsprozesse eingeführt und systematisch zur Entscheidungsfähigkeit erzogen werden. Dazu gehört vorrangig, dass sie lernen, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen und für Entscheidungen Verantwortung zu tragen. Auch wenn man dieses Ziel im Grundsatz bejaht, kann seine Realisierung bestenfalls von der Schule insgesamt geleistet werden. Solche Erwartungen an ein einzelnes Unterrichtsfach oder gar an eine Methode zu richten, kann nur zu Enttäuschungen führen.
Wirksamkeit und Lerneffekte
Wirksamkeit und Lerneffekte
Über die Wirksamkeit und die Lerneffekte von Plan- und Entscheidungsspielen im Politikunterricht wissen wir wenig, zumindest wenig wissenschaftlich Gesichertes. Bisher sind es eher Vermutungen, die davon ausgehen, dass Simulationsspiele bei Jugendlichen eine höhere Motivation erzeugen und dass durch ganzheitliches Lernen das, was gelernt wird, länger behalten wird und die Einsichten in das Politische nachhaltiger wirken. Quantitative empirische Untersuchungen dazu liegen nicht vor und auch nur wenig qualitative Untersuchungen. Es lassen sich bestenfalls aus Befragungen von Jugendlichen Tendenzen erkennen.
So wurden zu einem UN-Sicherheitsratsspiel die Schülerinnen und Schüler nach zweieinhalb Jahren schriftlich nach ihren Erinnerungen befragt (vgl. zum folgenden Knittel, Bernd/Neukirchen, Gunilla: Der UN-Sicherheitsrat – eine wirksame Institution zur Herstellung des Friedens? Ein Planspiel aus und für die Unterrichtspraxis. In: Politische Bildung, 1/1999, S. 89-124). Auf zehn Briefe antworteten acht Schülerinnen und Schüler. Aus allen Briefen geht hervor, wie klar sie sich noch an das Spiel erinnern, an den Konflikt, an die Spielsituation und an die eigene Rolle und wie sehr sie in der Lage sind, im Nachhinein wichtige Aspekte und Effekte des Spiels zu reflektieren.
Probleme von Planspielen und Entscheidungsspielen im Politikunterricht
Probleme von Planspielen und Entscheidungsspielen im Politikunterricht
Sowohl in Planspielen als auch in Entscheidungsspielen stehen immer auch Konflikte im Mittelpunkt und ein zentrales Ziel dieser Simulationen ist die Erziehung zur Konfliktfähigkeit. Dennoch gehört gerade die vorschnelle Harmonisierung von Konfliktsituationen zu den größten Problemen von Plan- und Entscheidungsspielen.
Was damit gemeint ist, soll an folgenden Beispielen erläutert werden.
In einem in Berlin entwickelten Entscheidungsspiel geht es um folgendes Problem:
In einer Kleinstadt führt der Durchgangsverkehr über eine Straße mitten durchs Zentrum. An dieser Straße liegen viele Geschäfte, eine Tankstelle, eine Schule und ein Kindergarten. Die Lärm- und Schmutzbelästigung am Tage ist erheblich, ebenso die Gefährdung der Kinder, die die Schule und den Kindergarten besuchen. Auf Initiative der Eltern dieser Kinder ist eine Bürgerinitiative „Weg mit dem Durchgangsverkehr“ gegründet worden, die erreichen will, dass aus der Durchgangsstraße eine Fußgängerzone wird. Die Bürgerinitiative hat schon viele öffentlichkeitswirksame Aktionen einschließlich einer mehrstündigen „Besetzung“ der Straße durchgeführt. Die Karte der Stadt zeigt, dass alle übrigen erreichbaren Straßen durch Wohngebiete führen. Der Bau einer Umgehungsstraße ist wegen der leeren Kassen der Gemeinde und des Landes ausgeschlossen. Der Gemeinderat ruft eine Bürgerversammlung ein, in der die Betroffenen zu Wort kommen. Anschließend muss er eine Entscheidung darüber treffen, was passieren soll.
Die Intention des Spieles ist zu zeigen, dass Politik sich häufig in Dilemmasituationen befindet, in denen es „die“ Lösung nicht gibt. Jede Entscheidung verursacht soziale Kosten und hat negative Auswirkungen auf bestimmte Gruppen. (Die Entscheidung für die Fußgängerzone würde den Verkehr in die anderen Wohngebiete verdrängen, die Existenz des Tankstellenbesitzers wäre bedroht; der Bau einer Ampelanlage oder eine Tempo-30-Zone würde zwar die Gefährdungen der Kinder verringern, aber auf Grund des hohen Verkehrsaufkommens zu ständigen Staus und zu einer erhöhten Lärm- und Abgasbelastung führen usw.) Sowohl Schülerinnen und Schüler als auch Lehrerinnen und Lehrer, mit denen wir dieses Entscheidungsspiel in Fortbildungsveranstaltungen durchgeführt haben, neigen nun dazu, solche Konfliktsituationen nur begrenzt lange auszuhalten. Ebenso scheuen sie Entscheidungen, die für einen Teil der Betroffenen negative Folgen hätten. Die häufigste Lösung, die in dieser „ausweglosen“ Situation gefunden wird, ist das „Wunder“. Das Land hat plötzlich doch Geld, um eine Umgehungsstraße zu bauen, oder es finden sich private Investoren, die den Bau einer solchen Straße finanzieren.
Ähnliches lässt sich von einem Planspiel aus dem Bereich der internationalen Politik, „Streit um ein Grenzgebiet“ (Politik gestalten 1993), berichten. Hier geht es um die Verhinderung einer kriegerischen Auseinandersetzung, die auf Grund der Entdeckung eines umfangreichen Goldvorkommens auf dem Gebiet eines Staates der Region droht. In diesem Planspiel wird oft die "Räuberlösung" favorisiert: der Stärkste setzt sich durch, verknüpft mit einer mathematischen Lösung, das Gold wird nach einem bestimmten Schlüssel verteilt. Alle sind zufrieden und niemand merkt oder reflektiert, dass der Aggressor letztendlich für sein Verhalten belohnt wird.
Auf diese Weise wird nicht nur politische Wirklichkeit verfälscht, sondern sie ist auch geeignet, Vorurteilen und Politikverdrossenheit Vorschub zu leisten: „Man muss sich ja nur zusammensetzen und vernünftig miteinander reden, um eine gute, für alle befriedigende Lösung zu finden, und wieso sind Politiker dazu nicht in der Lage? Entweder sie sind unfähig oder unwillig.“ Haben sich erst einmal solche Einstellungen herausgebildet, sind sie auch in der Auswertungsphase, die nur die kognitive und nicht die emotionale Ebene ansprechen kann, kaum noch nachhaltig zu korrigieren.
Aber auch die sogenannte „Räuberlösung“, in der sich der Stärkere durchsetzt und der Aggressor belohnt wird, kann bei Schülerinnen und Schülern ähnliche Wirkungen haben. So reflektieren Schüler schriftlich im Nachhinein nach längerer Zeit ein Planspiel zur UNO:
Schüler: So konnte ich die Erfahrung machen, wie schwer es ist, die verschiedenen Ansichten der teilnehmenden Staaten zu bündeln, um gemeinsam weitere Schritte zu beschließen. Interessenkonflikte verschiedenster Art machten ein einheitliches Handeln fast unmöglich. Zugeben muss ich jedoch, dass damit das konkrete Ergebnis, d.h. die endgültige Maßnahme des Sicherheitsrates entfallen ist, falls es eine gab, wobei ich mir jedoch ziemlich sicher bin, dass diese nicht über Wirtschaftssanktionen oder etwas Ähnliches hinausging, was noch einmal zeigt, wie sehr sich die Mitglieder des Sicherheitsrates gegenseitig lähmen können.
Schüler: Als Repräsentant des angegriffenen Landes konnte ich sogar in einer UNO-Sitzung Ungerechtigkeiten erfahren, denn nur wo die wirtschaftlichen Interessen der anderen Länder verletzt worden waren, konnte ich mit Unterstützung rechnen, wenn auch nicht mit Anteilnahme geschweige denn aus Gerechtigkeitsgründen.
Schüler: ... vertrat ich in diesem Spiel die Position des Aggressors, und es verblüffte mich damals regelrecht, wie viel Handlungsfreiheit mir die übrigen Nationen (...) ließen und wie viele Zugeständnisse sie mir machten. Und obwohl ich weiterhin sehr aggressiv agierte und wenig Einsicht zeigte, traten die anderen Staaten nicht energischer auf und verwiesen mich nicht in unsere Schranken. Die Handlungsunfähigkeit der UNO war beispielhaft.
Der Lehrer, der wiederum die Aussagen der Schüler reflektiert, kommt zu folgendem Ergebnis: „Hier stellt sich die Frage, ob ein solches Spiel nicht Gefahr läuft, bereits bestehende Vorurteile zur Politik nur zu vertiefen – z. B. die Priorität wirtschaftlicher Interessen über moralisch haltbare Kriterien – und somit die Politikverdrossenheit der Schüler zu verstärken.“ Dazu lässt sich aus unseren Augen zweierlei sagen: Keiner der Schüler äußerte sich in diesem Sinne und verurteilte Politik auf Grund der gemachten Erfahrung, vielmehr äußersten sie sich differenzierter: Sie betonten, erlebt zu haben, „wie schwer es ist“, zu politischen Entscheidungen zu kommen, äußerten hierüber auch ihre Enttäuschung, nicht aber Verachtung oder das Gefühl, in ihren Vorurteilen bestätigt worden zu sein. Zudem lässt sich die Bedeutung des wirtschaftlichen Interesses, allen geäußerten Idealen zum Trotz, nicht verleugnen, und gerade der von ihnen erarbeitete Konflikt bietet dazu eine recht deutliches Beispiel, was aber nicht heißt, dass wirtschaftliche Interessen die einzigen Kriterien politischer Entscheidungen sind. Im Hinblick auf die Erziehung der Schüler zu urteilsfähigen und möglichst politisch aktiven Bürgern jedoch muss auch diese Konstellation im Unterricht erfahren werden; erst dann können sich Schüler hierzu verhalten.
Zum Schluss noch ein Problem, das häufig kaum beachtet wird, von dem der langfristige Erfolg von Simulationen jedoch ebenfalls abhängt: Ein Planspiel oder Entscheidungsspiel hat neben den beabsichtigten Effekten in der Regel auch eine Reihe unbeabsichtigter Effekte, die u. U. wirksamer sind und die den eigentlichen Intentionen zuwiderlaufen können. Deutlich wird dies z.B. in einem Kommentar einer Beobachterin zu einer Konferenzphase, in der es relativ heftig zuging. „Ich fand das ganz toll, es war genauso wie in der wirklichen Politik, keiner hörte dem anderen zu, keiner ließ den anderen zu Wort kommen und die Mehrheit entschied rücksichtslos auf Kosten der Minderheit.“ Solange solche Eindrücke artikuliert werden, lassen sie sich natürlich diskutieren und bearbeiten. Häufig wirken sie jedoch unbemerkt. Lehrerinnen und Lehrer müssen daher bei ihren eigenen Beobachtungen und in der Auswertung des Planspiels auch immer nach dessen "heimlichem Lehrplan" fragen und versuchen, ihn ins Bewusstsein zu heben und der Kritik zugänglich zu machen.
Diese unbeabsichtigten Effekte werden bei handlungsorientierten Methoden häufig vernachlässigt, sind aber in ihrer Wirksamkeit kaum zu überschätzen.
Schwierigkeiten beim Einsatz von Planspielen
Schwierigkeiten beim Einsatz von Planspielen
Sieht man allein die Ziele, scheint das Planspiel eine der wichtigsten Methoden für den Politikunterricht zu sein; doch Vorsicht ist angebracht. Mit dem Einsatz von Planspielen im Politikunterricht sind auch eine Reihe von Gefahren verbunden. So besteht immer die Tendenz, dass das Planspiel unkritisch auf die Wirklichkeit übertragen und so ein falsches Bild der politischen Realität vermittelt wird, in die eine Reihe von Faktoren einfließen, die im Spiel unberücksichtigt bleiben müssen.
Beim Einsatz des Planspiels im Politikunterricht kann es daher zu Schwierigkeiten auf unterschiedlichen Ebenen kommen.
Die Ebene der Lehrerinnen und Lehrer
Die Ebene der Lehrerinnen und Lehrer
Lehrerinnen und Lehrer haben in der Regel wenig Erfahrungen mit Planspielen. Weder in ihrer eigenen Schulzeit noch in ihrer Ausbildung haben sie konkrete Planspiele kennengelernt. Von daher fehlt ihnen ein wichtiges Stück Anschauung und praktischer Sicherheit, ohne die ein Planspiel gleich doppelt schwierig erscheint. Erfahrungen in der Lehrerfort und -weiterbildung zeigen, dass erst dann, wenn Lehrerinnen und Lehrer selbst praktische Spielerfahrungen sammeln konnten, die Bereitschaft wächst, die Planspielmethode auch im Unterricht einzusetzen. Auch Lehrerstudentinnen und -studenten, die in ihrer fachdidaktischen universitären Ausbildung Erfahrungen mit solchen Methoden machen konnten, sind eher bereit, sie im Unterricht anzuwenden. Dennoch scheint es auch dann noch Vorbehalte zu geben. Einige Gymnasiallehrerinnen und -lehrer, vor allem der Sekundarstufe II, neigen dazu, solche Methoden generell als „aktionistischen Firlefanz“ abzutun. Sie bevorzugen den in ihren Augen für die Schulform und die Jahrgangsstufe allein angemessenen „verbal-abstrakten“ Unterricht und sind nur schwer vom Nutzen handlungsorientierter Methoden zu überzeugen. Ihr wesentliches Argument ist, dass über die Methode zu wenig Inhalte vermittelt werden, kurz „zu wenig gelernt wird“. Dahinter steht der Glaube, dass „traditioneller Unterricht“ wie die Arbeit mit Texten, das Unterrichtsgespräch oder Ähnliches wirksamer seien. Tatsächlich ist dies nur „ein Glaube“, denn die wenigen Ergebnisse qualitativer Unterrichtsforschung zu handlungsorientierten Methoden legen eher das Gegenteil nahe.
Andere Lehrerinnen und Lehrer finden zwar die Methode interessant, trauen sie aber ihren Schülerinnen und Schülern nicht zu. „Planspiele sind ja spannend, aber meine Schüler können das nicht, die können nicht zuhören, die sind unselbstständig, die können nicht diskutieren.“ Nun ist es relativ unstrittig, dass Planspiele hohe Anforderungen an die Selbstständigkeit, Teamfähigkeit und die Gesprächsdisziplin stellen. Schülerinnen und Schüler erfüllen solche Anforderungen jedoch häufig viel besser, als Lehrerinnen und Lehrer dies vermuten. In Lehrerfortbildungskursen, die die Durchführung von Unterricht mit einschließen, zeigten sich Lehrerinnen und Lehrer nicht selten völlig überrascht von den Fähigkeiten, die ihre Klasse plötzlich entwickelte. Aber auch dann, wenn dies nicht der Fall sein sollte, ist von einem Verzicht auf die Planspielmethode abzuraten. Schnell gerät man sonst in einen Circulus vitiosus: Schülerinnen und Schüler haben keine Methoden-, Sozial- und Gesprächskompetenz, deshalb schrecken Lehrerinnen und Lehrer davor zurück, entsprechende Methoden einzusetzen; mit der fatalen Folge, dass die Schülerinnen und Schüler sie auch nicht erwerben können. Dieser Kreislauf ist nur durch den Einsatz von handlungsorientierten Methoden zu durchbrechen.
Die Ebene der Schülerinnen und Schüler
Die Ebene der Schülerinnen und Schüler
Schülerinnen und Schüler benötigen für die Durchführung eines Planspiels methodische und sozialkommunikative Fähigkeiten. Das Gefühl, diese nicht in ausreichendem Maße zu besitzen, kann manchmal zu einer Verweigerungshaltung oder zu Lustlosigkeit führen. Generell ist beim Einsatz von handlungsorientierten Methoden im Unterricht auf das Alter der Schülerinnen und Schüler zu achten. Vor allem in der Phase der Pubertät kann es hier zu Schwierigkeiten kommen. Jugendliche finden es in dieser Zeit manchmal peinlich, sich vor anderen „zu produzieren“. Auch hier helfen letztlich nur Erfahrungen. Schwieriger wird es, wenn über das Planspiel die Differenz zwischen leistungsstarken und leistungsschwachen Schülerinnen und Schülern besonders deutlich wird. Wenn z. B. Gruppen in der Auseinandersetzung sich allein deshalb durchsetzen können, weil sie durchweg mit den Leistungsstärksten der Klasse besetzt sind. Dies führt bei den anderen in der Regel zu Frustrationen und zu Desinteresse. Lehrerinnen und Lehrer sollten daher die Gruppeneinteilung nicht dem Zufall überlassen.
Der Begriff Planspiel kann bei Schülerinnen und Schülern dazu führen, den Aspekt des „Spielerischen“ über zu betonen, so dass das Ganze einen nicht ernsthaften Charakter erhält nach dem Motto „heute spielen wir und nächste Woche haben wir wieder richtigen Unterricht“. Planspiele dürfen daher nicht isoliert durchgeführt werden, sondern müssen in eine Unterrichtseinheit eingebunden sein, wobei immer wieder die Funktion des Planspiels für die gesamte Einheit geklärt werden muss.
Die Ebene der Planspiele
Die Ebene der Planspiele
Eine erhebliche Schwierigkeit für den Einsatz von Planspielen im Politikunterricht liegt in den Planspielen selbst. Erstens gibt es wenig Planspiele über spezifisch politische Themen (sehr viel mehr über ökonomische Themen), zum zweiten sind die auf dem Markt erhältlichen Planspiele häufig so umfangreich und fachlich ausdifferenziert, dass sie Schüler und Lehrer überfordern. Auch die Tendenz zu computergestützten Planspielen führt zur Zeit eher dazu, diese Methode in allgemeinbildenden Schulen nicht einzusetzen. Heinz Klippert fordert daher von den Planspielmachern mit Recht „einschneidende Simplifizierungen“. Diese stehen aber immer vor dem Dilemma, dass, sobald sie die Realitätsnähe der Spielmodelle sichern wollen, sie zu einer solchen Fülle von Informationen, Abhängigkeiten und Alternativen gelangen, dass das Planspiel unter schulischen Bedingungen kaum noch durchzuführen ist. Orientieren sie sich dagegen an der Handhabbarkeit, besteht die Gefahr, dass Planspiele so simpel geraten, dass sie die politische Wirklichkeit verfehlen. Zur Zeit ist die Mehrzahl der Planspiele allerdings für den Schulunterricht viel zu komplex und zu aufwändig. Ein Ausweg könnte darin liegen, dass Lehrerinnen und Lehrer selbst Planspiele konstruieren. Dazu gibt es zwar einiges an Literatur, dennoch ist die Herstellung von Spielmaterialien in der Regel so aufwändig, dass sich auch gutwillige Lehrer davon abschrecken lassen. Eine Möglichkeit besteht darin, mehrtägige Fortbildungsveranstaltungen mit Lehrerinnen und Lehrern zu nutzen, um mit ihnen gemeinsam Planspiele zu entwickeln, die sie dann anschließend im Unterricht erproben und ggf. modifizieren können. Breitenwirksam wird die Planspielmethode aber wohl nur werden, wenn es gelingt, interessierten Lehrern erprobte und praktikable Planspiele in möglichst kompletter Form und möglichst preiswert zur Verfügung zu stellen.
Die Ebene der Institution Schule
Die Ebene der Institution Schule
Die Durchführung von Planspielen bricht gleich mit einer Reihe von traditionellen Vorstellungen von Unterricht: die Auflösung der üblichen Sitzordnung, Verteilung der Klasse in mehrere Räume, Aufhebung vordergründiger Disziplin, Lärm durch Interaktion und Handeln. Dies trifft nicht selten auf ein anderes Lernverständnis bei der Schulleitung, bei Kolleginnen und Kollegen, bei den Eltern oder auch bei der Schulaufsicht. Es „stört“ den normalen organisatorischen Ablauf in der Schule. Lehrerinnen und Lehrer, die sich für solche Methoden entscheiden, müssen mit Konflikten rechnen und sollten darauf vorbereitet sein, sich rechtfertigen zu können. Erfahrungen zeigen jedoch auch, dass die tatsächlichen Konflikte in der Regel hinter den erwarteten und befürchteten zurückbleiben. Schwierig bleibt jedoch, Planspiele in den organisatorischen Unterrichtsalltag einzupassen. Soll das Planspiel nicht eine Methode für den Projekttag, die Projektwoche oder das Schullandheim bleiben, muss es gelingen, das Planspiel auf höchstens sechs bis acht Unterrichtsstunden zu reduzieren und so in Sequenzen oder Phasen zu gliedern, dass es sich dem normalen Unterrichtsverlauf (eine Stunde in der Woche, höchstens einmal eine Doppelstunde) anpasst.
Ablauf eines Planspiels
Phasen des Planspiels
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Phasengliederung | Stunden (insgesamt 6) | |
---|---|---|
Hauptphasen | Unterphasen | |
Vorbereitungsphase | Spieleinführung Informationsphase Ausarbeitungsphase | 1 Stunde |
Spielphase | Meinungs- und Willensbildungsphase | 1 Stunde |
Interaktionsphase | 2 Stunden oder 1 Doppelstunde | |
Anwednungsphase (Konferenz-, Entscheidungsphase | 1 Doppelstunde | |
Reflexionsphase | Distanzierungsphase Inhaltliche und methodische Auswertungsphase |
Die Vorbereitungsphase
Die Vorbereitungsphase
Die Vorbereitungsphase gliedert sich in drei Abschnitte:
- die Spieleinführung
- die Informationsphase und
- die Ausarbeitungsphase.
Nachdem die Lehrkraft bzw. die Spielleitung das Spiel vorbereitet hat (Bereitstellen von Spiel und Informationsmaterialien, geeigneten Klassenräumen, Arbeitsgruppenräumen, zusätzlichen Materialien wie z. B. Folien, Videos usw.), gibt sie eine Spieleinführung, in der das Planspiel vorgestellt wird: Worum es geht, welche Rollen sind vorgesehen, welche Gruppen, wie ist der Ablauf des Spiels, worin besteht der Zusammenhang von Planspiel und Unterrichtseinheit?
Diese Einführung sollte sorgfältig vorbereitet sein und zeitlich nicht zu knapp geplant werden. Es hat sich immer wieder gezeigt, dass Missverständnisse, die hier erzeugt werden, sich durch den gesamten Spielverlauf schleppen.
Beispiel zur Verdeutlichung
Beispiel zur Verdeutlichung
In der Unterrichtseinheit in einer Klasse 13 eines Gymnasiums geht es um den Entscheidungsprozess in der CDU-Fraktion nach der Verabschiedung des Gesetzes zum § 218 durch den Bundestag. Die Mehrheit des Bundestages hat sich nach Aufhebung des Fraktionszwanges für den fraktionsübergreifenden Gruppenantrag entschieden, dem aber nur eine Minderheit der CDU/ CSU-Fraktion zugestimmt hat. Die Mehrheit der Fraktion ist gegen dieses Gesetz und hält es für verfassungswidrig. Die Frage, die zur Entscheidung ansteht, lautet: Soll die CDU nach der Entscheidung des Bundestages das Bundesverfassungsgericht anrufen? In der Fraktion existieren unterschiedliche Positionen, drei sind für die Anrufung des Gerichts, drei dagegen – allerdings aus unterschiedlichen Gründen. Die Konferenzphase ist in den vorherigen Stunden vorbereitet worden, jetzt geht es um die Konferenzphase selbst, in der eine Entscheidung herbeigeführt werden soll.
Lehrer: So, erst einmal guten Tag. Sie sehen, die Situation ist heute alles etwas anders. Aber ich denke, dass wir das nach kurzer Zeit vergessen können. Lassen Sie uns vielleicht direkt in medias res gehen und uns auf die Sache konzentrieren. Sie werden Zeugen eines Rollenspiels sein, eines zwar nachgespielten Rollenspiels, eines zwar nachgespielten Entscheidungsprozesses, aber dafür haben wir den Vorteil, dass wir hautnah an diesem Entscheidungsprozess dabei sind ...
Der Lehrer spricht von „Rollenspiel“, dann von „nachgespieltem Rollenspiel“ und dann von einem nachgespielten Entscheidungsprozess. Die begriffliche Unklarheit führt zum einen dazu, dass den Schülerinnen und Schülern nicht klar ist, um was es überhaupt geht, zum anderen wird dadurch die Ernsthaftigkeit „des Spiels“ in Frage gestellt und der Fehlinterpretation, es handele sich hier um „Spielerei“, Vorschub geleistet.
Lehrer: ... Ich möchte Ihnen die Möglichkeit geben, sich jetzt in zehn Minuten auf die Diskussion vorzubereiten. Sie wissen ja, die Situation sieht folgendermaßen aus: innerhalb der CDU/ CSU-Fraktion gib es sechs Abgeordnete, die diesen Entscheidungsprozess herbeiführen wollen. Das Votum steht drei zu drei. Heute soll eine Entscheidung gefunden werden, d.h. Sie müssen sich Gedanken darüber machen: Wie wollen Sie argumentieren? Wie wollen Sie Ihre Position mehrheitsfähig machen? Wann bringen Sie Ihre Argumente praktisch, welche Argumentationsstrategie entwickeln Sie? Und: Wo sind Sie vielleicht auch selbst kompromissfähig? Wo können Sie sich einer anderen Meinung anschließen?
Der Lehrer nennt hier die wichtigsten Aufgaben, die die Spieler und Spielerinnen zu bedenken und zu berücksichtigen haben. Davon hängt letztlich der Erfolg des Spiels ab. Die bloße Aufzählung, quasi nebenbei, ist jedoch nicht nachhaltig genug. Die Schülerinnen und Schüler haben, wie das Spiel später zeigt, diese Aufgaben zum größten Teil wieder vergessen. Es ist also von hoher Bedeutung, der Erläuterung des Spiels einen viel höheren Stellenwert einzuräumen und die Schülerinnen und Schüler sorgfältig und nachhaltig auf das Spiel einzustimmen. Genau so wichtig ist, noch einmal nachdrücklich deutlich zu machen, worüber eine Entscheidung getroffen wird. Der Gegenstand der Entscheidung wird vom Lehrer nicht mehr genannt. Die Folge davon ist, dass in der folgenden „Konferenz“, in der die Entscheidung getroffen wird, überwiegend über die Position der Einzelnen zum § 218 diskutiert wird und nicht darüber, ob das Bundesverfassungsgericht angerufen werden soll oder nicht.
Informationphase
Informationphase
In der anschließenden Informationsphase lesen die Schülerinnen und Schüler zur ersten Orientierung den Problemaufriss, informieren sich über den Konflikt und den Hintergrund des Konflikts sowie über die Zielsetzung des Planspiels. Danach werden Spielgruppen gebildet. Dies sollte nicht ganz zufällig erfolgen. Zum einen ist es sinnvoll, Gruppen zu bilden, die in ihrer Leistungsstärke gemischt sind, zum anderen gibt es in jedem Planspiel „Schlüsselgruppen“, von denen der Erfolg des Planspiels wesentlich abhängt, z. B. Betriebsleitung, Moderator, Versammlungsleiter, Vorsitzender. Wenn Lehrkräfte solche Rollen nicht selbst übernehmen wollen (was immer nur die zweitbeste Lösung ist), müssen sie besonders kompetente Schülerinnen und Schüler damit betrauen.
In der Ausarbeitungsphase machen sich die Gruppenmitglieder mit den gruppenspezifischen und rollenspezifischen Informationen vertraut. Sie klären auftretende Verständnisfragen in der Gruppe oder durch Befragen der Lehrerin oder des Lehrers, nutzen zusätzlich bereitgestellte Informationsquellen (Lexika, Handbücher usw.) und vergegenwärtigen sich noch einmal den konkreten Ablauf des Planspiels.
Die Spielphase
Die Spielphase
Die Spielphase ist das Zentrum des Planspiels und gliedert sich ebenfalls in drei Unterphasen.
Meinungs- und Willensbildungsphase
Meinungs- und Willensbildungsphase
Für diese Phase, die innerhalb der Gruppen stattfindet, ist eine Unterrichtsstunde vorgesehen. Die Gruppenmitglieder diskutieren ihre Rollensituation, ihre Ziele, ihre Interessen vor dem Hintergrund der schon erarbeiteten Informationen. In dieser Sequenz des Planspiels soll aus passivem Wissen aktives, handhabbares und einsetzbares Wissen werden. Die Gruppe setzt ihre Ziele fest, gibt ihnen eine Rangfolge, plant Strategien für die Durchsetzung der Ziele und legt Möglichkeiten und Grenzen von Kompromissen fest. Die Ergebnisse sollten kurz schriftlich festgehalten werden. Zusätzlich ist es sinnvoll, den Verlauf der Gruppendiskussion in einem Protokoll zu dokumentieren (möglich ist auch ein Tonbandmitschnitt). Schwierigkeiten, Brüche, Unklarheiten lassen sich so später besser rekonstruieren.
Lehrkräfte haben hier vor allem die Funktion von Beratern und Experten, die bei Bedarf zu Hilfe gerufen werden können.
Interaktionsphase
Interaktionsphase
In dieser Phase sind Schülerinnen und Schüler besonders aktiv. Das führt dazu, dass dieser Abschnitt der Spielphase auch besonders zeitaufwändig ist. Die Aufnahme von Verbindungen mit den anderen Spielgruppen, das Verhandeln mit ihnen, die Suche nach Bündnispartnern, die Rückkoppelung zur eigenen Gruppe, die Überprüfung, die Modifizierung der Gruppenstrategie im Lichte der Verhandlungen können auch bei arbeitsteiligem Vorgehen nicht immer parallel verlaufen, sondern häufig nur in einem zeitlichen Nacheinander. Die Lehrkraft hat in dieser Phase vor allem einen Beobachterstatus. Sollte allerdings deutlich werden, dass die Gruppen allzu schnell Kompromisse eingehen oder realitätsferne Lösungen finden, können sie mit Hilfe von Ereigniskarten noch steuernd in den Prozess eingreifen. Besonders günstig hat es sich für diese Phase erwiesen, wenn dafür eine Doppelstunde zur Verfügung steht. Zur Not kann die Interaktionsphase auch über zwei Einzelstunden verlaufen, obgleich regelmäßig zwischen den beiden Einzelstunden ein erheblicher Spannungsabfall zu verzeichnen ist und es Schülerinnen und Schülern schwerfällt, sich in der zweiten Stunde wieder in die Verhandlungssituation zu versetzen.
Dieser Teil des Planspiels ist von besonderer Bedeutung für die Aneignung von Arbeitstechniken sowie für den Erwerb sozial kommunikativer Fähigkeiten. Die Phase ist allerdings am wenigsten transparent. Sie entzieht sich häufig der kontinuierlichen Beobachtung durch Lehrerin und Lehrer oder der Dokumentation durch Video oder Tonband. Sie lässt sich auch nur schwer in Protokollen festhalten. Es kann daher sinnvoll sein, in der Spielauswertung diese Phase gesondert zu besprechen und zu versuchen, sie über die Rückmeldungen der Schülerinnen und Schüler zu erhellen.
Am Ende der Interaktionsphase steht die endgültige Klärung der Gruppenposition sowie die Festlegung der Strategie für die nachfolgende Anwendungsphase.
Anwendungsphase
Anwendungsphase
In dieser Phase werden die Positionen, Argumente, Lösungsvorschläge durch die jeweils von den Gruppen benannten Gruppensprecher vorgetragen. In der Anwendungsphase, die häufig die Form einer Konferenz (Konferenzphase) hat, soll der Kompromiss gesucht bzw. die Entscheidung getroffen werden. Heinz Klippert ist der Meinung, dass es nicht immer zu einem Kompromiss kommen müsse, dass häufig Fragen offen blieben oder pro forma an Ausschüsse verwiesen werden müssten. Wir vertreten hier eine andere Position. Tatsächlich muss es nicht zu einem Kompromiss kommen, aber es muss eine Entscheidung getroffen werden. Dieser Zwang zur Entscheidung gibt dem Planspiel einerseits seine Dynamik und macht es andererseits als Methode besonders geeignet für den Politikunterricht, denn die Politik selbst ist wesentlich geprägt durch solche Entscheidungszwänge. Damit die von Klippert befürchtete Überziehung des Zeitlimits nicht eintritt, ist es notwendig, genau festzulegen, wieviel Zeit für die Entscheidungsfindung zur Verfügung steht (in der Regel nicht mehr als 30 Minuten). Ist danach keine Einigung erzielt, führt der Vorsitzende eine Mehrheitsentscheidung herbei. Er lässt abstimmen, und bei Stimmengleichheit entscheidet z.B. die Stimme des Vorsitzenden.
Die übrigen Gruppenmitglieder, die nicht mitspielen, erhalten Beobachtungsaufgaben. Sie können entweder den eigenen Gruppenvertreter beobachten (Wie hat er unsere Position vertreten, hat er sich an die vereinbarte Strategie gehalten?) oder den Vertreter einer anderen Gruppe (Wurde die Position deutlich, hat er sie überzeugend vertreten, welche Strategie war erkennbar?).
In dieser Sequenz des Planspiels werden zwei Phasen zeitlich miteinander verknüpft: die Anwendungsphase als wichtiger Bestandteil der Spielphase und die Reflexionsphase. Diese beiden Phasen dürfen auf keinen Fall getrennt werden. Für diese Sequenz des Planspiels ist daher eine Doppelstunde unabdingbar.
Die Reflexionsphase
Die Reflexionsphase
Die Verknüpfung der Spielphase mit der Reflexionsphase gehört zu den schwierigsten Momenten im Planspiel. Die Umstellung vom Handeln zum Denken fällt Schülerinnen und Schülern ebenso schwer wie Lehrerinnen und Lehrern. Dieser Übergang wird durch die Distanzierungsphase erleichtert. Da Planspiele auch Rollenspiele sind, ist auch hier eine Rollendistanzierung dringend erforderlich. In der Distanzierung geht es um eine erste intuitive Bewertung des Planspiels, eine Diskussion des Ablaufs, einen Vergleich des Planspiels mit der Wirklichkeit.
In der eigentlichen Auswertungsphase erfolgt vor allem eine inhaltliche Problematisierung des Planspiels: Was waren die wichtigsten Ergebnisse, welche zentralen politischen Kategorien (Interessen, Macht, Recht, Werte, Ideologien) waren von Bedeutung, welche Erkenntnisse lassen sich verallgemeinern, d. h. können auf andere Bereiche der Politik übertragen werden?
Der wichtigste Bewertungsmaßstab in dieser Phase ist der Grad der Wirklichkeitsnähe, über den die Beziehung zur Politik hergestellt werden kann. Dazu sind mehrere Schätzskalen erforderlich, die sich gegenseitig ergänzen und korrigieren:
- Ist der thematisierte Realitätsausschnitt im Spielmodell unserer Meinung nach im Großen und Ganzen wirklichkeitsgetreu nachgebildet?
- Sind die uns bekannten Realsituationen in den entsprechenden Spielsituationen lebensecht repräsentiert?
- Stimmen Proportionen und Schwerpunkte?
- Wird die „Wirklichkeit“ bzw. das Vorstellungsbild, das uns als „wahr und wirklich“ erscheint, im Modell richtig dargestellt, zumindest im Prinzip?
- Oder sind im Gegenteil bestimmte Aspekte der Spielthematik unverhältnismäßig übertrieben dargestellt, ungebührlich vereinfacht oder allzu kompliziert und verworren?
- Wurden wesentliche Gesichtspunkte vernachlässigt oder völlig ausgelassen?
- Ist die im Planspiel nachgebildete Wirklichkeit in der Substanz so weit verfremdet und verfälscht, dass angesichts solcher Verzerrungen eine direkte Übertragung von Spielerfahrungen auf die Realität irreführend wäre?
Ob das Planspiel wirklich einen Beitrag zum politischen Lernen geleistet hat, entscheidet sich letztendlich in der inhaltlichen Auswertung. Für diese ist daher auch mindestens eine Unterrichtsstunde anzusetzen.
Nach der inhaltlichen Problematisierung kann sich, vor allem in der Sekundarstufe II, auch noch eine methodische Problematisierung anschließen. War das Planspiel überhaupt die geeignete Methode, um die Unterrichtsziele zu erreichen, welche Schwächen hatte das Planspiel und welche Vorzüge, welche Alternativen wären möglich gewesen? Eine Metakommunikation über die methodischen Aspekte des Planspiels hat zum Ziel, die Methodenkompetenz der Schülerinnen und Schüler zu stärken.
Formate: Planspiel, Entscheidungsspiel, Rollenspiel
Wie aus der Grafik ersichtlich wird, handelt es sich bei allen drei Formaten (Planspiel, Rollenspiel und Entscheidungsspiel) um Simulationen, die wiederum einen Teil der Modelle darstellen.
Das Entscheidungsspiel ist ein verkürztes Planspiel und daher dem Planspiel sehr ähnlich. Das Rollenspiel unterscheidet sich dagegen vom Planspiel.
Als Modelle müssen alle drei bestimmte Anforderungen erfüllen. Zum einen die Anforderung der Repräsentation. Ein Modell ist Abbild, Nachbildung oder Repräsentation „von etwas“, ein Ersatzsystem, das an die Stelle eines originalen Systems tritt: an die Stelle eines empirischen Gegenstandes (Realmodell) oder eines idealen Gebildes (Idealmodell). Ein Modell kann auch eine reine, bloß erfundene Vorstellungswelt repräsentieren (fiktionale Modelle). Planspiele und Simulationen sind fiktionale Modelle, die – obwohl „erfunden“ – aufgrund prinzipieller und struktureller Ähnlichkeiten im Kern mit der realen Erfahrungswelt übereinstimmen müssen. Zweitens die Anforderung der Reduktion. Ein Modell ist eine verkürzte und vereinfachte Darstellung. Es enthält nur jene Teile, Eigenschaften oder Aspekte des Vorbildes, die von den Konstrukteuren als wichtig eingeschätzt werden. Diese Komplexitätsreduktion muss ähnlich wie die Unterrichtsplanung das Wesentliche hervorheben. Dabei ist darauf zu achten, dass die Wirklichkeit nicht durch zu starke Simplifizierungen verfälscht wird.
Format: Rollenspiel
Planspiel | Rollenspiel |
---|---|
im Rahmen festgelegter Regeln handeln | |
soziale Rollen übernehmen | |
Rolle: Identifikation mit bestimmter Position | Rolle: Identifikation mit bestimmter Person |
Spielraum für individuelle Rolleninterpretation gering | Spielraum für individuelle Rolleninterpretation gegeben |
simulierte Umwelt | - |
Ebene: politisches Lernen | Ebene: soziales Lernen |
Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Plan- und Rollenspielen
Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Plan- und Rollenspielen
Es ist schwierig, den Unterschied zwischen Rollenspielen und Planspielen theoretisch befriedigend zu bestimmen.
Im Gegensatz zum Planspiel fehlt beim Rollenspiel die simulierte Umwelt, dennoch sind die Grenzen fließend, denn auch in Planspielen müssen Spielerinnen und Spieler bestimmte soziale Rollen übernehmen und im Rahmen festgelegter Regeln handeln.
Die Rollen in einem Planspiel unterscheiden sich von den Rollen in einem Rollenspiel. Während im Rollenspiel sich Spielerinnen und Spieler in der Regel mit einer bestimmten Person identifizieren, z. B. mit der Rolle der Mutter, des Vaters, der Rolle eines Lehrers oder eines Polizeibeamten, repräsentiert die Rolle im Planspiel nicht in erster Linie eine Person, sondern bestimmte Positionen wie etwa die, nach der parlamentarischen Entscheidung zum Paragraph 218 das Bundesverfassungsgericht anrufen zu wollen, oder sie steht für politische Institutionen, für Organisationen oder Interessengruppen: die Rolle des Bundesverfassungsgerichts oder die Rolle der Betriebsleitung bzw. des Betriebsrats. Natürlich sind auch diese Rollen immer an Personen gebunden – nur Personen können Träger von Rollen sein –, aber nicht die Person, ihre Meinung, ihre Befindlichkeit oder ihr Verhalten wird hier primär durch die Rolle ausgedrückt, sondern die Position einer bestimmten politischen und/oder gesellschaftlichen Gruppe, die Haltung und das Handeln einer Institution oder einer Organisation. Dadurch ist das Rollenverhalten stark formalisiert und dem Rollenträger weitgehend vorgegeben. Dennoch lässt sich auch in Planspielen durch die Rollenübernahme die simulierte Handlungs- und Lebenswelt lebensnah und menschlich adäquat psychologisieren und dramatisieren. Die Spieler und Spielerinnen können als handelnde Subjekte aktiv und direkt am Spielgeschehen teilnehmen, so dass die soziale Welt und die politische Wirklichkeit nicht mehr bloß distanziertes Objekt der Betrachtung und Untersuchung sind. Allerdings ist der Spielraum für individuelle Rolleninterpretationen im Vergleich zum Rollenspiel erheblich geringer.
Planspiele liegen daher schon von ihrem Rollenverständnis her eher auf der Ebene des politischen Lernens und weniger auf der Ebene des sozialen Lernens.
Format: Entscheidungsspiel
Planspiel | Entscheidungsspiel |
---|---|
Gegenstand: politischer Entscheidungsprozess | |
Konflikte im Mittelpunkt | |
Ziele ähnlich, z. B. Erziehung zur Konfliktfähigkeit | |
Beabsichtigte Effekte & unbeabsichtigte Effekte | |
komplex und aufwändig | gekürzt, dadurch praktikabler für die Schule |
Interaktionsphase als eigenständige Phase (sehr zeitaufwändig) | fällt weg |
Informations- und Ausarbeitungsphase und die Meinungs- und Willensbildungsphase als eigenständige Phasen | Informations- und Ausarbeitungsphase und die Meinungs- und Willensbildungsphase zusammengefasst |
Das Entscheidungsspiel
Entscheidungsspiele sind verkürzte Planspiele. Sie sind weniger komplex und aufwändig und daher für die Schule praktikabler. Im Vergleich zu Planspielen wird in Entscheidungsspielen auf die zeitaufwändige Interaktionsphase verzichtet. Einerseits ist diese Phase – da besonders kommunikationsintensiv – für die Aneignung sozial-kommunikativer Fähigkeiten geeignet, andererseits ist diese Phase am wenigsten transparent. In der Auswertung hat sich immer wieder gezeigt, dass Schülerinnen und Schüler diese Phase besonders spannend empfanden, es aber auch schwerfiel im Nachhinein aufzuklären, welche Kommunikations- und Strategieentwicklung tatsächlich stattgefunden hat und diese Prozesse der Reflexion zugänglich zu machen.
Planspiele zu Entscheidungsspielen zu verkürzen, lässt sich kaum inhaltlich rechtfertigen, sondern nur aus der Situation der Institution Schule heraus. Allerdings enthalten Entscheidungsspiele wichtige Elemente von Planspielen und auch durch Entscheidungsspiele lassen sich zentrale Ziele und Einsichten in das Politische vermitteln.
Wie beim Planspiel ist der Gegenstand von Entscheidungsspielen ein politischer Entscheidungsprozess, der durch politische Einflussfaktoren bestimmt ist.
Entscheidungsspiele im Politikunterricht begründen sich aus folgenden Überlegungen:
Entscheidungsspiele im Politikunterricht begründen sich aus folgenden Überlegungen:
- Entscheiden stellt das wesentlichste Merkmal der Politik dar. Politische Entscheidungen (dazu gehören auch Nichtentscheidungen) schließen einen Willensbildungsprozess vorläufig ab und werden in Form von Gesetzen, Maßnahmen und Regelungen umgesetzt.
- Im Entscheidungscharakter wird das Konflikthafte, das Offene, das Kontroverse der Politik deutlich.
- In Entscheidungsspielen lernen Schülerinnen und Schüler strategisches Denken, sozialen Perspektivenwechsel, rhetorische Fähigkeiten und den Umgang mit politischen Institutionen.
- Entscheidungsspiele dienen der Vorbereitung auf reale politische Entscheidungssituationen.
- Über die konkrete Entscheidungssituation hinaus stellt sich die Legitimationsfrage: Wer darf warum entscheiden? Zugleich wird darin deutlich, dass ein wichtiger Aspekt der Demokratie als „Kampf um Entscheidungsbefugnis“ (Schumpeter) bezeichnet werden kann.
Ziele von Entscheidungsspielen
Ziele von Entscheidungsspielen
Die Ziele von Entscheidungsspielen sind ähnlich wie die Ziele von Planspielen:
- Erlernen komplexer Zusammenhänge, Kennen von Strukturen politischer Institutionen und Organisationen;
- Erfahrung rollenabhängiger Interessenperspektiven und Handlungsorientierung, Entwicklung von optimalen Handlungsstrategien;
- Erhöhung der Transparenz von Entscheidungsprozessen; Aufzeigen von gesellschaftlichen und politischen Konfliktfeldern;
- Erhöhung von Entscheidungsfähigkeit und Entscheidungsbereitschaft;
- Erhöhung der Fähigkeit zur Kooperation und Kommunikation; Fähigkeit zum Taktieren, zum Paktieren, zur Kompromissbildung.
Phasen des Entscheidungsspiels
Phasen des Entscheidungsspiels
Phasengliederung | Schulstunden | Zeitstunden |
---|---|---|
- Spieleinführung - Informations- und Willenbildungsphase in arbeitsteiligen Gruppen | jeweils 1 bzw. 2 Stunden | 3 bis 4 Stunden |
- Konferenzphase mit Entscheidung - Distanzierung und methodische & inhaltliche Auswertung | 1 Doppelstunde | 30 Minuten 60 Minuten |
Die Phasen im Detail
Die Phasen im Detail
Die Vorbereitungsphase gliedert sich in zwei Abschnitte:
Die Vorbereitung unterscheidet sich nicht von der entsprechenden Unterphase im Planspiel. Allerdings kann hier darauf verzichtet werden, zusätzliche Klassen- oder Arbeitsgruppenräume bereitzustellen. Beim Entscheidungsspiel kann sich alles im Klassenraum selbst abspielen.
Die Informations- und Ausarbeitungsphase und die Meinungs- und Willensbildungsphase sind beim Entscheidungsspiel zusammengefasst. Es werden von Anfang an Spielgruppen gebildet. Bei der Bildung dieser Arbeitsgruppen sind die gleichen Kriterien wie beim Planspiel zu berücksichtigen.
Die arbeitsteiligen Gruppen erhalten gemeinsame und gruppenspezifische Materialien. Die gemeinsamen Materialien enthalten das Problem bzw. den Konflikt, der entschieden werden soll, den politischen Hintergrund, die Beteiligten und Akteure sowie das Ziel des Entscheidungsprozesses. Dieses Material dient dazu, alle auf den gleichen Informationsstand zu bringen.
Jede Gruppe erhält zusätzliche, nur für die jeweilige Gruppe relevante und rollenspezifische Materialen und Informationen. Diese enthalten die Rollenkarten über die Rolle, die die Gruppe im Entscheidungsspiel übernehmen soll. Jede Gruppe setzt, wie im Planspiel, ihre Ziele fest, bestimmt Prioritäten, formuliert Essentials oder Kompromissmöglichkeiten, plant Strategien für die Durchsetzung ihrer Ziele, überlegt sich mögliche Bündnispartner, versucht mögliche Argumente der anderen Gruppe zu antizipieren und legt ein bis zwei Vertreter fest, die die Gruppe in der Konferenzphase, in der die Entscheidung getroffen wird, vertreten soll. Die Interaktionsphase fällt beim Entscheidungsspiel als eigenständige Phase weg; Teile der Interaktionsphase werden in die Vorbereitungsphase der Gruppen verlagert.
Der Kern des Entscheidungsspiels sind die Konferenzphase und die Auswertung des hierbei simulierten Entscheidungsprozesses.
In der Konferenzphase werden die jeweiligen Positionen, Ziele, Interessen, Lösungsstrategien der Rollenträger verhandelt und eine Entscheidung getroffen, entweder in Form eines Kompromisses oder als Mehrheitsentscheidung. Die einzelnen Gruppen werden durch ihre Vertreter/innen repräsentiert. Der Konferenzleiter/die Konferenzleiterin leitet die Diskussion und führt nach einer bestimmten Zeit eine Entscheidung herbei.
Wie im Planspiel erhält der Teil der Klasse, der nicht direkt am Spiel beteiligt ist, Beobachtungsaufgaben. Die Auswertung erfolgt nach den gleichen Regeln wie im Planspiel.
Die Vorbereitung der Konferenz kann je nach Komplexität des Problems in einer oder zwei Stunden erfolgen. Für die Konferenzphase und die Auswertung ist eine Doppelstunde notwendig.
Beim Entscheidungsspiel kommt der Informationsphase in den Arbeitsgruppen eine besondere Bedeutung zu. Alle wichtigen Daten, Fakten und Informationen die für den Entscheidungsprozess in der Konferenz benötigt werden, sollen Schülerinnen und Schüler sich hier aneignen. Aus diesem Grund muss der Lehrer oder die Lehrerin besondere Sorgfalt auf die Auswahl der Materialien legen. Häufig scheitern Entscheidungsspiele am Material, das zu dürftig, zu wenig aussagekräftig oder schlicht falsch ausgewählt ist.
Entscheidungsspiele bedürfen, wie alle handlungsorientierte Methoden, einer sorgfältigen Auswertung. Dabei werden auch schnell die Grenzen von Entscheidungsspielen deutlich: So können Schülerinnen und Schüler z. B. eine schnelle Entscheidung für eine gute Entscheidung halten, sie beschränken sich auf bloße Standpunkte, sie können mathematische Lösungen (halbe-halbe) erzielen, sie begreifen Verhandlungen als Ritual, als symbolische Politik. In diesen unpolitischen Verkürzungen wird das Spiel als Selbstzweck betrachtet, nicht als didaktisches Spiel mit Zielen und Realitätsbezügen. Die Überbetonung des Entscheidungszwanges führt dazu, Entscheidungen in eine Schwarzweißschablone zu bringen. Die Ausgangssituation wird dann so zugerichtet, dass es nur zwei einander ausschließende Möglichkeiten gibt; andere von der eigenen Position zu überzeugen oder Kompromisse zu finden wird erst gar nicht versucht.
Beispiel einer Schülerinnenreaktion in der Auswertung
Beispiel einer Schülerinnenreaktion in der Auswertung
Schülerin:Also, ich finde, es war eigentlich in dem Sinne keine richtige
Diskussion, es war eigentlich fast nur ein Austauschen von Argumenten und
keiner hat sich richtig, es wurde auf Argumente überhaupt nicht richtig eingegangen, sondern gleich irgendwie noch einmal das Gegenargument dazu dargestellt, einfach das Argument, das eben vertreten werden sollte, denke ich mir, und deswegen ist keine gemeinschaftliche Diskussionsbasis zustande gekommen.
Beispiele für Planspiele
Schule als Staat
Schule als Staat
Thema: Staat/Gesellschaft
Zielgruppe: SchülerInnen
Format: Projekt
Dauer: Üblicherweise: 1 Woche + Vorbereitungsphase + Nachbereitungsphase
Schule als Staat ist ein Schulprojekt, bei dem die veranstaltende Schule für einen bestimmten Zeitraum in einen von Schülern und Lehrkräften bewohnten „Staat“ verwandelt. Meistens – wenn auch nicht immer – wird eine demokratische Staatsform gewählt und in der Planungsphase von einem Kreis interessierter Schülerinnen und Schülern sowie gegebenenfalls auch Lehrkräften erarbeitet. Die Schülerschaft gibt sich eine Verfassung, ein Wirtschaftssystem wird ausgearbeitet und schließlich werden Parteien gegründet, deren Mitglieder sich aus Schüler- und Lehrerschaft rekrutieren und die einen Wahlkampf um die Macht im neuen Parlament führen.
Anders als im normalen Unterricht lernen die Jugendlichen das sonst nur abstrakt vorhandene Gebilde eines Staatsmodells „von innen“ kennen. Es entwickelt sich ein – rudimentäres – Gespür und Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge, für Entscheidungsprozesse und Informationsflüsse. Größter Unterschied gegenüber dem Frontalunterricht im Klassenzimmer ist die aktive Teilnahme am Staatsgeschehen – als Wähler, Abgeordnete, Betriebsinhaber usw. –, die die Schülerinnen und Schüler für die Zeit der Projekttage in eine mit Schule nur noch entfernt verwandte Erlebnissituation versetzt. Besonders profitiert allerdings derjenige relativ kleine Kreis von Schülern, der mit der Erschaffung und Führung des Staates betraut ist.
So erfordert das Projekt allerdings eine breite Unterstützung von Seiten der Schülerschaft, der Lehrerschaft und der Schulleitung, um erfolgreich zu sein, und bleibt in der jeweiligen Schulgeschichte meist ein Einzelereignis. Aufgrund seiner recht offenen Aufgabenstellung ist vom erfolglosen und uninteressanten Modell des „Pflichtstaats“, in dem weniger die Schülerschaft als das Chaos regiert, bis hin zur Kür mit bis in die Klassenzimmer getragenen Grundsatzdiskussionen, interstaatlichen Allianzen, straffer und durchdachter Organisation und einem fünfstelligen Eurogewinn am Ende einfach alles möglich.
„Elevia, ...Man denkt fast an Utopia !“ – „Schule als Staat“ – Handlungsorientiert Demokratie lernen?
Onlinepublikation der LpB
ZUM-Wiki – offene Plattform für Lehrinhalte und Lernprozesse:
Schule als Staat
Literaturhinweise
Literaturhinweise
Capaul, Roman/Ulrich, Markus: Planspiele. Simulationsspiele für Unterricht und Training mit Kurztheorie. Simulations- und Planspielmethodik. Tobler, 2003. Altstätten
Daigl, Klaus A.: Spielend weiterlernen. Kleine Planspiele für Lehrerinnen und Lehrer zur Selbsthilfe und Supervision in Aus- und Fortbildung. Lambertus, 1991. Freiburg im Breisgau
Fürstenberg, Gregor von: Planspiele für Jugendgruppen, Schule und politische Basisgruppen. Matthias-Grünewald, 1992. Mainz
Heinrich, Lutz J.: Planspiele zur Aus- und Fortbildung im Handwerk. LGA-Spiegel, 8/1965, 145-148.
Heinrich, Lutz J.; Müller, Fritz: Das Planspiel im Rahmen aktiver Lehrmethoden. Die Deutsche Ingenieurschule, 31/1967, 15-17.
Henning, Bernd: Planspiel. In: Mickel, Wolfgang/Zitzlaff, Dietrich (Hrsg.): Handbuch zur politischen Bildung, S. 255-258. (Schriftenreihe der BpB, Band 264), 1988. Bonn
Herz, Dietmar/Blätte, Andreas (Hrsg.): Simulation und Planspiel in den Sozialwissenschaften. LIT, 2000. Münster/Hamburg/London
Hitzler, Sebastian/Zürn, Birgit/Trautwein, Friedrich (Hrsg.): Planspiele. Qualität und Innovation. Neue Ansätze aus Theorie und Praxis. Books on Demand, 2011. Norderstedt
Hoegsdal, Bernt: Planspiele. Einsatz von Planspielen in der Aus- und Weiterbildung. Praxiserfahrungen und bewährte Methoden. Gerhard May, Bonn. 1996
Kaiser, Friedrich-Joachim: Entscheidungstraining. Klinkhardt, 1973. Bad Heilbrunn
Keim, Helmut (Hrsg.): Planspiel, Rollenspiel, Fallstudie. Zur Praxis und Theorie lernaktiver Methoden. Wirtschaftsverlag Bachern,1992. Köln
Klippert, Heinz: Planspiele: Spielvorlagen zum sozialen, politischen und methodischen Lernen in Gruppen. BELTZ, 1996. Weinheim
Klippert, Heinz: Wirtschaft und Politik erleben. Planspiele für Schule und Lehrerbildung. Beltz, 1984. Weinheim
Kramer, Michael: Das praktische Rollenspielbuch. Theater als Abenteuer. Rollenspiele, Spielaktionen, Planspiele. Jugenddienst, 1979. Wuppertal
Kriz, Willy Chr.: Lernziel: Systemkompetenz. Planspiele als Trainingsmethode. Vandenhoeck + Ruprecht, 2000. Göttingen
Lehmann, Jürgen (Hrsg.): Simulations- und Planspiele in der Schule. Klinkhardt, Bad Heilbrunn. 1977
Mandl Heinz: Planspiele im Internet. Konzepte und Praxisbeispiele für den Einsatz in Aus- und Weiterbildung. Bertelsmann, 2001. Bielefeld
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Meyer, Hilbert: Unterrichtsmethoden II. Praxisband. Cornelsen, 1987. Frankfurt am Main
Raiser, Simon/Warkalla, Björn: Konflikte verstehen. Planspiele und ihr Potential in der Lehre der Friedens- und Konfliktforschung. Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg. CCS Working Papers, 13
Rempe, Alfons/Klösters, Kurt: Das Planspiel als Entscheidungstraining. Kohlhammer, 2003. Stuttgart
Silkenbeumer, Rainer/Datta, Asit: Rollenspiel und Planspiel. Methoden des politischen Unterrichts. Schriftenreihe der Niedersächsischen Landeszentrale für politische Bildung: Beiträge zur politischen Bildung an Volkshochschulen, 1975. Hannover
Tiemann, Klaus: Planspiele für die Schule. Methode und Praxis des Planspiels mit einer Beispielsammlung. Hirschgraben, 1978. Frankfurt am Main
Trautwein, Friedrich/Hitzler, Sebastian/Zürn, Birgit (Hrsg.): Planspiele. Entwicklungen und Perspektiven. Rückblick auf den Deutschen Planspielpreis 2010. Books on Demand, 2010. Norderstedt
Zoller, Wolfgang: Planspiele in der Ausbildung. Darstellungen, Ziele, Kritik, Weiterentwicklung. Harry Deutsch, Thun, 1975. Frankfurt am Main
Klippert, Heinz. In: Keim, Helmut (Hrsg.): Planspiel-Rollenspiel-Fallstudie. Wirtschaftsverlag Bachern, 1992. Köln
Meyer, Hilbert: Unterrichtsmethoden II. Praxisband. Cornelsen, 1987. Berlin
Reinisch, Holger: Planspiel und wissenschaftspropädeutisches Lernen. (Hochschuldidaktische Forschungsberichte Bd. 14, hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft für Hochschuldidaktik), 1980. Hamburg
Wiepcke, Claudia: Planspiel, in: Reinhardt Sibylle (Hrsg.): Politik-Methodik, S. 63-67. Cornelsen, Scriptor2007. Berlin
Kleine Geschichte des Planspiels
Kleine Geschichte des Planspiels
Das Planspiel als ein primär strategisches Spiel kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Seine Ursprünge reichen bis in die Zeit um 3000 v. Chr. zurück. Planspiele wurden in der Folge vor allem für militärische Zwecke verwendet und über die „Sandkastenspiele“ der Militärs im Laufe der Zeit immer mehr verfeinert. Nach dem Ersten Weltkrieg vereinzelt und nach dem Zweiten Weltkrieg verstärkt fand dann das Planspiel auch im „Business-Management-Training“ Anwendung. In den 60er- und den 70er-Jahren erfuhr das Planspiel einen lebhaften Aufschwung, zuerst in den USA, dann in Großbritannien und schließlich auch in Deutschland. In dieser Zeit entstand die Mehrzahl der Planspielliteratur und aus dieser Zeit stammen auch die wichtigsten theoretischen Fortschritte. Obwohl die damalige Euphorie mittlerweile verflogen ist, gehören Planspiele heute zum festen Bestandteil der Aus- und Weiterbildung von Führungskräften in der Wirtschaft. Als wesentliches Ziel wird dabei angestrebt, das unternehmerische Entscheidungsverhalten von Führungskräften der Wirtschaft zu trainieren.
Auch in den Sozialwissenschaften wie in der Politikwissenschaft und hier insbesondere in der Politikberatung und in den Internationalen Beziehungen werden Simulationen und Planspiele immer wichtiger, obwohl Deutschland hier eher als "Planspielentwicklungsland" gilt.
Seit den 50er-Jahren interessieren sich auch Schulpädagogen, vor allem im englischsprachigen Raum, für das Planspiel. Unter dem Oberbegriff "Simulationsspiele" versuchten sie die Methode in verschiedenen Fächern (Geschichte, Geografie, Völkerkunde usw.) zu nutzen.
In den 60er-Jahren fand das Planspiel dann auch Eingang in den Bereich der politischen Bildung, vorwiegend jedoch in der politischen Erwachsenenbildung. Im schulischen Bereich hat die Planspielmethode in der Bundesrepublik Deutschland so gut wie keine Tradition. Dass Planspiele auch hier mit Erfolg eingesetzt werden können, ist den meisten Lehrerinnen und Lehrern eher unbekannt. Im Gegensatz zum Rollenspiel werden Planspiele im Politikunterricht nur selten durchgeführt, obgleich sie sich für politisches Lernen in ganz besonderer Weise eignen.
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Freie Online-Enzyklopädien
Das Planspiel im Unterricht
Planspiele anderer Anbieter
Planspiele anderer Anbieter
- Das Planspiel des Bundestags zur parlamentarischen Demokratie
- bpb: große Datenbank mit ca. 250 Planspielen für den Einsatz in der schulischen und außerschulischen politischen Bildung.
- Model United Nations
Planspiele zum Ausdrucken
Lehrer-Online
Eine kleine Sammlung an Planspielen zu verschiedenen Themen. Es gibt unter anderem die Planspiele Zukunftsorientierte Waldwirtschaft, Kommunalpolitik und Weltklimakonferenz.
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Der Kanzlersimulator
Der Kanzlersimulator ist ein Simulationsspiel bei dem man in die Rolle des bundeskanzlersIn schlüpft. Dabei muss man politisches Geschick und diplomatisches Fingerspitzengefühl zeigen. Zentrale Themen des Spiels sind Regierungsbildung und Gesetzgebung: Ist es gelungen, eine regierungsfähige Koalition zustande zu bringen, geht es im Hauptteil des Spiels darum, alle Gesetzesvorhaben, mit denen man zur Wahl antrat, auch zu realisieren. Dabei hängt der politische Erfolg im Spiel, wie auch in unserer Demokratie, entscheidend davon ab, ob die Regierungsspitze mit ihren politischen Entscheidungen mehrheitsfähig ist – sowohl innerhalb der Regierungskoalition als auch im Bundestag.
Kanzlersimulator spielen