OECD-Jahresbericht "Bildung auf einen Blick" 2010
Deutschland schneidet bei der Zahl der Hochschulabsolventen und bei den Bildungsausgaben im internationalen Vergleich weiterhin schlecht ab. Dies ergibt sich aus der aktuellen Studie "Bildung auf einen Blick 2010" und einer Länderstudie zur beruflichen Bildung der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD), die am 7. September 2010 in Berlin vorgestellt wurden. Angesichts der demografischen Entwicklung müsse Deutschland weitaus mehr mehr tun, um die Voraussetzungen für längere Erwerbszeiten zu schaffen und um dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel entgegenzuwirken. Die Verknappung der Fachkräfte in der Zukunft könnte die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland gefährden.
Deutschland ist das Land mit der geringsten Studienneigung im gesamten internationalen Vergleich. Vor allem in naturwissenschaftlichen, mathematischen und technischen Studienfächern ist die Lücke besonders groß. Während hierzulande 25 Prozent der jungen Menschen ein Studium erfolgreich beenden, sind es im Schnitt der OECD-Länder 38 Prozent.
Insgesamt hat in Deutschland, wie in fast allen anderen OECD-Ländern, in den vergangenen Jahren eine deutliche Expansion bei der tertiären Ausbildung stattgefunden. So ist die Zahl der jährlichen Hoch- und Fachhochschulabsolventen in Deutschland zwischen 2000 und 2008 um mehr als ein Drittel gewachsen, auf jetzt 270.000 pro Jahr. Auch wenn der Anteil der Studienanfänger in Deutschland auf 43 Prozent eines Altersjahrgangs gestiegen sei, müsse die Studierquote weiter wachsen, so die OECD unter Verweis auf andere OECD-Länder mit wesentlich höheren Quoten.
Sehr viel deutlicher sind die Unterschiede zwischen Deutschland und den übrigen OECD-Ländern, wenn man die demografische Entwicklung hinzunimmt und das gesamte Potential an Hochqualifizierten betrachtet, aus dem die Wirtschaft ihren Bedarf an Fachkräften decken kann. So ist in Deutschland zwischen 1998 und 2008 die Zahl der Erwerbsfähigen mit tertiärer Ausbildung jährlich um durchschnittlich 0,9 Prozent gewachsen. Im OECD-Mittel stieg das Potential an Hochqualifizierten im gleichen Zeitraum dagegen um 4,6 Prozent pro Jahr.
Weiteres Potential zur Deckung des steigenden Bedarfs an Hochqualifizierten bieten internationale Studierende, die für einen Teil ihrer Ausbildung nach Deutschland kommen. So liegt in Deutschland der Anteil dieser Gruppe, die ihren Hochschulzugang im Ausland erworben hat, bei 9,3 Prozent und damit deutlich über dem OECD-Mittel von 6,8 Prozent.
Die gesamten öffentlichen und privaten Ausgaben für Bildungseinrichtungen lagen in Deutschland 2007 bei 4,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts. Unter den OECD-Ländern, für die diese Zahlen vorliegen, gaben nur die Slowakei, Tschechien und Italien einen geringeren Anteil der Wirtschaftsleistung für Bildung aus. Bei den Spitzenreitern USA, Korea und Dänemark liegt der Anteil der Bildungsausgaben bei über sieben Prozent des Bruttoinlandsprodukts.
Pro Schüler bzw. Studierenden lagen die Ausgaben in Deutschland 2007 kaufkraftbereinigt etwa im OECD-Schnitt. Im Primarbereich liegen die Ausgaben leicht unter dem OECD-Schnitt, in der tertiären Ausbildung leicht darüber. Zwischen 2000 und 2007 sind in fast allen OECD-Ländern die Ausgaben pro Schüler im Primar- und Sekundarbereich gestiegen. In der tertiären Ausbildung sind im gleichen Zeitraum die Ausgaben pro Studierenden in etwa der Hälfte der OECD-Länder gestiegen. In Deutschland haben sich in beiden Bereichen die Ausgaben dagegen kaum verändert
In ihrer ersten umfassenden Länderstudie zur beruflichen Bildung in Deutschland kommt die OECD insgesamt zu einem positiven Ergebnis. Das Lernen in Betrieb und Berufsschule sei arbeitsmarktnah, effektiv und finde weltweit Anerkennung. Bei den Abschlussquoten im Sekundarbereich II liegt Deutschland OECD-weit an der Spitze. Die Jugendarbeitslosigkeit ist nur halb so hoch wie im internationalen Durchschnitt. 56 Prozent eines Altersjahrgangs schließen hierzulande eine berufliche Ausbildung ab, zwölf Prozent erwerben einen beruflichen Abschluss und eine Hochschulzugangsberechtigung.
Besorgt zeigt sich die OECD über die Zahl Schüler, die nicht über ausreichend Grundkenntnisse wie Lesen, Schreiben und Rechnen verfügten. Immer noch zu vielen Schülern gelinge der Übergang von der Schule in die Berufsausbildung nicht, weil ihnen grundlegende Kompetenzen fehlten. Deutschland könne es sich nicht leisten, ungebildete und unqualifizierte Arbeitskräfte zu haben, da es hierfür künftig keinen Bedarf mehr gibt.
Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU) hob die Erfolge in der Bildungspolitik hervor. So sei der Anteil der Studienanfänger in Deutschland von nur 26 Prozent im Jahr 1995 auf mittlerweile 43 Prozent angestiegen.
Bis 2015 stünden für weitere 270.000 Studienanfänger noch einmal 3,6 Milliarden Euro für den Hochschulpakt zur Verfügung. "Wir sind auf einem guten Weg", betonte Schavan. Sie verwies auch darauf, dass sich Bund und Länder vorgenommen hätten, die Ausgaben für Bildung auf zehn Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu steigern.
OECD: Bildung auf einen Blick 2010 (Zusammenfassung)