Dossier
Christian Specht gewinnt die OB-Wahl in Mannheim
CDU-Kandidat siegt hauchdünn in SPD-Hochburg

Christian Specht wird neuer Mannheimer Oberbürgermeister. Der CDU-Politiker setzte sich bei der Neuwahl am 9. Juli mit hauchdünnem Vorsprung gegen Thorsten Riehle (SPD) durch. Specht erreichte 49,9 Prozent der abgegebenen Stimmen. Für Thorsten Riehle stimmten 48,7 Prozent der Wählerinnen und Wähler. Der parteilose Kandidat Ugur Çakir erhielt 1,3 Prozent der Stimmen. Bei der Neuwahl genügt bereits die relative Stimmenmehrheit für den Wahlsieg. Die übrigen Kandidierenden waren nach dem ersten Wahlgang am 18. Juni zur Neuwahl nicht mehr angetreten. Für Mannheim kommt die Wahl von Christian Specht einer politischen Zäsur gleich: Seit den 1970er Jahren hatte die SPD ohne Unterbrechung den Oberbürgermeister von Mannheim gestellt.
Kurz & knapp: Wissenswertes über die OB-Wahl in Mannheim 2023
- Für die OB-Wahl am 18. Juni 2023 (und die Neuwahl am 9. Juli) waren rund 210.000 Mannheimerinnen und Mannheimer wahlberechtigt.
- Da keiner der Kandidierenden die absolute Mehrheit (> 50 Prozent) erreichte, kam es am 9. Juli zur Neuwahl. Bei dieser genügte dann die relative Mehrheit für den Wahlsieg.
- Christian Specht (CDU) setzte sich bei der Neuwahl mit knappem Vorsprung gegen Thorsten Riehle (SPD) durch.
- Der bisherige Mannheimer OB, Peter Kurz (SPD), war seit 2007 OB von Mannheim. Er trat nach zwei Amtszeiten nicht erneut zur Wahl an.
- Der (Ober-)Bürgermeister ist stimmberechtigter Vorsitzender des Gemeinderats und leitet die Stadtverwaltung. Außerdem repräsentiert er die Kommune nach außen.
- In Stadtkreisen und Großen Kreisstädten (ab 20.000 Einwohnern) führt der Bürgermeister die Amtsbezeichnung Oberbürgermeister.
- Gewählt wird jeweils auf acht Jahre.
- Bewerbungen für das Amt des OB konnten bis zum 22. Mai um 18 Uhr eingereicht werden. Die Frist für die Neuwahl endete am 21. Juni um 18 Uhr.
- Am 24. Mai entschied der Gemeindewahlausschuss über die Zulassung von insgesamt acht Kandidatinnen und Kandidaten
- Die öffentliche Vorstellung der Kandidierenden erfolgte u. a. im Rahmen von Podiumsdiskussionen, die von lokalen Medien durchgeführt wurden.
Neuwahl 9. Juli 2023
Christian Specht gewinnt mit knappem Vorsprung
Christian Specht (CDU) ist der Gewinner der Mannheimer OB-Wahl. Specht, dessen Kandidatur auch von der FDP und der Mannheimer Liste unterstützt wurde, erhielt bei der Neuwahl 49,9 Prozent der abgegeben Stimmen. Sein Vorsprung auf Thorsten Riehle (SPD) beträgt somit lediglich 1,2 Prozentpunkte. Riehle kam bei der Neuwahl auf 48,7 Prozent. Der parteilose Ugur Çakir erreichte 1,3 Prozent. Die weiteren Kandidierenden des ersten Wahlgangs waren zur Neuwahl nicht mehr angetreten. Mannheims künftiger Oberbürgermeister, Christian Specht, war bereits aus dem ersten Wahlgang als Sieger hervorgegangen, hatte die notwendige absolute Mehrheit allerdings verpasst. Bei der Neuwahl genügt bereits eine relative Stimmenmehrheit.
Wie ist das Wahlergebnis zu bewerten?
Wer Christian Specht nach dem ersten Wahlgang angesichts eines Vorsprungs von 15 Prozentpunkten bereits als sicheren Wahlsieger gesehen hatte, dürfte sich bei der Neuwahl am 9. Juli verwundert die Augen gerieben haben. Denn diese entwickelte sich zu einem echten Kopf-an-Kopf Rennen zwischen Specht und SPD-Kandidat Riehle, der gegenüber dem ersten Wahlgang um 18 Prozentpunkte zulegen konnte. Für Riehle und die SPD dürfte diese respektable Aufholjagd indes trotzdem nur ein schwacher Trost sein: Erstmals seit mehr als 50 Jahren werden die Sozialdemokraten nicht den Oberbürgermeister in der einstigen Arbeiter-Hochburg Mannheim stellen. Für die CDU und Christian Specht ist die gewonnene Wahl trotz des knappen Ausgangs ein Triumph und zudem eine Bestätigung, auch bei Wählerinnen und Wählern in Großstädten punkten zu können.
Der knappe Ausgang der Neuwahl lieferte aber noch weitere Erkenntnisse: Thorsten Riehle ist es offenbar gelungen, einen Großteil der Wählerinnen und Wähler für sich zu gewinnen, die im ersten Wahlgang für die Kandidierenden von Grünen, LINKEN und der PARTEI gestimmt hatten. Die Grünen hatten nach dem ersten Wahlgang eine Wahlempfehlung zugunsten des SPD-Kandidaten ausgesprochen. Tatsächlich entsprechen die Stimmenzuwächse Riehles in ungefähr der Größenordnung der Anteile der Kandidierenden, die nach dem ersten Wahlgang auf eine erneute Kandidatur verzichtet hatten. Wer es im ersten Wahlgang nicht mit dem vom bürgerlichen Lager unterstützten Specht hielt, stimmte bei der Neuwahl tendenziell für SPD-Kandidat Riehle. Demgegenüber konnte Christian Specht sein Wahlergebnis der Hauptwahl trotz des wesentlich kleiner gewordenen Bewerberfeldes bei der Neuwahl nur um wenige Prozentpunkte verbessern. Dabei konnte er sich jedoch weiterhin auf jene Wählerinnen und Wähler verlassen, die ihm bereits bei der Hauptwahl einen deutlichen Vorsprung beschert hatten. Unter dem Strich steht somit eine knappe Mehrheit für das bürgerliche Lager um CDU-Politiker Christian Specht. Um doch noch an Specht vorbeiziehen zu können, hätte es Riehle und der SPD gelingen müssen, Specht Wählerinnen und Wähler aus dem bürgerlichen Lager abspenstig zu machen, oder – noch wichtiger – zusätzliche Wählerinnen und Wähler aus dem großen Lager der Nichtwähler zu mobilisieren. Dass rund 70 Prozent der Wahlberechtigten für keinen der zur Wahl stehenden Kandidaten votierten, muss die Mannheimer Kommunalpolitik nachdenklich stimmen.
Wie hoch war die Wahlbeteiligung?
Die Wahlbeteiligung lag bei 30,9 Prozent. Bei der Hauptwahl am 18. Juni hatte sie 32,22 Prozent betragen.
Ergebnisse und Analysen zum ersten Wahlgang
Ergebnisse und Analysen zum ersten Wahlgang
Christian Specht gewinnt ersten Wahlgang
Christian Specht, Mannheims bisheriger Erster Bürgermeister, hat den ersten Wahlgang der OB-Wahl mit deutlichem Vorsprung gewonnen. Specht, der von CDU, FDP und der Mannheimer Liste unterstützt wird, erhielt im ersten Wahlgang 45,64 Prozent der Stimmen. Thorsten Riehle von der SPD landete mit 30,24 Prozent auf Platz zwei. Raymond Fojkar (Grüne) erzielte mit 13,8 Prozent das drittstärkste Ergebnis. Isabell Belser, deren Kandidatur von der LINKEN, der Tierschutzpartei und der Klimaliste unterstützt wurde, erreichte 4,98 Prozent. Thomas Bischoff von DIE PARTEI kam auf 1,81 Prozent. Ferner entfielen 1,44 Prozent auf David Frey, 1,2 Prozent auf Tanja Krone, 0,85 Prozent auf Uğur Çakir, sowie 0,06 Prozent auf andere Personen.
Wie ist das Wahlergebnis zu bewerten?
Der deutliche Vorsprung von Christian Specht kommt zumindest insofern überraschend, als dass es sich bei Mannheim bisher um eine klassische Hochburg der SPD handelte. Seit sieben Jahrzehnten wurden die Geschicke der Quadratestadt von sozialdemokratischen Stadtoberhäuptern gelenkt. Dies könnte sich nun ändern. Denn angesichts eines Vorsprungs von 15 Prozentpunkten, geht Specht als Favorit in die am 9. Juli stattfindende Neuwahl. Die Hoffnungen von SPD-Kandidat Riehle ruhen nun darauf, möglichst viele Wählerinnen und Wähler der zurückgetretenen Kandidierenden für sich zu gewinnen. Dies auch wäre nötig, um im zweiten Wahlgang noch an Specht vorbeiziehen zu können. Nachdem mit Ausnahme von Ugur Cakir alle übrigen Kandidierenden nach dem ersten Wahlgang ihren Rückzug verkündet haben, deutet sich für den zweiten Wahlgang jedenfalls ein engeres Rennen an. Von entscheidender Bedeutung dürfte die Frage sein, ob es Riehle gelingt, das Wählerpotenzial Mitte-Links zu mobilisieren und hinter seiner Person zu einen. Bei der Neuwahl genügt bereits eine relative Mehrheit der Stimmen für den Wahlsieg.
Wie hoch war die Wahlbeteiligung?
Die Wahlbeteiligung lag bei 32,22 Prozent und war somit um 1,52 Prozentpunkte höher als bei der letzten Mannheimer OB-Wahl im Jahr 2015.
Wer waren die Kandidatinnen und Kandidaten?
Insgesamt acht Kandidatinnen und Kandidaten waren vom Gemeindewahlausschuss zur Wahl zugelassen worden. Zur Neuwahl am 9. Juli traten nur noch drei Kandidaten an.
Kandidaten der Neuwahl am 9. Juli:
1. Christian Specht (CDU), unterstützt von FDP und der Mannheimer Liste (Freie Wähler)
2. Thorsten Riehle (SPD)
3. Ugur Cakir (parteilos)
Nach dem ersten Wahlgang zurückgetretene Kandidierende:
1. Thomas Bischoff (DIE PARTEI)
2. Isabell Belser (Die Linke), unterstützt von der Tierschutzpartei und der Klimaliste
3. Tanja Krone (parteilos)
4. Raymond Fojkar (Grüne)
5. David Frey (parteilos)
Kandidat-O-Mat
Zur Mannheimer OB-Wahl am 18. Juni leistet der „Kandidat-O-Mat“ eine Orientierungshilfe. Das Online-Tool der Landeszentrale für politische Bildung bietet einen Überblick zu den Positionen der Kandidatinnen und Kandidaten. www.kandidatomat.de
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E-Learning Kurs für Schülerinnen und Schüler
Zur Vorbereitung auf die Wahl bietet unsere Außenstelle in Heidelberg einen offenen E-Learning-Kurs über die Lernplattform Moodle an. Dieser vermittelt die wichtigsten Infos rund um die Kommunalpolitik im Allgemeinen und die Wahl im Speziellen.
Folgende Module stehen im Kurs zur Verfügung:
- Basics der Kommunalpolitik
- der/die Oberbürgermeis-ter:in
- Die Kandidierenden zur Mannheimer OB-Wahl
- Die Wahlkampfthemen
- Wie funktioniert die OB-Wahl?
Im Kursraum finden sich zu den Modulen verschiedene Aufgaben, Infotexte und Videos, die einen spielerischen Einstieg in das Thema Kommunalpolitik ermöglichen und zur weiteren Auseinandersetzung mit der Mannheimer OB-Wahl anregen.
https://www.elearning-politik.net/moodle39/course/view.php?id=1302
Was sind die Aufgaben des Mannheimer Oberbürgermeisters?
Die (Ober-)Bürgermeisterin bzw. der (Ober-)Bürgermeister als Gemeindeoberhaupt vereinigt in seiner bzw. ihrer Position gleichzeitig drei Funktionen
- als stimmberechtigter Vorsitzender des Gemeinderats und aller seiner Ausschüsse,
- als Chef einer auf ihn zugeschnittenen Verwaltung und knapp 8.000 städtischen Beschäftigten
- als Repräsentant und Rechtsvertreter der Gemeinde.
In Stadtkreisen und Großen Kreisstädten (ab 20.000 Einwohnern) führt die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister die Amtsbezeichnung Oberbürgermeisterin bzw. Oberbürgermeister. In Gemeinden mit mehr als 2.000 Einwohnern sind Bürgermeister hauptamtlich tätig. Auch in kleineren Gemeinden mit 500 bis 2.000 Einwohnern kann dies durch die Hauptsatzung festgelegt werden. Als Großstadt mit 309.000 Einwohnern hat Mannheim einen hauptamtlichen Oberbürgermeister.
Was verdient ein OB in Baden-Württemberg?
Das hängt unter anderem von der Einwohnerzahl und dem Aufwand ab. Die höchste Besoldungsgruppe „B 11“ (15.254,87 Euro) gibt es ab 500.000 Einwohnern.
Mannheim fällt mit 309.000 Einwohnerinnen und Einwohnern in die Besoldungsgruppe „B 10“ (bzw. „B 11“ im Falle der Wiederwahl). Somit erhält der Mannheimer OB ein monatliches Gehalt in Höhe von 14.685,38 Euro (bzw. 15.254,87 nach erfolgter Wiederwahl). Geregelt wird das im Landeskommunalbesoldungsgesetz (LKomBesG).
Häufig kommen zum regulären Gehalt noch weitere Einnahmen hinzu – etwa aus Tätigkeiten wie dem Aufsichtsratsvorsitz städtischer Gesellschaften, die oftmals mit dem Amt des OB verknüpft sind.
Warum gibt es in Mannheim neben dem Oberbürgermeister noch weitere Bürgermeister?
In größeren Städten wird die Arbeit der Verwaltung auf mehrere Dezernate verteilt. An deren Spitze steht jeweils ein vom Gemeinderat eingesetzter Dezernent bzw. eine Dezernentin, der bzw. die zusätzlich den Titel Bürgermeister tragen kann. Gibt es mehrere Bürgermeister, dann ist einer als Erster Bürgermeister die ständige Vertretung des Oberbürgermeisters. In größeren Städten mit mehreren Bürgermeistern werden die einzelnen Positionen häufig nach Parteienproporz abgesprochen und dann entsprechend gewählt.
In Mannheim gibt es neben dem Oberbürgermeister fünf weitere hauptamtliche Bürgermeister mit verschiedenen Zuständigkeiten.
- Dezernat I (Erster Bürgermeister): Finanzen, Sicherheit und Ordnung
- Dezernat II: Wirtschaft, Arbeit und Soziales, Kultur
- Dezernat III: Bildung, Jugend, Familie, Gesundheit
- Dezernat IV: Wohnen, Stadtentwicklung, Mobilität
- Dezernat V: Klima und Umwelt, Bürgerdienste, Migration
Mehr Informationen zu den Dezernaten und Bürgermeister:innen in Mannheim

Rückblick: OB-Wahlen in Mannheim 2015
Drei Herausforderer traten bei der OB-Wahl im Jahr 2015 gegen Amtsinhaber Peter Kurz (SPD) an. Peter Rosenberger (CDU), Christopher Probst (Mannheimer Liste) und Christian Sommer (Die Partei). Der Amtsinhaber hatte das Votum der Wählerinnen und Wähler indes bereits im Wahlkampf zu einer Richtungsentscheidung über seine bisherige Amtsführung erklärt.
Hintergrund: Mannheims Stadtoberhäupter seit 1945
Hintergrund: Mannheims Stadtoberhäupter seit 1945
Mannheim entwickelte sich als Industriestadt zu einer Hochburg der SPD. Seit 1945 gab es lediglich zwei Bürgermeister, die nicht den Sozialdemokraten angehörten. Der bislang einzige CDU-Bürgermeister war von der damaligen US-Militärregierung eingesetzt worden.
- Peter Kurz (SPD) (2007–2023)
- Gerhard Widder (SPD) (1983–2007)
- Wilhelm Varnholt (SPD) (1980–1983)
- Ludwig Ratzel (SPD) (1972–1980)
- Hans Resche (parteilos) (1956–1972)
- Hermann Heimerich (SPD) (1949–1955)
- Fritz Cahn-Garnier (SPD) (1948–1949)
- Josef Braun (CPD*/CDU) (1945–1948)
*Josef Braun war zunächst Mitglied der CPD – einer Mannheimer Vorgängerpartei der CDU.
Eine Rarität: die (Ober-)Bürgermeisterin
- Unter den etwa 1.100 (Ober-)Bürgermeisterinnen und (Ober-)Bürgermeistern in Baden-Württemberg sind nur etwa 90 weiblich, das sind gerade einmal rund acht Prozent (Stand 2021).
- Frauen stellen sich seltener zur Wahl als Männer. Ihr Anteil unter den Bewerbern liegt bei etwa neun Prozent.
- Nur 7,3 Prozent der Bürgermeisterwahlen zwischen 2010 und 2017 wurden von einer Frau gewonnen.
- Bis Beate Weber (SPD) in Heidelberg 1990 zur Oberbürgermeisterin gewählt wurde, hatte es im Land nur Männer in dieser Position gegeben. Sie wurde 1998 im Amt bestätigt, 2006 trat sie nicht mehr zur Wahl an.
- Folgende sechs Oberbürgermeisterinnen sind aktuell im Amt:
- Cornelia Petzold-Schick (parteilos) in Bruchsal
- Gabriele Zull (Freie Wähler) in Fellbach
- Ursula Keck (parteilos) in Kornwestheim
- Carmen Haberstroh (Freie Wähler) in Metzingen
- Dorothee Eisenlohr (parteilos) in Schramberg
- Petra Becker (parteilos) in Stutensee
Warum hat der (Ober-)Bürgermeister eine so starke Stellung in Baden-Württemberg?
Eigentlich ist der von den baden-württembergischen Bürgern gewählte Gemeinderat „Hauptorgan der Gemeinde“. So steht es in der Gemeindeordnung (§ 24 Abs. 1 Satz 1). Er beschließt kommunale Rechtsvorschriften, kontrolliert Bürgermeister und Verwaltung, stellt Gemeindepersonal ein und befindet über Steuerhebesätze und Ausgaben. Doch die kommunale Wirklichkeit sieht oft anders aus: Zentraler Akteur auf der kommunalpolitischen Bühne ist die (Ober-)Bürgermeisterin bzw. der (Ober-)Bürgermeister. Die besten Voraussetzungen für diese starke Position schafft die Süddeutsche Ratsverfassung, das kommunale Verfassungssystem in Baden-Württemberg.
So ist das Gemeindeoberhaupt als einziges Mitglied des Gemeinderats in allen drei Phasen des kommunalen Geschehens entscheidend mit dabei:
- in der Phase der Entscheidungsvorbereitung
- in der Phase der Vorbereitung und rechtsgültigen Entscheidung im Gemeinderat
- in der Phase der Entscheidungsausführung
Außerdem hat die Bürgermeisterin bzw. der Bürgermeister das Recht, „in dringenden Angelegenheiten (...), deren Erledigung auch nicht bis zu einer ohne Frist und formlos einberufenen Gemeinderatssitzung aufgeschoben werden kann“, an Stelle des Gemeinderats zu entscheiden (§ 43,4 GemO). Üblicherweise legt der Gemeinderat eine gewisse Summe fest, bis zu der die/der Bürgermeister:in über eine Maßnahme entscheiden kann.
Die Direktwahl von den Bürgerinnen und Bürgern sowie die Tatsache, dass die Amtszeit unabhängig von der des Gemeinderates ist (der Gemeinderat wird für fünf Jahre gewählt), unterstreicht die starke Stellung der Rathauschefin bzw. des Rathauschefs.
Hintergrund: Die „höhere Weihe“ der Direktwahl
Hintergrund: Die „höhere Weihe“ der Direktwahl
Unabhängig von der Gemeindegröße wird die Stellung der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters als sehr stark eingeschätzt. Dieser Gestaltungsspielraum ergibt sich nicht nur aus den oben aufgeführten Kompetenzen, sondern auch aus der Direktwahl durch das Volk.
Dieses „Plebiszit“ verleiht der Amtsinhaberin bzw. dem Amtsinhaber im allgemeinen Verständnis eine „höhere Weihe“. Die Direktwahl bedeutet nicht nur ein Mehr an bürgerlichen Beteiligungsmöglichkeiten, sondern sie verstärkt auch die Durchsetzungskraft der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters, die als gewählte Repräsentantin bzw. als gewählter Repräsentant des Volkes vor den Rat treten und beanspruchen kann, ihre/seine Vorstellungen unter Berufung auf den Volkswillen durchzusetzen.
Gleichzeitig wird sie/er von der Bevölkerung als Ausgleich gegenüber dem Gemeinderat angesehen. Und auch wenn sie/er selbst einer Partei angehört (etwa die Hälfte), versucht die Person über den Parteien zu stehen und ausgleichend zu wirken. Deshalb ergänzen sich Volkswahl der Bürgermeisterin bzw. des Bürgermeisters und getrennte Wahl des Gemeinderats.
Außerdem ist die Volkswahl für die/den Bürgermeister:in Verpflichtung, sich auch um Probleme einzelner Bürgerinnen und Bürger zu kümmern, und überhaupt um alles, was sich im Gebiet seiner Kommune ereignet. Dies bietet einen Anreiz für starke, durchsetzungsfähige Persönlichkeiten.
Erweist die Person sich dann noch als guter „Innen-, Außen- und Finanzminister“, kann es sein, dass sie bei der Wiederwahl eine Traummehrheit von 90 Prozent und mehr bekommt.
Machtfülle schafft der baden-württembergischen Bürgermeisterin bzw. dem Bürgermeister auch ihre/seine Präsenz als Polit-Profi. Die Gemeinderäte als Teilzeitpolitiker:innen geraten da bisweilen in die schwächere Position. Bei den wachsenden Aufgaben der Städte und Gemeinden sind zunehmend aber kommunale Mandatsträgerinnen und -träger mit Fach- und Verwaltungskompetenz gefragt.
Wie wird man (Ober-)Bürgermeister:in?
Kandidatur und Wahl

Direktwahl durch die Bürgerinnen und Bürger
Das Stadtoberhaupt wird direkt von den Bürgerinnen und Bürgern in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Dies eröffnet zum einen Beteiligungsmöglichkeiten für die Bürgerschaft und stärkt zum anderen die Position der oder des Gewählten. Die Wahl folgt den Grundsätzen der Mehrheitswahl. Im Durchschnitt lag die Wahlbeteiligung bei Wahlen zu Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern in Baden-Württemberg in den Jahren 2010 bis 2017 bei 44,4 Prozent.
Wer im Amt ist, bleibt es meist auch
Die Amtszeit einer Bürgermeisterin bzw. eines Bürgermeisters in Baden-Württemberg ist auf acht Jahre angelegt, eine Wiederwahl ist möglich, auch eine mehrmalige, sofern die Kandidatin bzw. der Kandidat nicht älter als 68 Jahre ist.
Von den 1.088 Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, die zwischen 2010 und 2017 eine Wahl gewonnen haben, sind nur etwa 42 Prozent neu im Amt. Es traten durchschnittlich 2,6 Kandidierende pro Stelle an, wobei das Interesse einer Kandidatur in größeren Gemeinden höher ist. Auch bewerben sich neue Kandidierende tendenziell lieber auf Stellen, bei denen die Amtsinhaberin bzw. der Amtsinhaber nicht nochmals zur Wahl antritt. Denn die Wahrscheinlichkeit, dass ein Amtsinhaber bei nochmaliger Kandidatur abgewählt wird, gilt als eher gering (etwa bei einem von 12 Fällen). Eine vorzeitige Abwahl des Gemeindeoberhaupts ist rechtlich nicht möglich.
Gestaltungsspielraum, Machtfülle und Wahlmodus haben erheblichen Einfluss darauf, wer Bürgermeister:in werden will und es auch tatsächlich wird. Das ist das Ergebnis politikwissenschaftlicher Untersuchungen. Die Machtfülle übt eine erhebliche Anziehungskraft auf starke und qualifizierte Persönlichkeiten aus. Und tatsächlich ist ihre Chance, gewählt zu werden, groß.
Wer kann als OB kandidieren?
Wählbar sind Deutsche und Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union, die in der Bundesrepublik wohnen und zwischen 25 und 68 Jahre alt sind. Eine bestimmte Qualifikation ist nicht vorgeschrieben, doch handelt es sich häufig um gelernte Verwaltungsfachleute.
Bis zum Ende der Bewerbungsfrist muss jede Bewerberin und jeder Bewerber folgende Unterlagen einreichen:
- 250 Unterstützungsunterschriften von Mannheimer Wahlberechtigten (§ 10 Abs. 3 KomWG),
- eine Wählbarkeitsbescheinigung,
- eine eidesstattliche Versicherung, dass die Bewerberin bzw. der Bewerber nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen ist,
- bei Unionsbürger:innen zusätzlich eine eidesstattliche Versicherung, dass sie die Staatsangehörigkeit ihres Herkunftsmitgliedsstaats besitzen und dort ihre Wählbarkeit nicht verloren haben (§10 Abs. 4 KomWG).
Der Gemeindewahlausschuss beschließt über die Zulassung der Bewerbungen spätestens am 16. Tag, für die Neuwahl nach § 45 Abs. 2 der Gemeindeordnung spätestens am 9. Tag vor dem Wahltag.
In Deutschland werden eher Bewerberinnen und Bewerber von außerhalb der Gemeinde bevorzugt. Zumeist stammen sie nicht aus dem betreffenden Ort, aber aus der Region. Wählerinnen und Wähler gehen davon aus, dass auswärtige Bewerber:innen um das Amt weniger lokale Abhängigkeiten haben. Das bedeutet auch, dass sie zu den Parteien Distanz halten.
Mehr als die Hälfte der Bürgermeisterinnen bzw. der Bürgermeister (59 Prozent) ist parteilos, während von den parteigebundenen fast drei Viertel ein Parteibuch der CDU haben. Dieses Bild ändert sich allerdings deutlich, wenn man den Blick auf Großstädte mit mehr als 100.000 Einwohnern richtet. In 46 Großstädten stellt die SPD das Stadtoberhaupt – und somit in mehr als drei Mal so vielen Fällen wie die CDU, die auf derzeit 15 Großstadt-Oberbürgermeister kommt. Acht Oberbürgermeister und Oberbürgermeisterinnen sind parteilos, vier gehören den Grünen an.
Wer ist bei der OB-Wahl wahlberechtigt?

Das aktive Wahlrecht
Das aktive Wahlrecht ist das Recht, sich an der Wahl durch Stimmabgabe zu beteiligen. Bei kommunalen Wahlen sind Deutsche im Sinne von Artikel 116 Abs. 1 des Grundgesetzes sowie Unionsbürger:innen wahlberechtigt, wenn sie am Wahltag
- 16 Jahre alt sind,
- seit mindestens drei Monaten ihren Hauptwohnsitz in Mannheim haben,
- nicht vom Wahlrecht ausgeschlossen sind,
- im Wählerverzeichnis der Kommune geführt sind.
Personen sind vom Wahlrecht ausgeschlossen, wenn sie
- das Wahlrecht infolge Richterspruchs in der Bundesrepublik Deutschland verloren haben.
Wählerverzeichnis, Wahlbenachrichtigung und Briefwahl
In das Wählerverzeichnis werden nur wahlberechtigte Personen eingetragen. Das Wählerverzeichnis ermöglicht die Kontrolle, dass nur Wahlberechtigte wählen und dass jede bzw. jeder nur einmal wählt. Die Daten für das Wählerverzeichnis stammen aus den Daten der Meldebehörde. Wahlberechtigte werden automatisch in das Wählerverzeichnis der Stadt eingetragen – es sei denn, sie sind erst kürzlich eingebürgert worden oder europäische:r Staatsbürger:in. In diesem Fall muss sich die Person auf eigene Initiative bei der Stadt melden und einen Antrag auf Eintragung ins Wählerverzeichnis stellen.
Weitere Informationen: Wahlinfos der Stadt Mannheim
Wo finde ich weitere Informationen zur OB-Wahl?

Die Bürgermeister•wahl
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Kommunalpolitik
Dieses Portal bietet Informationen rund um die Kommunalpolitik und zu Wahlen auf kommunaler Ebene.
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Weiterführende Informationen und Quellen
Weiterführende Informationen und Quellen
Mannheim.de: Infos zur OB-Wahl
Mannheim.de: Der Oberbürgermeister
Kommunalwahl-Portal: Die Bürgermeisterin/Der Bürgermeister
Gemeindeordnung BW: Bürgermeister
Statistisches Landesamt: Fakten zur Bürgermeisterwahl
Statistisches Landesamt: Fakten zur Bürgermeisterwahl
Das Landesamt für Statistik liefert Daten, Fakten sowie eine Analyse zu den (Ober-)Bürgermeister*innen-Wahlen in Baden-Württemberg zwischen den Jahren 2010 und 2017.
Statistisches Monatsheft 2/2019: Teil 1 Grundsätze und Entwicklungen
Statistisches Monatsheft 3/2019: Teil 2 Fortsetzung der Analyse
Autor: Internetredaktion LpB BW | letzte Aktualisierung: 10. Juli 2023