Das französische Wahlsystem

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Präsidentschaftswahl

Der französische Präsident – seine offizielle Bezeichnung lautet „Präsident der Republik“ – wird in allgemeiner und direkter Wahl gewählt. Die Amtszeit des Staatspräsidenten beträgt fünf Jahre. Eine Wiederwahl ist beliebig oft möglich – allerdings dürfen höchstens zwei Amtszeiten direkt aufeinander folgen.

Wie läuft die Wahl ab?

In Frankreich findet die Wahl des Präsidenten nach dem absoluten Mehrheitswahlrecht in zwei Wahlgängen statt:

Im ersten Wahlgang ist gewählt, wer die absolute Mehrheit (also mindestens 50 Prozent) der abgegebenen Stimmen erhält. Erreicht keiner der Bewerber die absolute Mehrheit, was bisher immer der Fall war, so findet zwei Wochen später ein zweiter Wahlgang statt. Es handelt sich dabei um eine sogenannte Stichwahl, da nur die beiden Kandidaten antreten dürfen, die im ersten Wahlgang die meisten Stimmen erhalten haben. Auf diese Weise wird sichergestellt, dass der Präsident mit der absoluten Mehrheit der abgegebenen Stimmen gewählt wird. Im zweiten Wahlgang gilt der Kandidat als gewählt, der die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erreicht hat.

In Frankreich dürfen Wählende aus Angst vor Manipulationen nicht mehr per Briefwahl abstimmen. Bei der Präsidentschaftswahl ist es daher nur möglich, selbst an der Wahlurne zu wählen oder eine Vertretung zu bestimmen, die dies tut.

Wer darf zum Präsidenten gewählt werden?

Wählbar für das Amt des Staatspräsidenten sind alle französischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und die die bürgerlichen und politischen Rechte besitzen. Ein Kandidat muss außerdem die Unterschrift von 500 Mandatsträgern aus mindestens 30 verschiedenen Departements oder Überseegebietskörperschaften vorweisen, wobei nicht mehr als 10 Prozent dieser Mandatsträger aus dem gleichen Departement oder der gleichen Überseegebietskörperschaft stammen dürfen. Dies soll Spaßkandidaturen vermeiden und Kandidaturen von nationaler Bedeutung absichern.

Wer darf wählen?

Das aktive Wahlrecht, also die Berechtigung, wählen zu gehen, haben in Frankreich alle französischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und im Besitz ihrer bürgerlichen und politischen Rechte sind. Eine vorherige Eintragung in ein Wählerverzeichnis im Rathaus, online oder im Konsulat, ist erforderlich.

Wer kontrolliert die Wahl?

Der Verfassungsrat überwacht das Verfahren und veröffentlicht nach der Überprüfung der Zulässigkeit, spätestens 15 Tage vor der Wahl, eine Kandidatenliste. Neben der Ordnungsmäßigkeit von Präsidentschafts-, Parlamentswahlen und Volksentscheiden wacht der Verfassungsrat auch über die Verfassungsmäßigkeit von Gesetzen. Er setzt sich aus neun Mitgliedern zusammen, von denen jeweils drei vom Staatspräsidenten, dem Präsidenten der Nationalversammlung und dem des Senates ernannt werden. Die Mitglieder üben ihr Mandat neun Jahre lang aus. Es ist nicht erneuerbar.

Wahl der Nationalversammlung

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron regiert nach der Parlamentswahl vom 12. und 19. Juni 2022 mit einer relativen Mehrheit in der Nationalversammlung weiter. Sein Kabinett besteht nur aus Mitgliedern seiner Partei und deren Partnern ohne einen Zusammenschlsuss mit anderen politischen Lagern.

Bei der zweiten Rundes der Parlamentswahl am 19. Juni 2022 hat Präsident Emmanuel Macron die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung verpasst. In der Endrunde der Parlamentswahl kamen die Liberalen laut Innenministerium auf 245 der 577 Sitze. Das neue linke Bündnis, angeführt von Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon, ist mit 131 Sitzen im Parlament vertreten und wird damit stärkste Oppositionskraft. Drittstärkste Kraft ist die rechtsnationale Partei Rassemblement National mit Spitzenkandidatin Marine Le Pen. Sie kam auf 89 Sitze und könnte mit mindestens 15 Abgeordneten erstmals eine eigene Fraktion bilden.

Die Wahl war richtungsweisend, ob Präsident Macron seine Mehrheit im Parlament behält und so seine Vorhaben auch in seiner zweiten Amtszeit umsetzen kann oder ob er mit einem gegnerischen politischen Lager zusammenarbeiten muss, was das Regieren für ihn schwieriger macht. Mit einer nun nur noch relativen Mehrheit sind der Präsident und die Regierung gezwungen, Unterstützung aus den anderen Lagern zu suchen. Je nach Vorhaben werden sie sich auf Mitte-Links- oder Mitte-Rechts-Kräfte zu stützen. Macron ist  der erste Präsident seit über 30 Jahren ohne absolute Mehrheit.

Die Wahlbeteiligung bei der zweiten Runde der Parlamentswahl war wie schon im ersten Durchgang schwach. Sie lag am 19. Juni 2022 bis 17 Uhr bei 38,11 Prozent, so das französiche Innenministerium. Das waren 1,3 Prozent weniger als zum selben Zeitpunkt bei der ersten Wahlrunde.

Stimmen nach der Parlamentswahl:

"Wir verzichten keinen Augenblick auf die Ambition, dieses Land zu regieren und es zu einem anderen Horizont zu führen! Hören wir immer aufmerksam, was unser Volk sagt, denn es hat seine Geduld verloren!"

Jean-Luc Mélenchon, Vorsitzender des links-grünen Bündnisses NUPES

 

"Wir haben aus Emmanuel Macron einen Minderheitspräsidenten gemacht und bewahren das Land vor einem Staatschef außerhalb jeder Kontrolle."

Marine Le Pen, Vorsitzende der Rassemblement National 

 

"Noch nie kannte die Nationalversammlung eine solche Zusammensetzung.", so die Regierungschefin. "Wir müssen für Frankreich Kompromisse finden. Die Lage ist ein Risiko für unser Land gegenüber der nationalen und internationalen Herausforderungen."

Premierministerin Elisabeth Borne

 

In der ersten Runde der Parlamentswahl am 12. Juni 2022 hatte Präsident Emmanuel Macrons Lager noch eine knappe Mehrheit geholt. Laut dem vorläufigen amtlichen Ergebnis kam Macrons Mitte-Bündnis landesweit auf 25,75 Prozent der Stimmen. Die vom Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon angeführte Allianz aus Linken, Kommunisten, Grünen und Sozialisten wählten 25,66 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Drittstärkste Kraft wurde nach dem ersten Wahlgang die rechtsextreme Rassemblement National von Marine Le Pen mit 18,7 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung sank auf ein Rekordtief von 47,5 Prozent. Das sind knapp zwei Prozentpunkte weniger als 2017.

Nach fünf Jahren hat Frankreich eine neue Nationalversammlung, die Assemblée nationale, gewählt. Die 577 Abgeordneten werden einige Wochen im Anschluss an die Präsidentschaftswahlen nach dem Mehrheitswahlrecht in zwei Wahlgängen bestimmt. Die Wahl war richtungsweisent, ob Präsident Macron seine Mehrheit im Parlament behält oder ob er mit einem gegnerischen  politischen Lager zusammenarbeiten muss, was das Regieren für ihn schwieriger macht.

Hier finden Sie mehr Informationen zur Parlamentswahl in Frankreich:

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Was ist eine Cohabitation?

Frankreich hat eine doppelköpfige Exekutive: neben dem Präsident oder der Präsidentin gibt es einen Premierminister oder eine Premierministerin, die oder der Chef der Regierung ist. Meistens stammen beide aus demselben politischen Lager. Damit kann der Präsident oder die Präsidentin über alle grundlegenden politischen Fragen in der Innen- und Außenpolitik entscheiden. Je nach Ausgang der Parlamentswahl in Frankreich kann es aber dazu kommen, dass eine andere Partei als die des Präsidenten die Mehrheit in der Nationalversammlung hat und die Regierung deshalb aus einem anderen politischen Lager kommt. Das nennt man Cohabitation ((gesetzliches) Zusammenleben).

Wer tritt an?

Mehrere Parteien haben sich zu Bündnissen zusammengeschlossen. Damit wollen sie vermeiden, dass sich Kandidierende aus einem politischen Lager in einem Wahlkreis gegenseitig Stimmen wegnehmen und so gegnerische Bewerberinnen und Bewerber ins Parlament einziehen. Stattdessen teilen sie die Wahlkreise unter sich auf und treten mit einer gemeinsamen Person an.

Emmanuel Macrons Partei Renaissance, die ehemalige La République en Marche (LREM) hat sich vor der Parlamentswahl mit mehreren liberalen Parteien (Mouvement démocrate, agir, HORIZONS,  Territoires des Progrés, EN COMMUN!, Parti radical ) zum Bündnis Ensemble Citoyens („Gemeinsame Bürger“) zusammengeschlossen.

Zahlreiche Parteien des linken Lagers haben sich vor der Parlamentswahl in Frankreich 2022 zu dem Wahlbündnis „Nouvelle Union populaire écologique et sociale“, kurz - Nupes - zusammengetan. Es besteht aus Linken, Grünen, Kommunisten und Sozialisten. An deren Spitze steht der Linkspopulist Jean-Luc Mélenchon. Er gewann bei den Präsidentschaftswahlen nach Macron und Le Pen die meisten Stimmen und hofft, dass sein Wahlbündnis eine Mehrheit in der Nationalversammlung erhält. Damit müsste ihn Macron zum Premierministers ernennen.

Aber auch Marine Le Pen und die Anhänger ihrer rechtsextremen Partei Rassemblement Nnational (RN) hoffen darauf, dass das Wahlbündnis des Präsidenten  auf einen Sieg bei der Wahl der Nationalversammlungkeine Mehrheit erhält.

Die Republikaner, die rechtsextreme Partei Reconquête, als auch Debout la France, die Parti animaliste und sonstige grüne und linke Kandidatinnen und Kanditaten treten alleine an.

Statistik: Frankreich Parlamentswahl 2022: Welchem Kandidaten würden sie in der ersten Runde der französischen Parlamentswahlen am 12. Juni 2022 in ihrem Wahlkreis ihre Stimme geben?* Repräsentative Umfrage bis 02. Juni 2022 | Statista
Mehr Statistiken finden Sie bei Statista

Wie läuft die Wahl zur Nationalversammlung ab?

Die Abgeordneten werden alle fünf Jahre in allgemeiner und direkter Wahl gewählt. Neben den 566 französischen Wahlkreisen gibt es elf sogenannte Auslandswahlkreise. Wahlberechtigt sind alle Personen mit französischer Staatsbürgerschaft, die das 18. Lebensjahr vollendet haben und im Besitz ihrer bürgerlichen und politischen Rechte sind.

Um zu wählen, haben die französischen Staatsbürger:innen zwei Möglichkeiten: 1. Ein Wahllokal aufsuchen, wo sie in einer Wahlkabine einen Stimmzettel mit dem Namen eines:einer Kandidat:in auswählen, den sie in einen Umschlag stecken, der dann bis zur Auszählung in eine versiegelte Wahlurne gelegt wird. Anschließend unterschreibt er oder sie das Wählerverzeichnis und lässt seine, bzw. ihre Wahlkarte stempeln. 2. Eine Vollmacht – die sogenannte „Procuration“ an eine Person ihres Vertrauens geben, die für sie abstimmen wird. Der:die Vertreter:in wird am Wahltag im Wahllokal diese zusätzliche Stimme abgeben, zusätzlich zu dem eigenen Wahlzettel. Die Wähler:innen haben das Recht, der Stimmenauszählung beizuwohnen.

In jedem Wahlkreis wird ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete direkt gewählt. Sie werden nach einem Mehrheitswahlrecht in zwei Wahlgängen in den 577 Wahlkreisen bestimmt.

  • Im ersten Wahlgang ist ein Abgeordneter oder eine Abgeordnete eines Wahlkreises mit absoluter Mehrheit gewählt, das heißt, wenn er oder sie mehr als die Hälfte der gültigen Stimmen erreicht hat. Die Stimmenzahl muss dabei mindestens 25 Prozent der Zahl der eingeschriebenen Wähler:innen des Wahlkreises betragen.
  • Im zweiten Wahlgang reicht die relative Mehrheit im Wahlkreis, also  die meisten Stimmen. Antreten kann, wer im ersten Wahlgang mindestens 12,5 Prozent der Stimmen der eingeschriebenen Wähler:innen erhält. Die beiden Erstplazierten des ersten Wahlgangs kommen auf jeden Fall weiter.

Welche Aufgaben hat die Nationalversammlung?

Die Nationalversammlung ist hauptsächlich für die Gesetzgebung verantwortlich und kontrolliert die Regierungsarbeit. Dabei muss sie sich mit der zweiten Kammer des Parlaments, dem Senat abstimmen. Gesetze müssen Nationalversammlung und Senat wortgleich verabschieden. Kommt es zwischen beiden Kammern zu keiner Einigung, kann die Nationalversammlung den Senat überstimmen.

Wie ist das Verhältnis von Parlament und Präsident?

Das Parlament in Frankreich hat im Vergleich zum deutschen Bundestag eine geringere Bedeutung. Das liegt an der starken Stellung des französischen Präsidenten. Er muss sich beispielsweise nicht vor dem Parlament verantworten. Über Auslandseinsätze beispielsweise kann der Präsident zunächst alleine entscheiden. Außerdem kann der Präsident nach Artikel 12 der französischen Verfassung das Parlament auflösen und Neuwahlen ausrufen.

Informationen zum Amt des Präsidenten

Wie ging die Wahl 2017 aus?

Bei der Wahl der Nationalversammlung am 18. Juni 2017 errang „La République en Marche!“ die absolute Mehrheit.
Sechs Wochen nach der Präsidentschaftswahl gewann Emmanuel Macron mit seiner Partei „La République en Marche!“ (LREM) und der verbündeten MoDem (Mouvement démocratie) in der Stichwahl am 18. Juni 2017 mit 43 Prozent derabgegebenen Stimmen 350 von 577 Abgeordnetenmandaten. Für die absolute Mehrheit waren 289 Sitze nötig. Die in den Jahrzehnten davor dominierenden Parteien erlitten erhebliche Verluste: Das konservative Lager erzielte 131 Mandate. Die Sozialisten von Ex-Staatschef François Hollande und verbündete linke Parteien kamen auf 29 Sitze in der Nationalversammlung. Die rechtspopulistische Front National (FN) von Marine Le Pen erlangte acht Sitze. Die Wahlbeteiligung fiel mit 43 Prozent auf ein neues Rekordtief.

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Wahl des Senats

Der Senat ist die zweite Kammer des französischen Parlaments. Er hat 348 Mitglieder, die alle drei Jahre zur Hälfte neu gewählt werden. Die jüngste Wahl fand am 27. September 2020 statt.  Die nächste Wahl ist am 24. September 2023. Die Amtszeit der Senatoren beträgt sechs Jahre. Das passive Wahlalter beträgt 24 Jahre. Der Senat hat vor allem Aufgaben in der Gesetzgebung und in der Kontrolle der Regierung. Er kann Gesetze vorschlagen oder Änderungen an bestehenden Gesetzen einbringen.

Die Senatoren werden in indirekter Wahl von einer Wahlversammlung mit rund 150.000 Mitgliedern gewählt. Auf Départementsebene treffen sich jeweils Wahlkollegien. Der Wahlversammlung gehören die

  • 577 Abgeordneten der Nationalversammlung,
  • 1.870 Regionalräte,
  • 4.000 Départementräte und
  • 142.000 Delegierten der Gemeinderäte an.

Je nach Einwohnerzahl des Départements ist der Wahlmodus unterschiedlich. In Départements, die bis zu drei Senatoren wählen (die Mehrheit der Départements), kommt die Mehrheitswahl in zwei Wahlgängen zur Anwendung. Ein Bewerber oder eine Bewerberin ist gewählt, wenn er oder sie im ersten Wahlgang mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen bekommt. Im zweiten Wahlgang entscheidet die einfache Mehrheit. In Départements, die vier und mehr Senatoren wählen (ca. 60), erfolgt die Wahl nach dem Verhältniswahlrecht.

Mehr zur aktuellen Sitzverteilung der Parteien im Senat erfahren Sie hier!

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Regionen- und Départementswahlen

Die Wahlen in den Regionen und Départements finden alle sechs Jahre, im Normalfall in zwei Wahlgängen statt. Die 13 Regionen sind in 101 Départements untergliedert, die zeitgleich ihre Département-Räte wählen. Die jüngsten Regionalwahlen fanden am 20. umd 27. Juni 2021 statt.

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