Dossier
Menschenrechte in Deutschland
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Hierzulande ist die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte stark in den Köpfen der Menschen verankert und besitzt aufgrund der deutschen Geschichte einen speziellen Stellenwert.
Deutlich wird dies im Grundgesetz. Artikel 1–19 GG sind den Grundrechten gewidmet und Artikel 79 (3), der sich mit der Änderung des Grundgesetzes befasst, verbietet ausdrücklich eine Änderung der in Artikel 1 und 20 niedergelegten Grundsätze.
Deutschland hat alle zentralen Übereinkommen der Europäischen Union, des Europarats und der Vereinten Nationen zum Schutz der Menschenrechte unterzeichnet. Institutionen in Deutschland wie das Deutsche Institut für Menschenrechte oder der Bundestagsausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe sollen dafür sorgen, dass Deutschland diese Übereinkommen einhält. Weltweit trägt Deutschland mit Projekten und Initiativen dazu bei, dass der Schutz der Menschenrechte gewahrt wird.
Dennoch kritisieren verschiedene Akteure, dass auch in Deutschland, etwa durch den deutschen Staat oder deutsche Unternehmen, Menschenrechte verletzt werden.
Wer überwacht in Deutschland die Einhaltung der Menschenrechte?
Das Deutsche Institut für Menschenrechte
Das Deutsche Institut für Menschenrechte ist die unabhängige nationale Menschenrechtsinstitution Deutschlands (§ 1 DIMR-Gesetz). Es setzt sich dafür ein, dass Deutschland die Menschenrechte im In- und Ausland einhält und fördert. Das Institut begleitet und überwacht zudem die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention und der UN-Kinderrechtskonvention. Hierfür hat es entsprechende Monitoring-Stellen eingerichtet.
Das Institut wurde im März 2001 auf Empfehlung des Deutschen Bundestages gegründet. Es ist nur den Menschenrechten verpflichtet und politisch unabhängig. Das Institut veröffentlicht jedes Jahr einen Bericht über die Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland.
Bundestagsausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe
Seit 1998 gibt es im Deutschen Bundestag einen Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe. Mit der Einrichtung dieses Gremiums hat das Parlament den Stellenwert deutlich gemacht, den es der Menschenrechtspolitik einräumt. Bis dahin gab es lediglich einen „Unterausschuss für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe“, der ausschließlich gutachtlich zu menschenrechtsrelevanten Themen gegenüber dem Auswärtigen Ausschuss Stellung nahm. Die Kompetenzen des Ausschusses für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe wurden bis hin zu innenpolitischen Themen erweitert.
Wie ist die Menschenrechtssituation aktuell in Deutschland?
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Das Deutsche Institut für Menschenrechte legt jedes Jahr kurz vor dem Tag der Menschenrechte am 10. Dezember einen Bericht über die Entwicklung der Menschenrechtssituation in Deutschland vor. In diesem werden verschiedene Schwerpunktthemen behandelt. Im neunten Menschenrechtsbericht von 2024 werden folgende fünf Themen behandelt: Schutz von Geflüchteten, Wohnungslosigkeit, Exklusion von Menschen mit Behinderungen auf dem Arbeitsmarkt, ausbeuterische Arbeitsbedingungen von Wanderarbeitskräften sowie menschenrechtliche Verantwortung von Unternehmen.
Menschenrechtsbericht 2022
Menschenrechtsbericht 2022

Der siebte Menschenrechtsbericht von 2022 legt einen besonderen Fokus auf das Recht auf inklusive Bildung. Darüber hinaus wurden folgende fünf Themen behandelt: Klimaschutzpolitik, die Situation an den EU-Außengrenzen zu Belarus, die Förderung einer kindgerechten Justiz, die Rechte älterer Menschen und die Gesundheitsversorgung von Menschen mit Behinderungen.
Inklusive Bildung
Im Schwerpunktkapitel Inklusive Bildung kommt das Institut zu dem Schluss: Vielen Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen wird der diskriminierungsfreie Zugang zu einem inklusiven Schulsystem in Deutschland de facto verwehrt. Allerdings ist die Situation in den Bundesländern unterschiedlich: Während sich Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein sehr für inklusive Bildung einsetzen würden, seien in Baden-Württemberg, Bayern, Rheinland-Pfalz und dem Saarland sogar Rückschritte zu sehen. Die Exklusionsquote – das ist der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die im Verhältnis zur Gesamtzahl der Schülerinnen und Schüler in Förderschulen unterrichtet werden – ist bundesweit seit Jahren nahezu gleichbleibend hoch, obwohl die UN-Behindertenrechtskonvention seit 14 Jahren in Kraft ist. Um inklusive Bildung zu gewährleisten, empfiehlt das Institut Grundgesetzänderungen sowie einen Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern, einen „Pakt für Inklusion“.
Klimaschutzpolitik
Die versäumte Klimaschutzpolitik der vergangenen Jahre gefährde in Deutschland einige Regionen und bestimmte Bevölkerungsgruppen besonders stark, so der Bericht. Der Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021 mache deutlich: Der Staat muss die Menschen vor den Folgen des Klimawandels schützen. Es sei gut, dass sich die Bundesregierung klar zum Klimaschutz bekenne. Doch es brauche mehr und vor allem menschenrechtlich angemessene Vorsorge- und Anpassungsmaßnahmen sowie ein bundesweites Klimaanpassungsgesetz.
Situation an den EU-Außengrenzen zu Belarus
Beim Thema Flucht konzentriert sich der Bericht auf den Umgang mit Schutzsuchenden an den EU-Außengrenzen – konkret an der polnisch-belarussischen Grenze. Schutzsuchende würden dort massive Menschenrechtsverletzungen erleben, weil sich die EU-Staaten nicht unter Druck setzen lassen wollen. Als Reaktion auf das politisch motivierte Ausnutzen der Not und Verzweiflung von Menschen würden also die Rechte eben dieser Schutzsuchenden verletzt. Von der Bundesregierung erwartet das Institut, dass sie sich klar gegen eine Absenkung der Standards des gemeinsamen EU-Asylsystems ausspricht.
Weitere Schwerpunktthemen
Auch zu den anderen Schwerpunktthemen stellt der Bericht politische Handlungsdefizite fest: So hätten sich fehlende Regelungen zum Schutz Älterer vor allem bei der Frage der Triage in der Corona-Pandemie und im Zusammenhang mit der zunehmenden Altersarmut sowie alltäglicher Diskriminierung gezeigt. Auf dem Weg zu einer kind- und jugendgerechten Justiz müssten Gerichte, Staatsanwält:innen und Verfahrensbeistände den Anspruch des Kindes auf Gehör stärker in die Verfahren integrieren und besser im Umgang mit Kindern geschult werden. Im Gesundheitswesen fordert das Institut, Menschen mit Behinderungen und ihre Bedarfe auf allen Ebenen stärker zu berücksichtigen und dafür zu sorgen, dass ihnen die gleiche Gesundheitsversorgung zukomme wie Menschen ohne Beeinträchtigung.
Menschenrechtsbericht 2021
Menschenrechtsbericht 2021
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Im sechsten Menschenrechtsbericht von 2021 gab es folgende Schwerpunktthemen: die Ausbreitung von Rassismus und Rechtsextremismus, die Frage der Triage, die Familienzusammenführung von Geflüchteten, die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz sowie die rechtliche Betreuung von Menschen mit Behinderung.
Rassismus und Rechtsextremismus
Das Deutsche Institut für Menschenrechte hebt in seinem Bericht die seit Jahren steigende Zahl rechtsextremistischer und rassistischer Straftaten hervor. Diese Entwicklung zeige sich nicht nur in einer Zunahme von Gewalttaten, sondern auch in rassistischen und antisemitischen Positionen, die vermehrt öffentlich geäußert würden. Problematisch sei außerdem, dass es immer wieder Fälle von rechtsextremistischen Aktivitäten bei Polizei und Sicherheitsbehörden gebe. Daher empfiehlt der Bericht, Menschenrechtsbildung in der Aus- und Fortbildung von Justiz und Polizei zu stärken. Rassistische Polizeikontrollen sollten durch Änderungen im Bundespolizeigesetz verhindert und Beschwerdestellen für Betroffene rassistischer Polizeipraxis geschaffen werden.
Schutz vor Diskriminierung – die Frage der Triage
Ein weiterer Schwerpunkt des Menschenrechtsberichts widmet sich der Frage nach der Triage während der Corona-Pandemie. Nach welchen Kriterien soll entschieden werden, wer eine medizinische Behandlung erhält, wenn in den Krankenhäusern nicht mehr ausreichend Intensivbetten zur Verfügung stehen? Bislang gibt es dazu kein Gesetz, den Ärztinnen und Ärzten dienen lediglich unverbindliche Empfehlungen medizinischer Fachgesellschaften als Entscheidungshilfe. Das Problem: Menschen mit Behinderung oder einer verkürzten Lebenserwartung könnten nach diesen Empfehlungen ernsthaft diskriminiert werden. Im Bericht wird deshalb gefordert, dass der Staat rechtliche Grundlagen schafft, die mit dem Grundgesetz und dem Diskriminierungsschutz der UN-Behindertenrechtskonvention in Einklang zu bringen sind.
Familienzusammenführung geflüchteter Menschen
Geflüchtete Menschen müssen ihre Kinder oder ihre:n Partner:in oftmals zunächst im Herkunftsland zurücklassen. Die rechtlichen Hürden für den Familiennachzug sind hoch. Besonders schwierig ist der Familiennachzug für Geschwister unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter und für die Familien von Menschen, denen zwar Schutz, aber kein offizieller Flüchtlingsstatus oder Asyl gewährt wurde (subsidiär Schutzberechtigte). Doch vor allem Kinder leiden sehr unter der Trennung von Eltern und Geschwistern. Der Bericht empfiehlt daher, den Geschwisternachzug sowie den Familiennachzug für subsidiär schutzberechtigte Menschen zu erleichtern.
Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz
Bereits seit 1992 ist Deutschland zur Umsetzung der UN-Kinderrechtskonvention verpflichtet. Der UN Ausschuss für die Rechte des Kindes empfiehlt zudem, Kinderrechte ins Grundgesetz aufzunehmen. Dadurch würden die Interessen und Belange von Minderjährigen politisch aufgewertet und erhielten mehr Gewicht. Geschehen ist dies bislang aber nicht, bemängelt das Deutsche Institut für Menschenrechte und fordert daher ein Umdenken der Politik. Kinderrechte müssten ins Grundgesetz, um die Situation der Kinderrechte in Deutschland nachhaltig zu verbessern.
Rechtliche Betreuung und das Selbstbestimmungsrecht von Menschen mit Behinderung
Falls eine Person aufgrund einer Krankheit oder Beeinträchtigung Unterstützung bei rechtlichen Angelegenheiten benötigt, kann sie Unterstützung durch eine Betreuerin oder einen Betreuer erhalten. 2021 wurde das Betreuungsrecht umfassend reformiert. Doch das Deutsche Institut für Menschenrechte empfiehlt weitere Schritte. Um das Recht auf Selbstbestimmung zu stärken und Betreuungen zu vermeiden, solle vermehrt auf „andere Hilfen“ und Leistungen, wie z.B. Schuldenberatung oder betreutes Wohnen gesetzt werden. Außerdem brauche es Informations- und Empowerment-Schulungen für Menschen mit Unterstützungsbedarf und die Akteur:innen des Betreuungswesens.
Zusätzlich thematisiert der Bericht die Globale Impfgerechtigkeit sowie die Notwendigkeit eines Lieferkettengesetzes. Beide Themen stehen exemplarisch für die internationale Verantwortung Deutschlands und Europas im Hinblick auf die Einhaltung von Menschenrechten.
Menschenrechtsbericht 2020
Menschenrechtsbericht 2020
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Der fünfte Bericht von 2020 widmete sich schwerpunktmäßig zwei Themen: der beruflichen Ausbildung von Menschen mit Behinderungen sowie Krankheit und Abschiebung.
Berufliche Ausbildung von Menschen mit Behinderung
Das Deutsche Institut für Menschenrechte fordert in seinem Bericht ein reguläres inklusives Ausbildungssystem für alle Auszubildenden, wie es auch das inklusive Schulsystem für alle Schülerinnen und Schüler gibt. Bisher würden Jugendliche mit Behinderungen mehrheitlich ihre Berufsausbildung jedoch nicht regulär absolvieren, sondern im Rahmen von „Sonderformen“. Dadurch erhielten sie überwiegend keine anerkannten Abschlüsse und der reguläre Arbeitsmarkt bliebe ihnen verwehrt. „Die UN-Behindertenrechtskonvention verpflichtet den Staat, auf diese Situation zu reagieren und einen diskriminierungsfreien Zugang zu beruflicher Bildung für alle Menschen zu gewährleisten“, heißt es im Bericht. Es brauche daher eine Systemtransformation hin zu EINEM regulären inklusiven Ausbildungssystem für alle Jugendlichen.
Krankheit und Abschiebung
Erkrankte Menschen dürfen in Deutschland nicht abgeschoben werden, wenn sich dadurch ihr Gesundheitszustand gravierend verschlechtert oder gar ihr Leben gefährdet ist. Doch eine solche Erkrankung nachzuweisen, ist zunächst Aufgabe der Betroffenen (Darlegungspflicht). Darin sieht das Deutsche Institut für Menschenrechte in seinem Bericht ein grundsätzliches Problem: Die Darlegungspflicht sei „eine Pflicht, der diese [Personen] in vielen Fällen nicht nachkommen können: wegen beschleunigter Asylverfahren, mangelnden Zugangs zu Informationen, Sprachmittlung und Fachärzt:innen sowie wegen bürokratischer oder finanzieller Hürden“. Daher sei es zentral, „dass auch der Staat gründlich prüft, ob ein sogenanntes krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vorliegt“. Diese sogenannte Sachaufklärungspflicht müssten die zuständigen Behörden stärker berücksichtigen.
Außerdem nimmt der Bericht zu folgenden weiteren Themen Stellung, die in früheren Menschenrechtsberichten ausführlicher erläutert wurden: Wohnungslosigkeit, Zugang zu Bildung für geflüchtete Kinder, Rüstungsexporte sowie Wirtschaft und Menschenrechte.
Menschenrechtsbericht 2019
Menschenrechtsbericht 2019

Wie und wo können Wohnungslose in Deutschland behelfsweise unterkommen, bis sie eine dauerhafte Unterkunft gefunden haben? Dieser Frage schenkte das Deutsche Institut für Menschenrechte im Menschenrechtsbericht 2019 besondere Aufmerksamkeit. Denn oft würden in diesem Bereich die Rechte der betroffenen Menschen verletzt und zu wenig über die Probleme und möglichen Lösungen diskutiert, so die Menschenrechtsorganisation.
Damit wohnungslose Menschen in Deutschland nicht gegen ihren Willen auf der Straße leben müssen, sollen sie vorübergehend unterkommen können. Für diese sogenannte „ordnungsrechtliche Unterbringung“ sind in Deutschland die Kommunen verantwortlich. Doch zu oft seien die temporären Unterkünfte voll und unhygienisch – und zudem gar nicht vorübergehend, kritisiert das Institut für Menschenrechte. Eine von drei wohnungslosen Personen lebe in so einer Art der Unterbringung länger als drei Jahre. Das sieht das Institut als Gefahr für die Menschenrechte der Betroffenen und fordert deshalb höhere Wohnstandards für die ordnungsrechtliche Unterbringung.
Das Institut rückte 2019 ein weiteres Thema in den Fokus: Was passiert, wenn deutsche Unternehmen im Ausland die Rechte von Menschen verletzen und diese Menschen von deutscher Seite dann nicht ausreichend Hilfe und Entschädigung bekommen? Das ist zum Beispiel der Fall, wenn ein deutsches Unternehmen im Ausland Trinkwasser vor Ort verschmutzt. Der deutsche Staat habe sich zwar dazu verpflichtet, Menschen auch im Ausland Hilfe zu bieten, wenn ihre Rechte durch deutsche Unternehmen verletzt werden. Doch in Wirklichkeit komme Deutschland dieser Pflicht nicht ausreichend nach: Die betroffenen Menschen bekämen oft nicht ausreichend und leicht zugängliche Unterstützung und Entschädigung, kritisiert das Insitut für Menschenrechte.
Im Bericht 2019 geht es neben der Unterbringung von obdachlosen Menschen unter anderem um den Familiennachzug anerkannter Flüchtlinge oder den Waffenhandel.
Wie sieht die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung aus?
Alle zwei Jahre legt die Bundesregierung einen Bericht über ihre Menschenrechtspolitik vor. Der aktuelle 15. Bericht deckt den Zeitraum vom 1. Oktober 2020 bis zum 30. September 2022 ab.
Der Bericht beinhaltet den „Aktionsplan Menschenrechte der Bundesregierung 2023-2024“, in dem die Prioritäten der Bundesregierung für die kommenden zwei Jahre in wichtigen Aktionsfeldern des Menschenrechtsschutzes sowohl national als auch international dargestellt werden. Dazu gehören neben dem Bekenntnis zu einer feministischen Außenpolitik auch die Menschenrechtsschwerpunkte in den Bereichen Gleichstellung der Geschlechter, Rechenschaft für schwere Menschrechtsverletzungen, Klimawandel und digitale Moderne.
Im zweiten Teil des Berichts geht es um die „Menschenrechte in Deutschland“ und hier insbesondere um die Herausforderungen der Klimakrise für den Schutz von Menschenrechten. Der dritte Teil „Menschenrechte in der Außen- und Entwicklungspolitik“ stellt das internationale Engagement der Bundesregierung vor, unter anderem bei der Bekämpfung von Menschenhandel, der Stärkung von Frauen in der Friedenspolitik und der Bekämpfung von Straflosigkeit für Völkerrechtsverbrechen. Der vierte Teil „Menschenrechte weltweit“ beschreibt die Menschenrechtslage in ausgewählten Ländern.
15. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik
14. Menschenrechtsbericht (2018-2020)
14. Menschenrechtsbericht (2018-2020)
Alle zwei Jahre legt die Bundesregierung einen Bericht über ihre Menschenrechtspolitik vor. Der 14. Bericht deckt den Zeitraum vom 1. Oktober 2018 bis zum 30. September 2020 ab.
Ein Schwerpunktthema ist Deutschlands Einsatz für die Menschenrechte im UN-Sicherheitsrat. So wurde unter deutschem Vorsitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen, in dem Deutschland nichtständiges Mitglied ist, eine UN-Resolution zum Thema „sexualisierte Gewalt in Konflikten“ verabschiedet. Weitere Themen, die Deutschland im Sicherheitsrat in den Fokus gerückt hat, waren Frauenrechte, Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und -verteidigern sowie der Komplex Menschenrechte und Künstliche Intelligenz.
Außerdem stellt der Bericht künftige Prioritäten der Bundesregierung in wichtigen Aktionsfeldern des Menschenrechtsschutzes sowohl national als auch international dar. Zu diesen künftigen Prioritäten gehören die Bekämpfung von Diskriminierung aufgrund sexueller Orientierung und Geschlechteridentität, der Schutz zivilgesellschaftlicher Handlungsspielräume, der Kampf gegen Straflosigkeit und das Thema Menschenrechte und digitaler Wandel.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hatte Gelegenheit, im Bundestag im Mai 2021 schriftlich und mündlich zum 14. Menschenrechtsbericht Stellung zu nehmen. In der mündlichen Stellungnahme wurden insbesondere zwei Forderungen gestellt: Erstens solle Deutschland „die Forderung nach einer temporären Aussetzung der TRIPS-Regeln zum Patentschutz für Covid-19-Medikamente, -Diagnostika und -Impfstoffe innerhalb der WTO [...] unterstützen und die Blockadehaltung der EU dahingehend auf[...]geben“. Denn eine gerechte Verteilung von Impfstoffen sei zentral. Zweitens müsse die Bundesregierung dokumentierte Menschenrechtsverletzungen an den EU-Außengrenzen gegenüber den EU-Mitgliedstaaten ansprechen und rügen. Die Europäische Kommission müsse außerdem entsprechende Vertragsverletzungsverfahren einleiten. „Die deutsche Flüchtlingspolitik entspricht insoweit nicht den menschenrechtlichen Standards“, heißt es in der Stellungnahme (Quelle: Amnesty International).
14. Bericht der Bundesregierung über ihre Menschenrechtspolitik
Welche Vorwürfe zu Menschenrechtsverletzungen in Deutschland gibt es?
Kritik von Amnesty International
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Auch hierzulande werden die Menschenrechte nach fast 75 Jahren seit ihrem Beschluss in der UN-Vollversammlung verletzt, prangert die Menschenrechtsorganisation Amnesty International in ihrem Jahresbericht 2021/2022 an. So meldete das Bundesinnenministerium im Mai 2021 zwar einen Anstieg von Hasskriminalität um 19 Prozent. Es gebe in Deutschland jedoch noch immer keine umfassende Strategie gegen auf Diskriminierung beruhende Gewalt. Dagegen begrüßt die Menschenrechtsorganisation die Verabschiedung zweier Vorhaben der Bundesregierung: das LSBTI-Inklusionskonzept sowie das Gesetz zum Schutz von Kindern mit Varianten der Geschlechtsentwicklung.
Für Nordrhein-Westfalen kritisiert Amnesty International, dass durch das dortige Versammlungsgesetz die Versammlungsfreiheit unverhältnismäßig eingeschränkt würde. Risiken hinsichtlich des Schutzes der Privatsphäre sieht die Menschenrechtsorganisation zudem bei Gesetzesänderungen, die es Geheimdiensten künftig erlauben, Überwachungstechnologie auf Geräten zu installieren, um auch verschlüsselte Kommunikation zu überwachen. Kritisch wird auch die Ablehnung einer vorübergehenden Patentfreigabe für Covid-19-Impfstoffe durch die Bundesregierung gesehen, um weltweit für eine gerechtere Verteilung von Impfstoffen zu sorgen. Als wegweisend stuft die Menschenrechtsorganisation das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2021 ein, welches das Klimaschutzgesetz teilweise als verfassungswidrig verurteilt hatte.
Amnesty International veröffentlicht jährlich den „Amnesty International Report” zur weltweiten Lage der Menschenrechte. Der Report 2021/2022 betrachtet 154 Länder, darunter auch Deutschland.
Menschenrechtssituation in Deutschland 2020
Menschenrechtssituation in Deutschland 2020
Auch in Deutschland werden die Menschenrechte verletzt, wie Amnesty International in ihrem Jahresbericht 2020/2021 zur weltweiten Lage der Menschenrechte und ihrem Länderbericht für Deutschland zeigt. So kritisiert die Menschenrechtsorganisation diskriminierende Personenkontrollen von Angehörigen ethnischer und religiöser Minderheiten hierzulande durch die Polizei. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz hatte im März 2020 eine Studie über das sogenannte „Racial Profiling“ durch die Polizei gefordert, die der damalige Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) allerdings ablehnte. Er begründete das damit, dass diskriminierende Personenkontrollen grundsätzlich verboten seien.
Außerdem beanstandet Amnesty International, dass es nach wie vor weder auf Bundes- noch auf Landesebene eine umfassende Strategie zur Bekämpfung von Hasskriminalität gebe. Zudem bereitet der Menschenrechtsorganisation der Anstieg von Gewalt gegenüber Frauen während der Corona-Pandemie Sorgen. Dagegen begrüßt sie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, dass der Bundesnachrichtendienst auch bei Aktivitäten im Ausland an die im Grundgesetz verankerten Grundrechte gebunden ist und dass Deutschland weiterhin zu den wenigen EU-Mitgliedstaaten zählt, die 2020 Asylsuchende aus anderen Ländern übernahmen. Weitere Probleme hinsichtlich der Einhaltung der Menschenrechte in Deutschland sieht Amnesty International beispielsweise bei deutschen Unternehmen, die ihren menschenrechtlichen Sorgfaltspflichten nicht nachkämen sowie bei deutschen Rüstungsexporten.
Amnesty International veröffentlicht jährlich den „Amnesty International Report” zur weltweiten Lage der Menschenrechte. Der Report 2020/2021 betrachtet 149 Länder, darunter auch Deutschland.
Kritik vom US-Außenministerium
Auch das US-Außenministerium berichtet einmal im Jahr in seinen „Country Reports on Human Rights Practices“ über die Situation der Menschrechte weltweit. Der Jahresbericht 2021 nennt als wichtigstes Menschenrechtsproblem in Deutschland antisemitisch motivierte Gewalttaten und Gewalttaten gegen Angehörige ethnischer oder religiöser Minderheiten, die durch Islamophobie oder andere Formen des Rechtsextremismus motiviert waren.
Generell erkennt der Bericht jedoch an, dass die Menschenrechte in Deutschland staatlicherseits respektiert werden und die Regierung Schritte unternommen habe, um Menschenrechtsverletzungen von Beamten in Sicherheitsdiensten und anderen Regierungsstellen zu untersuchen, zu verfolgen und zu bestrafen.
Urteile des Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
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Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) überprüft die Einhaltung der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) durch die Vertragsstaaten. Der EGMR hat keine Kompetenz, die Entscheidungen nationaler Gerichte aufzuheben. Er kann jedoch Verletzungen der Konvention durch Vertragsstaaten feststellen und die Staaten zur Zahlung einer gerechten Entschädigung verurteilen. Die Urteile des EGMR sind für die Vertragsstaaten verbindlich, also auch für Deutschland.
Das Bundesjustizministerium veröffentlicht jedes Jahr eine Zusammenfassung der Rechtssprechung des EGMR. Im Jahr 2021 entschied der Gerichtshof über elf Verfahren. Davon stellte er nur in einem Fall eine Verletzung der EMRK fest, nämlich eine Verletzung des Rechts auf ein faires Verfahren und unparteiisches Gericht.
Autor: Internetredaktion LpB BW | letzte Aktualisierung: Dezember 2022.