Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 6. Juni 2021
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Eigentlich hätte die Landtagswahl in Sachsen-Anhalt schon im März 2021 stattfinden sollen, doch aufgrund der Corona-Pandemie wurde sie auf den 6. Juni verschoben. Als letzte Landtagswahl vor der Bundestagswahl stand Magdeburg auch aus bundespolitischer Perspektive besonders im Fokus. Die Wahl in Sachsen-Anhalt gilt nach der Wahl in Baden-Württemberg im März als weiterer „Testlauf“ für die Bundestagswahl im September. Doch auch regionale Besonderheiten spielten eine Rolle: Wie bewerten die Menschen das Krisenmanagement der ersten „Kenia-Koalition“ aus CDU, SPD und Grünen in Sachsen-Anhalt? Und wie schneidet die AfD ab?
Vorläufiges amtliches Endergebnis
Bei der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt hat die CDU von Ministerpräsident Rainer Haseloff mit 37,1 Prozent der Stimmen triumphiert – sieben Prozent mehr als bei der Wahl 2016. In 40 der 41 Wahlkreise ging das Direktmandat an die CDU. Die AfD wurde mit 20,8 Prozent (-3,5) zweitstärkste Kraft. Die anderen Parteien folgen erst weit dahinter. Für Linke (11 Prozent, -5,3), SPD (8,4 Prozent, -2,2) und Grüne 5,9 Prozent, +0,7) fiel das Wahlergebnis enttäuschend aus. Die FDP hat es mit 6,4 Prozent (+1,5) erstmals seit zehn Jahren wieder über die Fünf-Prozent-Hürde und damit in den Landtag geschafft. Sonstige Parteien kommen auf 10,3 Prozent.
Die Wahlbeteiligung hatte in Sachsen-Anhalt bei rund 60 Prozent gelegen. Der Anteil der Briefwähler in Sachsen-Anhalt hat bei der Landtagswahl einen Rekordwert erreicht. 29,1 Prozent aller Wähler gaben nach Angaben des Statistischen Landesamtes ihre Stimme auf diesem Weg ab.
CDU | AfD | LINKE | SPD | Grüne | FDP | Sonstige | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
Wahlergebnis 6. Juni 2021 | 37,1 | 20,8 | 11,0 | 8,4 | 5,9 | 6,4 | 10,4 |
Wahlergebnis 2016 | 29,8 | 24,3 | 16,3 | 10,6 | 5,2 | 4,9 | 9,0 |
Gewinne und Verluste | 7,3 | -3,5 | -5,3 | -2,2 | 0,7 | 1,6 | 1,4 |
Den größten Zuwachs verzeichnet die CDU aus dem Lager der vormaligen Nichtwähler. Großen Anteil dürfte das Szenario gespielt haben, dass die AfD stärkste Kraft werden könnte. In den Wochen vor der Wahl hatten mehrere Umfragen CDU und AfD nahezu gleichauf gesehen. Außerdem gewann die CDU drei etwa gleich große Stimmpakete von der AfD, der Linke und der SPD.
Nach dem deutlichen Wahlsieg bei der Landtagswahl hat Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) Gespräche "mit allen demokratischen Parteien" angekündigt. Eine Vielzahl von Koalitionen ist möglich. Sogar ein Bündnis nur von CDU und SPD käme momentan auf eine knappe Mehrheit. Die Grünen stehen in Sachsen-Anhalt nicht erneut für eine Koalition mit CDU und SPD zur Verfügung.
Die Spitzenkandidatinnen und -kandidaten
Seit 2011 ist der CDU-Politiker Reiner Haseloff Ministerpräsident. Zuvor war der promovierte Physiker Arbeits- und Wirtschaftsminister des Landes. Schaut man auf die Umfragen, scheint er der einzige wirklich bekannte Landespolitiker im Land zu sein; der beliebteste ist er allemal. Knapp sechzig Prozent der Befragten sind laut einer MDR-Umfrage im April 2021 mit seiner politischen Arbeit zufrieden; knapp dreißig Prozent sind es nicht. Haseloff gilt als Pragmatiker: Als die AfD 2015 in Sachsen-Anhalt starke Popularität erlangte, kritisierte er den Flüchtlingskurs seiner Partei und ging nur wenige Monate später als erster Politiker in Deutschland eine „Kenia-Koalition“ aus CDU, SPD und Grünen ein.
Im Corona-Wahlkampf 2021 eint die Herausforderer von Ministerpräsident Reiner Haseloff vor allem eines: ihre relative Unbekanntheit. Nur knapp drei von zehn Wahlberechtigten kennen die Herausforderer des aktuellen Regierungschefs, so eine Umfrage. Es scheint, als dringe unter den Bedingungen der Pandemie kaum jemand außer dem Ministerpräsidenten in der medialen Öffentlichkeit durch.
Oliver Kirchner ist Spitzenkandidat der AfD und damit der stärksten Oppositionsfraktion im Landtag. Seit 2018 ist der gelernte Kfz-Mechaniker und Autokaufmann Fraktionsvorsitzender. Er wird dem völkischen „Flügel“ der AfD um den thüringischen AfD-Vorsitzenden Björn Höcke zugerechnet.
Die Spitzenkandidatin der LINKEN, Eva von Angern, gehört bereits seit 2002 dem Landtag in Magdeburg an. Seit Dezember 2020 ist sie zusammen mit Thomas Lippmann Co-Vorsitzende ihrer Partei. Sie ist Rechtsanwältin und seit 2011 Vorsitzende des Landesfrauenrates Sachsen-Anhalt.
Dr. Katja Pähle ist seit 2011 SPD-Abgeordnete in Magdeburg. Seit 2016 führt sie die SPD-Fraktion an. Zudem ist die promovierte Soziologin seit 2017 Mitglied des SPD-Parteivorstands und seit November 2019 Mitglied des Präsidiums der Sozialdemokraten.
Auch die Grünen-Spitzenkandidatin Cornelia Lüddemann gehört seit 2011 dem Landtag an. Von 2011 bis 2016 war sie Landesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. Seit 2016 ist die studierte Erziehungswissenschaftlerin Fraktionsvorsitzende im Landtag von Magdeburg.
Dr. Lydia Hüskens ist seit 2011 stellvertretende Landesvorsitzende der FDP in Sachsen-Anhalt. Von 2002 bis 2011 war sie Mitglied des Landtags, seither schaffte ihre Partei nicht mehr den Sprung über die Fünfprozenthürde. Seit 2015 ist die promovierte Politikwissenschaftlerin Geschäftsführerin des Studentenwerks in Halle.
Insgesamt wurden zur Landtagswahl am 6. Juni von der Landeswahlleiterin 22 Parteien zugelassen.
Ausgangslage und Prognosen
Im Dezember 2020 schien der ersten „Kenia-Regierung“ in Sachsen-Anhalt die Puste auszugehen. Nach einem koalitionsinternen und bundesweit beachteten Streit zwischen CDU, Grünen und SPD um die Erhöhung der Rundfunkgebühren brachte der ehemalige Innenminister Holger Stahlknecht eine CDU-Minderheitsregierung ins Gespräch – und wurde daraufhin von Ministerpräsident Haseloff entlassen. Ein Koalitionsbruch schien unausweichlich. Jetzt hoffen die Parteien auf neue mögliche Regierungskonstellationen. Und die könnten sich tatsächlich welche ergeben. Ausgehend von einem eher leisen Wahlkampf während der Pandemie und großen Einflüssen von der Bundespolitik aufgrund der Corona-Maßnahmen könnten sich die Kräfte in Magdeburg verschieben.
Laut der aktuellen Prognosen bleibt die CDU mit 26 bis 27 Prozent der Wählerstimmen die stärkste Kraft. Die AfD (20 bis 24%) bliebe unverändert zweite, die LINKE (12 bis 13%) dritte und die SPD (10 bis 12%) vierte Kraft. Als Gewinner könnten sich laut Umfragen die Grünen (11 bis 12 %) freuen, die etwa sieben Prozentpunkte im Vergleich zur letzten Landtagswahl zulegen könnten. Die FDP (6 bis 8%) hat laut der Umfragen reelle Chancen, in den Landtag von Magdeburg einzuziehen.
Als Koalitionsmöglichkeiten stehen derzeit eine „Jamaika-Koalition“ (CDU, FDP und Grüne) oder eben wieder „Kenia“ im Raum.
Umfragen zur Landtagswahl in Sachsen-Anhalt am 6. Juni 2021 (Angaben in %)
CDU | AfD | LINKE | SPD | Grüne | FDP | Sonstige | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
INSA/BILD 29. April 2021 | 26 | 24 | 13 | 10 | 12 | 6 | 9 |
infratest dimap/MDR 23. April 2021 | 27 | 20 | 12 | 12 | 11 | 8 | 10 |
Rückblick: Landtagswahl 2016
Die Wahl am 13. März 2016 hatte im Magdeburger Landtag einiges umgekrempelt. Fast wäre es sogar zu Neuwahlen gekommen. Erst im zweiten Wahlgang wählte die Mehrheit der Abgeordneten Reiner Haseloff (CDU) zum Ministerpräsidenten und Chef der neuen Koalition aus CDU, SPD und Grünen. Die „Kenia-Koalition“ war die einzige Option, um mit einer stabilen Mehrheit weiterregieren zu können. Die bisherige Regierung hatte vor allem wegen des Absturzes der Sozialdemokraten um fast elf Prozent ihre Mehrheit verloren.
Die Wahl 2016 stand auch im Zeichen des Einzugs der AfD ins Landesparlament. Nach Monaten der Debatten um den richtigen Kurs in der Flüchtlingspolitik gewann die Partei knapp 24 Prozent der Wählerstimmen, darunter 15 Direktmandate, und wurde auf Anhieb zweitstärkste Partei im Land.
Die CDU hatte der bei der Wahl 30 Mandate gewonnen, die AfD 25, die Linke 16, die SPD 11 und die Grünen 5.
Die Wahlbeteiligung lag 2016 bei 61,1 Prozent.
Ergebnisse der Landtagswahlen in Sachsen-Anhalt seit 2011
CDU | AfD | LINKE | SPD | Grüne | FDP | Sonstige | |
---|---|---|---|---|---|---|---|
2016 | 29,8 | 24,3 | 16,3 | 10,6 | 5,2 | 4,9 | 9,0 |
2011 | 32,5 | -- | 23,7 | 21,5 | 7,1 | 3,8 | 11,3 |
Wahlsystem
Rund zwei Millionen Wahlberechtigte in zuvor 43, jetzt 41 Wahlkreisen sind in Sachsen-Anhalt aufgerufen, den neuen Landtag für eine Wahlperiode von fünf Jahren zu wählen. Wahlberechtigt ist man mit Vollendung des 18. Lebensjahres. Das Wahlsystem gleicht dem der Bundestagswahl. Alle Wahlberechtigten haben zwei Stimmen: Mit der Erststimme werden 41 Direktmandate in den Wahlkreisen vergeben. Mit der für die Sitzzuteilung im Landtag maßgeblichen Zweitstimme werden über (geschlossene) Landeslisten der Parteien weitere 42 Mandate vergeben. Parteien, die bei den Zweitstimmen weniger als fünf Prozent der Wählerstimmen erreichen, ziehen nicht in den Landtag ein.
Im Parlament sind also mindestens 83 Abgeordnete vertreten; durch Überhang- und Ausgleichsmandate können es auch mehr werden.
Parteien
- CDU Sachsen-Anhalt
- AfD Sachsen-Anhalt
- DIE LINKE Sachsen-Anhalt
- SPD Sachsen-Anhalt
- Bündnis 90/Die Grünen Sachsen-Anhalt
- FDP Sachsen-Anhalt
Spitzenkandidatinnen und -kandidaten
- Reiner Haseloff (CDU)
- Oliver Kirchner (AfD)
- Eva von Angern (DIE LINKE)
- Dr. Katja Pähle (SPD)
- Cornelia Lüddemann (Bündnis 90/Die Grünen)
- Dr. Lydia Hüskens (FDP)
Weitere Links
Wahl-O-Mat zur Landtagswahl Sachsen-Anhalt 2021
Der Wahl-O-Mat ist online!
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Der Wahl-O-Mat zur Landtagswahl in Sachen-Anhalt fragt die Nutzerinnen und Nutzer nach ihren Positionen zu 38 politischen Themen. Anschließend werden die Antworten mit den Partei- und Wahlprogrammen aller zur Wahl zugelassenen Parteien verglichen. Der Wahl-O-Mat ist ein Angebot der Bundeszentrale für politische Bildung und der Landeszentrale für politische Bildung Sachsen-Anhalt.
Wahl-O-Mat Sachsen-Anhalt 2021