Geschichte der Demokratie
Wie entstand die Demokratie und welche Entwicklungen in der Vergangenheit legten die Basis für unsere Demokratie, wie sie heute ist? Diese Seite gibt einen Überblick über die wichtigsten historischen Stationen.
Zeitstrahl der Geschichte der Demokratie
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Demokratie in der griechischen Antike
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Was bedeutet Demokratie?
„Demokratie“ kommt vom altgriechischen Begriff „demokratia“: „Herrschaft des Staatsvolkes“.
Er setzt sich aus den Wörtern „demos“ (Staatsvolk) und „kratos“ (Gewalt, Macht, Herrschaft) zusammen.
Der Begriff „Demokratie“ lässt sich bis ins antike Griechenland zurückverfolgen. In Athen setzte der Politiker Kleisthenes im Jahre 508 v. Chr. Reformen durch, dank derer das athenische Volk nicht mehr von einem König oder von einer Gruppe von Adeligen beherrscht wurden. Sie sollten sich stattdessen selbst regierten.
Alle männlichen athenischen Bürger hatten somit das Recht und sogar die Pflicht, sich an politischen Entscheidungen zu beteiligen.
Das wichtigste Ziel der neu eingeführten Demokratie war, die Tyrannenherrschaft einzelner Athener zu verhindern. Die von Kleisthenes eingeführten Reformen waren ein erster Schritt Richtung Demokratie, die sich in Athen im Laufe des fünften Jahrhunderts v. Chr. festigte.
Was kennzeichnete die Athener Demokratie?
Der griechische Staatsmann Perikles (circa 500–429 v.Chr.) definierte die Demokratie in Athen folgendermaßen: „Die Verfassung, die wir haben [...], heißt Demokratie, weil der Staat nicht auf wenige Bürger, sondern auf die Mehrheit ausgerichtet ist.“ Nach Ansicht des Politikwissenschaftlers Hans Vorländer gab es in der Athener Demokratie eine Bürgerbeteiligung, „deren Ausmaß von keiner späteren Demokratie wieder erreicht worden ist“.
Die demokratische Epoche im antiken Griechenland endete, als Athen nach dem Tod Alexanders des Großen 322 v. Chr. ins mazedonische Reich eingegliedert wurde.
Weitere Informationen:
Hans Vorländer: Grundzüge der athenischen Demokratie
bpb: Athenische Demokratie
Was unterscheidet die Athener Demokratie von der heutigen?
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Es gibt deutliche Unterschiede zwischen der athenischen Demokratie und unserer heutigen Demokratie:
- Die Demokratie in Athen war eine direkte, unmittelbare Herrschaft des Volkes. Entscheidungen wurden von der Volksversammlung gefällt, zu der alle volljährigen männlichen Bürger zugelassen waren. Es handelte sich nicht um eine repräsentative Demokratie, wie wir sie heute haben. Es gab weder Parlamente noch Parteien.
- Die meisten Ämter wurden nicht durch Wahlen, sondern durch Losentscheide besetzt. Das galt auch für die Gerichte: Richter wurden ausgelost, Berufsrichter gab es nicht. Nur wenige Ämter, die besondere Kenntnisse voraussetzten, wie das Amt des militärischen Befehlshabers, wurden per Wahl besetzt.
- Frauen, Metöken (dauerhaft in der Stadt lebende Fremde) und Sklaven waren von der politischen Teilhabe ausgeschlossen.
Demokratie im Römischen Reich

Nachdem die Römer Anfang des 5. Jahrhunderts die Königsherrschaft der Etrusker beendet hatten, entstand die Römische Republik. Gab es damals auch eine Demokratie`?
Als „öffentliche Sache“ verweist die Res Publica bereits auf das heutige demokratische Verständnis. Die Grundlagen der Römischen Republik waren Recht, Gesetz und Gemeinwohl. Allerdings hatten nicht alle die Möglichkeit, politisch mitzubestimmen: Die adeligen Familien Roms, auch Patrizier genannt, hatten die Macht übernommen. Diese hoben sich durch ihren politischen und sozialen Stand ab von den sogenannten Plebejern, also den bäuerlichen und handwerklichen Bevölkerungsgruppen. Im 4. Jahrhundert entluden sich die Spannungen zwischen Patriziern und Plebejern in Ständekämpfen, in denen die Plebejer sich politischen Einfluss erkämpften.
Dennoch blieb die Republik im antiken Rom aristokratisch geprägt, also vom Einfluss einer kleinen Gruppe abhängig.
- Der Senat bildete das Machtzentrum Roms und entschied über die wichtigsten öffentlichen Angelegenheiten – und in ihm saßen viele Adelige.
- Die Volksversammlung besaß zwar gewisse Einflussmöglichkeiten, jedoch keine direkten Entscheidungs- oder Kontrollrechte. Zudem besaßen nur die männlichen Bürger Roms Mitbestimmungsrechte – Frauen und Sklaven waren von der Teilhabe ausgeschlossen.
Daher sagt der Historiker Paul Nolte, dass die Republik eine „im Wesentlichen aristokratische Verfassung mit einigen ‚popularen‘, also das Volk einbeziehenden Elementen“ gewesen sei. Obwohl die Demokratie in Athen also mehr Beteiligungsmöglichkeiten bot, wirkte im politischen Denken der nachfolgenden Jahrhunderte die Römische Republik stärker nach. Dies liegt unter anderem an der Faszination, die der Aufstieg Roms und die Errichtung eines Weltreichs, des Imperium Romanum, hervorrief.
Weitere Informationen:
Paul Nolte: Was ist Demokratie? Geschichte und Gegenwart
Demokratie im Mittelalter
Verlorene Demokratie?
Mit dem Untergang des Römischen Reiches ging die Zeit der Demokratie in der Antike zu Ende. In Europa verlor die Idee der Demokratie danach für lange Zeit an Bedeutung. Dies liegt unter anderem daran, dass es im Mittelalter hauptsächlich Stände- und Feudalgesellschaften gab, die von sozialer Ungleichheit geprägt waren. In diesen Gesellschaften wurden Menschen in einen Stand (Adel, Klerus oder bäuerlicher Stand) geboren, der entscheidend für ihre Stellung in der Gesellschaft war. Bauern, die den Großteil der Gesellschaft ausmachten, waren wirtschaftlich und rechtlich von ihren Grundherren abhängig.
Es wäre jedoch falsch anzunehmen, demokratische Konzepte seien im Mittelalter gänzlich verschwunden. In den Städten gab es im Gegensatz zu ländlichen Gegenden mehr bürgerliche Freiheiten und mehr Mitspracherechte. Besonders italienische Stadtrepubliken wie Florenz oder Genua übernahmen demokratische Elemente der antiken Demokratien und regierten sich selbst. Dazu gab es Räte aus angesehenen Bürgern, die sich um die Angelegenheiten der Stadt kümmerten. Die einfachen Bürger besaßen jedoch lediglich Wahl- und Zustimmungsrechte. Große Gruppen der Bevölkerung wie Frauen, Handwerker und Fremde waren von der Teilhabe komplett ausgeschlossen.
Meilenstein: Die Magna Charta
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1215 kennzeichnete in England die Unterzeichnung der Magna Charta einen wichtigen Schritt in Richtung Demokratie. Durch diesen Vertrag wurde die Macht des Königs zugunsten der englischen Adligen eingeschränkt. Teile des Adels besaßen fortan als Mitglieder des Allgemeinen Rats das Recht, dem König die Zustimmung zu Gesetzen zu verweigern. Darüber hinaus garantierte der Vertrag zunächst dem Adel und später den Bürgern Englands umfassende Rechte. Diese waren zusammen mit der Bill of Rights von 1688 wichtige Grundlagen für die Verfassungen der USA und Frankreichs im 18. Jahrhundert.
Zeitalter der demokratischen Revolutionen
Die erste moderne Demokratie der Welt wurde 1776 in den USA geschaffen. In Europa wurde in der Französischen Revolution erstmals ein Staat auf demokratischen Prinzipien gegründet. Beides wurde durch eine Revolution, also einen Umsturz der politischen Ordnung, erreicht. Dabei standen demokratische Ideen zunächst gar nicht im Vordergrund. Während die amerikanischen Kolonien nach mehr Repräsentation im englischen Parlament und später nach der Loslösung von Großbritannien und einer Eigenregierung strebten, stand bei der Französischen Revolution die Gleichheit aller Bürger im Zentrum der Forderungen.
Die Amerikanische Revolution
Am 4. Juli 1776 erklärten die 13 nordamerikanischen Kolonien ihre Unabhängigkeit von Großbritannien. Die Unabhängigkeitserklärung sicherte allen Menschen das Recht auf Leben, Freiheit, Eigentum und auf Streben nach Glück zu. In der Realität galt dies jedoch nur für freie weiße Männer, während Frauen, Versklavte und die indigene Bevölkerung von diesen Rechten ausgeschlossen waren. Der Verfassungskonvent in Philadelphia von 1787 etablierte eine bundesweit einheitliche Verfassung, die in großen Teilen noch heute gültig ist.
Das in dieser Verfassung verankerte System der „checks and balances“, also der Gewaltenteilung und -verschränkung, sollte eine zu große Macht einzelner Institutionen im Staat verhindern.
Die Französische Revolution
Während die US-amerikanische Gesellschaft sich noch im Entstehen befand, hatte sich in Frankreich über Jahrhunderte eine Ständegesellschaft herauskristallisiert, die von sozialer Ungerechtigkeit geprägt war. Der Großteil der Bevölkerung gehörte zum Dritten Stand, der im Vergleich zum Adels- und Klerusstand kaum politische Mitspracherechte besaß. Vertreter des Dritten Stands erklärten sich am 17. Juni 1789 zur Nationalversammlung. Diese verabschiedete am 3. September 1791 eine Verfassung, durch die die Macht des absolutistischen Königs Ludwig XVI. stark eingegrenzt wurde. Es entstand die Vorstellung einer einheitlichen politischen Nation. Im September 1792 wurde die Monarchie abgeschafft und die Republik ausgerufen. 1793 wurde Ludwig XVI. hingerichtet.
Die Französische Revolution mobilisierte breite Bevölkerungsschichten, darunter auch Frauen, die städtischen Mittel- und Unterschichten und die Landbevölkerung. Jedoch mündete die Französische Revolution nicht wie die Amerikanische Revolution in eine dauerhaft republikanischen Ordnung, sondern in ein großes Ausmaß an Gewalt und anschließend in das Regime Napoleons. Auch wenn beide Revolutionen keine Demokratien im heutigen Sinne hervorbrachten, beförderten sie einen egalitären Geist, der alte Hierarchien in Frage stellte und mehr politische Teilhabe ermöglichte. Außerdem wurden mit der Entstehung von Verfassungen und Parlamenten wichtige Grundsteine der modernen Demokratie gelegt.
Revolutionäres Europa
Anfang des 19. Jahrhunderts wurden in Europa viele demokratische Bestrebungen erstickt; auch Frankreich bekam wieder einen König. Im Februar 1848 wurde dieser nach Protesten der Bevölkerung jedoch abgesetzt und Frankreich wurde erneut zur Republik. Die revolutionäre Bewegung breitete sich in ganz Europa, auch in Deutschland aus. Die deutschen Revolutionäre forderten demokratische Reformen und eine nationale Einheit der einzelnen deutschen Staaten. Am 18. Mai 1848 trat in der Paulskirche in Frankfurt zum ersten Mal ein freigewähltes gesamtdeutsches Parlament zusammen. Trotz dieser Entwicklungen konnte sich noch keine Demokratie in Deutschland durchsetzen.
Von der konstitutionellen Monarchie zur Republik
Bis 1918 war Deutschland eine Monarchie, allerdings eine konstitutionelle Monarchie. Das heißt, die Macht der Monarchen im Reich und in den Bundesstaaten war an Verfassungen gebunden. Zwar verfügten die Monarchen über wichtige Vorrechte – sie konnten beispielsweise die Parlamente auflösen, sich über deren Beschlüsse hinwegsetzen, die Mitglieder der Regierung ernennen und sie waren die Oberbefehlshaber des Militärs –, aber dennoch war ihre Macht durch die Parlamente beschränkt. Gleichzeitig entwickelten sich vor allem in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts moderne Parteien. Zunehmend größeren Teilen der Bevölkerung wurde das Wahlrecht zugestanden, allerdings mit großen Unterschieden in den einzelnen Bundesstaaten. Während etwa in Preußen bis 1918 das undemokratische Dreiklassenwahlrecht galt, waren vor allem die südwestdeutschen Bundesstaaten Baden und Württemberg Vorreiter einer demokratischen Entwicklung mit weitgehendem Wahlrecht der erwachsenen Männer und mit frühen Verfassungen (Baden 1818 und Württemberg 1819), die im deutschlandweiten Vergleich als fortschrittlich und liberal galten. Hier – in den Parteien und Parlamenten, aber auch in außerparlamentarischen Verbänden und Vereinigungen – konnten demokratische Prozesse und Verfahren geübt und praktiziert werden. Frauen konnten sich ihr Wahlrecht erst mit dem Sturz der Monarchien am Ende des Ersten Weltkriegs 1918/19 erkämpfen, aber bereits zuvor gab es in Deutschland eine aktive Frauenbewegung.
Die erste Demokratie auf deutschem Boden war die sogenannte Weimarer Republik (1918–1933). Erst nun war das allgemeine, gleiche, unmittelbare und geheime Wahlrecht für Männer und Frauen in einer parlamentarischen Demokratie verwirklicht. Vor dem Hintergrund dieser demokratischen Erfahrungen und Traditionen, aber auch vor dem Hintergrund der schrecklichen Erfahrungen des NS-Terrorregimes von 1933 bis 1945 wurde die Demokratie in Deutschland nach 1945 wiederaufgebaut. Das 1949 verabschiedete Grundgesetz, das auch von der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte von 1948 geprägt ist, gibt heute der Demokratie in den Deutschland den verfassungsrechtlichen Rahmen.
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zum Thema
Publikationen
LK 53 Demokratie erinnern
Historisch-politische Identitätsbildung im deutschen Südwesten
Stuttgart 2023
MA Gespaltene Erinnerung
Diktatur und Demokratie an Gedenkorten und Museen in Baden-Württemberg
Stuttgart 2019
Basierend auf einem Text von Annica Auel, überarbeitet durch die Internetredaktion in Zusammenarbeit mit der Außenstelle Heidelberg.
Letzte Aktualisierung: Februar 2022, Internetredaktion LpB BW