Chronologie des Ukraine-Konflikts
Wie hat sich der Konflikt um die Ukraine über die Jahre entwickelt? Wie kam es letztendlich zum Krieg Russlands gegen die Ukraine?
Die nachfolgende Zeitleiste gibt einen Überblick über die Geschichte der Ukraine von der Unabhängigkeit des Landes 1991 bis zum Kriegsausbruch 2022.
Im Anschluss halten täglich aktualisierte Berichte über die aktuelle Lage in der Ukraine auf dem laufenden. Daran schließt sich eine kurzgefasste Chroniksowie eine detaillierte ausführliche Chronologie über die Ereignisse der vergangenen Jahre.
Unser umfangreiches Dossier hält über die aktuellen Entwicklungen im Krieg in der Ukraine auf dem Laufenden und bietet zahlreiche Analysen und Hintergrundinformationen rund um den Konflikt Russlands mit der Ukraine und dem Westen.
In nur wenigen Monaten hat der Krieg in der Ukraine Zehntausende Todesopfer gefordert, darunter auch viele Opfer unter der Zivilbevölkerung. Inwiefern wird es gelingen, die begangenen Völkerrechtsverbrechen zu ahnden und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen?
Aktuelle Lage
Hinweis: Informationen über den Kriegsverlauf, Beschüsse und Todesfälle beruhen teils auf Angaben der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien, die in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden können.
Unser Lagebericht erscheint derzeit im Wochenrhythmus, bei entsprechender Entwicklung der Ereignisse auch tagesaktuell.
21. Februar 2025
Verhandlungen über ein Ende des Krieges in der Ukraine und mögliche Auswirkungen auf die Europäische Sicherheit
Münkler: Der transatlantische Westen ist ein Auslaufmodell
Die USA haben schon vor Präsident Trump die Sicherheitsgarantien für Europa infrage gestellt, sagt der Politologe Herfried Münkler. Daran werde sich nach Trump nichts mehr ändern. Zum Schutz vor Russland spricht sich Münkler für eine Stärkung Europas aus – auch mithilfe von Nuklearwaffen (Deutschlandfunk).
Annäherung zwischen USA und Russland schreitet voran - Kreml stimmt mit neuer US-Position zur Ukraine überein
Kreml-Sprecher Dimitri Peskow sagte in Moskau, Russland stimme der Sichtweise der Trump-Regierung auf den Ukraine-Konflikt „vollständig zu“. Jüngst hatte US-Präsident Trump den ukrainischen Präsidenten Selenskyj als Diktator verunglimpft und seinem Land erneut eine Mitschuld an dem von Russland begonnenen Krieg gegeben. In Europa ist die Annäherung der beiden Großmächte mit der Sorge verbunden, dass beide Länder einen Diktatfrieden ohne Beteiligung der Ukraine aushandeln und die USA sich aus dem westlichen Wertebündnis zurückziehen könnten (Deutschlandfunk).
Teilen die Mächtigen Europa gerade wieder unter sich auf? „Es ist noch viel fataler“
Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke warnt vor den Folgen der aktuellen Gespräche zwischen den USA und Russland.
In einem Interview der „Kulturzeit“ prangert von Lucke an, dass ein fast schon semi-diktatorisches Amerika sich davon verabschiede, die Demokraten Europas zu unterstützen. Ob die Mächtigen Europa gerade wieder unter sich aufteilen würden wie damals die Siegermächte gegen Ende des Zweiten Weltkrieges? „Es ist noch viel fataler. Es ist gewissermaßen das Gegenteil von dem, was Europa 1945 erlebt hat. Wir müssen uns daran erinnern: Damals waren es die Amerikaner, die bereit waren, den demokratischen Teil Europas gegen Stalin, gegen die Sowjetunion zu verteidigen. [...] Heute erleben wir genau das Gegenteil", so von Lucke (Focus).
Russlandfachmann Gressel : „Wir müssen aufrüsten – für die Ukraine und für uns“
Der Rüstungs- und Russlandfachmann Gustav Gressel fordert die Europäer auf, sich auf den Ernstfall vorzubereiten. Seiner Ansicht nach drohe ein großer Krieg in Europa. Er geht davon aus, dass ein in nächster Zeit ausgehandelter Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine nicht lange halten würde. Die russischen Ziele, die Ukraine als Ganzes zu unterwerfen, seien nach wie vor da, ebenso die russischen Maximalforderungen, die über die Ukraine hinaus gingen. Moskau wolle eine europäische Ordnung nach eigenem Wunschdenken errichten und habe jetzt , mit einem schwachen amerikanischen Präsidenten, die Chance, vollendete Tatsachen zu schaffen. Geht man davon aus, dass eine nun ausgehandelte Friedenslösung nicht lange bestand haben wird, könnte ein Fortsetzungskrieg, der sich gegen die Ukraine wendet, sehr schnell übergehen in einen großen Krieg um die militärische Vorherrschaft in Europa. Ein Angriff auf das Baltikum oder auf Polen sei dann womöglich ein Test, wer dann gemäß dem NATO-Bündnisfall zu Hilfe eilen würde. Deshalb hält Gressel es für wichtig, in Europa aufzurüsten und mit einem glaubhaften (auch nuklearen) Abschreckungsprogramm, Putin von weiteren Expansionsabsichten abzuhalten (FAZ).
Über den Zusammenbruch der europäischen Sicherheitsarchitektur und wie Europa nun vorgehen sollte
Europa stehe vor einer riesengroßen Veränderung, die es noch gar nicht richtig erfasst habe, es müsse sich mit einer transatlantischen Scheidung umgehen, es müsse sich auf einen möglichen Krieg vorbereiten, und sei davon ziemlich gelähmt und würde von den Kosten und Veränderungen überrollt, die damit einhergingen, so Sicherheitsexpertin Claudia Major im Podcast.(Salon Kolumnisten).
Treffen in Saudi-Arabien: Worüber Russland und die USA beraten haben
Mehrere Stunden haben die Chefdiplomaten der USA und Russlands in Riad über mögliche Lösungen zur Beendigung des Krieges in der Ukraine miteinander gesprochen. Wer saß mit am Tisch? Mit welchem Ergebnis sind die Gespräche zu Ende gegangen? US- Außenminister Marco Rubio und Russlands Außenminister Sergej Lawrow vereinbarten zunächst, ihre Botschaften im jeweils anderen Land wieder zu besetzen. Ferner solle es noch im Februar zu einem Gipfeltreffen der Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin kommen, um über ein Ende des Ukraine-Krieges zu beraten. Eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine wird nicht nur von Russland kategorisch abgelehnt, sondern inzwischen auch von den USA in Frage gestellt. Jedoch habe die Ukraine das „Recht” auf einen EU-Beitritt, ließ der Kreml inzwischen verlautbaren. Ein potenzieller Waffenstillstand dürfe nicht durch den Einsatz westlicher Soldaten in der Ukraine abegesichert werden, so die russische Position, auch bei den möglichen Verhandlungen zur Lösung des Ukraine-Konflikts wolle er keine Europäer sehen, so Vizeaußenminister Alexander Gruschko .(Tagessschau).
Ukraine-Krieg: Erstes Treffen zwischen USA und Russland
Es ist das erste Treffen zwischen den USA und Russland seit Beginn des russischen Angriffs-Kriegs vor drei Jahren, zunächst ohne Beteiligung der Ukraine. Unter anderen werden US-Außenminister Marco Rubio und der russische Außenminister Sergej Lawrow den Delegationen angehören, welche sich in saudi-arabischen Hauptstadt Riad treffen. Laut Agenturen werde es um „mögliche Verhandlungen über eine Resolution zur Ukraine” gehen. Auch soll ein mögliches Treffen zwischen den Präsidenten Donald Trump und Wladimir Putin vorbereitet werden (Deutsche Welle).
„Moskau will die gesamte Ukraine kontrollieren"
Wie realistisch ist eine Einigung zwischen Russland und den USA über Frieden in der Ukraine? Welche Rolle spielt Europa dabei? Und was bedeutet eine solche Einigung tatsächlich für die Ukraine? Außenpolitikexperte Stefan Meister erklärt, welche Interessen Putin und Trump in diesem Konflikt verfolgen (t-online).
Ukraine-Treffen in Paris - Ein inoffizieller EU-Gipfel ohne Beschlüsse
In Paris trafen sich Europas Regierungsspitzen zu einem Sondergipfel, um über die Beteiligung der Europäer an den Verhandlungen Russlands mit den USA über einen Frieden in der Ukraine zu beraten. Die europäischen Staats- und Regierungschefs hätten diskutiert, wie man mit der weiteren Situation umgehen wolle , was die weitere Unterstützung der Ukraine anbelange, aber auch im Hinblick auf europäische Sicherheit und eigene Stärke, so Bundeskanzler Olaf Scholz nach dem Treffen. Die Frage wird sein, was die Europäer zu einem möglichen Friedensdeal werden beitragen können, ob es Europa gelingen wird, mit einem entsprechenden Angebot auf die USA zuzugehen, um so vielleicht doch bei den Verhandlungen um einen Frieden in der Ukraine eine Rolle zu spielen (ZDF).
Sondergipfel zur Ukraine - Wie Europa auf den neuen US-Kurs reagiert
Die europäischen Staats- und Regierungschefs treffen sich zu einem Sondergipfel in Paris, um die Pläne Trumps und Putins in Bezug auf ein Ende des Krieges in der Ukraine zu besprechen Insbesondere wollen sie sich darüber beraten, welche Rolle Europa bei einem solchen Friedensdeal spielen könnte. Dei wichitigsten Fragen dabei im Überblick. (Tagesschau).
Militärexperte zu Verhandlungen: „Putin würde Waffenstillstand brechen”
Die Verhandlungen über ein mögliches Ende im Krieg gegen die Ukraine nehmen Fahrt auf: Berichten zufolge wollen kommende Woche unter anderem US-Außenminister Marco Rubio und ranghohe Vertreter Russlands über einen Friedensdeal sprechen - ohne europäische Gesprächspartner. Was sie verhandeln wollen, erklärt Militärexperte Gustav Gressel (ZDF).
15. Februar 2025
Aktuelle Lage
Erneute russische Luftangriffe auf Kiew
Erneut haben die russischen Streitkräfte die Hauptstadt Kiew unter Beschuss genommen. Wie Bürgermeister Klitschko mitteilte, kam bei den Angriffen ein Mensch ums Leben, weitere wurden verletzt. Rettungsdienste meldeten Brände in mehreren Stadtteilen, unter anderem auf den Dächern von Wohnhäusern sowie in einem Industriegebiet (Deutschlandfunk).
Russischer Angriff auf Gasinfrastruktur – Ukrainischer Angriff auf Ölraffinerie
Nach russischen Angriffen auf die ukrainische Gasinfrastruktur hat die Regierung die Stromversorgung eingeschränkt. Mit den Einschränkungen wolle man die Folgen für das Stromsystem minimieren. Russland meldete seinerseits ukrainische Drohnenangriffe auf die Region Saratow im Südwesten Russlands. Wie der örtliche Gouverneur mitteilte, soll eine Industrieanlage beschädigt worden sein. Inoffiziellen Angaben zufolge soll es sich um eine Ölraffinerie handeln (Deutschlandfunk).
Weitere Beiträge
Militärexperte Gressel warnt vor Diktatfrieden – „Putin hat Trump eingelullt“
Der Militärexperte Gustav Gressel warnt angesichts der von US-Präsident Trump angekündigten Ukraine-Verhandlungen vor einem Diktatfrieden. Aus seiner Sicht könne zwar ein „kurzer Waffenstillstand“ möglich sein, der dann aber von Russland zu einem späteren Zeitpunkt wieder gebrochen werden könne. So geht Gressel davon aus, dass Trump und Putin bei in Aussicht gestellten Friedensgesprächen in Saudi-Arabien über die Köpfe der Ukrainer hinweg verhandeln werden. Sollte die Ukraine damit nicht einverstanden sein, würden die Amerikaner aller Voraussicht nach ihre militärische Hilfe einstellen. Sollte Präsident Selenskyj hingegen „zähneknirschend“ akzeptieren, könnte es womöglich für ein paar Monate oder vielleicht auch ein Jahr lang zu einem Waffenstillstand kommen. In dieser Zeit aber, vermutet Gressel, werde sich die russische Armee erneut aufmunitionieren, bis die Angriffe schließlich unter bereits „kleinsten Vorwand“ vonseiten Moskaus wieder aufgenommen würden (Deutschlandfunk).
„Demütigung mit Ansage“ – Politiker in Europa über Trump-Telefonat empört
Das Telefonat zwischen US-Präsident Donald Trump und Kremlchef Wladimir Putin hat Europa alarmiert. Spitzenpolitiker aus Deutschland und der EU fürchten, bei Gesprächen übergangen zu werden. So spricht etwa EU-Abgeordnete Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung des Europaparlaments, von einer „Demütigung Europas mit Ansage“ und kreidet Trump und Putin an, über die Köpfe der Ukraine und Europas hinweg zu entscheiden. Militärexperte Carlo Masala hält Wladimir Putin in seiner Analyse bereits für den Sieger des Krieges (Welt).
US-Verteidigungsminister Hegseth beim NATO-Treffen - Klare Worte und deutliche Absagen
Der neue US-Verteidigungsminister Hegseth hat sich beim NATO-Treffen detailliert zur neuen Ukraine-Strategie der USA geäußert. So werde die USA etwa keine „schnelle” Mitgliedschaft der Ukraine in der NATO unterstützen. Außerdem würden die USA keine Truppen in die Ukraine schicken. Sollte es zu einer Waffenruhe oder zu einer Friedenslösung kommen, müssten die Europäer sie mit ihren Truppen absichern. Auch einer Rückkehr zu den ukrainischen Grenzen vor 2014, also vor Russlands Eroberung der Krim, erteilte er eine Absage, diese Vorstellung sei unrealistisch (Tagesschau).
Russland gewinnt immer stärker die Oberhand
Ein jüngster Bericht der Strategiedenkfabrik IISS zeigt auf, warum Russland im Krieg gegen die Ukraine im Vorteil ist und prognostiziert, dass dies wohl auch so bleiben werde. Im dritten Jahr des Ukraine-Krieges habe zwar keine Seite strategisch klar die Oberhand errungen, für den grossen Durchmarsch fehlten momentan jedoch auch Russland die Mittel, so das IISS. Insgesamt neige sich die Balance zu Ungunsten der Ukraine. Eine noch massivere westliche Aufrüstung erachtet das IISS als unrealistisch. Es fehle das Geld, es fehlten genügend sinnvolle Ausbauprojekte, es fehlten die Truppen und die Produktionskapazitäten. In einer ersten Reaktion widerspricht NATO-Generalsekretär Mark Rutte dem Bericht. Europa müsse sehr rasch noch viel mehr tun, betont er. Die NATO-Staaten sollten gar weit mehr als drei Prozent ihres Bruttoinlandprodukts in die Rüstung stecken (Schweizer Fernsehen).
Trump und Putin vereinbaren Ukraine-Verhandlungen
US-Präsident Donald Trump hat mit Kremlchef Wladimir Putin telefoniert und über den Krieg in der Ukraine gesprochen, wie Trump auf der Online-Plattform Truth Social mitteilte. Auch der Kreml bestätigte ein solches Telefonat. Die beiden Staatsoberhäupter haben offenbar sofortige Verhandlungen über ein Ende des Krieges vereinbart. Als Erstes werde Trump den ukrainischen Präsident Wolodymyr Selenskyj über das Gespräch informieren. Wie die Vereinbarungen inhaltlich ausgestaltet werden, ist bislang nur ansatzweise bekannt. Putin verwies in dem Telefonat darauf, dass Russland auf einer Beseitigung der Ursache des Konflikts bestehe. Seitens der US-amerikanischen Regierung hieß es in einer Mitteilung vor dem Telefonat, die Amerikaner hielten für das Zustandekommen eines Friedensdeals „schmerzhafte Zugeständnisse Kiews für unausweichlich“, unter anderem den Verzicht auf einen NATO-Beitritt. Außerdem sehen die USA laut Trump die Europäer weitgehend alleine in der Pflicht, die Ukraine zu unterstützen und einen Frieden militärisch abzusichern, ohne amerikanische Truppen (ZDF).
Selenskyj bereit zu Gebietstausch mit Russland
Der ukrainische Präsident Selenskyj ist nach eigenen Angaben bei möglichen Friedensverhandlungen bereit, Territorien mit Russland zu tauschen. Falls es US-Präsident Donald Trump gelinge, die Ukraine und Russland an den Verhandlungstisch zu bringen, „werden wir ein Territorium gegen ein anderes tauschen“, sagte Selenskyj im Interview mit dem britischen „Guardian“. Welche Gebiete konkret die Ukraine zurückfordern könnte, ließ Selenskyj offen (Welt).
Wird die Ukraine zum Stachelschwein?
Wenn es zwischen Russland und der Ukraine zu einem dauerhaften Frieden kommen soll, brauche Kiew starke Sicherheitsgarantien. Dafür gebe es drei Varianten: Modell „Deutschland“, Modell „Korea“ und Modell „Stachelschwein“ (Stuttgarter Zeitung).
„Ich habe es satt“: Trump will Krieg in der Ukraine beenden
Wie der nationale Sicherheitsberater der USA, Mike Waltz, erklärte, werden diese Woche hochrangige US-Regierungsmitglieder nach Europa reisen, um zu erörtern, wie der Krieg gegen die Ukraine beendet werden kann. Zuvor hatten US-Medien über eine Telefonat Donald Trumps mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin berichtet, in dem Schritte für eine Verhandlungslösung besprochen worden sein sollen (euronews).
Kampfjets aus Frankreich: Kiews Hoffnung auf mehr Kontrolle in der Luft
Die Ukraine hat die ersten aus Frankreich gelieferten Mirage-2000-Kampfflugzeuge erhalten. Es ist noch nicht klar, wann und zu welchem Zweck die Ukraine diese Flugzeuge in den Einsatz schicken wird. Wahrscheinlich werden sie nicht im Luft-Luft-Kampf eingesetzt werden, da sowohl ihr Radar als auch ihre Bewaffnung zu veraltet sind, sondern zum Schutz des ukrainischen Luftraums vor Marschflugkörpern und Drohnen (ZDF).
7. Februar 2025
Aktuelle Lage
Neue ukrainische Offensive im Gebiet Kursk
Nach russischen Berichten sollen ukrainische Truppen erneut eine Offensive im Grenzgebiet Kursk gestartet haben. Es habe mehrere Angriffswellen auf die Dörfer Ulanok und Tscherkasskaja Konopelka gegeben, so das russische Verteidigungsministerium. Die Attacken seien aber abgewehrt worden, hieß es. Aus dem ukrainischen Generalstab in Kiew gab es bislang keine Äußerung (Zeit).
Tote nach russischem Angriff auf Kleinstadt Isjum
Bei einem russischen Raketenangriff auf die Kleinstadt Isjum im Nordosten der Ukraine sind mindestens fünf Menschen ums Leben gekommen, mehr als 30 wurden verletzt. Eine ballistische Rakete der russischen Streitkräfte habe das Zentrum von Isjum getroffen, so der örtliche Gouverneur. Das Gebäude des Stadtrates sei zum Teil zerstört, ebenso seien mehrere Wohngebäude beschädigt worden, in der Nähe gebe es keine militärische Einrichtung. „Diese Brutalität kann nicht toleriert werden", so Präsident Selenskyj (Tagesschau).
Ukraine: Russland fast überall auf dem Vormarsch
Die russischen Truppen sind an fast allen Frontabschnitten auf dem Vormarsch. Im Osten der Ukraine In Richtung Kupjansk gelang es Russland, seinen Brückenkopf am Fluss Oskil bei Dworitschna zu erweitern, damit ist es unwahrscheinlich, dass die Ukraine in der Lage sein wird, ihn in absehbarer Zeit zu zerstören und weiter in dieser Region Land zu gewinnen. In stark umkämpften Tschassiw Jar gehen die Gefechte weiter. Russland ist es nun gelungen, den größten Teil des Parks am südwestlichen Rand der Stadt, südlich des Stadtteils Zhovtnevyi, einzunehmen. Und an der Südfront setzten die russischen Truppen ihren Vormarsch auf Pokrowsk fort, indem sie in Richtung Udatschne, Kotlyne und Uspeniwka vorstießen (ZDF).
Weitere Beiträge
Moskauer Politiker: Baldiges Treffen Putins mit Trump
Nach Angaben des Moskauer Außenpolitikers Leonid Sluzki könnte es bald zu einem Treffen von Kremlchef Putin und US-Präsident Trump kommen, eventuell noch im Februar oder im März. „Dabei geht es um die Ukraine, den Nahen Osten und ganz allgemein um Fragen der Weltpolitik und der internationalen Beziehungen in naher Zukunft“, so Sluzki (Zeit).
Selenskyj beziffert eigene Verluste im Ukraine-Krieg auf 45.000 tote Soldaten
Täglich sterben Hunderte Soldaten an der Front in Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die Verluste der ukrainischen Streitkräfte auf 45.100 Gefallene beziffert. Gleichzeitig seien seit Kriegsbeginn 390.000 Soldaten verletzt worden. Unabhängig lassen sich die Zahlen nicht bestätigen (RND).
Ukraine-Krieg: Rechtliche Grundlagen für Sondergerichtshof zur Ahndung von Russlands Verbrechen
Die EU, der Europarat und die Ukraine sowie weitere 37 Staaten haben die rechtlichen Grundlagen zur Errichtung eines Sondertribunals zur Verfolgung Russlands wegen seines Angriffskrieges in der Ukraine geschaffen, wie Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärte. Sobald das Sondertribunal eingerichtet ist, wird es in Bezug auf „Verbrechen der Aggression” gegen die Ukraine ermitteln. Das Sondertribunal wird also „nur” für Verbrechen verantwortlich sein, die explizit einen Bezug zu dem russischen Überfall auf die Ukraine haben. Für die Ahndung von Kriegsverbrechen sei der Internationale Gerichtshof zuständig, betonte EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas (Europäische Kommission).
Im Austausch für US-Hilfen - Trump fordert Rohstoffe aus der Ukraine
Als Gegenleistung für weitere US-Hilfen hat US-Präsident Donald Trump von der Ukraine wertvolle Rohstoffe gefordert. Seine Regierung wolle ein Abkommen mit der Ukraine aushandeln, das die Lieferung seltener Erden an die USA garantiere, erklärte Trump. Seltene Erden sind Metalle, die für die Herstellung von Smartphones, Elektroautos und anderen Hightech-Produkten benötigt werden. Von Bundeskanzler Olaf Scholz kam scharfe Kritik an Trumps Forderung. Es „wäre sehr egoistisch, sehr selbstbezogen”, die Ressourcen der Ukraine solle man nutzen, um all das zu finanzieren, was nach dem Krieg erforderlich sei (Tagesschau).
Häftlinge im Kampf für die Ukraine - Wer den Krieg überlebt, ist ein freier Mann
Die Personalkrise der ukrainischen Streitkräfte ist vor allem eine Krise der Infanterie. Soldaten der Infanterie kämpfen an vorderster Front. Und für diesen Kampf haben sich nun insbesondere ukrainische Häftlinge gemeldet, für die der Krieg eine zweite Chance bedeutet. Seit Mai 2024 haben fast 9.000 ukrainische Häftlinge einen Antrag auf vorzeitige Entlassung gestellt, um in der ukrainischen Armee zu kämpfen. Wer den Krieg überlebt, ist danach ein freier Mann, so die Zusage (Tagesschau).
31.Januar 2025
Aktuelle Lage
Russische Truppen dringen im Osten weiter vor
Die russischen Streitkräfte erhöhen weiter den Druck in der Region Donezk. Die Ukraine zählte 125 Angriffe an nur einem Tag. Weite Teile des Gebiets scheinen inzwischen in russischer Hand. Einmal mehr lag der Schwerpunkt bei der Stadt Pokrowsk im Gebiet Donezk. Widersprüchliche Berichte gibt es über die Stadt Taschassiw Jar (Welt).
Gegenseitiger Drohnenbeschuss
Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilt, habe die Luftabwehr mehr als 100 Flugkörper abgefangen. Die Angriffe hätten sich in den westlichen Regionen Kursk und Brjansk sowie unter anderem in Belgorod ereignet. Auch in der Ukraine wurde in der Nacht in zahlreichen Regionen Luftalarm ausgelöst. Die russische Armee habe knapp 60 Drohnen und eine Iskander-Rakete eingesetzt, so das ukrainische Militär (Deutschlandfunk).
Russische Ölanlage brennt nach Drohnenangriff
Erneut hat die Ukraine eine russische Ölanlage ins Visier genommen. Getroffen wurde das Zentrum der russischen Ölindustrie bei Nischni Nowgorod an der Wolga. Aufnahmen zeigen einen Großbrand in der Stadt Kstow. Eine herabstürzende Drohne habe das Feuer ausgelöst, so der Gouverneur der Region, die sich etwa 400 Kilometer östlich von Moskau befindet (Zeit).
Schwere Kämpfe um Pokrowsk
Im östlichen Donbass liefern sich russische und ukrainische Truppen erneut schwere Gefechte. Der Schwerpunkt der Kampfhandlungen lag einmal mehr rund um die Kleinstadt Pokrowsk. Angesichts der schwierigen Lage erhielten die im Donbass kämpfenden ukrainischen Einheiten einen neuen Kommandeur. Berichte über fahnenflüchtige ukrainische Soldaten, die in Anbetracht der häufigen Rückschläge vielfach das Vertrauen in die militärische Führung verloren haben, haben Präsident Selenskyj dazu veranlasst, die Konsequenzen zu ziehen und einen neuen Befehlshaber für dieses Amt zu ernennen (Handelsblatt).
Weitere Beiträge
Wir haben ChatGPT und DeepSeek gefragt: Wie wird der Ukrainekrieg enden?
Wie beantworten ChatGPT und das neue KI-System DeepSeek aus China Fragen zum Ukrainekrieg? Während DeepSeek es so formuliert, dass ein sofortiger Waffenstillstand eine weitere Eskalation verhindern werde und Raum für weitere Verhandlungen schaffen könne, schreibt ChatGP, ein sofortiger Waffenstillstand könne helfen, die Gewalt zu stoppen und das Leid der Zivilbevölkerung zu verringern. Gleichzeitig müsse die Waffenlieferung in den Konflikt gestoppt werden, um die Intensität des Krieges zu reduzieren (Berliner Zeitung).
Parteien streiten um Ukraine-Hilfen
Der Parteienstreit über zusätzliche Finanzhilfen für die Ukraine hat sich in der Bundestagsdebatte bis nach Mitternacht hingezogen und schließlich zu einem vorzeitigen Abbruch der Sitzung geführt. So konnte die Abstimmung über einen FDP-Antrag über Ausgaben von bis zu drei Milliarden Euro nicht mehr erfolgen, da das Parlament mit nur noch 320 (von 733) Parlamentariern nach Mitternacht nicht mehr beschlussfähig war. In der Debatte ging es um die Frage, wie die zusätzlichen drei Milliarden Euro an Ukrainehilfen finanziert werden sollen. Bundeskanzler Olaf Scholz möchte dafür die Schuldenbremse aussetzen. Im Gegensatz dazu wollen Union, FDP und auch die Grünen die Waffenlieferungen über eine außerplanmäßige Ausgabe im Haushalt finanzieren (Tagesspiegel).
Kommt es in Russland zu einer neuen Mobilmachung?
In Russland wurden die diesjährigen Wehrübungen für Reservisten früher angesetzt als üblich. Im vergangenen Jahr hatte Präsident Putin sie im März und 2023 im Mai angeordnet. Welche Gründe gibt es für die diesjährigen frühen Wehrübungen? Geht es Putin darum, schnelle Ergebnisse an der Front zu erzielen, oder will er sich auf einen Krieg gegen den „kollektiven Westen” vorbereiten, wie Stimmen in der Staatsduma verlauten lassen? (Deutsche Welle).
Nordkorea liefert Haubitzen an Russland
Nordkorea liefert über 100 Artilleriesysteme an Russland, die ursprünglich zur Zerstörung Seouls entwickelt wurden. Laut Medienberichten handelt es
sich um M1989 Koksan-Haubitzen (170mm ), die zu den weitreichendsten Artilleriesystemen der Welt gehören. Diese Waffen sollen jetzt im Krieg gegen die Ukraine eingesetzt werden (Focus).
Putin will angeblich verhandeln – aber nicht mit Selenskyj
Vor möglichen Friedensverhandlungen hat Kremlchef Putin wie auch bereits in der Vergangenheit erneut den ukrainischen Präsidenten Selenskyj als Vertragspartner abgelehnt. Nach Ablauf seiner Amtszeit habe dieser keine Legitimität mehr, behauptete Putin in einem Interview mit dem russischen Staatsfernsehen. Er sei „unrechtmäßig“ an der Macht, da seine Amtszeit während der Verhängung des Kriegsrechts abgelaufen sei. Putin wirft der Regierung in Kiew mangelnde Verhandlungsbereitschaft vor: „Im Moment sehen wir eine solche Bereitschaft nicht“, so Putin (Spiegel).
Wie der Krieg auch die Umwelt zerstört
Die durch den Ukraine-Krieg entstandenen Umweltschäden sind groß und werden mittlerweile auf mehr als 70 Milliarden Euro geschätzt. 25.000 Hektar verbrannter Wald, 220 bedrohte oder zerstörte Naturschutzgebiete und gut eine Million Hektar verminte Wald- und Landflächen. Umweltschützer sprechen von einem Ökozid. Und neben den Menschen sterben auch viele Tiere, etwa auch unzählige Delphine und Wale im Schwarzen Meer (Tagesschau).
EU-Staaten verlängern Sanktionen gegen Russland
Die Europäische Union hat ihre Sanktionen gegen Russland um sechs Monate verlängert, so EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Somit würden Moskau weiterhin Einnahmen zur Finanzierung des Krieges gegen die Ukraine entzogen. Ungarn hatte zunächst ein Veto eingelegt, gab seine Blockadehaltung jedoch schließlich auf und erhielt dafür Zusicherungen beim Thema Energiesicherheit (Deutschlandfunk).
24. Januar 2025
Aktuelle Lage
Ukrainischer Drohnenangriff setzt erneut russisches Öllager in Brand
Nach einem ukrainischen Drohnenangriff ist binnen weniger Tage zum zweiten Mal ein russisches Öllager in Flammen aufgegangen. In dem großen Tanklager bei Liski im Gebiet Woronesch hatte es schon vergangene Woche nach einem Drohnenangriff mehrere Tage gebrannt. Die Ukraine greift bei ihrer Verteidigung gegen die russische Invasion gezielt die Treibstoffversorgung des Gegners an (Spiegel).
Wie Russland mit Luftangriffen bei Kursk scheitert und im Donbass aber vorankommt
Trotz massiver Angriffe auf ukrainische Stellungen kann Russland im russischen Grenzgebiet Kursk kaum weiteres Land zurückgewinnen. In den vergangenen Tagen kam es zu keinen nennenswerten territorialen Veränderungen. Auf ukrainischem Gebiet hingegen kommen die russischen Truppen voran. Im südlichen Teil des Donbass haben die russischen Streitkräfte das unmittelbar westlich von Welyka Nowosilka gelegene Wremiwka eingenommen. Somit ist Welyka Nowosilka nun bereits von drei Seiten umzingelt. Es ist zu vermuten, dass sich die ukrainischen Verteidiger bald von hier zurückziehen werden müssen, um eine Einkreisung zu vermeiden (ZDF).
Weitere Beiträge
Trump gibt Selenskyj Mitschuld an Abnutzungskrieg
US-Präsident Trump hat dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj in einem Medieninterview erneut eine Mitschuld am Anhalten des russischen Angriffskriegs gegeben. „Er hätte auch nicht zulassen dürfen, dass dies geschieht. Er ist kein Engel. Er hätte diesen Krieg nicht zulassen dürfen.“ Er sagte zwar nicht ausdrücklich, dass Selenskyj hätte kapitulieren sollen, ließ es aber wie einen Vorwurf an den Präsidenten klingen, dass dieser sich auf den Kampf gegen einen deutlich überlegenen Gegner eingelassen habe (Spiegel).
Trump will Ukraine-Krieg durch niedrigen Ölpreis beenden
Auf dem Weltwirtschaftsforum hat US-Präsident Trump angekündigt, mit der OPEC und Saudi-Arabien zu reden, um den Ölpreis zu senken. Dadurch will er den Ukraine-Krieg beenden. Denn Russland finanziert seinen Angriffskrieg vor allem mit dem Verkauf von Öl (Deuitschlandfunk).
Trump warnt Putin vor der „harten Tour“
Auf seiner Online-Plattform „Truth Social“ warnt US-Präsident Trump den russischen Präsidenten Putin vor der „harten Tour” und fordert: „Stoppen Sie diesen irrwitzigen Krieg. Es wird nur schlimmer.“ Sollte es nicht bald eine Lösung geben, so Trump, bleibe ihm nichts anderes übrig, „als hohe Steuern, Zölle und Sanktionen auf alles anzuordnen, das Russland an die USA und andere teilnehmende Staaten verkauft“ (Spiegel).
Beendet Trump den Ukraine-Krieg?
Wird Donald Trump wirklich den Ukraine-Krieg beenden? Für Kiew sei er der große Hoffnungsträger, sagt Politik-Expertin Claudia Major. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj erhofft sich, wie auf dem auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos formuliert, ein „gerechtes Ende“ des Ukraine-Krieges. Tatsächlich sei die Ukraine, erklärt Major, „geradezu hoffnungsvoll, weil die letzten drei Jahre nicht ausgereicht haben, um sie in eine Position zu bringen, den Krieg zu beenden“. Es gebe die Hoffnung, „dass es jetzt starke Unterstützung der USA geben könnte, die Russlands Machthaber Wladimir Putin an den Tisch zwingen könnte“ (ZDF).
Russlands Putin gratuliert Donald Trump zu seinem zweiten Amtsantritt
Der russische Präsident Wladimir Putin beglückwünschte am Montag in einer Botschaft zum zweiten Amtsantritt den neuen US-Präsidenten Donald Trump. Während einer Sitzung mit dem russischen Sicherheitsrat sagte Putin, die Russische Föderation schätze die Erklärungen der neuen US-Regierung zu ihrer Absicht, die direkte Kommunikation mit Russland wiederherzustellen, und ihr Engagement, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um den Dritten Weltkrieg abzuwenden (euronews).
15. Januar 2025
Aktuelle Lage
Landesweiter Luftalarm in der Ukraine - Militär warnt vor Marschflugkörpern
In der Ukraine wurde am Mittwoch im gesamten Land Luftalarm ausgelöst. Die Luftwaffe warnte in mehreren Teilen des Landes insbesondere vor Marschflugkörpern. Die Angriffe könnten ein Vergeltungsschlag Russlands auf die großangelegten ukrainischen Luftangriffen auf russisches Gebiet tags zuvor sein. Moskau warf Kiew vor, für die Angriffe teils Waffen aus den USA und Großbritannien genutzt zu haben und kündigte Vergeltung an (Stuttgarter Zeitung).
Hunderte Drohnen über Russland: Ukraine führt einen der größten Schläge bisher gegen russische Industrieanlagen aus
Die Ukraine hat in der Nacht zum Dienstag russische Regionen teils weit im Landesinneren mit einem großangelegten Drohnen- und Raketen-Einsatz angegriffen. Dabei seien Fabriken in mindestens drei Städten beschädigt worden, so etwa in den gut 700 Kilometer südöstlich von Moskau gelegenen Städten Saratow und Engels.Es habe Explosionen in „Chemiewerken, Ölraffinerien und Lagerhäusern“ gegeben, hieß es aus Kreisen des ukrainischen Geheimdienstes. Es handele sich um die „massivste“ nächtliche Angriffswelle gegen militärische Ziele in Russland seit Beginn des Krieges vor fast drei Jahren, so der ukrainische Generalstab. Die ukrainischen Streitkräfte hätten Ziele in einer Entfernung von 200 bis 1100 Kilometern auf russischem Territorium attackiert (Tagesspiegel).
Moskau: Ukraine greift Pipeline-Infrastruktur mit Drohnen an
Russland hat der Ukraine Drohnenangriffe auf eine Gaskompressorstation für die Schwarzmeerpipeline „TurkStream” im südrussischen Gebiet Krasnodar vorgeworfen, das sich in gut 320 Kilometer Entfernung von der russisch-ukrainischen Frontlinie befindet. Alle Kampfdrohnen seien abgeschossen worden, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Kremlsprecher Dmitri Peskow sprach von „Energie-Terrorismus” unter der Kuratel der „transozeanischen Freunde” der Ukraine (Eßlinger Zeitung).
Wie Russland den Druck in Kursk erhöht
Der vor einigen Tagen begonnene ukrainische Kleinangriff in der Region Kursk scheint durch die neu organisierten russischen Streitkräfte gestoppt worden zu sein. Russland verstärkte den Druck und verdrängte im Laufe der Woche die ukrainischen Truppen aus mehreren Dörfern und Siedlungen. Doch trotz dieser Erfolge besteht laut Militärexperten keine Chance, dass die Russen bis zum Amtsantritt von Donald Trump am 20. Januar die gesamte Region Kursk zurückerobern können (ZDF).
Moskau: Russische Truppen stehen in der Ostukraine kurz vor Pokrowsk
Nach Angaben aus Moskau stehen russische Truppen wenige Kilometer vor der strategisch wichtigen Stadt Pokrowsk in der Ostukraine. Die Armee habe jüngst mehrere Siedlungen eingenommen, so das russische Verteidigungsministerium. Seitens der Ukraine gab es zunächst keine Bestätigung. Pokrowsk ist für das ukrainische Militär ein wichtiges Logistikzentrum (Deutschlandfunk).
Weitere Beiträge
Deutschland gibt der Ukraine kurzfristig 60 Iris-T-Raketen
Nach seinem Pistorius Besuch in Kiew sagt Deutschlands Verteidigungsminister Pistorius der Ukraine die Lieferung von Luftabwehrraketen für ihren schwierigen Verteidigungskampf gegen Russland zu. Deutschland werde der Ukraine kurzfristig 60 weitere Raketen für das Luftverteidigungssystem Iris-T zur Verfügung stellen. Die Lieferung soll aus Beständen der Bundeswehr erfolgen. Die Kosten für die Raketen betragen insgesamt rund 60 Millionen Euro. Wegen der schwierigen Lage der Ukraine sei die Entscheidung getroffen worden, ohne dass die Nachfinanzierung bereits geklärt wäre. Verteidigungsminister Pistorius äußerte ferner die Erwartung, dass es in laufenden Verhandlungen in Deutschland über weitere Hilfen für die Ukraine in Höhe von drei Milliarden Euro eine Lösung geben werde (n-tv).
Ukraine: 1.700 Elitesoldaten wohl geflohen
Die großteils in Frankreich ausgebildete ukrainische Brigade „Anna von Kiew” soll eigentlich ein Aushängeschild der ukrainischen Armee sein. Doch nur wenige Monate nach ihrer Gründung ist von mutmaßlichen Deserteuren und Ausrüstungsmängel die Rede. Wie der ukrainische Journalist Jurij Butusow im vergangenen Monat berichtete, seien 1.700 Soldaten aus der Einheit geflohen, die meisten von ihnen, bevor sie an die Front geschickt wurden. Die Kritik am ukrainischen Militär wird lauter. Butusow berichtete zudem von „organisatorischem Chaos” und Ausrüstungsmängeln in der Brigade (t-online).
10. Januar 2025
Aktuelle Lage
Ukraine gelingt Schlag gegen russischen „Schlüssel“-Stützpunkt
Die ukrainischen Streitkräfte haben ein russisches Öldepot in der Stadt Engels im Westen Russlands angegriffen. Wie der ukrainische Generalstab berichtet, seien zahlreiche Explosionen registriert worden. „Die Zerstörung des Öldepots stellt die strategische Luftfahrt der russischen Besatzer vor große logistische Probleme und schränkt ihre Fähigkeit, friedliche ukrainische Städte und zivile Objekte anzugreifen, erheblich ein“, teilte die ukrainische Armee mit (n-tv).
Kursk – Es bahnt sich ein Showdown an
Zu Beginn des neuen Jahres haben ukrainische Einheiten in dem russischen Grenzgebiet Kursk eine neue Offensive gestartet. Erneut ist es ihnen dabei offenbar überraschend gelungen, die Kremltruppen in der russischen Region Kursk zu überrumpeln. Aber auch Russland setzte zu einem weiteren Vorstoß an. Anlässlich der bevorstehenden Vereidigung des designierten US-Präsidenten Donald Trump am 20. Januar versuchen beide Kriegsparteien, auf dem Schlachtfeld Fakten zu schaffen und ihre jeweilige Position mit Blick auf mögliche von den USA beeinflussten Verhandlungen zu stärken (t-online).
Russland dringt bei Pokrowsk weiter vor
Nahe der strategisch wichtigen Stadt Pokrowsk in der Region Donezk haben russische Truppen weiteres Gelände erobert. Die russischen Streitkräfte sind offenbar bei Pokrowsk in ein Industriegebiet vorgerückt, etwa fünf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, berichtet das Institute for the Study of War. Die Stadt gilt als strategisch wichtiges Ziel der russischen Angriffe (Zeit).
Verliert die Ukraine den Kampf um Kursk?
Während die einen die russische Grenzregion Kursk um jeden Preis halten wollen, stellen andere in der Ukraine den Einsatz in Frage. Der ukrainische Präsident Selenskyj hofft, die Kontrolle über Kursk könnte Moskau dazu zwingen, über ein Ende des Krieges zu verhandeln. Einige ukrainische und westliche Beamte in Kiew erklärten jedoch, dass sie befürchteten, dass der Kampf um Kursk die gesamte 1.000 Kilometer lange Frontlinie schwächen würde und die Ukraine im Osten wertvollen Boden verlieren könnte (euronews).
Weitere Beiträge
Ramstein-Treffen – Ukraine-Unterstützer wappnen sich für Trump-Ära
Beim Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in Ramstein hat der ukrainische Präsident Selenskyj die Unterstützer der Ukraine angesichts des bevorstehenden Regierungswechsels in den USA zu einer engeren Zusammenarbeit aufgefordert. Mit Donald Trump als US-Präsident „beginnt ein neues Kapitel für Europa und die ganze Welt“, so Selenskyj, „eine Zeit, in der wir noch mehr zusammenarbeiten, uns noch mehr aufeinander verlassen und gemeinsam noch bessere Ergebnisse erzielen müssen“, sagte der Ukrainer. Sollten die USA künftig nicht mehr bereit sein, die Ukraine in bisherigen Maße zu unterstützen, will die Europäische Union mehr Verantwortung übernehmen. Man sei bereit, die Führung zu übernehmen, „falls die Vereinigten Staaten nicht dazu bereit sind“, so die Außenbeauftragte Kaja Kallas. Sie sei allerdings „wirklich sicher, dass alle anderen Mitglieder und hoffentlich auch die Vereinigten Staaten bereit sind, die Unterstützung für die Ukraine fortzusetzen“ (Tagesschau).
Trump bereitet Treffen mit Putin zum Ukraine-Krieg vor – Selenskyj hofft auf Sicherheit
Donald Trumps Amtsantritt am 20. Januar rückt näher. Der designierte US-Präsident hatte im Wahlkampf angekündigt, den Frieden in der Ukraine nach seiner Amtsübernahme „binnen 24 Stunden“ wiederherzustellen. Nach eigenen Angaben bereitet Trump nun ein Treffen mit dem russischen
Präsidenten Wladimir Putin vor, um die „russische Invasion“ in der Ukraine „zu organsieren“. Einen Termin gibt es jedoch noch nicht (n-tv).
Selenskyj: NATO-Mitgliedschaft für die Ukraine im Tausch für Gebietsabtretungen an Russland
In einem Interview mit dem US-Podcaster Lex Fridmann spricht Ukraines Präsident Selenskyj über die Möglichkeit eines Tausches: Die Ukraine könnte bereit sein, die von Russland besetzten Gebiete in der Ostukraine aufzugeben im Tausch für eine sofortige NATO-Mitgliedschaft seines Landes. Dieses Szenario könne jedoch nur umgesetzt werden, sofern die Ukraine einen diplomatischen Weg zur Beendigung des Krieges sehe, präzisierte er (Tagesspiegel).
Das Kriegsjahr in der Ukraine: Wie Russland 2024 die Initiative zurückgewann
Russland diktierte im vergangenen Jahr weitgehend das Kriegsgeschehen. Der Ukraine gelang zwar mit dem Vorstoß in die russische Grenzregion Kursk ein Gegenschlag, doch Russland ist dabei, sich das Gebiet wieder zurückzuerobern. Die Kriegsmüdigkeit in der ukrainischen Gesellschaft ist deutlich spürbar, dennoch ist ein Ende der Kämpfe nicht in Sicht. Auch innerhalb der russischen Herrschaft gibt es keine messbare Sollbruchstelle, obwohl die russische Wirtschaft immer mehr unter den steigenden Kriegskosten leidet. Ein Blick zurück auf die Entwicklungen des vergangenen Jahres (ZDF).
Slowakei bringt ukrainische Gebietsabtretungen an Russland ins Spiel
Im Zuge eines seit Wochen andauernden Streits über russische Gaslieferungen mit Transit durch die Ukraine spitzt sich der diplomatische Konflikt zwischen der Slowakei und der benachbarten Ukraine weiter zu. Der slowakische Verteidigungsminister Robert Kalinák fordert nun, das Nachbarland müsse für einen Frieden mit Russland einen Teil seines Territoriums aufgeben. Mit Jahresbeginn stellt die Ukraine den Transit von russischem Gas ein, was die Slowakei vor Probleme stellt. Die Ukraine will Russland damit die Möglichkeit nehmen, mit dem Gasexport nach Europa Geld für seine Kriegsführung zu verdienen. Der slowakische Regierungschef Robert Fico hatte der Ukraine im Gegenzug nun gedroht, sein Land könne die Lieferung von Strom stoppen (Spiegel).
20. Dezember 2024
Aktuelle Lage
Russland fliegt schweren Raketenangriff auf Kiew – ein Toter, mehrere Verletzte
Russland hat die Hauptstadt Kiew mit Raketen beschossen und dabei schwere Schäden verursacht, auch ballistische Raketen seien dabei zum Einsatz gekommen. Es gebe inzwischen neun Verletzte und einen Toten (Welt).
Ukraine fliegt massiven Angriff auf Russland: Brand in Putins Öl-Raffinerie
Ein ukrainischer Drohnen- und Raketenangriff auf die russische Grenzregion Rostow hat nach Angaben des Regionalgouverneurs ein kurzzeitiges Feuer in einer Öl-Raffinerie ausgelöst. Das an die Ukraine grenzende Rostow sei „einem massiven Angriff des Feindes ausgesetzt“ gewesen, erklärte der örtliche Gouverneur. Mehr als drei Dutzend Drohnen und drei Raketen seien eingesetzt worden, die meisten Luftziele seien von der russischen Luftabwehr neutralisiert worden (Frankfurter Rundschau).
So bedrohlich ist die Lage für die Ukraine
In der Region Donezk im Osten der Ukraine rücken die russischen Streitkräfte weiter in den südlichen Teil der Region vor, mit dem Ziel die Stadt Pokrowsk, ein wichtiger logistischer Knotenpunkt, von Süden her einzuschließen und so die Position der Ukrainer dort unhaltbar zu machen. In der russischen Grenzregion Kursk gelang es Russlands Streitkräften, kleine Gebiete im westlichen Teil der Region zurückzuerobern. Und auch in diesem Winter setzt Russland die massiven Attacken auf die Energieinfrastruktur der Ukraine fort. Die Bewertung der Schäden ist noch im Gange (ZDF).
USA gehen von hohen Verlusten unter Nordkoreanern aus
Nach US-Angaben kämpfen die nordkoreanischen Soldaten in der Region Kursk inzwischen an vorderster Front an der Seite russischer Einheiten. Da sie keine große Kampferfahrung haben, erleiden sie nach Einschätzung eines US-Regierungsvertreters hohe Verluste. So sollen bei einem Angriffen zu Beginn der Woche dort mindestens 30 nordkoreanische Soldaten getötet oder verletzt worden sein, erklärte der ukrainische Militärgeheimdienst (Tagesschau).
Weitere Beiträge
Kritik vom Trump-Sondergesandten: Attentat auf russischen General verstößt gegen Regeln der Kriegsführung
Mitten in Moskau wird ein russischer General mit einer Bombe getötet, der ukrainische Geheimdienst übernimmt die Verantwortung für den Anschlag. Der vom designierten US-Präsidenten Donald Trump ernannte Sondergesandte für die Ukraine und Russland, Keith Kellogg, hat sich kritisch zu diesem tödlichen Anschlag geäußert: „Es gibt Regeln für die Kriegsführung, und es gibt bestimmte Dinge, die man einfach nicht tun sollte”. Ein gezielter Angriff auf „Nichtkombattanten” - also Personen außerhalb aktiver Gefechte - stelle eine Überschreitung dieser Regeln dar (n-tv).
NATO-Ukraine-Kommando in Wiesbaden nimmt Arbeit auf
Das neue NATO-Kommando in Hessen ist über die letzten Monate gewachsen und hat nun offiziell seine Arbeit aufgenommen. Rund 700 Soldatinnen und Soldaten aus vielen NATO-Ländern sollen die Waffenlieferungen an die Ukraine koordinieren und ukrainische Soldaten ausbilden. Zuvor hatte diese Aufgabe dort eine rund 300 Mann starke US-Einheit ausgeführt. Das Kommando mit dem Namen NSATU (Nato Security Assistance and Training for Ukraine) beginne, Verantwortung von US-amerikanischen und internationalen Organisationseinheiten zu übernehmen, teilte das oberste NATO-Hauptquartier der Alliierten Streitkräfte in Europa mit (Hessenschau).
Zwölf Länder gegen Russlands Schattenflotte
Russland betreibt trotz Ölembargo weiter Handel über die Weltmeere. Das neu vereinbarte EU-Sanktionspaket soll das nun verhindern. Zwölf europäische Länder - die nordischen und baltischen Staaten, Deutschland, Großbritannien, die Niederlande und Polen - wollen gemeinsam gegen Russlands Schattenflotte von Tankern und anderen Frachtschiffen vorgehen, die russisches Öl, Militärgüter oder aus der Ukraine gestohlenes Getreide transportieren. Russische Energieexporte sollen damit eingeschränkt und Moskaus Einnahmequellen zur Finanzierung des Krieges in der Ukraine abgeklemmt werden (ZDF).
Bereits mehr als eine Million Tote und Verletzte im Russisch-Ukrainischen-Krieg
Trauriger Meilenstein in Russlands Krieg gegen die Ukraine: Laut Schätzungen der NATO sollen insgesamt mehr als eine Million Menschen durch den Konflikt mittlerweile gestorben oder verletzt worden sein. „Jede Woche gibt es mehr als 10.000 Tote oder Verwundete auf allen Seiten”, sagte NATO-Generalsekretär Mark Rutte bei einer Veranstaltung in Brüssel. Er warnte zudem davor, dass man auf die Bedrohungen, die in den nächsten Jahren von Russland ausgehen werden, nicht vorbereitet sei. Er forderte eine Umstellung auf eine „kriegerische Denkweise” und die Bereitschaft für deutlich höhere Verteidigungsausgaben (Spiegel).
13. Dezember 2024
Aktuelle Lage
Ukraine meldet erneuten russischen Großangriff auf Energieanlagen
Russland setzt seine Attacken gegen die ukrainische Energieversorgung nach ukrainischen Angaben fort. „Das ist einer der größten Angriffe auf unser Energiesystem“, so Ukraines Präsident Selenskyj. Mehr als 90 Raketen und Marschflugkörper sowie knapp 200 Drohnen habe Russland bei seiner Attacke auf verschiedene Regionen der Ukraine eingesetzt. Nach Angaben des nationalen Netzbetreibers Ukrenerho war die Stromversorgung in der ganzen Ukraine eingeschränkt (Spiegel).
Ukraine greift Russland offenbar mit ATACMS-Raketen an – USA befürchten Gegenreaktion
Die Ukraine hat laut dem russischen Verteidigungsministerium erneut russische Ziele mit Raketen aus US-Produktion attackiert. Das Ziel soll dieses Mal ein Militärflugplatz im Süden Russlands gewesen sein. Die Raketen sollen von der Luftabwehr abgeschossen oder abgelenkt worden sein. Es habe keine Verletzten gegeben, herabstürzende Trümmerteile hätten jedoch Armeefahrzeuge und Gebäude „leicht beschädigt“. Der Angriff durch westliche Langstreckenwaffen werde nicht unbeantwortet bleiben, so das Ministerium, das „entsprechende Maßnahmen“ ankündigte. Als Reaktion darauf könnte Russland in den kommenden Tagen erneut die neue Rakete Oreschnik einsetzen, befürchten die USA (Zeit).
Russische Soldaten dringen in Kursk vor
Wie aus dem aktuellen Lagebericht des Institute for the Study of War (ISW) hervorgeht, hat das russische Militär weiteres Gelände in der Region Kursk zurückerorbert. Geolokalisierte Videos zeigen das Vorrücken russischer Soldaten bei der Siedlung Nowoiwanowka. Auch in der Region Donezk hat das russische Militär laut ISW weiteres ukrainisches Territorium besetzt (Zeit).
Ukraine meldet Angriff mit Sea-Baby-Seedrohnen nahe der Krim-Brücke
Die Ukraine hat laut Angaben des Inlandsgeheimdienstes einen erfolgreichen Angriff in der Nähe der Krim-Brücke durchgeführt. In der Bucht von Kertsch seien die selbstentwickelten Seedrohnen vom Typ „Sea Baby“ zum Einsatz gekommen und hätten mehrere russische Hubschrauber sowie einen Lastkahn mit militärischer Ausrüstung getroffen. Die weiterentwickelten Seedrohen können nicht mehr nur Kamikaze-Angriffe auf Ziele im Wasser durchführen, sondern auch Objekte in der Luft attackieren. Die Bauwerk wurde in der Vergangenheit beriets bei mehreren ukrainischen Angriffen schwer beschädigt (n-tv).
Weitere Beiträge
Trump und der Plan für das Ende des Ukrainekrieges
Langsam zeichnet sich deutlicher ab, wie sich der künftige US-Präsident Donald Trump ein Ende des Krieges in der Ukraine vorstellen könnte. Demnach müsse Europa die Führungsrolle in der Verteidigung und Unterstützung der Ukraine einnehmen. Europäische Soldaten sollten als Teil einer Friedenstruppe die Einhaltung eines Waffenstillstands überwachen, amerikanischen Soldaten allerdings sollen nicht auf ukrainischem Boden eingesetzt werden. Direkte Kämpfe zwischen Russland und NATO-Truppen müssten laut Trump wegen der hohen Eskalationsgefahr vermieden werden. Eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine lehnt er ab (FAZ).
Ukraine will nordkoreanische Soldaten zur Desertion bewegen
Nachdem sich Tausende nordkoreanischer Soldaten den Moskauer Streitkräften in der Grenzregion Kursk angeschlossen haben, hat eine Abteilung des ukrainischen Geheimdienstes nun begonnen, Flugblätter und Videos zu erstellen, um nordkoreanische Soldaten zur Desertion zu bewegen (euronews).
Trump droht mit Kürzung der Ukraine-Militärhilfen und NATO-Austritt
Der designierte US-Präsident Donald Trump hat in einem Gespräch mit dem Sender BBC angedeutet, die Hilfen für die Ukraine kürzen zu wollen. Seine neue Regierung werde „möglicherweise, wahrscheinlich oder sogar sicher“ Kürzungen umsetzen. Zugleich sprach Trump erneut einen möglichen Austritt der USA aus der NATO an, sollten die NATO-Mitgliedstaaten künftig nicht mehr für Verteidigung ausgeben: „Sie müssen ihre Rechnungen bezahlen“, sagte Trump, ansonsten würde er den Austritt der USA aus dem Militärbündnis „absolut“ in Betracht ziehen (t-online).
Russland vertieft Zusammenarbeit: Belarus' Eigenständigkeit schwindet weiter
Russlands Präsident Wladimir Putin und der belarussische Staatschef Alexander Lukaschenko haben eine Reihe neuer Verträge unterzeichnet, die der Vertiefung der Zusammenarbeit beider Länder im Rahmen des sogenannten Unionsstaates dienen. Die neuen Vereinbarungen sehen vor, dass Russland und Belarus zum Schutz des Unionsstaates die Ressourcen des jeweils anderen Landes in vollem Umfang nutzen können: Russland kann somit das Territorium und die Infrastruktur von Belarus in noch größerem Umfang nutzen als bislang. Die Abkommen verstärken damit auch die Unterordnung von Belarus unter die militärischen und politischen Ziele Russlands. So könnte etwa die Stationierung der neuen ballistischen Rakete „Oreschnik” in Belarus bereits in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres beginnen, betonte Putin (ZDF).
5. Dezember 2024
Aktuelle Lage
Erneute russische Angriffe auf Energieinfrastruktur
Nachdem das russische Militär in den vergangenen Wochen bereits mehrfach Angriffe auf die ukrainische Infrastruktur in mehreren Teilen des Landes verübt hatte, nimmt es aktuell die westukrainische Stadt Ternopil ins Visier. Die Luftangriffe sorgten nicht nur für Stromausfälle, es gab auch Todesopfer und Verletzte (Deutschlandfunk).
Wie die Ukraine russische Drohnen nach Belarus umleitet
In der Nacht haben die russischen Streitkräfte abermals über 100 Drohnen und andere Täuschkörper gegen die Ukraine eingesetzt. Etwa die Hälfte von ihnen wurden von der ukrainischen Luftabwehr abgeschossen, die andere Hälfte gilt als „verloren“, das heißt sie wurden nicht abgeschossen und erreichten ihr Ziel nicht. Die Ukraine hat eine neue Methode, um Moskaus Einsatz von Shahed-Drohnen bei Massenangriffen entgegenzuwirken: Sie lenkt die Drohnen zurück nach Russland oder in den Luftraum von Belarus. „Was die Ukraine macht, ist im Grunde genommen Spoofing. Das bedeutet, dass sie diesen Shahed-Drohnen – oder in russischer Sprache Geran-2-Drohnen – falsche GPS-Ziele einspeisen, damit sie vom Kurs abkommen“, erklärte John Hardie, stellvertretender Direktor des Russland-Programms der Foundation for Defense of Democracies (euronews).
Weitere Beiträge
Wer im Ukraine-Krieg auf wessen Seite kämpft
Ausländische Streitkräfte aus Ländern wie Weißrussland und Nordkorea kämpfen für Russland. Doch auch für die Ukraine kämpfen ausländische Freiwillige und Vertragsarbeiter beispielsweise aus Tschetschenien und Georgien. Kein Land hat jedoch bislang sein reguläres Militär offen in den Kampf an die Seite der Ukraine geschickt (ZDF).
Baerbock kann sich deutsche Friedenstruppe in der Ukraine vorstellen
Wie könnte ein möglicher Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine abgesichert werden? Beim vergangenen Treffen der NATO hat sich Bundesaußenministerin Annalena Baerbock darüber geäußert, wie ein mögliche Waffenruhe Bestand haben könnte. Zur Friedenssicherung zwischen der Ukraine und Russland kann sie sich auch einen Einsatz deutscher Soldaten vorstellen. Auch die neue EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas hatte sich jüngst dahingehend geäußert, dass sie es für denkbar hält, dass europäische Soldaten einen möglichen Waffenstillstand in der Ukraine absichern. Infrage kämen hierfür am ehesten Soldaten aus jenen EU-Staaten, die sich bereits in der Vergangenheit offen Truppenentsendungen geäußert hatten, darunter etwa Frankreich und die baltischen Staaten (Spiegel).
Konfliktforscher Masala: Keine schnelle Verhandlungslösung für Ukraine – Putin will mehr
Politikwissenschaftler Carlo Masala erwartet keine schnelle Verhandlungslösung mit Russland im Ukraine-Krieg. Russlands Präsident Putin gehe es vorrangig nicht um die Ukraine. Der Kreml wolle einen Rückzug westlicher NATO-Truppen aus Osteuropa und eine neue globale Sicherheitsarchitektur (MDR).
Treffen der NATO-Außenminister in Brüssel
Die NATO-Außenminister besprechen bei diesem Treffen in Brüssel hauptsächlich die Lage in der Ukraine und die großen Herausforderungen, vor denen die NATO steht. Die Ukraine baut weiterhin auf dringend benötigte Unterstützung und Schutz aus dem Westen. Auch drängt die Ukraine auf eine Vollmitgliedschaft in der NATO. Dies sei „die einzige wirkliche Sicherheitsgarantie für die Ukraine und ein Abschreckungsmittel für weitere russische Aggressionen gegen die Ukraine und andere Staaten“. Doch die Aussichten auf eine Mitgliedschaft dürften eher gering sein (ZDF).
Stoltenberg: Ukraine könnte Gebiete an Russland zeitweise abtreten
Um ein schnelles Ende des Krieges zu erreichen, hält der frühere NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg vorübergehende Gebietsabtretungen der Ukraine an Russland für eine Option: „Wenn die Waffenstillstandslinie bedeutet, dass Russland weiterhin alle besetzten Gebiete kontrolliert, heißt das nicht, dass die Ukraine das Gebiet für immer aufgeben muss.“ Er unterstütze zwar grundsätzlich Selenskyjs Forderung, bei einem Waffenstillstand keine Gebiete an Russland abzutreten, hält dies aber mit Blick auf die militärische Lage in der Ukraine derzeit für wenig wahrscheinlich: „Wir brauchen eine Waffenstillstandslinie, und natürlich sollte diese Linie idealerweise alle Gebiete einschließen, die Russland derzeit kontrolliert. Wir sehen aber, dass das in naher Zukunft nicht unbedingt realistisch ist“, so Stoltenberg (n-tv).
Präsident Selenskyj lehnt NATO-Mitgliedschaft ohne russisch besetzte Gebiete ab
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat einer NATO-Mitgliedschaft ohne russisch besetzte Gebiete eine Absage erteilt. „Es kann keine Einladung von nur einem Teil (der Ukraine) in die NATO geben.“ Es komme daher nur eine Einladung für die Ukraine in den international anerkannten Grenzen infrage. Eine Einladung in diesem Sinne sei eine für das Überleben seines Landes wichtige Sache. Sein Land würde sich wünschen, dass sich die Außenminister beim anstehenden NATO Treffen an diesem Dienstag und Mittwoch für eine solche Einladung aussprächen (n-tv).
29. November 2024
Aktuelle Lage
Hunderttausende in der Ukraine nach russischen Angriffen ohne Strom
Die Ukraine geht auf ihren dritten Kriegswinter zu. Nach neuen, massiven Luftangriffen auf die Energieinfrastruktur sind nach Behördenangaben Hunderttausende Ukrainerinnen und Ukrainer von der Stromversorgung abgeschnitten. Aus dem ganzen Land wurden Raketenangriffe und Explosionen gemeldet (Spiegel)
Putin droht mit Oreschnik-Angriffen auf Kiew
Russlands Präsident Putin hat damit gedroht, auch die ukrainische Hauptstadt Kiew mit den neuen Oreschnik-Raketen anzugreifen, die kürzlich zum ersten Mal bei Angriff auf Dnipro zum Einsatz kamen, „Wir schließen den Einsatz von Oreschnik gegen das Militär, Einrichtungen der Militärindustrie oder das Entscheidungszentrum, auch in Kiew, nicht aus", sagte Putin auf einer Pressekonferenz in Kasachstan. Die Oreschnik-Rakete ist mit sechs Sprengköpfen bestückt und kann sich, wie Putin angibt, mit zehnfacher Schallgeschwindigkeit fortbewegen. Sie könne von keinem modernen Luftabwehrsystem abgefangen werden. Der Einsatz mehrerer Oreschnik-Raketen in einem Angriff wäre in seiner Zerstörungskraft mit einer Atomwaffe vergleichbar, so Putin weiter (euronews)..
Großangriff an der Donbass-Front - Russen gelingt Durchbruch
Im Südosten der Ukraine kommen die ukrainischen Streitkräfte stark in Bedrängnis. Südlich von Pokrowsk gelingt russischen Truppen an unerwarteter Stelle ein größerer Durchbruch. Die Frage ist, ob die dritte Verteidigungslinie der Ukrainer dem Ansturm wird standhalten können. Binnen kurzer Zeit hat sich bei den Gefechten im Südosten der Frontverlauf bis zu 20 Kilometer ins ukrainisch gehaltene Hinterland verschoben (n-tv).
Der Stellungskrieg ist wohl vorbei
War im Verlauf diesen Jahres von einem Stellungskrieg in der Ukraine die Rede, verzeichnet Russland nun immer mehr Geländegewinne. Dabei rücken sie so schnell vorwärts wie im gesamten Jahr 2023 nicht. Dennoch ist Russland den selbstgesteckten Zielen noch weit entfernt Die Denkfabrik Institute for the Study of War leitet drei mögliche Szenarien ab, wie der Angriffskrieg gegen die Ukraine womöglich weiter verlaufen könnte (t-online).
Ukraine büßt große Teile der eroberten Gebiete in Kursk ein
Seit dem überraschenden Einmarsch in die Kursk-Region im Sommer hat die Ukraine nach Angaben des ukrainischen Generalstabes nun mittlerweile wieder mehr als 40 Prozent der eroberten russischen Gebiete verloren. Präsident Selenskyj erklärte, das Ziel Moskaus sei es, die ukrainischen Streitkräfte bis zum 20. Januar des kommenden Jahres - dem Tag der Amtseinführung Donald Trumps als US-Präsident - aus der Region vertrieben zu haben (euronews).
Brand in russischer Industrieanlage nach Drohnenangriff
In der russischen Region Kaluga ist nach einem ukrainischen Drohnenangriff ein Brand in einer Industrieanlage ausgebrochen. Der Regionalgouverneur teilte mit, insgesamt seien drei Drohnen abgeschossen worden, herabstürzende Trümmer hätten das Feuer ausgelöst. Der Ort der Attacke liegt rund 200 Kilometer südwestlich von Moskau (Deutschlandfunk).
Weitere Beiträge
US-Regierung rät Ukraine zur Rekrutierung von 18-Jährigen
Russland wirft immer mehr Truppen an die Front. Um ebenso über eine ensprechende Zahl an Soldaten zu verfügen, rät die scheidende US-Regierung von Präsident Joe Biden der Ukraine, das Mindestalter für die Mobilisierung zum Wehrdienst in der Ukraine von 25 auf 18 Jahre herabzusetzen. Die Ukraine stehe vor einem „existenziellen” Rekrutierungsproblem, erklärte ein hochrangiger Regierungsbeamter: „Die einfache Wahrheit ist, dass die Ukraine derzeit nicht genügend Soldaten mobilisiert oder ausbildet, um ihre Verluste auf dem Schlachtfeld zu ersetzen und gleichzeitig mit Russlands wachsendem Militär Schritt zu halten” (Spiegel).
Trumps General für den Ukraine-Krieg: So will er ihn beenden
Donald Trumps Beauftragter für die Ukraine und Russland soll den Krieg beenden. Zur Beendigung des Ukraine-Krieges hat Donald Trump einen Plan, den er mit Hilfe des pensionierten Generalleutnant Keith Kellogg ausführen will. Demnach soll der Ukraine-Krieg eingefroren werden, samt den russischen Gebietsgewinnen. Zu Gunsten Russlands sieht der Plan Lockerungen von Sanktionen vor und die Aussetzung eines NATO-Beitritts der Ukraine. Im Gegenzug soll die Ukraine weiterhin US-Waffen und zusätzlich Sicherheitsgarantien erhalten. Der Ukraine bleibe zum Trost, dass sie nicht ihr (Fern)-Ziel aufgeben müssten, ihre Territorien irgendwann wieder zurückzugewinnen. Und die Europäer könnten als Garantiemächte ins Spiel kommen (Berliner Morgenpost).
Treffen des NATO-Ukraine-Rates
Vertreter der 32 NATO-Staaten und der Ukraine haben sich in einer außerplanmäßigen Sitzung des NATO-Ukraine-Rats auf Botschafterebene über Erkenntnisse zu einer neuen russischen Mittelstreckenrakete ausgetauscht. Bei den Beratungen ging es unter anderem darum, welche Möglichkeiten der Abwehr es gegen die neue Waffe gibt. Im Gespräch sind demnach insbesondere US-Raketenabwehrsysteme vom Typ Patriot und THAAD. Über Letzteres verfügt die Ukraine bislang nicht. Die russischen Streitkräfte hatten die experimentelle Mittelstreckenrakete mit dem Namen Oreschnik beim jüngsten Angriff auf die ukrainische Großstadt Dnipro verwendet. Nach russischen Angaben fliegt sie mit Hyperschallgeschwindigkeit und kann nicht abgefangen werden. Die NATO stuft den Angriff als einen weiteren Versuch Russlands ein, die Zivilbevölkerung in der Ukraine zu terrorisieren und diejenigen einzuschüchtern, die die Ukraine unterstützen. Während des Treffens bekräftigten die NATO-Verbündeten ihre Unterstützung für die Ukraine (NATO).
NATO-Truppen in der Ukraine: Debatte nimmt vor Trumps Amtsantritt wieder Fahrt auf
Nach der Freigabe des Einsatzes von Langstreckenraketen gegen russische Ziele beraten Großbritannien und Frankreich laut Medienberichten offenbar über die Entsendung von Truppen in die Ukraine. Nach Angaben von Le Monde wurde die Diskussion während eines Besuchs des britischen Ministerpräsidenten Keir Starmer in Frankreich vor zwei Wochen wiederbelebt. „Zwischen dem Vereinigten Königreich und Frankreich laufen Gespräche über die Zusammenarbeit im Verteidigungsbereich, insbesondere mit dem Ziel, einen Kern von Verbündeten in Europa zu schaffen, der sich auf die Ukraine und die europäische Sicherheit im weiteren Sinne konzentriert“, so eine britische Militärquelle gegenüber der Zeitung (Berliner Zeitung).
Söldner aus Jemen helfen Russland offenbar im Ukraine-Krieg
Russland ist auf der Suche nach weiteren Soldaten für seinen Krieg in der Ukraine. Dabei setzt Moskau nicht nur auf nordkoreanische Soldaten, sondern einem Bericht der „Financial Times“ zufolge offenbar auch auf Unterstützung durch jemenitische Huthi-Rebellen. Die Miliz werbe in ihrem Land Rekruten für einen Einsatz im russischen Militär an (Handelsblatt).
22. November 2024
Aktuelle Lage
Erneut massiver Luftangriff Russlands auf die Ukraine
Bei dem schweren Angriff setzte die russische Armee Hyperschallraketen, Marschflugkörper und erstmals auch eine Interkontinentalrakete ein, die in der Region Dnipro Schaden anrichtete. Medienberichten zufolge hat die Ukraine ihrerseits in den vergangenen Tagen erstmals Marschflugkörper aus britischer und US-amerikanischer Produktion auf Ziele in Russland abgefeuert (Deutschlandfunk).
Ukraine greift Russland offenbar mit britischen Storm-Shadow-Marschflugkörpern an
Erst amerikanische Atacms, jetzt wohl auch britische Storm Shadows: Die Ukraine setzt laut Medienberichten erneut westliche Waffen gegen Ziele in Russland ein. Offenbar haben die ukrainischen Streitkräfte erstmals russisches Gebiet mit britischen Marschflugkörpern des weitreichenden Typs Storm Shadow beschossen. Mehrere Marschflugkörper sollen auf mindestens ein militärisches Ziel abgefeuert worden sein. Unbestätigte Bilder sollen Fragmente an einem Ort im russischen Gebiet Kursk zeigen (Spiegel).
Massive Luftangriffe in der Ukraine – Alarm auch in Polen
Die Ukraine ist nach eigenen Angaben Ziel „eines der heftigsten Luftangriffe“ Russlands seit Beginn des Krieges geworden. 120 Raketen und 90 Drohnen seien landesweit auf die Ukraine abgefeuert worden. Es gebe beschädigte Objekte durch Einschläge und herabfallende Trümmer sowie Tote und Verletzte in mehreren Teilen des Landes. Auch Polen ließ wegen der massiven Angriffe Abfangjäger aufsteigen und versetzte die Luftabwehr in höchste Alarmbereitschaft, um die Sicherheit in den Grenzbereichen zu gefährdeten Gebieten in der Ukraine zu gewährleisten, so das Führungskommando der polnischen Armee (BR24).
Russische Offensiven: Niederlage bei Kursk – Erfolge bei Chasiv Yar
Russland hat vor einer Woche eine Reihe intensiver Angriffe gegen ukrainische Stellungen in der Region Kursk gestartet, um die Region zu befreien. Die begonnenen Bemühungen sind jedoch bisher gescheitert. Die ukrainischen Einheiten konnten ihre Stellungen in Kursk halten. An anderen Abschnitten der Frontlinie wird die Lage für die Ukrainer immer prekärer. In der Region Chasiv Yar in der Ostukraine verdrängten die Russen die Ukrainer vollständig von der Ostseite des Kanals. Es gelang ihnen, in das Zentrum der Stadt einzudringen. Im südlichen Donbass setzten die Russen ihren Vormarsch Richtung Kurachowa und Umgebung fort. Den ukrainischen Truppen droht dort die Einkesselung (ZDF).
Weitere Beiträge
NATO befasst sich mit Einsatz neuer russischer Rakete
Der Einsatz einer neuen russischen Hyperschall-Mittelstreckenrakete im Krieg gegen die Ukraine veranlasst die NATO, nächste Woche zu einer Sondersitzung des NATO-Ukraine-Rats zusammenzukommen. Russland bezeichnete den Einsatz dieser neuen Rakete gegen die Ukraine als „Botschaft an den Westen“. Die rücksichtslosen Entscheidungen und Handlungen westlicher Länder, die der Ukraine erlaubten, mit von ihnen gelieferten Raketen russisches Territorium anzugreifen, könnten „nicht ohne Reaktion der russischen Seite bleiben“, so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow (Tagesschau).
Putin: „Elemente eines globalen Charakters“
Bei dem Angriff auf die ukrainische Großstadt Dnipro waren mutmaßlich sechs Sprengköpfe einer russischen Mittelstreckenrakete eingeschlagen. Russlands Präsident Putin sprach von einer Reaktion darauf, dass die USA und andere westliche Länder der Ukraine den Einsatz weitreichender Waffen auch auf russischem Territorium erlaubt hätten. „Wir haben mehrfach unterstrichen, dass der vom Westen provozierte Regionalkonflikt in der Ukraine Elemente globalen Charakters angenommen hat“, sagte Putin. Auch sei dies die Moskauer Antwort auf die Pläne des Westens, Mittelstreckenraketen in Europa und im Pazifik stationieren zu wollen (Tagesspiegel).
Bericht: Putin offen für Gespräche mit Trump über Ukraine-Friedensabkommen
Laut jüngsten Medienberichten soll der russische Präsident Wladimir Putin „offen“ sein für Gespräche mit Donald Trump über ein Waffenstillstandsabkommen mit der Ukraine und unter Umständen ein Einfrieren des Krieges an den derzeitigen Frontlinien. Der Kreml schließe jedoch größere territoriale Zugeständnisse aus. Allenfalls aus relativ kleinen Gebieten in den Regionen Charkiw und Mykolajiw im Norden und Süden der Ukraine könnte Russland möglicherweise bereit sein, sich zurückzuziehen. Die Zukunft der Krim selbst stehe nicht zur Debatte. Außerdem bestehe Moskau darauf, dass die Ukraine auf eine Einladung zum NATO-Beitritt verzichte. Dies bleibe für Moskau eine rote Linie. Russland werde nicht dulden, dass die Ukraine dem Militärbündnis beitrete oder dass NATO-Truppen auf ukrainischem Boden stationiert würden. Für Gespräche über Sicherheitsgarantien für die Ukraine wäre Russland jedoch offen, heißt es weiter (Berliner Zeitung).
1.000 Tage Krieg – Die tiefen Wunden der Ukraine
Während ukrainische Soldaten an der Front und ihre Familien im Hinterland verzweifeln, verlassen andere zu Tausenden das Land und gelten als Verräter. Der russische Angriffskrieg zermürbt die Menschen. Die Zermürbung geht teils so weit, dass die Menschen selbst einem Leben nach dem Krieg wenig hoffnungsfroh entgegensehen. „In letzter Zeit bin ich so frustriert, dass ich, wenn der Krieg vorbei ist, meine Sachen packen und dieses Land verlassen möchte“, so Antonina Danylewitsch, Frau eines Frontsoldaten (Tagesschau).
1.000 Tage nach dem Überfall – Wie der Krieg Russlands Gesellschaft formt
Vor 1.000 Tagen marschierte Russland in die Ukraine ein. Der Krieg hat auch Russland grundlegend verändert. Das Land ist geprägt von allgegenwärtiger Propaganda, Angst und Denunziantentum. Doch kaum jemand klagt laut. Hohe Geldzahlungen für Hinterbliebene und posthum verteilte Orden sollen das Leid mindern – und ersticken möglichen Protest im Keim. Nach fast drei Jahren Krieg liegt eine Friedhofsruhe über dem ganzen Land (Tagesschau).
Biden erlaubt der Ukraine Angriffe mit Waffen größerer Reichweite
US-Präsident Joe Biden hat Medienberichten zufolge der Ukraine den Einsatz von US-Waffen längerer Reichweite gegen Ziele tief im russischen Staatsgebiet erlaubt. Entsprechende Beschränkungen seien aufgehoben worden. Die Raketen dürften offenbar zunächst gegen russische und nordkoreanische Soldaten in der Region Kursk eingesetzt werden, hieß es weiter (Spiegel).
15. November 2024
Aktuelle Lage
So verläuft Russlands Gegenoffensive bei Kursk
Seit Anfang der Woche hat Russland seine Gegenoffensive in der von der Ukraine besetzten Teile der Region Kursk intensiviert. Der Artillerie- und Luftbeschuss hat sich erheblich verstärkt. Der Kreml wolle offenbar noch vor der Amtseinführung von Donald Trump am 20. Januar die gesamte Region befreien. Damit solle verhindert werden, dass die Ukraine die Kursker Gebiete als Druckmittel einsetze, falls es Trump tatsächlich gelingen sollte, die Konfliktparteien an den Verhandlungstisch zu zwingen (ZDF).
Angriffe auf Kiew mit Raketen und Drohnen
Russland hat die ukrainische Hauptstadt Kiew erstmals seit längerem wieder mit Marschflugkörpern, Raketen und Drohnen beschossen. Die meisten Geschosse wurden von der ukrainischen Luftabwehr abgefangen. Das Ausmaß der von Trümmern verursachten Schäden steht derzeit noch nicht fest. Ein solch kombinierter Angriff auf Kiew ist seit August nicht mehr vorgekommen. Derlei Attacken zielen darauf ab, die Abwehr durch eine hohe Zahl unterschiedlicher Geschosse zu überwältigen und maximalen Schaden anzurichten (n-tv).
Warnung vor Kurachowe-Desaster: Ukraine kündigt erhebliche Verstärkung an
Im östlichen Donbass geraten die ukrainischen Truppen in der Stadt Kurachowe unter Druck. Die Kreml-Truppen setzten dort ihren großangelegten Plan zur Einkreisung der Stadt fort und näherten sich von den Flanken her, die Stadt sei bereits von drei Seiten eingeschlossen, berichtet das ukrainische Militär. Auch die Situation für das Logistik-Zentrum Pokrowsk wird damit immer kritischer. Nun soll Verstärkung an die Frontabschnitte geschickt werden (n-tv).
Russland zieht offenbar 50.000 Soldaten für Angriff in Kursk zusammen
Die Anzeichen verdichten sich, dass Russland demnächst versuchen könnte, die von der ukrainischen Armee besetzten Teile der russischen Region Kursk zurückzuerobern. Einem Bericht der New York Times zufolge hat Russland dort 50.000 Soldaten zusammengezogen, darunter laut US-Geheimdienstinformationen auch die insgesamt mindestens 10.000 nordkoreanischen Soldaten (Spiegel).
Weitere Beiträge
Kiew bereit zum Gebietsverzicht – Wende im Ukraine-Krieg?
Laut US-Medienberichten zeichnen sich möglicherweise Wege für Friedensverhandlungen ab. Aus der Ukraine sind Stimmen zu hören, wonach der Verlust von Territorium unter Umständen zunächst hingenommen werden könnte, sofern die Sicherheit des Landes garantiert wird. „Gespräche sollten auf Garantien basieren“, äußerte sich Roman Kostenko, Vorsitzender des Verteidigungs- und Geheimdienstausschusses des ukrainischen Parlaments. „Für die Ukraine ist nichts wichtiger“, zitiert ihn die New York Times. Ein anderer hochrangiger ukrainischer Beamter, der unter der Bedingung der Anonymität sprach, soll sich noch direkter ausgedrückt haben: „Die territoriale Frage ist äußerst wichtig, aber sie ist immer noch die zweite Frage“. „Die erste Frage sind Sicherheitsgarantien.“ Dass derlei Überlegungen über einen Waffenstillstand derzeit im Raum stehen, ist womöglich Folge der sich abzeichnenden veränderten US-Politik des designierten US-Präsidenten Trump, der laut Medienberichten mit Kreml-Chef Wladimir Putin über die Zukunft der Ukraine gesprochen haben soll (Frankfurter Rundschau).
„Konflikte wie der Ukraine-Krieg werden zunehmen“
Wenn die USA unter dem neuen US-Präsidenten Donald Trump künftig nicht mehr Hegemon seien, könnte das zu neuen Kriegen führen, auch mit Folgen für die Ukraine, so Militärexperte Franz-Stefan Gady. Trump und Putin könnten womöglich einen Waffenstillstand zu Ungunsten der Ukraine aushandeln. Sollte diese gezwungen werden, einen Waffenstillstand ohne Garantiemacht zu unterzeichnen und ohne eine klare Definition ihres Status durch eine engere Westanbindung, einer EU- oder NATO-Mitgliedschaft, werde es mit großer Wahrscheinlichkeit zu Nachfolgekriegen kommen. Solche Konflikte würden zunehmen, wenn es keinen globalen Hegemon wie die USA mehr gebe, der gewillt sei, die Weltordnung aufrechtzuerhalten. Wir müssten zudem aufhören, Russland als das einzige Problem anzusehen und vielmehr die gesamte Achse über China, Nordkorea, Iran und weitere Staaten betrachten, die Russland positiv gewogen seien und die globale liberale Weltordnung erschütterten (Tagesschau).
Putin reduziert Zahlungen an verwundete Soldaten drastisch
Laut westlichen Geheimdienstinformationen vom September beläuft sich die Zahl der Verletzten auf russischer Seite auf ungefähr 400.000. Alle im Militärdienst verwundeten Soldaten erhielten bislang eine großzügige Entschädigung. Nun soll diese neu gestaffelt werden. Drei Millionen Rubel werden für schwerere Verletzungen angesetzt, was knapp 30.000 Euro entspricht. In der geringsten Verletzungskategorie von 100.000 Rubel erhalten Soldaten dann nur noch knapp 1000 Euro (Spiegel).
8. November 2024
Aktuelle Lage
Russischer Großangriff – Verletzte und Brände in Kiew
Mit zahlreichen Drohnen hat Russland in der Nacht die Ukraine angegriffen. Einen Großteil konnte die Armee des Landes über der Hauptstadt Kiew abfangen. Die herabfallenden Trümmer hätten jedoch in mehreren Stadtteilen Zerstörungen angerichtet, unter anderem brach in einem 30-stöckigen Wohnblock im Zentrum ein Brand aus. Im Osten des Landes sollen Angriffe mit Gleitbomben laut ukrainischen Behörden im nordostukrainischen Gebiet Sumy ebenfalls schwere Zerstörung angerichtet haben (Spiegel).
Angriffe auf Saporischschja – Tote und Verletzte
Die Stadt Saporischschja im Süden der Ukraine war erneut Ziel russischer Angriffe. Nach Angaben des örtlichen Regionalgouverneurs wurden dabei sechs Menschen getötet und neun weitere verletzt. Auch in weiteren Teilen des Landes, etwa in Charkiw und Kiew, gab es russische Angriffe (ORF).
Erneut schwere Angriffe auf Kiew
Russland attackierte erneut die Hauptstadt Kiew. Bei einem russischen Drohnenangriff sind nach Angaben der örtlichen Behörden mehrere Gebäude, Straßen und Stromleitungen beschädigt worden. Es war der zweite nächtliche Angriff auf die Hauptstadt in Folge. Gleichzeitig meldet Russland weitere Eroberungen im Osten des Landes. Von verschiedenen Frontabschnitten im Osten der Ukraine werden heftige Kämpfe gemeldet, insgesamt 110, teilte der Generalstab in Kiew in seinem abendlichen Lagebericht mit (Tagesschau).
Weitere Beiträge
Trump und die Realitäten des Ukraine-Kriegs
Donald Trump hatte im Wahlkampf behauptet, er könne den Ukraine-Krieg in 24 Stunden beenden. Die Realitäten hingegen sprechen dagegen. Eine Analyse, aus welchen Gründen eine schnelle Lösung des Ukraine-Kriegs unter Vermittlung eines neuen US-Präsidenten Trump sehr unrealistisch ist (ZDF).
Das könnte das Schicksal der Ukraine besiegeln
In der Ukraine wird der Sieg Donald Trumps bei der US-Wahl größtenteils mit Sorgen betrachtet. Aus Russland kommen hingegen begeisterte Reaktionen. Welche Konsequenzen könnte eine Amtszeit Trumps für den Krieg in der Ukraine nach sich ziehen? (t-online).
Analyse: Was Trumps Sieg für die Ukraine, den Nahen Osten, China und den Rest der Welt bedeutet
Donald Trumps erneute Präsidentschaft könnte globale Machtverhältnisse dramatisch verändern. Was den Krieg in der Ukraine anbelangt, wird Trump wahrscheinlich versuchen, Kiew und Moskau zu einem zumindest vorübergehenden Waffenstillstand entlang der derzeitigen Frontlinien zu zwingen, so Stefan Wolff. Möglicherweise könnte dies eine dauerhafte Regelung beinhalten, die Russlands territoriale Gewinne anerkennt, einschließlich der Annexion der Krim im Jahr 2014 und der seit der Invasion der Ukraine im Februar 2022 besetzten Gebiete. Darüber hinaus sei auch wahrscheinlich, dass Trump die Forderungen des russischen Präsidenten Wladimir Putin akzeptieren würde, eine zukünftige NATO-Mitgliedschaft der Ukraine zu verhindern (Telepolis).
UN fürchtet Eskalation in Ukraine-Krieg durch Nordkoreaner
UN-Generalsekretär António Guterres hat vor einem möglichen Einsatz von nordkoreanischen Soldaten aufseiten Russlands im Ukrainekrieg gewarnt: „Das würde eine sehr gefährliche Eskalation des Krieges in der Ukraine darstellen. Alles muss getan werden, um jegliche Internationalisierung dieses Konflikts zu verhindern.“ (Handelsblatt).
Die Ukraine braucht dringend mehr Soldaten – doch Zwang ist kein Ersatz für fehlende Motivation
Russland ist dabei, seine Armee auf 1,5 Millionen Soldaten auszubauen. Die Ukraine versucht über eine neue Mobilisierungswelle nachzuziehen. Doch die ukrainische Bevölkerung ist nur ein Drittel so gross wie jene Russlands, und das Land ist kriegsmüde. Viele Männer versuchen, sich der Einberufung zu entziehen. Die Ukraine kann auch nicht so einfach Söldner aus dem Ausland einkaufen wie Russland dies praktiziert, das zudem aktuell Unterstützung durch nordkoreanische Soldaten erhält. Für die Ukraine ist die Mobilisierung der eigenen Bevölkerung der einzige Weg, den Krieg weiterzuführen. Und betrachtet man die Verluste in diesem Krieg, sind sie auf beiden Seiten enorm. Die Opferzahl kann nur auf vagen Schätzungen beruhen, insgesamt soll sie bei über einer Million Toten und Verletztene liegen. So gehen etwa die westlichen Geheimdienste von mittlerweile 200.000 Todesopfern und 400.000 Verletzten unter den Soldaten auf russischer Seite aus. Die Ukraine habe 80.000 Tote zu beklagen und ebenso 400.000 Verletzte (Neue Züricher Zeitung).
Militärhilfe für die Ukraine: Stopp kostet Deutschland viel mehr als Fortführung
Die derzeitige Unterstützung der Ukraine sei gering im Vergleich zu dem, was ein möglicher Sieg Russlands im Angriffskrieg auf die Ukraine Deutschland kosten würde. Zu diesem Schluss kommt der aktuelle Kiel Policy Brief des IfW. Seit Kriegsbeginn im Februar 2022 bis zum Sommer diesen Jahres sind Militärhilfen in Höhe von 10,6 Milliarden Euro geflossen. Das entspricht etwa 0,1 Prozent des deutschen BIPs. Ein Stopp dieser Hilfen und ein daraus resultierender russischer Sieg könnten jedoch jedes Jahr das Zehnfache kosten, so Moritz Schularick, Präsident des Instituts für Weltwirtschaft und Co-Autor der Studie. Die Studie nennt vor allem drei Gründe, die für hohe zusätzliche Kosten bei einem Unterstützungsstopp und einem Sieg Russlands sorgen würden: Deutschland müsste einen Zustrom zusätzlicher Geflüchteter bewältigen und damit weitere Kosten für Wohnraum, Gesundheitsversorgung und Bildung stemmen. Deutschland müsste seine Beiträge zur Sicherheit Europas erheblich steigern und wäre zudem mit Kosten durch Handelsunterbrechungen und den Verlust von Direktinvestitionen in der Ukraine konfrontiert (IfW Kiel).
Euromaidan-Proteste und Ukraine-Krieg ab 2014 bis 2020
Euromaidan-Proteste und Ukraine-Krieg ab 2014 bis 2020
November 2013 - Februar 2014
Euromaidan-Proteste
Da sich der damalige Präsident Wiktor Janukowitsch unter dem Druck Russlands überraschend gegen die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU entscheidet, kommt es zu Protesten im Land, die im Dezember in einer Massendemonstration auf dem Majdan Nesaleschnosti („Platz der Unabhängigkeit“) in Kiew münden.
Februar 2014
Sturz der Regierung
Nachdem Präsident Janukowitsch ins Ausland flieht, wird er abgesetzt. Es folgt eine Übergangsregierung, bis schließlich bei der Präsidentschaftswahl im Mai 2014 mit dem Oppositionsführer Petro Poroschenko eine prowestliche Regierung die Macht übernimmt.
März 2014
Ukraine unterzeichnet Assoziierungssbkommens mit der EU
Nachdem Präsident Janukowitsch sich zunächst gegen das Abkommens ausgesprochen hatte, erfolgt nun doch eine Unterzeichnung des Partnerschaftsabkommens mit der EU.
März 2014
Krim-Referendum und Annexion
Nachdem zuvor russische Soldaten ohne Hoheitsabzeichen („grüne Männchen“) als Besatzer auf der Krim auftraten, wird am 16. März die dortige Bevölkerung zu einem Referendum über eine Wiedervereinigung mit Russland aufgerufen. Bei einer geringen Wahlbeteiliung stimmen laut offiziellem Ergebnis 95 Prozent für eine Angliederung an Russland. Am 18. März erfolgt die Annexion der Krim durch Russland.
Sanktionen gegen Russland
Sowohl das Referendum als auch die völkerrechtswidrige Eingliederung der Krim wird international nicht anerkannt. In Folge der Krim-Annexion werden gegen Personen und Institutionen in Russland seitens der EU und USA Sanktionen verhängt.
April 2014
Ausrufung der „Volksrepubliken” Donezk und Luhansk
Die von Russland unterstützten Separatisten in den östlichen Gebieten rufen die „Volksrepubliken" Donezk und Luhansk aus. Die Republiken werden international nicht anerkannt.
Frühjahr 2014
Beginn des Krieges im Donbass
Bei Kämpfen zwischen den von Russland unterstützen Separatisten, den russischen Besatzungssoldaten und den ukrainischen Kräften um Städte und Gebiete im Donbass kommen im Laufe der folgenden Jahre bis 2020 insgesamt über 13.000 Menschen ums Leben, darunter ungefähr 10.000 Soldaten und 3.000 Zivilisten.
Juli 2014
Passagierflugzeug wird abgeschossen
Ein Passagierflugzeug der Linie Malaysia-Airlines mit 298 Menschen an Bord wird mutmaßlich von einer russischen Rakete über dem Gebiet Donezk abgeschossen.
September 2014
Minsker Abkommen I
Am 5. September wird im belarussischen Minsk von der Ukraine und Russland gemeinsam mit der OSZE ein Friedensabkommen ausgehandelt, das in erster Linie eine Waffenruhe erwirken soll. Ferner sieht es einen Sonderstatus für Donezk und Luhansk vor. Schon bald jedoch wird die Waffenruhe gebrochen und die Kämpfe flammen wieder auf.
Oktober /November 2014
Donezk und Luhansk erhalten Sonderstatus und wählen Parlament
Wie im Minsker Abkommen vereinbart, erteilt das ukrainische Parlament den Regionen Donezk und Luhansk einen Sonderstatus. Erstmals werden in den selbsternannten Republiken Parlamentswahlen abgehalten und Republikchefs gewählt. Kiew verurteilt dies als verfassungswidrig.
Februar 2015
Minsker Abkommen II
Nachdem die Waffenruhe fortlaufend gebrochen wird, erfolgt am 12. Februar die Vereinbarung über ein zweites Minsker Abkommen. Jedoch schon kurz darauf wird der Waffenstillstand abermals gebrochen.
Juni 2017
Ukraine strebt aktiv NATO-Mitgliedschaft an
Das ukrainische Parlament einigt sich auf NATO-Mitgliedschaft als außenpolitisches Ziel und stimmt für Gesetze, die eine Bündnisaufnahme ermöglichen sollen.
September 2017
Asdoziierungsabkommen mit der EU tritt in Kraft
März 2018
Baubeginn Nordstream 2
2018 beginnt der Bau der umstrittenen Gaspipeline Nord Stream 2. Die Pipeline wird Ende 2021 fertiggestellt, liegt nun aber auf Eis und wird nicht in Betrieb gehen. Bereits seit 2011 wird über die Pipeline Nord Stream 1 Gas aus Russland nach Deutschland geliefert.
November 2018
Militärischer Zwischenfall vor der Halbinsel Krim
Vor der Küste der Halbinsel Krim in der Meerenge von Kertsch kommt es zu einem militärischen Zwischenfall zwischen der Russischen Föderation und der Ukraine.
2019
Russland stellt im Donbass russische Pässe aus
Russland beginnt mit der Ausstellung von russischen Pässen an Ukrainer in den von Separatisten kontrollierten Teilen der Donbass-Region. Innerhalb von drei Jahren sollen über 700.000 Pässe ausgegeben worden sein. Die Inhaber erhalten aus Russland Sozialleistungen wie Renten, Kindergeld, oder Arbeitslosenunterstützung. Ferner hat Russland erklärt, man sei bereit, russische Staatsbürger auch im Donbass zu verteidigen.
Februar 2019
Ziel der NATO/EU-Mitgliedschaft wird in der Verfassung verankert
Mit einer Änderung der Verfassung hat die Ukraine die Mitgliedschaft in der EU und in der NATO zum Staatsziel mit Verfassungsrang erhoben.
Mai 2019
Wolodymyr Selenskyj wird neuer Präsident
Der Jurist und Schauspieler Wolodymyr Selenskyj wird zum neuen Präsidenten der Ukraine gewählt. Er verspricht den Kampf gegen Korruption und die weitere Annäherung an die EU.
Juli 2020
Erneuter Anlauf zur vollständigen Waffenruhe
Nachdem sich die Waffenstillstandsverletzungen von der Anzahl her seit 2019 zwar deutlich verringert hatten, kommt es im Donbass dennoch weiterhin zu Verletzungen der Waffenruhe. Deshalb wird ein erneuter Anlauf zu einer „vollständigen und umfassenden“ Waffenruhe unternommen.
Erneuter Konflikt bahnt sich an ab Frühjahr 2021
Erneuter Konflikt bahnt sich an ab Frühjahr 2021
April 2021
Russland zieht Truppen an Grenze zur Ukraine zusammen
Russland beginnt, Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammenzuziehen. Bald sind um die 100.000 Soldaten dort aufmarschbereit.
Russland droht mit militärischem Eingreifen
Die Militärdoktrin Russlands lässt eine Intervention zum Schutz seiner Staatsbürger im Ausland zu, also auch jener im Donbass lebenden russischen Bevölkerung, die in den vergangenen Jahren einen russischen Pass erhalten hat.
Juli 2021
Putin veröffentlicht historischen Aufsatz: Ukraine gehört zu Russland
Am 14. Juli 2021 veröffentlicht Putin einen Artikel, in dem er die Einheit des russischen und ukrainischen (wie auch des belarussischen) Volkes betont und die Gebietsansprüche Russlands in der Ukraine deutlich macht.
November 2021
Russland baut Truppen an der Grenze weiter aus
Russland baut die Stationierung von Truppen und militärischem Gerät an der ukrainischen Grenze weiter aus. Beobachter sprechen von 100.000 bis 150 000 Soldaten. Später wird zudem noch eine Verlegung von 30.000 russischen Soldaten nach Belarus erfolgen.
Dezember 2021:
Putin-Biden-Videogipfel
Auf einem Videogipfel Anfang Dezember droht Biden Putin im Falle einer russischen Invasion erneut mit „starken wirtschaftlichen Sanktionen" der Vereinigten Staaten und ihrer europäischen Verbündeten sowie mit einer Verstärkung der NATO-Ostflanke, sollte Russland in die Ukraine einmarschieren. Putin warnt indessen vor einer NATO-Osterweiterung und fordert einen Stopp und verbindliche juristische Garantien.
Russland fordert schriftlich Sicherheitsgarantien und Verzicht auf NATO-Osterweiterung
In einem Schriftstück an die NATO und die USA fordert Russland Sicherheitsgarantien und einen Verzicht auf eine NATO-Osterweiterung. Nicht nur die Ukraine soll auf eine NATO-Mitgliedschaft verzichten, sondern auch andere östliche Staaten wie Georgien. Darüber hinaus soll die militärische Infrastruktur der NATO auf die Positionen von 1997 zurückgeführt werden. Damit fordert Putin eine sicherheitspolitische Neuordnung in Europa und skizziert eine neue Weltordnung, die an Zeiten des Kalten Krieges anknüpft. Die NATO und die USA lehnen die Forderungen als in weiten Teilen unannehmbar zurück.
Januar 2022
Waffenlieferungen an die Ukraine
Nachdem die USA bereits mit Waffenlieferungen an die Ukraine vorangegangen war, kündigen weitere Staaten wie Großbritannien und die baltischen Staaten ebenfalls Unterstützung in Form von Waffenlieferungen an.
Wiederbelebung des Normandie-Formats - ohne Erfolg
Die seit 2019 ruhenden Treffen im Normandie-Format zwischen Vertretern Russlands, der Ukraine, Frankreichs und Deutschlands werden wiederbelebt. Allerdings ergibt das Treffen keine Lösung zur Beilegung des Konflikts.
NATO plant Ausbau der Truppen in Osteuropa
Sowohl in den baltischen Staaten als auch in Rumänien und Bulgarien sollen weitere Truppen stationiert werden. Erste Kampfjets und Truppen treffen in den Ländern ein.
Februar 2022
USA schickt erste Truppen nach Osteuropa
Die USA schickt mehrere Tausend Soldaten sowie Kampfjets in Gebiete der NATO-Ostflanke. Diese würden jedoch nur der Verteidigung des NATO-Gebietes dienen und nicht in der Ukraine eingesetzt werden.
Russische Landungsschiffe nehmen Kurs ins Schwarze Meer
Sechs russische Landungsschiffe der Nord- und der Ostseeflotte laufen ins Schwarze Meer ein und nehmen Kurs in Richtung Krim.
Westliche Diplomatie läuft auf Hochtouren – ohne Erfolg
Staatsoberhäupter mehrerer westlicher Staaten, darunter auch Frankreichs und Deutschlands, versuchen mit Gesprächen und Besuchen in Moskau, eine weitere Eskalation des Konflikts zu verhindern.
US-Geheimdienst CIA warnt vor baldigem russischen Angriff
Die Lage sei „sehr, sehr ernst“, eine russische Invasion würde bald bevorstehen, so der amerikanische Geheimdienst.
10. Februar
Militärmanöver von Russland und Belarus beginnt
Russland beginnt in Belarus ein gemeinsames großes Militärmanöver, das bis zum 20. Februar andauert. Zuvor hatte Russland 30.000 Soldaten in Belarus stationiert.
Kampfhandlungen im Donbass nehmen zu
Die Separatistenführer der Regionen ordnen eine Generalmobilmachung an. Eine große Anzahl der dortigen Zivilbevölkerung wird nach Russland evakuiert.
21. Februar
Russland erkennt die Volksrepubliken Donezk und Luhansk an
Russland kommt der Bitte der Volksrepubliken nach und erkennt sie als unabhängig an. Damit bricht Putin endgültig mit den Vereinbarungen des Minsker Abkommens.
Putin ordnet Entsendung von Truppen in die Ostukraine an
Zum „Schutz der in den Volksrepubliken lebenden russischen Bevölkerung“ ordnet Präsident Putin die Entsendung von russischen Truppen in die Region an.
22. Februar
Sanktionen gegen Russland - Nord Stream 2 wird auf Eis gelegt
Als Reaktion auf die russische Anerkennung der Volksrepubliken Donezk und Luhansk sowie der angekündigten Entsendung russischer Truppen in diese Region verhängen die EU und USA ein umfangreiches Sanktionspaket. Bundeskanzler Olaf Scholz legt Nord Stream 2 auf Eis.
23. Februar
Ausnahmezustand und Teilmobilmachung in der Ukraine
Der ukrainische Sicherheitsrat hat die Ausrufung des Ausnahmezustands für das ganze Land angekündigt. In einer Teilmobilmachung werden ukrainische Reservisten einberufen.
Russischer Angriffskrieg ab 24. Februar 2022
Russischer Angriffskrieg ab 24. Februar 2022
24. Februar 2022
Beginn der russischen Invasion
Russland marschiert mit Zigtausenden Soldaten großflächig in die Ukraine ein. Russische Streitkräfte greifen von Norden, Osten und Süden an.
Putins Rede zur Lage
Präsident Putin erklärt in seiner Rede die Notwendigkeit dieser „Spezialoperation“ zur „Entmilitarisierung“ und „Entnazifizierung“ der Ukraine, um das Land von der Kiewer Regierung zu befreien, die angeblich einen „Genozid“ an der Zivilbevölkerung verübe.
Kriegsrecht und Generalmobilmachung in der Ukraine
In der Ukraine ruft Präsident Selenskyj das Kriegsrecht aus und bittet den Westen um Verteidigungshilfe. Alle Wehrpflichtigen werden einberufen, Männer im Alter von 16 bis 60 Jahren dürfen das Land nicht mehr verlassen.
24./25. Februar
Westen kündigt härtere Sanktionen an
Der Westen verurteilt die Invasion scharf. Die EU und NATO treffen sich zu ersten Krisengipfeln und kündigen harte Sanktionen gegen Russland an. Die NATO-Staaten einigen sich darauf, mehr Truppen nach Osteuropa zu verlegen. In der Folge werden die Sanktionen gegen Russland massiv verstärkt, ein Teilausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift wird beschlossen.
27. Februar
Deutschland erhöht Militärausgaben um 100 Milliarden Euro
Bei einer Sondersitzung des Bundestags verurteilt Bundeskanzler Olaf Scholz den Angriff auf die Ukraine scharf. „Wir erleben eine Zeitenwende“, so der Kanzler. Er kündigt eine massive Erhöhung der Verteidigungsausgaben an und möchte Bundeswehr modernisieren. Dafür soll ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro bereitgestellt werden.
Russland versetzt „Abschreckungskräfte“ in Alarmbereitschaft
Russlands Präsident Putin versetzt die sogenannten Abschreckungskräfte des Landes in Alarmbereitschaft. Diese umfassen auch Atomwaffen.
28. Februar
Ukraine stellt EU-Beitrittsantrag
Infolge des Angriffskriegs auf die Ukraine stellt das Land einen offiziellen Antrag zum Beitritt in die EU und bittet um ein beschleunigtes Verfahren.
Beginn von Verhandlungen in Belarus
Schon wenige Tage nach Beginn des Krieges beginnen Delegationen Russlands und der Ukraine in Belarus mit Verhandlungen. Russland fordert einen Beitrittsverzicht der Ukraine zur NATO, die Demilitarisierung und „Entnazifizierung" der Ukraine sowie die Anerkennung der russischen Kontrolle über die Krim. Die Ukraine fordert einen sofortigen Waffenstillstand, den Abzug der russischen Truppen sowie die Souveränität der Ukraine.
Anfang März
Geplanter „Blitzkrieg“ ist gescheitert
Russland ist es nicht gelungen, die Ukraine innerhalb von ein paar Tagen einzunehmen und die ukrainische Regierung zu stürzen.
Millionen machen sich auf die Flucht
Die größte europäische Flüchtlingswelle seit dem Zweiten Weltkrieg beginnt, Millionen machen sich in der Ukraine auf die Flucht.
UN-Resolution gegen Krieg
Am 2. März stimmt die UN in einer ersten Resolution mit überwältigender Mehrheit gegen Russlands Krieg in der Ukraine
Vorwurf der Kriegsverbrechen – Gerichte ermitteln
Von Seiten des Westen, der USA, NATO und EU werden Russland Kriegsverbrechen vorgeworfen und Putin als Kriegsverbrecher tituliert. Erste gerichtliche Schritte werden eingeleitet. Sowohl von internationalen auch als nationalen Gerichten werden Untersuchungen begonnen, um Russland der Kriegsverbrechen bezichtigen zu können.
Der Internationale Strafgerichtshof, der gegen verantwortliche Einzeltäter angehen kann, hat Anfang März Ermittlungen aufgenommen. Es gebe „plausible Gründe“ für die Annahme, dass seit 2014 in der Ukraine „sowohl mutmaßliche Kriegsverbrechen als auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen wurden“. Die Untersuchungen sollen auch auf das aktuelle Kriegsgeschehen ausgeweitet werden.
Der Internationale Gerichtshof der Vereinten Nationen, der gegen Länder angehen kann, hatte aufgrund einer Dringlichkeitsklage der Ukraine gegen Russland Anfang März ebenfalls seine Ermittlungen aufgenommen und am 16. März eine Anordnung erlassen, nach der Russland sofort den Krieg einstellen müsse. Dem hat Russland erwartungsgemäß nicht Folge geleistet. Das Gericht hat keine Möglichkeit, Urteile und Anordnungen zu erzwingen.
Demonstrationen gegen den Krieg
In Russland protestiert eine Minderheit gegen den Krieg, Tausende werden auf den Demonstrationen festgenommen. Auch weltweit finden Demonstrationen mit Hunderttausenden Menschen statt in Solidarität mit der Ukraine und gegen Putins Angriffskrieg.
Russland erlässt neues Mediengesetz
Moskau erlässt ein neues Mediengesetz, das es ermöglicht, missliebige Berichterstattung über die von Russland bezeichnete „Spezialoperation“ mit drakonischen Strafen bis zu 15 Jahren Haft zu verfolgen. Der Krieg in der Ukraine darf in Russland nicht als solcher bezeichnet werden. In Folge stellen viele unabhängige Medien in Russland ihre Arbeit ein.
Weitere Sanktionspakete des Westens gegen Russland
Die westliche Staatengemeinschaft schnürt weitere Sanktionspakete, um Russland zu isolieren und vom internationalen Handel abzuschneiden.
Weitergehende Angriffe an drei Fronten – Großstädte werden umzingelt
Russland versucht sowohl im Norden in Richtung der Hauptstadt Kiew vorzustoßen als auch im Osten im Donbass und im Süden in der Küstenregion Gebiete zu erobern. Dabei setzt Russland nach und nach seine gesamte an der ukrainischen Grenze zuvor postierten Bodentruppen mit über 100.000 Soldaten in der Ukraine ein. Viele Großstädte werden umzingelt, darunter Kiew, Charkiw, Mariupol und Cherson. Dabei gelingt es Russland, Cherson einzunehmen.
Ausbau der Waffenlieferungen an die Ukraine
Der Westen liefert Waffen defensiver Art in die Ukraine, um die Verteidigungskraft des Landes zu stärken. Nach anfänglich zögerlicher Haltung wird schließlich auch Deutschland seine Haltung ändern und defensive Waffen in das Kriegsgebiet schicken.
Flugverbotszone wird abgelehnt
Gleichzeitig wird die ukrainische Forderung nach einer Flugverbotszone vom Westen abgelehnt, da dies den Eintritt der NATO-Staaten als Kriegspartei bedeuten würde und die Gefahr eines Dritten Weltkriegs drohe.
Beginn von Verhandlungen in der Türkei
Nachdem die ersten in Belarus stattgefundenen Gesprächsrunden keine Ergebnisse erzielten, treffen sich russische und ukrainische Vertreter nun erstmals in der Türkei zu erneuten Verhandlungen auf Ebene der Außenminister. Der türkische Präsident Erdogan hat das Treffen vermittelt.
Mitte März
Verstärkte Angriffe aus der Luft
Da Russland am Boden nicht wie gewünscht vorankommt, gehen die russischen Streitkräfte vermehrt zu Bombardements aus der Luft und aus der Entfernung mittels Artillerie über und zerstören dabei große Teile der ukrainischen Infrastruktur sowie militärische Einrichtungen und Waffendepots.
Ausdehnung der Angriffe auf den Westen
Der Krieg wird dabei auch in den Westen der Ukraine ausgedehnt. Die grenznahe Stadt Lwiw und der naheliegende Militärstützpunkt geraten unter Beschuss.
Viele Verluste in der russischen Armee
Die russische Armee soll im Zuge ihrer Invasion in den ersten Kriegswochen ungeahnt hohe Verluste erlitten haben. Die Ukraine geht von 20.000 gefallenen russischen Soldaten aus, viele sollen darüber hinaus verletzt und kampfunfähig sein.
Viele zivile Opfer in der ukrainischen Bevölkerung
Bei ihren Flächenbombardements nimmt das russische Militär keine Rücksicht auf zivile Opfer, zunehmend werden auch zivile Ziele getroffen wie Wohngebiete, Krankenhäuser und Schulen. Insbesondere Mariupol wird heftig bombardiert, aber auch andere Städte wie Charkiw geraten zunehmend unter Dauerbeschuss.
Humanitäre Katastrophe in den belagerten Städten
Die humanitäre Lage in den belagerten Städten spitzt sich zu. Die Infrastruktur ist zerstört, es kommt kaum noch Versorgung an Lebensnotwendigem in die Städte. Viele Bewohner müsse ohne Heizung, Strom, Lebensmittel und Trinkwasser ausharren. Insbesondere in Mariupol spitzt sich die Lage dramatisch zu.
Fluchtversuche über humanitäre Korridore
Über humanitäre Fluchtkorridore wird versucht, Menschen aus den umkämpften Städten in Sicherheit zu bringen. Russland blockiert Hilfslieferungen und macht Evakuierungen aufgrund fortwährenden Beschusses oft unmöglich. Täglich gelingt nur wenigen Tausend die Flucht.
Mittlerweile zehn Millionen Ukrainer auf der Flucht
Mittlerweile sollen rund zehn Millionen Ukrainer auf der Flucht sein, drei Millionen sind derzeit bereits in Nachbarländern wie Polen, Moldau, Rumänien, Ungarn sowie auch in Deutschland angekommen.
Ende März
Vormarsch im Norden gescheitert - Russland ändert Kriegsstrategie
Nach vier Wochen gibt Russland an, die erste Phase des Krieges erfolgreich abgeschlossen zu haben. Die Invasion im Norden wird beendet. Beobachtern zufolge gilt die Einnahme Kiews als gescheitet. Die russischen Truppen beginnen, sich aus den Kiewer Vororten zurückzuziehen
Anfang April
Zweite Phase des Kriegs wird geplant – Offensive im Osten zur „Befreiung des Donbass“ geplant
Die Vorbereitungen für die zweite Phase des Krieges sind am Laufen. Die neue Strategie Russlands sieht eine Umorientierung auf den Osten der Ukraine vor. Russland vollzieht seine Neugruppierung und rekrutiert Zigtausende neue Soldaten für eine neuerliche Offensive, auch auch ausländische Söldner aus Syrien und Libyen sowie der Gruppe „Wagner“. Erklärtes Ziel ist nun die „Befreiung des Donbass", die vollständige Einnahme der östlichen Region sowie der südlichen Küstenregion um Mariupol, der Landbrücke von der annektierten Halbinsel Krim zum Donbass.
Massengräber im Norden der Ukraine kommen zutage
Mit dem Abzug der russischen Truppen aus den im Norden besetzen Orten wird das ganze Ausmaß der Kriegsverbrechen deutlich. Tausende erschossene Zivilisten werden gefunden, einige Massengräber werden entdeckt. Experten ziehen insbesondere im Hinblick auf Mariupol Vergleiche mit der Zerstörung der Städte Grosny (Tschetschenien) und Aleppo (Syrien) durch russische Angriffe.
Westen verschärft Sanktionen
Die westliche Staatengemeinschaft ist entsetzt angesichts der Leichenfunde in Orten wie Butscha und verschärft die Sanktionen nochmals. Diskutiert wird über ein schon lange von Präsident Selenskyj gefordertes komplettes Energie-Embargo.
EU-Kommissionspräsidentin macht Ukraine Hoffnung auf baldigen EU-Beitritt
Bei ihrem Besuch in Kiew am 8. April macht die EU-Kommissionspräsidentin der Ukraine Hoffnung auch einen schnellen EU-Beitritt. Ursula von der Leyen möchte eine EU-Mitgliedschaft des Landes beschleunigt vorantreiben: „Meine Botschaft lautet, dass die Ukraine zur europäischen Familie gehört“.
Waffenlieferungen werden ausgebaut - auch offensive, schweren Waffen
Die bisherigen Waffenlieferungen vorwiegend defensiver Art werden ausgebaut und auf offensive und schwere Waffen ausgeweitet. Die Ukraine erhält nun auch gepanzerte Fahrzeuge sowie Artilleriegeschütze. Die USA steht bei den Lieferungen vorne an. Auch in Deutschland wird die Lieferung von Panzern diskutiert, von der Regierung jedoch bislang abgelehnt.
Mitte April
Russische Großoffensive im Osten beginnt verhalten
Die angekündigte Offensive im Donbass beginnt, fällt aber zunächst eher klein aus und kommt nur in kleinen Schritten voran, da die russischen Streitkräfte noch immer geschwächt sind und sich nach ihren Verlusten aus der ersten Phase des Krieges nun zunächst neu aufstellen und für Nachschub sorgen müssen.
Ende April
Russland formuliert neues Kriegsziel: Eroberung der Südukraine
Das neue Kriegsziel Russlands lautet, nicht nur den Osten der Ukraine einzunehmen, sondern auch den kompletten Süden. Russland plant, auch die Hafenstadt Odessa zu erobern, um damit eine Verbindung zu schaffen bis hin zur von der Republik Moldau abtrünnigen selbsternannten Republik Transnistrien, in welcher ebenfalls russische Truppen stationiert sind.
Eingliederung des Donbass und der Region Cherson geplant
Russland kündigt Referenden an, um die besetzten Regionen einzugliedern, russische Pässe sollen in Cherson ausgegeben, der russische Rubel als Zahlungssystem eingeführt werden.
Anfang Mai
Ukraine beginnt mit kleinen Gegenoffensiven zur Rückeroberung
Die russische Offensive im Osten der Ukraine kommt ins Stocken. Die Ukraine startet kleinere Gegenoffensiven zur Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete.
Ausbildung ukrainischer Soldaten im Westen beginnt
Unter anderem in Deutschland und Polen werden ukrainische Soldaten von den USA und ihren Bündnispartnern im Umgang mit westlichem Kriegsgerät ausgebildet.
Mitte Mai
Mariupol wird von Russland eingenommen
Die über Monate schwer umkämpfte Hafenstadt Mariupol fällt komplett in russische Hand. Die zuletzt noch im Stahlwerk verschanzten rund 2000 Soldaten ergeben sich, die rund 1000 dort ebenfalls verbliebenen Zivilisten können evakuiert werden. Die Lage in der Stadt war zuletzt katastrophal, sowohl für die zum Teil verletzten Soldaten, die ohne Versorgung ausharrten als auch für die eingeschlossenen Zivilisten.
Somit sind die beiden südlichen Hafenstädte Cherson und Mariupol in russischer Hand. Eine Einnahme der Stadt Odessa ist Russland jedoch nicht gelungen.
Finnland und Schweden wollen in die NATO
Bereits seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine wurden in beiden Ländern vermehrt Stimmen laut, die jahrelange Bündnisneutralität aufzugeben und sich dem NATO-Bündnis anzuschließen. Mitte Mai reichten Finnland und Schweden einen offiziellen Beitrittsantrag bei der NATO ein.
USA beschließt Hilfspaket über rund 40 Milliarden für die Ukraine
Die USA haben ein voluminöses Hilfspaket von knapp 40 Milliarden US-Dollar für die Ukraine beschlossen. Davon sind 6 Milliarden für gepanzerte Fahrzeuge und Luftabwehrsysteme vorgesehen. Andere Mittel sind für humanitäre Hilfen eingesetzt werden.
Ende Mai
Russlands Offensive im Osten nimmt Fahrt
Indem sich die russischen Truppen komplett auf die Eroberung der beiden Regionen Luhansk und Donezk fokusieren und ihre geballte Kampfkraft in der Region bündeln, gelingen ihnen zunehmende Geländeeroberungen. Die Region Luhansk ist mittlerweile fast vollständig in russischer Hand.Auch auf das Ballungszentrum der ukrainischen Truppen in Donezk plant Russland eine neue größere Offensive.
Diskussionen um Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine
Die Ukraine fordert vom Westen wiederholt die rasche Lieferung schlagkräftiger schwerer Waffen, auch etwa Kampfpanzer mit größerer Reichweite. Ohne diese könne sie die Verteidigung der Donbass-Region nicht bewerkstelligen. Die NATO-Staaten diskutieren, inwieweit sie der Bitte der Ukraine nachkommen können und wollen, um nicht selbst zur Kriegspartei im Konflikt zu werden. Bislang werden zwar bereits schwere Waffen geliefert, aber hauptsächlich Haubitzen und andere schwere Artillerie, keine eigentlichen Kampfpanzer. Offenbar gibt es im NATO-Bündnis derzeit eine Absprache, keine Schützen- und Kampfpanzer westlichen Modells in die Ukraine zu liefern.
Diskussionen um eine Öl- und Gasembargo gegen Russland nehmen Fahrt auf
Bereits seit Wochen laufen Diskussionen über ein Ölembargo, und auf weitere Sicht hin auch ein Gasembargo, gegen Russland. Da einige Länder noch in großer Abhängigkeit Russlands stehen und auf Energielieferungen angewiesen sind, lässt sich bislang schwer eine Einigkeit erzielen. Ende Mai haben sich die EU-Staaten auf Teil-Embargo für russisches Öl geeinigt, das sich auf Einfuhren per Schiff beziehen soll, was ungefähr zwei Drittel der Gesamtmenge entspricht.
Juni
Ukraine wird Beitrittskandidat der EU
Nachdem die Ukraine bereits wenige Tage nach Kriegsbeginn Ende Februar 2022 ihren Antrag auf Mitgliedschaft in der Europäischen Union eingereicht hatte, hat die EU dem Antrag 24. Jun am i 2022 stattgegegeben. DIe Ukraine ist nun offiziell Beitrittskandidat der EU.
Juli/August
Der Abnutzungskrieg nimmt seinen Lauf
Der Krieg ist in dieser Phase gekennzeichnet von kleineren Geländegewinnen auf beiden Seiten, ohne dass sich der Grenzverlauf entscheidens verändert. Sowohl Russland als auch die Ukraine haben große Verluste an Material und Soldaten zu verbuchen.
September
Russland annektiert vier ukrainische Gebiete
Die völkerrechtswidrige Annexion der Gebiete in Süd- und Ostukraine am 30. September 2022 stellt eine einseitig proklamierte Schein-Eingliederung größerer Teile der ukrainischen Oblaste Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson in die Russische Föderation dar.
Ukraine reicht Antrag auf NATO-MItgliedschaft ein
Nach den russischen Annexionen ukrainischer Gebiete reicht die Ukraine am 30. September 2022 einen Antrag zur beschleunigten Mitgliedschaft bei der NATO ein. Aussicht auf Erfolg hat der Antrag derzeit allerdings nicht, da eine wichtige Voraussetzung zum Beitritt darin besteht, dass ein. Bewerberstaat keine aktiven Grenzkonflikte haben darf.
November
Ukraine erobert Cherson zurück
Russland erobert zahlreiche von Russland besetzte Ortschaften in der Region Cherson zurück. Dennoch erhebt Russland weiterhin Anspruch auf das zuvor annektierte Gebiet.
Russland beginnt mit gezielten Bombardierungen der Infrastruktur der Ukraine
Überall in der Ukraine kommt es zu russichen Angriffen auf die russische Infrastruktur. In Kiew, Cherson und einigen weiteren Städten kommt es zu massiven Ausfällen in der Wasser- und Energieversorgung.
Dezember
Russland verstärkt Ost-und Südfront
Die an den Fronten in der Süd- und Ostukraine stationierten russischen Streitkräfte werden verstärkt.
Neue Angriffswelle gegen ukrainische Infrastruktur
Russland hat die Ukraine mit einer neuen Welle von Raketenangriffen auf die Infrastruktur überzogen.
Millionen Ukrainer ohne Wasser, Strom und Heizung
Nach den erneuten Angriffen auf die Infrastruktur sind Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer mitten im Winter ohne Energieversorgung und müssen in ihren kalten Wohnhäusern ausharren.
Januar 2023
Ankündigung von Kampfpanzer-Lieferungen an die Ukraine
Immer wieder hatte der ukrainische Präsident Selenskyj die EU und NATO um Kampfpanzer gebeten. Nun kündigt Frankreich an, Kampfpanzer an die Ukraine leifern zu wollen. Politisch markiert dies einen Dammbruch. Auch US-Präsident Biden stellt nun die Lieferung von Schützenpanzern in Aussicht.
Debatte über Lieferung deutscher Kampfpanzer
Die EU-Partner und das Europaparlament wollen Leopard-Kampfpanzer aus deutscher Produktion in einer koordinierten Aktion an Kiew übergeben. Berlin verweigert bisher die Exportgenehmigung..Großbritannien, Polen und die Ukraine erhöhen den Druck auf die deutsche Bundesregierung.
Deutschland kündigt Lieferung von Schützenpanzern an
Nach Abstimmung mit US-Präsident Joe Biden kündigt Bundeskanzler Olaf Scholz an, der Ukraine erstmalig 40 Schützenpanzer vom Typ „Marder” zukommen zu lassen.
Kämpfe um Gebiete in der Ostukraine verstärken sich
Die ukrainischen und russischen Truppen liefern sich heftige Kämpfe um die strategisch wichtigen Städte Bachmut und Soledar in der Ostukraine. Nach wie vor verfolgt Russland das Ziel, die gesamte Region Donezk im Osten der Ukraine, die Moskau bereits völkerrechtswidrig annektiert hat, unter russische Kontrolle zu bringen.
Russland nimmt Soledar im Osten ein
Nach wochenlangen heftigen Kämpfen um Soledar, gibt die ukrainsiche Seite den Verlust der Stadt bekannt.
Februar
Frühjahrsoffensive Russlands beginnt
Die bereits lang erwartete Frühjahrsoffensive Russlands beginnt. Sowohl kommt es wieder zu Angriffswellen überall im Land als auch verstärkten Angriffen im Osten der Ukraine.
Heftige Kämpfe um Bachmut
Bachmut ist seit Wochen heftig umkämpft. Die ukrainsiche Seite hält bislang den Angriffen Russlands stand.
Oktober 2024
Oktober 2024
31.Oktober.2024
Aktuelle Lage
Schwerer russischer Raketenangriff auf Odessa
Die russische Armee hat die Hafenstadt Odessa am Schwarzen Meer mit Raketen beschossen. Es soll sich um zehn Raketen gehandelt haben, die teils von russischen Flugzeugen über dem Meer, teils von der russisch besetzten Halbinsel Krim abgefeuert worden sein sollen, so der örtliche Militärgouverneur (Deutschlandfunk).
Luftangriffe in Region Charkiw
Bei russischen Luftangriffen in der nordöstlichen Region Charkiw wurden nach Angaben des ukrainischen Militärs mehrere Menschen verletzt, auch mehrere Wohnhäuser seien beschädigt worden (ORF).
Ukraine startet neuen Angriff in Kursk
Ukrainische Truppen haben nahe der Grenze in der russischen Region Kursk offenbar russische Stellungen angegriffen. Dies geht aus dem aktuellen Lagebericht des Institute for the Study of War hervor. Geolokalisierte Aufnahmen zeigen demnach, dass die ukrainischen Truppen östlich der Siedlung Nowy Put angriffen (Zeit).
Russland meldet Vorstoß in der Region Brjansk
In der russischen Region Brjansk wurde nach Angaben eines örtlichen Gouverneurs ein Vorstoß abgewehrt. Eine „bewaffnete Gruppe“ habe versucht, die Grenze zu überqueren, so der örtliche Verwaltungschef. Er machte keine Angaben dazu, ob ukrainische Soldaten hinter dem angeblichen Angriff steckten (Deutschlandfunk).
Weitere Beiträge
Nordkoreaner in russischen Uniformen auf dem Weg nach Kursk
Geheimdiensten und dem Pentagon zufolge bewegten sich tausende nordkoreanische Soldaten in russischen Uniformen und mit russischer Ausrüstung in Richtung der Region Kursk an der Grenze zur Ukraine. Mehr als 3000 würden wir sich demnach in Richtung Belarus bewegen. Einige nordkoreanische Voraustrupps seien bereits in Kursk eingetroffen. Ein Einsatz nordkoreanischer Truppen gegen die Ukraine müsse nicht notwendigerweise einen Krieg auf der Koreanischen Halbinsel auslösen, aber er könne die Sicherheitslage gefährden, so der südkoreanische Verteidigungsminister Kim Yong-hyun. Nordkorea könnte womöglich im Gegenzug für die Truppenstationierung Zugang zu hochentwickelter Militärtechnologie verlangen, etwa zu Atom- und Raketentechnik (Rheinische Post).
160.000 neue Soldaten: Was die Mobilisierung der Ukraine bedeutet
Wie der nationale Sicherheits- und Verteidigungsrat der Ukraine bekanntgab, soll die ukrainische Armee um 160.000 Mann aufgestockt werden. Im Frühjahr diesen Jahres war ein vom Parlament verabschiedetes Mobilisierungsgesetz in Kraft getreten, demzufolge sich alle Männer zwischen 18 und 60 Jahren registrieren lassen musste. Der Staat legte damit die Grundlage für eine Massenmobilisierung (ZDF).
Russland und Ukraine sprechen laut Insidern über Verhandlungen
Laut einem Medienbericht gibt es erste Gespräche zwischen Moskau und Kiew zur Wiederaufnahme von Verhandlungen über einen Stopp von Angriffen auf die Energieinfrastruktur. Russland hat seit Kriegsbeginn große Teile der ukrainischen Wärmeinfrastruktur zerstört, die Ukraine ihrerseits viele Ölanlagen in Russland und im russisch besetzten Gebiet beschädigt. Moskau und Kiew hätten in der letzten Zeit bereits als Teil einer Vereinbarung ihrer Geheimdienste die Häufigkeit der Angriffe auf die Energieinfrastruktur des jeweils anderen reduziert. Eine erfolgreiche Einigung über einen kompletten Stopp der Attacken auf die jeweilige Energieinfrastruktur des anderen wäre ein bemerkenswerter Schritt zwischen den beiden Ländern. Möglicherweise könnte er den Weg ebnen für erweiterte Gespräche über Frieden (n-tv).
USA bestätigen 10.000 Soldaten aus Nordkorea in Russland
Die Zahl der nach Russland entsandten Soldaten aus Nordkorea beläuft sich nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums auf etwa 10.000. „Wir gehen davon aus, dass Nordkorea insgesamt etwa 10.000 Soldaten zur Ausbildung nach Ostrussland geschickt hat, die wahrscheinlich in den nächsten Wochen die russischen Streitkräfte in der Nähe der Ukraine verstärken werden“, so die stellvertretende Pentagon-Sprecherin Sabrina Singh. Ein Einsatz im russischen Gebiet Kursk nahe der Grenze zur Ukraine werde befürchtet (Spiegel).
25. Oktober 2024
Aktuelle Lage
Erneut Dutzende Drohnen abgefangen
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben erneut 57 russische Drohnen abgefangen und zerstört. Insgesamt hätten die russischen Streitkräfte 81 Drohnen auf Ziele in zwölf Regionen abgefeuert und die Region Odessa im Süden mit einer Rakete angegriffen, hieß es. Russland meldete indes, in der ukrainische Drohnen zerstört zu haben. Zehn davon seien über der Halbinsel Krim abgeschossen worden, teilte das russische Verteidigungsministerium mit (ORF)
Ukraine greift russische Sprengstofffabrik per Drohne an
Das ukrainische Militär startete russischen Angaben zufolge Drohnenangriffe tief in russisches Territorium. Mehr als 100 Fluggeräte fing die Luftabwehr dort angeblich ab. Ziel seien unter anderem Moskau und ein Hersteller von militärischem Sprengstoff gewesen, Die Sprengstoff-Fabrik in östlich von Moskau gelegen Stadt Dserschinsk ist eine der größten Hersteller von Sprengstoff, der von den russischen Streitkräften gegen die Ukraine eingesetzt wird (Spiegel).
Erneut massive Luftangriffe auf Kiew
Russland hat erneut Drohnenangriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kiew durchgeführt. In den vergangenen Tagen seien 135 russische Kampfdrohnen geortet worden, teilte das ukrainische Luftwaffenkommando in Kiew mit. Die massive Luftattacke Russlands galt auch anderen Zielen in weiten Teilen der Ukraine (Pro Sieben)
Weitere Berichte
Erste nordkoreanische Soldaten offenbar in Kursk eingetroffen
Wie der ukrainische Militärgeheimdienst HUR mitteilt, sind die ersten Soldaten aus Nordkorea offenbar an der Front im westrussischen Kursk eingetroffen. Russland habe, so Präsident Putin, an diesem Donnerstag einen Vertrag mit Nordkorea von der Duma ratifizieren lassen, demzufolge sich Nordkorea und Russland gegenseitig Beistand leisten, sollte eines der Länder angegriffen werden. Die EU-Staaten warnten Nordkorea vor einer direkten Beteiligung an Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine. Es wäre ein einseitiger feindseliger Akt mit ernsthaften Konsequenzen für den Frieden und die Sicherheit weltweit, hieß es in einer Erklärung, die der EU-Außenbeauftragte im Namen der 27 Länder veröffentlichte (Spiegel).
BRICS-Gipfel: Putin sieht „multipolare Weltordnung” kommen
Die Staatschefs der BRICS-Gruppe sind beim Gipfel zu einer ersten Sitzung im Südwesten Russlands zusammengekommen. Dem Kreml zufolge sollen mehr als 20 Länder durch ihre Staatsoberhäupter vertreten sein, um an dem dreitägigen Treffen in Kasan teilzunehmen. In den Ländern der BRICS leben derzeit insgesamt rund 3,6 Milliarden Menschen aus 9 Ländern, was fast 45 % der Weltbevölkerung entspricht. Und es gebe noch mehr als 30 Länder, die sich dem Bündnis anschließen wollten, so der russische Gastgeber und Präsident Wladimir Putin. Vor den Teilnehmern sprach er von einer seiner Ansicht nach entstehenden „multipolaren Weltordnung": „Der Prozess der Bildung einer multipolaren Weltordnung ist im Gange, es ist ein dynamischer und unumkehrbarer Prozess". Am Rande des Gipfels soll es heute auch zu einem Treffen von Putin und UN-Generalsekretär Guterres kommen (Tageschau).
Ukraine: Scharfe Kritik an Reise von UN-Generalsekretär Guterres zum BRICS-Gipfel
Die Ukraine wirft dem UN-Generalsekretär vor, dem Ruf der Vereinten Nationen zu schaden, indem er „die Einladung des Kriegsverbrechers Putin“ angenommen habe. Ein Sprecher der UN weist die Kritik zurück: Der Generalsekretär nehme an dem Gipfeltreffen in Kasan an der Wolga ebenso teil, wie er das beim BRICS-Gipfel in Johannesburg im vergangenen Jahr getan habe und dies bei den Treffen der G-7- und G-20-Staaten tue. Es sei „Standard“, dass der UN-Generalsekretär die Sitzungen von Organisationen mit einer großen Zahl von UN-Mitgliedstaaten besuche (FAZ).
Was passiert, wenn Nordkorea in den Ukraine-Krieg eingreift?
Werden künftig auch Soldaten aus Nordkorea an der Seite des russischen Militärs gegen die Ukraine kämpfen? Den USA und Südkorea zufolge befinden sich erste Truppen bereits in Russland. Was hätte Nordkorea davon, Soldaten in den Ukraine-Krieg zu schicken? Würde Nordkorea durch einen Einsatz seiner Soldaten zur Kriegspartei? Was würde das Eingreifen Nordkoreas in den Krieg für die Ukraine bedeuten? Wie reagiert der Westen? Fragen und Antworten (n-tv).
Südkorea erwägt erstmals Waffenlieferungen an die Ukraine
Angesichts der Berichte, wonach Nordkorea Soldaten nach Russland entsenden wolle, um Russland im Angriffskrieg gegen die Ukraine zu unterstützen, prüft Südkorea, Waffen an die Ukraine zu liefern. Auch eine Beobachtermission will Südkorea unter Umständen entsenden. Eine Gruppe aus Militärs und Geheimdienstlern solle „Taktiken und Kampffähigkeit” von nordkoreanischen Spezialkräften studieren, die möglicherweise aufseiten Russlands kämpfen (Zeit).
Mutmaßliche Hilfe Nordkoreas für Russland – Südkorea bestellt russischen Botschafter ein
Wie Südkorea und die Ukraine berichten, will Nordkorea rund 12.000 Soldaten an die russische Front schicken. Der südkoreanische Geheimdienst NIS hatte vergangene Woche berichtet, dass Nordkorea bereits etwa 1500 Sondertruppen zu einem Training nach Russland entsandt hat Laut NIS sollen die Soldaten in russischen Schiffen nach Wladiwostok transportiert worden sein, wo sie mutmaßlich auf einen Einsatz im Ukrainekrieg vorbereitet werden. Moskau weist diese Berichte zurück, seitens der NATO und den USA gibt es bisher keine Bestätigung. Der ukrainische Präsident Selenskyj fordert eine Reaktion des Westens (Spiegel).
17. Oktober 2024
Aktuelle Lage
Ukrainer erzielen Fortschritte bei Pokrowsk
In den vergangenen Monaten haben die russischen Truppen im Osten der Ukraine den Fokus auf die Bergbaustadt Pokrowsk in der Oblast Donezk gelegt. Es war ihnen gelungen, weiter auf die Stadt vorzurücken. Nun verzeichnen die ukrainischen Streitkräfte ihrerseits einen erfolgreichen Vorstoß, sie konnten eine verlorene Position südlich von Pokrowsk zurückzuerobern und die russischen Streitkräfte zurückdrängen (Frankfurter Rundschau).
Russland verlagert Angriffe an ganzer Front
Nachdem Russland kürzlich eine Reihe intensiver Angriffe gegen den ukrainischen Vorposten in der Region Kursk gestartet hat, droht den ukrainischen Truppen dort nun die Einkesselung. Den russischen Streitkräften ist es gelungen, Ljubimowka und Nowoiwanowka wieder einzunehmen und sie versuchen nun, den Vorposten in zwei Hälften zu teilen und alle ukrainischen Einheiten nordnordwestlich davon einzuschließen. Ferner haben die russischen Streitkräfte überraschend Angriffe im Süden der Ukraine in der Region Saporischschja gestartet. Auch der Hafen in Odessa ist wieder Ziel massiver Attacken. Die russische Führung versuche, die Ukrainer aus dem Gleichgewicht zu bringen, indem sie den Schwerpunkt ihrer Angriffe entlang der gesamten Frontlinie verlagere, so Beobachter (ZDF).
Weitere Beiträge
Kriegsende 2025 – Selenskyj stellt seinen „Siegesplan” vor
Der ukrainische Präsident hat seinen bislang unveröffentlichten „Siegesplan” im Verteidigungskrieg gegen Russland im ukrainischen Parlament vorgestellt. Bei Umsetzung des Plans könnte der Krieg gegen Russland spätestens im nächsten Jahr beendet werden. Erwähnt wird eine sofortige Einladung der Ukraine in die NATO, wobei eine letztendliche Mitgliedschaft im transatlantischen Verteidigungsbündnis eine Frage der Zukunft sei, nicht der Gegenwart, räumte Selenskyj ein. Weiterhin sei es wichtig, die Kämpfe auf russisches Gebiet zu tragen, damit die Bevölkerung dort verstehe, was Krieg sei, und ihren Hass gegen den Kreml richte. In diesem Zusammenhang wiederholte der ukrainische Präsident auch sein dringliches Anliegen, die Begrenzungen zum Einsatz westlicher Waffen gegen Ziele im russischen Rückraum aufzuheben. Ferner schlägt er in seinem Plan unter anderem vor, in seinem Land ein großes, aber nichtnukleares Waffenarsenal zu stationieren, das Russland von weiterer Aggression abhalten solle (Spiegel).
Die Einzelheiten von Selenskyjs „Siegesplan“
Nach wochenlanger Geheimhaltung hat der ukrainische Präsident Selenskyj erstmals öffentlich seinen aus fünf Punkten bestehenden „Siegesplan“ für die Beendigung des Krieges mit Russland präsentiert. Ein Überblick über die Punkte in Einzelnen (Deutschlandfunk).
Ukraine: Eine Million Drohnen für Streitkräfte
Angesichts der geänderten Kriegsführung hat sich die Ukraine auf die Verwendung von Drohnen als neue Waffe umorientiert und verlässt sich im Kampf gegen russische Angreifer immer mehr auf Drohnen. Die ukrainische Rüstungsindustrie hat offiziellen Angaben zufolge bereits eine Million Drohnen in verschiedenen Ausführungen für die Streitkräfte gebaut und ausgeliefert, von einfachen Videodrohnen für Aufklärungsflüge über Kampfdrohnen bis hin zu Kamikazedrohnen mit hoher Reichweite (Spiegel).
BND: Russland spätestens 2030 zu NATO-Angriff in der Lage
Der Präsident des Bundesnachrichtendienstes Bruno Kahl warnte in einer Anhörung des Parlamentarischen Kontrollgremiums des Bundestags hat vor einer direkten militärischen Bedrohung Russlands. „Spätestens Ende dieses Jahrzehnts dürften russische Streitkräfte in der Lage sein, einen Angriff auf die Nato durchzuführen”, sagte Kahl. Und als zweitgrößter Unterstützer der Ukraine stünde Deutschland in einer direkten Auseinandersetzung mit Russland (ZDF).
Kursk ist Hoffnung und Dilemma der Ukraine
Auch über zwei Monate nach dem Überraschungsangriff auf die Region Kursk hält die ukrainische Armee weiterhin die meisten ihrer Stellungen auf russischem Boden. Inzwischen macht aber die russische Armee in der Region auch wieder Boden gut und haben einige Dörfer zurückerobert. Offensichtlich sei es die russische Absicht, in einer Art Zangenbewegung diesen Frontvorsprung der Ukraine einzudrücken, analysiert Oberst Markus Reisner. Dennoch ist die Kursk-Offensive weiterhin die größte Hoffnung der Ukraine (n-tv).
8. Oktober 2024
Aktuelle Lage
Russland nimmt Charkiw ins Visier.
Russland nimmt in seiner Offensive die ukrainische Stadt Charkiw ins Visier. Bei Angriffen auf ein Wohngebiet kommen mehrere Menschen ums Leben. Derweil zeigt sich Präsident Selenskyj zufrieden mit der Offensive in Kursk. Man setze hier Russland weiter unter Druck (n-tv).
Ukraine an mehreren Fronten unter Druck
Nachdem die ukrainischen Truppen die Stadt Wuhledar im Donbass aufgeben mussten, rückt Russland weiter in den südlichen Teil des Donbass vor und setzt seine starke Offensive fort. Die ukrainischen Verteidiger werden allmählich hinter den Fluss Wowtscha zurückgedrängt. Auch um Charkiw und Pokrowsk gab es schwere Kämpfe (ZDF).
Weitere Beiträge
Südkorea: Nordkorea wird möglicherweise Truppen in die Ukraine schicken
Bei einem Raketenangriff in der Nähe vom russisch besetzten Donezk sollen am 3. Oktober mehr als 20 Soldaten getötet worden sein sollen, darunter auch sechs nordkoreanische Offiziere. Südkorea nimmt Bezug auf die Attacke und spricht von einem möglichen Einsatz von Pjöngjangs Truppen an der Seite Russlands. „Da Russland und Nordkorea einen gegenseitigen Vertrag unterzeichnet haben, der einem Militärbündnis gleichkommt, ist die Möglichkeit eines solchen Einsatzes sehr wahrscheinlich”, sagte Kim Yong Un bei einer Anhörung im südkoreanischen Parlament (n-tv).
Wie Nahost- und Ukraine-Krieg verbunden sind
Nach dem Hamas-Überfall auf Israel im Oktober vor einem Jahr hat die Fokussierung auf Russlands Krieg gegen die Ukraine abgenommen. Anders als vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj befürchtet, hat die Unterstützung für sein Land dadurch jedoch nicht nachgelassen. Die Aufmerksamkeit auf den Ukraine-Krieg sei zurückgegangen, nicht aber die Hilfen für die Ukraine, so Sabine Adler. Die Wahrnehmung der beiden Konflikte in Politik und Öffentlichkeit unterscheide sich deutlich (Deutschlandfunk).
4. Oktober 2024
Aktuelle Lage
Russischer Beschuss: Mehrere Städte im Donbass ohne Wasser
Nach russischem Beschuss ist nach Angaben der ukrainischen Behörden für etwa 260.000 Menschen im Norden des ukrainischen Gebietes Donezk die Wasserversorgung „auf unabsehbare Zeit“ ausgefallen. Mehrere Städte seien betroffen. Immer wieder ist auch die zivile Infrastruktur Ziel russischer Angriffe (Süddeutsche).
Russische Truppen erobern offenbar Wuhledar
Russische Truppen soll es gelungen sein, die ostukrainische Bergarbeiterstadt Wuhledar zu erobern. Seit Beginn des russischen Angriffskrieges ist Wuhledar ein stark befestigter Vorposten des ukrainischen Militärs. Offenbar hatte den ukrainischen Streitkräften die Einkesselung rund um Wuhledar gedroht, weshalb ihnen letztendlich nichts anderes übrig geblieben sei, als rasch den Rückzug anzutreten. Mehrmals hatte die russische Armee vergeblich versucht, die Stadt einzunehmen, und dabei jedes Mal hohe Verluste erlitten. Die Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Wuhldar ist für die Ukraine eine weiterer Rückschlag (Spiegel).
Erneut schwere Angriffe auf Kiew
Die russische Armee hat die massiven Luftangriffe auf die Ukraine fortgesetzt. Dutzende Flugkörper, inklusive „Iskander-Raketen“ wurden auf Kiew und die umliegende Region abgefeuert. Alle Geschosse seien von der Luftverteidigung abgefangen worden, so Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko. Es wird von abgeschossenen Raketenteilen berichtet, die auf Straßen fielen. Auch auf andere Landesteile der Ukraine erfolgten Angriffe mit Drohen und Raketen. Es handle sich um die mittlerweile 15. Angriffswelle seit Anfang Mai. Mit den konstanten Angriffen versuche der Feind, die Zivilbevölkerung in einem Zustand starker psychologischer Anspannung zu halten, so die ukrainische Zivil- und Militärverwaltung (Tagesschau).
Weitere Beiträge
Tausende protestieren gegen Unterstützung für Ukraine und Israel
Einige tausend Menschen sind einem Aufruf der Initiative „Nie wieder Krieg“ gefolgt und haben in Berlin für Frieden in Europa und in Nahost demonstriert. Die Initiatoren sprachen von über 40.000 Teilnehmenden, die Polizei von einer unteren fünfstelligen Teilnehmerzahl. Sie stand unter dem Motto „Nein zu Krieg und Hochrüstung! Ja zu Frieden und internationaler Solidarität“. Die Demonstrierenden kritisierten die Unterstützung der Ukraine und Israels mit Waffen und forderten Verhandlungen mit Russland sowie ein Ende des Krieges im Gaza (mdr).
Für neuen NATO-Generalsekretär Rutte steht die Ukraine „ganz oben auf der Liste“
Der ehemalige niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hat am 1. Oktober offiziell das Amt des NATO-Generalsekretärs von Jens Stoltenberg übernommen, der dieses Amt zehn Jahre inne hatte. Rutte hat bei seiner Amtsübernahme betont, die Unterstützung der Ukraine sei weiterhin „ganz oben auf der Liste“. Er sagte ferner, dass die NATO Fähigkeitslücken schließen und die „Unterstützung für die Ukraine verstärken und sie immer näher an die NATO heranführen“ müsse (euronews).
UN-Büro Kiew: Kriegsgefangene werden gefoltert
Das UN-Menschenrechtsbüro hat sowohl auf der russischen als auch ukrainischen Seite Folter und Misshandlungen von Kriegsgefangenen dokumentiert. Allerdings hätten ukrainische Kriegsgefangene „weitreichende und systematische Folter“ erlebt, sowohl bei der Festnahme als auch anschließend in verschiedenen Internierungslagern und Gefängnissen in den besetzten Gebieten in der Ukraine und in Russland. Russische Gefangene hingegen würden, sobald sie in ukrainischen Gefangenenlagern ankämen, nicht schlecht behandelt, so Danielle Bell, Leiterin der UN-Menschenrechtsbeobachtungsmission in der Ukraine. Auf beiden Seiten wurden mehrere hundert Gefangene befragt. Ukrainische Gefangene berichteten unter anderem über Scheinexekutionen, Hundeattacken und sexuelle Gewalt, mangelnde medizinische Versorgung und zu wenig Essen. Vereinzelt seien Ukrainer wegen dieser Zustände ums Leben gekommen (Zeit).
Russland will Militärausgaben drastisch erhöhen
Russland plant zur weiteren Finanzierung seines Krieges gegen die Ukraine offenbar einen drastischen Anstieg der Militärausgaben. Laut Haushaltsplan für 2025 sollen die offiziell im Bereich Verteidigung verbuchten Ausgaben um rund 30 Prozent auf 13,5 Billionen Rubel (umgerechnet rund 130 Milliarden Euro) ansteigen. Zudem sind für den Militäreinsatz in der Ukraine weitere Ausgaben im Bereich Innere Sicherheit sowie als streng geheim klassifizierte Budgetposten vorgesehen. Demnach machen die Bereiche Verteidigung und Innere Sicherheit rund 40 Prozent des gesamten für 2025 geplanten russischen Staatshaushalts im Umfang von 41,5 Billionen Rubel aus (Tagesschau).
Ukraine verärgert über Schweizer Position zu Friedensplan
Die Ukraine zeigt sich verärgert über die Schweizer Unterstützung zu einem von China und Brasilien vorgelegten Friedensplan für ein Ende des russisch-ukrainischen Kriegs. Der Plan strebt einen Waffenstillstand in der Ukraine entlang der Front an. Kiew hingegen verweist nach wie vor auf die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine (Spiegel).
September 2024
September 2024
27. September 2024
Aktuelle Lage
Erneut russische Angriffe mit Drohnen und Raketen
Das russische Militär hat die Ukraine erneut mit Drohnen und Raketen angegriffen. Laut der ukrainischen Luftwaffe wurden von 78 georteten russischen Drohnen 66 abgeschossen. Außerdem seien vier Raketen abgefangen worden. Unter anderem waren Kiew und Odessa Ziel der russischen Angriffe (Deutschlandfunk).
Russland gewinnt Gelände in Kursk zurück
Wie aus dem jüngsten Lagebericht des Institute for the Study of War (ISW) hervorgeht, haben russische Truppen weitere Gebiete in der russischen Grenzregion Kursk zurückerobert. Auch in der Region Charkiw hat Russland laut dem ISW seinen Vormarsch fortgesetzt. Im Norden der Stadt Charkiw sollen russische Truppen geringfügig vorgestoßen sein. Auch in der Region Donezk haben russische Truppen südwestlich der Regionalhauptstadt Donezk weiteres Territorium besetzt (Zeit).
Massiver ukrainischer Gegenschlag – Drohnen zerstören russischen Panzerkonvoi
Ukrainischen Streitkräften ist offenbar ein beachtlicher Gegenschlag gelungen: Bei der Abwehr eines russischen Angriffes sollen zahlreiche russische Panzer zerstört worden sein (t-online).
Ukrainischer Angriff auf Munitionsdepot – Munitionsverlust soll russische Bodenoperationen in Kursk stören
Bei einem ukrainischen Angriff auf ein russisches Munitionsdepot in Nordwestrussland sollen große Mengen Munition zerstört worden sein. Der schwere ukrainische Drohnenangriff hat nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums wohl Folgen für die russische Kriegsführung (Spiegel).
Weitere Beiträge
Trump geht Selenskyj frontal an
Auf einer Wahlkampfveranstaltung hat der republikanische Präsidentschaftskandidat Donald Trump seine Sicht auf den Ukraine-Krieg offenbart. Er wirft dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj vor, dass dieser keine Abmachung mit Moskau treffe, um den russischen Angriffskrieg in der Ukraine zu beenden. „Wir geben weiterhin Milliarden von Dollar an einen Mann, der sich weigert, einen Deal einzugehen“, sagte Trump. Es gebe „so viele Tote“, so der Ex-Präsident. „Wir haben ein Land, das ausgelöscht wurde und nicht wiederaufgebaut werden kann. Es wird Hunderte von Jahren dauern, es wieder aufzubauen“. Und Trump weiter: „Jeder Deal, selbst der schlechteste Deal, wäre besser gewesen als das, was wir jetzt haben“ (n-tv).
„Russland hat kein Interesse an Verhandlungen“
Russland-Expertin Claudia Major spricht über die Kernpunkte des „Siegesplans“ des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Russland habe überhaupt kein Interesse an Friedensverhandlungen. Putin liege derzeit nichts daran, den Krieg zu beenden, er halte weiterhin an seinen Bedingungen fest, die de facto einer Kapitulation gleichkämen und einen Diktatfrieden für die Ukraine bedeuteten (Tagesschau).
„Siegesplan“ von Selenskyj lässt Putin kalt
Russland lässt sich von den „Siegesplänen“ der Ukraine nicht beeindrucken. „Sie wissen, dass jeder Krieg auf die eine oder die andere Weise mit Frieden endet. Aber für uns gibt es absolut keine Alternative zum Erreichen unserer Ziele“, erklärte er. Sobald diese Ziele erreicht seien, werde auch die „militärische Spezialoperation“ beendet sein, machte Kremlsprecher Dimitrij Peskow deutlich. Der Verzicht auf die Südostukraine wäre nach wie vor die Bedingung für einen Frieden, so Präsident Putin. Ebenso ein formaler Verzicht auf die Krim (Tagesschau).
Wolodymyr Selenskyj hält baldigen Frieden für möglich
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat im Vorfeld seiner US-Reise weiter für seinen sogenannten Siegesplan geworben. Er möchte US Präsident Joe Biden seine strategischen Pläne vorstellen und ihn unter anderem sicherlich davon überzeugen, dass Angriffe in russischem Hinterland strategische Wirkung haben können. „Wir sind dem Kriegsende näher. Wir müssen nur sehr, sehr stark sein“, so Selenskyj. „Ich denke, dass wir dem Frieden näher sind, als wir denken“ (Zeit).
Drama für die Ukraine: Große Frontprobleme, viele Tote, wenig Hilfe
Die ukrainische Position gegen Russland verschlechtert sich. An mehreren Frontabschnitten üben die russischen Truppen massiven Druck aus und versuchen, weiter in die Tiefe vorzurücken. Wird es der Ukraine gelingen wird, ungeachtet aller Schwierigkeiten, einen operativen Durchbruch Russlands zu verhindern? Ist es wie im Ersten Weltkrieg 1916, als vor einem Ende noch Hunderttausende sterben mussten? Eine Analyse (Berliner Zeitung).
18. September 2024
Aktuelle Lage
Ukrainische Drohnenangriffe in einigen Regionen Russlands
Laut Berichten von örtlichen Gouverneuren sind mehrere Ziele im Westen Russlands getroffen. So seien etwa 14 ukrainische Angriffsdrohnen über der Region Brjansk an der Grenze zur Ukraine abgeschossen worden, so der Gouverneur der Region. Wie die Regierung in Kiew erklärte, richteten sich die Angriffe gegen Militär-, Energie- und Transportinfrastruktur, die für Moskaus Kriegsanstrengungen wichtig se (Kurier).
Stromausfälle nach russischen Drohnenangriffen in Sumy
Bei russischen Drohenangriffen auf das nordostukrainische Gebiet Sumy ist es nach örtlichen Angaben zu Stromausfällen gekommen. Betroffen sei unter anderem die Gebietshauptstadt Sumy. Trotz laufender Reparaturarbeiten sind derzeit noch über 280 000 Haushalte ohne Elektroenergie (Tagesspiegel).
Dutzende Verletzte nach russischem Luftschlag in Charkiw
Bei einem russischen Luftangriff auf die Großstadt Charkiw in der Nordukraine sind offiziellen Angaben zufolge Dutzende Zivilisten verletzt worden. Ein Wohnhochhaus sei beschädigt worden, so der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Bürgermeister Ihor Terechow sprach von 33 Verletzten, darunter seien auch mehrere Kinder (Spiegel).
Weitere Beiträge
Putin erhöht Truppenstärke des Militärs auf rund 2,4 Millionen
Zum dritten Mal seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine hat Russlands Präsident Wladimir Putin eine Vergrößerung der russischen Armee verfügt. Künftig sollen 180.000 weitere Personen die Truppe verstärken. Damit wird die Gesamtzahl bis Ende des Jahres voraussichtlich bei rund 2,4 Millionen Personen liegen, darunter 1.500.000 Soldaten (Spiegel).
13. September 2024
Aktuelles
Drei Mitarbeiter des Internationalen Roten Kreuzes bei russischem Angriff getötet
Im Osten der Ukraine in der Region Donezk hat Russland Fahrzeuge des Internationalen Roten Kreuzes beschossen. Das IKRK bestätigte den Tod von drei Mitarbeitern. IKRK-Präsidentin Mirjana Spoljaric verurteilte „die Angriffe auf das Personal des Roten Kreuzes auf das Schärfste“. Es sei „skrupellos“, wenn ein Ort zum Verteilen von Hilfsgütern beschossen werde (Spiegel).
Russland startet Gegenoffensive in Kursk
Russland hat in der westrussischen Region Kursk mit einer Gegenoffensive zur Rückeroberung von der Ukraine kontrollierter Gebiete gestartet. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, den Soldaten sei binnen zwei Tagen die Rückeroberung von zehn Ortschaften gelungen. Parallel dazu rückte die russische Armee in der Ostukraine weiter auf die strategisch wichtige Stadt Pokrowsk vor. Die Frontlinie soll mittlerweile nur noch zehn Kilometer von Pokrowsk entfernt liegen (Tagesschau).
Ukrainische „Drachendrohnen“ brennen russische Stellungen nieder
An der Front kommt mit dem Einsatz von „Drachendrohnen“ immer öfter Thermit zum Einsatz. Die Waffe, die wegen ihrer feuerspeienden Eigenschaften auch „Drachendrohne” genannt wird, wird laut Berichten von der ukrainischen Armee eingesetzt. Thermit hat eine besonders zerstörerische Kraft, so die Organisation Action on Armed Violence (AOAV), die sich gegen Waffengewalt einsetzt. Die chemische Mischung aus Aluminiumpulver und Eisenoxid erzeugt extrem hohe Temperaturen von bis zu 2200 Grad Celsius, wodurch Thermit sogar Stahl und anderes Metall durchbrennen kann. „Das macht es zu einem idealen Mittel, um Geräte, Fahrzeuge und Bunker außer Gefecht zu setzen“, so die AOAV. Das gefährliche Gemisch fällt unter die Kategorie der Brandwaffen, zu denen auch das geächtete Napalm gehört. Laut einem Bericht von Human Rights Watch (HRW) führt Thermit zu grossflächigen und extrem quälenden Verbrennungen (Tagesanzeiger).
Russland meldet massive Drohnenangriffe der Ukraine
Die Ukraine und Russland haben in der Nacht die gegenseitigen Drohnenangriffe fortgesetzt. Die russische Flugabwehr meldete massive Attacken. So soll die Ukraine russisches Gebiet mit mehr als 140 Drohnen angegriffen haben. Auf drei Moskauer Flughäfen wurde der Betrieb kurzzeitig gestoppt. In der Region Moskau in Ramenskoje seien mindestens zwei Hochhäuser getroffen worden. In mehreren Wohnungen sind nach russischen Angaben Brände ausgebrochen (Tagesschau).
Russische Drohnen überfliegen Lettland und Rumänien
Die NATO-Staaten Lettland und Rumänien melden russische Drohnen in ihrem Luftraum. In Lettland ist eine mutmaßlich russische Drohne über Belarus in den lettischen Luftraum geflogen und in der Stadt Rezekne abgestürzt. Lettland ist dabei, zu untersuchen, wie das Flugobjekt ungehindert Belarus durchqueren konnte. Eine weitere russische Drohne soll in der Nacht auch rumänisches Territorium überfolgen haben, bevor sie erneut in den ukrainischen Luftraum eindrang, teilte das rumänische Verteidigungsministerium mit. Rumänien spricht von wiederholten „illegalen Angriffen” durch Moskau (n-tv).
Weitere Beiträge
Putin wiederholt altbekannte Drohungen gegen die NATO
Immer, wenn im Westen über Waffenlieferungen oder andere Unterstützung für die Ukraine debattiert wird, schlägt Moskau schärfere Töne an, um Angst zu verbreiten und die Hilfe zu verhindern, so viele Beobachter. Da die USA und manche andere Länder des Westens erwägen, die bis dato geltenden Beschränkungen für den Einsatz weitreichender gegen Ziele in Russland aufzuheben, droht Putin nun erneut mit Konsequenzen. Sollte Kiew grünes Licht für einen solchen Einsatz erhalten, werde Russland „unter Berücksichtigung der veränderten Art des Konflikts die entsprechenden Entscheidungen auf der Grundlage der Bedrohungen treffen, mit denen wir konfrontiert sein werden“, so Putin (n-tv).
Großbritannien erlaubt wohl Langstreckenattacken auf Russland
Laut Quellen des britischen „Guardian” hat Großbritannien die Entscheidung getroffen, der Ukraine den Einsatz von Storm-Shadow-Marschflugkörpern auf Ziele Hunderte Kilometer im Landesinnern Russlands zu gestatten. Zuletzt hatten sich die Hinweise verdichtet, dass die USA der Ukraine ebenfalls Angriffe auf russisches Gebiet mit ATACMS-Raketen mit hoher Reichweite erlauben könnten. Dies wäre ein entscheidender Durchbruch für die Ukraine (n-tv)
Waffeneinsatz gegen Russland: USA „arbeiten“ an Freigabe von Langstreckenwaffen
Nach Angaben von Präsident Joe Biden „arbeitet“ die US-Regierung an einer Freigabe der von den USA an die Ukraine gelieferten Langstreckenwaffen auch für Angriffe auf russisches Gebiet. Seit Längerem drängt die Ukraine darauf, vom Westen gelieferte Waffen auch gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet richten zu können. Die USA sind der wichtigste Unterstützer der Ukraine im Krieg gegen Russland (ORF).
„Ukraine nähert sich Stunde der Wahrheit“
Deutschland komme seiner Verantwortung nicht nach, sagt der Leiter der Denkfabrik „Zentrum Liberale Moderne“. Die Ukraine nähere sich der Stunde der Wahrheit, und das gelte auch für den Westen. So wie es jetzt aussehe, könne die Ukraine diesen Krieg nicht unendlich fortsetzen. Und auf Seiten des Westens sei völlig unklar, was eigentlich das Ziel sei. Setzen wir darauf, dass Putin in der Ukraine eine Niederlage erleiden muss mit diesem Aggressionskrieg, oder setzen wir auf irgendeine Art von Verhandlungsfrieden? Es fehle sowohl an einem Sinn für Dringlichkeit angesichts der humanitären Katastrophe in der Ukraine und der kritischen militärischen Situation, als auch dafür, was für Europa auf dem Spiel stehe. Es gehe ja nicht nur um die Zukunft der Ukraine (ZDF).
Ramstein-Treffen der Verteidigungsminister – Scholz gegen Aufhebung der Einsatzbeschränkungen für westliche Waffen
Erneut beriet sich die NATO in Rheinland-Pfalz mit den rund 50 Vertretern der Ramstein-Kontaktgruppe zur Verteidigung der Ukraine. Überraschend nahm Selenskyj zum ersten Mal an einem Ramstein-Treffen teil. Der ukrainische Präsident hat einige Forderungen an seine Verbündeten mit nach Deutschland gebracht. Er betonte abermals die Wichtigkeit von westlichen Waffen und moderner Flugabwehr im Abwehrkampf gegen Russland. Erneut bat er um zusätzliche weitreichende Raketen, um damit auch Ziele auf russischem Territorium angreifen zu können. Immer wieder hatte Selenskyj in den vergangenen Wochen darum gebeten, die Einsatzbeschränkungen für westliche Waffen aufzuheben. Der Bitte Selenskyjs, die Beschränkungen freizugeben, ist Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius, was die deutschen Waffen anbelangt, nicht nachgekommen. Aber er sagte der Ukraine zwölf weitere Panzerhaubitzen zu. Die Niederlande hingegen ist bereit, Selenskyj den Wunsch zu erfüllen: „Wir erlauben der Ukraine, unsere Waffen im Einklang mit dem internationalen Recht gegen militärische Ziele auf russischem Boden einzusetzen“, so der niederländische Verteidigungsminister Ruben Brekelmans (FAZ).
Der mühsame Aufstieg zum Friedensgipfel
Noch ist unklar, ob Russland am zweiten „Gipfel über den Frieden“ teilnehmen wird. Die ukrainische Delegation hatte sich nach dem letzten Friedensgipfel in der Schweiz dafür ausgesprochen, eine zweite Runde abzuhalten und dazu auch Vertreter Russlands einzuladen. Ob Russland zusagt, dürfte auch davon abhängen, wo der zweite Gipfel stattfindet: Im Gespräch ist Indien. Dass Russlands Staatschef Putin persönlich teilnehmen wird, ist wenig realistisch. Ein Hoffnung gebendes Zeichen wäre, wenn zumindest ein Vertreter Russlands dem nächsten Gipfel beiwohnen würde (ZDF).
6. September 2024
Aktuelles
Tote und Verletzte durch Angriff auf Lwiw
Die russischen Streitkräfte setzen ihre massiven Angriffe mit Raketen und Drohnen auf die Ukraine fort. In der Stadt Lwiw kamen bei einem erneuten Angriff ukrainischen Angaben zufolge mindestens sieben Menschen ums Leben. Zu den Todesopfern sollen auch drei Kinder und eine Hebamme zählen. Mehr als dreißig Verletzte befänden sich nach den Angriffen in medizinischer Behandlung. Etwa fünfzig Gebäude seien durch die Attacken beschädigt worden, darunter mehrere Wohnhäuser und Kliniken (Tagesschau).
Russischer Angriff auf Poltawa – Viele Tote und Verletzte
Bei einem russischen Raketenangriff auf die zentralukrainische Stadt Poltawa sind offenbar Dutzende ukrainische Soldaten getötet worden. Die Zahl der Todesopfer infolge des Angriffs ist mittlerweile laut ukrainischen Angaben auf 51 gestiegen. 271 Menschen seien zudem verletzt worden. Es sei der schwerste einzelne Angriff Russlands auf ukrainische Ziele in diesem Jahr gewesen (Spiegel).
Ukraine greift Ziele in Moskau mit Drohnen an
Die Ukraine hat mit einem massiven Drohnenangriff Moskau und das Umland ins Visier genommen. Nach russischen Angaben verursachte ein Treffer im Südosten der Stadt einen Brand in der großen Raffinerie Kapotnja, die sich in 16 Kilometer Entfernung vom Kreml befindet. Auch ein weiteres Kraftwerk etwa 100 Kilometer entfernt im Gebiet Twer soll getroffen worden sein. Auch dort soll es laut russischen Internetmedien in den Anlagen brennen. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, insgesamt seien nachts 158 ukrainische Drohnen über 15 verschiedenen russischen Regionen abgefangen worden (ZDF).
Wetere Beiträge
Ukraine-Kontaktgruppe berät in Ramstein über weitere Ukraine-Hilfen
Die Ukraine braucht dringend weitere Militärhilfe. Bei einem Treffen im Rahmen der Ukraine-Kontakt-Gruppe beraten die Partner Kiews erneut, wie sie gegen die russische Invasion helfen können. Verteidigungsminister und Militärs aus aller Welt treffen sich heute auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz. Berichten zufolge soll auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zu den Gesprächen hinzustoßen (Welt).
Donbass-Front um Pokrowsk: Wie groß ist der Druck auf die Ukraine?
An der Frontlinie im Donbass im Osten der Ukraine nimmt der Druck immer weiter zu. Besonders Pokrowsk steht im Fokus der russischen Offensive. Warum ist Pokrowsk so wichtig für Russland? Wie lange hält die Donbass-Front noch? Welche Folgen hätte ein zentraler Durchbruch bei Pokrowsk? Oberst Reisner vom österreichischen Bundesheer analysiert die Lage (ZDF).
Brand am AKW Saporischschja – Kühlturm muss vermutlich abgerissen werden
Nach einem Brand am russisch besetzten Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine muss der beschädigte Kühlturm laut der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) wohl abgerissen werden. Bei einem Brand im August war er beschädigt worden. Russland und die Ukraine hatten sich gegenseitig dafür verantwortlich gemacht. Der Schaden am Kühlturm beeinträchtige die Sicherheit der sechs stillliegenden Reaktoren des AKW jedoch nicht, so die IAEA. Das größte Atomkraftwerk Europas steht seit Beginn der russischen Invasion unter russischer Kontrolle. Derzeit ist es heruntergefahren, benötigt aber externe Stromversorgung zur Kühlung des Atommaterials (ZDF).
„Wäre mit hohen Verlusten verbunden“: Putin stellt Kursk hinten an
Wochen nach dem Grenzübertritt hält sich die ukrainische Armee noch immer in der russischen Oblast Kursk. Nach Meinung des Militärexperten Nico Lange scheint ein erzwungenes Ende dieser Operation nicht in Sicht. Anscheinend habe Russland derzeit „gar kein Interesse“, das Gebiet zurückzuerobern. Lange vermutet dahinter eine strategische Entscheidung: Russland greife weiter an vielen Frontabschnitten in der Ukraine an und stelle eine Rückeroberung von Kursk zunächst hinten an: „Ich habe ein bisschen den Eindruck, Russland will erst in der Ukraine noch so weit wie möglich vordringen und sich erst danach mit Kursk beschäftigen“ (Frankfurter Rundschau).
Neue Waffe im Ukraine-Krieg – Neue Raketendrohne zielt auf Putins „Bogenschützen“
Eine neue ukrainische Waffe sorgt für Aufsehen: Die Palianytsia, eine weitreichende Raketendrohne, deren erster erfolgreicher Kampfeinsatz von Präsident Selenskyj kürzlich verkündet wurde. Laut Forbes ist die Palianytsia dazu konzipiert, russische Kampfflugzeuge, die auf ihren Militärbasen geparkt sind, zu neutralisieren, bevor sie zu Angriffen starten können. Erste Berichte deuten darauf hin, dass bei dem Angriff auf die Marinovka Luftwaffenbasis im August mehrere russische Bomber zerstört oder beschädigt worden sein sollen. Mindestens 20 russische Flugplätze dürften hierbei in dem für die Ukraine erreichbaren Radius liegen (Merkur)
„Wir müssen den Krieg nach Hause bringen“
Die ständigen russischen Angriffe gegen ukrainische Städte – und dort vor allem gegen zivile Ziele – veranlassen die Ukraine zu heftigen Gegenangriffen. „Wir müssen den Krieg nach Hause bringen, dorthin, von wo er in die Ukraine gebracht wird“, so Selenskyj . Dies gelinge nun mit dem Einsatz von Kampfdrohnen und mit dem neuen ukrainischen Raketenprogramm. „Mit unseren Drohnen und Raketen sind wir in der Lage, einen Teil der Aufgaben zu erfüllen“, so der ukrainische Präsident. Dennoch benötige die Ukraine vom Westen die Erlaubnis, auch schwere Waffen gegen Ziele auf russischem Staatsgebiet einzusetzen, wiederholte er eine altbekannte Forderung (Tagesspiegel).
August 2024
August 2024
30. August 2024
Aktuelles
Ukrainischer F-16-Kampfjet abgestürzt
Einer der kürzlich erst in den Dienst der Ukraine gestellten F-16-Kampfjets ist ukrainischen Angaben zufolge abgestürzt. Der Pilot sei ums Leben gekommen, teilte der ukrainische Generalstab mit. Zu dem Absturz sei es ukrainischen Angaben zufolge während der Abwehr des russischen Großangriffs gekommen (Welt).
Kiew meldet AKW-Abschaltungen während russischer Angriffe
Aufgrund der jüngsten massiven russischen Luftangriffe hat die Ukraine vier Atomreaktoren zeitweise abgeschaltet. IAEA-Direktor Grossi ist besorgt wegen der wachsenden Anfälligkeit der ukrainischen Energie-Infrastruktur. Dies könne Auswirkungen auf die Sicherheit der aktiven Atomkraftwerke im Land haben (Deutschlandfunk).
Selenskyj verkündet neue Gebietsgewinne im russischen Kursk
Bei ihren Einmarsch in Russland haben die ukrainischen Streitkräfte weitere Gebiet unter ihre Kontrolle gebracht, so Präsident Selenskyj. Es gehe um Flächen an der Grenze zur Ukraine (Deutschlandfunk).
Luftangriffe in der Ukraine – Verlieren die USA die Geduld mit Putin?
Es ist ein wahrer Raketen- und Drohnenhagel, der aktuell über die Ukraine hereinbricht. In der zweiten Nacht in Folge hat Russland das Land in einer massiven Angriffswelle aus der Luft beschossen und unter anderem auch Wohnhäuser und ein Hotel getroffen. Die Angriffe sind nächtlicher Psychoterror für die ukrainische Zivilbevölkerung, deren Städte teilweise weit entfernt von der Front sind. Russland verfolgt damit wiederholt die Strategie, die Infrastruktur der Ukraine auf den Herbst und Winter hin zu zerstören, damit die Bevölkerung in der kälteren Jahreszeit friert und im Dunkeln ausharren muss. Das soll die Widerstandsfähigkeit der Ukrainer schwächen und sie zermürben. Experten sehen das auch als Racheaktion für die ukrainische Offensive in Kursk. Doch die Art und Weise, mit der Putin seinen Angriffskrieg führt, befeuert weiter die Empörung im Westen. Putins Verbrechen liefern dem Westen damit gute Argumente, mehr in Luftabwehrsysteme für die Ukraine zu investieren und womöglich auch weitere F-16-Kampfjets zu liefern (t-online).
Russland startet massiven Luftangriff auf Ukraine
Russland hat begonnen, die Ukraine in mehreren Teilen des Landes massiv mit Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen aus der Luft anzugreifen. Beobachter sprechen von einem der schwersten Luftangriffe in zweieinhalb Jahren Krieg. Betroffen sind nach ukrainischen Angaben mehr als die Hälfte der ukrainischen Oblasten. 15 Regionen stünden unter Beschuss (Welt).
Angriff auf Ostukraine – Russischer Beschuss von Kramatorsk traf westliche Journalisten
Mehrere westliche Journalisten sind offiziellen Angaben zufolge bei einem nächtlichen russischen Beschuss auf ein Hotel in der ostukrainischen Stadt Kramatorsk verletzt worden. Offenbar ist unter den Verletzten auch ein Deutscher (Spiegel).
Weitere Beiträge
Nach heftigen russischen Angriffen – Ukraine arbeitet an Entwicklung eigener Waffensysteme
Die Ukraine hat den größten Bomben- und Raketenangriff der russischen Armee seit Kriegsbeginn. Und offenbar setzt Russland die schweren Angriffe fort. Die Ukraine lotet nun neue Wege aus, um sich abseits der Waffenhilfe aus dem Westen gegen die Attacken aus Russland zu wehren (n-tv).
Was genau plant die Ukraine in Kursk?
Mutmaßlich tausende ukrainische Soldaten halten sich seit fast drei Wochen in Russland auf. In der Region Kursk wurden die Kremltruppen am 6. August überrascht und befinden sich seitdem in der Defensive. Was hat die Ukraine vor? Kiew wolle eine „Pufferzone" auf dem Gebiet des Gegners schaffen, so der ukrainische Präsident. Soll heißen: Die ukrainischen Truppen sind in die russische Grenzregion einmarschiert, um die von dort aus startendenden russischen Angriffe auf den Norden der Ukraine zu unterbinden und auf dem eigenen Staatsgebiet wieder in eine bessere Lage zu kommen (n-tv).
Ablenkungsmanöver oder Angriff aus Belarus?
Kiew warnt vor größeren Truppenbewegungen hinter der Grenze zu Belarus. Plant das Land einen Angriff auf die Ukraine oder handelt es sich nur um ein Ablenkungsmanöver? Was passiert aktuell an der belarussischen Grenze? Welche Rolle spielt Belarus in Russlands Krieg? Was würde ein Angriff aus Belarus für die Ukraine bedeuten? (ZDF).
Kiew meldet Verstärkung von Truppen im Nachbarland Belarus
Wie das ukrainische Außenministerium berichtet, hat Belarus hat in der Grenzregion zur Ukraine Truppen zusammengezogen. Ukrainische Geheimdienste hätten beobachtet, dass Belarus „unter dem Deckmantel von Übungen eine erhebliche Zahl von Kräften in der Region Gomel in der Nähe der ukrainischen Grenze zusammengezogen hat“. Das Außenministerium forderte Belarus auf, ihre Truppen von der Grenze abzuziehen und einen Abstand zur ukrainischen Grenze einzunehmen, der größer sei als die Reichweite der belarussischen Raketensysteme (Spiegel).
14. August 2024
Ukrainische Offensive auf Kursk
Offensive in Region Kursk: Selenskyj spricht von 74 russischen Ortschaften unter ukrainischer Kontrolle
Laut Ukraines Präsident Selenskyj dauert der Vormarsch ukrainischer Truppen in der Region um Kursk weiter an. In den von der Ukraine kontrollierten Gebieten liefen nun Kontrollen und Stabilisierungsmaßnahmen. „Es werden humanitäre Lösungen für diese Gebiete entwickelt”, sagte Selenskyj. Russland ist dabei, Truppen aus Kaliningrad nach Kursk zu verlegen (Spiegel).
Vorstoß auf russischen Boden: Ukraine gibt Motive bekannt
Was steckt hinter der ukrainischen Offensive bei Kursk? Ziel des Angriffs auf Kursk sei es, "die Stellungen des Feindes auseinanderzuziehen, ihm maximale Verluste zuzufügen und die Lage in Russland zu destabilisieren",so ein ukrainischer Sicherheitsverantwortlicher (t-online).
Gefahren für die Ukraine in Kursk: Könnte das „militärische Ende der Ukraine einleiten“
Auch wenn der Vorstoß in russisches Staatsgebiet Putin zunächst zu überraschen vermochte, mahnt der ECFR-Militärexperte Gustav Gressel gegenüber Spiegel Online auch vor Gefahrenpotenzialen, die von der Kursk-Offensive für die Ukraine ausgehen. Auf Dauer dürfte es den ukrainischen Streitkräften Gressel zufolge schwerfallen, Stellungen in Kursk zu halten. Denn mit jedem weiteren Vorrücken müsse immer mehr Personal nachrücken und Material nachgeliefert werden. Das Kursk-Manöver könnte das militärische Ende der Ukraine einleiten“, gibt Gressel zu bedenken (Merkur).
Weitere Beiträge
Ukrainischer Angriff auf Kursk: Was bezweckt die Ukraine mit dem Vorstoß?
In der Ukraine löst der Angriff auf die russische Region Kursk Genugtuung aus. Experten sind allerdings skeptisch, ob das Risiko sich auszahlt und die Ukraine Russland tatsächlich unter Druck setzen kann Tagesschau).
Angriffe auf Kursk: Was bedeutet das für Moskau und Kiew?
Die Ukraine hat die russische Region Kursk angegriffen. Tausende flohen, der Ausnahmezustand wurde verhängt. Was heißt das für den Ukraine-Krieg? Und wie reagiert Russland? (ZDF).
„Der Vorstoß in Kursk ist völkerrechtlich legitim und militärstrategisch sinnvoll”
Ukrainische Truppen sollen vor Kursk mehrere Kilometer auf russisches Gebiet vorgedrungen sein. Einige deutsche Politiker rechtfertigen den Angriff. Er sei völkerrechtlich legitim und militärstrategisch sinnvoll und stelle keine Eskalation dar, sondern sei im Sinne des Selbstverteidigungsrechts der Ukraine. Bei anderen lösen solche Angriffe alte Sorgen aus. Ein ukrainischer Vorstoß auf russisches Gebiet – für manche deutschen Politiker stellt dies genau das dar, was sie seit dem Überfall Russlands im Februar 2022 befürchten: eine Eskalation des Krieges (Spiegel).
8. August 2024
Aktuelle Lage
„Massive Drohnenattacke“ auf Russland
Nach den jüngsten Angriffen auf die russische Region Kursk hat die Ukraine nun mit einer massiven Drohnenattacke die rund 280 Kilometer von der Grenze entfernte Region Lipezk im Südwesten Russlands ins Visier genommen. Um die Stadt Lipezk sei zur Beseitigung der Folgen der Explosionen der Notstand erklärt worden Unterdessen hat sich der ukrainische Präsident erstmals indirekt zu den jüngsten ukrainischen Offensiven geäußert. „Russland hat den Krieg in unser Land gebracht und soll spüren, was es getan hat“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft (Berliner Morgenpost).
Russland verhängt Ausnahmezustand im Gebiet Kursk
Nachdem ukrainische Truppen ins russische Gebiet Kursk vorgestoßen sind, wurde in der Region der Ausnahmezustand verhängt Laut Angaben des russischen Gesundheitsministeriums wurden durch ukrainischen Beschuss im Kursker Gebiet über 30 Menschen verletzt. Parallel dazu verstärkte Russland den Schutz für das sich in der Region befindliche Atomkraftwerk, Einwohner wurden evakuiert. (Spiegel).
„Die Situation ist beängstigend“ – russische Truppen rücken im Osten vor
Den russischen Truppen könnte es gelingen, die strategisch wichtige Stadt Pokrowsk in der östlichen Region Donezk zu erreichen. Aktuell befinden sie sich in nur 17 Kilometer Entfernung. Die Stadt ist ein logistisches Drehkreuz für die ukrainische Armee und zivile Hilfsorganisationen. Aan mehreren Stellen soll die russische Armee auch einen Kanal überschritten haben, der den ukrainischen Soldaten als natürliche Verteidigungslinie dient. In einigen Gebieten wurde die Evakuierung von Kindern und Eltern angeordnet (Deutschlandfunk).
Ukraine feiert Ankunft der ersten F-16-Kampfjets
Nach Monaten des Wartens sind die ersten F-16-Kampfjets in der Ukraine eingetroffen. Die Ukraine hat die Hoffnung, sich mit Hilfe dieser Kampfflugzeuge vom amerikanischen Typ F-16 besser gegen die russischen Angriffe verteidigen zu können. Selenskyj machte keine Angaben dazu, Wie viele Kampfflugzeuge inzwischen in der Ukraine eingetroffen sind, wurde nicht bekanntgegegeben. „Bislang reichen die Anzahl der in der Ukraine vorhandenen F-16 und die Anzahl der bereits ausgebildeten Piloten noch nicht aus“, so Selenskyj lediglich. Westliche Medien hatten zuletzt berichtet, dass zwischen sechs und zehn Maschinen an Kiew übergeben worden seien Handelsblatt).
Ukraine will russisches U-Boot versenkt haben
Wie der ukrainische Generalstab bekannt gab, gelang es angeblich, das russische Jagd-U-Boot Rostov-na-Donu im Hafen von Sewastopol auf der Krim zu versenken. Die russische Seite äußerte sich bislang nicht dazu, sollte das U-Boot tatsächlich getroffen worden sein, wäre dies ein weiterer Verlust für die ohnehin schwer in Mitleidenschaft gezogene Schwarzmeerflotte (Frankfurter Rundschau).
Weitere Beiträge
Putin unter Druck: Ukraine-Krieg fordert hohe Verluste
Nach den Vorstößen der Ukraine auf russischem Boden äußerte sich Russlands Präsident Putin zu diesen Angriffen und bezeichnete das Vorgehen der ukrainischen Streitkräfte als „groß angelegte Provokation“. Zudem ist mittlerweile die Zahl getöteter russischer Soldaten im Ukraine-Krieg stark angestiegen. Laut einer Analyse der unabhängigen russischen Nachrichtenagentur Mediazona in Zusammenarbeit mit der russischen Zweigstelle der BBC, die das US-Nachrichtenportal Newsweek zitiert, sind seit Anfang August mehr als 60.000 russische Soldaten im Ukraine-Krieg gefallen (Frankfurter Rundschau).
2. August 2024
Aktuelle Lage
„Einer der größten“ Angriffe auf Kiew
Das russische Militär hat erneut Ziele in der ukrainischen Hauptstadt Kiew und in anderen Teilen des Landes mit Dutzenden Kampfdrohnen angegriffen.
Den ukrainischen Luftstreitkräften zufolge wurden insgesamt 89 Kampfdrohnen eingesetzt, die durch die Flugabwehr jedoch alle abgeschossen werden konnten.
Die Militärverwaltung von Kiew bezeichnete den Angriff als einen der größten auf die Ukraine während des gesamten Krieges (ORF).
Russische Übermacht im Donbass
Russischen Truppen ist offenbar in der Region Donbass ein weiterer Durchbruch gelungen. Bei Tschassiw Jar sollen russische Pioniere nach Angaben den Siwerskyj-Donez-Donbass-Kanal überwunden und die am westlichen Kanalufer befindlichen Verteidigungsstellungen überrannt haben. Der aktuelle Durchbruch ist bedeutend, weil sich russische Truppen demnach jetzt innerhalb der Stadt Tschassiw Jar befinden, ein Häuserkampf um die Stadt hat begonnen (Telepolis).
Russische Treibstofftanks gehen in Flammen auf
Bei einem erneuten ukrainischen Drohnenangriff auf das russische Gebiet Kursk ist ein Öllager in Brand geraten. Drei Treibstofftanks seien in Flammen aufgegangen, so die örtlichen Behörden. Gerade in der Grenzregion zwischen Russland und der Ukraine kommt es häufig zu ukrainischen Drohnenangriffen auf russische Öldepots, Raffinerien oder Energieanlagen (n-tv).
Weitere Beiträge
„Dass Putin diese Dummheit begehen würde”
Der Westen hofft auf eine russische Niederlage – und fürchtet sie zugleich, so der Historiker Jörg Baberowski. Die Staaten des Westens befänden sich in der Zwickmühle: Eigentlich soll das aggressive Russland den Krieg gegen die Ukraine verlieren, andererseits fürchten westliche Regierungen angesichts der nicht absehbaren Folgen einen möglichen Kollaps des Kremlregimes. Es sei allerdings ohnehin unwahrscheinlich, dass Russland den Krieg verliere, so Baberowski und warnt im Interview davor, Wladimir Putin und Russland zu unterschätzen (t-online).
Putin verdoppelt Sonderprämie für Einsatz an der Front
Die Zwangsrekrutierung von Reservisten für den Einsatz an der Front löste in Russland Proteste und eine Fluchtwelle ins Ausland aus. Seither versucht Präsident Putin, Kämpfer durch hohe Geldbeträge in der Ukraine zu locken und bietet Einmalzahlung bei Vertragsabschluss an. Diese hat er nun noch einmal auf 400.000 Rubel (rund 4200 Euro) verdoppelt. Gemäß einem Dekret erhält demnach jeder, der für einen Einsatz an der Front zwischen dem 1. August und dem 31. Dezember einen Vertrag unterschreibt, diese hohe Einmalzahlung (n-tv).
Selenskyj spricht über Gebietsabtretungen
Wolodymyr Selenskyj will im Zuge einer möglichen Friedenslösung mit Russland nicht auf Gebiete verzichten, die laut Verfassung zur Ukraine gehören. Solchen Gebietsabtretungen an Russland müsse ohnehin die Bevölkerung zustimmen. „Die Machthaber haben offiziell nicht das Recht, auf ihre Gebiete zu verzichten. Dazu muss das ukrainische Volk dies wünschen", sagte Selenskyj. Artikel 73 der ukrainischen Verfassung lässt Gebietsveränderungen nur nach einem landesweiten Referendum zu. Im Verfassungsartikel 133 sind zudem alle Gebiete einschließlich der von Russland beanspruchten Halbinsel Krim sowie die Regionen Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja aufgezählt. Für Verfassungsänderungen wäre eine Zweidrittelmehrheit im Parlament notwendig. Außerdem sei zu bedenken, dass Russlands Präsident Putin Gebietsabtretungen seitens der Ukraine als Sieg sehen würde (ZDF).
Selenskyj: Kein Waffenstillstand bei weiterer Besetzung
Erneut hat Ukraines Präsident Selenskyj Forderungen nach einem Waffenstillstand eine Absage erteilt. Solange Russland ukrainisches Territorium besetzt halte, sei ein Waffenstillstand unmöglich, sagte Selenskyj. Für den Weg zu einem gerechten Frieden seien drei Voraussetzungen nötig: Geduld, Unterstützung für die Ukraine und diplomatischer Druck auf Moskau. Die USA und die europäischen Staaten müssten geschlossen reagieren, betonte Selenskyj (Deutschlandfunk).
Juli 2024
Juli 2024
27. Juli 2024
Aktuelle Lage
Brigaden ohne Waffen und eine ausgedünnte Front
Der Ukraine droht an zwei Frontabschnitten in der Region Donezk ein Kontrollverlust. Nach einem zwischenzeitlich verlangsamten Vormarschtempo Russlands hat sich die Lage an wichtigen Frontabschnitten in der Region in den vergangenen Tagen deutlich verschärft. Nahe der Stadt Pokrowsk konnten russische Einheiten mit einem Vorstoß in westlicher Richtung die Siedlung Prohres besetzen und ukrainische Stellungen nördlich des Dorfs zwischenzeitlich offenbar nahezu komplett einkreisen. Mehrere ukrainische Bataillone sollen beinahe umzingelt worden sein (Zeit).
Militärexperte: „Momentum bei den Russen“
Russland rückt im Osten der Ukraine weiter vor, die ukrainischen Streitkräfte stehen unter Druck. Militärexperte Oberst Markus Reisner von der Militärakademie in Wien ordnet die aktuelle Lage an der Front ein (ZDF).
Angriff auf Munitionsdepot auf der Krim
Auf der Krim hat es mehrere Explosionen gegeben. Dabei ist der Militärflugplatz Saky in der westlichen Stadt Nowofedoriwk in Brand geraten. Das Feuer soll durch einen Angriff auf ein Munitionsdepot auf dem Flugplatz ausgelöst worden sein (Frankfurter Rundschau).
Russische Fähre für Militärtransporte offenbar schwer beschädigt
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben bei einem Angriff auf den russischen Hafen Kawkas in der Oblast Krasnodar eine für militärische Zwecke genutzte Fähre erheblich beschädigt, wie der ukrainische Generalstab mitteilt. Es handle sich um die letzte Eisenbahnfähre Russlands in der Region. Russland nutze diese Fähre „zum Transport von Eisenbahnwaggons, Fahrzeugen und Containern für militärische Zwecke“. Sie kommt zum Einsatz, wenn die Brücke auf der Krim gerade nicht für den Transport genutzt werden kann (Stern).
Russland zieht alle Schiffe aus Asowschen Meer ab
Nach Angaben der ukrainischen Streitkräfte hat die russische Marine alle Schiffe aus dem Asowschen Meer abgezogen. Der Rückzug sei auf die erfolgreichen Angriffe auf russische Ziele auf der annektierten Krim und im Schwarzen Meer zurückzuführen, so die ukrainische Marine. Die Angriffe hätten Russland gezwungen, seine Schiffe an andere Orte zu verlegen, heißt es (ORF).
Russland meldet ukrainische Drohnenangriffe auf die Krim
Nach russischen Angaben hat die Ukraine erneut die Halbinsel Krim mit Drohnen angegriffen. Die Luftwaffe habe über 15 der Flugkörper über dem Meer vor der Hafenstadt Sewastopol abgefangen und zerstört, meldet Russland. Fragmente von Drohnen seien in ein Wohngebiet gestürzt, dabei sei ein Lastwagen getroffen worden (Deutschlandfunk).
Russland rückt vor
Russischen Einheiten ist es offenbar gelungen, in drei ukrainischen Regionen vorzurücken. Das russische Verteidigungsministerium meldete In der ostukrainischen Region Donezk die fast vollständige Einnahme der Kleinstadt Krasnohoriwka westlich der annektierten Gebietshauptstadt Donezk. Die Einnahme der Region Donezk ist eines der wichtigsten strategischen Kriegsziele Russlands. Auch weiter nördlich in den Regionen Luhansk und Charkiw vermeldet das Verteidigungsministerium die Einnahme weiterer Ortschaften. Sowohl das Dorf Rosiwka in Luhansk als auch das Dorf Pischtschane Nischne in Charkiw seien „befreit“ worden (Tagesschau).
Russland: 75 ukrainische Drohnen abgeschossen
Die russische Luftabwehr hat nach Angaben des Verteidigungsministeriums 75 ukrainische Drohnen abgeschossen. Acht davon seien in der Nähe der Stadt Tuapse am Schwarzen Meer abgefangen worden. Dabei wurde die von dem Ölkonzern Rosneft betriebene Raffinerie beschädigt, ein Feuer sei ausgebrochen. Weiterhin wurden laut dem Ministerium über der Region Rostow im Südwesten Russlands Drohnen abgeschossen. Weitere seien über dem Schwarzen und Asowschen Meer, über der Region Krasnodar sowie in den Regionen Belgorod, Woronesch und Smolensk unschädlich gemacht worden (Deutschlandfunk).
Weitere Beiträge
Russland will Kriegsflotte verstärken
Vor dem Hintergrund der Spannungen mit dem Westen will Russland will seine Kriegsflotte verstärken. Da die USA und andere NATO-Staaten ihre militärische Flottenpräsenz in den Weltmeeren ausgebaut hätten, müsse Russland nun seinerseits seine Flotte ausbauen und modernisieren, sagte Putins Berater Patruschew. Unter dem Vorwand des Kampfes gegen die Piraterie würden Handelswege blockiert sowie Güter- und Passagierschiffe unabhängiger Nationen aufgehalten, durchsucht und teilweise beschlagnahmt, und dies auch in an Russland angrenzenden Gewässern (Deutschlandfunk).
Trump vs. Harris: Was ihre Wahl für die Ukraine bedeuten würde
In der Ukraine schaut man angespannt auf kommende US-Wahl. Auch außerhalb Amerikas treibt die Wahl viele Staaten um. Was die Unterstützung der Ukraine anbelangt, bietet eine demokratischer Präsidentin die größte Aussicht auf Kontinuität, allen voran – nach dem Rücktritt Joe Bidens als Präsidentschaftskandidat – liegen die Hoffnungen der Ukraine nun auf der Vizepräsidentin Kamala Harris. Im Programm der republikanischen Partei hingegen kommt das Wort Ukraine nicht einmal vor. Kiew feilt an Strategien, um Trump für sich einzunehmen (Berliner Morgenpost).
Wird der Weg für Verhandlungen mit Russland frei?
Nach zweieinhalb Jahren Krieg deutet sich womöglich ein Weg zu einer Verhandlungslösung an. Vor dem Hintergrund der zunehmend schlechter werdenden militärischen Lage der Ukraine könnte Präsident Selenskyj gezwungen sein, sich früher oder später auf ein Referendum einzulassen und die Frage nach Friedensgesprächen und den Bedingungen dafür der Bevölkerung überlassen. In einer Umfrage von Ende Juni sprachen sich 44 Prozent dafür aus, Friedensgespräche mit Russland aufzunehmen, 35 Prozent waren dagegen. Was Gebietsabtretungen anbelangt, wären allerdings nur knapp zehn Prozent mit der Festschreibung der aktuellen Frontlinie einverstanden, ein Viertel könnte sich mit einer Rückkehr zur Situation vor dem Überfall abfinden. Und die Hälfte der Ukrainer hält eine Rückkehr zu den Grenzen von 1991, also inklusive Donbas und Krim, für unabdingbar (Stern).
Vitali Klitschko: Ukraine braucht Referendum für Frieden mit Russland
In einem Interview spricht der Bürgermeister von Kiew über mögliche Friedensgespräche mit Russland. Ukraines Präsident Selenskyj könnte auf ein Referendum über den Friedensschluss mit Russland zurückgreifen müssen, so Klitschko: „Ich glaube nicht, dass er ohne die Legitimation des Volkes allein so schmerzhafte und wichtige Vereinbarungen treffen kann.“ Die Entscheidung solle bei den Ukrainern liegen (Berliner Zeitung).
19. Juli 2024
Aktuelle Lage
Luftalarm und Explosionen in Kiew
In Kiew ist erneut Luftalarm ausgelöst worden. Über der Stadt waren laute Explosionen zu hören. Im zentralen Stadtviertel Darnyzky seien Trümmerteile herabgefallen, Schäden seien aktuell keine gemeldet worden. Die ukrainische Luftwaffe hatte Drohnenangriffe aus dem Osten gemeldet (Berliner Zeitung).
Russische Angriffe an ukrainischer Ostfront
Der ukrainische Generalstab berichtet von heftigen russischen Angriffen im Osten des Landes. Allein bei der Kleinstadt Torezk habe es 29 Sturmangriffe gegeben, besonders umkämpft sei dort ein Dorf namens Nju-Jork. Russland habe auch von Flugzeugen abgeworfene Gleitbomben eingesetzt (Tagesspiegel).
Explosionen in Odessa – offenbar Luftangriff
Russland hat erneut einen Luftangriff auf die Hafenstadt Odessa gestartet. In den Medien ist von heftigen Explosionen in der Nähe von Odessa am Schwarzen Meer die Rede. Die Militärverwaltung rief die Bewohner der Stadt und der Region auf, in Schutzräumen zu bleiben. Zuvor hatte die ukrainische Luftwaffe vor Raketenangriffen Russlands gewarnt. Angaben über Schäden oder Opfer gibt es noch nicht (Deutschlandfunk)
Fünf Tote bei russischen Luftangriffen in Charkiw und Cherson – Drohnenangriff auf Treibstofflager in Russland
Bei russischen Angriffen in den Regionen Charkiw und Cherson sind nach Angaben der ukrainischen Behörden fünf Zivilisten getötet worden. Unter den Opfern war auch ein Polizist und ein Sanitäter, die nach einem ersten Raketenangriff den Verletzten zu Hilfe kamen (Deutschlandfunk).
Weitere Beiträge
Ukrainer sollen höhere Steuern zahlen
Um die Verteidigung gegen Russland weiter finanzieren zu können, sollen die Ukrainer nach dem Willen der ukrainischen Regierung künftig eine höhere Militärsteuer bezahlen. Die Abgabe könnte von bisher 1,5 auf 5 Prozent auf Einkommen steigen, teilten Regierungsvertreter mit. Auch durch andere Steuererhöhungen, durch Kreditaufnahmen und durch die Umschichtung von Ausgaben im Haushalt sollen demnach rund 12 Milliarden Euro zusätzlich für die Finanzierung der Streitkräfte zusammenkommen, hieß es (Spiegel).
Putin setzt auf Trump
Kleinere Gebietsgewinne und - verluste mal auf der einen, mal auf der anderen Seite, viele Kriegsopfer bei beiden Parteien, ebenso die Rekrutierung neuer Soldaten. Derzeit kann weder die ukrainische noch die russische Armee im Kriegsverlauf entscheidende Vorteile erringen. Es ist davon auszugehen, dass selbst mittelfristig nicht mit dem Zusammenbruch einer der beiden Armeen zu rechnen ist. Russlands Präsident Putin stellt derzeit verstärkt die Weichen für einen lange andauernden Krieg. Es deutet auch nichts darauf hin, dass Putin ernsthaft zu Verhandlungen bereit ist. Auch wenn es Russland dies öffentlich bestreitet, liegt vor allem eine Wahl Trumps im Interesse des Kremls. Trump sieht die Ukraine als europäisches Problem und könnte versuchen, die Ukraine in einen für sie schlechten Frieden zu zwingen (t-online).
Technologie in der Ukraine: Drohnen und KI als Hoffnung im Krieg
In der Ukraine ist der Krieg zu einem Wettrennen um hoch entwickelte Technologien geworden. Den Mangel an ballistischen Raketen und Marschflugkörpern versucht die Ukraine mit Drohnen zu kompensieren. Dabei setzt sie aus auf Start-ups und Crowdfunding (ZDF).
USA unterstützen Selenskyjs Vorschlag für Friedensgipfel mit Russland
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich für eine Teilnahme Russlands an einer zweiten Ukraine-Friedenskonferenz ausgesprochen. Für seinen Vorschlag bekommt er Unterstützung aus den USA. Russland hatte zwar selbst immer wieder beteuert, bereit zu Verhandlungen zu sein – allerdings unter anderem unter der Bedingung, dass Kiew Gebiete abtritt. Dies lehnt die Ukraine nach wie vor ab. Russland werde an einem solchen Gipfel nicht teilnehmen, sagte der Chef des Auswärtigen Ausschusses der russischen Staatsduma, Leonid Sluzki (Spiegel).
12. Juli 2024
Aktuelle Lage
Ukraine-Krieg: Explosionen in russischem Munitionslager
Die Ukraine startet in ihrem Abwehrkampf gegen Russland auch russisches Gebiet. Nun startete das ukrainische Militär einen Drohnenangriff auf ein Munitionslager, in dem ein Großbrand ausgelöst wurde. Das Lager befindet sich in der russischen Grenzregion Woronesch. Die Behörden riefen den Ausnahmezustand aus (Deutsche Welle).
Tote und Verletzte bei russischem Luftangriff auf Kiew
Russland hat einmal mehr die ukrainische Hauptstadt Kiew ins Visier genommen. Bei den in mehreren Wellen erfolgten Luftangriffen soll Russland wieder seine Hyperschallwaffe Kinschal (Dolch) eingesetzt haben. Der ukrainischen Militärverwaltung zufolge wurden in Kiew bei den Angriffen fünf Menschen getötet; neun weitere wurden verletzt. Es soll auch einen Einschlag in ein Kinderkrankenhaus gegeben haben (Süddeutsche).
Weitere Beiträge
Das sind die Beschlüsse des NATO-Gipfels
Ein Ukraine-Kommando in Deutschland, neue Finanzhilfen und Waffen für die Ukraine, eine NATO-Beitrittsperspektive für das Land sowie eine härtere Gangart gegenüber China – die NATO hat bei ihrem Jubiläumsgipfel zahlreiche Entscheidungen getroffen. Ein Überblick (Tagesschau).
US-Raketenstationierung in Deutschland – Eine Abschreckung, die aufschreckt
Die USA wollen die militärische Abschreckung in Europa verstärken. Dazu sollen erstmals seit dem Kalten Krieg wieder US-Waffensysteme in Deutschland stationiert werden, die bis nach Russland reichen. Von 2026 an sollen Marschflugkörper vom Typ „Tomahawk“ mit deutlich mehr als 2.000 Kilometern Reichweite, Flugabwehrraketen vom Typ SM-6 und neu entwickelte Überschallwaffen für einen besseren Schutz der NATO-Verbündeten sorgen. Die USA und Deutschland haben am Rande des NATO-Gipfels in Washington ein entsprechendes Statement gemeinsam veröffentlicht. Die Verlegung der Waffen sei zunächst „zeitweilig“ geplant und solle später „dauerhaft“ werden (Tagesschau).
Lieferung von F-16-Kampfjets an die Ukraine
Nach langem Hin und Her liefert der Westen die ersten F-16-Kampfjets an die Ukraine. Präsident Selenskyj hofft auf bis zu 130 Maschinen. Die ersten Flugzeuge aus Dänemark und den Niederlanden sollen demnächst geliefert werden, so US-Außenminister Blinken beim NATO-Gipfel. Wie stark können sie den Kriegsverlauf beeinflussen? (Spiegel)
Weltsicherheitsrat: Klinik-Angriff wird Thema
Nach den schweren Raketenangriffen auf Kiew, bei denen unter anderem eine Kinderklinik schwer beschädigt wurde, kommt der Weltsicherheitsrat zu einer Dringlichkeitssitzung zusammen. Durch die Einschläge wurden nach letztem Stand 27 Menschen getötet, darunter 4 Kinder. 117 Menschen wurden demnach verletzt. UN-Hochkommissar für Menschenrechte Volker Türk verurteilte die russischen Raketenangriffe und forderte, die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen (ZDF).
Wie die Achtung des Völkerrechts den Ukraine-Krieg hätte verhindern können
Kann es eine Welt geben, in der Frieden und eine internationale Ordnung durch gemeinsame Vereinbarungen unter Staaten garantiert wird? Oder wird es – wie der Ukraine-Krieg die Frage aufwirft – nur eine Ordnung geben können, die durch die militärische, wirtschaftliche und politische Gewalt einer Hegemonialmacht durchgesetzt werden kann? Wie ist es um eine friedliche Zukunft der Menschheit bestellt, leben wir in einer Welt des Völkerrechts oder doch in einer Welt des Rechts des Stärkeren? Dazu einige Gedanken von Michael von der Schulenburg, ehemaliger Assistant Secretary-General der Vereinten Nationen (Telepolis).
4. Juli 2024
Aktuelle Lage
Erneute ukrainische Drohnenangriffe auf Grenzregion
Die ukrainischen Streitkräfte haben offenbar erneut einen großangelegten Drohnenangriff auf die Grenzgebiete in Russland durchgeführt. Das russische Verteidigungsministerium meldete den Abschuss von 36 Drohnen. 18 Drohnen seien über der Region Brjansk abgeschossen worden, jeweils neun über den Gebieten Belgorod und Kursk. Angriffe der Ukraine auf russische Luftwaffenstützpunkte beeinträchtigten die Fähigkeit von Putins Streitkräften, Drohnen einzusetzen, so das britische Verteidigungsministerium. Dies könnte Russland zwingen, seine Drohnenbasen in weiter weg vom ukrainischen Territorium gelegene Gebiete zu verlegen (Frankfurter Rundschau).
Im Donbass rückt eine weitere Frontstadt in den Fokus
In den vergangenen Tagen hat die russische Armee ihre Angriffe auf die im Donbass gelegene Provinzstadt Torezk verstärkt. Die Kleinstadt befindet sich etwa auf halber Strecke zwischen der bereits im Februar gefallenen Stadt Awdijiwka im Süden und der heftig umkämpften Frontstadt Tschasiw Jar im Norden. Seit Mitte Juni ist Torezk zu einem neuen Fokus des Kampfgeschehens geworden. Laut Angaben des russischen Verteidigungsministeriums haben die russischen Angreifer im Osten der von den Ukrainern gehaltenen Stadt seither kleinere Gebietsgewinne erzielt. Nun soll Russland das Dorf Schumi erobert haben (Neue Züricher Zeitung).
Russische Bombe trifft Postamt in Charkiw
Bei dem Angriff auf die zweitgrößte Stadt der Ukraine wurde ein Postangestellter getötet und neun weitere Menschen verletzt. Nach Angaben des örtlichen Gouverneurs wurde der Angriff mit einer Gleitbombe ausgeführt. Die zweitgrößte Stadt der Ukraine liegt im Nordosten des Landes und wird regelmäßig von Russland attackiert (Berliner Zeitung).
Weitere Beiträge
Putin erteilt Erdoğan Absage – keine Vermittlerrolle erwünscht
Der türkische Präsident hat angeboten, mit Russland und der Ukraine über ein Ende des Kriegs zu verhandeln. Russlands Präsident Putin allerdings hält den türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdoğan nicht für einen geeigneten Vermittler im Krieg mit der Ukraine. Im Gegensatz zu anderen NATO-Staatschefs, die etwa auch Sanktionen gegen Russland verhängt haben, hatte Erdoğan stets versucht, gute Beziehungen zu beiden Kriegsparteien zu unterhalten (Spiegel).
NATO baut Stelle für Sonderbeauftragten in Kiew auf
Die NATO hat beschlossen, eine Art Sonderbeauftragten in die Hauptstadt der Ukraine zu entsenden. Der ranghohe Beamte soll dort vor Ort die politische und praktische Unterstützung des Bündnisses steuern. Bereits seit knapp zehn Jahren hat die NATO eine offizielle Vertretung in der Ukraine – nun baut das Militärbündnis seine Präsenz weiter aus. Der Sonderbeauftragte soll unter anderem dazu beitragen, die Waffenlieferungen an die Ukraine besser zu koordinieren (Spiegel).
„Ich bin nicht für den Krieg gemacht“: Tausende Männer fliehen aus der Ukraine
Nach mehr als zwei Jahren Krieg leidet die ukrainische Armee unter einem beträchtlichen Mangel an Soldaten. Seit Kriegsbeginn haben sich Hunderttausende Ukrainer freiwillig zum Dienst gemeldet, viele von ihnen sind inzwischen tot, verwundet oder erschöpft. Um die Reihen zu füllen, hat Präsident Selenskyj das Einberufungsalter jüngst von 27 auf 25 Jahre gesenkt und neue Maßnahmen gegen Wehrdienstverweigerer eingeführt, unter anderem läuft man Gefahr, seinen Führerschein zu verlieren, womöglich wird Bankguthaben eingefroren oder Eigentum beschlagnahmt. Die jungen ukrainischen Männer wollen aus unterschiedlichen Gründen nicht an die Front, viele haben Angst, im Krieg umzukommen, andere prangern die unzureichende Ausbildung an oder möchten aus verschiedensten familiären Gründen nicht in den Krieg ziehen (Frankfurter Rundschau).
Ukraine lässt inhaftierte Straftäter frei – wenn sie an die Front gehen
Im Hinblick auf die Rekrutierung neuer Soldaten wendet sich die Ukraine einem bislang ungenutzten Potenzial zu: Männern, die im Gefängnis sitzen. Und das Interesse sei groß, so das Justizministerium. Mehr als 3000 Häftlinge sind bereits auf Bewährung freigelassen und militärischen Einheiten zugeordnet worden, nachdem das ukrainische Parlament im Mai diese Art der Rekrutierung im Rahmen eines kontroversen Mobilisierungsgesetzes gebilligt hatte. Nach Schätzungen des Ministeriums könnten insgesamt ungefähr 27.000 verurteilte Straftäter für das neue Programm infrage kommen (rnd).
Juni 2024
Juni 2024
28. Juni 2024
Aktuelle Lage
Angriff mit Atacms-Raketen – Mindestens fünf Tote und 124 Verletzte auf der Krim
Viele traf es offenbar beim Sonnenbaden, als eine ukrainische Rakete die Hafenstadt Sewastopol erreichte. Der Angriff soll einige Todesopfer und 124 Verletzte gefordert haben, darunter auch viele Kinder. „Vorläufigen Informationen nach sind unter den Verletzten 27 Kinder, fünf davon in kritischem Zustand“, so die russische Kinderrechtsbeauftragte Maria Lwowa-Belowa. Der Vorwurf Russlands an die Ukraine, Streumunition eingesetzt zu haben, lässt sich bisher nicht unabhängig prüfen (Spiegel).
Ukraine nimmt Krim unter ATACMS-Beschuss
Die Ukraine hat abermals die Halbinsel Krim mit Raketen angegriffen. In der Hafenstadt Jewpatorija habe es mehrere Explosionen gegeben, auch die Behörden der Hafenstadt Sewastopol melden Angriffe. Die Folgen der Angriffe sind bislang noch unklar. Eine von der russischen Flugabwehr abgefangene Rakete explodierte über einem der Stadtstrände, es soll Tote und Verletzte gegeben haben. Moskau gibt den USA eine Mitschuld für den Beschuss mit ATACMS-Raketen. Kiew und Washington kommentierten die Angriffe bislang nicht (n-tv)
Zehn Tote und Dutzende Verletzte bei russischen Angriffen auf die Ukraine
Bei russischen Angriffen auf Ziele in der östlichen Ukraine und in der südwestlich gelegenen Hafenstadt Odessa sind nach ukrainischen Angaben insgesamt mindestens zehn Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden. Bei Raketenangriffen auf die Stadt Pokrowsk in der Region Donezk wurden mindestens fünf Menschen getötet, 41 weitere Menschen verletzt, darunter vier Kinder, so der Gouverneur Wadym Filaschkin. Die russischen Truppen hätten die Stadt mit zwei Iskander-M-Raketen angegriffen und dabei mehrere Häuser zerstört. Es handele sich um einen der größten feindlichen Angriffe auf Zivilisten in jüngster Zeit, erklärte Filaschkin. In der Hafenstadt Odessa wurde bei einem weiteren Angriff ein Lagerhaus von einem Marschflugkörper getroffen. Auch in der nordöstlichen Region Charkiw starben bei Angriffen drei Menschen (Yahoo).
Weitere Beiträge
Polen plant bilaterale Sicherheitsvereinbarung mit der Ukraine
Nach der Unterzeichnung eines Sicherheitsabkommens mit der EU möchte Polen bald auch eine solche Vereinbarung bilateral mit Polen schließen. Polen ist einer der engagiertesten politischen und militärischen Unterstützer der Ukraine (Focus).
Ukraine und EU unterzeichnen Sicherheitsabkommen
Am Rande des EU-Gipfels in Brüssel haben die Ukraine und die Europäische Union ein Sicherheitsabkommen abgeschlossen. Vorgesehen ist u. a. eine engere Zusammenarbeit in der Rüstungsindustrie sowie im Kampf gegen Cyberangriffe und Desinformationen. Entsprechende Vereinbarungen hatte die Ukraine zuvor bereits mit Ländern wie den USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland unterzeichnet (Deutschlandfunk).
USA wollen Patriot-Systeme aus Israel in die Ukraine schicken
Berichten zufolge könnte die Ukraine ihre Luftverteidigung künftig mit ausgemusterten Systemen aus Israel stärken. Die USA, Israel und die Ukraine verhandeln derzeit über die Lieferung von bis zu acht Luftabwehrsystemen dieses Typs an Kiew. In der israelischen Außenpolitik wäre das ein Paradigmenwechsel (Handelsblatt).
Polen und baltische Staaten fordern EU-Verteidigungslinie an Grenze zu Russland
Eine Verteidigungslinie an Grenze zu Russland würde der Notwendigkeit Rechnung tragen, die EU vor militärischen und hybriden Bedrohungen zu schützen, heißt es in einem Schreiben der Staats- und Regierungschefs der Länder an EU-Ratspräsident Michel. Die Kosten für den Bau einer solchen Verteidigungslinie entlang der 700 Kilometer langen Grenze würden sich auf geschätzt rund 2,5 Milliarden Euro belaufen (Deutschlandfunk).
Russland schickt rund 10.000 Einwanderer an die Front
Russland braucht Soldaten für seinen Krieg gegen die Ukraine. Zwangsweise werden dazu nun auch Einwanderer rekrutiert, die den russischen Pass bekommen haben. „Wir haben schon mehr als 30.000 (Migranten) geschnappt, die die Staatsbürgerschaft erhalten haben und sich nicht ins Wehrdienstregister eintragen wollten, und haben etwa 10.000 davon in die Zone der militärischen Spezialoperation geschickt“, so der Chef des russischen Ermittlungskomitees, Alexander Bastrykin (Stuttgarter Zeitung).
21. Juni 2024
Ukraine-Friedenskonferenz
Friedenskonferenz erfolglos: Keine Lösung mehr für die Ukraine?
Kann es zwischen der Ukraine und Russland gar keinen Frieden mehr geben? Auf dem Schlachtfeld sieht es seit einiger Zeit weder für Russland noch für die Ukraine so aus, als könnten sie den Kriegsverlauf zu ihren Gunsten drehen, es ist ein Patt, ein Stellungs- und Abnutzungskrieg. Die Diplomatie scheint gleichzeitig auch keinen Schritt voranzukommen. Der Friedensgipfel im Juni 2024 hat gezeigt: Fast 100 Nationen kamen zusammen, aber Russland und China waren nicht dabei, und am Ende haben auch 13 Länder bei der Abschlusserklärung nicht mitgemacht. Gibt es keine Lösung für die Ukraine mehr? Wie stehen die Chancen auf Frieden? Dominic Possoch klärt mit den Experten Thomas Jäger und Nicole Deitelhoff (BR).
Was auf der Schweizer Konferenz für den Frieden erreicht wurde
Das als Friedenskonferenz bezeichnete Treffen auf dem Bürgenstock in der Schweiz sollte ein erster Schritt sein auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden. Welche Ziele verfolgt die Ukraine mit der Friedenskonferenz? Wie steht Russland zur Friedenskonferenz? Was sind die Ergebnisse der Konferenz? War die Konferenz ein Erfolg? (Deutschlandfunk).
Friedenskonferenz ein „kleiner Erfolg“
Gut 90 Staaten, darunter einige Länder des globalen Südens, hatten sich bei der Ukraine-Friedenskonferenz in der Schweiz zusammengefunden. Insgesamt zeigte sich, wie schwierig es ist, auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen (Deutschlandfunk)
Ukraine-Gipfel in der Schweiz – Viel Symbolik vor malerischer Kulisse
Zwei Tage lang wurde in der Schweiz über die Zukunft der Ukraine diskutiert. Einige der anwesenden 93 Staaten haben die Abschlusserklärung nicht unterzeichnet – darunter Indien, Südafrika und Saudi-Arabien. Das Ergebnis der Konferenz hat vor allem symbolischen Charakter. Die Gastgeberin, die Schweizer Präsidentin Viola Amherd, zieht dennoch eine positive Bilanz. „Dass sich die weit überwiegende Mehrheit der hier anwesenden Staaten auf das Bürgenstock-Kommuniqué verständigt hat, zeigt, was Diplomatie in geduldiger Arbeit erreichen kann.“ Konkret lehnen die unterzeichnenden Staaten Russlands Angriffe auf ukrainisches Territorium ab und fordern die Einhaltung des Völkerrechts. Sie verurteilen Drohungen mit Atomwaffen und fordern freie Seewege für ukrainische Getreideexporte. Sie fordern den Austausch aller Gefangenen sowie die Rückgabe verschleppter ukrainischer Kinder (Tagesschau).
Gipfel-Botschaft: Ukraine gehört zu uns
Mehr als 90 Nationen kamen zur Ukraine-Friedenskonferenz zusammen, um sich gegenseitig zu vergewissern, dass sie für das Völkerrecht einstehen. Die entscheidende, die angreifende Kriegspartei Russland, fehlte jedoch. Wladimir Putin hatte am Vortag noch verlautbaren lassen, die Ukraine könne Frieden haben, wenn sie auf die von Russland besetzten Gebiete sowie auf einen NATO-Beitritt verzichte. Einmal mehr ein für die Ukraine realitätsfernes Angebot. Auch China, Russlands wichtigster Verbündeter nahm, anders als erhofft, nicht teil. Die teilnehmenden Nationen bestätigten sich gegenseitig, das Völkerrecht zu beschützen und sich dagegen zu stemmen, die von Putin angegriffene regelbasierte Weltordnung aufzugeben. Kritiker bemängelten schon vor dem Gipfel, das alles werde zu keinen konkreten Ergebnissen führen (ZDF).
Weitere Beiträge
Nordkorea und Russland sichern sich militärischen Beistand zu
Nordkorea und Russland haben sich zu militärischem Beistand im Falle eines Angriffs verpflichtet. Beide Länder sicherten sich zu, sich im Falle eines bewaffneten Angriffs gegenseitig „jede mögliche militärische und sonstige Unterstützung“ zukommen zu lassen. Der nordkoreanische Machthaber Kim Jong Un und der russische Präsident Putin haben ein entsprechendes Abkommen in Pjöngjang unterzeichnet (Deutschlandfunk).
Ukrainischer Militär: „Wir werden diesen Krieg verlieren.“
Ein ukrainischer Militär prophezeit kein gutes Ende für das kriegsgebeutelte Land. Die Ukraine werde „diesen Krieg verlieren“, sollte sich nichts ändern, so Dmitri Kuchartschuk, ein Bataillonskommandeur der ukrainischen Armee, der seit 2014 in diesem Krieg im Einsatz ist. Im Interview mit der Ukrajinska Prawda sieht er „die kritischste Phase des Krieges“ kommen. „Wir verlieren Territorien, wir verlieren die besten Leute. Wenn keine Schlussfolgerungen gezogen werden, keine Aufarbeitung der Fehler erfolgen, werden wir diesen Krieg endgültig verlieren“, so Kuchartschuk (Berliner Zeitung).
Ukraine setzt West-Raketen „schwergewichtig ein“
Inzwischen darf die Ukraine mit westlichen Waffen auch Ziele in Russland angreifen. Auch an der Front macht sich der Druck auf die Logistik der Russen bemerkbar. Ukrainische Truppen können an einigen Kriegsabschnitten die Initiative zurückgewinnen, wie Oberst Reisner vom Bundesheer Österreich aufzeigt (nt-tv).
14. Juni 2024
Aktuelle Lage
Angespannte Lage nahe Frontstadt Tschassiw Jar
Im Osten der Ukraine ist die Lage nahe der strategisch wichtigen Stadt Tschassiw Jar nach Angaben aus Kiew angespannt. Es habe heftige Gefechte in der dortigen Ortschaft Iwaniwske gegeben. Die Einnahme der heftig umkämpften Frontstadt Tschassiw Jar wäre für Moskau ein bedeutender Durchbruch in der Region Donezk auf dem Weg in Richtung der Stadt Kramatorsk (Deutschlandfunk).
Gegenseitige Drohnenangriffe
Die Ukraine und Russland haben in der Nacht nach eigenen Angaben erneut gegnerische Drohnenangriffe abgewehrt. Während das ukrainische Militär mitteilte, man habe insgesamt 17 russische Drohnen und mehrere Raketen abgeschossen, meldete die russische Seite den Abschuss von 87 ukrainischen Drohnen, vor allem über der südlich gelegenen Region Rostow (Deutschlandfunk).
Drohnenkrieg in der Ukraine „Wenn wir entdeckt werden, sind wir erledigt"
Die Soldaten ukrainischer Drohneneinheiten bewegen sich nur noch nachts an der Front, damit die russischen Drohnenpiloten sie nicht entdecken. Tagelang hocken sie in Kellern und leben mit der ständigen Angst, entdeckt zu werden. „Wir sind ein Ziel von höchster Priorität. Wenn wir entdeckt werden, sind wir erledigt",so ein ukrainischer Soldat mit dem Decknamen „Calvados". Doch besonders groß ist ihre Furcht vor etwas anderem: einem Waffenstillstand. „Wenn man jetzt theoretisch einer Art Waffenstillstand oder so zustimmt, dann ermöglichen wir dem Feind nur, seine Ressourcen aufzufüllen", erklärt Kompanie-Kommandeur Anton (Tagesschau).
Weitere Beiträge
Viel Applaus für Selenskyj im Bundestag - BSW und AfD boykottieren Rede
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seine Rede im Bundestag genutzt, um Deutschland erneut für die Unterstützung seines Landes und die Aufnahme ukrainischer Flüchtlinge zu danken. Zugleich warb er für weitere Unterstützung und rief die Verbündeten dazu auf, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gemeinsam erfolgreich zu beenden. Man dürfe Russland nicht einen weiteren Marsch durch Europa erlauben, so Selenskyj. Russlands Präsident Putin sei es gewohnt, andere zu unterwerfen. „Es ist unser gemeinsames Interesse, dass Putin diesen Krieg persönlich verliert.” Von den Abgeordneten im Saal wurde die Rede des ukrainischen Präsidenten mit stehendem Beifall bedacht. Die Abgeordneten des BSW und der größte Teil der AfD-Fraktion nahmen nicht an der Sitzung nicht teil und boykottierten die Rede (Tagesschau).
Ukraine-Konferenz in Berlin: „Massive Investitionen für Wiederaufbau nötig"
Bei der Ukraine-Wiederaufbaukonferenz in Berlin hat Kanzler Scholz für mehr Luftverteidigung geworben. Die Ukraine braucht nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj mindestens sieben "Patriot"-Luftabwehrsysteme, um das Land gegen russische Angriffe zu verteidigen (Tagesschau).
Neue Taktik: Ukraine versteckt F-16-Kampfjets im Ausland
F-16-Kampfjets sollen es der Ukraine ermöglichen, ihr Territorium im Ukraine-Krieg in der Luft weitaus besser gegen Russland verteidigen zu können, Die Ukraine soll in den kommenden Wochen, Monaten und teils Jahren von vier NATO-Staaten mehrere Dutzende dieser Kampfflugzeuge erhalten. „Eine bestimmte Anzahl von Flugzeugen wird auf sicheren Luftwaffen-Stützpunkten außerhalb der Ukraine gelagert, damit sie hier nicht ins Visier genommen werden“, sagte Golubtsov, der Leiter der Luftfahrtabteilung des ukrainischen Luftstreitkräfte-Kommandos. Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte zuletzt erklärt, sein Land brauche zwischen 120 und 130 F-16-Kampfjets, um den russischen Luftangriffen wirkungsvoll begegnen zu können. Die Ukrainer sollen in den kommenden Monaten und Jahren rund rund 100 Kampfjets der älteren Version F-16A/B erhalten: aus Dänemark 19, aus den Niederlanden bis zu 42, aus Norwegen fünf bis zehn und aus Belgien 30 (Heidelberg 24).
Die Krim ist vielleicht Russlands größtes Problem
Die seit 2014 illegal annektierte Krim wird für Russland zu einer Belastung. Die Ukrainer setzen ATACMS-Raketen gegen Stützpunkte auf der Halbinsel ein. Deshalb hat Russland schon eine Ersatz-Eisenbahnstrecke für den Nachschub aufgebaut. Die Ukrainer haben mit den ATACMS Ende Mai auch zwei russische Patrouillenboote und zwei militärische Transportfähren in der Nähe der Krim-Brücke zerstört, die 2018 eröffnet wurde, um die Krim mit dem russischen Festland zu verbinden (n-tv).
7. Juni 2024
Aktuelle Lage
Ukrainische Spezialeinheiten rücken in Region Charkiw vor
In den vergangenen Tagen sind Kiews Truppen in der Region Charkiw offenbar neben ihren Verteidigungsbemühungen auch zu Gegenangriffen übergegangen, um russische Einheiten aus den besetzten Gebieten zurückzudrängen. Helmkameras und Drohnen zeigen schwere Straßenkämpfe (t-online).
Russland nimmt nimmt zivile Infrastruktur ins Visier
Im Raum Charkiw ist es den ukrainischen Streitkräften durch den Einsatz zahlreicher Reserven und westlicher Militärhilfe gelungen, die Frontlinie zu stabilisieren und den russischen Vorstoß in Schach zu halten. In Richtung Awdijiwka stabilisierte sich die Frontlinie indessen noch immer nicht: Ferner führte Russland eine Reihe von verheerenden Raketen- und Luftangriffen auf die Energieinfrastruktur in anderen Regionen der Ukraine durch (ZDF).
Weitere Beiträge
Frankreich will der Ukraine Mirage-Kampfjets liefern
Frankreichs Präsident Macron hat der Ukraine Kampfjets vom Typ Mirage 2000-5 zugesagt. Sie ermöglichen es der Ukraine, ihr Gelände und ihren Luftraum zu schützen”, so Macron. Wann und wie viele geliefert werden sollen, ist bislang jedoch unklar. Eine Koalition aus den Niederlanden, Belgien, Dänemark und Norwegen hatte zuletzt angekündigt, der Ukraine Kampfjets vom Typ F-16 liefern zu wollen (Spiegel).
Biden über ukrainische Angriffe auf Russland mit US-Waffen
US-Präsident Joe Biden hat bekräftigt, dass die von seinem Land an die Ukraine gelieferten Waffen nicht für Angriffe auf Ziele im Inneren Russlands verwendet werden dürften. Nur für Angriffe auf russischem Boden „gerade jenseits der Grenze“ dürften sie eingesetzt werden, wenn von diesen russischen Grenzgebieten aus ukrainische Ziele attackiert würden, so Biden (Welt).
Putin droht dem Westen mit Stationierung von Raketen in Reichweite
Der Westen erlaubt der Ukraine, künftig auf russisches Gebiet zu schießen. Russlands Präsident Putin kündigte „Antworten” an, sollte das passieren. Sollte der Westen der Ukraine den Einsatz von Langstreckenwaffen gegen Russland genehmigen, so werde Russland auch Raketen mit Reichweite gen Westen stationieren, so Putin. Im Gegenzug zu ukrainischen Angriffen könnten ähnliche Hightech-Langstreckenraketen in Schlagdistanz zu jenen Staaten stationiert werden, die der Ukraine den Einsatz bestimmter Raketen auf russischem Territorium gestatten würden, sagte Putin vor ausländischen Journalisten in Sankt Petersburg. Er erwähnte insbesondere amerikanische Atacms-Raketen sowie britische und französische Raketensysteme (Spiegel).
Ziele in Russland: Westliche Waffen wirksam
Die Ukraine setzt nun westliche Waffen auch jenseits der ukrainischen Grenze ein. Damit trifft sie russische Raketenwerfer im Bereich Belgorod und vertreibt Kampfjets, die Gleitbomben abwerfen. Insbesondere verschiedene Himars-Raketen gegen russische Artillerieanlagen in der Region Belgorod kommen zum Einsatz. Die Ukraine kann durch den Beschuss dieser Geschütze den Bodenkampf ihrer Truppen in und um die Stadt Wowtschansk - gegen den russischen Einmarsch dort - wirksam unterstützen (ZDF).
Mai 2024
Mai 2024
31. Mai 2024
Aktuelle Lage
Russland rückt bei Charkiw weiter vor
Im Zuge ihrer Offensive bei Charkiw sind russische Truppen offenbar bis auf eine Ortschaft sieben Kilometer südöstlich von der Grenzstadt Wowtschansk.vorgedrungen. Das geht aus dem jüngsten Lagebericht des Institute for the Study of War (ISW) hervor. Russland konnte zudem in der Oblast Donezk nahe den Siedlungen Werchniokamjanske und Rosdoliwka weiter Boden gutmachen (Zeit).
Nächster Abschuss gemeldet: Ukraine dezimiert Russlands Luftwaffe erneut
„Ein weiteres feindliches Kampfflugzeug vom Typ Su-25 verbrennt in den Steppen des ukrainischen Donbass“, so die Meldung der ukrainischen Nachrichtenagentur Ukrinform. Ein Suchoi Su-25-Erdkampfflugzeug soll durch das Geschoss einer Flugabwehrkanone getroffen und vernichtet worden sein. Bisher sollen rund 100 russische Kampfflugzeuge außer Gefecht sein, wie verschiedene Medien übereinstimmend schätzen (Frankfurter Rundschau).
Angriff auf Einkaufskomplex in Charkiw - mindestens 14 Tote
Bei einem russischen Luftangriff auf die ostukrainische Großstadt Charkiw ist nach offiziellen Angaben ein Einkaufszentrum von einer Gleitbombe getroffen worden. Zum Zeitpunkt des Angriffs hielten sich offenbar etwa 200 Menschen in dem Markt auf. Nach ukrainischen Angaben kamen mindestens 14 Menschen ums Leben, mehr als 40 weitere wurden verletzt. Der Angriff sei „eine weitere Manifestation des russischen Wahnsinns.” Nur „Wahnsinnige” wie der russische Präsident Putin seien in der Lage, Menschen auf so abscheuliche Weise zu töten und zu terrorisieren, so Präsident Selenskyj. Die russische Seite rechtfertigt den Angriff damit, dass die ukrainischen Streitkräfte in dem Einkaufszentrum ein Waffenlager versteckt hätten. Demnach hätten die Ukrainer ein Militärlager und einen Kommandoposten darin eingerichtet (Tagesschau).
Einsatz westlicher Waffen in Russland?
Einsatz deutscher Waffen gegen Ziele in Russland: Was das bedeutet
Die Bundesregierung gibt den Einsatz deutscher Waffen gegen Ziele in Russland frei. Wie es dazu kam und wie gefährlich Moskaus Reaktion ist: Experten ordnen ein (ZDF).
Biden erlaubt Ukraine begrenzten Einsatz von US-Waffen in Russland
In den USA zeichnet sich ein Kurswechsel ab: US-Präsident Biden gibt der Ukraine grünes Licht, von den USA gelieferte Waffen auch gegen Ziele in Russland einzusetzen. Jedoch bezieht sich diese Erlaubnis derzeit wohl nur auf die Verteidigung der ostukrainischen Großstadt Charkiw sowie der umgebenden Grenzregion, wo russische Truppen in den vergangenen Wochen weiter vorgestoßen waren. Offensive Schläge mit Langstreckenwaffen seien weiterhin untersagt (Spiegel).
Putin droht Europa nach Macron-Vorstoß mit „ernsten Konsequenzen“
Wie Frankreichs Präsident Emmanuel Macron nach einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin bekanntgab, will er der Ukraine erlauben, militärische Stellungen auf russischem Territorium mit westlichen Waffen anzugreifen. Gleichzeitig stellte Macron klar: „Wir sollten nicht erlauben, andere Ziele in Russland zu treffen, zivile Kapazitäten natürlich oder andere militärische Ziele. Russlands Präsident Wladimir Putin droht Europa mit „ernsten Folgen“, sollte die Ukraine die gelieferten westlichen Präzisionswaffen mit großer Reichweite künftig gegen russisches Staatsgebiet einsetzen dürfen. „Diese Vertreter der NATO, besonders in Europa und speziell in den kleinen Ländern, sollten sich darüber im Klaren sein, womit sie spielen“, warnte Putin, und deutete die Möglichkeit militärischer Gegenschläge an (FAZ).
Washington gegen Einsatz von US-Waffen in Russland - Weder Ermutigung noch Erlaubnis
Die USA haben die Forderung des ukrainischen Präsidenten zurückgewiesen, die Beschränkungen für den Einsatz von US-Waffen auf russischem Staatsgebiet aufzuheben. Washington sei nach wie vor dagegen, dass die Ukraine bei ihren Angriffen in Russland US-Waffen einsetze, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrats, John Kirby. „Unsere Position hat sich zu diesem Zeitpunkt nicht geändert. Wir ermutigen oder erlauben nicht den Einsatz der von den USA gelieferten Waffen, um innerhalb Russlands anzugreifen." (n-tv).
NATO-Generalsekretär Stoltenberg für den Einsatz westlicher Waffen in Russland
Stoltenberg forderte die NATO-Länder auf, die Einsatzbeschränkungen für Waffen im russischen Staatsgebiet aufzuheben. Er betonte zugleich, dass jedes Land für sich entscheiden müsse. „Das ist keine Entscheidung der NATO, sondern eine Entscheidung der einzelnen Verbündeten”, sagte Stoltenberg am Montag auf einer Tagung der Parlamentarischen Versammlung der NATO. Der Einsatz westlicher Waffen gegen militärische Ziele in Russland ist nach wie vor umstritten. die NATO könnte dadurch zur Kriegspartei werden, so die Befürchtung (euronews).
Selenskyj für Präventivschläge mit westlichen Waffen gegen Russland
Ukraines Präsident Selenskyj fordert nach den tödlichen Bombenangriffen auf die Großstadt Charkiw das Recht auf einen Einsatz westlicher Waffen gegen russisches Gebiet. Die Ukraine brauche nicht nur mehr Luftabwehr, sondern auch das Recht, die ihr zur Verfügung gestellten ausländischen Waffen auch auf russischem Gebiet einsetzten zu dürfen. „Wir sehen jeden Konzentrationspunkt der russischen Truppen. Wir kennen alle Gebiete, in denen russische Raketen und Kampfflugzeuge gestartet werden“, sagte er. Die präventive Vernichtung dieser Streitkräfte zu erlauben, bevor sie die Ukraine angreifen, sei eine politische Entscheidung. Eine Entscheidung, die getroffen werden müsse, so Selenskyj (FAZ).
Weitere Beiträge
Putins Friedensangebot
Russlands Präsident Wladimir Putin redet plötzlich über Friedensverhandlungen mit Kiew. EU-Diplomaten reagieren misstrauisch, und auch Experten warnen vor der Offerte, denn Putin hat eine zentrale Bedingung. Putins Verhandlungsangebot sei nicht ernst gemeint. Dies zeige sich auch daran, dass der Kreml den Rücktritt Selenskis zur Bedingung mache, sagt Guntram Wolff vom Thinktank Bruegel. Dies sei für die Ukraine und ihre Partner vollkommen inakzeptabel (Handelsblatt).
23. Mai 2024
Aktuelle Lage
Ukraine greift Krim mit ATACMS an – „Sie richten mehr als nur Nadelstiche an“
Die ukrainische Armee hat in der Nacht auf Freitag mit amerikanischen Raketen die Halbinsel Krim angegriffen. Angegriffen worden sei das Gebiet rund um die Stadt Simferopol, teilte Krim-Statthalter Sergej Aksjonow mit. In sozialen Netzwerken berichteten Anwohner von Explosionsgeräuschen auch aus Regionen nahe der Krim-Städte Aluschta und Jalta. Im Telegram-Kanal „Shot“ war von einer „massiven Attacke“ die Rede, die die russische Luftverteidigung abwehren müsse (Welt).
Charkiw weiterhin durch Luftangriffe bedroht
Im nördlichen Teil der Region Charkiw, insbesondere in Wowtschansk, dauern die schweren Kämpfe an. Den ukrainischen Truppen gelang es offenbar, ihre Stellungen etwa entlang des Flusses Wowtscha zu stabilisieren. Ein Landangriff auf Charkiw gilt als sehr unwahrscheinlich. Die Raketen- und Drohnenangriffe halten weiter an (ZDF).
Russlands Offensive in der Region Charkiw verstärkt sich
Bei einem Angriff auf ein Wohngebiet in einem Vorort von Charkiw wurden sechs Menschen getötet und 28 weitere verletzt. Die ukrainische Staatsanwaltschaft untersucht den russischen Luftangriff auf ein Wohngebiet in Charkiw als mögliches Kriegsverbrechen, weil gezielt Zivilisten angegriffen worden seien. Russland verfolge eine Taktik, um gezielt Zivilisten und Rettungskräfte zu töten, so der Vorwurf (euronews).
Ukrainische Angriffe auf Belgorod
Bei Angriffen ukrainischer Artillerie auf die südrussische Grenzregion Belgorod sind nach offizieller Darstellung mindestens 13 Menschen verletzt worden. Unter den Verletzten seien auch drei Kinder und Jugendliche, teilte Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow Durch den Beschuss aus Mehrfachraketenwerfern seien in den Ortschaften Schebekino und Rschewka mehrere Wohngebäude beschädigt worden (n-tv)..
Weitere Beiträge
Warum die Ukraine Russlands Frühjahrsoffensive stoppen konnte
Es sieht ganz so aus, als ob Russlands Vormarsch vorerst gestoppt werden konnte. Dies sei durchaus überraschend, denn es hieß zuletzt, dass die Ukraine Schwierigkeiten mit der Rekrutierung und Einziehung von Soldaten habe und hohe Verluste beim Material erleide. Was ist der Grund für die ausbleibende Durchschlagskraft Russlands? Und wie ist es um die Verluste des Angreifers bestellt? Dazu Militärökonom Dr. Marcus Keupp (ZDF).
Russland strebt Veränderung der Grenzen in der Ostsee an
Wie aus einem Gesetzentwurf des Moskauer Verteidigungsministeriums hervorgeht, strebt Russland eine Veränderung der Grenzen in der Ostsee an. Demnach geht es um die Seegrenzen um russische Inseln im Osten des Finnischen Meerbusens sowie das Gebiet um die russische Exklave Kaliningrad. Kartographische Ungenauigkeiten zu Zeiten der Sowjetunion seien nicht in Einklang mit den aktuellen kartographischen Koordinaten zu bringen, so das Ministerium. Finnland äußerte sich in einer ersten Reaktion besorgt (n-tv).
Selenskyj wirbt für Schutz des ukrainischen Luftraum durch westliche Nachbarländer.
Selenskyj sagte der Nachrichtenagentur Reuters, da die seiner Luftwaffe versprochenen F-16-Kampfjets immer noch nicht geliefert worden seien, sollten die Verbündeten ihre Luftabwehr einsetzen: „Schießen Sie Ziele ab, schützen sie Zivilisten“., so Selenskyj Aus seiner Sicht ergäbe sich dadurch keine Beteiligung von NATO-Staaten am Ukraine-Krieg, machte er deutlich. Zuletzt hatten in Deutschland auch die SPD, die Grünen, die FDP und die Union Forderungen geäußert, die Ukraine von NATO-Gebiet aus mit Flugabwehrsystemen zu unterstützen. Russlands Präsident Putin allerdings hat die NATO wiederholt vor einer Beteiligung an dem Krieg gewarnt und mit dem Einsatz von Atomwaffen gedroht (Deutschlandfunk).
Appell von Selenskyj: „Zwei Patriots für Charkiw würden die Lage grundlegend ändern"
Russland greift in jüngster Zeit verstärkt die Region Charkiw an, der ukrainische Präsident bittet die Verbündeten deshalb um Flugabwehrsysteme. Um den russischen Vorstoß zu stoppen, bittet der ukrainische Präsident Selenskyj die Weltgemeinschaft um zwei neue Flugabwehrsysteme vom Typ Patriot: „Die Welt kann den russischen Terror stoppen, doch dazu muss der mangelnde politische Wille der führenden Politiker überwunden werden”, schrieb Selenskyj auf Telegram. „Zwei Patriots für Charkiw würden die Lage grundlegend ändern.” (Spiegel)
Angriffe mit Waffen aus dem Westen? - „Wir können es nicht riskieren”
Eigentlich würde die Ukraine die aus dem Westen gelieferten Waffen auch zum Kampf auf russischem Territorium einsetzten wollen. Doch der Druck der westlichen Unterstützer auf die Ukraine ist zu groß. Es darf keine Angriffe mit westlichen Waffen auf russisches Territorium geben, so Ukraines Präsident Selenskyj, ansonsten würden die Lieferungen eingestellt werden: „Wir haben noch nie westliche Waffen auf russischem Territorium genutzt, weil wir es nicht dürfen”, sagte Selenskyj in einem Interview. „Wir können es nicht riskieren, dass gar keine Waffen mehr geliefert werden". (
Zwischen Sieg und Diktatfrieden: Wie endet der Ukrainekrieg?
Tagtäglich beschießt Russland zivile Ziele in der Ukraine. Die Lage an der Frontlinie wird dramatischer. Wolfgang Zeller, Soziologe und Senior Research Fellow am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik, mit einem Blick nach vorne: „Die vielgeäußerte Hoffnung auf baldige Verhandlungen ist hinfällig. Vielmehr müssen sich die Ukraine und der Westen auf einen längeren Krieg unter schwierigen Bedingungen einstellen. Die Frage ist, ob Wladimir Putins Kalkül aufgeht und die westliche Unterstützung der Ukraine so weit einbricht, dass Russland Kiew einen Diktatfrieden aufzwingen kann. Oder ob die westliche Unterstützung hält und eine militärisch gestärkte Ukraine ein für sie akzeptables Abkommen erreicht." (Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik).
17. Mai 2024
Aktuelle Lage
Ukrainische Armee hat russischen Vorstoß im Nordosten gebremst
Nach eigenen Angaben hat die ukrainische Armee den Vorstoß der russischen Invasionstruppen im Nordosten des Landes gebremst. Wie der ukrainische Generalstab mitteilte, gebe es in Wowtschansk Kämpfe in den nördlichen Stadtvierteln, aber ein weiteres Vordringen russischer Soldaten in dem Ort habe vereitelt werden können, Die Lage sei unter Kontrolle. Präsident Selenskij bezeichnete bei einem Besuch in der Region Charkiw die Lage dort als stabil (Die Presse).
Ukraine meldet Abzug aus einigen Dörfern in Region Charkiw
Um Verluste zu vermeiden, haben sich Teile der ukrainischen Armee aus der Region um Charkiw zurückgezogen. In einigen Gebieten um die Orte Lukjanzi und Wowtschansk hätten sich Einheiten als Reaktion auf feindlichen Beschuss und Angriffe von Bodentruppen „auf günstigere Positionen begeben”, teilte die ukrainische Armee mit. Dadurch solle das Leben der Soldaten gerettet und Verluste vermieden werden (Spiegel).
Russische Offensive – Lage in Charkiw „deutlich verschärft“
Vor wenigen Tagen startete Russland eine neue Offensive auf die ostukrainische Region Charkiw. Die Lage dort ist laut der Militärführung in Kiew ernst. „Diese Woche hat sich die Lage im Gebiet Charkiw deutlich verschärft“, so der ukrainische Oberbefehlshaber Olexander Syrskyj. Der russischen Seite ist es gelungen, mehrere grenznahe Dörfer in der Region einzunehmen, die Verteidigungskräfte der Ukraine würden jedoch alles tun, um die Verteidigungslinien und -positionen zu halten, so Syrskyj. Angesichts der Gefahrenlage ließ die Ukraine in der ostukrainischen Millionenstadt Charkiw in den vergangenen Tagen bereits rund 4000 Menschen evakuieren und an sicherere Orte bringen (Welt).
Weitere Beiträge
NATO rechnet nicht mit russischem Durchbruch bei Charkiw
Vor der russischen Frühlingsoffensive Offensive war lange gewarnt worden, ganz aufhalten konnten die ukrainischen Truppen sie dennoch nicht. Die russische Armee hat in der Region Charkiw kleine Erfolge erzielt und einige Dörfer eingenommen. Die NATO-Militärführung rechnet aber nicht mit einem russischen Durchbruch: „Die Russen haben für einen strategischen Durchbruch nicht die nötige Truppenstärke”, so der Oberbefehlshaber der NATO-Truppen in Europa, Christopher Cavoli, nach einer Sitzung der Militärchefs der Mitgliedsländer. Die Russen hätten zudem „nicht die Fähigkeiten und das Können”, fügte der US-General hinzu. „Sie sind in der Lage, lokale Vorstöße zu machen, und das haben sie auch getan." (Spiegel).
Eine neue Front im Gebiet Charkiv
Eine Analyse von Nikolay Mitrokhin: „Russland hat mit einen Angriff auf das Gebiet Charkiv eine neue Front eröffnet. Für eine Belagerung der Millionenstadt Charkiv reichen die zusammengezogenen Kräfte bei weitem nicht. Zweck des Angriffs ist ein Vorstoß in Richtung Süden auf die Stadt Kupjans’k und von dort in den Norden des Gebiets Donec’k. Westlich von Avdijivka gerät die ukrainische Armee in immer größere Probleme. Im Luftkrieg liefern sich beide Seiten einen permanenten Schlagabtausch mit Angriffen auf Kraftwerke und Raffinerien. Entscheidend für den Ausgang des Kriegs bleibt, ob die westlichen Staaten das Schwungrad ihrer Rüstungsindustrie in Gang bringen, bevor der Ukraine die Kraft zur Verteidigung ausgegangen ist.” (Zeitschrift Osteuropa).
Putins Taktik hinter der Charkiw-Offensive
In Charkiw hat Russland eine neue Front eröffnet und einige grenznahe Dörfer erobert. Die ukrainischen Streitkräfte haben sich etwas zurückgezogen und verlassen sich auf Artillerieangriffe, um die vorrückenden russischen Kolonnen zu verlangsamen. Russische Streitkräfte, vor allem mechanisierte Infanterie, hatten die Grenze nordöstlich der Stadt Charkiw überquert. Die Einnahme der Stadt scheint dabei aber nicht das tatsächliche Ziel Putins zu sein - das liege woanders (ZDF).
Putin setzt Verteidigungsminister Schoigu ab
Kremlchef Putin hat Verteidigungsminister Schoigu durch Vize-Regierungschef Beloussow ersetzt. Schoigu löst Sicherheitsrats-Chef Patruschew, einen engen Vertrauten Putins, ab. Mehr als zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine hat Präsident Wladimir Putin seinen Verteidigungsminister und engen Vertrauten Sergej Schoigu entlassen. Schoigus Nachfolger soll der bisherige Vize-Regierungschef Andrej Beloussow werden (ZDF).
10. Mai 2024
Aktuelle Lage
Luftangriffe auf ukrainisches Stromnetz und Schule in Charkiw
Die russischen Streitkräfte haben erneut in mehreren Regionen die ukrainische Energieinfrastruktur ins Visier genommen. Die Angriffe auf das ukrainische Stromnetz haben nach Angaben von Präsident Selenskyj größere Schäden hervorgerufen. „Das war ein kalkulierter kombinierter Schlag gegen unser Energiesystem, gegen unsere Stromerzeugung, die Dämme unserer Wasserkraftwerke und die Gasinfrastruktur“, so Selenskyj. Russland habe mit fast 60 Raketen und mehr als 20 Schahed-Drohnen iranischer Bauart auf „lebenswichtige zivile Infrastruktur“ gezielt und „kein einziges militärisches Ziel“ ins Visier genommen. Auch ein Schulstadion in Charkiw wurde getroffen (Zeit).
Erneut russische Luftangriffe auf Kiew und Lwiw
Nach ukrainischen Angaben hat Russland erneut die Hauptstadt Kiew und die westukrainische Stadt Lwiw aus der Luft angegriffen. Augenzeugen berichteten über mehrere Explosionen im Luftraum über Kiew. Über Schäden und Opfer liegen noch keine Angaben vor (Deutschlandfunk).
Russland: Sechs Tote bei ukrainischem Angriff auf Region Belgorod
Bei einem ukrainischen Drohnenangriff auf die russische Grenzregion Belgorod nahe des Dorfes Beresowka sind nach Angaben des örtlichen Gouverneurs sechs Menschen getötet worden. Bei dem Angriff habe es überdies 35 Verletzte gegeben, erklärte Regionalgouverneur Wjatscheslaw Gladkow. „Zwei kleine Lastwagen (...) die Angestellte zu ihren Arbeitsplätzen transportierten, und ein Auto wurden von der ukrainischen Armee mit Kamikaze-Drohnen angegriffen“, gab Gladkow weiter an. Das für die Verfolgung besonders schwerwiegender Straftaten zuständige russische Ermittlungskomittee eröffnete eine Untersuchung des Vorfalls (n-tv).
Russland greift auch während des orthodoxen Osterfests an
Das orthodoxe Osterfest gilt in der Ukraine und in Russland als hoher Feiertag. Trotzdem beschossen russische Truppen weiter ukrainische Städte. Während am Wochenende Millionen orthodoxe Christen in der Ukraine das Osterfest feierten, haben russische Einheiten ihre Angriffe entlang der ukrainischen Fronten fortgesetzt. Am Sonntag seien 103 Kampfhandlungen registriert worden, teilte der Generalstab in seinem Lagebericht mit. Brennpunkt sei das Gebiet westlich von Bachmut und Awdijiwka in der Ostukraine gewesen (Spiegel).
Weitere Beiträge
Russland und die NATO – Kein Krieg, aber auch kein Frieden mehr
Immer wieder droht Russlands Präsident Putin in Richtung NATO. Wie wahrscheinlich ist eine Ausweitung des Kriegs gegen die Ukraine auf NATO-Territorium? Experten sind sich einig: Die Gefahr ist nicht zu unterschätzen (Deutschlandfunk).
Was Russland mit Charkiw wirklich vorhat – Zerstören statt einnehmen?
Russland behauptet, die zweitgrößte ukrainische Stadt Charkiw einnehmen zu wollen. Welche Gründe sprechen dagegen? Was könnte Moskau wohl tatsächlich bezwecken? (ZDF).
Parade in Moskau – Russland setzt immer stärker die Vergangenheit mit der Gegenwart gleich
Präsident Putin nutzt Russlands wichtigsten Feiertag, den Tag des Sieges über das nationalsozialistische Deutschland am 9. Mai, einmal mehr zur Propaganda für den Krieg in der Ukraine. Den Westen beschuldigt er, keine Lehren aus dem Zweiten Weltkrieg gezogen zu haben (Neue Züricher Zeitung).
Atomwaffen-Übungen – Putin will Menschen „Angst machen“
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums hat Russlands Präsident Wladimir Putin das russische Militär angewiesen, Atomwaffenübungen unter Beteiligung der Marine und Soldaten abzuhalten, die nahe der Ukraine stationiert sind. Mit der Übung werde die „Bereitschaft“ der Armee aufrechterhalten, nachdem einige westliche Vertreter „provokative Äußerungen und Drohungen gegen Russland“ gemacht hätten, erklärte das russische Ministerium weiter. Dazu zähle etwa, dass Polens Präsident Andrzej Duda vor Kurzem seine Bereitschaft signalisiert habe, „auf polnischem Terrain Atomwaffen der NATO-Staaten zu stationieren“, so ZDF-Korrespondent Armin Coerper. Putin lasse mal wieder Übungen im Zusammenhang mit taktischen Atomwaffen ankündigen, um Menschen Angst zu machen, analysiert Militärexperte Nico Lange (ZDF).
Russland schafft in der besetzten Ukraine Fakten
Moskau bindet den Donbass im Osten sowie die Südukraine immer stärker an sich. Nach zwei Jahren hat der lokale Widerstand abgenommen. Die Bevölkerung habe sich grösstenteils mit der neuen Herrschaft arrangiert – aus Resignation, Überlebenswillen und Angst, aber auch aufgrund von Karrierechancen für jene, die mit den Russen zusammenarbeiten, so der britische Politikprofessor David Lewis. Mit einer Mischung aus Druck und Anreizen hat Moskau etwa 90 Prozent der Menschen in den besetzten Gebieten dazu gebracht, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen (Neue Züricher Zeitung).
Russische Sommeroffensive: Schoigu bremst Erwartungen
Russland könnte Eliteeinheiten in den Donbass verlegen, um die Ukraine dort weiter zurückzudrängen. Der russische Vormarsch nordwestlich von Awdijiwka hat sich zwar etwas verlangsamt, möglicherweise wird Russland jedoch weitere Truppen in den Osten der Ukraine verlegen, um die Offensive dort fortzusetzen und die ukrainischen Streitkräfte zurückzudrängen, noch bevor die US-Militärhilfe in größerem Umfang eintreffen wird. Dennoch dämpft der russische Verteidungsminister Sergej Schoigu die Erwartungen an eine Sommeroffensive (ZDF).
3. Mai 2024
Aktuelle Lage
Erneuter Raketeneinschlag bei russischem Angriff auf Odessa
Immer wieder ist die ukrainische Hafenstadt Odessa Ziel russischer Angriffe. Bei einem erneuten Raketenangriff sei zivile Infrastruktur zerstört worden, es gebe 13 Verletzte. Eine ballistische Rakete sei in einem Sortierzentrum eines Postunternehmens eingeschlagen, das in Folge des Angriffs in Flammen aufging (ZDF).
„Im schlimmsten Fall droht ein lokaler Zusammenbruch der Front“
Im Osten der Ukraine rücken die russischen Truppen weiter vor. In der vergangenen Woche sei es zu einem möglicherweise größeren Einbruch der Russen in die ukrainischen Verzögerungs- beziehungsweise Verteidigungsstellungen in der Nähe der Ortschaft Otscheretyne gekommen. Die Situation dort habe das Potenzial, sich zu einem größeren Durchbruch auszuwachsen, warnt der österreichische Militärexperte Markus Reisner. Er spricht von einem „möglicherweise größeren Einbruch der Russen“. Otscheretyne liegt nordwestlich der Stadt Awdijiwka, die die russischen Truppen im Februar nach einem langen und verlustreichen Kampf erobert hatten. Im schlimmsten Fall drohe dort ein lokaler Zusammenbruch der ukrainischen Front, so Reisner (Welt).
Ukrainischer Armeechef räumt „taktische Erfolge“ von Putins Truppen ein
Im Osten des Landes geraten die ukrainischen Verteidiger gegen die russischen Angreifer immer mehr unter Druck. Das russische Verteidigungsministerium meldete die weitere Eroberung der kleinen Ortschaft Nowobachmutiwka im Gebiet Donezk. Sehnlichst wird in der Ukraine die Lieferung der versprochenen westlichen Waffen erwartet. Laut Oberbefehlshaber Oleksandr Syrsky hat sich die Lage an der Front verschlechtert. Auch westliche Militärexperten beobachten ein Vorrücken der russischen Truppen. „Russland wird absehbar spürbare taktische Gewinne erzielen in den kommenden Wochen, während die Ukraine darauf wartet, dass US-Unterstützung an der Front ankommt“, analysierte das Institut für Kriegsstudien (ISW) in den USA (Spiegel).
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Ukrainischer Generalmajor – Nicht möglich, Krieg allein auf dem Schlachtfeld zu gewinnen
Laut dem ukrainischen Generalmajor Wadim Skibizki wird die Ukraine einem Medienbericht zufolge irgendwann Gespräche mit Russland aufnehmen müssen. Er sehe keine Möglichkeit für die Ukraine, den Krieg allein auf dem Schlachtfeld zu gewinnen, so Skibizki in einem Generalmajor Wadim Skibizki in einem Interview. Gespräche seien letztendlich notwendig, wie es in jedem Krieg der Fall wäre. Solche Kriege könnten nur durch Verträge beendet werden. Im Moment ringen beide Seiten um die ‚günstigste Position‛ im Vorfeld möglicher Gespräche. Aber sinnvolle Verhandlungen könnten frühestens in der zweiten Hälfte des Jahres 2025 beginnen, schätzt er (Handelsblatt).
Ukraine-Krieg: Museale Weihe für „Militärische Spezialoperation“
Vielerorts in Russland präsentieren Museen und Wanderausstellungen die sogenannte „Militärische Spezialoperation“. Die „sogenannte Spezialoperation“, also der Angriffskrieg gegen die Ukraine, wird im Museum strukturell sakralisiert. „Die Besucher sollen daran erinnert werden, was war und was jetzt passiert“, so Julia Bukajewa, die Kuratorin des Museums der Geschichte der militärischen Spezialoperation in Saratow. Und die Ausstellung erläutert die behauptete Verbindung zwischen Vergangenheit und Gegenwart mit der Kernerzählung des Kreml: „Wieder geht es um einen Genozid der russischsprachigen Bevölkerung in der Ukraine. Vollkommen unschuldige Kinder sind ums Leben gekommen. Die russische Sprache wird verdrängt, die sowjetische Geschichte – ausgelöscht. Denkmäler werden abgerissen und es erwacht dieser Nationalismus, dieser Nazismus, gegen den unsere Vorfahren während des Zweiten Weltkriegs gekämpft haben.“ (BR).
Macron: Erwägen Truppenentsendung, falls Front kollabiert
Erneut hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron das Erwägen eines möglichen Einsatzes westlicher Bodentruppen in der Ukraine als ein Mittel der Abschreckung bekräftigt. „Falls die Russen die Frontlinien durchbrechen und falls die Ukraine darum bittet – was bislang nicht der Fall ist – dann müssten wir uns zu Recht diese Frage stellen“, sagte Macron in einem Interview mit der britischen Zeitschrift „The Economist“. Weiterhin bekräftigte er seine Bereitschaft, die nukleare Abschreckung Frankreichs als Teil der europäischen Verteidigung zu betrachten. „Wenn wir ein glaubwürdiges Konzept für eine gemeinsame Verteidigung aufbauen wollen, (...) dann muss die Atomwaffe in die Überlegungen einbezogen werden, mit den bekannten Grenzen ihres Einsatzes“ (n-tv).
Tiefer Frust über Russlands Vormarsch
Russlands Armee dringt Stück für Stück weiter in den Osten der Ukraine vor. Der ukrainische Armeechef Oleksandr Syrskyj macht aus der schwierigen Lage keinen Hehl. Die Situation an der Front hat sich verschlechtert, schrieb er am Wochenende im Messengerdienst Telegram. Russland habe einen bedeutenden Vorteil an Kräften und Mitteln, so Syrskyj, und taktische Erfolge errungen. Ob diese auch dazu führen, dass Russland rasch tiefer in die Region vorstoßen kann, bezweifeln Militärexperten vom amerikanischen „Institute for the Study of War“ (ISW). Dazu sei die russische Armee derzeit nicht in der Lage. Jedenfalls wächst in der Ukraine die Unzufriedenheit über Präsident Selenskyj. Kritiker werfen ihm vor, die Menschen in falscher Sicherheit zu wiegen (Tagesschau).
USA werfen Russland Einsatz von Chemiewaffen vor
Laut den USA sollen die russischen Truppen gegen die ukrainischen Streitkräfte die Chemiewaffe Chlorpikrin eingesetzt haben. Dies sei ein Verstoß gegen die Chemiewaffenkonvention. Der US-Gesundheitsbehörde National Institutes of Health zufolge wird Chlorpikrin als Kampfstoff und als Pestizid eingesetzt und ist beim Einatmen mit Gesundheitsrisiken verbunden. Der Einsatz solcher Chemikalien sei kein Einzelfall, so das US-Außenministerium. Die russischen Truppen wollten damit vermutlich die ukrainischen Streitkräfte aus befestigten Positionen verdrängen und taktische Fortschritte auf dem Schlachtfeld erzielen (Spiegel).
April 2024
April 2024
26. April 2024
Aktuelle Lage
Russischer Frontdurchbruch ohne Gegenwehr?
Den russischen Invasoren ist offenbar ein entscheidender Durchbruch an der Front gelungen. Die russischen Truppen stießen am Bahndamm bei Awdijiwka vor und eroberten Teile der Ortschaft Otscheretyne. Die Einnahme Otscheretynes, das rund 50 Kilometer südlich der schwer umkämpften Ortschaft Tschassiw Jar in der Ostukraine liegt, soll innerhalb von nur 48 Stunden vonstatten gegangen sein. Laut dem ukrainischen Brigadekommandeur Mykola Melnyk sollen ukrainische Soldaten der Brigade 115 geflüchtet und das Feld kampflos den Russen überlassen haben – womöglich aus Angst vor dem Einsatz chemischer Waffen russischerseits. Das Magazin Forbes bringt eine andere Variante ins Spiel. Demnach hätten russische Einheiten den Moment der Übergabe zweier Brigaden ausgenutzt und offenbar im richtigen Moment angegriffen, so dass, wie es hieß, ein Durchbruch nahezu ohne Gegenwehr möglich wurde (Frankfurter Rundschau).
Nach Drohnenangriffen Brände in russischen Energieanlagen
Russische Behörden melden ukrainische Drohnenangriffe in der Region Smolensk. Der Gouverneur des Gebietes teilte mit, infolge der Angriffe seien Brände in zivilen Energieanlagen ausgebrochen. In der südwestlichen Region Lipezk stürzte nach Angaben der Behörden eine Drohne auf ein Industriegebiet. Verletzte habe es nicht gegeben (Deutschlandfunk).
Ukraine: Russland will Tschassiw Jar mit 20.000 Soldaten stürmen
Russlands Truppen bringen die Kleinstadt Tschassiw Jar immer weiter in Bedrängnis. Nach Angaben der Ukraine will Moskau den Ort mit 20.000 bis 25.000 Kämpfern stürmen. Tschassiw Jar liegt rund neun Kilometer westlich von Bachmut und steht seit Wochen im Visier der russischen Streitkräfte, die sich der Stadt in drei Angriffskeilen nähern. Zudem bombardiert Moskaus Luftwaffe den Ort immer wieder mit Gleitbomben (n-tv).
Weitere Beiträge
Was bringen Raketen mit grösserer Reichweite?
Wie können die aus den USA gelieferten Atacms-Raketen mit längerer Reichweite den Kriegsverlauf beeinflussen? Militäranalyst Niklas Masuhr erläutert die mögliche Wirkung dieser Waffe: „Im besten Fall werden die russischen Bodentruppen abgehalten, etwa indem Flugfelder, von denen aus russische Kampfflugzeuge starten und Gleitbomben abwerfen, getroffen werden können. Gleichzeitig kann man wiederum Angriffe auf russische Kommandostände, Bereitstellungsräume und Munitionsdepots durchführen. Das bedeutet, dass diese Raketen die Russen dazu zwingen könnten, aus grösserer Entfernung zu operieren. Dadurch kann sich die Ukraine Zeit erkaufen, damit die anderen Elemente des amerikanischen Pakets, die Artilleriemunition und Kampffahrzeuge, zum Tragen kommen können. Und die Ukraine kann bei den Bodentruppen eine Konsolidierung vornehmen. Die ist nach russischen Vorstössen gestern bitter nötig.“ (SRF)
USA liefern Ukraine Atacms-Raketen mit großer Reichweite
Lange wurde öffentlich darüber gestritten, nun haben die USA die Ukraine offenbar jüngst bereits mit weitreichenden Atacms-Raketen ausgerüstet. Diese sind nicht Teil des aktuell beschlossenen Hilfspakets, sollen aber in diesem Monat in der Ukraine angekommen sein. Die Atacms-Raketen haben einer Reichweite von circa 300 Kilometern. Außenministeriumssprecher Vedant Patel bestätigte laut Medien, die Lieferung sei aus Sicherheitsgründen nicht bekannt gegeben worden. Die Anweisung für die Lieferung sei demnach direkt vom Präsidenten gekommen. Auch bei der Lieferung der Ukrainehilfen aus dem neuen großen Militärpaket soll es zügig gehen. „In den nächsten Stunden“ werde man damit beginnen, Ausrüstung für die Flugabwehr, Artillerie, Raketensysteme und gepanzerte Fahrzeuge in die Ukraine zu schicken (Spiegel).
Neue Ukraine-Hilfen aus den USA und Großbritannien
Monatelang gab es keine Entscheidung aus den USA über weitere Unterstützung der Ukraine. Das US-Repräsentantenhaus hatte am vergangenen Samstag nach monatelangem Stillstand ein Hilfspaket von 61 Milliarden US-Dollar (57 Milliarden Euro) gebilligt, das auch dringend benötigte Waffenlieferungen zur Verteidigung gegen Russland enthält. Die nötige Zustimmung des Senats steht noch aus, gilt aber als sicher. Derweil sagte auch Großbritannien ein weiteres großes Militärpaket zu (Handelsblatt).
„Wie in Vietnam“: Laut Russland droht USA in der Ukraine Demütigung
Nachdem die USA am Sonntag im Repräsentantenhaus ein 60 Milliarden schweres Hilfspaket für die Ukraine gebilligt haben, antwortete Moskaus Führung auf den Beschluss mit einer Warnung. Washington würde sich in einen hybriden Krieg gegen Moskau hineinsteigern, der in einer Demütigung enden würde, die mit den Vietnam- oder Afghanistan-Konflikten vergleichbar sei, sagte Maria Zakharova, Sprecherin des russischen Außenministeriums. Washingtons Geld würde vor allem bewirken, dass sich die USA in einen zermürbenden und für beide Seiten verlustreichen und andauernden Konflikt verstrickten. Zakharova sagte außerdem, Russland werde „eine bedingungslose und entschlossene Antwort“ darauf geben, dass sich die USA stärker in den Ukraine-Krieg einmischen als zuvor (Frankfurter Rundschau).
19. April 2024
Aktuelle Lage
Ukrainische Flugabwehr abermals mit Problemen – Tote und Verletzte im südlichen Dnipropretrowsk
Die ukrainischen Streitkräfte haben derzeit große Probleme bei der Flugabwehr. Es gibt nicht nur zu wenig Systeme, sondern es fehlen auch Raketen. Die russische Seite nutzt dies aus und startet fast täglich Angriffe auf Zivilisten. Dieses Mal gibt es viele in dem industriell wichtigen Gebiet Dnipropetrowsk in der Südukraine. Ein fünfgeschossiges Wohnhaus und zwei Infrastrukturobjekte seien getroffen worden. Es gebe zwei Tote und 15 Verletzte. In der Stadt Synelnykowe wurden bei Angriffen auf Einfamilienhäuser nach ukrainischen Angaben sechs Menschen getötet, darunter zwei Kinder (n-tv).
Mindestens 17 Tote nach schwerem Raketenangriff im Norden
Ein russischer Raketenangriff auf die Großstadt Tschernihiw im Norden der Ukraine hat viele Menschen getötet. Nach ukrainischen Angaben liegt die Zahl der Toten bei 17. Zudem gebe es mehr als 60 Verletzte, darunter seien auch mehrere Kinder. Drei Raketen seien bei dem Angriff in der Nähe des Stadtzentrums eingeschlagen. Tschernihiw liegt etwa 150 Kilometer nördlich von Kiew unweit der Grenze zu Russland. Präsident Selensyj erneuerte angesichts der Tragödie seine Forderung nach einer Stärkung der Flugabwehr. „Das wäre nicht passiert, wenn die Ukraine ausreichend Flugabwehr erhalten hätte und wenn die Welt entschlossen genug gewesen wäre, dem russischen Terror entgegenzutreten“ (Tagesschau).
Tschassiw Jar unter russischem Dauerbeschuss - Härtere Kämpfe als in Bachmut
Nach Angaben der ukrainischen Armeeführung versucht die russische Armee, die ukrainischen Verteidigungslinien westlich von Bachmut zu durchbrechen und Tschassiw Jar durch dauerhaften Artilleriebeschuss und den Einsatz von Gleitbomben einzunehmen, so Armeechef Sirskyj. Die Russen unternähmen für die Einnahme Tschassiw Jars maximale Anstrengungen, zögen viele Truppen zusammen und schössen mit allem, was ihnen zur Verfügung stehe. Das Kämpfen in Tschassiw Jar sei härter als in Bachmut. „In Bachmut war ich sicherer, denn dort gab es Gebäude und Platz, um sich zu verstecken“, so ein ukrainischer Frontsoldat. „Hier rennen wir, während russische Drohnen über uns fliegen“ (Tagesschau).
Weitere Beiträge
Sicherheitsexperte Heusgen: „Ein bisschen Licht am Ende des Tunnels“
Alle Augen sind derzeit auf die USA gerichtet: Wird das große Hilfspaket für die Ukraine im Kongress doch noch eine Mehrheit finden? Christoph Heusgen, Chef der Münchner Sicherheitskonferenz, geht davon aus, dass die Ukraine ohne weitere Hilfe Russland nicht standhalten kann. Er sei zum ersten Mal optimistisch, dass das Hilfspaket in Amerika doch noch verabschiedet werde. „Ich glaube, hier ist Bewegung. Heute haben wir zum ersten Mal ein bisschen Licht am Ende des Tunnels“, so Heusgen. Nach monatelangen Blockaden der US-Hilfen für die Ukraine steht eine Abstimmung über die geplante Militärhilfe im US-Repräsentantenhaus offenbar kurz bevor. Angesichts der aktuellen Weltlage fordert Heusgen weiter: „Wir müssen zurückkommen zu einer gewissen Logik, wie wir sie im Kalten Krieg gehabt haben. Da galten immer – und das war der Erfolg – Verteidigung und Außenpolitik durch Stärke.
G7-Gipfel – Eingefrorene russische Gelder zur Unterstützung der Ukraine nutzen
Am zweiten Tag des G7-Gipfels in Italien stand die Ukraine ganz oben auf der Tagesordnung. Die G7-Staaten drängen angesichts des russischen Vormarschs an der Frontlinie auf stärkere militärische Unterstützung der Ukraine. Eine Maßnahme könnte die Nutzung der eingefrorenen russischen Vermögenswerte sein, wie der britische Außenminister David Cameron erklärt: „Das Prinzip ist einfach, es gibt eingefrorene russische Vermögenswerte im Vereinigten Königreich, in Europa und anderswo und wir sollten Wege finden, diese Gelder zu nutzen, um der Ukraine dabei zu helfen, sich gegen diese entsetzliche illegale russische Invasion zu verteidigen.“ Es soll sich um 200 Milliarden Euro an eingefrorenen russischen Vermögenswerten in der EU handeln (euronews).
NATO-Krisentreffen: Wie kann eine drohende Ukraine-Niederlage abgewendet werden?
Für die Ukraine zählt jeder Tage, jede Stunde. Ukrianes Präsident Selenskyj fordert in seiner nächtlichen Videobotschaft beinahe verzweifelt eine Sitzung des NATO-Ukraine-Rats. Auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schlägt so deutlich Alarm wie kaum zuvor. Die Ukraine brauche dringend weitere Flugabwehrsysteme und Munition: „Ich weiß, dass viele Ihrer Staaten über Ausrüstung für den Mittel- und Langstreckeneinsatz verfügen, und ich fordere Sie nachdrücklich auf, konkrete Lieferungen an die Ukraine vorzuschlagen.“ Auch NATO-Generalsekretär Stoltenberg ruft die Mitgliedstaaten zur Unterstützung der Ukraine auf und hat für Freitag eine Krisensitzung einberufen, auf welcher die NATO-Verteidigungsminister sich über weitere Ukrainehilfen beraten sollen. Ukraines Präsident Selenskyj ist ebenfalls eingeladen. Stoltenberg äußerte sich auf einer Pressekonferenz über die Priorität und Dringlichkeit: „Wenn NATO-Staaten die Wahl haben, entweder die NATO-Vorgaben zur Verteidigung zu erfüllen oder Waffen in die Ukraine zu liefern, dann ist meine Botschaft klar: Schicken Sie mehr in die Ukraine“ (ZDF).
Selenskyj fordert gleiche „Einigkeit" bei Unterstützung von Ukraine und Israel
Wolodymyr Selenskyj fordert den Westen auf, sein Land genauso zu verteidigen, wie Israel. Die USA haben gemeinsam mit ihren Partnern den ersten direkten iranischen Angriff auf Israel abgewehrt. „Mit der Verteidigung Israels hat die freie Welt bewiesen, dass eine solche Einigkeit nicht nur möglich, sondern auch hundertprozentig wirksam ist“, so Selenskyj. „Dasselbe ist möglich, wenn es darum geht, die Ukraine, die wie Israel kein NATO-Mitglied ist, vor Terror zu schützen“, fuhr er fort. Dies erfordere „politischen Willen“ (Spiegel).
Putins neues Kriegsziel: Die Eroberung von Tschassiw Jar
Der ukrainische Armeechef Oleksandr Syrskyj ist in Sorge da Russland seine Offensive in jüngster Zeit deutlich verstärke. Als nächste Marke habe Kremlchef Wladimir Putin offenbar den 9. Mai im Auge. Bis zu diesem, in Russland als Tag des Sieges gefeierten Datums, sollen die russischen Truppen die Stadt Tschassiw Jar im östlichen Donezk eingenommen haben (Berliner Morgenpost).
Ukraine-Krieg einfrieren? „Das ist Populismus!“
Kann man den Ukraine-Krieg nicht einfach einfrieren und dadurch auch beenden? Für den Sicherheitsexperten Nico Lange ist das keine realistische Option. Die Debatte darüber grenze an Populismus. Ein BR24-Interview.
Drohnen-Krieg in der Ukraine: „Patriot“ soll schützen
Die verstärkten Drohnenangriffe Russlands auf die Ukraine bringen die Ukraine zunehmend in Bedrängnis. Selenskyj hatte zuletzt immer wieder Patriot-Abwehrsysteme für den Schutz des Luftraums gegen russische Raketen- und Drohnenangriffe gefordert. Um den Luftraum abzuriegeln, seien 25 Systeme mit jeweils sechs bis acht Batterien nötig, so Selenskyj. Die Ukraine kann in ihrer Verteidigung gegen den russischen Angriffskrieg bald auf ein drittes Patriot-Flugabwehrsystem aus Deutschland setzen. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte dem ukrainischen Präsidenten die Lieferung zu. Zugleich rief Selenskyj andere Länder auf, dem Beispiel Deutschlands zu folgen (Deutsche Welle).
12. April 2024
Aktuelle Lage
Angriffe auf ukrainische Infrastruktur – Wärmekraftwerk bei Kiew zerstört
Russland hat zuletzt seine konzentrierten Angriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur fortgesetzt und intensiviert. In mehreren Großangriffen im März und April wurden nach offiziellen ukrainischen Angaben bereits 80 Prozent der gesamten ukrainischen Wärmekraftwerkskapazität zerstört oder funktionsunfähig gemacht. Jüngst wurde auch das Trypillja-Wärmekraftwerk, eine riesige Anlage, die die Region Kiew versorgt, mehrfach getroffen und offenbar vollständig zerstört (ZDF).
Droht eine Großoffensive? – Russland nimmt verstärkt Charkiw ins Visier
Seit Ende März nehmen die Angriffe auf die nur 30 Kilometer von der russischen Grenze entfernte Region Charkiw in der Ostukraine stark zu. Medien und Experten spekulieren über die Möglichkeit eines Großangriffs auf die Region. Charkiws Bedeutung als Zentrum der zivilen und militärischen Industrie und Logistik für die Ostukraine ist dabei kaum zu überschätzen. Doch ob es Russland gelingen könnte, die Region zu erobern, bleibt höchst fraglich. Die russischen Truppen hatten fast zehn Monate für die Eroberung von Bachmut und vier Monate für Awdijiwka gebraucht. Die beiden Orte hatten vor dem Krieg eine nur relativ geringe Einwohnerzahl von 70.000 und 30.000 Einwohnern. Charkiw hingegen ist eine Millionenstadt und wäre bedeutend schwerer einzunehmen (Neue Züricher Zeitung).
Drohnenangriff auf AKW Saporischschja gemeldet
Russland bezichtigt die Ukraine, das Atomkraftwerk Saporischschja mit einer Drohne attackiert zu haben. Die russische Kraftwerksleitung berichtete am Sonntag von der Explosion einer Drohne über der Kuppel des sechsten Reaktors. Sie machte die ukrainische Armee für den Angriff verantwortlich. Es gebe aber keine gefährliche Schäden oder Verletzte. Kurz nach Beginn des russischen Angriffskrieges haben die Besatzer das Gelände unter der Kontrolle der russischen Armee gebracht. Die Internationale Atomenergiebehörde bestätigt einen Angriff, äußert sich aber nicht zum Verursacher (Spiegel).
Wie Russland mit Truppen vorrückt
Den russischen Bodentruppen gelang es in jüngster Zeit, sowohl westlich von Awdijiwka als auch westlich von Bachmut vorzurücken. Der Munitionsmangel behindert die ukrainische Verteidigung weiterhin erheblich und die Russen haben mehrere groß angelegte Angriffe gestartet, um die Schwäche der Ukraine auszunutzen. Obwohl die meisten Angriffe zurückgeschlagen wurden und Russland hohe Verluste erlitt, gelang es den russischen Truppen dennoch, sich dem Stadtrand der wichtigen Stadt Tschassiw Jar westlich von Bachmut zu nähern (ZDF).
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Wenn die Ukraine verliert: Würde Putin weitere Staaten angreifen?
Russland rüstet massiv auf und die Forderungen russischer Nationalisten werden lauter, Teile des früheren Russischen Reiches zurückzuerobern. Die Angst vor einem russischen Überfall kursiert in zahlreichen Nachbarländern Russlands, insbesondere in Moldau, Georgien, Kasachstan sowie in Finnland und den baltischen Staaten. Ukraines Präsident Selensyj wie auch eine Reihe weitere ukrainische Politiker wie der Abgeordnete Oleksij Hontscharenko warnen vor einer weiteren Einflußnahme Russlands. In einem Beitrag für die Denkfabrik „Atlantic Council“ schreibt Hontscharenko, die Schwäche des Westens in der Ukraine „könnte einen weitaus größeren Krieg mit Russland provozieren“. Russlands Präsident Putin könnte sich ermutigt fühlen, noch weitere Länder zu attackieren. Dass die Ukraine wegen zu wenig Militärhilfe für ihr Land Alarm schlägt, ist kaum verwunderlich, doch wie groß ist die Gefahr einer Ausweitung des Krieges tatsächlich? Weitere russische Angriffe auf Nachbarstaaten wie Kasachstan, Georgien oder auch Moldau – sofern es Russland gelingen sollte, Odessa einzunehmen – hält auch der österreichische Politikwissenschaftler Gerhart Mangott von der Universität Innsbruck durchaus für realistisch. Einen Angriff auf ein NATO-Land hält Mangott dagegen für „sehr unwahrscheinlich“ (ZDF).
Friedensbemühungen der Türkei im Ukraine-Krieg: Vorschlag für einen Friedensvertrag
Die Türkei hat einen erneuten Vorschlag für einen Friedensvertrag im Ukraine-Krieg vorgelegt, der vorsieht, den Krieg zwischen Russland und der Ukraine einzufrieren. Er beinhaltet u. a. folgende Punkte: ein Einfrieren des Krieges entlang der bestehenden Frontlinien; eine gegenseitige Verpflichtung der USA und Russlands, keine Atomwaffen einzusetzen; ein Verbot der Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines anderen Landes in einer Weise, die zu einer Destabilisierung der dortigen Regierung führen könnte; Garantien für den bündnisfreien Status der Ukraine bis 2040; Russland darf den Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union nicht verhindern. Der Entwurf basiert damit teilweise auf den Dokumenten der ersten Verhandlungen in Istanbul im Frühjahr 2022 und soll bereits der neunte Entwurf dieser Art sein (Frankfurter Rundschau).
Stationierung in Litauen: Pistorius verabschiedet Vorkommando der Bundeswehr
Das gab es noch nie: Die Bundeswehr stationiert eine komplette Brigade auf Dauer im Ausland. Die Soldaten sollen in Litauen dabei helfen, die NATO-Ostgrenze abzusichern. Normalerweise werden Soldatinnen und Soldaten bei Auslandseinsätzen nach einigen Monaten abgelöst. In diesem Fall ist die Brigade auf unbestimmte Zeit geplant und soll so lange bleiben, wie es die Bedrohung durch das russische Regime erfordert. Ein Vorkommando ist bereits im Baltikum angekommen. Die Brigade aus etwa 4.800 Soldatinnen und Soldaten soll bis 2027 einsatzfähig sein, so Verteidigungsminister Pistorius (BR).
Selenskyj warnt vor Niederlage – „Wenn der US-Kongress nicht hilft, wird die Ukraine verlieren“
Angesichts der schwierigen Lage im Osten der Ukraine hat Präsident Selenskyj vor einer Niederlage der Ukraine gewarnt. Mit Blick auf die ausbleibende weitere Militärhilfe aus den USA sagte Selenskyj bei einer Videokonferenz von United24, einer Spendensammelinitiative der Regierung: „Wenn der Kongress der Ukraine nicht hilft, wird die Ukraine den Krieg verlieren.“ Russland hatte in den vergangenen Tagen weitere Geländegewinne im Osten der Ukraine vermeldet (Tagesschau).
5. April 2024
Aktuelle Lage
Tödlicher „Doppelschlag“ in Charkiw – Einsatzkräfte gezielt unter Beschuss
Laut Berichten des britischen „Telegraph“ hat Russland Charkiw mit einem „Doppelschlag“-Luftangriff ins Visier genommen. Diese „Doppelschlag“-Angriffe zielten darauf ab, Rettungskräfte zu treffen, die auf einen Angriff reagieren. Dieser wiederholte Angriff wurde von dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj als „verächtlich und zynisch“ bezeichnet. „Als die Retter am Ort des Anschlags eintrafen, griffen die Terroristen erneut an“, schrieb Selenskyj in den sozialen Medien (Focus).
Russland attackiert Charkiw mit Drohnen
Laut Angaben der Behörden der ukrainischen Region Charkiw haben russische Drohnen in mehreren Angriffswellen Wohnhäuser in der Großstadt angegriffen. Bei einem Angriff seien mehrere Rettungskräfte getötet worden (Welt).
Drohnenangriffe auf Russlands Industrieanlagen 1200 Kilometer hinter Grenze
Russland meldet Drohnenangriffe auf Industrieanlagen in der Region Tatarstan. Der ukrainische Militärnachrichtendienst HUR spricht von einem Angriff auf eine Drohnenfabrik in dieser Region. Bei ihrer Abwehr des russischen Angriffskrieges greift die Ukraine seit mehreren Wochen systematisch russische Ölraffinerien mit Kampfdrohnen hoher Reichweite an (n-tv).
Weitere Berichte
Treffen der NATO-Außenminister – Waffenlieferungen künftig zentral koordinieren
Als Bündnisorganisation hat die NATO bislang selbst keine Waffen geliefert und die Lieferungen ihrer Mitgliedsländer auch nicht koordiniert. Dies soll sich ändern. Beim Treffen der NATO-Außenminister geht es vor allem darum, wie die Hilfen für die Ukraine besser organisiert und die Waffenlieferungen zentral koordiniert werden können. Im NATO-Hauptquartier wird inzwischen offen darüber geredet, dass die Lasten unter den Partnern sehr ungleich verteilt sind und dass die NATO-Spitze deshalb nun doch eine etwas aktivere, koordinierende Rolle übernehmen könnte. Ferner möchte sich die NATO auf das Szenario vorbereiten, sollte Donald Trump aus den kommenden US-Präsidentschaftswahlen als Sieger hervorgehen. Die USA könnten damit als zentraler Unterstützer der Ukraine ausfallen. Generalsekretär Stoltenberg schmiedet bereits Pläne, die Allianz darauf vorzubereiten (Tagesschau).
Weitere Informationen über das Verteidigungsbündnis und die aktuellen Entwicklungen in unserem NATO-Dossier
Russland warnt Frankreich vor der Entsendung von Truppen in die Ukraine
Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat seinen französischen Amtskollegen Sébastien Lecornu angerufen. Das russische Verteidigungsministerium erklärte nach dem Telefonat, Schoigu habe Lecornu explizit davor gewarnt, Truppen in die Ukraine zu entsenden. Andernfalls würde Frankreich „selbst Probleme bekommen”. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte im Februar weltweites Aufsehen erregt, als er den Einsatz von französischen Bodentruppen in der Ukraine nicht ausschließen wollte (Spiegel).
Macron nennt Schoigus Aussagen „bizarr und bedrohlich"
Nach einem Telefonat zwischen dem französischen Verteidigungsminister Lecornu und dessen russischem Amtskollegen Schoigu hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron die Äußerungen Moskaus als „bizarr und bedrohlich” zurückgewiesen. All das ergebe keinen Sinn, so Macron. Es handle sich um eine Manipulation von Informationen, die Teil des Kriegsarsenals sei, wie es heute von Russland eingesetzt werde. In Bezug auf den jüngsten Anschlag auf einen Konzertsaal in der Nähe von Moskau hatte das russische Verteidigungsministerium angedeutet, dass der französische Geheimdienst möglicherweise in den Anschlag verwickelt sein könnte. „Das Regime in Kiew tut nichts ohne die Zustimmung seiner westlichen Aufseher. Wir hoffen, dass in diesem Fall nicht der französische Geheimdienst dahinter steckt“, mutmaßte das russische Ministerium.
Konferenz in Den Haag: „Wiederherstellung der Gerechtigkeit für die Ukraine“
Gerechtigkeit wiederherstellen – so der Tenor bei der Ukraine-Konferenz am Dienstag in Den Haag: Mehr als 40 Länder waren zusammengekommen mit dem ambitionierten Ziel, mutmaßliche Verbrecher vor Gericht zu stellen und Russland für die Schäden aufkommen zu lassen, die im Krieg gegen die Ukraine entstanden sind. Ein „Register für Schadensmeldungen von ukrainischen Kriegsopfern“ wurde eröffnet, um die von Russland im Laufe des Krieges verursachten Schäden vollständig zu erfassen. Laut Experten wird der Wiederaufbau des Landes mehrere hundert Milliarden Euro kosten. Die Ukraine rechnet damit, dass bis zu 600.000 Opfer des Krieges Ansprüche stellen werden. EU-Justizkommissar Didier Reynders verwies auf erste Fortschritte bei der internationalen Zusammenarbeit. Mit dem neuen „Zentrum für die Verfolgung des Verbrechens der Aggression“ in der Ukraine habe eine Behörde ihre Arbeit aufgenommen, die derzeit konkrete Anklagen vorbereite. In der Abschlusserklärung erklärten die 44 Unterzeichner ferner ihre Entschlossenheit, auf die Einrichtung eines Sondertribunals für die Verfolgung des Verbrechens der Aggression hinzuarbeiten (Tagesschau).
Weitere Informationen in unserem Dossier über die Verfolgung von Kriegsverbrechen in der Ukraine
Selenskyj sieht Drohnen als entscheidend für den Kriegsverlauf an
Mehr als zwei Jahre nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine wird die Produktion von Drohnen immer wichtiger. Drohnen würden offensichtlich einer der entscheidenden Faktoren für den Sieg in diesem Krieg sein, so Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Die ukrainische Rüstungsindustrie müsse genau das produzieren, was der Krieg erfordere (Deutschlandfunk).
Lukaschenko dementiert Angriffspläne – und droht der NATO
Seit Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine besteht die Allianz zwischen Putin und Lukaschenko. Nun droht Lukaschenko erneut der NATO und inszeniert sich als Opfer westlicher Provokation. Gegenüber der belarussischen Staatsagentur Belta wies der belarussische Diktator die Sorge des Westens um eine Einmischung seines Landes in den Krieg als „völligen Blödsinn“ ab. „Wir wollen niemanden angreifen“, behauptete Lukaschenko und erklärte, es ginge darum, ein Verteidigungssystem aufzubauen. Schuld seien die Nachbarländer und der Westen, so Lukaschenko: „Sie warten nur darauf. Sie provozieren uns, damit wir auf irgendeine Weise auf sie reagieren.“ Es seien die westlichen Staaten, die ein Interesse daran hätten, den Krieg in der Ukraine zu führen. „Dumme Menschen“, nennt der belarussische Diktator die westlichen Machthaber und droht: „Wenn sie uns angreifen, werden wir sehr ernsthaft reagieren“ (Frankfurter Rundschau).
Putin lässt 150.000 Wehrdienstpflichtige einziehen
Russland zieht wie immer im Frühjahr rund 150.000 Wehrpflichtige zum Grundwehrdienst ein. Die Soldaten würden nicht im Kriegsgebiet in der Ukraine eingesetzt, sondern regulär zum zwölfmonatigen Grundwehrdienst einberufen, hatte das russische Verteidigungsministerium zuvor mitgeteilt. Die Soldaten können sich aber nach ihrer Ausbildung zum Kriegsdienst in der Ukraine verpflichten. Beobachter gehen davon aus, dass der Druck innerhalb der Truppe groß ist, einen solchen Vertrag zu unterzeichnen (Süddeutsche).
März 2024
März 2024
29. März 2024
Aktuelle Lage
Weitere Luftangriffe auf Charkiw
Russland hat erneut die Stadt Charkiw im Osten der Ukraine aus der Luft angegriffen. Dabei ist nach Angaben des Bürgermeisters von Charkiw ein Wohngebiet getroffen worden. Mindestens ein Mensch sei getötet und sechs seien verletzt worden (Deutschlandfunk).
Russland überzieht Kiew mit neuem Raketenangriff – Wohnhaus beschädigt
Russland nimmt im Angriffskrieg auf die Ukraine wieder verstärkt die Hauptstadt Kiew ins Visier. Berichten zufolge kamen Hyperschallraketen zum Einsatz. Ein Wohnhaus wurde durch herabfallende Trümmerteile beschädigt. Bereits in der vergangenen Woche war Kiew Ziel russischer Angriffe gewesen. Dabei war die Strominfrastruktur beschädigt worden. Mehrere Hunderttausend Menschen wurden von der Stromversorgung abgeschnitten (Spiegel).
Stromausfall nach russischen Raketenangriffen – auch Atomkraftwerk betroffen
Russland hat die Ukraine erneut mit einem großflächigen Raketenangriff überzogen. An einigen Orten kam es zu Stromausfällen. Bei den seit Monaten schwersten russischen Raketenangriffen auf die ukrainische Energieversorgung wurde unter anderem eine Stromleitung zum Atomkraftwerk Saporischschja gekappt. Gefahr für die Sicherheit des AKW bestehe nicht, hieß es (Handelsblatt).
Weitere Berichte
Donald Tusk sieht Europa in „neuer Vorkriegszeit”
Der Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine vor gut zwei Jahren hat nach Einschätzung des polnischen Regierungschefs Donald Tusk ein neues, kriegerisches Zeitalter in Europa eingeläutet. „Ich weiß, es klingt niederschmetternd, vor allem für die jüngere Generation, aber wir müssen uns daran gewöhnen, dass eine neue Ära begonnen hat: die Vorkriegszeit. Ich übertreibe nicht; das wird jeden Tag deutlicher”, so Tusk laut Medienberichten. „Ich möchte niemandem Angst machen, aber Krieg ist kein Konzept mehr aus der Vergangenheit. Er ist real, und er hat schon vor über zwei Jahren begonnen” (Spiegel).
Ukraine: Russland liefert keine Waffen mehr über Krim-Brücke
Wiederholt griff die Ukraine die Brücke zwischen der Krim und dem russischen Festland an. Laut dem ukrainischen Inlandsgeheimdienst soll diese wichtige Versorgungsroute für die Kreml-Truppen im Osten der Ukraine nun weiterhin beschädigt sein. Nur noch wenige Züge würden deshalb über die Brücke rollen. Waffenlieferungen gibt es laut dem ukrainischen Geheimdienst-Chef Wassyl Maljuk derzeit überhaupt nicht mehr (n-tv).
Russland rekrutiert Söldner aus Indien und Nepal
Um den stetigen Nachschub an Soldaten auf den Schlachtfeldern in der Ukraine aufrechtzuerhalten, setzt Russland vermehrt auf ausländische Vertragssoldaten – auch aus Indien und Nepal. Es häufen sich Berichte, dass viele dieser Männer nicht aus freien Stücken für die russische Armee in der Ukraine kämpfen, sondern von Menschenhändlern und russischen Behörden mit Drohungen und falschen Versprechungen in Wladimir Putins Streitkräfte gelockt werden. Indische Vertragssoldaten sprechen von Haftandrohungen bis zu zehn Jahren, wenn man nicht bereit sei, in die russische Armee einzutreten. Zunächst als Touristen in Russland sich aufhaltend, wurden sie schließlich zwangsrekrutiert: „Sie üben großen Zwang aus! Sie stoßen und treten uns. Wenn einer nicht mitmachen will, wird er geschlagen“, so Gurpreet Singh, einer der indischen Rekruten (ZDF).
Offener Brief zum Ukrainekrieg: Nobelpreisträger warnen vor „Beschwichtigung des Aggressors“
Zahlreiche Trägerinnen und Träger des Nobelpreises fordern in einem offenen Brief mit dem Titel „Keine Toleranz mehr für Putin“ eine drastische Erhöhung der Unterstützung für die Ukraine im Krieg gegen Russland. Sie fordern eine deutlich härtere Linie gegenüber dem Regime in Moskau. „Die Geschichte lehrt uns, dass die Beschwichtigung eines Aggressors weitere Verbrechen gegen die Menschheit begünstigt“, heißt es. Die Unterzeichnenden stellen fünf Forderungen auf: mehr und rechtzeitige Hilfe für die Ukraine, Unterstützung der demokratischen Opposition und unabhängiger Medien in Russland, Asyl für politisch verfolgte Russinnen und Russen sowie die „Delegitimierung von Putins illegaler Machtausübung in Russland“ (Tagesspiegel).
Bericht: Russland plant Großoffensive auf Charkiw
Laut der lettischen Nachrichtenseite Meduza plane Russland, die ostukrainische Großstadt Charkiw einzunehmen. „Die Einnahme von Charkiw wäre ein symbolischer Sieg“, zitiert Meduza eine den Angaben zufolge dem Kreml nahestehende Quelle. Ob die Entscheidung für eine Großoffensive auf Charkiw bereits gefallen sei, ist dem Bericht zufolge zwar nicht bekannt, aber die Quellen von Meduza sind sich einig: Es handelt sich um ein „sehr wahrscheinliches Szenario“ (n-tv).
22. März 2024
Aktuelle Lage
Schwere russische Raketenangriffe auf Kiew
Nach mehreren Wochen verhältnismäßiger Ruhe hat Russland wieder mit schweren Raketenangriffen auf die ukrainische Hauptstadt begonnen. Die ukrainischen Streitkräfte meldeten den Abschuss von mindestens 30 Raketen. Aus mehreren Stadtteilen wurde über herabgestürzte Raketenteile berichtet. Getroffen worden sei auch ein Kindergarten. Mehrere Autos und ein Umspannwerk seien in Brand geraten. Nach Angaben von Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko wurden bei den Angriffen mindestens zehn Menschen verletzt (Tagesschau).
Ukraine greift Moskau mit Drohnen an
Heftige Drohnenangriffe der Ukraine auf Russland am letzten russischen Wahltag, einige Moskauer Flughäfen schränkten den Flugbetrieb ein. Es habe keine Schäden oder Verletzte durch herabfallende Trümmer gegeben, so Moskaus Bürgermeister. Die ukrainischen Angriffe auf die Metropole sind auch symbolischer Natur (ZDF).
Russland meldet zahlreiche Drohnenangriffe – Erneut Feuer in Raffinerie
Russland und die Ukraine melden erneut nächtliche Angriffe mit Drohnen und Raketen. Im russischen Schwarzmeergebiet Krasnodar löste mutmaßlich eine Drohnenattacke ein Feuer in einer Ölraffinerie aus. Bereits in der Nacht zuvor waren drei Ölanlagen im russischen Gebiet Samara an der Wolga angegriffen worden, das mehr als 1000 Kilometer östlich der Ukraine liegt. Die Ukraine möchte mit solchen Attacken die russische Treibstoffproduktion stören, damit das Militär weniger Nachschub bekommt (Tagesschau).
Weitere Berichte
Warnung aus Russland: Moskau will „zwei neue Armeen“ schaffen – aber wohl nicht für Ukraine-Krieg
Russland Präsident Putin will die militärischen Kapazitäten seines Landes weiter ausbauen. Er will „zwei neue Armeen“ schaffen. Mutmaßlich gehe es Putin, nach Einschätzung der Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW), darum, die langfristigen militärischen Fähigkeiten gegenüber der NATO auszubauen. Militärexperten erwarten daher, dass diese russischen Bemühungen eine Vorbereitung auf einen möglichen konventionellen Krieg mit dem transatlantischen Bündnis sind und nicht direkt auf die Kämpfe mit der Ukraine abzielen (Frankfurter Rundschau).
Bodentruppen im Krieg: General aus Frankreich droht Putin mit 60.000 Nato-Soldaten in der Ukraine
Immer mehr Stimmen unterstützen die Bodentruppeninitiative von Frankreichs Staatschef Macron. Sein Vorstoß hat Zuspruch von Polens Außenminister Radosław Sikorski oder Estlands Premierministerin Kaja Kallas erhalten. Frankreich sei imstande, binnen 30 Tagen eine Division von 20.000 Soldaten auf die Beine zu stellen, so Frankreichs Generalstabschef Pierre Schill (Frankfurter Rundschau).
Pro-ukrainische Separatisten kündigen Angriffe „auf andere Städte“ in Russland an
Pro-ukrainische russische Kämpfer haben angekündigt, ihre Angriffe in russischen Regionen fortzusetzen. Bei den jüngsten Vorstößen in russischen Grenzregionen hatten sie Belgorod und Kursk im Visier. Nun würden die Angriffe auch „auf andere Städte“ ausgeweitet, erklärten Vertreter der Gruppen „Russisches Freiwilligenkorps“, „Sibirisches Bataillon“ und „Legion Freiheit Russlands“. Die Angriffe sollen Russland dazu zwingen, Soldaten von der Front in der Ukraine abzuziehen, um seine Grenzregionen zu verteidigen, so der Anführer des „Russischen Freiwilligenkorps“, Denis Nikitin (Welt).
Ramstein-Konferenz beschließt neue Hilfen für die Ukraine
Zu dem Treffen im Ramstein-Format hatte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin Verteidigungsminister und Militärs aus etwa 50 Ländern in den Südwesten Deutschlands eingeladen. Austin sagte der Ukraine die weitere internationale Unterstützung zu: „Unsere heutige Botschaft ist klar: Die Vereinigten Staaten werden die Ukraine nicht scheitern lassen, diese Koalition wird die Ukraine nicht scheitern lassen, und die freie Welt wird die Ukraine nicht scheitern lassen.“ Mit Blick auf die derzeit im US-Repräsentantenhaus feststeckenden Ukraine-Hilfen äußerte sich Austin hoffnungsvoll. Er sehe weiterhin große Unterstützung für die Ukraine in beiden Kammern des Kongresses. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius kündigte ein weiteres Hilfspaket Deutschlands in Höhe von 500 Millionen Euro an, womit in diesem Jahr bereits Unterstützung in Höhe von sieben Milliarden Euro an die Ukraine geleistet wäre. (Zeit).
Droht Russland eine Dieselknappheit?
Die Ukraine hat ihre Angriffe auf die russische Ölindustrie fortgesetzt: Von den 22 russischen Raffinerien, die sich westlich des Urals befinden, hat die Ukraine in den vergangenen Monaten bereits mindestens 13 angegriffen. Die Langstreckendrohnenangriffe sind überwiegend erfolgreich und mit geringen bis gar keinen Risiken verbunden. Russland ist nicht in der Lage, die Raffinerien mit ausreichender elektronischer Kampfführung und Flugabwehr auszustatten. Es gelingt ihnen, nur einige der ankommenden Drohnen abzuschießen (ZDF).
Präsidentenwahl in Russland – Putin feiert sich und beschwört Einheit
Das Ergebnis der Wahl in Russland ist wie erwartet: Wladimir Putin wird mit laut Prognosen der zentralen Wahlkommission mit 87 Prozent der abgegeben Stimmen für sechs weitere Jahre an der Spitze des Landes stehen. Auch in den von Russland besetzten ukrainischen Gebieten, die völkerrechtlich nicht zu Russland gehören, wurde die Wahl durchgeführt. Aus einem Bezirk im fernen Osten und ausgerechnet aus dem ukrainischen Gebiet Donezk wird gemeldet: Angeblich sollen dort über 95 Prozent der Menschen auf den Stimmzetteln Putins Namen angekreuzt haben (Tagesschau).
10 Jahre Russische Annexion der Krim
Vor zehn Jahren wurde in Moskau ein Vertrag zur Eingliederung der Krim in die Russische Föderation unterzeichnet. Der Einsatz von Soldaten, das Pseudo-Referendum und die Annexion sind aus heutiger Sicht eine bedeutsame Etappe auf dem Weg zum Großangriff auf die Ukraine von 2022 (Deutschlandfunk).
Weitere Informationen über die wechselvolle Geschichte der Krim
15. März 2024
Aktuelle Lage
Russische Freiwilligen-Milizen kämpfen für die Ukraine
In Freiwilligen-Milizen kommen Kreml-Gegner aus Russland zusammen und kämpfen für die Ukraine. Mehrere russische Freiwilligenbataillons sind in grenznahe russische Gebiete eingedrungen. Bei Vorstößen auf russisches Gebiet kam es zu Toten und Verletzten. Die russische Milizen hatten zuvor erklärt, sie seien in die Regionen Kursk und Belgorod eingedrungen und hätten dabei eine grenznahe Ortschaft unter ihre Kontrolle gebracht. Das Ministerium in Moskau ließ erklären, „Dank der aufopferungsvollen Aktionen russischer Soldaten wurden alle Angriffe durch ukrainische Terrorgruppen zurückgeschlagen“ (n-tv).
Ukraine trifft russische Raffinerie und Treibstofflager
Das ukrainische Militär hat Drohnenangriffe auf mehrere Gebiete in Russland geflogen, sowohl grenznah als auch im Landesinnern. Das am weitesten entfernte Ziel war laut Medien ein Treibstoff- und Energiekomplex des russischen Ölkonzerns Lukoil in Kstowo bei Nischni Nowgorod östlich von Moskau. Dort verursachte eine Drohne einen Brand. Die Stadt an der Wolga liegt etwa 800 Kilometer von der Ukraine entfernt (Spiegel).
Ukraine wehrt großen russischen Drohnenangriff ab
Nach eigenen Angaben hat das ukrainische Militär in der Nacht auf Sonntag einen großangelegten russischen Angriff mit Kampfdrohnen abgewehrt. Von 39 anfliegenden Drohnen seien 35 abgefangen worden, teilte die ukrainische Luftwaffe morgens mit (Merkur).
Mehrere Tote nach erneuten Angriffen in der Ukraine
Bei Luftschlägen in Chuhuiv und in der Region Charkiw kam es zu Toten und Verletzten. Eine russische Rakete ist in das Stadtzentrum von Chuhuiv eingeschlagen. Getroffen wurden drei Hochhäuser und zwei Privathäuser, ein Einkaufszentrum, eine Bank und ein Hotel. Bei Angriffen auf weitere Gebiete in der Region Charkiw wurden drei Menschen getötet (euronews).
Ukraine meldet Tote nach russischem Angriff auf Sumy
Bei einem russischen Raketenangriff auf die Stadt Sumy im Nordosten der Ukraine sind nach örtlichen Angaben zwei Menschen getötet und 26 verletzt worden. Außerdem seien ein Krankenhaus, ein Notfallzentrum und ein Wasserwerk beschädigt worden, so die Regionalregierung (Deutschlandfunk).
Weitere Berichte
Macron schließt westliche Bodentruppen in der Ukraine erneut nicht aus
Erneut hat der französische Präsident Emmanuel Macron bekräftigt, dass er ein Entsenden westlicher Bodentruppen in die Ukraine zur Abwendung eines russischen Siegs nicht ausschließt. „Alle diese Optionen sind möglich“, sagte Macron im französischen Fernsehen. Unter den derzeitigen Bedingungen sei dies allerdings nicht erforderlich. Die Situation müsse jedoch nüchtern betrachtet werden: „Wir müssen mit Entschlossenheit, Willen und Mut sagen, dass wir bereit sind, die Mittel einzusetzen, die nötig sind, um unser Ziel zu erreichen, dass Russland den Krieg nicht gewinnt“ (ZDF).
Bundestag stimmt gegen Taurus-Lieferung an die Ukraine
Erneut ist die Union mit ihrer Forderung gescheitert, der Ukraine Taurus-Marschflugkörper zu liefern. Mit deutlicher Mehrheit hat der Bundestag einen Antrag der Unionsfraktion abgelehnt. In einer namentlichen Abstimmung sprachen sich bei 690 abgegebenen Stimmen 495 Abgeordnete gegen den Antrag aus. 190 stimmten dafür und fünf enthielten sich (ZEIT).
EU einigt sich auf fünf Milliarden Euro Militärhilfe für Ukraine
Die EU-Länder wollen mehr Geld für Waffenlieferungen an die Ukraine bereitstellen. Nach monatelangen Diskussionen haben sie sich auf eine gemeinsame Militärhilfe für die Ukraine im Umfang von fünf Milliarden Euro für 2024 verständigt. Die EU-Staaten einigten sich demnach auf eine Reform der sogenannten Europäischen Friedensfazilität (European Peace Facility, EPF). Es handelt sich dabei um einen Topf außerhalb des EU-Haushalts, über den sich Mitgliedsländer Waffenlieferungen an die Ukraine teilweise erstatten lassen können. Deutschland finanziert den Fonds als größte Volkswirtschaft zu 25 Prozent und setzte sich mit der Forderung durch, bilaterale Militärhilfen anzurechnen (ZEIT).
Papst legt Ukraine Mut zur „weißen Fahne“ nahe
Die Ukraine gerät im Krieg zunehmend in die Defensive, das Leid und die Zahl der Opfer nehmen stetig zu. Nun rief der Papst das Land zu Verhandlungen mit Russland auf. Nach Worten von Papst Franziskus sollte die Ukraine den Mut haben, eine „weiße Fahne“ zu hissen und ein Ende des Krieges mit Russland auszuhandeln. „Schämt euch nicht, zu verhandeln, bevor es noch schlimmer wird“, sagte der Papst in einem Interview mit dem Schweizer Rundfunksender RSI. Er denke, „dass der Stärkste derjenige ist, der die Situation betrachtet, an die Menschen denkt, den Mut der weißen Fahne hat und verhandelt“, so der Pontifex. „Verhandeln ist niemals ein Sich-Ergeben. Es ist der Mut, das Land nicht in den Selbstmord zu führen“, betonte Franziskus und erinnerte daran, dass die Ukraine bereits unter Stalin viel erlitten habe. In der Ukraine wurde der Begriff der „weißen Fahne“, den der Papst gebrauchte, als Aufforderung zur Kapitulation verstanden und löste erboste Reaktionen aus (Tagesschau).
SIPRI: Ukraine-Krieg verändert globale Waffenströme
Der Ukraine-Krieg wirkt sich deutlich auf den weltweiten Waffenhandel aus, und das in mehrfacher Hinsicht, so der jüngste Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI. In dem Bericht wird Zeitraum von 2019 bis 2023 mit dem von 2014 bis 2018 verglichen. Europas Waffenimporte haben sich fast verdoppelt. Der mit Abstand größte Teil der Waffenlieferungen nach Europa, über 50 Prozent, kam aus den USA, überwiegend bedingt durch den Krieg in der Ukraine. Auch der Anteil der USA am internationalen Waffenhandel insgesamt legte deutlich von 34 auf 42 Prozent zu. Weltweit belieferten die USA 107 Länder mit Rüstungsgütern. „Die USA haben ihre globale Rolle als Rüstungslieferant ausgebaut, und das ist ein wichtiger Aspekt ihrer Außenpolitik“, schreibt Mathew George von SIPRI. Was die Waffenimporte anbelangt, ist es kein Wunder, dass unter den europäischen Staaten gerade die Ukraine ihre Importe dramatisch gesteigert hat (Deutsche Welle).
8. März 2024
Aktuelle Lage
Russische Luftangriffe bei Selenskyj-Besuch in Odessa
Als der ukrainische Präsident Selenskyj seinen Gast, den griechischen Regierungschef Mitsotakis, durch die Hafenanlagen von Odessa führte, schlugen in der Nähe russische Raketen ein. Beide sind wohlauf, doch ersten Erkenntnissen der ukrainischen Ermittler zufolge wurden durch den Beschuss mindestens fünf Menschen getötet. Es war in mehr als zwei Jahren des russischen Angriffskrieges das erste Mal, dass Selenskyj und ein ausländischer Gast derartig von russischem Beschuss betroffen waren (FAZ).
Russisches Kriegsschiff laut Kiew bei Drohnenattacke versenkt
Nach Angaben aus Kiew ist vor der Halbinsel Krim ein russisches Kriegsschiff durch einen Angriff von ukrainischen Wasserdrohnen versenkt worden. Getroffen worden sei die Korvette „Sergej Kotow”, eine schweres Patrouillenboot der Schwarzmeerflotte, teilte der ukrainische Militärgeheimdienst HUR mit. Das Schiff habe Treffer im Heck sowie Back- und Steuerbord erlitten. Die Ukraine greift immer wieder erfolgreich Schiffe aus Russlands Schwarzmeerflotte an (Spiegel).
Massiver Drohnenangriff auf Krim
Die Ukraine hat die Halbinsel Krim nach russischen Angaben massiv angegriffen. Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilte, hätte das russische Luftabwehrsystem 38 Drohnen aus der Ukraine über der Halbinsel abgeschossen. In ukrainischen und russischen sozialen Medien gibt es Berichte über starke Explosionen in der Nähe des Hafens von Feodosia und eines Öldepots. Die Kertsch-Brücke, die die Halbinsel Krim mit dem russischen Festland verbindet, wurde laut russischer Verwaltung einige Stunden lang für den Verkehr gesperrt (ORF).
Mehrere Tote bei Drohnenangriffen auf Wohnhaus in Odessa
Bei einem schweren russischen Drohnenangriff auf ein mehrstöckiges Wohnhaus im südukrainischen Odessa sind nach Behördenangaben mindestens sieben Menschen getötet worden, darunter zwei Kinder. Acht Menschen wurden verletzt, weitere könnten verschüttet sein. Bei dem Angriff auf das neunstöckige Wohnhaus sollen insgesamt 18 Wohnungen zerstört worden sein (ZEIT).
Weitere Beiträge
Auf „Nachkriegs-Russland“ vorbereiten
Der Westen habe sich, so Militärökonom Marcus Keupp, lang ein „Russland-Bild schöngestrickt“, vor allem in Deutschland. Jetzt schon müsse Europa sich auf das „Nachkriegs-Russland“ vorbereiten. In diesem Krieg gehe es um viel mehr als um die Ukraine. Die Front habe man nicht nur in der Ukraine, sondern auch im Baltikum und auch in Polen. Man dürfe nicht wie in den letzten 30 Jahren eingestellt sein, sondern müsse sich einstellen, „auf eine harte Konfrontation mit einem revanchistischen Land, das sich nicht abrücken wird von seinem revisionistischen Anspruch“ (ZDF).
„Nordic Response 2024“ – NATO probt Verteidigung des Bündnisgebietes
Mit diesem Militärmanöver üben NATO-Länder, einen Angriff auf das europäisches Bündnisgebiet abzuwehren. Militärs von 13 NATO-Verbündeten und -Partnern, darunter auch 1.500 Soldaten aus Deutschland, beteiligen sich vom 3. bis 14. März 2024 an der Großübung „Nordic Response 2024“. Die Übung wird in Norwegen, Finnland und Schweden durchgeführt und konzentriert sich auf die kollektive Verteidigung in dieser Region. Insgesamt nehmen mehr als 20.000 Soldaten teil. Die Übung ist Teil des seit Februar laufenden Manövers „Steadfast Defender“ (ZEIT).
Bundesregierung beteiligt sich an tschechischer Initiative
Die Bundesregierung wird sich laut Regierungssprecher Hebestreit mit einem dreistelligen Millionenbetrag an der tschechischen Initiative zum Ankauf von Munition für die Ukraine beteiligen. Tags zuvor hatte sich bereits Frankreich der Initiative der Regierung in Prag angeschlossen (Deutschlandfunk).
Tschechische Initiative zur Munitionsbeschaffung – Frankreich schließt sich an
Den ukrainischen Streitkräften fehlt es an Munition, um dem Angriffskrieg Russlands weiterhin standhalten zu können. Ein verbündetes Land ergreift nun die Initiative – und bewegt andere Länder dazu, ebenfalls mehr Munition zu liefern. Die Ukraine kann nun auf eine baldige Lieferung von mehreren Hunderttausend Artilleriegranaten hoffen. Nach längerem Zögern schloss sich auch Frankreich der Idee an, 800 000 Geschosse aus Ländern außerhalb der EU zu beschaffen (Rheinische Post).
Streit um Taurus und Bodentruppen: Fällt Europa auseinander?
Deutschland weigert sich, der Ukraine weitreichende Taurus-Marschflugkörper zur Verfügung zu stellen – Frankreich und Großbritannien haben ähnliche Waffen längst geliefert. Die Risse zwischen den Unterstützerstaaten werden größer (Deutschlandfunk).
Russische Spionage bei Bundeswehr – Warum der Abhörfall brisant ist
Bundeswehroffiziere wollten intern ein Briefing für den Verteidigungsminister vorbereiten, doch Russland hörte mit. Worum ging es konkret und was hat der Lauschangriff für Folgen? Es handelte sich um ein Vorbereitungsgespräch der Offiziere für ein Briefing für Verteidigungsminister Boris Pistorius, das am 19. Februar stattgefunden haben soll. In der Viererrunde mit dabei war der Chef der Luftwaffe, Inspekteur Ingo Gerhartz. Thema war, wie die Ukraine deutsche „Taurus“-Marschflugkörper im Krieg gegen Russland einsetzen könnte, falls Kanzler Olaf Scholz sein Nein zu einer Lieferung der Waffen überdenken sollte. So wurde etwa diskutiert, wie lange die Ausbildung von Ukrainern an „Taurus“ dauern und wie Deutschland dabei vorgehen könnte. Eine Frage war ferner, ob „Taurus“-Marschflugkörper technisch theoretisch in der Lage wären, die von Russland gebaute Brücke zur völkerrechtswidrig annektierten ukrainischen Halbinsel Krim zu zerstören (Tagesschau).
1. März 2024
Aktuelle Lage
Wie kritisch die Lage für die Ukraine ist
Die Ukraine brauche dringend Munition, aufgrund des Mangels sei die Ukraine gezwungen, langsam zurückzugehen. Die Situation für die Ukraine sei kritisch, schätzt Oberst Markus Reisner von der Militärakademie in Wien in die Lage ein. In der aktuellen Situation brauche die Ukraine unmittelbar sofort Artilleriemunition. Tschechien sammelt deshalb derzeit finanzielle Unterstützer für das Vorhaben, rund 800.000 Schuss Artilleriemunition an die Ukraine zu liefern. Wenn die Ukraine nicht in der Lage sei, dem russischen Vorrücken enstprechend entgegenzutreten, werde Russland womöglich bis zum Fluss Dnipro durchstoßen, so Reisner. Russland greife mit seinen Truppen an mehreren Stellen gleichzeitig an, insgesamt an 17 Stellen. Es gäbe fünf Hauptstoßrichtungen. Russland habe langsam aber stetig Geländegewinne zu verzeichnen, so der Militärexperte. In russischen Sozialen Netzwerken werde bereits das Konzept der „Tiefen-Operation“ diskutiert, das aus der Zeit der Sowjetunion stammt. Es besage im Kern, dass Verteidigungsstellungen durchbrochen werden und – im Falle Russlands in der Ukraine – bis zum Dnipro durchgestoßen werde, erklärt Reisner (ZDF).
Russlands Druck auf die Front wächst
Die Ukraine kann die Front bei Awdijiwka nicht stabilisieren und wird stetig weiter zurückgedrängt. Auch wenn es den Streikräften der Ukraine immer wieder gelingt, russische Kampfjets abzuschießen, verschlechtert sich die Lage am Boden für die Ukrainer zusehends. Seit Jahresbeginn nimmt der Druck der Russen auf die Verteidiger ständig zu. Sie verfügen über die Initiative an fast allen Fronten und sind an Waffen und Soldaten überlegen (Handelsblatt).
Ukrainische Armee hat sich weiterem Ort nahe Awdijiwka zurückgezogen
Die ukrainische Armee hat sich eigenen Angaben zufolge nun auch aus dem Ort Lastotschkyne nahe der Industriestadt Awdijiwka im Osten der Ukraine zurückgezogen. Angesichts von Personal- und Munitionsmangel hatten sich die ukrainischen Streitkräfte kürzlich aus Awdijiwka zurückgezogen (n-tv).
Weitere Beiträge
Selenskyj: „Welt, in der der Terror gewinnt, würde niemandem gefallen“
Angesichts der schwierigen Lage an der Front hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erneut um weitere militärische Unterstützung aus dem Westen geworben. „Die globale Stabilität beruht ausschließlich auf dem Mut und der Hingabe der ukrainischen Kämpfer und unserer ganzen Nation“, sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. Es sei offensichtlich, dass Putins Ambitionen weit über die Ukraine hinaus reichten. „Eine Welt, in der der Terror gewinnt, würde niemandem gefallen. Deshalb muss Putin verlieren“, sagte Selenskyj. „Unsere Leute in der Ukraine sind in der Lage, das zu gewährleisten – mit ausreichender Unterstützung.“ (RND).
Rede zur Lage der Nation – Putin warnt Westen vor Truppeneinsatz in Ukraine
Zwei Wochen vor der Präsidentenwahl in Russland hat sich Amtsinhaber Wladimir Putin in seiner traditionellen Rede zur Lage der Nation an die Bevölkerung gewandt. Er erneuerte den Vorwurf, dass der Westen für den Krieg verantwortlich sei. Russland habe Soldaten in die Ukraine geschickt, um russische Interessen zu schützen und um zu verhindern, dass die Ukraine durch einen NATO-Beitritt zu einer großen Sicherheitsgefahr für Russland werde. Putin ging in seiner Rede zudem auf den Vorschlag des französischen Präsidenten Emmanuel Macron ein, der zuletzt den Einsatz von NATO-Bodentruppen in der Ukraine ins Spiel gebracht hatte. Wenn Truppen zum Kampf in die Ukraine geschickt würden, bestehe die Gefahr eines Atomkriegs, betonte der Kremlchef (Tagesschau).
Moldau, Transnistrien und die Angst vor Russland
Mit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist auch die benachbarte Republik Moldau in den Fokus gerückt. Jüngste Entwicklungen befeuern die Sorge, dass Moskau die Kontrolle in dem Land übernehmen will (Deutschlandfunk).
Dazu auch unser Dosser über den Transnistrien-Konflikt
Mobilisierungspläne – Wie die Ukraine 500.000 neue Soldaten rekrutieren will
Nach zwei Jahren Krieg gehen der Ukraine die Soldaten aus. Das Militär benötigt dringend neue Soldaten, 500.000 Männer sollen neu rekrutiert werden. Möglich machen soll das ein Gesetz, das gerade im ukrainischen Parlament beraten wird. Seine Verabschiedung wird für Ende Februar erwartet (Deutschlandfunk).
Bodentruppen in der Ukraine – Russland warnt, USA und Deutschland distanzieren sich
Mit seinen Gedankenspielen zum Einsatz westlicher Bodentruppen in der Ukraine hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat großen Wirbel ausgelöst. Russland zeigt sich empört und hat die Gedankenspiele um die Entsendung westlicher Bodentruppen in die Ukraine als gefährliche Entwicklung kritisiert. Bundeskanzler Olaf Scholz wies den Vorstoß Macrons für eine mögliche Entsendung von Bodentruppen aus NATO-Staaten in die Ukraine zurück. In Paris habe man sich auch für die Zukunft darauf verständigt, „dass es keine Bodentruppen, keine Soldaten auf ukrainischem Boden geben wird, die von europäischen Staaten oder von NATO-Staaten dort hingeschickt werden“, so Scholz. Auch die USA als wichtigster Unterstützer der Ukraine schließen selbst weiterhin aus, amerikanische Soldaten in das von Russland angegriffene Land zu entsenden (FAZ).
Macron schließt Einsatz von Bodentruppen nicht aus
Bei einer Unterstützerkonferenz in Paris haben über 20 Länder weitere und schnellere Hilfe für die Ukraine beschlossen. Auch der Einsatz von westlichen Bodentruppen in der Ukraine wird inzwischen nicht mehr ausgeschlossen. Um einen russischen Sieg in der Ukraine zu verhindern, sei nichts ausgeschlossen, so Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Es habe zwar keine Einigkeit zum Einsatz von Bodentruppen gegeben, „aber in der Dynamik darf nichts ausgeschlossen werden. Wir werden alles tun, was nötig ist, damit Russland diesen Krieg nicht gewinnen kann.“ Eine russische Niederlage sei nötig für die Stabilität und Sicherheit in Europa. Deshalb müssten sich die Unterstützer der Ukraine einen Ruck geben. Der slowakische Ministerpräsident Robert Fico warnte indes vor einer „gefährlichen Eskalation der Spannungen“ mit Russland. Einzelne Länder seien offenbar bereit, eigene Soldaten direkt in die Ukraine zu schicken. Dies würde jedoch Russland nicht zum Einlenken bewegen, sehr wohl aber die Gefahr einer Ausweitung des Konflikts vergrößern (Tagesschau).
Laut Selenskyj 31.000 ukrainische Soldaten getötet
Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges vor zwei Jahren sind in der Ukraine nach Angaben von Präsident Wolodymyr Selenskyj 31.000 ukrainische Soldaten getötet worden. „Es sind nicht 300.000, nicht 150.000, wie es Putin und sein Kreis von Lügnern behaupten“, sagte Selenskyj. „Jeder Gefallene ist ein großer Verlust für uns“, fügte er hinzu. Wie viele zivile Opfer zu beklagen seien, sei derzeit nicht klar. Es seien aber wohl Zehntausende in den besetzten Gebieten des Landes (Tagesschau).
Staats- und Regierungschefs wollen in Paris Unterstützung für Ukraine abstimmen
Auf Initiative von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron treffen sich heute 20 Regierungschefs in der französischen Hauptstadt, um über Waffenlieferungen für die Ukraine zu beraten. Nach Angaben des Kieler Instituts für Weltwirtschaft ist Deutschland bislang der größte europäische Geber von Militärhilfe mit einem Gesamtvolumen von 17,7 Milliarden Euro. Frankreich hatte im vergangenen Jahr militärische Unterstützung in Höhe von 2,1 Milliarden Euro geleistet (Berliner Zeitung).
Februar 2024
Februar 2024
24. Februar 2024
Zwei Jahre Ukraine-Krieg
Wer oder was kann Putin stoppen?
Der russische Überfall auf die Ukraine jährt sich zum zweiten Mal – ein Kriegsende scheint nicht in Sicht. Welche Bilanz lässt sich ziehen? Welche Perspektiven gibt es für die Ukraine und für Europa? (Deutschlandfunk Kultur)
Zu Besuch in Odessa – Außenministerin Baerbock versichert Ukraine volle Unterstützung
Außenministerin Annalena Baerbock hat der Ukraine bei ihrem Besuch in Odessa anhaltende Unterstützung mit Waffen in ihrem Verteidigungskampf gegen Russland sowie und auf dem Weg in die Europäische Union zugesagt. Solange der russische Präsident Wladimir Putin nicht bereit sei, den Krieg zu stoppen, „unterstützen wir euch jeden weiteren Tag“ auch mit Waffenlieferungen, „die nicht nur zurückerobern, sondern die jeden Tag Menschenleben retten“, so Baerbock am Samstag bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba in Odessa. Kuleba warf Deutschland und dem Westen eine Mitschuld am Krieg durch zögerliches Verhalten vor. „Wenn Deutschland und der Westen nicht vom Beginn der ukrainischen Unabhängigkeit auf die Ukraine über das Prisma Russlands geschaut und uns in die EU und die Nato aufgenommen hätten, dann hätte es diesen Krieg nie gegeben.“ Auch seien Chancen vor dem Krieg vertan worden, Russland einzudämmen. „Wenn zu Kriegsbeginn alle Entscheidungen zu Waffenlieferungen schnell getroffen und umgesetzt worden wären, dann wären wir heute in Luhansk und würden heute auf der Pressekonferenz über ein Europa von Lissabon bis Luhansk reden.“ (RND).
Scholz mahnt zu Abschreckung: „Damit wir uns wirksam verteidigen können"
Bundeskanzler Olaf Scholz hat anlässlich des zweiten Jahrestages des russischen Überfalls auf die Ukraine zu größeren Anstrengungen in Deutschland und Europa für eine effektive Verteidigung und zu einer Rückkehr zur Politik der Abschreckung aufgerufen. Wörter wie „Abschreckung” und „Verteidigungsbereitschaft“ seien „ungewohnte Worte für manche aus dem Mund eines Bundeskanzlers", meinte Scholz. Sie stünden aber für eine wichtige Aufgabe: „Zusammen mit unseren Verbündeten müssen wir so stark sein, dass niemand es wagt, uns anzugreifen. So sorgen wir für unsere Sicherheit. Und so verteidigen wir den Frieden in Europa." (Tagesschau).
Zwei Jahre russischer Angriff: Wie kann der Ukraine-Krieg enden?
24. Februar 2022: ein Tag, der Europa verändert hat. Seit dem russischen Angriff versucht die Ukraine, Moskaus Truppen aus dem Land zu vertreiben. Zuletzt tat sich im Frontverlauf aber nur wenig. Wie könnte dieser Krieg enden? Vier Szenarien (Bayerischer Rundfunk).
Krieg in der Ukraine – Die Beschaffungsnöte der EU
Der Verteidigungskrieg gegen Russland ist enorm materialintensiv. „Einerseits wird in Schützengräben wie im Ersten Weltkrieg gekämpft. Andererseits sind Drohnen und KI im Einsatz“, sagt Burkhard Schmitt vom Verband der europäischen Luft- und Verteidigungsindustrie in Brüssel. Zum hohen Bedarf an konventionellem Material kommt also noch jener an Hightech-Produkten hinzu. Diese hohe Nachfrage trifft auf eine Rüstungsindustrie, die in Europa jahrzehntelang brach lag und jetzt möglichst schnell zum Leben erweckt werden soll. Geld ist eigentlich vorhanden, eine große Summe von 380 Milliarden US-Dollar stehe allein für dieses Jahr zur Verfügung, wie NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg verkündete (Tagesschau).
Umfrage in zwölf EU-Ländern Nur wenige Europäer glauben noch an ukrainischen Sieg
Die schleppende Gegenoffensive der Ukraine und die Rückschläge an manchen Frontabschnitten lassen viele Menschen in Europa pessimistisch auf den Kriegsverlauf blicken. Nur noch rund zehn Prozent der Befragten glauben an einen Sieg der Ukraine. Dies ergab eine in zwölf EU-Ländern durchgeführte Umfrage im Auftrag des European Council on Foreign Relations (ECFR). Doppelt so viele rechnen mit einem russischen Sieg. Demgegenüber rechnen 37 Prozent der Befragten damit, dass die Ukraine und Russland eine Kompromisslösung finden. Auch die Sorge vor einem US-Präsidenten Trump trübt die Aussichten (Spiegel).
Zehn Jahre Euromaidan – Die blutige Geburt der freien Ukraine
Vor zehn Jahren kam es in der Ukraine zu Massenprotesten auf dem Euromaidan. Auslöser war die überraschende Erklärung der damaligen ukrainischen Regierung, das geplante Assoziierungsabkommen mit der Europäischen Union nicht unterzeichnen zu wollen. Im Februar 2014 eskalierte die Gewalt gegen die Demonstranten auf dem Maidan. Bei dem Massaker auf dem Kiewer Maidan-Platz starben dutzende Menschen. Die Ereignisse markierten das Ende des russlandhörigen Präsidenten Janukowytsch und die Geburt der freien Ukraine – die bis heute einen hohen Preis bezahlt (RND).
Weitere Beiträge
Münchner Sicherheitskonferenz: Zum Start ein Schock – dann viel Ratlosigkeit
Die Münchner Sicherheitskonferenz war in diesem Jahr dominiert von den Kriegen in der Ukraine und in Nahost. Die Konferenz begann mit der Schocknachricht über den Tod des Putin-Kritikers Alexej Nawalny. Der russische Präsident Wladimir Putin trage die Verantwortung für Nawalnys Tod, so der Konsens unter den Konferenzteilnehmern. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte erneut mit dramatischen Worten mehr Hilfe, mehr Waffen, mehr Munition. Nach der Sicherheitskonferenz bieb der Eindruck: Würden die USA als wichtigstes Unterstützerland der Ukraine künftig ausfallen, da die Republikaner im US-Kongress neue Hilfen blockieren, ist die Lücke enorm groß. Zu groß für Europa, um sie zu füllen (Tagesschau).
Was die Sicherheitskonferenz gezeigt hat
Die Münchner Sicherheitskonferenz zeige für Deutschland und Europa drei unangenehme Wahrheiten zum Ukraine-Krieg, so die Beobachtungen der ZDF-Korrespondenten: Amerika werde künftig nicht mehr in dem Umfang die Ukraine unterstützen. Niemand in Europa brauche sich irgendeiner Illusion hinzugeben, dass die Hilfen im bisherigen Umfang einfach so weitergehen würden. Europa werde daher noch viel mehr leisten müssen. Die Ukraine brauche mehr Waffen um zu überleben. Die große Frage bleibe: Ziehen alle die richtigen Schlüsse daraus? (ZDF)
16. Februar 2024
Aktuelle Lage
Russland greift erneut zivile Infrastruktur an
Die Ukraine ist erneut mit einer Welle von Drohnen und Raketen angegriffen worden. In weiten Teilen der Ukraine herrschte Luftalarm. Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe zielten Shahed-Drohnen etwa in Richtung des Gebiets Dnjepropetrowsk im Osten des Landes sowie auf die Regionen Cherson und Mykolajiw im Süden. In einigen Teilen Dnipros sei die Strom- und Wasserversorgung unterbrochen (Spiegel).
Russisches Kriegsschiff „Caesar Kunikow“ zerstört
Die Ukraine hat nach eigenen Angaben ein russisches Kriegsschiff vor der Halbinsel Krim zerstört. Laut ukrainischen Angaben soll die „Caesar Kunikow“ von unbemannten Unterwasserdrohnen getroffen und versenkt worden sein. Das Landungsschiff, das seit den 1980er-Jahren im Dienst der damals sowjetischen und heute russischen Flotte ist, setzt die russische Schwarzmeerflotte zum Transport von Material und Munition auf die Krim ein (ZDF).
Russischer Drohnenangriff auf Charkiw
Bei einem Drohnenangriff auf eine Tankstelle in Charkiw sind laut ukrainischen Angaben in der Nacht sieben Menschen getötet worden, darunter zwei Kinder und ein Baby. Bei dem Angriff mit Shahed-Drohnen verteilte sich laut Charkiws Bürgermeister Ihor Terechow brennender Treibstoff auf umliegende Häuser. Mindestens 50 Menschen mussten evakuiert werden. 14 Häuser gerieten demnach in Brand (Berliner Zeitung).
Weitere Berichte
Scholz und Selenskyj unterzeichnen Sicherheitspartnerschaft
Nach Großbritannien hat nun auch Deutschland ein Sicherheitsabkommen mit der Ukraine vereinbart. Bundeskanzler Olaf Scholz und Präsident Selenskyj haben die vertiefte Partnerschaft in Berlin beschlossen und ein entsprechendes bilaterales Abkommen unterzeichnet. Nach Angaben eines deutschen Regierungssprechers handelt es sich um eine „Vereinbarung über Sicherheitszusagen und langfristige Unterstützung“ der Ukraine, Die Vereinbarung soll die Zeit überbrücken, bis die Ukraine Mitglied in der NATO wird (Spiegel).
Selenskyj plant Sicherheitsabkommen mit Frankreich und Treffen mit Scholz
Ukraines Präsident Selenskyj wird am Samstag bei der Münchner Sicherheitskonferenz auftreten. Die Reise wird er nutzen, um vorab Frankreich und Deutschland zu besuchen. Am Freitag besucht Selenskyj Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin. Auch mit Präsident Emmanuel Macron wird er sich treffen. In Paris wollen die beiden über den Abschluss eines bilateralen Sicherheitsabkommen zwischen der Ukraine und Frankreich sprechen (Spiegel).
US-Senat stimmt für Ukraine-Hilfspaket – Entscheidung im Repräsentantenhaus steht noch aus
Seit Monaten hofft die Ukraine in ihrem Abwehrkampf gegen Russland auf neue milliardenschwere Hilfen der USA. Wochenlang stritten die Senatoren der Demokraten um US-Präsident Joe Biden mit den oppositionellen Republikanern im Kongress über weitere Ukraine-Hilfen. Nun billigte der Senat den entsprechenden Gesetzentwurf. Damit sind die Finanzhilfen jedoch noch nicht freigegeben. Es steht noch die Zustimmung im Repräsentantenhaus aus, in welcher die Republikaner die Mehrheit stellen. Der Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Mike Johnson, bekräftigte umgehend, die Republikaner würden dem aktuellen Gesetzespaket nicht zustimmen. Der Entwurf enthalte kein Geld zur Sicherung der US-Grenze zu Mexiko, so die Begründung. Das Gesetzespaket entspricht einem Gesamtvolumen von 118 Milliarden Dollar, darunter 60 Milliarden Dollar für die Unterstützung der Ukraine (Deutsche Welle).
Einschätzung der NATO – Die Sorgen vor russischer Aggression wachsen
NATO-Chef Stoltenberg rechnet mit einer langen Konfrontation mit Russland und fordert schnellere Rüstungsinvestitionen. Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz schließt auch den russischen Griff nach NATO-Gebiet nicht mehr aus. Die NATO muss sich aus Sicht ihres Generalsekretärs Jens Stoltenberg auf die Möglichkeit einer jahrzehntelangen Konfrontation mit Russland vorbereiten. „Die NATO sucht keinen Krieg mit Russland“, so Stoltenberg, „aber wir müssen uns wappnen für eine möglicherweise jahrzehntelange Konfrontation“. Erstmals seit Ende des Kalten Krieges werde ein möglicher Krieg von außen vorgegeben, so Generalinspekteur der Deutschen Bundeswehr Carsten Breuer in einem Interview: „Wenn ich den Analysten folge und sehe, welches militärisches Bedrohungspotenzial von Russland ausgeht, dann heißt das für uns fünf bis acht Jahre Vorbereitungszeit.“ Das heiße aber nicht, dass es dann Krieg geben werde – aber es sei möglich. Es gehe am Ende darum, sich verteidigen zu können und dadurch für einen Gegner das Risiko so hoch anzusetzen, dass er sich gegen einen Angriff entscheide (Tagesschau).
Trump will säumige NATO-Staaten nicht schützen
Der republikanische US-Präsidentschaftsbewerber Donald Trump würde NATO-Partnern, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, keinen Schutz vor Russland gewähren. So äußerte sich der ehemalige US-Präsident jüngst auf einer Wahlkampfveranstaltung. Trump hatte in der Vergangenheit immer wieder mit dem Rückzug der USA aus dem Verteidigungsbündnis gedroht. Derzeit kämpft der Republikaner bei den Vorwahlen seiner Partei um eine erneute Präsidentschaftskandidatur. Er wirbt unter anderem mit einer grundlegenden Neubewertung der NATO (Tageschau).
„Eine Folge strategischer Fehlkalkulationen“
Nach Einschätzung von Generalleutnant a. D. Romanenko fand der ehemalige ukrainische Armeechef Saluschnyj zu wenig Gehör bei Präsident Selenskyj. Auch deshalb sei die Gegenoffensive ins Stocken geraten. Der Krieg sei zu einem Stellungskrieg geworden, vor allem deshalb, weil sich für die Ukraine die Situation bezüglich der Ressourcen verschlechtert habe. Die Ukraine war gezwungen, zu einer strategischen Verteidigung überzugehen. Der neue Oberkommandierende, General Oleksandr Syrsky, werde jetzt zu einer aktiven Verteidigung zurückkehren, so Romanenko. Das heißt, sobald sich eine Möglichkeit ergebe, werde es wieder verstärkt zu Gegenoffensiven und Offensiven kommen – je nach den Ressourcen, die vorhanden seien (Tagesschau).
Der neue ukrainische Oberbefehlshaber Syrskyj
Präsident Selenskyj hat die Spitze der Militärführung ausgetauscht. Anstelle von Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj, der die Führung der ukrainischen Armee bislang inne hatte, wird nun Olexander Syrskyj als neuer Oberbefehlshaber die Ukraine durch das dritte Kriegsjahr führen. Er steht vor der Mammutaufgabe, die wachsenden Probleme der Armee in den Griff bekommen. Der Nachschub an Waffen und Munition wird zunehmend zum Problem, trotz westlicher Hilfe. Die Mobilisierung von Rekruten stockt und die Moral in der Truppe leidet wegen ausbleibender Erfolge. Syrskyj tritt für eine Rotation der Truppen zwischen Kampfeinsätzen und Ruhe- und Ausbildungsphasen ein (Tagesschau).
Putin schließt Niederlage in der Ukraine aus
In einem mehr als zweistündigem Interview mit dem US-Journalisten Tucker Carlson wiederholte Russlands Präsident Wladimir Putin seine bekannte Positionen zum russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Putin hat deutlich gemacht, dass er es für „unmöglich“ hält, dass Russland der Ukraine militärisch unterliege. Russland sei bereit, „bis zum Ende“ für seine Interessen zu kämpfen. Er habe aber kein Interesse daran, den Krieg in der Ukraine auf andere Staaten, etwa Lettland oder Polen, auszuweiten (Deutschlandfunk).
Unbeirrter Putin belehrt und droht dem Westen
Gut gelaunt und selbstbewusst wendete sich Russlands Präsident Putin erstmals seit seinem Einmarsch in die Ukraine 2022 an ein westliches Publikum. Im Interview mit Tucker Carlson dient dieser Putin vor allem als Stichwortgeber, den Westen für alles Mögliche zu beschuldigen und die USA und ihre NATO-Verbündeten allein verantwortlich für den Krieg zu machen. Kritische Fragen gab es kaum (n-tv).
9. Februar 2024
Aktuelle Lage
Moskau und Kiew melden Drohnenangriffe
Nach ukrainischen Angaben wurden von Russland aus 16 Drohnenangriffe auf die Ukraine gestartet. Zehn Drohnen habe man abgefangen. Ziel der Attacken sei zivile Infrastruktur in der östlichen Region Charkiw gewesen. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, man habe in der Nacht in vier Regionen und über dem Schwarzen Meer 19 ukrainische Drohnen abgewehrt. Den örtlichen Behörden zufolge zielte der Angriff vor allem auf die Energieinfrastruktur (Deutschlandfunk).
Die Hafenstadt Odessa gerät wieder ins Visier Russlands
Nachdem es um Odessa jüngst ruhiger geworden war, kam es in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag wieder zu einem schweren Drohnenangriff. Obwohl die Flak der ukrainischen Verteidiger im Dauerfeuermodus arbeitete, schafften es mindestens zwei der fünf auf die Region gerichteten Drohnen bis ins Stadtzentrum. Neben einem komplett zerstörten Gebäude, das unter anderem ein Studentenwohnheim beherbergte – seine Bewohner konnten rechtzeitig evakuiert werden –, wurden Dutzende weitere Häuser beschädigt. Die lokalen Militärbehörden erwarten für die kommenden Wochen eine weitere Erhöhung des Drucks auf Odessa (Der Standard).
„Die Russen rücken trotz hoher Verluste an mehreren Stellen vor“
Videos in sozialen Netzwerken würden zeigen, dass Russland unter erheblichen Verlusten von Menschen und Material an mindestens neun Stellen der Front vorrücken konnte, sagt Oberst Markus Reisner im Interview. Vor allem bei Awdijiwka spitze sich die Lage für die ukrainischen Streitkräfte gefährlich zu. Die bis jetzt an die Ukraine gelieferten westlichen Waffensysteme seien zwar von hoher Qualität, so Reisner, aber in einem Zermürbungs- und Abnutzungskrieg spiele nicht Qualität, sondern vor allem Quantität eine Rolle (n-tv).
Ukraine verstärkt Angriffe auf Ölanlagen
Seit Mitte Januar verstärkt die Ukraine ihre Drohnenangriffe auf die russische Ölinfrastruktur. Angriffsdrohnen trafen mehrere Anlagen in den Regionen Leningrad, Woronesch, Brjansk, Wolgograd und Rostow. Dabei setzt die Ukraine vermehrt Drohnen mit größerer Reichweite ein. Ein Angriff etwa auf die Ust-Luga-Ölanlage in der Nähe von St. Petersburg deutet darauf hin, dass die Ukraine jetzt über solche Drohnen verfügt, die in der Lage sind, 1.000 Kilometer im feindlichen Luftraum zu fliegen und dabei nicht entdeckt zu werden (ZDF).
Weitere Berichte
Ukraine bereitet sich auf neue Mobilisierung vor
Das ukrainische Parlament hat am Mittwoch einen Regierungsentwurf zur Mobilisierung in der Ukraine in erster Lesung angenommen. Das neue Gesetz sieht die Einführung elektronischer Vorladungen sowie neue Strafen bei Wehrdienstverweigerern vor. Kritik am Gesetzentwurf kommt derweil vom Menschenrechtsbeauftragten des ukrainischen Parlaments. Mehrere Aspekte seien nicht im Einklang mit der ukrainischen Verfassung und würden gegen das internationale Menschenrechtsabkommen verstoßen (Berliner Zeitung).
US-Senat lehnt Milliarden-Paket ab
Die Republikaner im US-Senat haben ein Gesetzespaket blockiert. Das Maßnahmenbündel mit einem Volumen von 118 Milliarden Dollar erreichte nicht die erforderliche Mehrheit von 60 Stimmen im Senat. Es umfasst unter anderem 60 Milliarden Dollar zur Unterstützung der Ukraine (Tagesschau).
UN-Gericht lässt ukrainische Klage gegen Russland weitgehend zu
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eine Klage der Ukraine gegen Russland weitgehend zugelassen. Das höchste Gericht der Vereinten Nationen wird nun ein Hauptverfahren eröffnen. Es wies die meisten Einwände Russlands gegen das Verfahren zurück. Russland hatte seinen Überfall auf die Ukraine vor fast zwei Jahren damit begründet, dass Millionen Menschen in der Ostukraine vor einem angeblichen Völkermord geschützt werden müssten. Zwei Tage nach Kriegsbeginn reichte die Ukraine eine Klage beim IGH ein, in der sie die Vorwürfe zurückwies und ihrerseits Russland einen Verstoß gegen die UN-Völkermordkonvention zur Last legte (ZEIT).
Putin will „alles für den Sieg“ – aber in seiner Armee rumort es kräftig
Bei einer Veranstaltung unter dem Titel „Alles für den Sieg!“ hat Putin den völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine als „heiligen, gerechten Kampf gegen die neue Ausgabe des Neonazismus“ bezeichnet. Er würdigte die Leistung der russischen Streitkräfte, die für „das Vaterland, die Wahrheit und die Freiheit“ kämpfen würden. „Alles für den Sieg“ scheint auch wirtschaftlich das Motto zu sein. Der Kreml hat insbesondere die Ausgaben für den Verteidigungssektor zuletzt massiv erhöht. Im Vergleich zum Vorjahr sind die Budgets für Verteidigung und Sicherheit um fast 70 Prozent gestiegen. Rund 30 Prozent der gesamten Haushaltsausgaben sollen 2024 für die russischen Streitkräfte aufgewendet werden, auch für russische Verhältnisse ein neuer Rekord. 376,7 Milliarden Euro sollen in die russische Armee fließen (Kölnische Rundschau).
Konflikt um die Krim: Schiffe der Schwarzmeer-Flotte verlegt
Da Russland von der Halbinsel Krim aus immer wieder Angriffe auf die Ukraine startet, steht die russische Schwarzmeer-Flotte im Fokus der ukrainischen Abwehrbemühungen, um die Operationsfähigkeit der gegnerischen Flotte zu schwächen. Die Schiffe dieser Flotte stellen eine „echte Bedrohung“ für die Ukraine dar, sagte Pletentschuk, der Sprecher der Marine der Streitkräfte, da sie Russland die Fähigkeit zu Langstreckenangriffen bieten und russische Operationen rund um die annektierte Halbinsel Krim und in der Südukraine ermöglichen. Ende vergangenen Jahres behauptete der britische Verteidigungsminister Grant Shapps, Russland habe in den vergangenen vier Monaten 20 Prozent seiner Schwarzmeer-Flotte verloren. Nach einem wiederholten Angriff der Ukraine auf Sewastopol mittels Drohnen hat Russland die hochwertigen Einheiten – die Fregatten Admiral Essen und die Makarow, drei U-Boote und fünf Landungsschiffe – aus der Schusslinie gezogen und größtenteils nach Noworossijsk verlegt, so das marineforum.online. Satellitenbilder zeigen zunehmend verwaiste Hafenbereiche der Krim-Metropole (Frankfurter Rundschau).
2. Februar 2024
Aktuelle Lage
Ukraine will weiteres russisches Kriegsschiff versenkt haben
Die Ukraine berichtet von einen weiteren Erfolg im Schwarzen Meer. In der Nacht zum Donnerstag sei die mit Raketen bestückte Korvette „Iwanowez“ durch mehrere Seedrohnen versenkt worden. Damit sei dem ukrainischen Militärgeheimdienst nach eigenen Angaben erneut ein Schlag gegen die russischen Seestreitkräfte gelungen. Die eingesetzten Waffen: kleine ferngesteuerte Boote voller Sprengstoff (Spiegel).
Ukraine greift russische Flugbasis auf der Krim an
Die Halbinsel Krim ist erneut Ziel eines massiven ukrainischen Angriffs geworden. Das russische Verteidigungsministerium sprach von 20 angreifenden Marschflugkörpern der Ukraine. Die Attacke richtete sich gegen Luftwaffenstützpunkte nahe Sewastopol und Jewpatorija sowie andere Orte auf der Krim. Die genauen Auswirkungen sind noch nicht bekannt (Welt).
Russland greift Ukraine erneut mit Drohnenschwärmen an
Russland hat nach ukrainischen Angaben insgesamt 35 Angriffsdrohnen und zwei Lenkraketen in der Nähe der Frontlinie und in anderen ukrainischen Regionen abgefeuert. Sie zielten darauf ab, Energie- und Militäranlagen zu treffen. Die ukrainischen Flugabwehrsysteme hätten 15 der 35 Drohnen zerstört, teilte die Luftwaffe mit. In allen Landesteilen im Osten und Süden der Ukraine herrschte in der Nacht Luftalarm (Spiegel).
Weitere Berichte
Orbán beendet Blockade: EU kann Ukraine mit 50-Milliarden helfen
Der ungarische Regierungschef Viktor Orbán hat seine Blockade der EU-Pläne für neue Ukraine-Hilfen aufgegeben. Auf dem EU-Sondergipfel in Brüssel haben alle 27 Staats- und Regierungschefs dem geplanten Unterstützungspaket im Umfang von 50 Milliarden Euro für die Zeit bis Ende 2027 zugestimmt, teilte EU-Ratspräsident Charles Michel mit. Ferner wurde vereinbart, dass die Entscheidung nach zwei Jahren überprüft wird. Die von der EU eingefrorenen Mittel wegen Ungarns Verstößen gegen Rechtsstaatlichkeit würden zunächst nicht ausgezahlt, betonten mehrere EU-Diplomaten (n-tv).
Welche Folgen das Scheitern des EU-Munitionsplans für die Ukraine hat
Den ukrainischen Truppen mangelt es schon jetzt an Munition, um russische Angriffe zu erwidern. Und die westlichen Partner hinken bei der Produktion von Artilleriegranaten hinterher. Militärexperte Franz-Stefan Gady sieht die Industrie erst ab Ende des Jahres imstande, die Ukrainer mit ausreichend Munition zu versorgen. Die Folge: Eine Gegenoffensive könnte erst 2025 starten (Spiegel).
Russland und Ukraine tauschen Gefangene aus
Die Ukraine und Russland haben je etwa 200 Kriegsgefangene freigelassen. Es sei der 50. Gefangenenaustausch dieser Art gewesen, insgesamt seien bislang 3.035 Ukrainer wieder zurückgekehrt. Ursprünglich war für den vergangenen Mittwoch ein Gefangenenaustausch geplant. An diesem Tag war jedoch nahe der russischen Stadt Belgorod ein Transportflugzeug der russischen Armee abgestürzt. Noch immer weisen sich beide Seiten die Schuld für den Absturz zu. Ob sich tatsächlich, wie von Russland angegeben, ukrainische Kriegsgefangene an Bord der Maschine befunden haben, konnte bislang nicht abschließend geklärt werden (Tagesschau).
NATO-Führungskräfte warnen: Russland könnte Ziele in Europa angreifen
Könnte Europa auf einen Konflikt mit Russland zusteuern? Innerhalb der NATO-Führung gibt es Befürchtungen, dass Russland möglicherweise Angriffe auf verschiedene europäische Ziele ins Auge fassen könnte, einschließlich Deutschland. Die Armee Putins könnte auch hinter den Frontlinien zuschlagen, um die zivile und militärische Infrastruktur, die für die Aufrechterhaltung der Kriegsanstrengungen unerlässlich ist, zu zerstören, so die Sorge einiger NATO-Generäle. „Wir müssen davon ausgehen, dass ein Aggressor das gesamte Spektrum der Gewalt einsetzen wird, um Kommunikationslinien auch im rückwärtigen Bereich zu zerstören“, erklärte NATO-Generalleutnant Alexander Sollfrank. Ein beunruhigendes Bild des Ukraine-Krieges zeichnet auch ein kürzlich aufgetauchtes Geheimdokument der Bundeswehr. Es beschreibt zunächst eine hybride Kriegsführung mit russischen Cyberangriffen auf die kritische Infrastruktur des Westens sowie die gesellschaftliche Destabilisierung der osteuropäischen Staaten durch Falschinformationen und Aufstachelung im Internet. Unter dem Deckmantel von Militärmanövern könnte Russland dann seine Exklave Kaliningrad aufrüsten. Ein von Russland provozierter „Grenzkonflikt“ könnte schließlich zu Kampfhandlungen mit Litauen und Polen führen. Ferner wurde auch darauf hingewiesen, dass die NATO nur über einen Zeitraum von drei Jahren verfüge, um ihre Verteidigung gegen eine potenzielle russische Offensive auf das Bündnisgebiet zu stärken (Frankfurter Rundschau).
Polens Außenminister: „Wenn er ein Land bedroht, meint er es ernst“
Europa habe die Bedrohung durch Russland nicht ernst genug genommen, sagt der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski in einem Interview. Berlin liege in Reichweite der in der russischen Exklave Kaliningrad stationierten russischen Raketen, betonte Sikorski. Seine Äußerungen waren die jüngsten in einer Reihe von Warnungen westlicher Beamter vor der Gefahr eines möglichen Krieges mit Russland. „Putin hat Polen, Lettland und Finnland gedroht. Wenn er ein Land bedroht, meint er es ernst. Zu oft haben wir ihn nicht ernst genommen“ (FAZ).
Kiew hält russische Absturz-Belege nicht für überzeugend
Die Ukraine nimmt Russland nicht ab, dass an Bord der mutmaßlich abgeschossenen Maschine ukrainische Kriegsgefangene waren. Es gebe weiterhin keine Beweise dafür, dass an Bord der in Belgorod abgestürzten Iljuschin tatsächlich 65 Kriegsgefangene gewesen seien, sagte der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, Kyrylo Budanow. Laut einer Mitteilung des Koordinierungsstabes für den Austausch von Kriegsgefangenen stellte Russland eine Liste mit Namen zur Verfügung. Weiterhin ist jedoch unklar, ob sich diese Menschen tatsächlich in diesem Flugzeug befanden (FAZ).
Russisches Militär will neue Waffen ins Arsenal aufnehmen – Bomber und Atomraketen
Das russische Militär will in diesem Jahr eine Reihe strategisch wichtiger Hightechwaffen in Dienst stellen. So sollen die Streitkräfte 2024 die Atomrakete „Sarmat“, neue strategische Bomber, moderne Flugabwehrsysteme und ein weiteres strategisches Atom-U-Boot erhalten, kündigte Vizeverteidigungsminister Alexej Kriworutschko an (n-tv).
Januar 2024
Januar 2024
25. Januar 2024
Flugzeugabsturz über Belgorod
Kiew und Moskau streiten vor UN-Sicherheitsrat
Der UN-Sicherheitsrat beschäftigt sich auf einen Antrag des Kreml hin mit dem Flugzeugabsturz bei Belgorod. Die Ukraine und Russland beschuldigen sich gegenseitig eines Anschlags. „Alle uns heute vorliegenden Informationen zeigen, dass wir es mit einem vorsätzlichen, durchdachten Verbrechen zu tun haben“, sagte der stellvertretende russische UN-Botschafter Dmitri Poljanski. Die ukrainischen Behörden hätten „sehr gut” die Route gekannt, über die ukrainische Kriegsgefangene zu einem Gefangenentausch hätten geflogen werden sollen. Die stellvertretende ukrainische UN-Botschafterin Chrystyna Hajowyschyn sagte hingegen, die Ukraine sei nicht über die Zahl und Art der Transportmittel zum Transport der Gefangenen informiert worden. „Allein das könnte bewusste Handlungen Russlands darstellen, um das Leben und die Sicherheit der Gefangenen zu gefährden“, so Hajowyschyn. Sollten sich die Informationen bestätigen, dass sich an Bord des Flugzeugs ukrainische Kriegsgefangene befanden, wäre dies eine „schwere Verletzung des humanitären Völkerrechts durch Russland” (n-tv).
Flugzeugabsturz über Belgorod – Rufe nach internationaler Untersuchung
Nachdem sich die Ukraine und Russland gegenseitig beschuldigen, für den Absturz des Flugzeuges verantwortlich zu sein, werden die Rufe nach einer internationalen Untersuchung des Vorfalls lauter. Der ukrainische Präsident Selenskyj sagte, sein Land werde sich für eine internationale Untersuchung einsetzen. Inzwischen hat der ukrainische Geheimdienst SBU Ermittlungen des Vorfalls eingeleitet. Der russische Außenminister Sergej Lawrow forderte eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats (Tagesschau).
Was über den Absturz bekannt ist – und was nicht
Nach dem Absturz einer Militärmaschine in der russischen Grenzregion Belgorod ist noch vieles unklar. Russland und die Ukriane beschuldigen sich gegenseitig, für den Absturz verantwortlich zu sein. Warum stürzte das Flugzeug ab? Und wer war an Bord? Was man weiß, was Russland sagt und was die Ukraine – ein Überblick (Tagesschau).
Militärtransporter mit ukrainischen Kriegsgefangenen über Belgorod abgestürzt
Wie das Verteidigungsministerium in Moskau mitteilt, ist ein russisches Militärtransportflugzeug mit mehr als 70 Menschen am Mittwoch über dem Gebiet Belgorod an der Grenze zur Ukraine abgestürzt. Das Flugzeug dürfte über dem Gebiet Belgorod an der Grenze zur Ukraine abgestürzt sein. An Bord der Maschine vom Typ Iljuschin Il-76 seien neun russische Besatzungsmitglieder gewesen sowie 65 ukrainische Kriegsgefangene. Sie seien zu einem geplanten Austausch geflogen worden. Der Gouverneur der Region, teilte laut Medienberichten mit, dass sich im Bezirk Korotschanski nordöstlich von Belgorod ein nicht näher bezeichneter „Zwischenfall” ereignet habe und dass der Ort inspiziert werde (Der Standard).
Weitere Berichte
„Krieg wird in Verhandlungslösung enden“
Wie kann der russische Angriffskrieg einmal enden? Welche Perspektiven kann es langfristig für die Ukraine geben? Westliche Regierungen betonen meist, dass die Zeit für Verhandlungen noch nicht gekommen sei und allein die Ukraine über Bedingungen für Gespräche entscheiden müsse. Doch es gibt auch Stimmen, die klare Ausstiegsszenarien fordern. Der Krieg sei militärisch nicht zu gewinnen, daher müsse eine Verhandlungslösung her. US-Politikwissenschaftler Samuel Charap schildert er seine Sicht auf mögliche Perspektiven für den Ukraine-Krieg. Die meisten Konflikte seien gelöst worden, während beide Parteien gleichzeitig kämpften und sprachen, statt dass man erst aufhörte zu kämpfen und dann anfing zu sprechen. „Ich glaube, so wird das hier auch sein“, so Charap in einem Interview (ZDF).
Berichte über Ringtausch von Marschflugkörpern mit deutscher Beteiligung
Laut Medienberichten erwägt Deutschland die Beteiligung an einem Ringtausch zur Lieferung von Marschflugkörpern an die Ukraine. Es gebe in Berlin Überlegungen, NATO-Partnern wie Großbritannien oder Frankreich „Taurus“-Modelle aus Beständen der Bundeswehr zu liefern. Der Ukraine könnten diese dann im Gegenzug Marschflugkörper anderer Bauart überlassen (Deutschlandfunk).
Deutschland liefert der Ukraine Hubschrauber
Deutschland will der Ukraine erstmals Militärhubschrauber liefern. Die Ukraine soll ab dem zweiten Quartal 2024 sechs Mehrzweckhubschrauber vom Typ Sea King Mk41 aus Bundeswehrbeständen erhalten, wie das Verteidigungsministerium nach Beratungen der Ukraine-Kontaktgruppe mitteilte. Die Hubschrauber sollen unter anderem bei der Aufklärung über dem Schwarzen Meer unterstützen. „Für den Schutz der ukrainischen Bevölkerung und Infrastruktur bleibt Luftverteidigung die Priorität Nummer eins“, so Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (ZDF).
Polen und Ukraine planen gemeinsame Rüstungsproduktion
Bei seinem Antrittsbesuch bei Präsiident Selenskyj in Kiew tauschte sich Polens neuer Ministerpräsident Tusk über die weitere militärische Unterstützung und eine gemeinsame Waffenproduktion beider Länder aus. Beide Seiten seien bereit, die Gespräche über Investitionen dafür abzuschließen, betonte Tusk. „Das polnische Volk, der polnische Staat ist einer unserer größten Helfer“, sagte der ukrainische Staatschef. Ebenso wie Tusk unterstrich er, dass Polen damit auch seine eigene Freiheit wahre: „Im Osten Europas bewahren wir die Freiheit nur dann, wenn wir diese zusammen verteidigen“ (ZDF).
19. Januar 2024
Aktuelle Lage
Ukraine greift russisches Öldepot in 1000 Kilometern Entfernung an
Die Ukraine hat bei ihren Gegenangriffen auf russisches Gebiet nach eigenen Angaben auch ein weit entferntes Öldepot im Norden des Landes attackiert. Der Drohnenangriff habe in der Region Leningrad rund 1000 Kilometer von der Grenze entfernt stattgefunden. Das russische Verteidigungsministerium hatte zuvor einen Drohnenangriff in der Region bestätigt. Ob das Depot zerstört wurde war zunächst unklar (Deutschlandfunk).
Gegenseitige Angriffe mit Drohnen und Raketen
Die Ukraine und Russland haben erneut zahlreiche gegenseitige Luftangriffe gemeldet. Vor allem Regionen im Osten und Süden der Ukraine seien attackiert worden. Russland wiederum berichtete, die Region Belgorod sei von ukrainischer Seite angegriffen worden (Deutschlandfunk).
Ukrainische Drohnenangriffe auf russische Grenzregionen
Nach eigenen Angaben haben die russischen Streitkräfte mehrere nächtliche ukrainische Drohnenangriffe auf russische Grenzregionen abgewehrt. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, es seien fünf ukrainische Drohnen zerstört worden. Drei weitere seien über der Region Woronesch und vier weitere Drohnen über der Region Belgorod abgefangen worden (Berliner Zeitung).
Gouverneur: Russland wehrt ukrainische Raketen über Kursk ab
Kursk ist 500 Kilometer von Moskau entfernt und liegt nahe der Grenze zur Ukraine. Russlands Verteidigung will dort nun ukrainische Raketen abgewehrt haben. Wie der Gouverneur von Kursk mitteilte, habe die Flugabwehr in der Nacht drei ukrainische Raketen über der russischen Region Kursk nahe der Grenze zur Ukraine abgewehrt (Stuttgarter Zeitung).
Verlust für Russland: Ukraine soll KI-Drohnen-„Killer“ ausgeschaltet haben
Russland setzt an der Front auch auf Künstliche Intelligenz. Die russische Armee setzte ihr fortschrittliches RB-109A Bylina System in der Ostukraine ein, um gegnerische Drohnen vom Himmel zu holen. Dieses System soll nun von ukrainischen Drohnen zerstört worden sein, wie das US-Medium Forbes berichtet (Frankfurter Rundschau).
Weitere Berichte
Steadfast Defender – „Größte NATO-Übung seit Jahrzehnten”
Bei dem NATO-Manöver „Steadfast Defender” (zu Deutsch „Standhafter Verteidiger”) soll der Ernstfall eines russischen Angriffs auf das Bündnisgebiet geprobt werden. Bei dem vierstufigen Großmanöver unter dem Namen „Quadriga 2024” handele es sich um „die größte NATO-Übung seit Jahrzehnten”. Das Manöver werde vier Monate andauern unter Beteiligung von insgesamt 90.000 Soldaten. Die Bundeswehr wird nach eigenen Angaben mit mehr als 12.000 Soldaten im Einsatz sein und insbesondere Fähigkeiten zur schnellen Verlegung von Kräften an die NATO-Ostflanke trainieren. Die NATO-Staaten im Baltikum gehören zu den Ländern, die sich wegen ihrer Lage besonders bedroht von Russland fühlen. Laut dem Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa, Christopher Cavoli, soll die Übung ein klarer Beleg für den Zusammenhalt, die Stärke und die Entschlossenheit des Bündnisses zum gegenseitigen Schutz sein (n-tv).
Bundestag lehnt „Taurus“-Lieferung an die Ukraine ab
Eine deutliche Mehrheit im Bundestag lehnte den Entschließungsantrag der Unionsfraktion ab, der die Bundesregierung ausdrücklich aufforderte, „endlich und unverzüglich der Ukraine einsatzbereite 'Taurus'-Marschflugkörper in größtmöglichem Umfang bereitzustellen“. Auch innerhalb der Ampel-Regierung war diese Haltung umstritten. 178 Abgeordnete stimmten in namentlicher Abstimmung für die Vorlage, 485 dagegen, drei enthielten sich (Tagesschau).
Debatte über russische Bedrohung: Warum sich Europa Kriegsrisiken stellen muss
Seit einigen Wochen finden sich vermehrt Beiträge von Analysten, die ein erhöhtes Kriegsrisiko für Europa sehen. Militärexperten, Staatsakteure sowie die NATO warnen vor den Risiken eines weiteren russischen Angriffs in Europa. Die NATO müsse auf einen Krieg mit Russland vorbereitet sein, so Politikwissenschaftler Hoffmann. Moskau denke über solche Szenarien nach. Dem müsse effektiv begegnet werden, so Hoffmann (ZDF).
Internationaler Friedensgipfel in der Schweiz
In der Schweiz hat eine internationale Konferenz mit über 80 Ländern und internationalen Organisationen stattgefunden, um sich über die Vorschläge der Ukraine für einen dauerhaften Frieden auszutauschen. Russland und China waren nicht unter den Teilnehmenden. Russland bezeichnete ein solches Treffen ohne die Beteiligung Russlands als Farce. Die Ukraine möchte ihren Friedensplan mit einem weiteren internationalen Gipfeltreffen auf höchster Ebene vorantreiben. Russland könne an einem solchen Treffen aber nur teilnehmen, wenn es ein ernsthaftes Ansinnen für einen Frieden im Sinne der Ukraine beweise, sagte der Leiter des ukrainischen Präsidentenbüros, Andrij Jermak, in Davos. Farce (n-tv).
Ukraine-Frieden: „Sprechen von Jahrzehnten“
Der Frieden in der Ukraine muss vorbereitet werden, während die Kampfhandlungen noch laufen, erklärt die Friedensforscherin Ursula Schröder. Er werde Jahrzehnte dauern, prognostiziert Friedenforscherin Schröder. Der Weg zu einem tragfähigen Frieden in der Ukraine werde ein sehr langer und sehr mühsamer sein. Er könnte beginnen, den Prozess vor dem Prozess vorzubereiten: Zu sondieren, welche Akteure an den Tisch kommen müssen und diplomatische Kanäle aufzubauen (ZDF).
Putin: Der ukrainischen Staatlichkeit droht „irreparabler Schlag“
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die Ukraine vor einem Ende ihrer Existenz als Staat gewarnt. Der ukrainischen Staatlichkeit drohe durch das Handeln der Führung in Kiew ein „irreparabler Schlag“. Die sogenannte Friedensformel des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, die den kompletten Abzug russischer Truppen aus der Ukraine vorsieht, sei nichts anderes als eine Fortsetzung des „Verbots“ von Verhandlungen mit Russland. Niemand könne Russland zum Verzicht auf die bisher eroberten Gebiete zwingen. „Alle verstehen, dass das nicht möglich ist“, so Putin (n-tv).
12. Januar 2024
Aktuelle Lage
Gefürchtete russische Storm-Z-Truppen an neue Ukraine-Front verlegt
Die Storm-Z-Einheiten in der Ukraine bestehen wie einst Wagner-Truppen aus Straftätern. Moskau hat laut Angaben der Regierung und von Menschenrechtsaktivisten bis zu 100.000 Häftlinge aus den Gefängnissen entlassen und sie in den Krieg in der Ukraine geschickt. Das Versprechen auf Begnadigung und ein verhältnismäßig hoher Sold führten zu vielen Freiwilligen. Derzeit werden Soldaten dieser Truppe an die gefährlichsten Stellen der Siwerschtschyna-Front im Norden der Ukraine verlegt (Merkur).
Selenskyj droht Russland mit Vergeltung
Russland hat die Ukraine am Montag mit Dutzenden Raketen, Marschflugkörpern und Drohnen bombardiert. Von den insgesamt knapp 60 Geschossen konnten weniger abgefangen werden als üblich, unter anderem, weil Landesteile bombardiert wurden, die nicht so gut geschützt sind wie die Hauptstadt Kiew. Die Ukraine will die jüngsten schweren Angriffe Russlands nicht unbeantwortet lassen: „Der Terrorstaat wird definitiv unsere Antwort spüren“, so der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (Spiegel).
ISW warnt vor neuer russischer Offensive im Gebiet Charkiw
US-Militärexperten warnen vor einer möglichen neuen Offensive Russlands im Nordosten der Ukraine. Russische Kräfte könnten in den kommenden Wochen ihre Anstrengungen verstärken, Kupjansk im Gebiet Charkow zu erobern, so die Analysten des US-Instituts für Kriegsstudien in ihrem Bericht. Zuletzt haben die Raketen- und Artillerieangriffe in der Region deutlich zugenommen (ZEIT).
Mindestens elf Tote durch russischen Beschuss in Donezk
Durch einen russischen Raketenbeschuss in Pokrowsk in der Region Donezk sind nach Angaben der Ukraine elf Menschen getötet worden. Unter den Toten waren den Angaben zufolge fünf Kinder. Eine Rakete war in das Haus einer sechsköpfigen Familie eingeschlagen (Spiegel).
Ukraine meldet Angriff auf russischen Flughafen auf der Krim
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben einen russischen Kommandopunkt am Flughafen Saky auf der Halbinsel Krim zerstört. Der ukrainischen Luftwaffe zufolge seien alle Ziele getroffen worden. Das russische Verteidigungsministerium hingegen meldet, man habe mehrere Raketen und Drohnen über der Krim sowie dem Schwarzen Meer abgeschossen und dadurch einen versuchten terroristischen Angriff der Ukraine vereiteln können (BR).
Weitere Berichte
Warum Selenskyj strikt gegen eine Waffenruhe im Ukraine-Krieg ist
Die Idee einer möglichen Feuerpause im Abwehrkampf seines Landes gegen Russland lehnt Ukraines Präsident Selenskyj strikt ab.
Jede Form der Stagnation des Krieges würde Putin nutzen, um erneut eine Großoffensive gegen sein Land zu starten, warnt Selenskyj. „Pausen" bei der Verteidigung oder gar ein Waffenstillstand, davon würde nur Putin profitieren (euronews).
Veto gegen Ukraine-Hilfen der EU: Druck auf Ungarn wächst
Nachdem Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán im Dezember sein Veto gegen das EU-Hilfspaket für die Ukraine eingelegt hat, haben die EU-Beamten einen möglichen Kompromiss ausgearbeitet. Eigentlich sieht der Vorschlag der Europäischen Kommission für das EU-Hilfspaket vor, der Ukraine über einen Zeitraum von vier Jahren verlässliche Finanzmittel zukommen zu lassen. Geplant waren 17 Milliarden Euro an Zuschüssen und 33 Milliarden Euro an Darlehen. Ungarn hat nun signalisiert, dass es der Finanzierung zustimmen könnte, solange das 50-Milliarden-Euro-Paket in vier Jahrespakete zu je 12,5 Milliarden Euro aufgeteilt und jährlich neu darüber entschieden wird, so mehrere EU-Diplomaten, die mit den Verhandlungen vertraut sind (euractiv).
UN: Mindestens 10.200 Zivilisten in der Ukraine getötet
Die UN haben aktuelle Zahlen zum Krieg in der Ukraine veröffentlicht. Seit Beginn des großangelegten Einmarschs der russischen Armee Ende Februar 2022 seien mehr als 10.200 Zivilisten ums Leben gekommen, mehr als 19.300 Zivilisten hätten Verletzungen erlitten. Die UN betonen regelmäßig, dass die tatsächlichen Opferzahlen weit höher sind als die dokumentierten Daten. Ferner haben rund 6 Millionen Menschen in anderen Staaten Europas Schutz gesucht, weitere 3,7 Millionen Binnenflüchtlinge harren in der Ukraine aus (Rheinische Post).
Russland evakuiert 1.300 Kinder aus Belgorod
Aufgrund der wiederholten Angriffe auf die an der Grenze zur Ukraine gelegene Stadt Belgorod im Westen Russlands werden etwa 1.300 Grundschulkinder aus Belgorod in weiter nördlich gelegene Ferienlager in Sicherheit gebracht. Seit der russischen Angriffswelle gegen die Ukraine Ende Dezember steht die Stadt Belgorod mit ihren 330.000 Einwohnern unter Beschuss. Durch ukrainische Angriffe sollen in Belgorod 25 Menschen ums Leben gekommen sein. In Russlands Krieg gegen die Ukraine sollen seit dem Einmarsch der russischen Truppen im Februar 2022 etwa 650 ukrainische Kinder getötet worden sein. Ferner macht die Ukraine Russland für die Verschleppung von mehr als 19.500 ukrainischen Kindern verantwortlich (euronews).
Häufige Luftangriffe: Erste unterirdische Schule in Charkiw
Hunderte Kinder lernen wegen des Kriegs in der U-Bahn von Charkiw. Einige sollen bald wieder in eine richtige Schule. Auch die neu errichtete Schule liegt unter der Erde und soll im März eröffnen. Die Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine ist nur rund 30 Kilometer von der russischen Grenze entfernt und ist in jüngster Zeit wieder fortwährenden russischen Angriffen ausgesetzt (dasding).
Zukunft der Ukraine – Sicherheitsexpertin: Hilfe aus den USA ist unersetzlich
Inwieweit sind die USA und die EU bereit, die Ukraine im Krieg weiterhin zu unterstützen? Was passiert ohne weitere Milliardenhilfen für die Ukraine? Würde der wichtigste zentrale finanzielle Unterstützer USA wegbrechen, wäre dies ein Signal der Schwäche an Russland und die Ukraine, so Sicherheitsexpertin Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Europa wäre nicht im Stande, diese Hilfen zu kompensieren. Sei die Bereitschaft insgesamt nicht da, langfristig noch mehr in die Unterstützung der Ukraine zu investieren, könne die Ukraine allenfalls den Status quo halten, jedoch keine wirklichen Befreiungsschläge erzielen. Entscheidend sei, die europäische Waffenproduktion hochzufahren. Siege Russland, würden die Kosten für Europas Sicherheit viel höher ausfallen, so Major (Deutschlandfunk).
„Es könnte Krieg in Schweden geben“
Der Krieg in der Ukraine und der bevorstehende NATO-Beitritt schüren in Schweden die Angst vor einer militärischen Konfrontation. Hochrangige Sicherheitsbeamte fordern die Bevölkerung auf, sich für einen möglichen Krieg zu wappnen. Schwedens Minister für Zivilschutz hat seine Landleute davor gewarnt, sich in einem falschen Gefühl von Sicherheit zu wiegen: „Es könnte Krieg in Schweden geben“, sagte Carl-Oskar Bohlin bei der jährlichen Sicherheitskonferenz am vergangenen Sonntag (Spiegel).
5. Januar 2024
Aktuelle Lage
„Ukraine versammelt wohl vermehrt Militär bei Charkiw"
Heftige Kämpfe gibt es nach wie vor im Westen in der Region um Bachmut sowie südlich in der Region um Andrijiwka Aktuell gibt es ferner Meldungen über weitere Kämpfe nordöstlich von Charkiw, wo die Ukraine nun offenbar vermehrt Truppen versammelt (n-tv).
Russisches Geschoss trifft versehentlich eigenes Dorf
Nach russischen Angaben schlug ein fehlgeleitetes Geschoss versehentlich in einem russischen Dorf im Grenzgebiet Woronesch ein, 140 Kilometer von ukrainisch beherrschtem Territorium entfernt. Es seien sieben Gehöfte beschädigt worden, so der Gouverneur des Gebiets (Spiegel).
Raketenangriff auf Kiew - Luftalarm im ganzen Land
Kiew ist erneut Ziel eines schweren russischen Angriffs geworden. Wie die ukrainische Luftwaffe mitteilte, habe Russland mehrere Hyperschallraketen des Typs Kinschal eingesetzt. Insgesamt seien 16 strategische Bomber vom Typ Tu-95MS im Einsatz gewesen. Die Luftwaffe gab weiterhin an, in der Nacht 35 im Iran produzierte Shahed-Drohnen abgewehrt zu haben. Laut Berichten waren laute Explosionen zu hören, herabfallende Trümmer verursachten Brände, in mehreren Stadtteilen gebe es Stromausfälle (Tagesschau).
Russland attackiert Ukraine in der Neujahrsnacht
In der Silvesternacht hat Russland die Ukraine erneut mit Luftangriffen überzogen. Im gesamten Land wurde am Abend Luftalarm ausgelöst. Die ukrainische Luftwaffe teilte mit, dass Russland insgesamt 90 Drohnen gestartet habe, von denen 87 zerstört worden seien. Auch mehrere Raketen seien abgeschossen worden. Der ukrainische Luftwaffenchef Mykola Oleschtschuk lobte in einer Bilanz für 2023 die Abschusszahlen der Flugabwehr seines Landes. Insgesamt seien 85 Prozent der Kampfdrohnen und Marschflugkörper, die das russische Militär gegen Ziele in der Ukraine eingesetzt habe, abgeschossen worden. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen (Spiegel).
Ukraine-Krieg im Jahr 2024 – Wie geht es weiter?
Russland im Jahr 2024: Konsolidierung trotz Krieg
Präsident Wladimir Putin sitzt weiter fest im Sattel und steht vor einer fünften Amtszeit. Wie beliebt Putin im eigenen Volk ist, nach fast zwei Jahren Krieg und großen russischen Verlusten in der Ukraine, spielt dabei im Grunde keine Rolle, sagt der in Moskau lebende Politikwissenschaftler Alexander Kynew. Die Menschen seien zwar mit vielem unzufrieden. Aber das politische Feld sei bereinigt. Niemand habe in diesem riesigen Land die Ressourcen, das Präsidentenamt zu kämpfen. Insgesamt herrsche in Russland wieder eine deutlich optimistischere Stimmung als zu Kriegsbeginn, urteilt der Soziologe Denis Wolkow vom Moskauer Lewada-Zentrum. Die Regierung habe viel getan, um die Wirkungen der westlichen Sanktionen abzufedern. Russlands Wirtschaft sei nicht zusammengebrochen, und die russische Bevölkerung glaube an einen für Russland erfolgreichen Ausgang im Krieg in der Ukraine. In gewissem Sinne werde der Krieg zur Routine, zu einem Hintergrund, an den man sich längst gewöhnt habe, und in den die meisten nicht involviert seien (Deutsche Welle).
Russland setzt laut USA Raketen aus Nordkorea ein
Laut dem US-Geheimdienst führt Russland seinen Krieg in der Ukraine neurdings auch mit Unterstützung von Waffen aus Nordkorea. Im Herbst letzten Jahres war der nordkoreanische Machthaber Kim zu Präsident Putin zu Gesprächen nach Moskau gereist. Die USA sind sich nun sicher, dass Nordkorea tatsächlich Waffen an Russland liefere und diese ballistischen Raketen mittlerweile bereits gegen die Ukraine eingesetzt würden (Tagesschau).
„Putin wittert einen Moment der Schwäche"
Die intensivierten Angriffe Russlands auf die Ukraine zeigen nach Ansicht des Militärexperten Gustav Gressel,, dass Putin die eigenen Truppen im Aufwind sieht. Wie lange sich die Ukraine noch der Luftangriffe erwehren könne, hänge vom Munitionsnachschub ab. Die Debatten um die Ukraine-Unterstützung seitens des Westen, vor allem aus den USA, ließen Putin bei seinen Gegnern Momente der Schwäche wittern. Und Russland selbst sehe sich dementsprechend derzeit in einer Position der Überlegenheit und Stärke (Tagesschau).
ARD-DeutschlandTrend: Viele erwarten 2024 kein Kriegsende in der Ukraine
Die Mehrheit der Deutschen rechnet laut ARD-DeutschlandTrend auch 2024 nicht mit einem Ende des Krieges in der Ukraine. Was finanzielle Hilfen für das Land betrifft, sind die Meinungen gespalten, ebenso was einen EU-Beitritt der Ukraine anbelangt (Tagesschau).
NATO kauft 1.000 Patriot-Raketen - Produktion in Deutschland
Angesichts des Kriegs in der Ukraine will die NATO ihre Luftverteidigung stärken. Das Verteidigungsbündnis möchte hierfür bis zu 1.000 Patriot-Raketen aus deutscher Produktion im Wert von 5,5 Milliarden Euro anschaffen. Die Investition sei ein Zeichen für die Stärke des Militärbündnisses, erklärte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg (ZDF).
General warnt vor akutem Munitionsmangel der ukrainischen Luftabwehr
Der ukrainische General Serhij Najew hat vor Munitionsmangel der Luftabwehr gewarnt. Die Ukraine brauche die Hilfe der westlichen Länder, um die Raketenbestände wieder aufzufüllen, insbesondere
mehr Raketen für die Patriot-Abwehrsysteme. Diese dienen der Bekämpfung von größeren Zielen in der Luft wie Flugzeugen, Drohnen, Raketen und Marschflugkörp (Berliner Zeitung).
Dezember 2023
Dezember 2023
31. Dezember 2023
Aktuelle Lage
Russland fliegt Angriffe auf Millionenstadt Charkiw
Die russische Luftwaffe hat die ostukrainische Metropole Charkiw in zwei Wellen massiv aus der Luft angegriffen. 28 Menschen seien verletzt und zahlreiche Wohnhäuser im Stadtzentrum zerstört worden, teilten die Behörden mit. Die an der Grenze zu Russland liegende zweitgrößte ukrainische Stadt war schon am Samstag von mehreren russischen Raketen getroffen worden (Tagesschau).
Mehr als 20 Tote bei Angriff auf Belgorod - Moskau droht Kiew mit „Bestrafung"
Bei einem mutmaßlichen ukrainischen Raketenangriff auf die russische Grenzregion Belgorod sind russischen Angaben zufolge mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen, darunter auch Kinder. Medienberichten zufolge handelte es sich um den schwersten Beschuss von Belgorod, seit Beginn des Krieges vor knapp zwei Jahren. Belgorod liegt in der Grenzregion und ist deshalb immer wieder von den Kampfhandlungen betroffen. Russland spricht von „Terror", der nicht „ungestraft" bliebe und forderte eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats (n-tv)
Mehr als 30 Tote bei schweren Angriffen auf die Ukraine
Bei einer neuen massiven russischen Angriffswelle auf ukrainische Städte sind nach ukrainischen Angaben landesweit über 30 Menschen getötet worden, mehr als 150 Menschen wurden verletzt. Die Angriffe erfolgten auf die Regionen Dnipro, Charkiw, Saporischschja, Odessa sowie auf die Hauptstadt Kiew. In vielen Städten fiel zudem der Strom aus (Tagesschau).
Russische Spezialrakete bereitet Ukraine Probleme
Seit dem Beginn des Angriffkriegs auf die Ukraine haben die russischen Streitkräfte rund 300 Ch-22-Raketen auf die Ukraine abgefeuert. Bislang konnte keine davon abgefangen oder abgeschossen werden, so der Sprecher der Luftwaffe, Juri Ihnat. Dieser spezielle Rakenetyp spielte vermutlich auch bei dem jüngsten großen Luftangriff eine Rolle, auf ukrainischer Seite gab es mindestens 30 Todesopfer. Die Ch-22 „Burja" (übersetzt „Sturm") ist ein Überschall-Marschflugkörper mit großer Reichweite aus der Sowjet-Ära und fliegt mit einer Geschwindigkeit von viertausend Kilometern pro Stunde (n-tv).
27. Dezember 2023
Aktuelle Lage
Angriff auf Bahnhof von Cherson
Russland hat in der Südukraine nach offiziellen ukrainischen Angaben den Bahnhof der Stadt Cherson beschossen. Zum Zeitpunkt des Angriffes hätten dort rund 140 Zivilisten auf einen Evakuierungszug gewartet als russische Geschosse einschlugen. Die Rede ist derzeit von einem getöteten Polizisten und zwei weiteren Verletzten. Die Behörden teilten mit, dass mehr als 100 Zivilisten mit Bussen aus der frontnahen Stadt hinaus und in Sicherheit gebracht werden (Handelsblatt).
Ukraine bombardiert russisches Kriegsschiff auf der Krim
Der Ukraine hat erneut ein ziel auf der Krim angegriffen: Die ukrainische Armee meldet die Zerstörung des russischen Landungsschiffs „Nowotscherkassk”. Das Schiff habe mutmaßlich iranische Drohnen transportiert, die von Russland gegen die Ukraine eingesetzt werden, erklärte die Luftwaffe weiter. Ein Video zeigt eine Explosion auf dem russischen Marinestützpunkt Feodossija. Russland bestätigte den Angriff. Das Schiff sei beschädigt worden. Ein Mensch sei ums Leben gekommen, nach neueren Meldungen ist von 33 vermissten Matrosen und weiteren Verletzten die Rede. (Spiegel).
Russische Drohnen greifen Hafenstadt Odessa an
Laut Medienberichten wurde Odessa von mehreren Explosionen erschüttert. Die Luftraumüberwachung hatte zuvor den Anflug von mehreren Kamikaze-Drohnen aus Richtung des Schwarzen Meeres gemeldet. Auch in anderen Regionen des Landes gab es Luftalarm (Deutschlandfunk).
22. Dezember 2023
Aktuelle Lage
Ukrainisches Militär bestätigt Geländegewinne der Russen
Das ukrainische Militär bestätigt Geländegewinne der Russen bei deren seit zwie Monaten laufenden Bodenoffensive im Südosten der Ukraine. „Seit dem 10. Oktober, als der Feind aktiver wurde, ist er an einigen Stellen um eineinhalb bis zwei Kilometer vorgerückt“, so der ukrainische Oberst für diesen Frontabschnitt. Aktuell berichtet der ukrainische Generalstab 89 einzelne russische Bodenangriffe an sieben Frontabschnitten. Demnach gab es erneut eine Vielzahl an Angriffen bei Awdijiwka. Aber auch auf dem südlichen Dnipro-Ufer bei Krynki im Gebiet Cherson fanden Gefechte statt (ORF):
Osten der Ukraine: russische Truppen machen Awdijiwka dem Erdboden gleich
Wie aus einem aktuellen Bericht hervorgeht, haben die russische Truppen fast jedes Gebäude in der ostukrainischen Stadt Awdijiwka zerstört oder beschädigt. Die Angriffe sind demnach Teil eines Plans, der die Vernichtung jeglicher ziviler Infrastruktur vorsieht (euronews).
Kämpfe in südrussischer Region Belgorod
Mehrere Ortschaften in der russischen Region Belgorod unweit der Grenze zur Ukraine sind am Sonntag unter Beschuss geraten. Russische Medien sprachen von einem Angriff regulärer ukrainischer Einheiten berichteten, sprach der ukrainische Militärgeheimdienst von Attacken gegen militärische Ziele in der Region durch „Gegner des Kreml-Regimes“, in deren Verlauf russische Artillerie „chaotisches Feuer“ auf mehrere Dörfer auf russischer Seite der Grenze eröffnet haben soll. Belgorod liegt knapp 50 Kilometer nördlich der ukrainischen Großstadt Charkiw (ORF).
Russische Angriffe mit Drohnen, Marschflugkörpern und Raketen
Russland hat die Ukraine erneut mit einem massiven Luftschlag attackiert. Kiew meldete einen Angriff mit einer ballistischen Iskander-Rakete, einem Marschflugkörper sowie Drohnen. Die ukrainische Flugabwehr konnte die Angriffe abwehren, eine der abgeschossenen Drohnen sei jedoch in ein Wohngebiet gefallen und explodiert. Angegriffen worden seien Ziele in Odessa, Cherson, Saporischschja und Chmelnyzkyi (Spiegel).
Ukraine bereitet sich auf weiteres Kriegsjahr vor
„Keine Diskussion über neuen Einberufungs-Mechanismus”
Das ukrainische Verteidigungsministerium hat Berichte über angebliche Pläne von Minister Rustam Umjerow dementiert, im Ausland lebende ukrainische Staatsbürger für den Wehrdienst zu rekrutieren. Das Verteidigungsministerium stellte klar, die Aussagen Umjerows seien falsch interpretiert worden. Der Leiter der Presse- und Informationsabteilung des Verteidigungsministeriums, Illarion Pawljuk, erklärte, der Schwerpunkt der Aussage sei verschoben worden. Er betonte, der Minister habe gesagt, dass es wichtig sei, den Ukrainern im Ausland die Bedeutung des Eintritts in die Armee zu verdeutlichen, und dass es derzeit keine Diskussionen über die Mechanismen der Einberufung gebe (Tagesschau).
Ukraine will im Ausland lebende Bürger einziehen
Die ukrainische Armee braucht für ihren Verteidigungskampf und die Rückeroberung von Russland besetzter Gebiete mehr Soldaten. Bei der Suche nach weiteren Wehrdienstleistenden überlegt der neue Verteidigungsminister Rustem Umjerow, auch im Ausland lebende ukrainische Männer einzuziehen. Ukrainer im wehrfähigen Alter von 25 bis 60 Jahren in Deutschland und anderen Ländern sollten aufgefordert werden, sich in den Rekrutierungszentren der Streitkräfte zu melden. Er sprach zwar von einer Einladung, machte aber klar, dass es Sanktionen geben werde, wenn jemand der Aufforderung nicht folge: „Wir besprechen noch, was passieren soll, wenn sie nicht freiwillig kommen” (Tagesschau).
Militär der Ukraine bittet laut Selenskyj um bis zu 500.000 weitere Soldaten
In einer ausführlichen Pressekonferenz äußerte sich der ukrainische Präsident Selenskyj über Wünsche des Militärs und die angeblich schwindende Unterstützung der Verbündeten. Er gab bekannt, dass das Militär um die Mobilisierung von 450.000 bis 500.000 zusätzlichen Soldaten gebeten habe. Die Frage der Mobilisierung sei eine sehr sensible, eine zusätzliche Mobilmachung in diesem Umfang erfordere etwa 12 Milliarden Euro. Ferner sei wichtig, wer von den bisher kämpfenden Soldaten ein Recht auf Erholung und Heimaturlaub bekomme. Für diese Rotation werde ein komplexer Plan ausgearbeitet (Spiegel).
Wie weiter? Die Ukraine und der Westen suchen nach einem Jahr der Enttäuschungen eine neue Strategie gegen Russland
Die militärische Lage der Ukraine hat sich verdüstert. 2024 dürfte daher im Zeichen der Verteidigung und des Sammelns neuer Kräfte stehen. Die Ukraine, die USA und die übrigen NATO-Partner müssen eine neue, realistischere Strategie für 2024 finden (NZZ).
Selenskyj lehnt NATO-Beitritt ohne besetzte Gebiete ab
Der ukrainische Präsident Selenskyj lehnt die Idee eines Beitritts der Ukraine zur NATO ohne die russisch besetzten Gebiete ab. Der ehemalige NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen hatte vorgeschlagen, die Ukraine in das westliche Militärbündnis aufzunehmen, auch wenn sie nicht ihr ganzes Gebiet kontrolliere. Einem geteilten Beitritt werde die Ukraine jedoch nicht zustimmen, so Selenskyj: „Wir haben von keinem unserer Partner einen solchen Vorschlag erhalten. Ich kann mir auch nur schwer vorstellen, wie das aussehen soll.“ Die stärkste Sicherheitsgarantie für die Ukraine sei ihr Beitritt als ganzes Land (ORF).
US-Kongress wird dieses Jahr keine neuen Ukrainehilfen beschließen
Die USA sind der wichtigste Unterstützer der Ukraine im Krieg gegen die russischen Invasionstruppen. Doch auch nach tagelangen Debatten konnte sich der US-Kongress nicht auf die Bewilligung von neuen Hilfen für die Ukraine in Höhe von rund 61 Milliarden Dollar (knapp 56 Milliarden Euro) durchringen. In diesem Jahr wird es keinen Beschluss mehr über neuen Militärhilfen für die Ukraine geben. In den kommenden Tagen würden die Unterhändler der Kongresskammer und der Regierung weiter an offenen Fragen arbeiten, erklärten Schumer und McConnell. Die Hoffnung sei, dass zu Beginn des kommenden Jahres dann „rasch” gehandelt werden könne (Spiegel).
15. Dezember 2023
Aktuelle Lage
Russland beschießt Westukraine mit Hyperschallraketen
Die russischen Luftstreitkräfte haben den Militärflughafen Starokostjantyniw in der Westukraine mit Hyperschallraketen vom Typ Kinschal angegriffen. Mitteilungen der ukrainischen Luftstreitkräfte zufolge wurden die schwer abzufangenden Raketen in zwei Wellen von Kampfflugzeugen aus dem russischen Luftraum abgefeuert. In der der Nähe des Militärflughafens im Gebiet Chmelnyzkyj gab es laut Medienberichten Explosionen (ORF).
Russische Drohnen verletzen NATO-Luftraum
Russische Drohnenangriffe auf die Ukraine haben den Luftraum der NATO über Rumänien verletzt und Alarmstarts deutscher Eurofighter ausgelöst. Dabei wurden russische Luftfahrzeuge auch durch Sichtkontakt identifiziert, ohne dass von der NATO ein Befehl zum Abschuss erfolgte. Die Angriffswelle galt Zielen in der Ukraine. Bis zu 70 russische Drohnen des Typs Shahed 136 wurden registriert, von denen eine nach vorläufigen Erkenntnissen auch über dem Luftraum Rumäniens explodiert ist (nt-v).
Schwerste Angriffe auf Kiew seit Langem
Russische Raketenangriffe auf die ukrainische Hauptstadt Kiew haben schwere Brände und Schäden verursacht. Nach Angaben von Rettungskräften sind 53 Menschen verletzt worden. Die Raketen wurden laut Flugabwehr zwar abgeschossen, allerdings trafen herabfallende Trümmer einige Gebäude (ZDF).
„Russland drängt Ukraine immer mehr in Defensive“
Russland gelingen täglich neue Vorstöße, die ukrainischen Truppen sind dadurch an einigen Stellen entlang der Frontlinie zum Rückzug gezwungen. „Wenn der Westen sich nicht bewegt, wird die Ukraine in die Defensive gedrängt“, sagt Oberst Markus Reisner im Interview. Es gebe aber Waffen, die der Ukraine helfen könnten (n-tv).
Streit über Strategiewechsel
In der Ukraine werden Stimmen lauter, die sich für einen Rückzug und die Aufgabe von Orten aussprechen. Die ukrainischen Soldaten an der Front sind erschöpft, ihre Frauen wünschen sich deren Heimkehr. Andere wiederum plädieren für ein Durchhalten und bestehen auf die Rückgewinnung der von Russland besetzten Gebiete. Doch die internationale Unterstützung für die Ukraine hat nachgelassen. Ukraines Präsident Selenskyj reist in die USA, um für die Gewährung von Hilfsgeldern zu werben. Dort hieß es auch, die Ukraine solle mehr verteidigen statt anzugreifen (Deutschlandfunk).
Weitere Beiträge
EU-Hilfspaket für Ukraine: Orban fordert für „Ja“ Geld von EU
Der ungarische Regierungschef Viktor Orban hat auf dem EU-Gipfel ein Veto für ein geplantes 50-Milliarden-EU-Hilfspaket für die Ukraine eingelegt. Für eine Zustimmung fordert er die Freigabe aller für sein Land blockierten EU-Mittel, die wegen Verfehlungen gegen die Rechtsstaatlichkeit derzeit zurückgehalten werden (Bayerischer Rundfunk).
Weg frei für Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und Moldau
Die Europäische Union hat entschieden, Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine und der Republik Moldau zu beginnen. Die Entscheidung wurde offenbar ohne die explizite Zustimmung des ungarischen Ministerpräsidenten Orban getroffen, der sich gegen einen EU-Beitritt positionierte. Er blieb der Abstimmung fern und ließ mitteilen, sein Land würde sich enthalten. Er sprach im Nachhinein von einer „schlechten Entscheidung“, an der er sich nicht habe beteiligen wollen (Tagesschau).
Putin beharrt auf russischen Kriegszielen
In der großen Jahresabschluss-Pressekonferenz bekräftigte Russlands Machthaber Putin die militärischen Ziele Moskaus im Ukraine-Krieg. „Es wird Frieden geben, wenn wir unsere Ziele erreicht haben“, sagte Putin in Moskau. Er spricht von einem faktischen Bürgerkrieg, an dem „unsere amerikanischen Freundchen“ Schuld seien. Mit seiner im Februar 2022 gestarteten Offensive wolle Russland weiterhin „die Entnazifizierung und Entmilitarisierung der Ukraine und ihren neutralen Status“ erreichen. Die Hauptbedingung des Kreml-Chefs für einen Frieden ist der Verzicht auf die NATO-Mitgliedschaft der Ukraine (n-tv).
NATO-Staaten einigen sich auf höheres Budget
Angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine haben sich die NATO-Staaten darauf geeinigt, ihr gemeinsames Budget deutlich aufzustocken. Nach Angaben des Bündnisses wird das zivile Budget 2024 um rund 28 Prozent auf 370,8 Millionen Euro steigen, das Militärbudget um rund 26 Prozent auf 1,96 Milliarden Euro. Generalsekretär Jens Stoltenberg begrüßte die Entscheidung: „Dies ist ein konkreter Ausdruck des höheren Ehrgeizes.“ Nur gemeinsam könne man der rund eine Milliarde Menschen in den NATO-Staaten in einer gefährlicheren Welt Sicherheit bieten (ZEIT Online).
8. Dezember 2023
Aktuelle Lage
Neue Angriffswellen mit Billigdrohnen: Putins perfide Doppelstrategie
Russland überzieht die Ukraine fortwährend mit Drohnenangriffen. Zum einen geht es dabei um die Einschüchterung der ukrainischen Bevölkerung und um Angriffe auf die Energieversorgung im kalten Winter, zum anderen haben die Drohnenwellen auch einen militärischen Zweck, wie ein Experte erklärt. Mit den Billigdrohnen versucht die Armee, Lücken und Schwachstellen in der ukrainischen Flugabwehr ausfindig zu machen. Hauptsächlich kommen dabei Kampfdrohnen iranischer Bauart zum Einsatz, die Russland inzwischen auch selbst produziert. Pro Stück kosten sie nur wenige Tausend Euro, können aber Artillerie im Wert von vielen Millionen Euro zerstören. Ein Vertrag mit dem Iran soll 6000 Kamikazedrohnen bis 2025 vorsehen, zwei Drittel davon sollen in russischen Fabriken gebaut werden (RND).
Großstadt Cherson mit massiven Angriffen überzogen
Am Wochenende sei die Stadt Cherson am Dnipro mit knapp 400 Granaten beschossen worden. Getroffen wurde auch ein mehrstöckiges Wohnhaus, es gab Tote und Verletzte. Der ukrainische Präsident Selenskyj verurteilte die russischen Angriffe auf Cherson als Terroranschläge: „Brutale Schläge, in der ganzen Stadt – Häuser, Straßen, Krankenhäuser.“ Sonntagabend herrschte sowohl im Osten als auch im Süden der Ukraine Luftalarm (euronews).
Heftige Kämpfe um Awdijiwka
Ukrainische und russische Streitkräfte liefern sich intensive Gefechte um Awdijiwka. Laut dem Bericht des Institute for the Study of War (ISW) haben die Ukrainer kürzlich eine Gegenoffensive bei Awdijiwka gestartet und ein Gebiet zurückerobert, das sie bis zum 1. Dezember verloren hatten. Gleichzeitig ist die russische Armee am 4. Dezember auf dem Awdijiwka-Frontabschnitt offensiv vorgegangen und hat bestätigte Fortschritte erzielt (Focus).
Forderung nach Demobilisierung in Ukraine: „Kaum mehr Kraft zu kämpfen“
„Die Zeit der anderen ist gekommen“ oder „Mein Mann ist kein Gefangener“ steht auf den Plakaten der derzeit Demonstrierenden auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew. Es sind vor allem Ehefrauen ukrainischer Soldaten, die jetzt bei Minusgraden und Schneefall für die sogenannte Demobilisierung demonstrieren. Ihre Ehemänner sollten die Möglichkeit erhalten, die Armee zu verlassen. Doch die ukrainische Armee hat kaum mehr Reserven. Seit fast zwei Jahren kämpfen viele ukrainische Soldaten nun an der Front. Zu Beginn des Krieges hatten sich viele freiwillig gemeldet, doch mittlerweile sind sie erschöpft und zermürbt, von der einst hohen Motivation ihrer Männer sei nicht mehr viel übrig, berichten die Frauen. Ihr Mann wolle nur noch überleben, erzählt eine der Frauen, er habe kaum mehr Kraft zu kämpfen (Tagesschau).
Noch nie so viele tote Russen an der Front – „Verluste von 931 pro Tag“
Laut dem britischen Verteidigungsministerium sind seit Beginn des Ukraine-Kriegs noch nie so viele Soldaten aus Russland pro Tag getötet und verletzt worden wie im November 2023. Die vom ukrainischen Generalstab gemeldeten russischen Verluste beliefen sich im November 2023 auf durchschnittlich 931 Tote und Verwundete pro Tag. Vor allem Frauen wollen ihre Ehemänner nach Hause holen. Ein russischer Telegram-Kanal mit dem Namen „Der Weg nach Hause“ fordert die Menschen in Russland dazu auf, das Leid der Hinterbliebenen zu teilen. Sie kritisieren den Kreml, er kehre die Probleme unter den Teppich. Die Aktivisten haben auch eine Petition gestartet. Darin fordern sie unter anderem „die Einführung einer zeitlichen Begrenzung des Dienstes im Falle einer Teilmobilisierung – nicht mehr als ein Jahr ab dem Zeitpunkt der Einberufung“ (euronews)Ukraine-Hilfen. – Wie geht es weiter?
Internationale Ukraine-Hilfen auf niedrigstem Stand seit Kriegsbeginn
Der Umfang der Ukraine-Hilfen ist in diesem Herbst eingebrochen. Die neu zugesagten Hilfen für die Ukraine haben zwischen August und Oktober 2023 einen Tiefstand erreicht. Dies geht aus Daten des Ukraine Support Trackers des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW Kiel) hervor, der die internationale Unterstützung des Landes misst. Die zugesagten Hilfspakete zwischen August und Oktober haben einen Umfang von 2,1 Milliarden Euro. Dies ist der niedrigste Betrag seit Januar 2022 und entspricht einem Rückgang von 87 Prozent gegenüber demselben Zeitraum im vergangenen Jahr. Auch die Zahl der Geldgeber sei gesunken, teilte das Institut mit (Zeit).
Ukraine – Die Verantwortung des Westens
Die bisherige Unterstützung des Westens reicht offensichtlich nicht aus, um die russischen Angriffe auf die Ukraine abzuwehren. Viele Militärexperten hatten vor genau dieser Situation lange gewarnt. Wie also weiter? Wird der Westen seine Strategie ändern, seine Unterstützung ausbauen und für einen ukrainischen Sieg sorgen? Oder läuft alles auf eine Niederlage der Ukraine hinaus, auf Gebietsabtretungen und Verhandlungen? Und was würde das für die europäische Sicherheitsarchitektur bedeuten? Ein Beitrag in der Reihe „Zur Diskussion” (Deutschlandfunk).
US-Republikaner blockieren Ukraine-Hilfen
Der US-Senat hat die neuen milliardenschweren Sicherheitshilfen für die Ukraine und Israel in Höhe von 110,5 Milliarden Dollar blockiert. Das Paket erhielt bei der Abstimmung nicht die nötigen 60 Stimmen, um im 100-köpfigen Senat zur Debatte zu kommen. Alle Republikaner im Senat stimmten mit Nein, ebenso der unabhängige Senator Bernie Sanders, der gewöhnlich mit den Demokraten stimmt. „Die heutige Abstimmung wird lange in Erinnerung bleiben“, hatte US-Präsident Biden im Vorfeld gewarnt: „Machen Sie keinen Fehler, die heutige Abstimmung wird lange in Erinnerung bleiben. Die Geschichte wird ein hartes Urteil fällen ... wir können nicht zulassen, dass (der russische Präsident Wladimir) Putin gewinnt“ (n-tv).
US-Showdown um Ukraine-Hilfen
Die Unterstützung der Ukraine lässt insbesondere bei den republikanische Senatoren deutlich nach. Die Republikaner im Kongress wollen Hilfe für die Ukraine nur freigeben, wenn die Regierung ihre Forderungen erfüllt, was die illegale Einwanderung über die Grenze zu Mexiko anbelangt. Trumps Mauer müsse weitergebaut werden. Die Biden-Regierung geht davon aus, dass sich die Investition in Form der Unterstützung der Ukraine in ihrem Verteidigungskampf mehr als auszahlen wird. Zum einen wäre der Preis viel höher, sollte man im Fall eines russischen Einmarschs ein NATO-Land verteidigen müssen, mit Geld und Soldaten, zum anderen geht es um Abschreckung in Richtung China und Nordkorea (ZDF).
USA: Ukraine-Hilfe reicht nur bis Jahreswechsel
Die vom US-Kongress bewilligten Mittel für die Ukraine werden nach Angaben der US-Regierung nur noch bis zum Jahresende ausreichen. Wenn das US-Parlament nicht handele, werde die Regierung ab Neujahr keinerlei Mittel mehr haben, um weitere Waffen und Ausrüstung für die Ukraine zu beschaffen oder Ausrüstung aus eigenen Militärbeständen an Kiew zu liefern. so die Direktorin des nationalen Haushaltsamtes in den USA, Shalanda Young. Sie rief den Kongress eindringlich zum Handeln auf: „Wir haben kein Geld mehr – und fast keine Zeit mehr.“ Sollte der Fluss an Waffen und Ausrüstung aus den USA unterbrochen werden, dann werde das die Ukraine „auf dem Schlachtfeld in die Knie zwingen“. Dies gefährde nicht nur die Erfolge Kiews, sondern steigere auch die Wahrscheinlichkeit russischer Siege (n-tv).
„Dieses elende Fegefeuer bringt kein Ergebnis“
Der Westen liefere der Ukraine zu wenig Waffen, während Russland es immer wieder schaffe, sich an wechselnde Gegebenheiten auf dem Schlachtfeld anzupassen, warnt Oberst Reisner vom österreichischen Heer. Er fordert eine harte Entscheidung von Europa: „Die Ukraine ist dann dabei, den Krieg zu verlieren, wenn der Westen der Ukraine nicht die notwendige Unterstützung zukommen lässt. Das ist ein Abnutzungskrieg – und der wird vor allem über Ressourcen entschieden, nicht über die Moral. (...) Neutral betrachtet ist die Situation ernst. Das muss der Westen verstehen. Ist er bereit, die Ukraine zu unterstützen? Dann muss er mehr tun. Ist er dazu nicht bereit, dann muss er das kommunizieren. Dieses elende Fegefeuer aktuell bringt nur mehr Tote, aber kein Ergebnis.“ (Tagesschau)
Russland als Bedrohung Europas? „Die Gefahr ist real"
Nach fast zwei Jahren Krieg macht sich in der Ukraine Ernüchterung breit. Russland scheint den längeren Atem zu haben und die Oberhand zu gewinnen. Was bedeutet das für die Sicherheitslage in Europa? Im Interview macht Politikwissenschaftlerin Liana Fix deutich: „Der Westen hat sehr klar formuliert, was er sich erhofft hat an diesem Punkt des Krieges, nämlich: nach einer erfolgreichen Gegenoffensive, mit militärischem Druck die russische Verhandlungsbereitschaft zu erhöhen. Das hat nicht geklappt. Und wir haben leider den Effekt, dass Russland sich noch mehr bestärkt darin fühlt, dass sie einen langen Krieg besser aushalten können als die Ukraine und der Westen ihn aushalten kann, und damit ist die Verhandlungsbereitschaft auf russischer Seite eher noch gesunken. (...) Der Westen hat sich bisher noch nicht darauf eingestellt, dass dieser Krieg länger dauern wird. Die eigenen Produktionsfähigkeiten sind noch nicht auf einen langfristigen Krieg eingestellt. Das muss sich tatsächlich ändern, nicht nur für die Ukraine, sondern auch für Europa selbst.“ Sollte Donald Trump in den USA die anstehenden Wahlen gewinnen, könnte dieser die Glaubwürdigkeit der NATO infrage stellen und Russland ermutigen, an den Grenzen, etwa zum Baltikum, weiter zündeln. Die Gefahr sei tatsächlich real, so Fix (Bayerischer Rundfunk).
Russland will Armee erneut vergrößern
Aufgrund des Krieges und der Erweiterung der NATO sei Russland zunehmenden „Bedrohungen“ ausgesetzt, so Präsident Putin. Daher werde die Armee erneut um 300.000 Streitkräfte verstärkt, heißt es aus dem Kreml. Künftig soll die Zahl der bewaffneten Kräfte auf rund 1,32 Millionen erhöht werden, wie aus einem vom Kreml veröffentlichten Dekret hervorgeht (Tagesschau).
1. Dezember 2023
Aktuelle Lage
Selenskyj will Verteidigungsanlagen an der Front ausbauen
Die Ukraine sieht sich im Krieg gegen Russland offenbar in der Defensive. Die Ankündigung, Bunker und Festungsanlagen zu bauen, ist ein ein Indiz dafür, dass die Führung in Kiew sich nun auf die Verteidigung konzentriert. „Die Priorität ist offensichtlich“, sagte Präsident Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Zuletzt hatte eine Reihe von Beobachtern die ukrainische Gegenoffensive für gescheitert erklärt (Spiegel).
Wie der Wintereinbruch in der Ukraine die Lage an der Front verändert
In der Ukraine zeichnet sich der Umschwung von der Schlammperiode in den frostigen Winter ab. Schneestürme, Eis und Kälte verändern auch die Lage an der Front. Wie gehen die russischen und ukrainischen Streitkräfte damit um – und welche Seite profitiert von der Lage? (RND)
Kiew warnt vor erneutem Fall Kupjansks im Gebiet Charkiw
Im Nordosten der Ukraine gewinnen die russischen Truppen an Boden. Kiews Militär sieht die Gefahr einer neuen Einnahme der Industriestadt Kupjansk im Gebiet Charkiw. Auch weiter südlich ist die Defensive nicht stabil. In den vergangenen Wochen haben die russischen Truppen im Nordosten der Ukraine die Initiative zurückerlangt und konnten Geländegewinne erzielen (n-tv).
Umfassende Drohnenangriffe auf Kiew
In Kiew und in der Umgebung seien am Samstag knapp 70 Flugkörper abgefangen worden, meldete die ukrainische Luftwaffe. Auch in anderen Landesteilen wurde Luftalarm gemeldet. Der Angriff fand am Holodomor-Gedenktag statt. Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach von bewusstem Terror Russlands (Deutschlandfunk).
Wie steht es um die Chancen eines Sieges der Ukraine?
Ex-NATO-Oberbefehlshaber: „Westliche Staaten haben Angst vor einem Sieg der Ukraine“
Die führenden westlichen Politiker würden nicht wollen, dass die Ukraine diesen Krieg gewinne, so Ex-NATO-Oberbefehlshaber Philip M. Breedlove: Sie wären sehr froh, wenn sich die Ukraine jetzt in Verhandlungen begeben und einen Frieden aushandeln würde. Es gebe eine lange Liste an Waffensystemen, die die Ukraine bräuchte, um den Krieg zu gewinnen, die der Westen ihnen aber verweigere. Wenn es nach den Ukrainern gehe, müssten die westlichen Unterstützer ihnen in diesem Maße zur Seite: „Wir geben euch alles, was ihr braucht, um die russischen Besatzer von eurem Staatsgebiet zu vertreiben. Wir unterstützen euch so lange, bis die russische Armee besiegt ist.“ Dies werde aber niemals jemand so deutlich sagen, denn das sei nicht das Ziel der wichtigsten westlichen Politiker. Die Ukrainer bräuchten endlich Klarheit, wie es mit ihrem Land weitergehen solle. Wenn es mittelfristig bei dieser minimalen militärischen Unterstützung bleibe, mit der die Ukraine diesen Krieg nicht gewinnen könne, dann werde sie ihn nicht überleben (Berliner Zeitung).
Philosoph Olaf Müller zu Verhandlungen im Ukraine-Krieg: Die Ukraine im Stich lassen?
Nach Einschätzung des Berliner Wissenschaftsphilosophen Olaf Müller entwickelt sich der Krieg immer deutlicher zu einem Abnutzungskonflikt ohne Aussicht auf einen schnellen Sieg der Ukraine. Zurecht habe Jürgen Habermas in seinem Plädoyer für Friedensverhandlungen darauf hingewiesen, dass es zwischen dem Satz „Die Russen dürfen nicht gewinnen“ und der Aussage „Die Ukrainer dürfen nicht verlieren“ einen Unterschied gebe. Es werde zu wenig bedacht, dass Verhandlungen immer Kompromisse bedeuteten, weshalb von solchen Gesprächen seit geraumer Zeit kaum mehr die Rede sei. Nach reiflichem Überlegen halte er es für besser, die Ukraine nicht weiter mit Waffen zu unterstützen. Gleichzeitig gesteht er ein: „Dass ich mich gegenüber den Ukrainern auch schuldig mache – das muss ich aushalten.“ Statt für militärische Hilfe spricht sich Müller für erheblich schärfere wirtschaftliche Sanktionen und für ein weiteres uneingeschränktes humanitäres Engagement aus. Es sei problematisch, durch Waffenlieferungen zur Eskalation des Kriegs beizutragen: „Mir ist klar, dass das darauf hinausläuft zu empfehlen, die Ukraine militärisch im Stich zu lassen.“ (SWR).
Verliert die Ukraine den Krieg?
„Es sieht zurzeit nicht gut aus für die Ukraine“, sagt der Militärexperte Christian Mölling von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Russland spiele auf Zeit und die Ukraine bekomme nicht das, was ihr zugesagt wurde. Selbst wenn Kiew an den Verhandlungstisch gedrängt werde, sei das eben nicht das Ende. Russland werde Europa weiter bedrohen. Was will Europa tatsächlich und was ist es bereit zu investieren? „Die Frage ist, ob das, was Europa versprochen hat – entweder, dass Russland nicht gewinnen darf oder aber, dass sogar die Ukraine gewinnt – ob eben all diese Versprechungen und auch die Sicherheitsgarantien, die angesprochen worden sind, ob die irgendwas wert sind. Wir entscheiden hier, glaube ich, gerade in erheblichem Maße darüber, wie vertrauenswürdig wir eigentlich als Europa noch sind”, so Mölling (ZDF).
Die NATO schraubt ihre Ziele herunter
Der Ukraine ist es in ihrem Verteidigungskrieg zwar gelungen, die Hälfe der Gebiete zurückzuerobern, die Russland besetzt hatte. Die Offensive der letzten Monate erzielte jedoch nicht den erhofften Erfolg. Das derzeitige Patt an der Front erinnert an den Ersten Weltkrieg. Entsprechend schraubt die NATO ihre Ziele herunter, „Halten ist Gewinnen“, lautet nun die weniger ambitionierte Devise. Hinzu kommt die veränderte Weltlage mit dem Krieg in Nahost, der nicht nur die westliche Aufmerksamkeit auf einen anderen großen Kriegsschauplatz lenkt (FAZ).
November 2023
November 2023
24. November 2023
Aktuelle Lage
Luftangriff mit Streubomben in Cherson
Bei einem russischen Luftangriff in der Nähe der umkämpften Stadt Cherson in der Ukraine sind mehrere Menschen getötet verletzt worden. Die ukrainischen Behörden melden mehr als 60 beschädigte Gebäude. Der Angriff auf das Dorf Tschornobajiwka sei mit von vielen Staaten verbotener Streumunition erfolgt. Verwaltungschef Olexander Prokudin sprach von einem Streubombeneinsatz (euronews)
Ukraine: Russischer Nachschub für Awdijiwka stockt
Russland schickt laut ukrainischen Angaben offenbar weniger Nachschub in die seit langem umkämpfte Stadt Awdijiwka. Es gebe weniger Boden- und Luftangriffe auf die Stadt, die Kämpfe hätten sich auf ein Industriegebiet konzentriert. Die Angreifer ließen jedoch nicht von ihrem Plan ab, Awdijiwka einzuzingeln (ORF).
Geheimoperation im Ukraine-Krieg: „Black Box“ fügt Russland kolossale Schäden zu
Die Ukraine fügt Russland im Krieg kolossale Verluste sowohl für Mensch und Infrastruktur zu. Ein geheimes Projekt namens „Black Box“ scheint hierbei eine bedeutende Rolle zu spielen. Das unbemannte Langstreckenflugzeug (UAV) „Beaver“ hat Berichten zufolge eine Reichweite von rund 800 Kilometern und wurde für den Angriff auf ein russisches Lager verwendet, in dem Komponenten für ballistische Raketensysteme vom Typ Iskander gelagert wurden (Frankfurter Rundschau).
Krieg vor Wintereinbruch – Massive Drohnenangriffe auf ukrainische Energieinfrastruktur
Der Winter naht und es gibt kaum Aussichten auf schnelle Veränderungen an den Fronten. Russland verlegt den Fokus offenbar wieder auf Luftangriffe mit einer Vielzahl an Drohnenangriffen. Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte davor gewarnt, dass Russland derzeit die Zahl seiner Raketen erhöhe, um im Winter erneut wichtige Infrastruktur in der Ukraine anzugreifen. Auch im vergangenen Winter hatten die russischen Streitkräfte gezielt die Energie- und Wärmeversorgung wichtige Einrichtungen der Ukraine ins Visier genommen (Spiegel).
Weitere Berichte
Virtueller G20-Gipfel: Putin muss sich erstmals wieder Kritik anhören
Bei dem virtuellen G20-Treffen hat sich Kremlchef Wladimir Putin persönlich zugeschaltet und heftige Kritik der anderen Teilnehmer für den Ukraine-Krieg einstecken müssen. „Ja natürlich, kriegerische Handlungen sind immer eine Tragödie.“ Man müsse darüber nachdenken, wie diese Tragödie beendet werden könne, so Putin (Spiegel).
Laut UNO mehr als 10.000 tote Zivilisten in der Ukraine
Seit Kriegsbeginn sind laut den Vereinten Nationen in der Ukraine mindestens 10.000 zivile Todesopfer zu beklagen, darunter mehr als 560 Kinder. Die tatsächliche Todeszahl dürfte jedoch noch „erheblich höher“ sein, da viele Leichen noch nicht identifiziert seien, teilte das Büro des UN-Hochkommissariats für Menschenrechte mit (Spiegel).
Was, wenn Putin den Krieg doch noch gewinnt?
Die ukrainische Sommeroffensive ist gestoppt. Wie der britische Militärexperte Rob Lee aus der Ukraine berichtet, habe Russland an allen Abschnitten der Front inzwischen wieder die Überlegenheit bei den Waffen und der Munition. Der Verbrauch der Ukraine vor allem an Artilleriemunition sei im Sommer extrem hoch gewesen und die Lieferungen aus dem Westen reichten nicht aus. Was, wenn Putin den Krieg doch noch gewinnt? Russlands Präsident Putin könnte entweder das aktuell schon besetzte Gebiet in der Ukraine über einen Friedensdeal zugesprochen bekommen oder gar noch weitere Gebiete in der Ukraine erobern, so die Militärexperten Nico Lange und Carlo Masala. Beides würde Putin in seinen imperialistischen Plänen bestärken und darin, den Krieg über Jahre weiterzuführen und auszudehnen. Denkbare Folgen: Neben einer großen Fluchtwelle aus der Ukraine würde ein permanenter Zustand der Instabilität in der Ukraine herrschen. Staaten, die Putin in seiner Einflusssphäre sieht, wie Moldau oder Georgien, wären direkt bedroht. Das gelte auch für die baltischen Staaten (Tagesspiegel).
Zehn Jahre Maidan-Revolution: Die Zukunft nach dem Krieg gehört einer neuen Generation
Vor zehn Jahren begann am 21. November 2013 in der Ukraine die Maidan-Revolution, die zum Sturz der korrupten Regierung führte. Zehn Jahre später hat sich vieles verändert – im Guten wie im Schlechten (Tagesspiegel).
Britische Geheimdienstberichte: Russland bereitet offenbar Raketenangriffe auf ukrainische Energieinfrastruktur vor
Seit Monaten habe Russland insbesondere Marschflugkörper zurückgelegt und auf das Abfeuern verzichtet. Nach Ansicht des britischen Geheimdienstes wolle Russland einen Bestand an Flugkörpern aufbauen, um die kritische Energieinfrastruktur in der Ukraine in der nun anstehenden Winterzeit zu zerstören (Tagesspiegel).
Pistorius beschert Kiew weitere Milliardenhilfe
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat der Ukraine weitere deutsche Militärhilfen im Wert von 1,3 Milliarden Euro in Aussicht gestellt. Die Flugabwehr sei entscheidend für die Verteidigungsfähigkeit, insbesondere auch, um die Energieinfrastruktur im Winter besser zu schützen als im vergangenen Jahr. Geliefert werden sollen nach Angaben von Pistorius weitere Flugabwehrraketensysteme vom Typ Iris-T SLM. Ebenso seien Panzerabwehrminen und Artilleriegranaten des NATO-Kalibers 155 Millimeter enthalten (n-tv).
17. November 2023
Aktuelle Lage
Ukraine gelingt Vorstoß am Dnipro
Den ukrainischen Streitkräften ist es nach russischen Angaben gelungen auf die russisch kontrollierte Seite des Flusses Dnipro vorzustoßen. Kleine Gruppen befänden sich am Ostufer. (ZDF).
Darum ist der Vorstoß so entscheident. Militärexperte ordnet den Erfolg der Ukraine ein
Ukrainische Streitkräfte haben es geschafft, am Dnipro bei Krynky in russisch besetztes Gebiet vorzudringen. Das ist, meint der österreichische Militärexperte Markus Reisner, „ganz entscheidend.“ Gegenüber dem ZDF ordnet er die Bedeutung dieses Vorstoßes für den Krieg ein. (ZDF).
Russland gelingt offenbar Vorstoß bei Awdijiwka
Die russischen Streitkräfte sollen bei Awdijiwka nahe einer strategisch wichtigen Kokerei nördlich der Stadt vorgerückt sein. Das berichtet das Institute for the Study of War (ISW) in seinem täglichen Lagebericht. (Die ZEIT).
Berichte
Russische Künstlerin wegen angeblicher Falschmeldungen über russische Armee verurteilt
Wegen ihres Widerstands gegen den russischen Angriffskrieg in der Ukraine muss die russische Künstlerin und Musikerin Alexandra Skotschilenko für sieben Jahre in eine Strafkolonie. Ein Gericht in Sankt Petersburg sprach die 33-Jährige schuldig, Falschinformationen über das russische Militär verbreitet zu haben. (Der Spiegel).
15. November 2023
Aktuelle Lage
Russland will offenbar Sieg bei Donezk erzwingen
Nach Einschätzung von Kiew will Russland im Osten der Ukraine mit verstärkten Angriffen einen militärischen Erfolg herbeiführen. Der ukrainische Präsident Selenskyj vermutet dabei einen Zusammenhang mit der russischen Präsidentenwahl. (FAZ).
Sicherheitsexpertin Major: „Großer Erfolg“ der Ukraine bislang ausgeblieben
Die Ukraine wehrt sich weiter gegen Russlands Angriff – zuletzt scheint die Lage an der Front zu stocken. Gegenüber dem ZDF erklärt Sicherheitsexpertin Claudia Major, welche Erfolge Kiew bisher verbuchen kann. (ZDF).
Berichte
Bundesregierung plant Verdopplung der Militärhilfe für die Ukraine
Einem Bericht zufolge will die Bundesregierung im kommenden Jahr die Rüstungshilfe für Kiew verdoppeln. Außenministerin Baerbock hat bestätigt, dass die militärische Unterstützung „massiv ausgebaut“ wird – nennt aber keine Details. (Der Spiegel).
13. November 2023
Aktuelle Lage
Kiew warnt vor russischen Angriffen im Winter
Die Ukraine wappnet sich gegen Angriffe auf ihre Infrastruktur. Derweil werden intensive russische Angriffe um Marjinka gemeldet. Deutschland will offenbar die Rüstungshilfe für die Ukraine verdoppeln. Der Überblick. (Der Spiegel).
Berichte
Anschlag auf Nordstream-Pipeline: Ukrainischer Koordinator?
Im Zusammenhang mit dem Angriff auf die Nord-Stream-Pipelines im September 2022 rückt ein mutmaßlicher neuer Drahtzieher in den Fokus: Wie „Der Spiegel“ und die „Washington Post“ berichten, soll der Ukrainer Roman Tscherwynsky unter Berufung auf Sicherheitskreise ein "Koordinator" der Angriffe gewesen sein. (ZDF).
Ukrainische Kriegsdienstverweigerer: „Ich bin kein Actionheld“
Tausende ukrainische Männer sind in die Europäische Union geflohen, statt zu kämpfen. Mit der taz sprachen zwei Geflohene über ihre Gründe. (taz)
10. November 2023
Aktuelle Lage
Russland konzentriert Angriffe auf die Region Bachmut
Die russische Armee greift verstärkt die Gegend um Bachmut an. Nach Informationen des Institute for the Study of War (ISW) rückt sie dort und an anderen Frontabschnitten vor. Der Ukraine gelingen Vorstöße im Süden (Die ZEIT).
Militärexperte: „Ukraine-Krieg ist in der Abnutzungsphase“
An welchem militärischen Punkt stehen die Ukraine und Russland? Wie ist die Lage an der Front? Wer hält einen Abnutzungskrieg länger durch? Kann es einen Sieger dieses Krieges geben? Der Militärexperte Marcus Keupp ordnet die aktuelle Situation ein (ZDF).
Ukrainische Armee wirft Russland Beschuss von zivilem Frachter vor
Russland hat nach Angaben des ukrainischen Militärs ein Frachtschiff unter der Flagge der westafrikanischen Republik Liberia in einem der Schwarzmeerhäfen im Gebiet Odessa beschossen. Einer Meldung des Militärkommandos Süd zufolge ist bei dem Angriff am Mittwoch ein ukrainischer Lotse an Bord des Schiffes getötet worden (Der Spiegel).
Berichte
Ungarns Premier Orbán stellt sich gegen Beitrittsverhandlungen mit Ukraine
Die EU-Kommission spricht sich für Beitrittsverhandlungen mit der Ukraine aus, doch alle 27 Mitgliedsstaaten müssen zustimmen. An Ungarn könnte das scheitern. Denn Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat sich deutlich gegen die Aufnahme von Verhandlungen über einen EU-Beitritt der Ukraine ausgesprochen (Die ZEIT).
EU-Parlament fordert konsequentere Sanktionen gegen Russland
Die Abgeordneten des Europäischen Parlaments befürchten, dass Russland die derzeitigen Sanktionen umgehen könne. Sie fordern dazu auf, Schlupflöcher zu schließen (Die ZEIT).
Gerät die Ukraine angesichts der Eskalation in Nahost aus dem Fokus?
Die Französin Nathalie Loiseau führt den Verteidigungsausschuss im EU-Parlament. Und sie schlägt Alarm: Was Europa für die Ukraine tue, das reiche nicht. Was in den USA und Europa passiere, bereite ihr große Sorgen, sagt Loiseau im Interview mit dem ZDF (ZDF).
8. November 2023
EU-Beitritt der Ukraine? EU-Kommission empfiehlt Beitrittsgespräche
EU-Kommission spricht sich für Beitrittsgespräche mit der Ukraine aus
Von einem „historischen Tag“ sprach EU-Kommissionschefin von der Leyen. Ihre Behörde hat Beitrittsgespräche mit der Ukraine empfohlen - ein einmaliger Vorgang, da sich das Land im Krieg befindet. Auch andere Länder dürfen hoffen (Tagesschau).
Ukraine sichert EU Reformen zu
Um einem möglichen EU-Beitritt näher zu kommen, hat der ukrainische Präsident Selenskyj der EU weitere Reformen zugesichert. Angedacht ist u.a. eine Stärkung der staatlichen Institutionen (ZDF).
6. November 2023
Aktuelle Lage
Russland: In Saporischschja „Gegenoffensive vollständig gestoppt
Von der militärischen Lage in der Region Saporischschja gibt es unterschiedliche Berichte. Russland meldet einen militärischen Erfolg gegen die ukrainische Armee und behauptet, die ukrainische Gegenoffensive „vollständig gestoppt" zu haben: „Der Feind wurde aufgehalten und seine Gegenoffensive, um die so viel Aufhebens gemacht wurde, wurde vollständig gestoppt”, teilte Jewgeni Balizkij, der von Moskau eingesetzte Spitzenbeamte in der annektierten Region Saporischschja, mit. Der ukrainische Generalstab hatte hingegen erklärt, russische Streitkräfte hätten mehrere erfolglose Angriffe in der Nähe von Robotyne und Werbowe, einem Dorf einige Kilometer östlich davon, unternommen (n-tv).
Mehr als 20 ukrainische Soldaten sterben bei Zeremonie an der Front
Die Ukrainer nahmen im Gebiet Saporischschja an einer Ehrung zum „Tag der Artillerie“ teil, als dort russische Geschosse einschlugen. Es ist von mehr als 20 Toten die Rede. Zunächst hatte das russische Verteidigungsministerium berichtet, man habe in der Region Saporischschja der Ukraine eine Niederlage beigebracht (Deutschlandfunk).
Verletzte und Schaden an Kunstmuseum bei Angriff auf Odessa
Die russische Armee hat die südukrainischen Regionen Cherson und Odessa mit Raketen- und Drohnenangriffen überzogen. In der Hafenstadt Odessa wurden in der Innenstadt nach Angaben des Militärgouverneurs Oleh Kiper mindestens acht Menschen verletzt. Es wurden 20 mehrstöckige Wohnhochhäuser und das Nationale Kunstmuseum beschädigt.Am 6. November wird das Nationale Kunstmuseum von Odessa 124 Jahre alt (Der Standard).
Berichte
„Reisners Blick auf die Front Karten eindeutig zugunsten der Russen gemischt"
Ein Interview des ukrainischen Generalstabschefs erregt in der vergangenen Woche Aufsehen und rief sogar Präsident Selenskyj auf den Plan: Walerij Saluschnyj sagt darin, die Ukraine brauche eine „Wunderwaffe", um aus der Pattsituation mit Russland herauszukommen. Oberst Markus Reisner erklärt im Interview, woran das liegt und welche das sein könnte (nt-v).
3. November 2023
Aktuelle Lage
Verstärkter Beschuss in Charkiw: Ukraine evakuiert Kinder
Wegen verstärkten russischen Beschusses der ostukrainische Region um Charkiw hat die Ukraine für mehrere Orte eine Zwangsevakuierung von Familien mit Kindern angeordnet. Wie der Chef der Gebietsverwaltung mitteilt, sind 275 Kinder in sieben Ortschaften einschließlich der Stadt Kupjansk vom Evakuierungsbefehl betroffen. Einer vorherigen Empfehlung waren bereits 89 Kinder und ihre Familien gefolgt. Sie haben sich in sichere Regionen begeben (MSN).
Stärkste russische Angriffe seit Jahresbeginn
Nach ukrainischen Angaben hat die russische Armee in den vergangenen 24 Stunden so viele ukrainische Städte beschossen wie seit Jahresbeginn nicht mehr. Insgesamt 118 Ortschaften in zehn Regionen wurden angegriffen (Tagesschau).
Russland verstärkt Streitkräfte bei Bachmut
Russland hat seine Streitkräfte rund um die Stadt Bachmut im Osten der Ukraine erheblich aufgestockt. Nach ukrainischen Angaben sind die russischen Truppen in dieser Region von einer defensiven Haltung zu „aktiven Aktionen“ übergegangen. Russland hatte Bachmut im Mai erobert. Seither ist die Ukraine in der Gegenoffensive und versucht, die besetzten Gebiete zurückzuerobern (FAZ).
Russische Drohnenangriffe auf Zentralukraine
Wie die ukrainische Luftwaffe mitteilt, herrschte am Sonntagabend in einigen Teile des Landes zeitweise Luftalarm. Die Drohnen seien in Wellen über die Gebiete Winnyzja, Kirowohrad, Tscherkassy und Chmelnyzkyj geflogen. Explosionen wurden aus dem Gebiet Cherson, aber auch aus dem Umland der Hauptstadt Kiew gemeldet. Auch an der fast 1000 Kilometer langen Front im Osten und Süden der Ukraine gingen die heftigen Gefechte weiter, wie der Generalstab in Kiew berichtet (Frankfurter Rundschau).
Russland meldet Abschuss von 36 ukrainischen Drohnen über dem Schwarzen Meer
Russische Streitkräfte haben eigenen Angaben zufolge 36 ukrainische Drohnen abgefangen. Die Luftabwehrsysteme hätten die unbemannten Luftfahrzeuge über dem Schwarzen Meer und dem nordwestlichen Teil der Halbinsel Krim zerstört, hieß es (Berliner Zeitung).
Weitere Berichte
Putin hebt Verbot von Atomwaffentests auf
Mit der Unterzeichnung eines Gesetzes hat Russlands Präsident Putin den Austritt seines Landes aus dem Vertrag zum Verbot von Atomwaffentests vollzogen. Begründet hat er den Ausstieg damit, dass Russland die gleichen Möglichkeiten haben müsse wie die zweite große Atommacht USA. Die USA haben den Vertrag nie ratifiziert, halten sich wie alle anderen Länder außer Nordkorea seit den 1990er-Jahren allerdings an das Testverbot (Tagesschau).
„Wir gewinnen den Krieg nicht“ – der Pessimismus in Selenskyjs Umfeld
Der US-Journalist Simon Shuster hat im Frühjahr wie auch jetzt einige Wochen im Präsidentenpalast in Kiew verbracht. Seine Eindrücke und das Ergebnis vieler Gespräche mit Mitarbeitern Selenskyjs hat er in einem Artikel im „Time Magazine” verarbeitet. Es gehe jetzt um die Frage, wie wahrscheinlich ein ukrainischer Sieg noch ist. Selenskyjs größte Sorge sei derzeit die Gewöhnung der Welt an den Krieg in der Ukraine. Der Präsident sei „wütend“ ob der nachlassenden Unterstützung. Verschwunden seien sein Humor, seine Zuversicht, er sei ein anderer Mensch im zweiten Kriegsjahr. Was Selenskyj nicht verstehen würde, sagt einer aus seinem Team: „Wir haben keine Optionen mehr. Wir gewinnen nicht. Aber das will er nicht hören.“ Gespräche über einen möglichen Verhandlungsfrieden mit Moskau seien tabu (Tagesspiegel).
Schoigu stellt Bedingung für Friedensgespäche im Ukraine-Krieg
Russland zeigt sich unter bestimmten Voraussetzungen bereit für Verhandlungen im Ukraine-Krieg. Unter anderem sei es wichtig, gleichberechtigte Beziehungen zwischen allen Atommächten im UN-Sicherheitsrat zu gewährleisten. „Falls die notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden, sind wir zu politischen Gesprächen bereit – sowohl über eine Beilegung des Ukraine-Konflikts als auch über eine Koexistenz mit dem Westen“, sagte Schoigu laut der russischen Nachrichtenagentur tass.ru. Diese Voraussetzungen sieht Schoigu bislang jedoch nicht gegeben. Zugleich weist er den Westen auf atomare Gefahren hin. Es bestehe die Gefahr eines direkten militärischen Zusammenstoßes zwischen Atommächten mit katastrophalen Folgen, warnte er auf einem Militärforum in China (Frankfurter Rundschau).
Ukraine sieht auf Friedenstreffen in Malta „Einheit“ gegen Russland
Bei der großen Konferenz in Malta mit Vertretern aus 66 Staaten hat die Ukraine ihren geplanten Friedensgipfel zur Beendigung des russischen Angriffskrieges weiter vorbereitet. Zu Selenskyjs „Friedensformel“ gehören neben der Kernforderung nach einem Abzug russischer Truppen etwa auch die Freilassung aller Kriegsgefangenen, ein Tribunal für Kriegsverbrecher sowie Sicherheitsgarantien für das Land. „Die Beendigung von Europas größtem Krieg seit dem Zweiten Weltkrieg mit einem gerechten, dauerhaften und umfassenden Frieden wird einen großen positiven Einfluss haben auf andere explosive Konflikte, die sich in der Welt entfalten“, sagte der Leiter des ukrainischen Präsidentenamtes, Andrij Jermak, am Samstag. „Wir bringen den Frieden näher.“ Selenskyj hob das Treffen als Zeichen der Einheit gegen den Aggressor Russland hervor. „Die Einheit der Welt ist das, was es wirklich braucht, um den Aggressor zu schlagen.“ China, das als Verbündeter Russlands eine eigene Friedensinitiative angestoßen hatte, blieb der Konferenz allerdings dem Vernehmen nach fern (RND).
Oktober 2023
Oktober 2023
27. Oktober 2023
Aktuelle Lage
Russland kämpft in Awdijiwka ohne Rücksicht auf Verluste – Lage der ukrainischen Soldaten verschlechtert sich
Russland setzt alles daran, die Stadt Awdijiwka im Osten der Ukraine einzunehmen, und nimmt dabei auch hohe Verluste in Kauf. Die Lage der ukrainischen Truppen dort verschlechtert sich, der Nachschubkorridor der ukrainischen Truppen ist laut mehreren Quellen auf sechs bis acht Kilometer geschrumpft (euronews).
Noch 1000 Zivilisten in umkämpfter Stadt Awdijiwka
In der schwer umkämpften ostukrainischen Stadt Awdijiwka befinden sich noch immer rund 1.000 Zivilisten, so die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk. Sie forderte die Verbliebenen nachdrücklich dazu auf, sich in Sicherheit zu bringen. Die Situation erinnert an das lange heftig umkämpfte und belagerte Mariupol. Vor Beginn des Krieges hatte das inzwischen stark zerstörte Awdijiwka im Gebiet Donezk noch über 30.000 Einwohner. In den vergangenen Tagen sind russische Truppen vor allem nördlich von Awdijiwka bis an eine Bahnlinie vorgerückt (Zentralpuls).
Zwangsevakuierung von Kindern im Gebiet Cherson
Nach massivem russischen Beschuss haben die Behörden im südukrainischen Gebiet Cherson in gut zwei Dutzend Gemeinden und der Stadt Beryslaw am Fluss Dnipro eine Zwangsevakuierung von Familien mit Kindern angeordnet. Die Verordnung sei notwendig geworden aufgrund des nahezu täglichen Artilleriebeschusses und des intensiven Einsatzes von Gleitbomben der russischen Luftwaffe gegen Ziele auf dem ukrainisch kontrollierten Ufer des Dnipro (Deutschlandfunk).
Weiter heftige Kämpfe im Osten und Süden der Ukraine
Im Süden und Osten der Ukraine kommt es weiterhin zu heftigen Kämpfen. Im Laufe des Tages seien mehr als 60 feindliche Angriffe unter anderem in den Frontabschnitten Kupjansk und Lyman im Osten sowie Awdijiwka und Marjinka nahe Donezk sowie in der Stadt Saporischschja im Südosten abgewehrt worden. „Die operative Lage im Osten und Süden der Ukraine bleibt schwierig“, so der Generalstab der ukrainischen Streitkräfte am Sonntagabend. Die Front ist rund 1000 Kilometer lang (FAZ).
Russischer Angriff auf Postzentrum in Charkiw
In der nordostukrainischen Region Charkiw kam es zu einem Raketenangriff auf eine Postlagerhalle. Dabei gab es zivile Todesopfer und Verletzte. Nach ukrainischen Angaben waren S-300-Raketen aus der russischen Grenzregion Belgorod abgefeuert worden. Zwei davon trafen das Lagerhaus (Spiegel).
Weitere Berichte
Diplomatie im Kontext des russischen Überfalls auf die Ukraine
Direkte Verhandlungen über einen Waffenstillstand im Krieg Russlands gegen die Ukraine brachen bereits nach wenigen Monaten ab. Heute versuchen Moskau und Kiew, den internationalen Kontext des Krieges durch diplomatische Initiativen in ihrem Sinne zu beeinflussen. Beim G20-Gipfel in Indonesien im November 2022 stellte Präsident Selenskyj seine „Friedensformel” in zehn Punkten vor. Die Friedensformel, die im Kern einen Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine festlegt, richtet sich an die internationale Gemeinschaft. Die nächste internationale Zusammenkunft zur Friedensformel soll am 28. und 29. Oktober in Malta stattfinden, auf Ebene der nationalen Sicherheitsberater der Verbündeten der Ukraine. Es werden mehr als 50 Teilnehmer erwartet. In Malta möchte Selenskyji seine Friedensformel weiter etablieren. Das Putin-Regime spielt auf Zeit und zeigt keine Bereitschaft zu Kompromissen, obwohl es weit davon entfernt ist, seine Ziele zu erreichen (Stiftung Wissenschaft und Politik).
Warum Putin auch auf Trump baut
Der russische Krieg gegen die Ukraine jährt sich Anfang kommenden Jahres zum zweiten Mal. Ein Waffenstillstand oder gar ein baldiges Ende des Krieges scheint aktuell nicht in Sicht. Laut Militärexperte Gressel hat Russland daran auch keine Interesse. Einen Strategiewechsel sieht er vor der US-Präsidentschaftswahl nicht (ZDF).
USA werfen Russland bei Befehlsverweigerung Hinrichtung eigener Soldaten vor
Laut dem Weißen Haus hat Russland Soldaten hinrichten lassen, die sich Befehlen widersetzten. Dem Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats John Kirby zufolge werden russische Soldaten offenbar bei Befehlsverweigerung vom russischen Militär exekutiert. „Wenn sie versuchen sollten, sich vor ukrainischem Artilleriefeuer zurückzuziehen“, würden Kommandeure sogar damit drohen, ganze Einheiten zu exekutieren, so Kirby (Spiegel).
Russische Militärübung für atomaren Gegenangriff – Aufstockung der Streitkräfte Russlands auf 1,5 Millionen
Unter der Führung des obersten Befehlshabers der russischen Streitkräfte, Wladimir Putin, sei eine Trainingsübung mit Boden-, See- und Lufteinheiten der nuklearen Abschreckungskräfte ausgeführt worden. Die Raketen seien bei solchen Übungen jedoch nicht mit Atomsprengköpfen bestückt. Mit dem Manöver sei ein „massiver atomarer Schlag der strategischen Offensivkräfte als Antwort auf einen feindlichen Atomangriff“ trainiert worden, so der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu.
Ferner will Russland seine Streitkräfte von derzeit etwa einer Million Soldaten über die kommenden Jahre auf 1,5 Millionen Mann aufstocken. Nach Angaben von Dmitri Medwedew, Vizesekretär des Sicherheitsrates, sollen 2024 ein neues Armeekorps, 7 Divisionen, 19 Brigaden, 49 Regimenter und eine Marineflotille aufgestellt werden (FAZ).
Söldnereinheit „Redut“: Russland rekrutiert Frauen für den Krieg
Medienberichten zufolge wirbt Russland für seine Söldnertruppen nun gezielt Frauen an. Für die dem russischen Verteidigungsministerium unterstehenden Söldnereinheit „Redut“ werden Scharfschützinnen und Bedienerinnen von Drohnen für den Krieg in der Ukraine gesucht. Den Soldatinnen wird ein Halbjahresvertrag mit einem Monatsgehalt von umgerechnet etwa 2.200 Euro angeboten. Im Falle einer Verletzung gibt es 30.000 Euro Prämie, bei Tod erhalten die Hinterbliebenen eine Auszahlung über rund 50.000 Euro (ZDF).
London: 150.000 Russen getötet oder schwerstverletzt
Nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums sind im Angriffskrieg gegen die Ukraine bisher mindestens 150.000 russische Soldaten ums Leben gekommen oder dauerhaft verletzt worden. Beziehe man auch Verletzte ein, die nach Genesung wider aufs Schlachtfeld zurückkehren, liege die Gesamtzahl etwa bei 240.000 bis 290.000 (ORF).
Ukraine bastelt an „Drohnenarmee“ gegen Putin
Eine konventionelle Kriegführung ist auf Dauer schlichtweg unbezahlbar. 560 Euro etwa berechnet Hersteller Rheinmetall der Ukraine pro Schuss für den Flugabwehrkanonen-Panzer „Gepard“, beim Kampfpanzer „Leopard“ sind jedes Mal 9000 Euro fällig. Russlands Taktik mit immer wieder anfliegenden Drohnen-Schwärmen ist eine Großoffensive gegen das Verteidigungsbudget der Ukraine. Nachdem der Ukraine-Krieg und die Gegenoffensive zunächst die Innovationskraft für die Herstellung von Drohnen bewiesen habe, setze jetzt die Zeit der Entwicklung von Drohnen-Abwehr ein, so Oleg Vornik, Geschäftsführer des US-australischen Abwehr-Spezialisten „DroneShield“ (Frankfurter Rundschau).
21. Oktober 2023
Aktuelle Lage
Putin rechnet mit ukrainischem Großangriff am Dnipro
Nachdem russische Militärblogger berichtet hatten, ukrainische Einheiten hätten Mitte der Wioche bei Cherson den Fluss Dnipro überquert, haben diese Truppenbewegungen nun auch über die Landesgrenzen hinaus Aufsehen erregt und im Westen Hoffnungen auf einen neuen Wendepunkt im Kriegsverlauf geweckt. Es wachse die Sorge vor einem bevorstehenden Großangriff über den Dnipro und einem weiteren ukrainischen Offensivkeil Richtung Krim, heißt es in den Reihen der russischen Armee (n-tv).
Ukrainische Marinebrigaden überqueren Dnipro
Teile der ukrainischen Marinebrigaden sollen im Süden der Ukraine nahe Cherson den Fluss Dnipro überquert und die Dörfer Poima und Pishchanivka eingenommen haben. Nach Aussagen russischer Militärblogger sei die Lage rund um den ukrainischen Brückenkopf aktuell statisch, es gebe einen Austausch von Artillerie- und Mörserfeuer (Focus).
Russland startet neue Offensive auf Awdijiwka
Die russische Armee hat im Osten der Ukraine offenbar eine neue Gegenoffensive auf die ukrainischen Stellungen gestartet, wie das britische Verteidigungsministerium mitteilt. Im Fokus steht dabei die seit längerem umkämpfte Stadt Awdijiwka nördlich von Donezk. Bislang hätten sich ukrainische Truppen in der Stadt verschanzt und so einen Fortschritt der russischen Armee verhindern können. Die Erfolgsaussichten Russlands für die Einnahme von Awdijiwka sind durchwachsen. Präsident Putin dämpfe die Erwartungen. In einem Interview mit dem russischen Staatsfernsehen bezeichnete er den Einsatz der russischen Truppen in der Region als „aktive Verteidigung“ und nicht als Offensive (Frankfurter Rundschau).
Angriffe auf Ostukraine - Cherson unter schwerem Beschuss
Die östlichen Landesteile der Ukraine standen am Wochenende erneut im Fokus russischer Angriffe. Insbesondere die Region Cherson stand unter schwerem Beschuss. Auch die russischen Angriffe auf die Stadt Awdijiwka an der Frontlinie halten an In der Ukraine trifft man indessen bereits Vorkehrungen für die kommenden Wintermonate (euronews).
Putin sieht eigene Truppen in Phase „aktiver Verteidigung”
Jüngst nehmen die Kämpfe vor allem im Nordosten der Ukraine wieder zu. Laut Kremlchef Putin hätten die russischen Truppen ihre Positionen verbessert. Kiews Gegenoffensive erklärt Putin im Staatsfernsehen einmal mehr für „komplett gescheitert”. Die russischen Streitkräfte seien in einer Phase der „aktiven Verteidigung” (n-tv).
Russland baut sich neue Bahnstrecke nach Mariupol
Mit einer neuen Eisenbahnlinie in der Südukraine will Russland offenbar seine Frontversorgung verbessern. Zur Versorgung seiner Truppen im Angriffskrieg gegen die Ukraine setzt Russland nach Einschätzung des britisches Verteidigungsministeriums massiv auf die Schiene: „Russland nutzt seine Schienennetze, um Munition, Rüstung, Treibstoff und Personal in die Ukraine zu transportieren”, Das Schienennetz in der besetzten Ukraine bleibe weitgehend funktionsfähig, sei jedoch anfällig für sporadische Unterbrechungen durch ukrainische Artillerie, Raketen und Sabotage Die neue Strecke liege in Reichweite ukrainischer Angriffssysteme, für die Zerstörung des Schienenverkehrs seien allerdings gezielte und andauernde Angriffe nötig (Spiegel).
Weitere Berichte
Waffenlieferung der USA: Ukraine setzt erstmals ATACMS-Raketen ein
Die Ukraine hatte lange auf die Lieferung des Raketentyps ATACMS gedrungen. Erst nach langem Zögern hatte die US-Regierung zugesagt, da sie befürchtete, die Ukraine könne die Waffen auch gegen russisches Gebiet einsetzen. Nun kamen diese US-Raketen im Verteidigungskamopf gegen Russland erstmals zum Einsatz. Wie die USA möchte auch die Bundesregierung, was die Lieferung des Marschflugkörpers Taurus mit ebenfalls hoher Reichweite anbelangt, sicherstellen, dass die Ukraine diesen nur zur Verteidigung ihres Territoriums einsetzt. Die Ukraine hat dies zugesagt. Die Reichweite der in die Ukraine gelieferten ATACMS ist den Berichten zufolge etwas kürzer als die maximal möglichen 300 Kilometer. Sie sind mit Streumunition bestückt, die sich beim Abfeuern in der Luft öffnet und Hunderte sogenannter Bomblets statt eines großen einzelnen Sprengkopfes freisetzt (ZDF).
„Steadfast Noon”: NATO startet jährliches Manöver, unter anderem mit Atomwaffen
Die NATO startet ihr jährliches Manöver zur Verteidigung des Bündnisgebiets. Unter anderem wird auch der Umgang mit Atomwaffen geübt. Die Übung sei jedoch nicht als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zu verstehen, wie die Nato betont, sondern eine routinemäßige Ausbildungsmaßnahme. Scharfe Waffen werde man bei dem Manöver nicht einsetzen, das in mindestens 1.000 Kilometer Entfernung zu russischen Grenzen abgehalten werde. Russlands Krieg gegen die Ukraine sei eine Erinnerung an die wichtige Rolle, die die Atomwaffen bei der Abschreckung spielten, so Generalsekretär Jens Stoltenberg, und „Steadfast Noon” werde dazu beitragen, Glaubwürdigkeit, Wirksamkeit und Sicherheit der nuklearen Abschreckung zu gewährleisten (BR).
Putin bei „Seidenstraßen”-Gipfel in China
Russlands Präsident Wladimir Putin ist zu Gast beim Seidenstraßen-Forum in China. Es ist seine erste Reise seit dem Haftbefehl des Internationalen Strafgerichtshofs. Der Besuch zeigt, dass China weiter an seiner Seite steht, ein Prestige-Gewinn für Putin. In einem Interview mit dem chinesischen Staatsfernsehen CCTV, das vor wenigen Tagen ausgestrahlt wurde, lobte Putin Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping in den höchsten Tönen. China setze sich für gemeinsame internationale Ziele ein und begreife, was in der Welt wichtig sei (Tagesschau).
13. Oktober 2023
Aktuelle Lage
Russlands mühsamer Versuch, Awdijiwka einzunehmen
Wie auf geolokalisiertem Bildmaterial zu erkennen ist, konzentrieren sich die russischen Geländegewinne bei der jüngsten Offensivoperationen Moskaus um Awdijiwka auf das Gebiet südwestlich der Stadt. Nach Einschätzung des Instituts für Kriegsstudien (ISW) sei es jedoch unwahrscheinlich, dass diese Maßnahmen zu einem größeren operativen und strategischen Vorteil für die russischen Streitkräfte führen würden. Die Angriffe der russischen Truppe bei Awdijiwka hätten ein bestimmtes Ziel, nämlich die ukrainischen Streitkräfte daran zu hindern, sich in andere Regionen der Front zu verlagern (euronews).
Kampf um Stadt im Donbass: Warum Awdijiwka strategisch wichtig ist
Russland hat seit einigen Tagen seine Angriffe auf das nahe der Stadt Donezk liegende Awdijiwka erheblich verstärkt. Von Awdijiwka aus kann die Artillerie der Ukraine Donezk sowie die wichtigen logistischen Linien erreichen, die durch die Stadt führen. Somit ist sie für Russland von strategischer Bedeutung. Die derzeitigen russischen Angriffe, die von intensivem Artilleriebeschuss und Luftangriffen begleitet werden, zielten darauf ab, die ukrainischen Verteidiger von der südlichen Verteidigungslinie zu verdrängen. Ziel der russischen Armee sei es, Awdijiwka einzukesseln. Das übergeordnete Ziel wird ferner sein, die Ukraine zu zwingen, Truppen von der Bachmut- und Saporischschja-Front hierher zu verlegen und damit die ukrainischen Angriffe in anderen Gebieten zu verlangsamen (Spiegel).
Erneute Landung auf Krim: So agieren ukrainische Spezialeinheiten
Ein ukrainisches Kommando ist zum zweiten Mal auf der Krim gelandet. Russland sei offenbar nicht in der Lage, ankommende kleine Wasserfahrzeuge zu erkennen, geschweige denn abzuwehren, so Sicherheitsexperte Christian Mölling. Da durch ukrainische Drohnen- und Raketenangriffe auch einige russische Küstenradare entlang der Küste getroffen wurden, die russischen Streitkräfte in Richtung des westlichen Schwarzmeerbeckens somit teilweise „blind” sind, werden solche kleineren Operationen zunehmend möglich. Es sei jedoch höchst unwahrscheinlich, dass die Ukraine in absehbarer Zeit in der Lage sein werde, eine Landungsoperation auf der Krim durchzuführen, die größer wäre als eine kleine Spezialeinheit (ZDF).
Russland greift Odessa, Mykolajiw und Cherson mit Drohnen an
Nach eigenen Angaben hat die Ukraine in der Nacht zu Dienstag im Süden des Landes wieder zahlreiche russische Drohnenangriffe abgewehrt. Wie die ukrainische Luftabweht mittteilt, seien 27 Angriffsdrohnen in den Regionen Odessa, Mykolajiw und Cherson abgeschossen worden. Insgesamt habe Russland von der annektierten Halbinsel Krim aus 36 Drohnen abgefeuert (Berliner Zeitung).
Russischer Angriff auf Odessa – Raketen von der Krim abgefeuert
Russische Streitkräfte haben erneut die ukrainische Hafenstadt Odessa mit Raketen angegriffen. Dabei wurde ein Wohngebäude und ein Getreidelager beschädigt. Vier Menschen wurden nach Angaben der örtlichen Behörden verletzt. Von Anlagen auf der Krim seien Raketen vom Typ Oniks in Richtung Odessa abgeschossen worden, die üblicherweise gegen Seeziele eingesetzt werden. Angesichts dieser Angriffe will Präsident Selenskyj die Luftverteidigung des Landes stärken (n-tv)
Gegenoffensive im Süden – Experte erwartet russischen Rückzug
Militärökonom Marcus Keupp beobachtet eine Phase der Abnutzung im Krieg gegen die Ukraine. Ähnlich wie in Cherson rechnet er mit einem russischen Rückzug an weiteren Frontabschnitten (ZDF).
Einfluss des Krieges in Nahost auf den Krieg in der Ukraine
Unterstützung der NATO: Israel vs. Ukraine – Ein möglicher Ressourcenkonflikt
Ist aufgrund der Eskalation in Nahost die Unterstützung des Westens für die Ukraine in Gefahr? Schon vor den Ereignissen am Wochenende hatte es Fragezeichen an der westlichen Ukraine-Hilfe gegeben: zum einen der Wahlerfolg des Putin-Freundes Robert Fico in der Slowakei, zum andern das im polnischen Wahlkampf verkündete vorläufige Ende der polnischen Waffenlieferungen und schließlich der Haushaltskompromiss mit den Republikanern im US-Senat, der vorläufig keine weiteren Hilfen für die Ukraine vorsah. Zu alldem kommt jetzt eine weitere internationale Großkrise, die die Frage aufwirft, welchem Konflikt der Westen nun welche Unterstützung wird zukommen lassen können und wollen. Inwieweit werden die USA, wird Europa in der Lage sein, die Ukraine weiterhin zu unterstützen? (ZDF).
Prorussische Hacker schalten sich in den Nahostkonflikt ein
Der jüngste Konflikt zwischen Israel und der Hamas hat sich offenbar auch auf den Cyberspace ausgeweitet. Die Hackergruppierung „Anonymous Sudan“ gab über Telegram bekannt, die israelischen Alarm-Applikationen „Tzeva Adom“ und „Red Alert“ lahmgelegt zu haben. Diese Apps warnen die israelische Bevölkerung vor anfliegenden Raketen und anderen unmittelbaren Gefahren.Inzwischen sollen laut der Plattform „Cyberknow” nicht weniger als 58 solcher Gruppen in diesem Konflikt aktiv sein. Dabei beschränken sie sich nicht nur auf israelische Ziele. Einige Gruppen stehen auch auf der Seite Israels und richten ihre Angriffe gegen palästinensische Webseiten (Der Standard).
Welche Rolle spielt Russland im Israel-Krieg?
Beobachter westlicher Länder beschuldigen Russland, eine Rolle bei dem Angriff der radikalislamistischen Hamas auf Israel gespielt zu haben. Was ist dran an dieser These? Warum sollte Russland die Hamas-Gruppe unterstützen? Inwiefern profitiert Russland von dem Angriff auf Israel? Fünf Fragen und Antworten zu den Verbindungen Russlands in den Nahen Osten (n-tv).
Selenskyj bezeichnet Russland und die Hamas als „dasselbe Böse”
Raketen gegen friedliche Städte, Kinder als Ziele: Der ukrainische Präsident Selenskyj zieht in einer Rede vor der NATO eine Parallele zwischen den Angriffen Russlands und der Hamas. Selenskyj rief Länder in aller Welt dazu auf, sich gemeinsam und aktiv für die Verteidigung von Menschenleben und für das Völkerrecht einzusetzen. „Wir dürfen dem Terror keine einzige Chance geben“, sagte er. Das internationale Recht werde die einzige Kraft sein, die darüber entscheide, wie die Welt in Frieden leben werde (Spiegel).
Kreml äußert Sorge über Kämpfe in Israel
Russland hat sich nach den Angriffen der islamistischen Hamas auf Israel offiziell besorgt gezeigt. „Wir beobachten mit großer Sorge, was rund um Israel, im Nahen Osten, passiert“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Montag. Es bestehe die Möglichkeit einer Ausweitung der Eskalation in der Region, fügte er hinzu und rief beide Seiten zum Einstellen der Gefechte auf (Handelsblatt).
Kreml wird laut US-Experten Lage in Israel für Krieg in Ukraine ausnutzen
Aus Sicht von US-Experten wird Russland die Angriffe der islamistischen Hamas gegen Israel auch für seinen Krieg gegen die Ukraine auszunutzen versuchen. In einer Informationskampagne werfe der Kreml dem Westen vor, die Konflikte im Nahen Osten zugunsten der Unterstützung für die Ukraine vernachlässigt zu haben, schrieb das Institut für Kriegsstudien (ISW) in einer Analyse. Russlands Vorwurf: Der Westen habe zuletzt die Bemühungen des Nahost-Quartetts blockiert, zu dem neben Russland die USA, die EU und die Vereinten Nationen gehören. Nach Angaben des Außenministeriums in Moskau hat Russland auch Kontakte zur islamistischen und im Gazastreifen herrschenden Hamas. Der russische Außenminister Sergej Lawrow wies nach Angaben des Ministeriums auch am Samstag wieder auf Moskaus Initiative für eine Zweistaatenlösung hin (Welt).
Palästinenser-Präsident Abbas in Russland erwartet
Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas wird zu Gesprächen nach Russland reisen, wie russische Medien berichten. „Es wurde vereinbart, dass Herr Abbas nach Moskau kommt“, zitiert die russische Nachrichtenagentur RBC den palästinensischen Botschafter in Moskau, Abdel Hafiz Nofal. Russland unterhält sowohl Beziehungen zu arabischen Ländern, dem Iran und der Hamas als auch zu Israel. Es verurteilt laut offiziellen Angaben die Gewalt auf beiden Seiten und wirft den USA vor, die Bedeutung eines unabhängigen palästinensischen Staates nicht anzuerkennen (ORF).
Generalsekretär reist zu Gesprächen über Lage in Nahost nach Moskau
Wie die palästinensische Nachrichtenagentur WAFA mitteilt, hat die Palästinensische Autonomiebehörde wegen der Eskalation im Nahost-Konflikt eine Dringlichkeitssitzung der Außenminister der Arabischen Liga beantragt. Der Antrag sei angesichts der israelischen Aggression gegen das palästinensische Volk erfolgt, hieß es. Der Generalsekretär der Arabischen Liga, Gheit, reiste unterdessen zu Gesprächen über die Entwicklung nach Russland. In Moskau wolle er mit Außenminister Lawrow die Lage erörtern, teilte ein Sprecher der Arabischen Liga in Kairo mit (Deutschlandfunk).
Hintergründe und aktuelle Entwicklungen im Nahostkonflikt
6. Oktober 2023
Aktuelle Lage
Mehr als 50 Tote durch Angriff in Region Charkiw
In der ukrainischen Region Charkiw im Osten der Ukraine sind nach Angaben örtlicher Behörden mehr als 50 Menschen durch russischen Raketenbeschuss getötet worden. Demnach soll der Ort Hrosa nahe der Stadt Kupjansk Ziel des russischen Beschusses geworden sein. Lokale Behörden sprechen von mindestens 51 Todesopfern. Es sei auch ein Lebensmittelgeschäft und ein Café getroffen worden. Zum Zeitpunkt des Angriffs hätten sich besonders viele Menschen in dem Café aufgehalten, weil dort eine Trauerfeier stattfinden sollte. Ersten Erkenntnissen zufolge sei eine „Iskander”-Rakete bei dem Angriff eingesetzt worden, so Innenminister Klymenko (Tagesschau).
„Elastische Verteidigung“ frustriert die Ukraine
Mittlerweile hat Russland offenbar seine Verteidigung an der Südfront an das Verhalten der ukrainischen Truppen angepasst und bremst damit einem Bericht zufolge erfolgreich deren Gegenoffensive. Die russischen Truppen gäben inzwischen bereitwillig Gebiete auf, nur um wenig später zurückzuschlagen. Diese Taktik sei in Militärkreisen als „elastische Verteidigung” bekannt, heißt es. Russische Einheiten versuchen demnach nicht länger, eine Verteidigungslinie um jeden Preis zu halten. Stattdessen würden sie ihre Gräben verlassen und sich zu einer zweiten Verteidigungslinie zurückziehen, um einen ukrainischen Vormarsch auszulösen. Sobald die ukrainischen Truppen ungeschützt im offenen Gelände vorrückten, griffen die russischen Einheiten an (n-tv).
Russland will mehr als 30 ukrainische Drohnen abgewehrt haben
Nach eigenen Angaben hat Russlands Militär in der Nacht zum Mittwoch in grenznahen Landesteilen Dutzende ukrainische Drohnen abgewehrt. Über den Gebieten Belgorod, Brjansk und Kursk seien von der Luftverteidigung insgesamt 31 unbemannte Flugkörper abgefangen worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau am Morgen mit (Handelsblatt).
Ukrainischer Angriff auf Flughafen Sotschi
Die Ukraine soll laut Medienberichten den russischen Flughafen Sotschi am Schwarzen Meer mit Kampfdrohnen angegriffen haben. Ziel sei ein Abstellplatz für Hubschrauber gewesen, berichteten Kiewer Medien unter Berufung auf Geheimdienstquellen (Handelsblatt).
Weitere Berichte
Wie die Ukraine die Krim befreien will
Seit der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim vor neun Jahren hat Russland die Halbinsel zu einer militärischen Festung ausgebaut. Aktuell ist die Halbinsel militarisierter denn je. Von der Krim aus beschießt das russische Militär die Ukraine seit Monaten massiv mit Raketen. Inzwischen ist es dem ukrainischen Militär gelungen, auf die Krim zu gelangen und dort Militäroperationen durchzuführen. So veröffentlichte der ukrainische Geheimdienst Videoaufnahmen, welche ukrainische Spezialeinheiten dort im Einsatz zeigen. „Wir sehen ein akribisches, systematisches Vorgehen, was darauf abzielt, die Krim für Russland unhaltbar zu machen“, analysiert die Politikwissenschaftlerin Claudia Major die Aktivitäten der Ukraine. „In Kombination mit den Angriffen auf die Kertsch-Brücke und anderen Zugängen auf die Krim, ist das wirklich das Ziel: Die Krim unhaltbar zu machen und langfristig Russland dazu zu bringen, sie aufzugeben“, so die Sicherheitsexpertin von der Stiftung Wissenschaft und Politik (Tageschau).
EU-Außenministertreffen in Kiew – Mehr als reine Symbolik
Europa steht geschlossen zur Ukraine, so das Signal, das von dem Besuch der EU-Außenminister in Kiew ausgehen soll. Auch konkrete Punkte wie Sicherheitsgarantien und die Zusammenarbeit in der Verteidigungsindustrie wurden auf dem Treffen besprochen. Die EU-Mitgliedstaaten müssten sich auf eine mehrjährige finanzielle Rahmenunterstützung einigen, so der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell. In den kommenden Monaten würden weitere 40.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten ausgebildet werden, auch an modernen Kampfjets. Zudem stand der von der Ukraine baldigst erwünschte EU-Beitritt auf der Agenda. Kiew ist seit Juni 2022 EU-Beitrittskandidat und rechnet laut dem ukrainischen Außenminister Kuleba bis Jahresende 2023 mit dem Beginn von Beitrittsverhandlungen (Tagesschau).
Historisches Treffen: Alle 27 EU-Außenminister reisen nach Kiew
Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges treffen sich alle 27 Staatsvertreter außerhalb der EU in Kiew zu einem informellen Treffen. Bei den Beratungen solle es um die aktuelle Lage angesichts des russischen Angriffskriegs und die Unterstützung der EU für die Ukraine gehen (n-tv).
Vor dem zweiten Kriegswinter: Aussichten im Ukraine-Krieg
Die ukrainischen Offensive neigt sich mit dem Ende dieses langen Sommers dem Ende zu. Zeit für eine Zwischenbilanz. Wohin steuert der Krieg? Hat Europa die Geduld für einen langen Konflikt? Und verschafft der Ukraine nur eine NATO-Mitgliedschaft Frieden? Wir müssten uns eher auf einen längeren Krieg und einen langfristigen Konflikt einstellen. Wir hätten momentan eine Patt-Situation, die sich nur sehr langsam zu Gunsten der Ukraine wende. Sicherheitsexpertin Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politk im Interview über die Aussichten im Ukraine-Konflikt (Neue Züricher Zeitung).
Großbritannien stellt Stationierung eigener Soldaten in der Ukraine in Aussicht
Großbritanniens Verteidigungsminister Grant Shapps hatte in Aussicht gestellt, dass britische Soldaten erstmals auch in der Ukraine eingesetzt werden könnten. Bei den Gesprächen sei es um die Verlegung einer offiziellen, von Großbritannien geführten Trainingsmission für ukrainische Soldaten in die Ukraine gegangen. Mit derlei Plänen würde das NATO-Verteidigungsbündnis von der bisherigen Haltung abrücken, keine NATO-Truppen in die Ukraine zu verlegen. Premierminister Rishi Sunak relativierte die Äußerungen seines Verteidigungsministers rasch. Die Pläne seien längerfristig und nicht für das „Hier und Jetzt“ (Welt).
September 2023
September 2023
29. September 2023
Aktuelle Lage
Ohne Krim Ukraine für Putin „quasi wertlos“
Wie ist die Lage an der ukrainischen Front und wie könnte der Krieg weitergehen? Militärexperte Gustav Gressel ordnet ein – und erklärt die besondere Bedeutung der Krim für den Krieg (ZDF).
Erneute Angriffe auf Region Cherson
Die Verantwortlichen der Region Cherson im Süden der Ukraine berichteten von erneuten Angriffen seitens Russlands. „In diesen Tagen bombardiert Russland Cherson, Beryslaw und Dörfer im Chersoner Gebiet mit besonderer Brutalität“, so der ukrainische Präsident Selenskyj. „Das ist bewusster Terror der Besatzer.“ (Focus).
Ukraine nimmt Russlands Rüstungsindustrie und Energienetz ins Visier
Die Ukraine nimmt in ihrer Gegenoffensive zunehmend die Rüstungsindustrie des Gegners ins Visier. „Wir können deutlich erkennen, in welchen Bereichen der Druck auf Russland verstärkt werden muss, um zu verhindern, dass die terroristischen Fähigkeiten wachsen“, so der ukrainische Präsident Selenskyj, nachdem er mit seiner Führung einen Bericht zur Lage in Russlands militärisch-industriellem Komplex analysiert hat (FAZ).
Luftangriffe auf Krim und russische Grenzgebiete
Russland hat eigenen Angaben zufolge einen Luftangriff auf die Halbinsel Krim abgewehrt. Der Gouverneur von Sewastopol meldete eine abgeschossene Rakete in der Nähe des Militärflugplatzes. Auch die Grenzregionen Belgorod und Kursk sollen mit insgesamt elf ukrainischen Drohnen angegriffen worden sein, doch keine soll ihr Ziel erreicht haben (n-tv).
Ukrainische Angriffe auf der Krim: „Für Russland ein komplettes Desaster“
Die Angriffe auf der Krim sind verheerend für Russland, erklärt der Militärökonom Keupp im Interview. Die Russen hätten den Angriffen momentan nichts entgegenzusetzen. Offenbar sei die russische Luftabwehr nicht in der Lage, westliche Marschflugkörper abzufangen. Auf der Krim stehen die modernsten Radare und Systeme zur Luftverteidigung, die Russland zur Verfügung hat. So seien die jüngsten Angriffe auf das Marinehauptquartier in Sewastopol schwere Schläge für Russland, nicht nur militärisch, sondern auch symbolisch (Tagesschau).
Russische Angriffe auf Odessa mit Drohnen und Raketen
Laut ukrainischen Angaben hat Russland in der Nacht die südukrainische Hafenstadt Odessa mit Drohnen und Raketen angegriffen. Im Hafen habe es erheblichen Schaden gegeben, auch Getreidespeicher seien zerstört worden. In der gesamten Ukraine herrschte in der Nacht zeitweise Luftalarm (n-tv).
Russische Luftangriffe auf das südukrainische Gebiet Cherson
Bei dem Beschuss durch russische Flugzeuge auf Ziele in der Region Cherson habe es Tote und Verletzte gegeben. Auf die gleichnamige Gebietshauptstadt Cherson hat Russland nach ukrainischen Militärangaben zwei gelenkte Fliegerbomben abgeworfen. Eine Industrieanlage und zivile Infrastruktur seien getroffen worden (ORF).
Russland meldet Drohnenangriffe auf grenznahe Stadt Kursk
Nach Angaben aus Moskau hat es auf die russische Gebietshauptstadt Kursk erneut einen Drohnenangriff gegeben. Die Luftabwehr habe ein Fluggerät abgeschossen, meldete das russische Verteidigungsministerium. Bereits zuvor waren mehrere Ziele in der grenznah gelegenen Stadt attackiert worden. Laut Angaben des ukrainischen Militärgeheimdienstes soll eine Drohne das Gebäude des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB getroffen haben, eine zweite eine Ölraffinerie (euronews).
Bergkarabach, der Ukraine-Krieg und die Rolle Russlands
Wie Berg-Karabach mit dem Ukraine-Krieg zusammenhängt – Rache oder Kontrollverlust Putins?
„Als Ergebnis der Ereignisse in der Ukraine haben sich die Möglichkeiten Russlands verändert“, so Armeniens Ministerpräsident Paschinjan, Putin wolle sich nicht mit Aserbaidschan und der Türkei entzweien. Insofern ist die Zurückhaltung und die ausgebliebene Unterstützung Moskaus in der aktuellen Situation zu erklären. Putin selbst hatte sich zuletzt laut einem Bericht der Staatsagentur Ria Novosti dahingehend geäußert: „Wenn Armenien selbst Bergkarabach als Teil Aserbaidschans anerkannt hat, was haben wir dann damit zu tun?“ Gleichzeitig hatte auch Armenien in letzter Zeit versucht, sich von der Abhängigkeit von Russland zu lösen (Frankfurter Rundschau).
Russland bricht sein Versprechen an Armenien
Russland gelang es in den vergangenen Monaten weder Armenien zu schützen, den Versorgungskorridor offen zu halten, noch den Frieden zu sichern. Als die Eskalation am 19. September begann, standen die russischen Friedenstruppen buchstäblich abseits, versuchten nicht einmal, die aserbaidschanischen Streitkräfte aufzuhalten und gaben damit im Grunde grünes Licht für den Vormarsch der aserbaidschanischen Streitkräfte. Berichten zufolge hat Baku vor der Offensive lange mit Moskau verhandelt, höchstwahrscheinlich, um die Zustimmung Russlands zu erhalten. Die Tatsache, dass sich Russland selbst für den eigentlich Verbündeten Armenien als äußerst unzuverlässiger Partner erwiesen hat, werde in Zukunft zu berücksichtigen sein, wenn in der Ukraine irgendwelche Waffenstillstandsverhandlungen aufgenommen würden, so Kaukasus-Experte Marcel Röthig (ZDF).
Putin schweigt: Darum hält sich Russland zurück
Nach mehr als 30 Jahren steht die Region Bergkarabach nicht mehr unter der Kontrolle Armeniens, sondern unter der Herrschaft Aserbaidschans. Der Konflikt scheint damit entschieden. Russland scheint sich in der aktuellen Situation weitgehend herauszuhalten. Das sei ein bewusster Entscheid des Kremls, so der Politologe Stefan Meister im Interview (SRF).
Unser Dossier mit Hintergründen zum Bergkarabach-Konflikt
22. September 2023
Aktuelle Lage
Ukrainer gelangen im Südosten hinter russische Verteidigungslinie
Ukrainischen Einheiten ist es offenbar in der Nähe des Dorfes Werbowe in der Region Saporischschja gelungen, mit gepanzerten Fahrzeugen hinter die russische Hauptverteidigungslinie im Südosten des Landes zu gelangen. Die kleine Bresche sei hart umkämpft und die ukrainischen Einheiten erlitten große Verluste, hieß es. Die Präsenz ukrainischer Einheiten hinter der russischen Verteidigungslinie sei eine „signifikante Veränderung“ in diesem Frontbereich, so die US-Denkfabrik Institute for the Study of War (Süddeutsche).
Ukraine berichtet von massiven Luftangriffen
Die russische Armee hat die Ukraine erneut landesweit angegriffen. Es habe massive Raketenangriffe auf die zivile Infrastruktur gegeben. Insbesondere stand dabei die Region Cherson in der Südukraine im Fokus. Aber auch auf die Hauptstadt Kiew gab es erneut Angriffe sowie auch auf die Region Lwiw im Westen der Ukraine (Tagesschau).
Russische Drohnenangriffe: Ukrainische Raffinerie beschädigt
Abermals startete Russland eine Reihe von Drohnenangriffen auf die Ukraine. Angegriffen wurden demnach vor allem Ziele im Norden und Zentrum des Landes. Dabei ist eine Raffinerie in der Stadt Krementschuk beschädigt worden. Krementschuk ist eine am Dnipro gelegene Industriestadt in der Ukraine. Die Ölverarbeitung ist dabei ein wichtiger Wirtschaftssektor. Wegen der strategischen Bedeutung wurden die Stadt und die Raffinerie während des russischen Angriffskriegs schon mehrfach beschossen (RND).
Explosionen in Lwiw
Die Stadt Lwiw ist am Morgen von Drohnen angegriffen worden. Lwiw liegt im Westen der Ukraine in der Nähe der polnischen Grenze und damit weit entfernt von der Front im Osten. Trotzdem wurde die Stadt seit Kriegsbeginn mehrfach Ziel von Angriffen (n-tv).
Ukrainische Armee meldet Rückeroberung von Klischtschijiwka nahe Bachmut
Der lange von russischen Truppen besetzte Ort Klischtschijiwka wurde laut der Ukraine offenbar von ukrainischen Soldaten zurückerobert. Von russischer Seite gab es bislang keinen Kommentar dazu. Mit der Einnahme Klischtschijiwkas durch die Ukraine würde sich die taktische Lage der russischen Besatzer in Bachmut deutlich verschlechtern. Sie könnten nun vom Süden und vom Norden her in die Zange genommen werden (Welt).
Explosionen erschüttern Hafenstadt Sewastopol auf der Krim
In der Hafenstadt Sewastopol hat es Medienberichten zufolge mehrere Explosionen gegeben. Es soll sich dabei um eine gemeinsame Operation des ukrainischen Geheimdienstes und der ukrainischen Marine handeln. In Sewastopol liegt der Hauptstützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte (n-tv).
Weitere Beiträge
Neues US-Militärpaket, aber keine ATACMS-Raketen
Anlässlich des Besuchs von Präsident Selenskyj in Washington hat die US-Regierung der Ukraine ein neues, 325 Millionen Dollar schweres Hilfspaket in Aussicht gestellt. Das Paket umfasst nach Angaben aus dem Pentagon unter anderem Artilleriemunition und Systeme zur Abwehr feindlicher Luftangriffe. Die aus Kiew geforderten ATACMS-Raketen mit einer Reichweite von bis zu 300 Kilometer sind darin nicht enthalten (Tagesschau).
Waffenlieferungen Polens an Ukraine
Polens Präsident Duda hat die Irritationen um einen möglichen Stopp polnischer Waffenlieferungen an die Ukraine als Missverständnis bezeichnet. Mit seinen Äußerungen habe Regierungschef Morawiecki sagen wollen, dass Polen diejenigen neuen Waffen nicht an die Ukraine liefern werde, die das Land derzeit im Zuge der Modernisierung der polnischen Armee kaufe.
Russlands Rolle in Bergkarabach – Und was der Ukraine-Krieg damit zu tun hat
Russland hält sich im Bergkarabach-Konflikt zurück – obwohl es eigentlich Armenien stützt. Warum greift Russlands Präsident Putin nicht ein? Russland wende sich von Armenien ab, weil es „in dem Ukraine-Konflikt mehr Interesse an Beziehungen zu Aserbaidschan und auch zur Türkei hat“, so Moskau-Korrespondent Armin Coerper. „Mit Russlands Schwächung sehen wir eben jetzt, dass Aserbaidschan deutlich selbstbewusster geworden ist“, erklärt auch Marcel Röthig, Leiter des Regionalbüros Südkaukasus von der Friedrich-Ebert-Stiftung (ZDF).
15. September 2023
Aktuelle Lage
Ukrainischer Generalstab verkündet Rückeroberung von Andrijiwka nahe Bachmut
Die ukrainische Armee hat die Eroberung des Dorfes Andrijiwka nahe der kriegszerstörten Stadt Bachmut bekannt gegeben. Die ukrainischen Streitkräfte hätten „bei ihren Offensiveinsätzen im Gebiet von Klichtschijewka einen Teilerfolg“ erzielt, teilte der ukrainische Generalstab am Freitag mit (n-tv).
Flugabwehr und Radarsysteme nahe Krim zerstört: Diesen Plan verfolgt die Ukraine
Erst die von Spezialkräften eingenommene Bohrinsel, dann zerstörte Kriegsschiffe auf der Krim und jetzt hat die Ukraine dort auch noch ein Flugabwehssystem ausgeschaltet. Kein Zufall, sagen Experten, und sehen darin einen ausgeklügelten Plan. „Die Ukraine öffnet hier gerade den russischen Luftraum über der Krim für weitere Angriffe mit Storm-Shadow-Marschflugkörpern“, so András Rácz (RND).
Massiver Angriff auf Krim – Wohl Flugabwehrsystem zerstört
Nach Angaben aus Moskau hat die Ukraine erneut die von Russland annektierte Halbinsel Krim angegriffen. In den sozialen Netzwerken kursieren Fotos, die einen riesigen Feuerball am Himmel zeigen. Bei den Angriffen soll laut ukrainischen Angaben ein russisches Flugabwehrsystem zerstört worden sein. Aus Moskau heißt es, dass zahlreiche Drohnenangriffe der Ukraine abgewehrt worden seien (n-tv).
London: Getroffene russische Schiffe fallen lange aus
Die bei ukrainischen Drohnenangriffen im Krim-Hafen von Sewastopol getroffenen russischen Schiffe sind nach Einschätzung britischer Militärexperten auf lange Sicht außer Gefecht gesetzt. Bemühungen, das U-Boot wieder in Dienst zu nehmen, dürfte demnach „viele Jahre dauern und Hunderte Millionen Dollar kosten“, so der britische Geheimdienst (n-tv).
Werft auf Krim bei ukrainischem Angriff getroffen
Nach russischen Angaben haben ukrainische Geschosse eine Werft auf der annektierten Krim getroffen. Dabei wurden nach russischen Angaben 24 Menschen verletzt. Ferner seien zwei Kriegsschiffe beschädigt worden, die sich wegen Reparaturarbeiten in der Werft befanden. Russland seinerseits griff nach ukrainischen Angaben in der Nacht erneut den Donauhafen Ismajil in der Region Odessa mit Drohnen an (Tageschau).
Schwere Kämpfe im Donbas: Ukrainische Truppen rücken vor
Ukrainische und russische Quellen berichteten von schweren Kämpfen nördlich des Flughafens von Donezk. Nach ukrainischen Angaben hätten Streitkräfte einen Teil des Dorfes Opytne befreit. Den ukrainischen Streitkräften sei es gelungen, „dort Fuß zu fassen“, so der ukrainische Leiter der dortigen zivilen Militärverwaltung. Inoffizielle russische Berichte bestätigten einen Rückzug aus dem Gebiet, was bedeutet, dass sich die ukrainischen Streitkräfte der von Russland besetzten Stadt Donezk nähern (euronews).
Moskau und Kiew melden erneut Drohnenangriffe
Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau seien erneut Angriffe in Richtung Krim erfolgt. Das russische Militär habe im Schwarzen Meer mehrere ukrainische Marineboote und Drohnen zerstört. Auch ein erneuter ukrainischer Drohnenangriff in der Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine sei abgewehrt worden. Die Ukraine meldet ihrerseits Drohnenangriffe auf die Hauptstadt Kiew. 25 der 32 im Iran hergestellten Shahed-Drohnen seien von der Luftverteidigung zerstört worden, wie das ukrainische Militär mitteilte (ZDF).
Hat Russland zivilen Frachter angegriffen?
Großbritannien hat Russland einen versuchten Angriff auf einen zivilen Frachter im Schwarzen Meer vorgeworfen. Als Russland am 24. August den Hafen von Odessa mit Marschflugkörpern attackiert habe, sei ein Schiff unter liberianischer Flagge eines der beabsichtigten Ziele gewesen, teilte die britische Regierung unter Berufung auf Geheimdienstinformationen mit. Auch die US-Regierung hatte zuvor vor russischen Angriffen auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer gewarnt (ZDF).
Aussicht auf einen langen Krieg
„Der Krieg wird auf jeden Fall bis 2025 dauern“
Der Ukraine-Krieg dürfte frühestens 2025 beendet werden, erwartet der Militärexperte Gressel: „Man muss damit rechnen, dass dieser Krieg auf jeden Fall bis 2025 reichen wird. Sollte Donald Trump im November 2024 die US-Präsidentschaftswahl gewinnen, könnte er aus russischer Sicht im Januar 2025 einen Deal anbieten, sodass Frühling 2025 der früheste Zeitpunkt wäre, zu dem der Krieg zu den eigenen – russischen – Bedingungen beendet werden könnte. Wenn Biden die Wahl dagegen gewinnt, was im Moment ja etwas wahrscheinlicher ist, ist damit zu rechnen, dass der Krieg über 2025 hinaus dauert.“ Im Interview spricht Gressel über den Verlauf der ukrainischen Offensive (Tagesschau).
Militärexperte zu Ukraine-Offensive
Die Ukraine werde die nächsten Verteidigungsstellungen durchbrechen, meint Militärexperte Nico Lange. Doch ob sie dann auch strategisch Gebiet einnehmen und die russische Versorgung durchtrennen kann, hänge von den verbliebenen Reserven ab. Nico Lange, Senior Fellow bei der Münchner Sicherheitskonferenz, über drei Parameter, die entscheidend sind für den Kriegsverlauf der kommenden Wochen und Monate (Tagesschau).
Militärforscher: Kims Munition könnte den Krieg verlängern
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un ist zu Gesprächen mit Präsident Wladimir Putin nach Russland gereist. Bei dem Treffen dürfte es unter anderem um Waffenlieferungen gehen. Für seinen Krieg in der Ukraine könnte Nordkorea Russland Artilleriemunition und Panzerabwehrraketen liefern. Militäranalysten zufolge würde das Russland zwar helfen, seine schwindenden Munitionsbestände wieder aufzufüllen, den Krieg entscheiden dürfte das aber nicht: „Der Zugang zu diesen Vorräten dürfte den Konflikt verlängern, am Ausgang wird sich aber wahrscheinlich nichts ändern“, so Joseph Dempsey, Forscher für Verteidigung am International Institute for Strategic Studies (n-tv).
Future War: 8 Szenarios über den Ausgang eines unvorhersehbaren Krieges
Wie wird der Ukraine-Krieg „ausgehen“? Kann er überhaupt irgendwie „ausgehen“ – im Sinne eines Friedens, eines neuen Normalzustands? Oder entsteht aus diesem schrecklichen Krieg ein endloser Negativprozess, ein schleichender Dritter Weltkrieg, ein Strudel, in den immer mehr Stabilität hineingerissen wird? – Matthias Horx mit dem Versuch einer Einordnung (Zukunftsinstitut)
Was die Aussicht auf einen längeren Krieg für Russland, die Ukraine und Belarus bedeutet
Russland sei derzeit weit davon entfernt, seine erklärten Kriegsziele in der Ukraine zu erreichen. Da eine Eroberung jedoch gegenwärtig Russlands militärische Möglichkeiten übersteige, versuche der Kreml, die Ukraine durch Terror gegen die Zivilbevölkerung zu destabilisieren. Momentan erscheine Russland ein Weitermachen weniger riskant als ein Waffenstillstand vor Erreichen der Kriegsziele. Russland verfüge über genug Ressourcen, um jahrelang Angriffe auf die Ukraine zu lancieren. Wie sich ein längerer Krieg auf Russland, die Ukraine und Belarus auswirken kann, wird in diesem „360 Grad” analysiert. (Stiftung Wissenschaft und Politik).
Weitere Berichte
Strafgerichtshof eröffnet Büro in Kiew – Kriegsverbrechen aufklären
Zur Aufklärung mutmaßlicher russischer Kriegsverbrechen hat der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) nun ein Büro in der ukrainischen Hauptstadt Kiew eröffnet. Es handele sich um die größte Außenstelle des Gerichtshofes außerhalb seines Hauptsitzes im niederländischen Den Haag, so der ukrainische Präsident Selenskyj. Chefankläger des IStGH, Karim Khan, hatte bereits im vergangenen März wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen in der Ukraine Haftbefehle gegen Kremlchef Wladimir Putin erlassen, ebenfalls gegen die russische Kinderbeauftragte Maria Lwowa-Belowa wegen des Vorwurfs der mutmaßlichen Verschleppung tausender ukrainischer Kinder nach Russland (ZDF).
G20-Gipfel: Einigung auf Kompromiss-Text zu Ukraine-Krieg
Beim G20-Gipfel in Neu-Delhi haben sich die teilnehmenden Länder trotz großer Meinungsunterschiede zum Krieg in der Ukraine auf eine gemeinsame Abschlusserklärung geeinigt, wie Indiens Premierminister Narendra Modi mitteilte. Dem Kompromiss in der Abschlusserklärung stimmten sowohl der Westen als auch Russland und sein Partner China zu. Anders als noch in der letztjährigen Erklärung wird der russische Angriffskrieg gegen die Ukraine nicht mehr explizit verurteilt. Stattdessen wird auf entsprechende Resolutionen der Vereinten Nationen verwiesen. Alle Staaten müssten von Angriffen auf die „territoriale Integrität“ oder die „politische Unabhängigkeit“ anderer Staaten Abstand nehmen (Bayerischer Rundfunk).
Kremlpartei zum Sieger bei Scheinwahlen in besetzten Gebieten erklärt
Bei den Scheinwahlen in den vier von Moskau besetzten Gebieten der Ukraine hat die Kremlpartei „Geeintes Russland“ offiziellen Angaben zufolge mit großer Mehrheit gewonnen. Wie die russische Wahlkommission mitteilte, habe die russlandtreue Partei in jeder Region mehr als 70 Prozent der Stimmen erhalten. Mit 78 Prozent beanspruchte „Geeintes Russland“ dabei das beste Ergebnis in der östlichen Region Donezk. Die Wahlbeteiligung habe dort bei rund 80 Prozent gelegen. Unabhängige Wahlbeobachter gab es bei der Abstimmung nicht. Die ukrainische Regierung in Kiew rief dazu auf, die Scheinwahlen nicht anzuerkennen (Tagesschau).
8. September 2023
Aktuelle Lage
NATO: „Die Ukrainer gewinnen allmählich an Boden"
Nach Einschätzung von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg kommen die ukrainischen Streitkräfte bei ihrer Gegenoffensive voran. Trotz der schwierigen Kämpfe sei es der Armee gelungen, „die Verteidigungslinien der russischen Streitkräfte zu durchbrechen und vorzurücken. Die Ukrainer gewinnen allmählich an Boden", sagte Stoltenberg vor EU-Abgeordneten in Brüssel. Das beweise, wie wichtig die Unterstützung der NATO sei. Die ukrainische Armee rücke zwar nicht so schnell vor wie erhofft, sie erziele aber Geländegewinne von etwa hundert Metern pro Tag, so Stoltenberg (n-tv).
Was der Durchbruch der ukrainischen Gegenoffensive bedeutet
Seit Wochen stockte die im Juni begonnene ukrainische Gegenoffensive, die Frontlinien schienen sich nicht zu bewegen. Nun ist der Ukraine ein Durchbruch entlang der wichtigen Südfront bei Saporischschja gelungen. Die ukrainischen Streitkräfte konnten die erste Verteidigungslinie der Russen durchbrechen, sagte die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar. Es gehe nicht um einen „hollywoodreifen Durchbruch”, sondern um eine Lücke in der russischen Verteidigung, so Militärexperte Marcus Keupp. Diese müsse „so fünf bis zehn Kilometer breit sein - und durch diese Lücke schieben sie dann das schwere Material, also ihre Reserven.” Die Ukraine sei gerade dabei, diese Lücke auszumachen. Dies sei also ein sehr gefährlicher Moment für die Russen (Deutsche Welle).
Getreideabkommen
„Russland hat daran sehr wenig Interesse”
Die Chancen auf eine Wiederbelebung des ukrainischen Getreideabkommens mit Russland seien gering, so die Sicherheitsexpertin Claudia Major. Angesichts neuer russischer Angriffe auf ukrainische Getreidehäfen kurz vor einem Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Putin und dem türkischen Staatschef Erdogan scheine da „wenig Bereitschaft zu sein”. Moskau spiele „immer noch auf Sieg” (Tagesschau).
Putin und Erdoğan beenden Treffen ohne Einigung über Getreideabkommen
Die Gespräche zwischen Putin und Erdogan über eine Wiederbelebung des von der Türkei und den Vereinten Nationen vermittelten Getreideabkommens sind gescheitert. Es werde keine neue Vereinbarung über den Transport von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer geben, bis der Westen seine Bedingungen erfüllt habe, sagte Putin nach dem Treffen. Zuerst müssten die Beschränkungen für den Export von russischen Agrarprodukten aufgehoben werden (Zeit).
Treffen mit Putin soll Getreidedeal retten
Auch Türkeis Präsident Erdogan versucht als Vermittler zwischen den Konfliktparteien zu agieren. Das Getreideabkommen hat in vielerlei Hinsicht große Bedeutung für die Türkei. Sollte es zu einer militärischen Eskalation kommen, fürchtet Ankara ein Übergreifen der Spannungen auf die gesamte Schwarzmeerregion. Durch einen neuen Getreidedeal soll verhindert werden, türkische Sicherheits- und Wirtschaftsinteressen gefährdet werden (ZDF).
Guterres macht Russland Vorschläge für neues Getreideabkommen
UNO-Generalsekretär Guterres versucht bei der Suche nach Lösungen zur Wiederaufnahme des Getreideabkommens zu vermitteln und hat Russland neue Vorschläge gemacht. Er habe beispielsweise einen effektiven Zugang russischer Lebensmittel und Düngerprodukte zu den globalen Märkten in Aussicht gestellt. Dies war eine der zentralen Forderungen Russlands (Deutschlandfunk).
Weitere Berichte
Friedensnobelpreisträgerin Scherbakowa: Kein Frieden mit Putin möglich
Friedensnobelpreisträgerin Scherbakowa hält es für unmöglich, mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin über einen Friedensschluss zu verhandeln. Ohne Waffen sei kein Frieden in der Ukraine zu erreichen. „Indem man auf Verhandlungen drängt, unterstützt man in Wirklichkeit die russische Aggression”, so die Gründerin der Menschenrechtsorganisation Memorial. Sie warnte ferner davor, Putin als Verrückten zu bezeichnen. „Der Angriff auf die Ukraine war kein Anfall von Wahnsinn, sondern entsprach der Logik des Regimes.” Eine Hoffnung, dass aus der Putinschen Elite heraus eine Änderung komme, habe sie deshalb nicht. „Das Regime hat noch genug Kraft, diesen Krieg fortzusetzen, und bereitet die Menschen auf einen endlosen Krieg vor." (ZDF).
Mögliche Waffenlieferungen - Kim Jong Un will offenbar Putin treffen
Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un will nach US-Angaben bei einem Treffen mit Kreml-Chef Putin in Russland über Waffenlieferungen an Moskau verhandeln. "Wie wir öffentlich gewarnt haben, schreiten die Verhandlungen über Waffenlieferungen zwischen Russland und Nordkorea voran", sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats der USA, Adrienne Watson, in Washington. Moskau und Pjöngjang hatten Mitte August angekündigt, ihre Zusammenarbeit auszubauen und unter anderem im Verteidigungsbereich enger zu kooperieren. Nordkorea unterstützt die russische Offensive in der Ukraine seit Beginn (Tagesschau).
„Für Ukraine fürchterlich” - wie Kim Moskau helfen könnte
Im Ukraine-Krieg findet ein Wettlauf in der Rüstungsproduktion statt. Der Militärexperte Burkhard Meißner sieht beide Lager derzeit in einer ähnlichen Situation. Auf der einen Seite versucht die Ukraine mit dem Westen seine Waffen- und Munitionslager zu füllen, auf der bemüht sich Russland um Partner, die bereit wären, mit Drohnen, Waffen und Munition zu unterstützen. Kann Nordkorea, mit seinen großen Produktionsanlagen an Artilleriemunition, das Gewicht zugunsten Moskaus verschieben? Russland hatte in der letzten Zeit mangels Munition gezwungenermaßen seine Artillerieaktionen reduzieren müssen (n-tv).
1. September 2023
Aktuelle Lage
Ukraine startet neue Stufe im Drohnen-Krieg
Die Ukraine weitet ihre Drohnen-Angriffe massiv aus, nicht nur was die Häufigkeit anbelangt, sondern auch die Reichweite. Immer häufiger gelingt es der Ukraine, militärische Ziele tief in Russland anzugreifen und schweren Schaden anzurichten. Fliegende Bomben treffen russische Flugzeuge und Fabriken. Es könnte der Start einer großen Angriffswelle sein (ZDF).
Massiver zeitgleicher Drohnenangriff auf mehrere Standorte in Russland
Immer häufiger kommt es in den vergangegen Monaten auch zu Gegenschlägen auf russisches Gebiet. Zum ersten Mal hat es einen koordinierten Drohnenangriff zeitgleich auf mehrere russische Ziele gegeben. Die Angriffe zielten auf mehrere Regionen in Russland sowie Sewastopol auf der Halbinsel Krim. Der stärkste Angriff erfolgte auf den Flugplatz der Stadt Pskow im Nordwesten Russlands. Die russischen Behörden sprechen von einer weitestgehend erfolgreichen Abwehr der Angriffe (Spiegel).
Kiew erlebt schwerste Nacht seit Monaten
In der Nacht startet Russland einen massiven auf die ukrainische Hauptstadt Kiew. Bei dem Beschuss mit mehr als 20 Raketen und Drohnen sollen mehrere Menschen getötet und verletzt worden sein. Die Militärverwaltung spricht vom „größten Raketen- und Drohnenbeschuss seit dem Frühling”. Der Welle von Marschflugkörpern aus dem Bereich des Kaspischen Meeres war ein Angriff mit Drohnen aus dem Norden vorausgegangen. Im ganzen Land war Luftalarm ausgelöst worden. Auch für das südukrainische Gebiet Odessa soll es Raketenangriffe gegeben haben (n-tv).
Russland verlegt Truppen nach Robotyne in den Süden
Im Süden der Ukraine bekommen russische Truppen bei der Ortschaft Robotyne offenbar Unterstützung. Die russischen Streitkräfte sind nach Angaben des ISW dabei, ihre Truppen aus den östlichen Frontabschnitten bei Kreminna und aus Richtung des Gebietes Cherson nach Robotyne zu verlegen. Die russischen Streitkräfte haben eine beträchtliche Menge an Material, Anstrengungen und Arbeitskräften eingesetzt, um die Reihe von Verteidigungsstellungen in diesem Gebiet zu halten, in die die ukrainischen Streitkräfte derzeit eindringen, schreibt das ISW
Die ukrainischen Streitkräfte rücken indessen zwischen Saporischschja und Donezk vor, wie aus dem täglichen Lagebericht des Institute for the Study of War (ISW) hervorgeht (Die Zeit).
„Selbstverteidigungsrecht endet nicht an der Grenze"
Nach den wiederholten Drohnenangriffen auf Moskau gefragt, antwortet Außenministerin Baerbock, die Ukraine handle im Rahmen internationalen Rechts. Ein Völkerrechtsexperte der Universität Köln erklärt im Interview die Grundlagen für das Recht auf Selbstverteidigung (Tagesschau).
Russland meldet neue Drohnenangriffe auf Moskau
Die sechste Nacht in Folge herrschte Drohnen-Alarm in Moskau. Und erneut musste der Flugverkehr an allen wichtigen Flughäfen rund um die Hauptstadt vorübergehend eingestellt werden. Alle Drohnen konnten laut Angaben der Luftabwehr jedoch unschädlich gemacht werden (n-tv).
Tod von Wagner-Chef Prigoschin
Still und heimlich: Beerdigung von Wagner-Chef Prigoschin
Wagner-Chef Prigoschin ist offenbar ohne großes Aufsehen in St. Petersburg beerdigt worden. Er wurde auf einem Friedhof neben seinem Vater beigesetzt. Nur knapp 50 Menschen waren laut russischen Berichten bei der Beerdigung dabei. Danach machten einige der für Abschirmen der Trauerfeier abgestellten Sicherheitsbeamten Fotos vom Grab (euronews).
Tod von Wagner-Chef Prigoschin bestätigt
Seit dem Flugzeugabsturz am Mittwoch über Russland wird darüber spekuliert, ob sich der Wagner-Chef Prigoschin unter den Todesopfern befindet. Nach Identifizierung aller Opfer des Flugzeugabsturzes stehe fest, dass Prigoschin dazu gehöre (Tagesschau).
Absturz von Prigoschin-Flugzeug – was bekannt ist und was nicht
Bei einem Flugzeugabsturz am 23. August soll Wagner-Söldnerführer Jewgeni Prigoschin getötet worden sein. Ein Überblick, was über den Absturz bislang bekannt ist und was nicht (MDR).
Weitere Berichte
Selenskyj deutet Verhandlungslösung für Krim an
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat in einem Interview angedeutet, dass er sich eine Verhandlungslösung für die Krim vorstellen könne, sobald die ukrainischen Truppen das Festland vor der Halbinsel befreit hätten. „Wenn wir uns an der administrativen Grenze zur Krim befinden, glaube ich, dass es möglich sein wird, die Entmilitarisierung Russlands auf der Halbinsel politisch voranzutreiben”, so Selenskyj im ukrainischen Fernsehen (n-tv).
August 2023
August 2023
21. August 2023
Aktuelle Lage
Ukraine meldet Geländegewinne bei Bachmut
Ukrainische Truppen haben ein kleines Gebiet bei der umkämpften Stadt Bachmut zurückerobert. In der vergangenen Woche seien dort „weitere drei Quadratkilometer befreit worden“. (ZDF).
Die Lage an der Front: Ukraine erzielt taktischen Durchbruch
Die Ukraine hat an mehreren Frontabschnitten Erfolge erzielt. Unterdessen rückt Russland in der Region Kupjansk langsam vor. Ein Rückblick auf die Woche im Ukraine-Krieg. (ZDF)-
Tote und Verletzte bei russischem Angriff auf Tschernihiw
Bei einem russischen Raketenangriff auf das Stadtzentrum von Tschernihiw im Norden der Ukraine sind nach Angaben aus Kiew mindestens sieben Menschen getötet und mehr als 100 verletzt worden. Ein Marschflugkörper sei an einem zentralen Platz eingeschlagen. (Tagesschau).
Selenskyj kündigt Reaktion auf Angriff auf Tschernhihiw an – Drohne beschädigt offenbar Bahnhof von Kursk
„Unsere Soldaten werden Russland eine Antwort geben“: Der ukrainische Präsident will den Beschuss von Tschernihiw nicht ungesühnt lassen. Und: Russland meldet ukrainische Drohnenangriffe. (Der Spiegel).
Britischer Geheimdienst: Russland baut neue Kampfeinheiten auf
Mit der Bildung einer neuen Armee reagiert Russland nach Einschätzung britischer Geheimdienste auf die ukrainische Offensive im Süden des Landes. Russland reagiere damit auf die „Kriegswirklichkeit“, teilte das britische Verteidigungsministerium am Montag mit. Ziel sei, erfahrenere Einheiten für den Kampf an Schlüsselachsen einsetzen zu können. (ZDF).
Der Herbst rückt näher: Skepsis an ukrainischer Gegenoffensive
Die Skepsis, ob die Ukraine noch mehr Territorium befreien kann, wächst. Dabei steckt die ukrainische Armee noch mitten in der wichtigsten Phase der Offensive. (Die ZEIT).
Amerikanische Geheimdienste bezweifeln offenbar Erfolg der ukrainischen Offensive
Amerikanische Geheimdienste bezweifeln laut einem Medienbericht den Erfolg der ukrainischen Gegenoffensive. Dennoch genehmigen die USA die Lieferung von "F-16"-Kampfjets. (Süddeutsche Zeitung)
F16-Kampfjets für die Ukraine
Niederlande und Dänemark sagen der Ukraine F16-Kampfjets zu
Lange hatte die Ukraine geworben, nun haben sich die Niederlande und Dänemark zur Lieferung von F-16-Kampfjets verpflichtet. 61 Kampfjets erhält Kiew laut Selenskyj. Bei Besuchen in Kopenhagen und Eindhoven dankte er für die historische Entscheidung. (Tagesschau).
Kein „Gamechanger“ aber gut für die Motivation
Dänemark und die Niederlande wollen der Ukraine F-16-Kampfjets liefern. Befürworter loben die Entscheidung, Kritiker befürchten eine weitere Eskalation des Krieges. Ein Experte betont die psychologische Bedeutung der US-Kampfflugzeuge. (Tagesschau).
Weitere Berichte
Wie China auf die russische Invasion blickt
Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine versucht China, sich als Schlichter zu positionieren. Gleichzeitig werden USA und NATO als Kriegstreiber dargestellt. Ist China neutral? (Tagesschau).
Welche Rolle spielt künstliche Intelligenz im Krieg?
Starlink, Palantir, Maxar: In der Ukraine helfen etliche Hightech-Firmen dem Militär. Wie groß ist der Einfluss von Hightech im Krieg - und gereicht er dem Land zum Vor- oder Nachteil? (Tagesschau).
Rumänien will Drehkreuz für ukrainischen Getreideexport werden
Seit Wochen wird nach Ausweichrouten gesucht, über die die Ukraine ihr Getreide verschiffen kann. Nun will Rumänien seine Infrastruktur hierfür ausbauen. (Die ZEIT).
15. August 2023
Aktuelle Lage
Die Situation an der Front: Kämpfe in Donezk und ukrainische Erfolge bei Bachmut
Die Ukraine hat die Rückeroberung eines kleinen Gebiets bei Bachmut gemeldet - und den Wunsch nach "Taurus"-Marschflugkörpern bekräftigt. Russland griff laut Kiew erneut ukrainische Großstädte mit Drohnen und Raketen an. (Tagesschau).
Russland beschießt Odessa mit Kamikaze-Drohnen
Russland hat die südukrainische Region Odessa am Schwarzen Meer nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe in der Nacht zum Montag erneut mit Kamikazedrohnen angegriffen. Dabei sind nach ukrainischen Angaben mindestens drei Menschen verletzt worden. (Der Spiegel).
US-Denkfabrik ISW: Ukraine erzielt wichtige Erfolge
US-Experten sehen Fortschritte der ukrainischen Gegenoffensiven: Russlands Armee sei gezwungen, nahe Robotyne Truppen zu verlegen - und damit andere Frontabschnitte zu schwächen. (ZDF):
Bewegung an der Front
Die Fronten in der Ukraine geraten immer stärker in Bewegung – aber ein einheitliches Bild zeichnet sich noch nicht ab. Russland räumt mehrere wichtige Verteidigungsstellungen im Süden der Ukraine. Gleichzeitig greifen Moskaus Truppen im Osten des Landes an. (taz).
Ukrainischer Verteidigungsminister: „Fünf Minen pro Quadratmeter“
Die russischen Verteidigungslinien sind nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsminister Olexij Resnikow teilweise so dicht vermint, dass an manchen Teilen der Front bis zu fünf Minen pro Quadratmeter liegen. Dies erschwert die ukrainische Gegenoffensive erheblich. (ZDF).
Debatte um Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern
Grüne und FDP fordern mehr Tempo bei Lieferung von Taurus-Raketen
Die Diskussion um die Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine geht weiter. Während Kanzler Scholz (SPD) zögert, fordern Stimmen von Grünen und FDP mehr Tempo. (ZDF).
Ringen um Taurus
Die Diskussion über die Lieferung deutscher Taurus-Marschflugkörper an die Ukraine füllt weiter das Sommerloch im politischen Berlin. FDP und Grüne drängen, SPD-Politiker:innen bremsen, Linke lehnen ab, die Union zeigt sich vielstimmig. Und Bundeskanzler Olaf Scholz gibt sich weiter bedächtig. (taz).
Weitere Berichte
Britischer Geheimdienst: Söldnergruppe Wagner hat finanzielle Probleme
Vermutlich hat die Wagner-Gruppe ihre Finanzierung durch den russischen Staat verloren. Davon geht der britische Geheimdienst aus. Für die Söldner heißt das: Personalkosten sparen. (ZDF).
Russlands Wirtschaft wächst stärker als erwartet
Trotz Sanktionen und eines schwachen Rubels hat die russische Wirtschaft im Frühjahr kräftig zugelegt. Experten sehen dafür vor allem einen Grund. Aber: Der Arbeitskräftemangel ist ein Problem. (Der Spiegel).
Russische Währung sinkt auf 1,5-Jahres-Tief
Seit Sommer 2022 verliert der Rubel kontinuierlich an Wert – trotz Gegenmaßnahmen der russischen Zentralbank. Experten sehen als Grund die Sanktionen des Westens und dessen veränderte Energiepolitik. (Der Spiegel).
Militärexperten kritisieren zögerliche Waffenlieferungen an die Ukraine
Die ukrainische Gegenoffensive hat noch keinen großen Erfolg. Militärexperten sagen, dies liege auch daran, dass der Westen bei der Lieferung von Waffen und Munition häufig zögert. (Süddeutsche Zeitung).
11. August 2023
Aktuelle Lage
Russische Truppen rücken im Nordosten der Ukraine vor
Wegen russischer Angriffe im Nordosten des Landes haben ukrainische Behörden die Evakuierung von 37 Ortschaften in der Region Charkiw angeordnet. Mehr als 11.000 Menschen wurden nach Angaben der Militärverwaltung aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen. Wie die russische Führung erklärte, habe man die Stellungen an der Frontlinie um Kupjansk ausgebaut (Deutschlandfunk).
Wohnviertel in Saporischschja unter Beschuss
Den zweiten Tag greifen die russischen Truppen Wohnhäuser in der südukrainischen Großstadt Saporischschja mit Raketen an. Wie lokale Medien berichteten, wurde bei den Angriffen auch das Hotel Reikartz im Stadtzentrum getroffen, das häufig von Mitarbeitenden der Vereinten Nationen genutzt wird. Bei den Angriffen wurden vier Zivilisten getötet, es gab zahlreiche Verletzte. Saporischschja ist eine wichtige Stadt am Fluss Dnipro. Sie liegt gut 40 Kilometer von der aktuellen Frontlinie entfernt und ist die Hauptstadt der gleichnamigen Oblast, die zum Teil von den russischen Streitkräften besetzt ist (n-tv).
Ukrainer sollen erfolgreich am Dnipro übergesetzt haben
Die ukrainischen Streitkräfte haben offenbar eine Attacke am Fluss Dnipro durchgeführt und sollen dabei am linken Ufer der Region Cherson gelandet sein, wie das Institute for the Study of War (ISW) berichtet. Es sei jedoch unklar, ob dauerhaft ein weiterer Brückenkopf auf der russisch besetzten Seite des Flusses errichtet werden kann. Der Besatzungschef von Cherson, Wladimir Saldo, dementierte die Berichte über eine ukrainische Landung und gab an, die ukrainischen Boote seien durch russisches Artilleriefeuer zurückgeschlagen worden. Ende Juni war es den Ukrainern bereits gelungen, viele Soldaten auf Höhe der Antoniwka-Brücke überzusetzen. Diese hatten sich dort unter der Brücke zu verschanzt. Ob der Brückenkopf weiterhin besteht, ist unklar (n-tv).
Ukraine meldet Angriffe auf Krim-Brücken
Zwei Autobahnbrücken zur Schwarzmeer-Halbinsel Krim sind gestern nach Angaben aus Kiew und Moskau Ziel eines ukrainischen Angriffs geworden. Dabei handelt es sich um zwei wichtige Versorgungsrouten Russlands, die Brücken von Tschonhar und Henitschesk. Die russische Seite berichtete von Schäden, auch sei ein Mensch verletzt worden (Tagesschau).
Russischer Beschuss auf Cherson
Von einer schweren Nacht für Cherson sprach der Militärgouverneur des Gebiets, Olexander Prokudin. Die russischen Streitkräfte hätten die Häuser im Zentrum von Cherson unter Beschuss genommen. Eine Frau sei getötet und mindestens zwölf Menschen verletzt worden. Russland hält den größten Teil des Gebietes besetzt und beschießt von dort aus immer wieder das im vergangenen Jahr von ukrainischen Truppen befreite Stadt Cherson (Berliner Zeitung).
Weitere Beiträge
Biden verlangt erneut Milliardensumme vom Kongress für Ukraine
US-Präsident Joe Biden verlangt vom Kongress die Bewilligung von weiteren 13 Milliarden US-Dollar. Zum einen sollen damit die Bestände des US-Verteidigungsministeriums wieder aufgefüllt werden, aus denen ein Teil der an Kiew gelieferten Ausrüstung stammt. 7,3 Milliarden sollen als wirtschaftliche und humanitäre Unterstützung an die Ukraine und weitere vom Krieg betroffene Länder gehen. Seit Kriegsbeginn Ende Februar 2022 haben die USA nach eigenen Angaben militärische Hilfe im Umfang von mehr als 43 Milliarden US-Dollar für Kiew bereitgestellt oder zugesagt (FAZ).
Kreml: Wollen keine weiteren ukrainischen Gebiete erobern
Abseits des Ukraine-Gipfels in Saudi-Arabien hat Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärt, die Militäraktion in der Ukraine werde auf absehbare Zeit weitergehen. Russland wolle keine weiteren ukrainischen Gebiete erobern, aber die Gebiete kontrollieren, die in seiner Verfassung festgeschrieben seien. Dies seien die 2014 annektierte ukrainische Halbinsel Krim sowie seit 2022 die Gebiete Luhansk, Donezk, Saporischschja und Cherson. Die Festlandgebiete sind militärisch nur teilweise in russischer Hand (n-tv).
5. August 2023
Drohnen – Neue Ära der Kriegsführung
Drohnen im Ukraine-Krieg – „Eine neue Ära der Kriegsführung”
In dieser Woche haben sowohl die Ukraine als auch Russland ihre Drohnenangriffe auf die jeweiligen Hauptstadt des Kriegsgegners ausgeweitet. Beim russischen Angriffskrieg auf die Ukraine spielen Drohnen eine wichtige Rolle - auf beiden Seiten. In diesem Krieg werden so viele Drohnen eingesetzt wie nie zuvor in einem Konflikt. Oleksy Melnyk, Co-Direktor der Kiewer Denkfabrik Razumkov., spricht deshalb von einer „neuen Ära der Kriegsführung”. Auch die Effektivität des Einsatzes zum Zweck von Aufklärung und Steuerung sei neu, meint der Militärfachmann (Tagesschau).
Russische Hafenstadt Noworossijsk mit Seedrohnen angegriffen
In Noworossijsk, einem Stützpunkt der russischen Schwarzmeerflotte, kommt es zu Explosionen und Schüssen in der Nähe des Hafens. Russische Wachboote hätten die Seedrohnen zerstört. Auch ein Dutzend ukrainischer Flugdrohnen sollen in der Nacht über der Schwarzmeer-Halbinsel Krim abgewehrt worden sein, wie das russische Militär berichtet (n-tv).
Moskau und Kiew melden Drohnenangriffe
In der südwestlich von der Hauptstadt Moskau liegenden Region Kaluga hat Russland nach eigenen Angaben sechs ukrainische Drohnen abgeschossen. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, es habe „einen terroristischen Angriff des Kiewer Regimes mit Drohnen” in Kaluga vereitelt. Am Dienstag hatte Russland erneut mehrere Drohnenangriffe unter anderem auf die Hauptstadt Moskau und die von ihm annektierte Halbinsel Krim gemeldet. Die Ukraine berichtete ihrerseits von russischen Drohnenangriffen, die ukrainische Flugabwehr habe im Raum Kiews alle 15 Drohnen in der Nacht abgeschossen (n-tv).
Erneut Drohnenangriffe auf Moskau
In der Nacht hat es russischen Angaben zufolge wieder Drohnenangriffe auf Moskau gegeben. Nach Angaben von Bürgermeister Sergej Sobjanin ist im Geschäftsviertel der Hauptstadt eine Drohne in einen Büroturm geflogen, der bereits am Wochenende getroffen worden war. Angaben über Verletzte gab es zunächst nicht (Tagesschau).
Selenskyj: Krieg kehrt nach Russland zurück
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat nach den jüngsten Drohnenangriffen auf Moskau von einer Rückkehr des Krieges nach Russland gesprochen- „Allmählich kehrt der Krieg auf das Territorium Russlands zurück - in seine symbolischen Zentren und Militärstützpunkte”, so Selenskyj. Dies sei ein „unvermeidlicher, natürlicher und absolut fairer Prozess” .Die Drohnenangriffe auf Moskau zielten darauf ab, die Russen zu treffen, die seit Beginn des umfassenden Krieges gegen die Ukraine das Gefühl hätten, der Krieg sei weit weg, erklärte er der Sprecher der ukrainischen Luftwaffe, Juri Ihnat (n-tv).
Erneute Drohnenangriffe auf Moskau
Die russische Hauptstadt Moskau ist Medienberichten zufolge erneut mit Drohnen angegriffen geworden. Im Wolkenkratzerviertel Moskwa City, wo sich auch mehrere Ministerien befinden, waren auf Fotos schwere Explosionsschäden an einem Gebäude zu sehen. Zudem gebe es einen verletzten Wachmann. Vor einer Woche waren bereits Gebäude durch Drohnen beschädigt worden. Die russische Regierung hat nach den Angriffen auf die Hauptstadt angekündigt, hart gegen die Ukraine vorzugehen (Tagesschau).
Friedensinitiative Saudi-Arabiens
Ukraine-Gipfel in Saudi-Arabien endet ohne Abschlusserklärung
Fast 40 Länder haben in Dschiddah über mögliche Wege zum Ende des Ukraine-Kriegs beraten. Auch China, Indien und Brasilien beteiligten sich, Russland war nicht eingeladen. Wie erwartet konnten keine konkreten Ergebnisse erarbeitet werden, das Treffen endete ohne Abschlusserklärung. Aus europäischen Diplomatenkreisen hieß es, die „territoriale Integrität und Souveränität“ der Ukraine solle nach dem Willen der Teilnehmer „im Zentrum jeglicher Friedensvereinbarung“ stehen (Tagesspiegel).
Gipfeltreffen in Dschidda
Saudi-Arabien lädt am Wochenende Vertreter aus fast 30 Ländern zu einer zweitägigen Friedenskonferenz für die Ukraine ein. Russland wurde nicht eingeladen, werde das Treffen aber laut Kremlsprecher Dmitrij Peskow „verfolgen”. Man müsse erst verstehen, was die Ziele der geplanten Gespräche seien und was besprochen werden solle, so Peskow. Zwei Tage lang soll in Dschidda über Wege aus dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine beraten werden. Selenskijs Stabschef zufolge soll offenbar über den Zehn-Punkte-Friedensplan diskutiert werden, den Selenskij bereits im September 2022 auf der UN-Vollversammlung präsentiert hatte. Die Punkte sind in erster Linie ein Forderungskatalog an Russland und beinhalten etwa den Abzug der russischen Soldaten aus dem Atomkraftwerk Saporischschja und den Rückzug aller russischen Truppen aus allen besetzten ukrainischen Gebieten einschließlich der Krim. Es ist davon auszugehen, dass der ukrainische Friedensplan in absehbarer Zeit keine Chance auf Verwirklichung hat (Süddeutsche).
Friedensgipfel in Saudi-Arabien
Nach mehreren vergeblichen Vermittlungsbemühungen Chinas und anderer Länder will nun Saudi-Arabien eine neue Friedensinitiative für die Ukraine starten: Der Friedensgipfel soll am 5. und 6. August in Dschidda stattfinden. Vertreter mehrerer Länder bereiten nach Angaben Kiews das Treffen vor. Dabei soll es um den Friedensplan von Präsident Selenskyj gehen, der den Abzug aller russischer Truppen aus der Ukraine vorsieht (ZDF).
Saudi-Arabien lädt zur Ukraine-Friedenskonferenz
Saudi-Arabien lädt zu einer Friedenskonferenz für die Ukraine ein. Neben westlichen Ländern sind zu dem Treffen auch Entwicklungs- und Schwellenländer wie Brasilien eingeladen. Russland wird nicht daran teilnehmen. Im Juni hatten bereits ähnliche Gespräche in der dänischen Hauptstadt Kopenhagen stattgefunden (n-tv).
Wie ist dieser Krieg zu deeskalieren und zu beenden?
Nach eineinhalb Jahren des Krieges in der Ukraine falle es schwer, Visionen für einen Frieden zu entwickeln. Dennoch sollte weiter über Perspektiven für Sicherheit und Frieden in Europa nachgedacht werden, so Politikwissenschaftlerin Martina Fischer. Vor allem gelte es nach Wegen suchen, um die Eskalationsspirale zu durchbrechen und das Sterben auf beiden Seiten zu beenden. Es sei schwer vorherzusagen, wann sich ein Fenster dafür öffne – aber man müsse jetzt dafür Vorbereitungen treffen. Und man sollte auch über Europa hinausschauen und Voraussetzungen für die Bewältigung globaler Friedensgefährdungen schaffen (Bundeszentrale für politische Bildung).
Juli 2023
Juli 2023
28. Juli 2023
Aktuelle Lage
Gegenoffensive: Was der Ukraine fehlt
Medienberichten zufolge haben die ukrainischen Streitkräfte ihren bislang wichtigsten Vorstoß gegen die russischen Truppen begonnen. Dabei gehe es darum, durch von Russland gelegte Minenfelder und andere Barrieren in Richtung Süden und, wenn möglich, bis ins etwa 40 Kilometer von der Küste entfernte Melitopol vorzudringen. Über den Stand der ukrainischen Gegenoffensive spricht der Militärexperte Carlo Masala. Wenn die Berichte stimmten, dann sei es schon der Erfolg, dass zum ersten Mal ein größerer Verband mit Reserven eingesetzt wurde, dass man jetzt an der ersten Verteidigungslinie der russischen Armee stehe. Allerdings sei es bis Melitopol, also bis runter zum Asowschen Meer, noch 115 Kilometer. Russland habe mehrere Verteidigungslinien aufgebaut, die alle erst überwunden werden müssten. Minenfelder zu räumen oder weiträumig zu umgehen, sei „extrem kompliziert” (ZDF).
Selenskyj meldet Befreiung von Staromajorske
Seit über sieben Wochen läuft die ukrainische Gegenoffensive mit dem Ziel, von Russland besetzte Gebiete zu befreien. Im Südosten des Landes ist es Angaben aus Kiew zufolge den ukrainischen Streitkräften gelungen, das Dorf Staromajorske zurückzuerobern. Auch im östlichen Gebiet Donezk südlich der russisch besetzten Stadt Bachmut soll die Ukraine Geländegewinne erzielt haben. Schwerpunkte der harten Kämpfe seien die Ortschaften Klischtschijiwka, Kurdjumiwka und Andrijiwka (n-tv).
Moskau: Feindlicher Drohnenangriff abgewehrt
Russland hat nach eigenen Angaben erneut einen Drohnenangriff in der Region Moskau abgewehrt. Wo genau es den Versuch gegeben haben soll, erklärte die Regierung nicht. Moskau war bereits mehrfach Ziel von Drohnen angriffen. Auch die Hauptstadt Kiew wird jüngst seitens Russland immer wieder mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern angegriffen (ZDF).
AKW Saporischschja
Ein Atomkraftwerk im Krieg
Seit dem 3. März 2022 besetzen russische Truppen das ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja. Immer wieder kommt es um das Gelände zu Bombardierungen. Die Sorge um eine Atomkatastrophe hält an. Spurensuche vor Ort – droht eine atomare Katastrophe? (ZDF).
IAEA-Experten finden Minen in Pufferzone des AKW Saporischschja
Bei einer Begehung haben Experten der Internationalen Atomenergiebehörde am Rand des Geländes des von russischen Truppen besetzten ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja Antipersonenminen entdeckt. Aufgrund ihrer eigenen Beobachtungen sei seine Behörde jedoch zu dem Schluss gekommen, dass die Detonation dieser Minen die nuklearen Sicherheits- und Sicherungssysteme der Anlage nicht beeinträchtigen dürfte, so IAEA-Direktor Rafael Grossi. Im inneren Bereich des Geländes seien keine Minen festgestellt worden (ZDF).
Russen versetzen Reaktor in Saporischschja in Warmzustand - Ukraine warnt vor Risiken
Zur Reparatur eines Reaktors haben die russischen Besatzungstruppen einen anderen Reaktor in den Warmzustand versetzt. Solche Handlungen seien ein grober Verstoß gegen die Lizenzbedingungen zum Betrieb dieser Atomanlage. Derzeit dürfe der Betrieb des Blocks Nummer vier im AKW Saporischschja ausschließlich im Kaltzustand erfolgen, heißt es in einer Stellungnahme des ukrainischen Atomenergiekonzerns Enerhoatom. Grund für die Befürchtungen sei, dass der Block lange nicht betrieben und in der Zeit weder gewartet noch repariert worden sei. Offiziell gilt das Kraftwerk weiter als heruntergefahren (n-tv).
Getreideexporte
Putin verspricht Gratis-Getreide aus Russland
Russlands Präsident Putin hat beim Auftakt des Afrika-Gipfels in St. Petersburg erklärt, Russland sei in der Lage, Getreidelieferungen aus der Ukraine zu ersetzen. Er versprach sechs afrikanischen Staaten in den kommenden Monaten kostenlose Getreidelieferungen im Umfang von 25.000 bis 50.000 Tonnen (Tagesschau).
EU behindert weiter Getreideexporte aus Ukraine
Seit Russland das Abkommen über die Lieferung von Getreide über das Schwarze Meer aufgekündigt hat, sucht die Ukraine dringend nach alternativen Exportrouten über den Landweg. Einige EU-Nachbarn der Ukraine, angeführt von Polen, wollen weiterhin keine Importe von ukrainischem Getreide auf ihren Märkte zulassen. Nur der Transport von ukrainischen Getreideexporten durch Polen, die Slowakei, Ungarn, Rumänien und Bulgarien in die übrigen 22 EU-Staaten und den Rest der Welt ist im Moment rechtlich möglich (Deutsche Welle).
Weitere Berichte
NATO will in Schwarzmeer-Region präsenter sein
Nachdem Putin vergangene Woche das Getreideabkommen aufgekündigt hatte, gab er zudem bekannt, alle Schiffe, die ukrainische Häfen anlaufen, als legitimes Ziel zu betrachten. Angesichts russischer Drohungen gegen die zivile Schifffahrt im Schwarzen Meer möchte die NATO ihre Überwachungs- und Aufklärungsaktivitäten in der Region verstärken. Russlands Handeln berge erhebliche Risiken für die Stabilität des für die NATO strategisch wichtigen Gebiets, ließ Bündnis-Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einer Sitzung des neu geschaffenen NATO-Ukraine-Rats mitteilen. Man erhöhe deswegen die Wachsamkeit mittels des Einsatzes von Seeaufklärungsflugzeugen und Drohnen (n-tv).
Sorge vor Wagner-Söldnern in Belarus: „Wir müssen uns darauf vorbereiten, dass sie gegen Polen eingesetzt werden“
Warschau sieht die Gefahr, die vom Nachbarland ausgeht, wachsen. Der Zuzug von Kämpfern der russischen Privatarmee Wagner nach Belarus sorgt für Unruhe. Der Auftrag der aus Russland verlegten Wagner-Kämpfer in Belarus sei noch unklar, sagte Stanislaw Zaryn, Sprecher des polnischen Geheimdienstkoordinators. „Aber wir müssen uns darauf vorbereiten, dass sie gegen Polen eingesetzt werden.“ Polen hat deshalb bereits zusätzliche Truppen aus dem Westen des Landes nach Osten beordert. Polnische Politiker setzen auf eine starke Grenze. Sein Land werde alles tun, um Provokationen oder Aggressionen „mit Leichtigkeit abzuwehren“, sagte Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski (Tagesspiegel).
23. Juli 2023
Angriffe auf Odessa und weitere Hafenstädte
Weitere russische Angriffe auf Odessa - Zivilsit getötet
Weiterhin steht die ukrainische Hafenstadt Odessa unter Beschuss. Infolge der erneuten Attacken meldete der Gouverneur der Region ein ziviles Todesopfer sowie weitere 18 Verletzte. Durch den nächtlichen Angriff sei auch Sachschaden an „ziviler Infrastruktur, Wohngebäuden und religiösen Einrichtungen” entstanden. Nicht abgefangene Geschosse hätten Schäden an der Hafen-Infrastruktur in Odessa angerichtet sowie an mindestens „sechs Wohnsitzen, darunter Mehrfamilienhäuser“.Eine Rakete habe eine orthodoxe Kathedrale im Stadtzentrum von Odessa getroffen, erklärte die Armee. Die Altstadt der ukrainischen Hafenstadt Odessa gehört zum Unesco-Weltkulturerbe (Rheinische Post).
Neue Angriffe auf ukrainsiche Hafenstädte
Nach ukrainischen Angaben wurden bei den jüngsten russischen Angriffen die Städte Odessa und Mykolajiw getroffen. Über die Hafenstädte in der Region werden Getreideexporte abgewickelt, das Getreideabkommen war am Montag ausgelaufen. Russland hatte nach dem Ende des Abkommens angekündigt, alle Schiffe mit Ziel Ukraine als mögliche Gegner zu betrachten. In Mykolajiw wurde bei den Angriffen das Stadtzentrum getroffen, erklärte der Gouverneur der Region. Es soll Verletzte und auch Tote gegeben haben (Tagesschau).
Erneut Angriffe auf Odessa
Russland hat ukrainischen Angaben zufolge in der Nacht erneut die südukrainische Region Odessa angegriffen. Es habe einen „massiven Angriff“ gegeben, erklärte der örtliche Gouverneur. Das Verteidigungsministerium in Moskau bestätigte die Angriffe. Seit dem Auslaufen des Getreideabkommens war es die zweite Nacht in Folge mit Angriffen auf Odessa. 37 von 63 feindlichen Objekten seien zerstört worden, meldete die ukrainische Luftwaffe (Tagesschau).
Russland greift nach Auslaufen des Getreideabkommens Hafen von Odessa an
Nachdem Russland das entsprechende Getreideabkommen auslaufen ließ, griff das russische Militär kurz darauf symbolträchtig die ukrainische Hafenstadt Odessa an. Die ukrainische Luftverteidigung habe zwar sechs russische Kalibr-Marschflugkörper und 21 Kampfdrohnen abschießen können, dennoch hätten herabstürzende Trümmerteile und Druckwellen Schäden am Hafen von Odessa sowie an Privathäusern verursacht, teilte die ukrainischen Armee mit (Welt).
Explosionen auf Krim
Brand auf Militärgelände auf der Krim
Nach der Attacke auf die Kertsch-Brücke kam es auf der Krim zu einem weiteren Zwischenfall. Berichten zufolge könnte ein Munitionsdepot getroffen worden sein. Die russische Seite räumt ein, Menschen zu evakuieren. Wie der örtliche Gouverneur mitteilte, sind nach dem Brand auf dem militärischen Gelände etwa 2.000 Menschen evakuiert worden. Betroffen seien Einwohner von vier Ortschaften. Wegen des Feuers sei eine Autobahn gesperrt worden, hieß es weiter. Die ukrainische Seite sprach von Explosionen auf dem Gelände (n-tv).
Explosion auf der Krim-Brücke – Was bislang bekannt ist
Russland spricht von einem „Terroranschlag“ und macht die Ukraine verantwortlich. „Der Angriff auf die Krim-Brücke heute wurde von dem Regime in Kiew verübt. Bei diesem Regime handelt es sich um ein Terroristisches, und es weist alle Merkmale einer international organisierten Verbrecherbande auf“, so die Sprecherin des russischen Außenministeriums. Natürlich werde es vonseiten Russlands eine Antwort geben, sagte Kremlchef Wladimir Putin bei einer Beratung der russischen Führung. Kiew hält sich bedeckt. Noch ist über die Hintergründe vieles unklar. Was bislang bekannt ist ... (Tagesschau).
So schwer treffen die Explosionen die Krim-Brücke
Zwei Explosionen erschütterten am Morgen des 17. Juli die Brücke zur Krim: Bereits vor Monaten wurde das Bauwerk schwer getroffen. Aufnahmen aus dem All zeigen nicht nur den genauen Ort des Angriffs, sondern verraten auch weitere Details (n-tv).
Krim-Brücke nach „Notfall“ geschlossen
Die Brücke auf die von Russland annektierte ukrainische Halbinsel Krim ist wegen eines „Notfalls“ geschlossen, teilten russische Behörden mit. Ein Mann und eine Frau seien in ihrem Auto gestorben, so der Gouverneur des Gebiets Belgorod, ein Kind sei verletzt worden. In sozialen Netzwerken ist von einer Explosion auf der Brücke die Rede. Die Behörden machten bislang weiter keine Angaben dazu, was dort genau am frühen Morgen passiert war (ORF).
Moskau meldet „massive” Drohnenangriffe auf Krim
Laut Russland soll die Ukraine neun Drohnenangriffe auf die Halbinsel Krim gestartet haben. Verglichen mit früheren Operationen seien die Attacken massiv und ausdauernd gewesen. Auf der Krim machen im Sommer viele Russen trotz der Gefahr Urlaub. „Wir behalten die Ruhe“, so der dortige Gouverneur. Weder in der Stadt noch in den Buchten von Sewastopol seien „irgendwelche Objekte“ beschädigt worden, teilte Raswoschajew mit. Die Militärs hätten die feindlichen Drohnenattacken auf Sewastopol abgewehrt (n-tv).
Getreideabkommen ist ausgelaufen
Zehntausende Tonnen Getreide vernichtet und Terminals zerstört
Die russischen Angriffe auf Odessa hätten Zehntausende Tonnen Getreide vernichtet und wichtige Technik zerstört, sagt der ukrainische Agrarminister Solskyj. „Das Ziel war offensichtlich, die Getreideinfrastruktur zu beschädigen und so viel Zerstörung wie möglich anzurichten”, so Solskyj. In den Häfen Odessa und Tschornomorsk seien Getreideterminals und Anlagen beschädigt worden, die dazu dienen, riesige Schiffe recht schnell zu beladen. Der weitere Export über das Schwarze Meer sei ungewiss (Tagesschau).
Wie die Ukraine ihre Agrarexporte fortsetzen will
Nach dem Auslaufen des Getreideabkommens ist die Zukunft von Agrarexporten der Ukraine auf dem Seeweg über das Schwarze Meer unklar. Wird es dennoch weiterhin möglich sein, Getreide auf dem Seeweg zu exportieren? Nach Aussagen des ukrainischen Präsidenten Selenskyj möchte die Ukraine ungeachtet der fehlenden Sicherheitsgarantien weiter Getreide über das Meer ausführen: „Auch ohne die Russische Föderation muss alles dafür getan werden, dass wir diesen Schwarzmeerkorridor weiter nutzen können“, so Selenskyj (Tagesschau).
Schwarzmeer-Getreideabkommen mit Russland offiziell ausgelaufen
Das von der UNO und der Türkei vermittelte Abkommen mit Russland zur Verschiffung ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer ist offiziell ausgelaufen. Nach eigenen Angaben will Russland das Abkommen erst wieder aufnehmen, wenn Exportbeschränkungen für russische Lebensmittel und russischen Dünger aufgehoben werden. Zwei Mal war das Abkommen verlängert worden, jetzt sagte Russland Nein zu einer Fortsetzung des Getreidedeals. Das Abkommen war vor knapp einem Jahr unter Vermittlung der UN in Istanbul zustande gekommen. Es wurde darin vereinbart, dass Agrargüter sicher über das Schwarze Meer verschifft werden können, um so die weltweite Versorgung mit Getreide zu gewährleisten. (Deutschlandfunk).
Weitere Berichte
„Neue Agenda für Frieden – UN sieht Anfang einer neuen Ära von Konflikten“
UN-Generalsekretär António Guterres hat ein neues Positionspapier vorgestellt, in der eine „Neue Agenda für Frieden“ erläutert wird. Guterres sieht die Welt auf eine neue multipolare Ära der Krisen und Konflikte zusteuern. Die Periode nach dem Ende des Kalten Krieges sei vorbei. Es breche nun eine Zeit an, die bereits von dem höchsten Ausmaß von geopolitischen Spannungen und Rivalitäten zwischen Großmächten seit Jahrzehnten geprägt sei. Zu den aktuellen Herausforderungen zählten komplexere und tödlichere Konflikte, neu aufgekommene Sorgen vor einem möglichen Nuklearkrieg, wachsende Ungleichheiten innerhalb von und zwischen Staaten, der weit verbreitete Terrorismus, der Klimanotstand, ein zunehmender Argwohn gegenüber öffentlichen Institutionen sowie ein Angriff auf Menschenrechte weltweit. Umso mehr sollten alle Länder zusammenarbeiten, um die globalen Probleme zu lösen (RND).
14. Juli 2023
Aktuelle Lage
Ukraine rückt in Bachmut weiter vor – Russisches Munitionsdepot explodiert
Die ukrainische Armee rückt südlich von Bachmut weiter vor. Videos sollen einen erfolgreichen Artillerieschlag auf russische Stellungen zeigen. Dabei soll auch zu sehen sein, wie ein russisches Munitionsdepot getroffen wird und explodiert (n-tv).
Ukraine und Russland berichten über neue Drohnenangriffe
Die Kriegsparteien Ukraine und Russland haben neue Drohnenangriffe auf ihrem Gebiet gemeldet. Unter anderem war die Stadt Krywyj Rih betroffen, der Geburtsort des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Auch Russland berichtet vom Einsatz seiner Flugabwehr im Grenzgebiet zur Ukraine (BRF).
NATO-Gipfel
NATO-Gipfel in Vilnius – Hintergrund aktuell
Im Fokus des NATO-Gipfels steht die Neuausrichtung des Bündnisses, die Reform der Streitkräftestruktur, Investitionen im Verteidigungsbereich, die Unterstützung der Ukraine sowie der NATO-Beitritt Schwedens (Bundeszentrale für politische Bildung).
Ergebnisse des NATO-Gipfels
Die Erklärung zum NATO-Gipfel in Litauen umfasst 90 Punkte und ist mehr als 4.000 Seiten stark. Sie enthält Pläne für den Ernstfall, deutliche Worte an Russland und Perspektiven zum Beitritt der Ukraine. So beschreibt das Dokument detailliert, wie kritische Orte im Bündnisgebiet durch Abschreckung geschützt und im Ernstfall verteidigt werden sollten. Definiert wird hierfür, welche militärischen Fähigkeiten im Bereich der Land-, Luft-, und Seestreitkräfte notwendig sind. Aber auch die Cyber- und Weltraumfähigkeiten werden eingeschlossen. In der Gipfelerklärung heißt es weiterhin: „Die Zukunft der Ukraine ist in der NATO“. Eine Einladung sei aber erst möglich, „wenn die Verbündeten sich einig und Voraussetzungen erfüllt sind.“ Als konkrete Beispiele werden Reformen „im Bereich der Demokratie und des Sicherheitssektors“ genannt. Man werde die Unterstützung der Ukraine „so lang wie nötig fortsetzen“, versprechen die Gipfelteilnehmer. Geplant ist nun unter anderem ein mehrjähriges Programm, um die ukrainischen Streitkräfte in die Lage zu versetzen, künftig reibungslos mit NATO-Truppen zusammenzuarbeiten. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick (Tagesschau).
Diskussion um Bündnisbeitritt der Ukraine
Vor Tausenden jubelnden Menschen hat der ukrainische Präsident Selenskyj in Vilnius für einen NATO-Beitritt der Ukraine geworben. Doch eine offizielle Einladung in das Bündnis blieb aus. Dafür gibt es Verständnis – aber auch viel Kritik. Erste Reaktionen (Deutschlandfunk).
NATO-Gipfel – Russland warnt vor erneutem Kalten Krieg
Nach dem Gipfel hat Russland der NATO vorgeworfen, zum Kalten Krieg zurückzukehren. Der Westen versuche, seine globale Hegemonie zu schützen und habe sich Russland als Hauptziel seiner aggressiven Politik auserkoren, heißt es in einem Schreiben des Außenministeriums in Moskau. Außenminister Lawrow hatte zuvor bereits vor einer direkten militärischen Auseinandersetzung zwischen der NATO und Russland gewarnt. Dies könnte katastrophale Folgen haben. Besonders bedenklich sei die geplante Lieferung von F-16-Jets an die Ukraine, die potenziell mit Atomwaffen bestückt werden könnten (Deutschlandfunk).
NATO-Ukraine-Rat – Beratungen mit Selenskyj
Am zweiten Tag des NATO-Gipfels kommt heute auch erstmals der neue NATO-Ukraine-Rat zusammen. Dabei treffen sich die Staats- und Regierungschefs der NATO-Länder mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Der Rat soll ein Instrument zur Konsultation in Krisen und zur gemeinsamen Entscheidungsfindung sein. Selelnskyj hofft auf positive Signale und bezüglich eines Beitritts seines Landes zur NATO. Zudem soll es bei dem Treffen um Ziele bei den Verteidigungsausgaben sowie um die weitere Unterstützung für die Ukraine gehen (Tagesschau).
Erdogan gibt Blockade des schwedischen NATO-Beitritts auf
Einen Tag vor dem NATO-Gipfel standen neue Verhandlungen um Schwedens Beitritt zur NATO an. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg berief dazu ein Treffen mit dem schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson und dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan ein, um die Türkei zur Aufgabe ihrer Blockade zu bewegen. Laut Stoltenberg hat die Türkei angekündigt, ihre Blockade des schwedischen Bündnisbeitritts aufzugeben. Erdogan habe bei einem Treffen mit Schwedens Regierungschef Ulf Kristersson zugestimmt, das Beitrittsprotokoll so bald wie möglich dem Parlament vorzulegen, so Stoltenberg. Der Frage, wann der Beitritt des Landes vollzogen sein könnte, wich Stoltenberg allerdings aus. Im Gegenzug soll Schweden mit der Türkei einen „Sicherheitspakt“ geschlossen und darin einen „anhaltenden Kampf gegen den Terrorismus“ zugesagt haben. Vor seiner Abreise nach Vilnius hatte Erdogan überraschend eine neue Forderung aufgestellt und die Wiederaufnahme der EU-Beitrittsgespräche zur Bedingung für seine Zustimmung gemacht. Erdogans Treffen mit Kristersson und Stoltenberg war zwischenzeitlich für Beratungen mit EU-Ratspräsident Charles Michel unterbrochen worden. Die EU und die Türkei wollten ihre Beziehungen „wieder in Schwung bringen“, so Michel nach dem Treffen auf Twitter (Tagesschau).
Vor NATO-Gipfel – Biden bietet Ukraine ähnlichen Schutz wie Israel
Im Vorfeld des NATO-Gipfels hat US-Präsident Joe Biden der Ukraine ein konkretes Angebot für die erbetenen Sicherheitsgarantien gemacht. Demnach sind die USA bereit, für die Zeit zwischen dem Ende des russischen Angriffskriegs und einem möglichen NATO-Beitritt, der Ukraine einen ähnlichen Schutz zu bieten wie Israel (Tagesschau).
Israel-Modell zum Schutz der Ukraine? – Einschätzungen von Sicherheitsexpertin Claudia Major
Die Ukraine fordere einen klaren Fahrplan, eine Zusicherung, dass so ein Krieg nicht noch einmal passiert“, so Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Das der Ukraine von den USA angebotene Israel-Modell zum Schutz der Ukraine nach Ende des russischen Angriffskrieges beinhaltet unter anderem auch das Vorhandensein von Nuklearwaffen, weshalb Claudia Major dies kritisch sieht. Es sollte nicht im Interesse der NATO liegen, dass die Ukraine sich noch einmal auf ihrem Territorium Nuklearwaffen beschaffe, so Major. Auch die Sorge in Litauen sei im Verlauf des russischen Angriffskrieges gewachsen, das Land wünsche sich mehr Verteidigungskräfte des NATO-Bündnisses vor Ort (ZDF).
Kreml warnt vor NATO-Aufnahme der Ukraine
Der Kreml hat im Fall einer Aufnahme der Ukraine in die NATO mit Gegenmaßnahmen Russlands gedroht. Ein NATO-Beitritt der Ukraine wird „sehr negative Folgen für die gesamte und ohnehin schon halbzerstörte Sicherheitsarchitektur Europas haben und eine absolute Gefahr und Bedrohung für unser Land darstellen“, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag. Ein solcher Schritt würde von russischer Seite eine „ziemlich harte und verständliche Reaktion erfordern“, fügte Peskow hinzu (Handelsblatt).
NATO-Partner und UN lehnen Lieferung von Streumunition ab
Die USA wollen der Ukraine im Krieg gegen Russland trotz Bedenken der westlichen Verbündeten umstrittene Streumunition liefern, die von vielen Ländern geächtete wird. Die Munition sei Teil eines neuen Rüstungspakets für die Ukraine, wie das US-Verteidigungsministerium am Freitag in Washington mitteilte. Neben UN-Generalsekretär Guterres positionieren sich auch Großbritannien und Spanien gegen die Lieferung. US-Präsident Joe Biden sprach von einer „sehr schwierigen“ Entscheidung. Den ukrainischen Streitkräften sei „die Munition ausgegangen“, so Biden. „Entweder haben sie jetzt die Waffen, um die Russen zu stoppen – sie davon abzuhalten, die ukrainische Offensive in diesen Gebieten zu stoppen – oder sie haben sie nicht. Und ich denke, sie brauchen sie“, sagte er. Dieser Meinung sind nicht alle westlichen Partner (Tagesspiegel).
Weitere Berichte
Schwarzmeer-Getreide-Abkommen - Droht das Aus?
Am 17. Juli läuft das Getreide-Abkommmen aus, das es seit gut einem Jahr erlaubt, ukrainisches Getreide über das Schwarze Meer auszuführen. Staats- und Regierungschefs aus westlichen Ländern warnen vor weltweiten Konsequenzen sollte eine Neuauflage des Abkommens scheitern. Putin möchte das Abkommen nur verlängern, wenn westliche Sanktionen gelockert werden, die aus russischer Sicht seine Getreide- und Düngemittelexporte behindern (euronews).
Streumunition in der Ukraine eingetroffen
Nachdem die US-Regierung angekündigt hat, der Ukraine Streumunition zu liefern, hat das ukrainische Militär diese nun aus Beständen der Vereinigten Staaten erhalten, wie das Verteidigungsministerium in Washington mitteilt. Offenbar ist die Streumunition dort bereits eingetroffen, wird aber noch nicht eingesetzt (Deutschlandfunk).
Russische Atom-U-Boote nehmen nicht an Parade teil
Atom-U-Boote der russischen Nordflotte werden laut russischen Staatsmedien erstmals seit Einführung des aktuellen Formats im Jahr 2017 nicht am Tag der Marine in St. Petersburg am 30. Juli teilnehmen. Dies liege nach Einschätzung britischer Geheimdienste auch an Sicherheitsbedenken. Es bestehe eine „realistische Möglichkeit“, dass interne Sorgen nach der Meuterei der Söldnergruppe Wagner zu der Entscheidung beigetragen hätten, teilte das britische Verteidigungsministerium heute mit. Auch dürfte der Schritt dazu dienen, Wartungsarbeiten zu ermöglichen und die Verfügbarkeit für Betrieb und Schulung aufrechtzuerhalten (ORF).
Putin wollte weiter mit Wagner-Gruppe kämpfen
Nach der Revolte der Wagner-Privatarmee traf Russlands Präsident mehrere Kommandeure der Söldner im Kreml. Nach eigenen Angaben macht er ihnen dabei ein Angebot, weiter in der Ukraine zu kämpfen. Laut Putins Angaben hätten viele Zustimmung signalisiert, Wagner-Anführer Jewgeni Prigoschin habe dies jedoch abgelehnt (n-tv).
Russland zieht Wagner-Waffen ein
Das russische Verteidigungsministerium hat am Mittwoch mitgeteilt, es habe die Ausrüstung und Munition der Privatarmee Wagner übernommen (euronews).
Russland kündigt Schließung von polnischem Konsulat an
Russland hat angekündigt, das polnischem Konsulat in Smolensk schließen zu lassen. Die russische Nachrichtenagentur Interfax berichtete, Grund für die Schließung durch Moskau seien von Polen ergriffene antirussische Maßnahmen. Sollte Russland das polnische Konsulate schließen, will Polen nach Aussage des polnischen Premierministern Mateusz Morawiecki darauf auf die gleiche Weise reagieren. Die Stadt Smolensk liegt im Westen des Landes in der Nähe zur Grenze zu Belarus (Salzburger Nachrichten).
8 Juli 2023
Aktuelle Lage
Russische Paramilitärs kündigen weitere Aktionen an
Das paramilitärische russische Freiwilligenbataillon „Legion Freiheit Russlands” plant nach Angaben eines Sprechers weitere Aktionen im russischen Grenzgebiet. Zusammen mit dem „Russischen Freiwilligenkorps” waren Kämpfer dieser Legion bereits im Mai und Juni an Angriffen in der russischen Grenzregion Belgorod beteiligt. Solche Operationen sollen nach Angaben des ukrainischen Geheimdienstes unter anderem der Befreiung des Gebiets vom sogenannten Putin-Regime” dienen. Kiew habe nichts mit den Angriffen zu tun, betont die dortige Regierung (n-tv).
Ukraine meldet weitere Erfolge bei Bachmut
Nach eigenen Angaben ist das ukrainische Militär an der Ostfront bei Bachmut binnen eines Tages mehr als einen Kilometer vorgerückt. „Die Verteidigungstruppen behalten dort weiterhin die Initiative“, sagte der Sprecher des Militärs, Serhij Tscherewatyj. „Sie üben Druck auf den Feind aus, greifen an und rücken entlang der Nord- und Südflanke vor.“ Allerdings widersprechen dem russische Berichte über die Lage bei Bachmut (n-tv).
Schwerer Raketenangriff auf Lwiw
In der Nacht zum Donnerstag erfolgte ein schwerer Raketenangriff auf ein Wohngebiet der Stadt Lwiw im Westen der Ukraine. Auf Videos sind stark beschädigte und teilweise fast ganz zerstörte Wohnhäuser eines ganzen Straßenzugs zu sehen. Der Bürgermeister von Lwiw, Andrij Sadowyj, sprach von dem schwersten Angriff auf die zivile Infrastruktur von Lwiw seit Beginn des Krieges. Mehr als 50 Häuser seien zerstört worden, es gab Tote und Verletzte. Ukraines Präsident Selenskyj kündigte eine deutliche Reaktion an (ZDF).
AKW Saporischschja
Die Ukraine probt den Ernstfall
Viele Menschen in der Ukraine haben Angst vor einem radioaktiven Zwischenfall. Zuletzt hatte die ukrainische Regierung Immer wieder vor einem möglichen Anschlag auf das Atomkraftwerk in Saporischschja gewarnt. Nun führt das Innenministerium Evakuierungsübungen in der Region durch. Juri Malaschko, Leiter der Militärverwaltung in Saporischschja, erklärte, die Ukraine bereite sich auf den Ernstfall vor: „Wir haben alles so organisiert, dass die Menschen so gut wie möglich verstehen, was passiert. Dies ist nicht die erste und nicht die letzte Übung. Solange der Feind im AKW Saporischschja ist, müssen wir vorbereitet sein“ (Tagesschau).
Was, wenn das AKW Saporischschja gesprengt wird?
Noch ist unklar, inwieweit das Gelände oder auch Kühlssysteme des AKWs Saporischschja tatsächlich vermint sind. IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi hat erklärt, Experten der Agentur würden für eine gründlichere Inspektion Zugang zu weiteren Bereichen des AKW benötigten, um auszuschließen, dass dort Sprengsätze angebracht sein könnten. Die Verminung wichtiger Bereiche der Kühlung würden eine direkte Bedrohung für das Kraftwerk darstellen, so die ukrainische Expertin für Nuklearsicherheit Olha Koscharna. Dabei spiele das Wasser des Kühlteichs eine entscheidende Rolle. Mit ihm werden die Brennelemente der Reaktoren gekühlt, damit diese nicht durch Überhitzung schmelzen. Eine Sprengung in einem beliebigen Teil des Kühlsystems könnte nach Meinung von Experten im AKW Saporischschja ein Szenario wie in Fukushima hervorrufen. „Ich denke, all dies – all diese Erpressungen und Drohungen – passiert, um die Gegenoffensive der ukrainischen Armee in dieser Region zu stoppen“, so Olha Koscharna (Deutsche Wele).
Sorge vor Anschlag auf AKW Saporischschja
Moskau und Kiew bezichtigen sich gegenseitig eines angeblich unmittelbar bevorstehenden Anschlags auf Europas größtes Atomkraftwerk im Süden der Ukraine. „Wir haben jetzt von unserem Geheimdienst die Information, dass das russische Militär auf den Dächern mehrerer Reaktorblöcke des AKWs Saporischschja Gegenstände platziert hat, die Sprengstoff ähneln“, warnte Ukraines Präsident Selenskyj. Im Lagebericht des ukrainischen Generalstabs heißt es, die Sprengsätze seien an den Dächern des dritten und vierten Reaktorblocks angebracht, die Reaktoren selbst sollten sie aber wohl nicht beschädigen. Möglicherweise solle ein Anschlag auf das Kraftwerk simuliert und die Ukraine als Drahtzieher beschuldigt werden (Tagesschau).
Selenskyj-Berater schimpft über Atombehörden-Chef Grossi
Die Lage am AKW Saporischschja ist Kiew zufolge gerade extrem gefährlich. Doch was tue die Atombehörde dagegen? Sie sei „wirkungslos“, so der Vorwurf der ukrainischen Regierung. Bislang hätten sie keine Anzeichen für eine Verminung der Anlage durch die Besatzer gesichtet, hatten Beobachter der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) am Wochenende gemeldet. Das Team der IAEA habe jedoch zu einigen Bereichen der Anlage keinen Zugang, teilte IAEA-Chef Grossi mit. Teile der Turbinenhallen und des Kühlsystems müssten noch inspiziert werden (Spiegel).
Ukraine warnt: Anschlag käme „Einsatz von Atomwaffen“ gleich
Der ukrainische Geheimdienst behauptet, Russland bereite Sprengungen im Atomkraftwerks Saporischschja vor. Militärgeheimdienst-Chef Kyrylo Budanow erklärt, Kraftwerksblöcke des AKW seien mit Sprengstoff vermint. Beweise für seine Behauptung lieferte er nicht. Ferner würden die russischen Besatzer ihre Präsenz in Saporischschja reduzieren, so der Geheimdienst weiter. Zudem soll auch ukrainischen Mitarbeitern, die bei dem russischen Betreiber des AKW Rosatom angestellt sind, die Evakuierung empfohlen worden sein (Frankfurter Rundschau).
Weitere Berichte
Mehr als 9000 zivile Todesopfer in der Ukraine
Die Vereinten Nationen haben seit Beginn des russischen Angriffskriegs in der Ukraine mehr als 9000 zivile Todesopfer registriert. Fast 16.000 Menschen wurden verletzt. Die Dunkelziffer dürfte noch deutlich höher liegen (Tagesschau).
USA erwägen Lieferung von Streumunition an Ukraine
Die USA wollen der Ukraine Medienberichten zufolge Streumunition für die Gegenoffensive gegen Russland liefern. Streumunition ist zwar effizient und könnte der Ukraine bei ihrer Gegenoffensive helfen, ist aber hochumstritten. So wurde auch umgehend scharfe Kritik laut. „Es wäre eskalierend, kontraproduktiv und würde nur die Gefahren für Zivilisten vergrößern, die in Kampfgebieten gefangen sind oder die eines Tages in ihre Städte und auf ihre Bauernhöfe zurückkehren werden“, erklärte der Exekutivdirektor der US-Nichtregierungsorganisation Arms Control Association (Vereinigung für Rüstungskontrolle), Daryl Kimball. Auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International sprach sich gegen eine Lieferung von Streuminition aus (n-tv).
Selenskyj: Wollen „in Nato eingeladen werden“
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat bei einem Treffen mit Tschechiens Staatschef Pavel in Prag einen NATO-Beitritt seines Landes gefordert: „Wir brauchen Ehrlichkeit in unseren Beziehungen zur Nato.“ Es sei an der Zeit, „den Mut und die Stärke dieses Bündnisses“ zu demonstrieren. In der kommenden Woche wird in der litauischen Hauptstadt Vilnius ein zweitätiger NATO-Gipfel stattfinden (ZDF).
4.7.2023
Aktuelle Lage
Russland meldet Abschuss von Drohnen nahe Moskau
Erneut wirft Russland der Ukraine versuchte Drohnenangriffe in der Region Moskau vor. Laut Berichten russischer Staatsmedien soll die russische Flugabwehr mehrere Drohnen über der Region abgeschossen haben. Die Sprecherin des Außenministeriums, Maria Sacharowa, bezeichnet den Vorfall als „einen weiteren terroristischen Akt”. Der Flugverkehr am Moskauer Airport Wnukowo wurde zeitweise umgeleitet. In den vergangenen Monaten kam es immer wieder zu Drohnenangriffen auf russische Städte (n-tv).
Kiew: Lage an Front im Osten ist „ziemlich kompliziert”
Bislang ist der große Durchbruch der ukrainischen Gegenoffensive ausgeblieben. Die Ukrainer machen nur kleine Geländegewinne. Die Ukraine berichtet von schweren Kämpfen an mehreren Frontbereichen, insbesondere im Osten. Russische Truppen griffen bei Awdijiwka, Marjinka und Lyman im Donezker Gebiet an, so die ukrainische Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar. Auch bei Swatowe im angrenzenden Gebiet Luhansk rückten die Besatzer demnach weiter vor: „Dort toben heftige Kämpfe. (...) Die Situation ist ziemlich kompliziert." Unweit von Bachmut hingegen sei die ukrainische Armee auf dem Vormarsch und habe „Teilerfolge” zu verzeichnen (n-tv).
Explosion nahe Militärflugplatz im russischen Krasnodar
Im russischen Gebiet Krasnodar hat sich Medienberichten zufolge eine größere Explosion unweit eines Militärflugplatzes ereignet. Die Region Krasnodar befindet sich im Süden von Russland und grenzt im Westen an die Krim. Von diesem Militärflughafen soll die russische Armee unbestätigten Berichten zufolge die meisten ihrer aus dem Iran gelieferten „Kamikaze-Drohnen” starten, mit denen sie vor allem nachts ukrainische Städte angreift (n-tv).
Weitere Berichte
Gründung eines Zentrums für die strafrechtliche Verfolgung des Verberechens der russischen Aggression in der Ukraine
Der Internationale Strafgerichtshof hat bereits internationale Haftbefehle unter anderem gegen den russischen Präsidenten Putin wegen des Verdachts auf Kriegsverbrechen erlassen. Ein Verfahren zum Vorwurf der Aggression darf der Gerichtshof jedoch nicht einleiten. Deshalb wird bei der EU-Justizbehörde Eurojust in Den Haag nun ein Zentrum für die Verfolgung des Verbrechens der Aggression in der Ukraine eröffnet. Beteiligt daran sind die Ukraine, mehrere EU-Staaten, die USA sowie der Internationale Strafgerichtshof. Das neue Zentrum möchte Beweise zu Planung, Vorbereitung und Ausführung des russischen Angriffskrieges sammeln und gezielt Anklagen gegen mutmaßliche Täter vorbereiten. Auch eine Verfolgung der russischen Staatsführung werde nicht ausgeschlossen (Deutschlandfunk).
Russland will 700.000 Kinder aus der Ukraine in eigenes Territorium gebracht haben.
Russland habe insgesamt rund 700.000 Kinder aus den Kriegsgebieten in der Ukraine auf russisches Territorium gebracht, so der Vorsitzende des internationalen Ausschusses des russischen Föderationsrates. Kinder, die vor Bomben und Beschuss in den Konfliktgebieten geflohen seien, hätten in Russland Zuflucht gefunden (ORF).
Was hat Alexander Lukaschenko mit den Wagner-Söldnern vor?
In Belarus wird eine Militärbasis für die Gruppe Wagner hergerichtet. Knapp 90 Kilometer südöstlich der Hauptstadt Minsk entsteht derzeit ein Zeltlager. Alles deutet darauf hin, dass dort künftig große Teile der Privatarmee stationiert werden könnten. Es gebe Berichte über zwei weitere solcher Lager im Westen von Belarus. Die beiden anderen sollen demnach eher in der Nähe der polnischen Grenze entstehen, so das Institut für Kriegsstudien (ISW) schreibt in einer Analyse. In Russland rekrutiert die Truppe derweil weiter Kämpfer wie bisher.(Zeit).
Juni 2023
Juni 2023
30. Juni 2023
Aktuelle Lage
Ukraine will Besatzer in Bachmut einkreisen
Die Ukraine konzentriert ihre „strategische Initiative“ nach eigenen Angaben derzeit auf die Region Bachmut. Ziel sei es, die russische Armee aus dominanten Positionen und die Besatzungstruppen in Bachmut zu umzingeln. Die Armeeführung kündigt an, die begonnene Offensive nun ausweiten zu wollen (Zeit).
Mindestens zehn Tote bei einem Raketeneinschlag in Kramatorsk
Bei einem russischen Raketenangriff auf das Stadtzentrum in Kramatorsk im Osten der Ukraine sind nach Angaben der Behörden mindestens zehn Menschen getötet und 61 weitere verletzt worden. Unter den Toten seien drei Kinder, teilte der staatliche Notfalldienst mit (Tagesschau).
Ukraine meldet weiteren Vormarsch bei Bachmut
Die ukrainische Armee hat nach eigenen Angaben den russischen Gegner an mehreren Frontabschnitten um über einen Kilometer zurückgedrängt. Insbesondere im Umland der russisch kontrollierten Stadt Bachmut im ostukrainischen Gebiet Donezk liege die Initiative derzeit auf ukrainischer Seite, teilte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar mit. So gelangen etwa Vorstöße in Richtung der Dörfer Klischtschijiwka und Kurdjumiwka südwestlich der zerstörten Stadt (n-tv).
Ukraine drängt Russland in Donezk und bei Cherson zurück
Ukrainische Truppen haben den Ort Riwnopil eingenommen, wie ukrainische und russische Quellen melden. Am östlichen Dnipro-Ufer und einem Kanal in der Region Donezk haben sich russische Truppen zurückgezogen. Das Dorf liegt an der Grenze zur Region Saporischschja. Im Süden des Landes hat die ukrainische Armee eigenen Angaben zufolge seit dem Beginn ihrer Gegenoffensive vor etwa drei Wochen insgesamt 130 Quadratkilometer befreit und bereits mehrere Orte zurückerobert (n-tv).
Ukrainer überwinden den Fluss Dnipro
In den vergangenen Tagen mehren sich die Berichte – vor allem von russischer Seite – dass ukrainische Truppen an das Ostufer des Dnipro im Oblast Cherson vorgedrungen seien. Sie hätten den Dnipro mit Schnellbooten überquert. Laut russischen Militärbloggern haben sich ukrainische Soldaten nahe der Antoniwka-Brücke nordöstlich von der Gebietshauptstadt Cherson verschanzt und russische Stellungen angegriffen. Sollte es der Ukraine gelingen, mit einer Vielzahl von Soldaten am Ostufer des Dnipro vorzurücken, sollten sie gute Chancen haben, die russischen Verteidigungslinien in der Region Saporischschja Richtung Krim weiter unter Druck zu setzen (Tagesspiegel).
Russische Angriffe auf Saporischschja und Odessa
Erneut ist die zentralukrainische Region Saporischschja mit unterschiedlichen Waffen angegriffen worden. Russische Truppen versuchten der Ukraine zufolge in der Region südlich von Saporischschja den Vorstoß ukrainischer Einheiten zu stoppen und verlorene Stellungen zurückzuerobern. Dabei seien mindestens 30 Siedlungen von russischer Artillerie beschossen worden. Auch die südukrainische Hafenstadt Odessa wurde jüngst Ziel russischer Angriffe. Kurz zuvor hatte die ukrainische Luftwaffe vor möglichen russischen Angriffen mit von Schiffen im Schwarzen Meer abgeschossenen Marschflugkörpern gewarnt. Am Wochende wurde ebenfalls die ukrainische Hauptstadt Kiew erneut angegriffen. In Folge des Beschusses eines Wohnhauses gab es Tote und Verletzte (RP).
Weitere Berichte
EU-Gipfel berät zu Ukraine: Österreich gegen konkrete Sicherheitszusagen
Am ersten Tag des EU-Gipfels stand die Lage in der Ukraine im Mittelpunkt. Die Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten konnten sich lediglich darauf verständigen, ihre Bereitschaft zu erklären, zu „künftigen Sicherheitszusagen“ beizutragen. Unter diesem Begriff wird in der Regel keine direkte militärische Unterstützung verstanden. Er ist als schwächer einzustufen als der von Sicherheitsgarantien (Tagesschau).
Wagner-Aufstand in Russland ändert Agenda des EU-Gipfels
Eigentlich standen auf dem in Brüssel stattfindendem zweitägigen Gipfel die europäische Asylpolitik sowie die EU-Mitgliedsanträge aus der Ukraine, Moldawien und Georgien als Topthemen auf der Tagesordnung. Nun wird auf dem Gipfel der Putschversuch der Wagner-Gruppe in Russland und dessen Folgen für den Krieg in der Ukraine auch eines der zentralen Themen sein, mit denen sich die EU-Staaten befassen müssen (Deutsche Welle).
Wagner soll weiter Söldner rekrutieren
Trotz des gescheiterten Aufstands soll die Söldnertruppe weiterhin neue Mitglieder in russischen Städten rekrutieren, so die BBC. Für ihren Bericht riefen die Journalisten nach eigenen Angaben über eine russische Telefonnummer bei einem Dutzend Rekrutierungszentren an und gaben sich als potenzielle Kämpfer aus. Bei den Anrufen sei ihnen bestätigt worden, dass alles wie gewohnt ablaufe. „Von Kaliningrad im Westen bis Krasnodar im Süden glaubte niemand an die Auflösung der Gruppe“, schreibt die BBC. Mehrere Personen hätten bestätigt, dass neue Mitglieder Verträge mit der Söldnertruppe selbst und nicht mit dem russischen Verteidigungsministerium unterzeichneten (n-tv).
Polen rüstet seine Grenze zu Belarus auf
Wegen der geplanten Verlegung von bis zu 8.000 russischen Wagner-Söldnern ins Nachbarland Belarus will Polen seine Ostgrenze noch stärker sichern. Geplant sei sowohl eine Aufstockung der dort stationierten uniformierten Kräfte als auch eine Erhöhung der Anzahl „verschiedener Arten von Hindernissen und Befestigungen zum Schutz unserer Grenze im Falle eines Angriffs“, sagte Vize-Regierungschef Jaroslaw Kaczynski (n-tv).
Dauerhafte Sicherheit für die Ukraine – Von Ad-hoc-Unterstützung zu langfristigen Sicherheitsgarantien als NATO-Mitglied
Ukraines Präsident Selenskyj hat im September 2022 aufgrund der Entwicklungen im russischen Angriffskrieg gegen sein Land die NATO-Mitgliedschaft im „fast-track”-Modus beantragt. In westlichen Staaten wird kontrovers diskutiert, wie die Sicherheit der Ukraine dauerhaft gewährleistet werden kann. Die Vorschläge reichen von einer Neutralität über bi-, mini- und multilaterale Sicherheitszusagen bis zum NATO-Beitritt. Was spricht für welche Option? Auf welche internationale Sicherheitsgarantien für die Ukraine werden sich die NATO-Staaten auf ihrem Gipfel im Juli einigen können? (Stiftung Wissenschaft und Politik).
27. Juni 2023
Nach dem Wagner-Aufstand
Was seit dem Wagner-Aufstand in Russland passiert ist
Das Putin-Regime wurde am Wochenende herausgefordert. Was ist seit dem Wagner-Aufstand in Russland passiert? Wie kam es dazu und was bedeutet der Aufstand für Putin? Wie ist das Verhalten von Prigoschin zu erklären? Welche Folgen könnte das Geschehen auf den Krieg in der Ukraine haben? (Deutschlandfunk)
Putin lässt Wagner-Söldnern drei Optionen
In einer kurzen Rede ist Präsident Putin auf den Wagner-Aufstand eingegangen. Er werde sein Versprechen halten. Diejenigen Wagner-Söldner, die nach Belarus gehen wollten, könnten dies tun. Diejenigen, die in Russland bleiben wollten, könnten einen Vertrag mit der Armee abschließen oder zu ihren Familien zurückkehren. Der Kremlchef dankte den russischen Sicherheitskräften und der Bevölkerung nach dem Ende der Revolte für ihren Rückhalt: „Ich danke allen Soldaten, Mitarbeitern der Geheimdienste, die sich den Aufständischen in den Weg gestellt haben“. Auf seinen Befehl hin sei alles getan worden, um Blutvergießen zu verhindern.
Fünf Lehren aus dem Wagner-Aufstand
Den Machtkampf mit Wagner-Chef Prigoschin hat Russlands Präsident Putin vorerst überstanden. Doch die Meuterei zeigt klare Risse in seinem Machtsystem. Erfolgreiche Putsche verlaufen meist weitgehend unblutig. Auf einen Bürgerkrieg mit ungewissem Ausgang wollte sich keine Seite einlassen. Putin hat politisch überlebt; sein Ansehen als Machtpolitiker ist jedoch mehr denn je beschädigt (ZDF).
ISW: Wagner wird weiter zum Einsatz kommen
Nach Einschätzung von US-Experten wird die russische Privatarmee Wagner nach dem bewaffneten Aufstand unter ihrem Chef Jewgeni Prigoschin weiter zum Einsatz kommen. Die Rückkehr von Wagner-Truppen in ihre Ausbildungslager mit militärischer Ausrüstung deute darauf hin, dass der Kreml zumindest Teile der Gruppe eher aufrechterhalten wolle, als sie aufzulösen, erklärte das US-Institut für Kriegsstudien (ISW). Die Zukunft der Kommando- und Organisationsstruktur sei jedoch unklar (n-tv).
Aufstand der Söldnertruppe Wagner beendet
Nachdem sich in Russland die Söldner-Gruppe Wagner gegen den Kreml erhoben hatte, ist der Aufstand nun beendet. Am Samstagabend erteilte Wagner-Chef Prigoschin den Befehl zum Rückzug seiner Privatarmee. Kurz darauf gaben die Söldner ihre bis dahin gehaltenen Stellungen im Süden Russlands auf. Das Strafverfahren gegen den Wagner-Chef werde eingestellt und Prigoschin könne unbehindert ins Nachbarland Belarus gehen, so Kremlsprecher Dmitri Peskow. Zuvor hatte sich offenbar der belarussische Machthaber Lukaschenko als Vermittler angeboten und Prigoschin dazu gebracht, seinen Aufstand aufzugeben. Auch die Kämpfer der Wagner-Truppe sollen angesichts ihrer Verdienste an der Front in der Ukraine nicht strafrechtlich verfolgt werden, wie Peskow versicherte. Vielmehr werde einem Teil der Söldner ein Angebot unterbreitet, sich vertraglich zum Dienst in den russischen Streitkräften zu verpflichten. Wer in dieser Truppe kämpft und warum es überhaupt zur Rebellion kam – die wichtigsten Antworten (BR).
24. Juni 2023
Aufstand der Wagner-Gruppe
„Man kann die Angst aus Putins Rede heraushören“
Die Rebellion der Wagner-Söldner gegen den Kreml ändert die Lage im Ukraine-Krieg. Politologe Thomas Jäger erklärt, wie der Marsch auf Moskau von Prigoschin mehr Unterstützung erfahren könnte und warum die Situation gerade jetzt eskaliert. Eine Analyse (n-tv).
Putin: „Dolchstoß in den Rücken“
Nachdem Wagner-Truppen militärische Objekte in der südrussischen Stadt Rostow am Don besetzen, meldet sich Präsident Putin in einer Fernseh-Ansprache zu Wort. Er spricht von Verrat, Meuterei und Bestrafung der Beteiligten Mit Blick auf das Vorgehen des Söldnerführers Jewgeni Prigoschin hat von Verrat und einem „Dolchstoß in den Rücken“ gesprochen. Wer an der Meuterei teilgenommen habe, werde bestraft. Jeder, der die Waffen gegen die Armee erhoben habe, sei ein Verräter. Er forderte die Wagner-Kämpfer auf, ihre Teilnahme an kriminellen Handlungen umgehend zu beenden (n-tv).
Kadyrow stellt Putin seine Truppen zur Verfügung
Der tschetschenische Machthaber und Putin-Verbündete Ramsan Kadyrow steht nach eigenen Worten bereit, um mit seinen Truppen bei der Niederschlagung der „Meuterei” der Wagner-Kämpfer zu helfen. Kadyrow nannte das Vorgehen des Söldnerführers Jewgeni Prigoschin einen „Dolch im Rücken” und mahnte die russischen Soldaten, sie sollten sich nicht provozieren lassen. Zudem warnte er, die Geschichte zeige, „dass solche Handlungen zu blutigen Konsequenzen führen könnten”. Zudem hat Kadyrow selbst die Entsendung seiner Truppen angekündigt: „Wir werden alles tun, um die Einheit Russlands zu bewahren und ihre Staatlichkeit zu schützen”, teilte er mit. „Ich unterstütze jedes Wort von Wladimir Wladimirowitsch Putin", so Kadyrow (n-tv).
Wagner-Söldner rücken innerhalb Russlands vor
Kämpfer der Söldnertruppe Wagner kommen aus der Ukraine zurück nach Russland. Sie seien bereits in die südrussische Stadt Rostow eingerückt, so Prigoschin. Beim Vormarsch habe es keinen Widerstand gegeben. „Wir werden jeden vernichten, der sich uns in den Weg stellt”, sagte Prigoschin im Hinblick auf den Machtkampf mit dem russischen Militär: „Wir gehen vorwärts und werden bis zum Ende gehen” (Spiegel).
Gepanzerte Wagner-Kampfverbände rollen offenbar auf Moskau zu
Mehrere Kampfverbände der Söldnergruppe, bewegen sich nach Erkenntnissen des britischen Verteidigungsministeriums im Bezirk Woronesch nach Norden, höchstwahrscheinlich, um in Richtung Moskau zu ziehen. Nach aktuellen Erkenntnissen des britischen Verteidigungsministeriums befanden sich bewaffnete Gruppen mit gepanzerten Fahrzeugen am frühen Vormittag bereits im Bezirk Woronesch, welcher etwa 500 Kilometer südlich der russischen Hauptstadt Moskau liegt. Einem Insider zufolge haben die Kämpfer alle militärischen Einrichtungen der Stadt Woronesch 500 Kilometer südlich von Moskau bereits unter ihre Kontrolle gebracht. Der Aufstand der Wagner-Gruppe ist nach Ansicht britischer Geheimdienste für den russischen Staat die „größte Herausforderung” der jüngeren Zeit (n-tv).
Moskau ruft Anti-Terror-Notstand aus
Angesichts des Aufstands der Wagner-Gruppe haben die Behörden in Moskau und Umgebung den Anti-Terror-Notstand ausgerufen. „Um mögliche Terroranschläge in der Stadt und dem Gebiet Moskau zu verhindern, ist ein Regime für Operationen zur Terrorbekämpfung eingeführt worden”, teilte das nationale Anti-Terror-Komitee am Samstag und verschärfte die Sicherheitsvorkehrungen. Auch in der Region Woronesch laufe ein weiterer Einsatz zur Terrorismusabwehr (ZDF)..
Russlands Armee feuert auf Söldner-Konvoi in Woronesch
Im Rahmen der Antiterrormaßnahmen "führen die Streitkräfte der Russischen Föderation die notwendigen operativen Einsätze und Kampfhandlungen aus", erklärte Regionalgouverneur Alexander Gussew. Ein Reuters-Reporter bestätigte offenbar, dass russische Militärhubschrauber das Feuer auf den Wagner-Konvoi eröffnet hätten (n-tv).
Auswärtiges Amt verschärft Reisehinweise für Russland - Krisenstab tagt
Angesichts des bewaffneten Wagner-Aufstands hat das Auswärtige Amt seine Reisehinweise aktualisiert. „Auf Grund aktueller Ereignisse” sollten schon bisher von einer Teilreisewarnung betroffene „Verwaltungsgebiete und insbesondere die Stadt Rostow sowie das Umland gemieden werden”, teilte das Ministerium mit. „In Moskau sollten staatliche, insbesondere militärische Einrichtungen weiträumig umgangen werden. Das Stadtzentrum sollte bis auf Weiteres gemieden werden.” Die Bundesregierung teilte mit, dass sie die Ereignisse in Russland aufmerksam beobachte. Im Außenministerium tage derzeit der Krisenstab. Auch die Präsidenten Polens und Frankreichs lassen erklären, sie verfolgten die Situation genau. Ebenso hat das britische Außenministerium seine Reisewarnung aktualisiert und warnt vor der Gefahr von Unruhen überall in Russland (Zeit).
Ukrainische Gegenoffensive
„Die Situation ist sehr schwierig“
Die ukrainische Gegenoffensive laufe „langsamer als gewünscht“, so die offizielle Botschaft. Minen und Drohnen würden den Vormarsch bremsen. Die ukrainischen Truppen rücken im Süden und Osten des Landes vor – aber langsamer als gewünscht, so Präsident Selenskyj. Einer seiner Sicherheitsberater, Oleksij Danilow, wird im ukrainischen Fernsehen deutlich: „Die Situation ist sehr schwierig. Der Feind hat seine Fehler erkannt und bestimmte Zusammenhänge in Verhalten, Taktik und Strategie hergestellt. Aber das wird uns nicht aufhalten. Unsere Soldaten verstehen, was sie zu tun haben” (Tagesschau).
Gegenoffensive: Kiew tastet sich erstmal vor
Bislang würden die Geländegewinne der ukrainischen Gegenoffensive relativ klein ausfallen. Die Ukraine habe bisher auch nur einen begrenzten Teil ihrer Streitkräfte in den Kampf geschickt, drei oder vier von den zwölf neuen Armeebrigaden, die für die Gegenoffensive aufgestellt wurden, und würden sich erst allmählich vortasten, so Militärexperten. Eines der Hauptprobleme aus Sicht der Ukraine seien die extrem großen und tiefen Minenfelder, die Russland angelegt hat und die oft von einem dichten Netz von Feldbefestigungen bedeckt sind. Auch fehllende Luftstreitkräfte seien ein Problem (ZDF).
Ukrainische „Gegenoffensive bereitet Probleme“ – Prigoschin: Wir könnten Armee und Russland verlieren
Wagner-Chef Prigoschin lässt sich erneut lautstark über die Verantwortlichen für Russlands Invasion in der Ukraine aus. Die „eitlen Gockel“ würden nicht nur Putin vorsätzlich täuschen, sondern auch die russische Bevölkerung über die „echten Probleme“ im Unklaren lassen, die die ukrainische Gegenoffensive bereite (n-tv).
Angriff auf Krim-Brücke
Zweifel, ob Ukraine „Krim zurückerobern muss“
Die Ukraine sei gut darin, die Logistik der Russen zu schwächen, sagt Militärexperte Nico Lang. Der Nachschub für die russischen Truppen im Süden der Ukraine komme zu einem großen Teil von der Krim, über die Zerstörung von Brücken könne die Ukraine Russlands Versorgungswege attackieren. Der Militärexperte bezweifelt daher, ob denn die Ukraine im streng militärischen Sinne die Krim zurückerobern müsse. „Wenn die Krim abgeschnitten ist von der Versorgung bei Treibstoff und Munition, dann wird es schon sehr schwer werden für Russland, die Krim noch zu halten”, so Militärexperte Nico Lange über den Angriff auf die Brücke zur Krim und mögliche Folgen für den Krieg (ZDF).
Russland meldet Angriff auf Brücke zur Krim
Nach Angaben der russischen Verwaltung sollen ukrainische Truppen eine wichtige Brücke angegriffen haben, die das Festland mit der 2014 annektierten Halbinsel Krim verbindet und auch Tor zur Krim genannt wird. Opfer habe es keine Opfer gegeben, berichtet der russische Gouverneur der Krim. Bilder zeigen einen großen Krater. Die Brücke ist Teil einer Straße, die vom russischen Militär genutzt wird, um sich zwischen der Krim und anderen von Russland besetzten Teilen der Ukraine zu bewegen. Der russische Gouverneur in Cherson sprach von mehreren beschädigten Brücken. Cherson liegt der Halbinsel Krim gegenüber und wird zum Teil von russischen Truppen kontrolliert (n-tv).
Die Halbinsel Krim – Wechselvolle Geschichte und aktuelle Situation
Ein Beitrag von Dr. Oleksandr Donik und Prof. Dr. Rainer Lindner
Über die Jahrhunderte hinweg war die Halbinsel einerseits ein Rückzugsort, ein „Garten“ imperialer und lokaler Herrscher und ein Hafen- und Handelsplatz; andererseits wurde sie immer wieder umkämpft, besetzt oder zerstört. Die Krim ist seit dem Untergang der Sowjetunion ein offener Streitgegenstand zwischen der Ukraine und Russland. Seit Ende Februar 2014 sind die Autonome Republik Krim und Sewastopol von regulären russischen Militäreinheiten besetzt und von der Russischen Föderation annektiert. Mit dem Beginn der großangelegten Invasion russischer Truppen in der Ukraine am 24. Februar 2022 und der darauf folgenden russischen Besetzung von Teilen der ukrainischen Regionen Cherson, Saporischschja und Donezk eroberte Russland einen Landkorridor vom russischen Festland auf die Krim. Zuvor war bereits die Krim-Brücke in annektierten Gewässern errichtet worden, die Russland zur Versorgung der Halbinsel nutzte. Die russischen Behörden behaupten, die Krim sei ein „integraler Bestandteil Russlands“ und versprechen eine „angemessene Reaktion“ auf „alle Ansprüche“ auf die Halbinsel. Die ukrainischen Behörden haben zugleich ernsthafte Absichten, die Krim als integralen Bestandteil des von der Mehrheit der internationalen Gemeinschaft anerkannten Territoriums der Ukraine wieder unter ihre Kontrolle zu bringen. Vieles spricht dafür, dass der Krieg zwischen Russland und der Ukraine erst enden wird, wenn die Krim-Frage entschieden ist.
Weitere Berichte
UN machen Russland für die Tötung von 136 Kindern verantwortlich
Kinder als menschliche Schutzschilde, Luftangriffe auf Schulen: Die UN werfen Russland in einer neuen Untersuchung schwere Verbrechen gegen Kinder vor. Es wurden 136 Fälle zusammengetragen, in denen Kinder in der Ukraine durch russische Streitkräfte getötet wurden. Wegen der strengen Richtlinien zur Verifikation solcher Fälle gebe es darüber hinaus eine hohe „Dunkelziffer“. Die russische Armee wurde nun in eine UN-Liste von Organisationen aufgenommen, die schwere Vergehen gegen Kinder in bewaffneten Konflikten begehen. Zugleich legten die UN auch der Ukraine zur Last, für die Tötung von Kindern verantwortlich zu sein (Spiegel).
EU einigt sich auf neue Russland-Sanktionen
Die EU hat ein elftes Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg gebracht. Im Mittelpunkt stehen Maßnahmen, die Schlupflöcher schließen sollen. Zudem werden weitere Unterstützer des russischen Angriffskriegs sanktioniert (Tagesschau).
20. Juni 2023
Aktuelle Lage
Massive Angriffe Russlands auf Kiew und andere Städte
In der Nacht kam es ukrainischen Angaben zufolge erneut zu massiven Angriffen auf Kiew und andere ukrainische Städte, erklärte die zivile und militärische Verwaltung Kiews am Dienstag. Es gebe bisher noch keine Informationen über Verletzte oder Zerstörungen, hieß es weiter. Kiew sei in mehreren Wellen aus verschiedenen Richtungen mit Kampfdrohnen angegriffen worden. Auch in der westukrainischen Stadt Lwiw trafen russische Drohnen nach Angaben des örtlichen Verwaltungschefs Maksym Kosyzkyj „kritische Infrastruktur”. Ebenso meldete die Militärverwaltung der südukrainischen Stadt Saporischschja, die Stadt und ihre Umgebung seien Ziel eines „massiven Angriffs” gewesen. Der ukrainische Generalstab bestätigte, dass in der Nacht 28 von 30 russischen Drohnen von der ukrainischen Luftabwehr über dem Land abgefangen worden seien.
Ukraine überprüft offenbar militärische Taktik ihrer Gegenoffensive
Die ukrainische Führung pausiert derzeit weitgehend ihre Gegenangriffe – ein Hinweis auf eine interne Evaluation und strategische Neuausrichtung, so Militärexperten. Dennoch sollen ukrainische Soldaten an mindestens vier Fronten leichte Geländegewinne erzielt haben, so etwa in der die Umgebung von Kreminna, der Stadt Donezk, der Gegend rund um Welyka Nowosilka und der Stadt Pjatychatky. Auch in Bachmut werde weiter gekämpft. Wie der ukrainische Generalstab und das russische Verteidigungsministerium übereinstimmend berichten, greifen sich russische und ukrainische Truppen greifen offenbar gegenseitig erfolglos an (ZEIT).
Ukrainische Militärs: „Größter Schlag“ steht Russen noch bevor
Bei der Offensive der ukrainischen Streitkräfte gegen die russischen Besatzer steht nach Worten der ukrainischen Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maliar „der größte Schlag“ noch bevor. Die Militäroperation sei schwierig, da Russland alles aufbiete, um die Offensive zu stoppen, so Maliar. Der Feind werde seine Stellungen nicht so leicht aufgeben. Der Vormarsch der Ukrainer werde durch Befestigungen, dichte Minenfelder und eine „große Zahl an Reserven“ behindert. Die Operation werde jedoch nach Plan fortgesetzt, versicherte der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj (n-tv).
16. Juni 2023
Aktuelle Lage
Ukraine meldet Fortschritte bei Gegenoffensive trotz „starken Widerstands“
Trotz „starken Widerstands“ russischer Soldaten und fortgesetzter Luftangriffe hat die Ukraine Fortschritte bei ihrer Gegenoffensive vermeldet. Im Süden des Landes gebe es einen „allmählichen, aber beständigen Vormarsch der Streitkräfte“, sagte Vize-Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Donnerstag. Rund um die Stadt Bachmut ziehe Russland derzeit „zusätzliche Reserven“ zusammen, um den Vormarsch der ukrainischen Truppen zu verhindern, so Maljar weiter. Dennoch sei die ukrainische Armee in den vergangenen zehn Tagen im Gebiet von Bachmut in der Ostukraine „mehr als drei Kilometer“ vorgerückt. Die ukrainische Armee habe insgesamt binnen einer Woche sieben Siedlungen und mehr als 100 Quadratkilometer Gebiet zurückerobert, sagte Oleksij Gromow vom ukrainischen Generalstab (Tageblatt).
Wie die Luftabwehr den Luftraum über Kiew schützt
Tragbare Flugabwehrsysteme sind ein wichtiger Bestandteil der ukrainischen Luftverteidigung. Kämpfer eines mobilen Einsatztrupps haben der DW berichtet, wie sie den Luftraum über der Region Kiew schützen. Aktuell hat die ukrainische Luftwaffe bei Telegram mitgeteilt, sie habe zwölf russische Raketen abgefangen. Dabei habe es sich um sechs Hyperschallraketen des Typs Kinschal sowie sechs Kalibr-Marschflugkörper gehandelt (Deutsche Welle).
NATO – Unterstützung und Beitrittsperspektiven für die Ukraine
NATO-Treffen der Verteidungsminister in Brüssel: Wie die Allianz die Ukraine weiter unterstützen will
Vor dem anstehenden NATO-Gipfel im Juli berät das Bündnis, wie sie die Ukraine weiterhin bei ihrer Offensive gegen die russischen Truppen unterstützen kann. Damit die Verteidiger weiter erfolgreich sein können, brauchte man mehr Munition, so Generalsekretär Jens Stoltenberg. Und Kiew drängt erneut auf den NATO-Beitritt (RND).
NATO-Beitrittsperspektive für Ukraine – Zugeständnis geplant
So bald, wie es der ukrainische Präsident sich erhofft, wird sein Land nicht in das Militärbündnis aufgenommen werden können. Doch nun zeichnet sich ein eine mögliche Kompromisslinie ab. Es mehren sich die Zeichen, dass sich die Mitgliedstaaten damit einverstanden erklären, vor einer möglichen Aufnahme nicht auf das übliche Procedere, den Aktionsplan zur Mitgliedschaft (Membership Action Plan / MAP), zu bestehen. Ein Verzicht auf den MAP würde das Aufnahmeverfahren deutlich beschleunigen. Bereits am Mittwoch hatten die Mitgliedstaaten ein neues Kooperationsformat beschlossen. Es sieht vor, die bestehende NATO-Ukraine-Kommission zu einem NATO-Ukraine-Rat aufzuwerten. Dies soll es ermöglichen, mit dem Land auf Augenhöhe Schlüsselfragen der Sicherheit zu diskutieren und auch gemeinsam Entscheidungen zu treffen. Die Ukraine bekommt damit einen gleichberechtigten Platz am Tisch der Allianz und wird nicht mehr nur Gast sein.
EU-Parlament: NATO soll Ukraine nach Kriegsende aufnehmen
Auch das EU-Parlament hat die NATO aufgefordert, der Ukraine nach dem Ende des russischen Angriffskriegs den Weg ins westliche Verteidigungsbündnis zu ebnen (rp-online).
NATO macht Ernst mit dem Zwei-Prozent-Ziel
Der Krieg in der Ukraine lenkt den Blick auf die potenzielle Verteidigungsfähigkeit des Bündnisses. Knapp zehn Jahre, nachdem sich die NATO auf das Zwei-Prozent-Ziel geeinigt hat, sollen nun beim anstehenden NATO-Gipfel in Vilnius die Verteidigungsausgaben erneut auf den Prüfstand kommen. NATO-Chef Stoltenberg machte bereits klar, dass die Verteidigungsausgaben der Allianz erhöht werden sollen. Er erwarte, dass die Alliierten sich auf höhere Verteidigungsausgaben festlegen. Es soll nicht mehr ein lockerer Richtwert sein, den man einhalten kann oder nicht. „Die zwei Prozent werden nicht mehr die Obergrenze sein, nach der wir streben", erklärte Stoltenberg. „Das sollte das Minimum sein für das, was wir in Zukunft für Verteidigung ausgeben müssen“ (Tagesschau).
Bleibt Stoltenberg doch im Amt?
Nach neun Jahren im Amt wollte Stoltenberg im September 2023 sein Amt als NATO-Generalsekretär eigentlich abgeben. Doch es sieht nicht danach aus, dass sich die NATO-Mitgliedstaaten bis zum anstehenden Gipfel im Juli auf eine Nachfolge werden einigen können. Wie das schwedische Radio berichtete, soll US-Präsident Joe Biden Stoltenberg bereits gebeten haben, sein Amt weiterzuführen. Eine europäische Diplomatin bestätigte der Nachrichtenagentur AFP, dass sich für Stoltenberg eine weitere Verlängerung abzeichne. Insgesamt wurde sein Mandat bereits dreimal verlängert. Ihr zufolge gilt es als wahrscheinlich, dass die Staats- und Regierungschefs Stoltenberg bitten werden, bis zum NATO-Jubiläumsgipfel in Washington im Sommer 2024 im Amt zu bleiben (Tagesschau).
Weitere Informationen rund um die NATO in unserem NATO-Dossier
Weitere Berichte
Afrikanische Staatschefs unternehmen Vermittlungsversuch in Kiew und Moskau
Mehrere Staats- und Regierungschefs aus Afrika sind nach Kiew gereist, um im Krieg zwischen Russland und der Ukraine zu vermitteln. Am Wochenende wird die Abordnung in Moskau erwartet, wo eine Begegnung mit dem russischen Präsidenten Putin ansteht. Viele afrikanische Staaten leiden infolge des Krieges in der Ukraine unter Problemen bei der Versorgung mit Getreide (Deutschlandfunk).
13. Juni 2023
Aktuelle Lage
Luftangriff auf Selenskyjs Heimatstadt - Tote und Verwundete
Bei neuen russischen Angriffen auf die Ukraine ist offiziellen Angaben zufolge unter anderem ein Wohnhaus in der südöstlichen Großstadt Krywyj Rih getroffen worden, es gab Tote und Verletzte. Auch in mehreren anderen Regionen der Ukraine wurde Luftalarm ausgerufen. Auch auf die Hauptstadt Kiew wurden erneut Marschflugkörper abgefeuert Dort habe die eigene Luftabwehr aber alle feindlichen Flugobjekte abgeschossen. Aus der östlichen Stadt Charkiw gab es Berichte über Drohnenangriffe (n-tv).
Ukraine meldet Rückeroberung von Dörfern in Donezk
Im Zuge ihrer Offensive haben die ukrainischen Streitkräfte eigenen Angaben zufolge weitere kleine Geländegewinne erzielt und einzelne Dörfer
im Gebiet Donezk zurückerobert. Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) schrieb in seinem jüngsten Lagebericht, die ukrainische Armee habe mehrere Orte bei Angriffen im Süden, Südwesten und Südosten von Welyka Nowosilka im Gebiet Donezk befreit. Der Ukraine seien auch Vorstöße im Gebiet Saporischschja gelungen. Entgegen mancher Darstellung sei es aber verfrüht, zum jetzigen Zeitpunkt von einem ukrainischen „Durchbruch” zu sprechen (ZDF).
Weitere Beiträge
Friedensgutachten: „Noch lange kein Frieden”
Das aktuelle Friedensgutachten mit dem Titel „Noch lange kein Frieden” Renommierte zeichnet ein ernüchterndes Bild beim Blick auf den Krieg in der Ukraine: „Nach allem, was wir in der Forschung über zwischenstaatliche Kriege wissen und darüber, wie dieser Krieg verläuft, ist in naher Zukunft kein Frieden in Sicht.” Welche Folgen hat der sicherheitspolitische Kurswechsel des vergangenen Jahres für die friedenspolitische Agenda unserer Zeit? Ist die sicherheitspolitische Zeitenwende auch ein friedenspolitischer Paradigmenwechsel? Mit diesen und weiteren Fragen beschäftigt sich das Gutachten des Leibniz-Instituts Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung Es zeigt auf, welche Handlungsspielräume die deutsche Politik nach der „Zeitenwende” in der Friedens- und Sicherheitspolitik hat und formuliert konkrete Handlungsempfehlungen (Tagesschau).
Polen dringt auf NATO-Perspektive für die Ukraine
Die Ukraine hofft auf konkrete Perspektiven, damit ihre Sicherheit gewährleistet ist, wenn der russische Angriffskrieg irgendwann endet. Bei einem Treffen in Paris beraten sich Kanzler Scholz und Frankreichs Präsident Macron sowie Polens Staatschef Duda über langfristige Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Auf dem NATO-Gipfel in der litauischen Hauptstadt Vilniusim Julii erhofft sich die Ukraine eine konkrete Perspektive auf Aufnahme in das Verteidigungsbündnis. Wichtige Alliierte bremsen allerdings. Für die vermutlich noch lange Übergangszeit wird darüber diskutiert, die bestehende NATO-Ukraine-Kommission zu einem neuen NATO-Ukraine-Rat aufzuwerten (n-tv)
NATO-Luftmanöver Air Defender ist angelaufen
Das Luftmanöver der NATO mit dem Namen Air Defender ist angelaufen. 250 Kampfjets aus 25 Nationen mit etwa 1000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern sind daran beteiligt. Am Ende des ersten Tages „Air Defender” zieht die Luftwaffe positive Bilanz: 98 Prozent der Flüge seien durchgeführt worden. Die Zusammenarbeit der Nationen - offenbar reibungslos. Was über Deutschland geübt wird, ist über der Ukraine Ernstfall - und in den Köpfen vieler Soldaten präsent.
Verteidigungskraft Europas ernüchternd
Eine solche Vorbereitung auf den Ernstfall habe es hierzulande seit Jahrzehnten praktisch nicht gegeben, kommentiert Thomas Wiegold das NATO-Manöver Air Defender. Die Fakten der Verteidigungskraft Europas seien allerdings ernüchternd (Deutschlandfunk).
Russland nimmt erste Privatarmee unter Vertrag
Moskau hat die „Achmat”-Einheit des tschetschenischen Machthabers Kadyrow als erste Privatarmee unter Vertrag genommen. Verteidigungsminister Sergej Schoigu hatte am Wochenende angekündigt, alle auf Moskauer Seite kämpfenden Privatarmeen unter seine Befehlsgewalt nehmen zu wollen. Bis zum 1. Juli sollen die Freiwilligenverbände Verträge mit seinem Ministerium unterzeichnen. Die Organisationen erhielten dann einen rechtlichen Status und die gleichen staatlichen Leistungen wie die regulären Einheiten der Streitkräfte, hieß es aus dem Verteidigungsministerium. Ziel sei es, die militärischen Möglichkeiten und den effektiven Einsatz der Kämpfer zu verbessern und die Truppen besser auszurüsten. Der Chef der Wagner-Truppe, der Oligarch Jewgeni Prigoschin, teilte bereits mit, seine Gruppe werde solche Verträge nicht unterzeichnen. Minister Schoigu sei kaum in der Lage sei, die regulären Truppen ordentlich zu führen, so seine Begründung. Seit Monaten befindet sich die Söldnertruppe Wagner im Streit mit dem russischen Verteidigungsministerium (Tagesschau).
9. Juni 2023
Aktuelle Lage an der Front
Grenzregion Belgorod: Wie der Krieg nach Russland gekommen ist
Der Krieg in der Ukraine hat mittlerweile auch das russische Territorium erreicht. Selbst Befürworter des Krieges und Kreml-Propagandisten wirken inzwischen verunsichert. Das Vertrauen in die eigene Armee ist erschüttert (ARD)
Kremlfeindliche Kämpfer haben offenbar Ort in russischer Grenzregion unter Kontrolle
Kremlfeindliche Kämpfer des „Russische Freiwilligenkorps” liefern sich in der russischen Grenzregion Kämpfe mit der russischen Armee. Nun melden sie die Einnahme des Ortes Nowaja Tawolschanka nahe Belgorod. Da der russische Machtapparat sich nicht für das Schicksal der Region interessiere und die Lage nicht mehr im Griff habe, hätten sie nun das Handeln übernommen, teilte das „Russische Freiwilligenkorps" (RDK) mit. Der Gouverneur von Belgorod räumte nach tagelangem Beschuss des Gebiets indirekt ein, in dem Ort nicht mehr Herr der Lage zu sein. Die meisten der einst 5000 Einwohner haben den Ort aufgrund der Kampfhandlungen verlassen. Das Verteidigungsministerium in Moskau spricht von „Terroristen" und „Saboteuren", die von ukrainischer Seite mit Artillerie feuerten und teils auch in russisches Staatsgebiet eingedrungen seien. Die ukrainische Führung ihrerseits hat zurückgewiesen, etwas direkt mit den Angriffen auf die russische Region zu tun zu haben (n-tv).
Ukrainische Geländegewinne bei Bachmut
Offenbar erzielt die Ukraine Geländegewinne an der Front. Wagner-Chef Prigoschin hat Erfolge der ukrainischen Streitkräfte eingeräumt. Die ukrainischen Streitkräfte führten lokale Bodenangriffe durch und erzielten Berichten begrenzte taktische Gewinne in der westlichen Region Donezk und der östlichen Region Saporischschja, so das ISW. Am Montag sagte Prigoschi-, dass die ukrainischen Streitkräfte einen Teil des Ortes Berkhiwka nördlich von Bachmut zurückerobert hätten, und nannte dies eine „Schande” (euronews).
Kachowka-Staudamm - Dammbruch in der Südukraine
Nach Bruch des Kachowka-Staudamms: 14 Tote offiziell bestätigt
Allmählich zeichnet sich das katastrophale Ausmaß der Zerstörungen nach der Zerstörung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine ab.
Etwa 600 Quadratkilometer in der Region Cherson sollen überflutet worden sein, mehr als zwei Drittel davon auf dem von Russland kontrollierten Ostufer des Dnipro.Tausende Menschen wurden evakuiert, 14.000 Gebäude überflutet, offiziell wurden bisang 14 Tote bestätigt. Bewohner der Region erheben schwere Vorwürfe gegen das russische Militär, anstatt zu helfen, beschlagnahmten Soldaten die Boote der Helfer (RND).
Verheerende Folgen für Mensch und Natur
Zehntausende Menschen sind laut Kiew nach der Explosion des Kachowka-Staudamms von den Fluten bedroht. Die Folgen für die Bevölkerung und die Umwelt enorm. 10.000 Hektar Land könnten zu Wüsten werden, warnt das ukrainische Agrarministerium. Auch der UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths erklärte in einer Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats, dass der Dammbruch "schwerwiegende und weitreichende Folgen für Tausende von Menschen in der Südukraine auf beiden Seiten der Frontlinie haben wird, da sie ihre Häuser, Nahrungsmittel, sauberes Wasser und ihre Lebensgrundlage verlieren werden". Das tatsächliche Ausmaß der Katastrophe werde erst in den kommenden Tagen sichtbar (Tagesschau)
Sprengung des Kachowka-Staudamms: „Militärisch kein Wendepunkt"
Die Sprengung des Kachowka-Staudamms im Süden der Ukraine ist aus Sicht des Militärexperten Mölling kein klarer Wendepunkt im Krieg. Vielmehr zeige es, wie blank Russland militärisch dasteht. Ein Interview (Tagesschau).
Kachowka-Staudamm in Region Cherson zerstört
In den vergangenen Monaten hatte die Ukraine immer wieder vor einer Sprengung des Staudamms Kachowka durch russische Truppen gewarnt. Nun scheint das Absperrwerk zerstört. Der ukrainische Generalstab macht Moskau dafür verantwortlich. Der von Russland eingesetzte Besatzungschef der Stadt Nowa Kachowka gibt hingegen an, ukrainischer Beschuss habe die Schäden am Kachowka-Staudamm verursacht. Offenbar wurde das Wasserkraftwerk bei der Sprengung weitgehend zerstört, der Wasserstand um den Staudamm ist um fünf Meter gestiegen. Es wurde mit der Evakuierung angrenzender Gebiete begonnen. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj rief eine Dringlichkeitssitzung des nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrates ein. Es stellt sich auch die Frage, inwiefern eine Gefahrensituation für das flussaufwärts gelegen AKW Saporischschja entstehen könnte (n-tv).
Russland soll Staudamm in Cherson gesprengt haben
Der Kachowa-Staudamm in der ukrainischen Region Cherson ist nach übereinstimmenden Berichten von russischen Streitkräften gesprengt worden. Eine riesige Flutwelle wird sich in Richtung Cherson bewegen. Für den Süden der Ukraine könnte das eine ökologische Katastrophe bedeuten. Wie Experten vermuten könnte die russische Seite versuchen, damit die ukrainische Gegenoffensive aufzuhalten (Deutschlandfunk).
2. Juni 2023
Aktuelle Lage
Putin tut, als wäre nichts passiert
Russische Grenzregionen werden beschossen, über Moskau fliegen Drohnen, immer mehr Menschen in Russland bekommen den Krieg zu spüren.. Auch die Kritik an seiner Putins Kriegsführung ist laut. Doch der Präsident will das aussitzen. „Die Angriffe in Belgorod zerstören endgültig den Mythos der Unbesiegbarkeit von Putins Militär", sagt der Politologe Abbas Galljamow. Für viele Russen sei der Glaube an die Stärke russischer Waffen stets das wichtigste Kriegsargument gewesen. Der Machtapparat verliere durch nichts so sehr an Rückhalt wie durch die Unfähigkeit, die Menschen zu schützen, so Galljamow. Putin hingegen lässt durch seinen Sprecher Dmitri Peskow ausrichten, dass die Lage in der Region zwar „alarmierend", aber unter Kontrolle sei. Die Putin-Vertrauten Ramsan Kadyrow, Anführer der Teilrepublik Tschetschenien, und der Chef der Privatarmee Wagner, Jewgeni Prigoschin, fordern eindringlich die Verhängung des Kriegsrechts, um härter durchzugreifen. Sie warnen vor einer Niederlage Russlands in dem Krieg mit zerstörerischen Folgen für das ganze Land (n-tv).
Gefechte in Russlands Grenzregion Belgorod
In der russischen Grenzregion Belgorod sind Stoßtrupps aus der Ukraine zu drei Dörfern vorgedrungen und liefern sich Gefechte mit der russischen Armee. Der nationalistische Geheimdienstveteran Igor Strelkow attestierte, die Ukrainer hätten sich dort verschanzt und wollten ihre Positionen so lange wie möglich halten. Mit solchen Ablenkungsmanövern beginne der Feind seine Gegenoffensive. Die Eindringlinge seien „blockiert und vernichtet“, ihre Reste über die Grenze zurückgeworfen worden, man habe „70 ukrainische Terroristen“ getötet, hieß es aus dem russischen Verteidigungsministerium. Kremlsprecher Dmitri Peskow drückte „große Beunruhigung“ aus. Der Vorstoß habe bestätigt, dass die „ukrainischen Guerilleros ihre Tätigkeit gegen unser Land“ fortsetzten. In der kriegspatriotischen Öffentlichkeit herrscht Unruhe (Frankfurter Rundschau).
Tote nach Raketenangriff auf Kiew - Trümmer werden zum Verhängnis
Bei einem nächtlichen Raketenangriff auf Kiew sind nach ukrainischen Behördenangaben mindestens drei Menschen getötet worden. Der Angriff erfolgte laut Generalstab mit bodengestützten Marschflugkörpern. Demnach können diese zwar abgeschossen werden, doch der Trümmerhagel wurde drei Menschen zum Verhängnis, darunter zwei Kinder (n-tv).
Drohnenangriffe auf Moskau
Russlands Hauptstadt Moskau ist laut Bürgermeister Sobjanin von Drohnen angegriffen worden. Es habe geringfügige Schäden an Gebäuden gegeben. Die Luftabwehr sei aktiv gewesen und einige Drohnen im Anflug auf Moskau abgeschossen Das russische Verteidigungsministerium macht die Ukraine verantwortlich und spricht von einem Terrorangriff (Tagesschau).
Massivster Drohnenangriff auf Ukraine seit Kriegsbeginn
Russland hat jüngst einen der massivsten Drohnenangriffe in der Ukraine durchgeführt. Hauptsächlich galt die Attacke der Hauptstadt Kiew. Der Drohnenangriff habe „in mehreren Wellen" stattgefunden, erklärte die regionale Militäradministration. Nach Angaben der Behörden konnten 52 Drohnen abgeschossen werden. Dennoch geht auch eine Gefahr von abgeschossenen Drohnen aus, die als Trümmer herabfallen (ZDF).
Weitere Berichte
Europa-Gipfel in Moldau – Allianz gegen Russland
47 Staaten gehören der Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG) an, außer Russland und Belarus gehören alle Staaten in Europa . Beim zweiten Gipfel in Moldau geht es erneut um Solidarität mit der Ukraine, auch der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyi ist angereist. Beherrschende Themen des Gipfels sind der Krieg Russlands gegen die Ukraine, die Erweiterung der EU und die verstärkte Zusammenarbeit mit allen übrigen europäischen Staaten außer Russland und des mit ihm verbundenen Belarus (Deutsche Welle).
Ukrainisches Propagandavideo über Gegenoffensive - „Die Stunde ist gekommen"
Seit Wochen wird darüber spekuliert, wann die ukrainische Frühjahrsoffensive startet und wie sie aussehen könnte. Ein am Wochenende veröffentlichtes und viel aufwendig produziertes Propagandavideo mit dem Titel „Gebet für die Befreiung der Ukraine" gibt Hinweise. Oleksij Danilow, Sekretär des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine, sagte am Samstag, die Offensive könne „morgen, übermorgen oder in einer Woche beginnen".
Liste mit mutmaßlichen „Sponsoren" des russischen Angriffskriegs
Die Veröffentlichung einer Liste mit mutmaßlichen "Sponsoren" des russischen Angriffskriegs sorgt in Europa für Aufsehen. Die Liste entstand in einer Abteilung der Anti-Korruptionsbehörde der Ukraine. Aufgelistet sind bisher 26 Unternehmen aus 13 Ländern plus einzelne Personen, die laut ukrainischer Regierung durch ihre Geschäfte in Russland den russischen Angriffskrieg unterstützen. Auch ein deutsches Unternehmen wird darin gelistet (ZDF).
Mai 2023
Mai 2023
26. Mai 2023
Aktuelle Lage
Ukraine und Russland melden Angriffe
Kiew und Moskau melden im Ukraine-Krieg jeweils Angriffe der Gegenseite. Die Ukraine spricht von mehreren Drohnen- und Raketenangriffen, Russland von Attacken auf eigenes Gebiet. (ZDF).
Wagner-Chef meldet Abzug aus Bachmut
Bereits vor einigen Tagen hatte der Chef der Wagner-Truppe angekündigt aus Bachmut abzuziehen und die Kontrolle der russischen Armee zu überlassen. Die Übergabe habe nun begonnen. Das bestätigte auch die Regierung in Kiew. (Tagesschau).
Luftangriffe auf Kiew
Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist in der Nacht wieder aus der Luft angegriffen worden. Alle Drohnenangriffe seien abgewehrt worden, meldet das ukrainische Militär. (ZDF).
Kremlkritische Milizen prahlen mit Einnahme von russischem Grenzdorf
Rund um die russische Stadt Belgorod gab es bis in die Nacht Angriffe – die genauen Umstände sind unklar. Die Wagner-Söldner wollen angeblich Waffen aus Afrika schmuggeln. Und: BND-Analyse zu Putin. Die jüngsten Entwicklungen. (Der Spiegel).
Belgorod: Wie Russen für die Ukraine kämpfen
In die russische Region Belgorod nahe der Ukraine sind Russen eingefallen, die sich gegen den Kreml stellen. Um welche Gruppen es sich handelt und was das Ziel der Aktion ist. (ZDF).
Westliche Kampfjets für die Ukraine?
Kampfjet-Koalition. Luftwaffen-Inspekteur: Deutsche Beteiligung möglich
Westliche Staaten bereiten sich auf die Ausbildung an F-16-Kampfjets und die Lieferung an Kiew vor. Luftwaffen-Inspekteur Gerhartz hält auch einen deutschen Beitrag für möglich. (ZDF).
Weitere Berichte
Medwedew spricht über Aufspaltung der Ukraine
Russlands Ex-Präsident Medwedew ist für krude Einlassungen im Ukrainekrieg bekannt. Nun schlägt er eine Zerschlagung des Landes in einen russischen und einen EU-Teil vor – und droht erneut mit Atomschlägen. (Der Spiegel).
Belarus erlaubt Russland Stationierung von Atomwaffen
Der russische Präsident Wladimir Putin deutete schon vor Wochen eine Stationierung von Nuklearwaffen im benachbarten Belarus an, nun steht die Abmachung. Und Moskaus Verteidigungsminister erhebt neue Vorwürfe gegen den Westen. (Der Spiegel).
Pressefreiheit in Russland: Hohe Haftstrafen für Kritik an Politik
In Russland schweigt man zum Krieg, auch wenn die Menschen ihn ablehnen. Für Kritik gibt es hohe Haftstrafen. Um öffentliche Meinungsäußerungen zu verhindern, verabschiedet das russische Parlament ein Gesetz nach dem anderen. Für Kritik an der Armee kann eine hohe Geldstrafe verhängt werden oder eine Haftstrafe bis zu 15 Jahren. (taz).
Mariupol: Überleben in Ruinen
Vor einem Jahr hat die russische Armee die Stadt Mariupol besetzt. Die dortige Propaganda täuscht eine blühende Stadt vor, viele Bewohner hoffen auf ihre Befreiung. (Die ZEIT).
Russland betreibt offenbar Foltergefängnisse auf der Krim
Seit Beginn der Invasion haben russische Besatzer einem Bericht zufolge Hunderte ukrainische Zivilisten verschleppt. Einige verbringen Monate in geheimen Gefängnissen. (Die ZEIT).
22.Mai 2023
Aktuelle Lage
Bachmut von Russland eingenommen? - Verwirrung um Selenskyjs Aussage
Haben die russischen Truppen die Stadt Bachmut mittlerweile vollständig eingenommen? Der ukrainische Präsident Selenskyj bestreitet das. Russland hatte zuvor die Einnahme vermeldet. Doch eine Aussage Selenskyjs im Vorfeld irritierte. Nach Berichten, Bachmut sei nicht mehr unter ukrainischer Kontrolle, stellt Selenskyj nun klar: Die Stadt sei nicht von Russland erobert. Auf die Frage von Reportern: „Ist Bachmut noch immer in ukrainischer Hand? Die Russen sagen, sie hätten Bachmut eingenommen" antwortete Selenskyj: „Ich denke nicht. Aber Sie müssen verstehen: Es gibt dort nichts, sie haben alles zerstört. Es gibt keine Gebäude. Es ist eine Schande. Es ist eine Tragödie. Aber für heute ist Bachmut nur in unseren Herzen." Später stellte Selenskyj klar: Bachmut stehe nicht unter russischer Kontrolle (Tagesschau).
Moskau verkündet Einnahme von Bachmut - Putin gratuliert Wagner und Armee zur Eroberung von Bachmut
Russland hat die Schlacht um Bachmut für entschieden erklärt und die vollständige Einnahme der Stadt im Osten der Ukraine verkündet. Die Privatarmee Wagner habe Bachmut mithilfe der Luftunterstützung der russischen Streitkräfte komplett erobert, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau laut der Nachrichtenagentur Tass in der Nacht zum Sonntag mit. Der Chef der Wagner-Söldner, Jewgeni Prigoschin hatte zuvor bereits die Einnahme der inzwischen fast völlig zerstörten Stadt verkündet. Von ukrainischer Seite gab es dafür keine Bestätigung (n-tv).
19. Mai 2023
Aktuelle Lage
Erneut landesweite Luftangriffe
Erneut hat es in der Ukraine landesweiten Luftalarm gegeben. Die Hauptstadt Kiew und andere Regionen wurden mit Drohnen und Raketen angegriffen. Auch auf Odessa erfolgte ein schwerer Raketenangriff. Indes konnten die ukrainischen Truppen laut eigenen Angaben im Raum Bachmut weitere Geländegewinne erzielen. „Es gelang innerhalb eines Tages, zwischen 150 und 1700 Metern voranzukommen“, erklärte der Sprecher der Armeegruppe Ost, Serhij Tscherewatyj (Tagesschau).
Zug auf Krim nach Explosion entgleist – Anschlag hat Folgen für russische Flotte
Bei einem mutmaßlichen Anschlag wurde eine wichtige Bahnstrecke auf der annektierten ukrainischen Halbinsel Krim lahmgelegt. Dies hat nach Einschätzung britischer Geheimdienste auch Folgen für die russische Schwarzmeerflotte. Es handele sich um die einzige Zugverbindung in den Hafen von Sewastopol, wo die Flotte stationiert sei, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Die Halbinsel spiele weiter eine wichtige psychologische und logistische Rolle bei der Ermöglichung des russischen Krieges in der Ukraine (n-tv).
Wie Kiew versucht, den russischen Raketen zu trotzen
Offenbar gelingt es der Ukraine immer häufiger, die russischen Angriffe abzuwehren. Es soll der ukrainischen Luftabwehr auch gelungen sein, russische Hyperschallraketen abzuschießen. Mit 18 Raketen unterschiedlicher Art hat Russland aus dem Norden, Süden und Osten angegriffen. Es ist bereits der achte massive Raketenangriff seit Anfang Mai (Tagesschau).
Kiew meldet massiven Luftangriff
Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist ukrainischen Angaben zufolge Ziel eines massiven Angriffs aus der Luft geworden. Die russischen Streitkräfte hätten Kiew mit Drohnen, Raketen und Marschflugkörpern überzogen, außergewöhnlich in Anzahl und Dichte. Die massiven russischen Angriffe erfolgten einen Tag nach der Rückkehr des ukrainischen Präsidenten Selenskyj von einer Rundreise, die ihn nach Italien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien geführt hatte (n-tv).
Russische Soldaten berichten von Chaos an der Front in Bachmut
Über das Wochenende haben ukrainische Truppen an den Flanken der umkämpften Stadt Bachmut weitere Erfolge erzielt, teilte der Befehlshaber der ukrainischen Bodentruppen, Oleksandr Syrskyj, mit. Die russischen Truppen vor Ort würden indessen berichten, dass die ukrainischen Einheiten in vielen Bereichen überlegen seien. In den russischen Reihen rund um Bachmut herrsche Chaos. Funktionierende Kommandostrukturen gebe es kaum, teilweise würden Rekruten in Blitzaktionen ohne klare Befehle an die Front verlegt, um Löcher in der Verteidigung zu schließen. Stellenweise hätten Wagner-Soldaten das Kommando über die frischen Truppen übernommen und diese schlecht behandelt. Einige Kämpfer würden auch desertieren und fliehen (Tagesspiegel).
Weitere Berichte
G7 bestehen auf einem vollständigen Abzug Russlands
Auf dem G7-Gipfel haben die führenden sieben Industriestaaten Russland aufgefordert, seine Truppen aus der Ukraine vollständig abzuziehen. Zugleich betonten die G7-Staats- und Regierungschefs, dass sie die Ukraine auch im kommenden Jahr finanziell unterstützen werden. Ferner sollen weitere Sanktionen gegen Russland verhängt werden. Erneut verurteilten sie die russischen Drohungen zum Einsatz von Atomwaffen und die Stationierung von Atomwaffen in Belarus (Deutschlandfunk).
Gipfeltreffen in Reykjavik – Europarat beschließt Register für Kriegsschäden
Die 46 Länder des Europarats haben die Einrichtung eines Registers zur Erfassung von Kriegsschäden in der Ukraine beschlossen. In diesem Register sollen alle von Russland in der Ukraine verursachten Schäden festgehalten werden, heißt es in der Gipfelerklärung. Ein erster Schritt auf dem Weg für mögliche Entschädigungszahlungen. Bundeskanzler Scholz forderte zudem eine konsequente Ahndung russischer Kriegsverbrechen (Tagesschau).
Getreideabkommen für zwei Monate verlängert
Kurz vor Ablauf ist das Getreideabkommen zwischen Moskau und Kiew verlängert worden. Russland hat der Verlängerung einer Vereinbarung zugestimmt, die es der Ukraine ermöglicht, Getreide über das Schwarze Meer zu exportieren. Dank der Bemühungen seines Landes sei es gelungen, die Schwarzmeer-Getreide-Initiative um weitere zwei Monate zu verlängern, gab der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bekannt. Russland hat in den vergangenen Monaten immer wieder damit gedroht, das Abkommen platzen zu lassen (ZDF).
Großbritannien und Niederlande planen Kampfjet-Koalition
Großbritannien und die Niederlande planen offenbar, eine internationale Kampfjet-Koalition aufzubauen, um die Ukraine mit Kampfflugzeugen zu beliefern. „Der Premierminister (Rishi Sunak) und der niederländische Ministerpräsident (Mark) Rutte vereinbarten, eine internationale Koalition zu bilden, um die Ukraine mit Luftkampfressourcen auszustatten, von der Ausbildung bis zur Beschaffung von F16-Jets“, so ein britischer Regierungssprecher. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj begrüßte die Bemühungen der beiden Länder. Er hatte in den vergangenen Tagen bei Besuchen in Italien, Deutschland, Frankreich und Großbritannien um neue Militärhilfe und um Unterstützung beim Aufbau einer „Kampfjet-Koalition“ geworben (Tagesschau).
Ukrainischer Geheimdienst: Rund 400.000 Russen im Einsatz in der Ukraine
In der Ukraine sind nach Schätzungen des Militärgeheimdienstes gegenwärtig rund 400.000 Russen im Einsatz. Die rein militärische Komponente bestehe aus rund 370.000 Soldaten, so Geheimdienstchef Kyrylo Budanow. Dazu kämen noch etwa 20.000 Angehörige der Russischen Garde, einer paramilitärischen Eliteeinheit der Russischen Föderation. Private Gruppierungen stellten weitere knapp 7.000 Kämpfer. Zu Letzteren gehöre etwa die Söldnertruppe Wagner unter ihrem Anführer Jewgenij Prigoschin. Die russischen Streitkräfte verfügten gegenwärtig nicht über genügend Personal, um großangelegte Offensiven zu führen. Vielmehr bereiteten sie sich auf die Verteidigung eroberter Gebiete vor (Zeit).
12. Mai 2023
Aktuelle Lage
Ukrainische Armee rückt in Bachmut vor
Die ukrainische Armee habe die russischen Truppen bei Bachmut stellenweise weit zurückgedrängt. „Wir führen dort effektive Gegenangriffe”, teilte der ukrainische Heereskommandeur Olexander Syrskyj mit. An einigen Frontabschnitten seien die russischen Truppen um bis zu zwei Kilometer zurückgewichen. Nach Syrskyjs Darstellung sind die bei Bachmut eingesetzten Wagner-Kampfverbände an einigen Abschnitten durch reguläre russische Armee-Einheiten ersetzt worden. Diese weniger gut ausgebildeten Einheiten seien nun geschlagen worden, so Syrskyj. Die Schlacht um Bachmut gehe allerdings weiter (Tagesschau).
So dünn sind die russischen Linien an der Front besetzt
Seit Monaten versuchen sich die russischen Truppen auf die ukrainischen Gegenoffensiven vorzubereiten, indem sie Verteidigungslinien entlang der gesamten Frontlinie errichten und ausbauen. Sie bestehen aus Schützengräben und Befestigungsanlagen, die sich über mehrere Zonen in die Tiefe erstrecken. Doch die russischen Streitkräfte können sie vermutlich kaum oder nur sehr dünn besetzen. Wenn sie nicht genau wissen, wo die Ukraine zuschlägt, haben sie kaum eine Chance, die Angriffe abzuwehren, vermuten Experten (n-tv).
Ukrainische Offensive: Längst im Gange - nur nicht wie erwartet?
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat jüngst wiederholt erklärt, das Ziel sei es, völkerrechtswidrig annektierten Gebiete wieder sämtlich zurüchzuerobern, auch die Krim. Auch viele Experten vermuten, die Ukraine werde militärisch versuchen, ans Schwarze Meer vorzustoßen und die russisch besetzte Halbinsel zu isolieren. Wie genau kann eine solche Offensive aussehen und hat sie etwa schon begonnen? Wenn westliche Militäranalysten über eine mögliche ukrainische Frühjahrsoffensive sprechen, beginnen sie häufig mit der Aufforderung, sich von überholten Bildern aus dem Zweiten Weltkrieg zu lösen. Mit einem breiten ukrainischen Vorstoß auf der gesamten Länge der mehr als eintausend Kilometer langen Front sei nicht zu rechnen. Dazu sei die ukrainische Armee nicht in der Lage. Eine Offensive beginne auch nicht mehr mit dem Angriff gepanzerter Einheiten, die Frontabschnitte durchbrächen. Solche Entwicklungen stünden heute eher am Ende einer Offensive und nicht an deren Beginn. Vorbereitende Maßnahmen wie Artilleriebeschuss oder Drohnenangriffe auf die militärische Logistik des Gegners wie Nachschubwege oder Treibstofflager, wie es die Ukraine bereits praktiziere, seien zunächst angesagt (BR).
9. Mai 2023
Gedenken an Weltkriegsende im Zeichen des Ukrainekrieges
Welche Bedeutung der 9. Mai in Russland und in der Ukraine hat
Der 9. Mai wird in Russland als „Tag des Sieges“ der Sowjetunion über Nazi-Deutschland gefeiert. Doch der Staat konstruiert Heldengeschichten, statt an Leid zu erinnern. Auch in der Ukraine hat der 9. Mai eine sehr wechselhafte Geschichte hinter sich. Welche Bedeutung hat der Tag heute? Wie wird der aktuelle Krieg eingeordnet? (Deutschlandfunk).
Putin: „Gegen unser Vaterland wird ein echter Krieg geführt”
Anlässlich des Sieges der Roten Armee über Nazi-Deutschland hält Präsident Putin auf der traditionellen Militärparade in Moskau in seiner Rede der „westlichen Elite” einmal mehr Russophobie vorgeworfen und sein Land im aktuellen Krieg gegen die Ukraine als Opfer dargestellt. „Heute befindet sich die Zivilisation erneut an einem entscheidenden Wendepunkt”, sagte er vor Tausenden Soldaten auf dem Roten Platz. „Gegen unser Vaterland wird ein echter Krieg geführt”, fügte er mit Blick auf die Kämpfe gegen die Ukraine hinzu, die er vor mehr als einem Jahr selbst angeordnet hatte (n-tv).
„Tag des Sieges" - Das etwas andere Gedenken in Russland
Der Gedenkmarsch des „Unsterblichen Regiments" zum 9. Mai fällt in diesem Jahr aus. Die ursprüngliche Idee dieses Marsches ist es, die Erinnerung an die russischen Soldaten wach zu halten, die im Zweiten Weltkrieg gekämpft und gelitten hatten. Die Menschen waren aufgerufen, mit Fotos von Gefallenen auf die Straße zu gehen. In den vergangenen Jahren waren vereinzelt auch Fotos von Menschen zu sehen, die in der Ukraine gefallen sind. In diesem Jahr wären angesichts der Verluste in der Ukraine vermutlich deutlich mehr solcher Fotos zu sehen gewesen. Der Marsch wird jedoch nicht stattfinden. Stattdessen sollen die Leute Fotos ihrer Angehörigen in Autofenster kleben oder sich an die Kleidung heften, „aus Sicherheitsgründen", so die Ko-Vorsitzende des Zentralstabs der Bewegung, Jelena Zunajewa (Tagesschau).
9. Mai in der Ukraine - Im Herzen ein Riss
In der Ukraine wird am 8. Mai an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert - ein Zeichen, sich von kommunistischen Ritualen zu lösen. Für viele Menschen hat der 9. Mai - der „Tag des Sieges” - weiterhin eine große Bedeutung. Der 9. Mai ist in diesem Jahr zum ersten Mal auch „Europatag”, der zuvor an jedem dritten Samstag im Mai begangen wurde. Gefeiert werde die Einheit der Europäer, die den Nazismus vernichtet hätten und Russland besiegen würden, so Präsident Selenskyj ((Tagesschau).
Weltkriegsgedenken im Schatten des Kriegs in der Ukraine
An vielen Orten in Deutschland wurde an das Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa 1945 erinnert. Bundeskanzler Olaf Scholz nahm den 8. Mai zum Anlass, um zur Verteidigung des Rechtsstaats aufzurufen. „Wir leben heute in Freiheit, weil andere für unsere Freiheit gekämpft haben”, erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Deutsche Welle).
Aktuelle Lage
Russland startet neue Angriffswelle gegen Ukraine
Kurz vor der erwarteten Gegenoffensive der Ukrainer verschärft Russland erneut seine Angriffe in mehreren Regionen. Die Rede ist von großangelegten Luftangriffen auf Kiew und die gesamte Ukraine. Neben erneuten Luftangriffen auf die Hauptstadt standen acht weitere Orte in der Region Sumy im Nordosten nach Militärangaben ebenfalls unter verstärktem russischen Beschuss. In der Region Cherson und in der Region Saporischschja waren laut Medienberichten Explosionen zu hören, in Odessa geriet laut offiziellen Angaben ein Lebensmittellager nach russischen Beschuss in Brand (n-tv).
Wagner-Truppe kämpft nun doch weiter in Bachmut
Der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat verkündet, seine Einheiten doch nicht aus Bachmut abziehen zu wollen. Aus Moskau seien ihm die notwendigen Waffen und Munition versprochen worden, teilte er mit. Zudem sei ihm Flankenschutz zugesichert worden, damit seine Einheiten nicht Gefahr liefen, eingekesselt zu werden, sagte Prigoschin (Tagesschau).
5. Mai 2023
Drohnenangriffe auf russische Öllager
Angriff und Sabotage – Ukraine nimmt russische Öllager ins Visier
Die Ukraine greift vermehrt Treibstoffdepots nahe der Frontlinie an, um die Mobilität der russischen Truppen einzuschränken und ihre Großoffensive vorzubereiten. Damit versucht das ukrainische Militär, die Manövrierfähigkeit der russischen Streitkräfte einzuschränken, indem sie ihre Treibstoffvorräte dezimiert. Bereits am 29. April geriet ein großes russisches Öllager in Sewastopol auf der besetzten Halbinsel Krim in Brand. Eine weitere große Öleinrichtung wurde am 3. Mai in der russischen Region Krasnodar in der Nähe des Asowschen Meeres getroffen. Diese Angriffe zeigen, dass die Ukraine in der Lage ist, das gesamte Gebiet der Krim mit unbemannten Flugzeugen zu erreichen und anzugreifen, auch die Region Krasnodar liegt für sie in Reichweite (ZDF).
Nahe Krim-Brücke: Brand in russischem Treibstofflager
In einem Öldepot in der russischen Region Krasnodar östlich der Halbinsel Krim ist ein Feuer ausgebrochen. Tote und Verletzte habe es nicht gegeben, so der örtliche Gouverneur. Russische Medien berichteten von einem Drohnenangriff, der das Feuer ausgelöst haben soll. Am Rande der Siedlung Wolna liegt ein großes Umschlagterminal für Öl und Ölprodukte, die über das Schwarze Meer verschifft werden. Medienberichten zufolge sollen 20.000 Kubikmetern Treibstoff in Brand geraten sein (ZDF).
Drohnenangriff auf Krim gehörte laut Kiew zur Vorbereitung der Frühjahrsoffensive
Mit einer großangelegten Frühjahrsoffensive will die Ukraine besetzte Gebiete im Süden des Landes zurückerobern. Die Drohnenattacken auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim würden der Vorbereitung auf den geplanten Gegenangriff dienen. „Die Unterwanderung der feindlichen Logistik ist eines der Vorbereitungselemente für die mächtigen Aktivhandlungen unserer Verteidigungskräfte, über die wir schon seit Langem sprechen“, so die Pressesprecherin des Südkommandos der ukrainischen Armee, Natalija Humenjuk (Spiegel).
Drohnenangriff auf Kreml
Drohnenangriff auf Kreml
Nach dem möglichen Drohnenangriff auf den Kreml gibt es gegenseitige Schuldzuweisungen. Im Interview erklärt Militärexperte Loss, was für die verschiedenen Theorien spricht – und was dagegen (Tagesschau).
Drohnen über Regierungssitz – Ziel war „den Kreml zu blamieren”
Militärexperte Nico Lange erklärt, weshalb der Angriff vermutlich ein symbolischer Akt war und welche Auswirkungen die Aktion auf das Kriegsgeschehen in der Ukraine haben könnte (ZDF).
Weißes Haus: Vorwurf zu Drohnen-Attacke ist „lächerlich“
Russland sieht die Drahtzieher des Drohnenangriffs auf den Kreml in den USA. Das sei aber sehr unwahrscheinlich, schätzen Experten einer US-Denkfrabrik. Die US-Regierung spricht schlicht von einer Lüge und hat den Vorwurf Russlands, hinter dem angeblichen Drohnen-Anschlag auf den Kreml zu stecken, als „lächerlich“ zurückgewiesen. Die Vereinigten Staaten hätten nichts damit zu tun. Zuvor hatte Peskow ohne Nennung von Beweisen gesagt: „Wir wissen, dass die Entscheidung über solche Handlungen und Terrorakte nicht in Kiew getroffen wird, sondern in Washington. Und Kiew führt aus, was ihnen gesagt wird“ (Badsche Zeitung).
Kampf um Bachmut
Prigoschin droht mit Wagner-Rückzug aus Bachmut für den 10. Mai
Jewgeni Prigoschin, der Chef der russischen Söldner-Gruppe Wagner, hat einen Rückzug seiner Truppen aus der seit Monaten umkämpften Stadt Bachmut im Osten der Ukraine angedroht. Grund sei der mangelhafte Nachschub an Munition, an dem das Verteidigungsministerium in Moskau schuld sei, teilte Prigoschin am Freitag mit. Seine Söldner-Truppe bereite sich darauf vor, sich am 10. Mai in Nachschublager zurückzuziehen und ihre Stellungen an die russische Armee zu übergeben (Tagesspiegel).
Prigoschin wütet vor Wagner-Leichen in Bachmut gegen russische Militärführung
Ein neues Video des Chefs der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, hat für eine weitere Eskalation innerhalb Russlands gesorgt. Prigoschin steht in abendlicher Dunkelheit vor den Leichen von rund 30 getöteten Wagner-Kämpfern, die, wie er sagt, im Laufe des Tages gefallen seien. In einer Wutrede attackiert er mit zahlreichen Beleidigungen die russische Militärführung in Moskau. An ihrem Tod trügen jene Schuld, die der Wagner-Gruppe Munition verweigern würden. Es fehlten etwa 70 Prozent der Munition, die seine Kämpfer eigentlich bräuchten (n-tv).
USA: Seit Dezember über 20.000 gefallene Russen in Bachmut
Nach Schätzung von US-Geheimdiensten sind bei Kämpfen um die ostukrainische Stadt Bachmut auf russischer Seite seit Dezember mehr als 20.000 Soldaten getötet worden. Bei etwa der Hälfte von ihnen handle es sich um Soldaten der russischen Söldnertruppe Wagner, sagte der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby, in Washington. Die meisten seien russische Strafgefangene gewesen, die ohne ausreichende Kampf- oder Gefechtsausbildung in den Krieg geschickt worden seien. US-Geheimdienste schätzen die Ausfälle durch Tod und Verletzung insgesamt auf über 100.000 (n-tv).
Weitere Berichte
Verschleppung ukrainischer Kinder ist laut OSZE Kriegsverbrechen
Russland wird von ukrainischer Seite vorgeworfen, bis zu 19.000 ukrainische Kinder verschleppt zu haben. Laut einer Untersuchung im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat Russland durch die Verschleppung von ukrainischen Kindern Kriegsverbrechen begangen. In dem am Donnerstag vorgestelltem Abschlussbericht hieß es außerdem, dass Deportationen nach Russland und in russisch kontrollierte Gebiete möglicherweise auch als Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu werten seien (Focus).
2. Ma 2023
Ukrainische Gegenoffensive – Russland beschießt wichtige Orte
Raketenangriffe am Wochenende – Russland beschießt wichtige Orte der ukraininischen Gegenoffensive
Laut Analysten richtet sich der massive russische Beschuss am Wochenende gegen strategisch wichtige Orte für die erwartete ukrainische Gegenoffensive, etwa Waffendepots (Deutschlandfunk).
Britischer Geheimdienst: Russland bereitet sich auf Gegenoffensive vor
Russland erwartet eine baldige Gegenoffensive der Ukraine. Laut britischem Geheimdienst werden Verteidigungsanlagen gebaut, um einen Durchbruch der Ukraine zu verhindern. Der Geheimdienst nannte zwei mögliche Begründungen für die Defensivanlagen. Die Abwehranlagen würden die tiefe Besorgnis der russischen Führung unterstreichen, dass die Ukraine einen großen Durchbruch erzielen könnte. „Einige Arbeiten wurden aber wahrscheinlich von lokalen Kommandeuren und Politikern in Auftrag gegeben, um die offizielle Linie zu unterstützen, dass Russland von der Ukraine und der Nato 'bedroht' wird", hieß es weiter (ZDF).
April 2023
April 2023
28. April 2023
Heftige russische Raketenangriffe auf ukrainische Städte
Selenskyj spricht von „Nacht des Terrors“
In der Nacht sind Kiew und andere ukrainische Städte mit Raketen beschossen worden. Auch Wohngebäude wurden getroffen. Mehrere Menschen starben. Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach von einer „Nacht des Terrors“. (Tagesschau).
Russischer Raketenbeschuss trifft vor allem Zivilisten
Russland beschießt die Ukraine in der Nacht erneut mit Raketen. Der Angriff richtet sich vor allem gegen Zivilisten - und zeigt, wie wichtig eine funktionierende Flugabwehr für das Land ist. (Süddeutsche Zeitung).
Tod im Morgengrauen
Russische Truppen nehmen mehrere Regionen in der Ukraine unter Beschuss – darunter auch den Großraum Kyjiw. Unter den Opfern sind mindestens zwei Kinder. (taz).
Kampf um das Atomkraftwerk in Saporischja
Britischer Geheimdienst warnt: Russen bereiten sich auf Kämpfe um AKW vor
Russland hat am AKW Saporischschja wohl Verteidigungsanlagen errichtet - direkt auf dem Dach der Reaktoren. Offenbar rechnen die Besatzer mit einem baldigen Kampf um das Kraftwerk. (ZDF).
Kampf ums Atomkraftwerk
Russland hält das AKW Saporischschja weiterhin besetzt und errichtet dort Stellungen gegen eine ukrainische Offensive. Wie gefährlich sind Gefechte nah an den Reaktoren? (Die ZEIT).
Telefonat zwischen Selenskyj und Xi
Erstes Telefonat zwischen den Präsidenten der Ukraine und Chinas
Erstmals seit Kriegsbeginn in der Ukraine haben deren Präsident Selenskyj und Chinas Staatschef Xi telefoniert. China versicherte, sich für Frieden einsetzen zu wollen. Dafür solle ein Sondergesandter in die Ukraine reisen. (Tagesschau).
Selenskyj will Chinas Einfluss für die Ukraine nutzen
Der ukrainische Präsident hat mit Chinas Staatschef Xi telefoniert und ein positives Fazit gezogen. Die Ukraine soll rechtzeitig alle Waffen für ihre Offensive bekommen. Und: Wagner-Chef Prigoschin wittert Verrat. Die jüngsten Entwicklungen. (Der Spiegel).
Wie Russland neue Soldaten rekrutiert
Im Krieg statt an den Arbeitsplatz?
Der Anteil junger Arbeitnehmer in Russland ist so gering wie seit den neunziger Jahren nicht mehr. Der Krieg in der Ukraine ist ein Grund – aber nicht der einzige. (ZDF).
Wie Russland um Soldaten wirbt: „Du bist doch ein Kerl!“
Mit Chauvinismus und finanziellen Wohltaten versucht Putin, Männer für den Krieg zu gewinnen. Dafür werden extra Anlaufstellen eingerichtet.(taz).
Europäische Konzerne machen weiterhin Geschäfte mit Russland
Im Kern von Russland abhängig
Trotz des Krieges bleibt Russlands Atombranche von Sanktionen unberührt. Europäische Konzerne und ganze Staaten halten an der Kooperation fest. Auch Siemens Energy. (Die ZEIT).
Wie weit ist der deutsche Konzern Wintershall Dea in die russische Kriegsmaschinerie verstrickt?
Diese Frage rückt angesichts aktueller Recherchen von ZDF frontal erneut in den Fokus. Denn neue Hinweise erhärten den Verdacht, dass Wintershall Dea über seine russischen Beteiligungen Rohstoff lieferte zur Produktion von militärischem Treibstoff, den Russland in seinem Angriffskrieg gegen die Ukraine nutzen kann. (ZDF).
Zieht Putin Belarus in den Konflikt hinein?
Belarus: Angst vor Kriegseintritt nimmt zu
Wird Belarus in Russlands Krieg gegen die Ukraine hineingezogen? Die Militärübungen für Tausende belarussische Männer schüren Ängste in der Bevölkerung. Widerstand formiert sich. (ZDF).
Ukrainischer Präsident warnt vor Erpressung mit nuklearen Katastrophen
Am Jahrestag des Tschernobyl-Unfalls droht der Kreml erneut mit Nuklearwaffen, diesmal im Nachbarland Belarus. Kiew fordert derweil die Weltgemeinschaft auf, sich nicht von Russland einschüchtern zu lassen. (Der Spiegel).
Weitere Berichte
Moskau droht mit Aus für Getreideabkommen
Schon mehrmals wurde das Getreideabkommen verlängert. Doch Mitte Mai könnte Schluss sein. Russland droht mit dem Aus des wichtigen Export-Deals – und gibt der angegriffenen Ukraine die Schuld. (Tagesschau).
China betont Souveränität der Ukraine
Der chinesische Botschafter in Frankreich hatte international Empörung hervorgerufen: Ex-Sowjetrepubliken seien nicht zwingend souverän, so seine Aussage. Chinas Außenministerium ruderte nun indirekt zurück. (Tagesschau).
25. April 2023
Geopolitische Dimension des Ukraine-Krieges
Lawrow im UN-Sicherheitsrat: „Ukraine-Frage nicht losgelöst von Geopolitik”
Russland hat in diesem Monat turnusgemäß den Vorsitz im UN-Sicherheitsrat. Der russische Außenminister Sergej Lawrow sagte bei seinem Auftritt bei der Sitzung in New York, die NATO habe die Sicherheit Russlands in der Region über Jahre bedroht: „Es geht darum, wie die internationalen Beziehungen künftig gestaltet werden: Indem ein solider Konsens auf der Grundlage von Interessenabwägungen hergestellt wird oder indem die Vormachtstellung Washingtons aggressiv und sprunghaft vorangetrieben wird. Wir können die Ukraine-Frage nicht losgelöst vom geopolitischen Kontext betrachten. ” Zuvor hatte UN-Generalsekretär Antonio Guterres davor gewarnt, dass das multilaterale System stark unter Druck stehe. Die Spannungen zwischen den Großmächten seien auf einem historischen Höhepunkt. Auch das Risiko, dass der Ukraine-Konflikt durch Unfälle oder Fehleinschätzungen eskalieren könnte (Tagesschau).
Medwedew warnt vor Unterschätzung der Atommacht Russland
Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew hat den Westen einmal mehr davor gewarnt, Russlands Bereitschaft zu einem Einsatz seiner Atomwaffen im Ernstfall zu unterschätzen. Russland sehe sich in einem nicht offiziell erklärten Krieg mit dem Westen. Die Atomwaffen seien nicht nur Schutz, sie seien auch die Sicherheit vor einer von den USA beabsichtigten Zerstückelung Russlands in Einzelstaaten. Medwedew sieht den Planeten zudem am Rande eines Dritten Weltkrieges. „Was der letzte Tropfen sein wird, was ihn triggert, kann ich nicht sagen. Aber in einem bestimmten Moment kann es passieren”, sagte er (Handelsblatt).
Warum will China nicht, dass Russland den Krieg in der Ukraine verliert?
Der ehemalige deutsche Botschafter in China Volker Stanzel spricht im Interview über den zunehmenden Schulterschluss zwischen Russland und China. Das derzeitige Verhältnis zwischen China und Russland sei für beide Seiten attraktiv: Sie profitierten voneinander, ohne ein mit Pflichten verbundenes Bündnis etwa nach dem Vorbild der Nato einzugehen. Eine solche Bindung würde beide Seiten überfordern. Aber so bekomme China billige Rohstoffe aus Russland, und Moskau habe Einnahmen, um den Krieg zu finanzieren. Chinas einzige Sorge sei ein Friedensschluss, der Russland mittelfristig wieder an den Westen heranführe. Verliere Russland jedoch den Krieg gegen die Ukraine, werde seine Abhängigkeit von China weiter zunehmen. Gewinne Russland den Krieg, bleibe es ein Aussätziger in der Weltgemeinschaft und ebenfalls von China abhängig (RND).
21. April 2023
Die Lage an der Front – In Erwartung der ukrainischen Frühjahrsoffensive
Wie die Ukraine ihre Gegenoffensive vorbereitet
Wie sieht es mit der kommenden Offensive der Ukraine aus? „Vor allem ist es wichtig zu betonen: Es wird kein letzter, alles entscheidender Gegenangriff sein”, warnt der ehemalige Kampfpilot Melnyk. „Was ich mir vorstellen kann, ist ein Durchbruch maximal rund 30 Kilometer in die Tiefe. Am allerwichtigsten ist ja, dass dort, wo dieser erfolgt, die Flanken ausreichend gesichert sind.“ Ein wichtiger Faktor sei das Wetter. In diesem Jahr erlebt die Ukraine ein ungewöhnlich nasses Frühjahr. Die ukrainischen Truppen müssten auf trockenen Boden warten (n-tv).
Ukraine in Bachmut unter Druck – So will Russland die Gegenoffensive abwehren
Während Russland in Bachmut unerbittlichen Druck macht, bereitet der Kreml die Abwehr der ukrainischen Gegenoffensive vor. Die Truppen der Söldnergruppe Wagner rücken ungeachtet extrem hoher Verluste weiter in Bachmut vor. Die russischen Streitkräfte besetzen mittlerweile den größten Teil des Stadtzentrums, einschließlich eines Bahnhofs sowie eine Reihe anderer öffentlicher Gebäude. Den ukrainischen Soldaten in der Stadt ist es bislang gelungen, eine Einkesselung zu vermeiden – stattdessen ziehen sie sich offenbar allmählich und kämpfend zurück. Neben ihren Angriffen im Donbass haben die Russen ihre intensiven Befestigungsarbeiten in den Regionen Saporischschja und Luhansk fortgesetzt, offenbar in Vorbereitung auf die bevorstehende ukrainische Gegenoffensive. Auch auf der Krim trifft Moskau dazu Vorbereitungen (ZDF).
„Winteroffensive Russlands war nicht erfolgreich“
„Die Winteroffensive Russlands war nicht erfolgreich“, fasst der Verteidigungsexperte Nico Lange im Interview zusammen. Russland habe trotz enormen monatelangen Aufwands große Mühe, selbst kleinere Städte wie Bachmut und Awdijiwka einzunehmen. Die Ukraine habe nun im Frühjahr hingegen gute Chancen, mit einer Gegenoffensive die aktuelle Frontlinie zu durchbrechen und weitere Gebiete zu befreien, so Lange, sofern es den ukrainischen Einheiten gelinge, sich weiter mit den unterschiedlichen, aus dem Westen gelieferten Waffensystemen vertraut zu machen und diese aufeinander abgestimmt gleichzeitig zum wirkungsvollen Einsatz zu bringen (Tagesschau).
USA: Zweifel an Erfolg der Ukraine-Offensive?
Aus den im Internet veröffentlichten geheimen US-Dokumenten geht hervor, dass die USA mit nur „bescheidenen Gebietsgewinnen“ der Ukraine rechnet. Große Erfolge würden ausbleiben. Laut einem Bericht der „Washington Post“ über das Datenleck geheimer US-Dokumente bezweifeln die USA, dass die erwartete Frühjahrsoffensive der Ukraine große Erfolge bringen wird. Demnach könnte das ukrainische Militär die ursprünglichen Pläne zur Rückeroberung von Russland besetzter Gebiete diesen Papieren zufolge „weit verfehlen“. Grund seien demnach die Schwierigkeiten Kiews bei der Aufstockung von Truppen, Munition und Ausrüstung (ZDF).
EU-Beitrittsperspektive für die Ukraine
Stoltenberg-Besuch in Kiew: „Ukraines rechtmäßiger Platz ist in der NATO“
Bei seinem überraschenden Besuch in Kiew hat NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg der Ukraine weitere Unterstützung bei ihren Bemühungen um einen Beitritt zum Militärbündnis versprochen. Er verwies auf ein bereits Anfang April angekündigtes Unterstützungsprogramm für den Weg zur geplanten NATO-Mitgliedschaft der Ukraine. Es sei „ein Beleg für das langfristige Engagement der NATO in der Ukraine“ sagte Stoltenberg. Der Kreml bekräftigte indes, dass eines der Hauptziele der russischen Invasion weiterhin sei, einen ukrainischen NATO-Beitritt zu verhindern (Tagesschau).
Kein NATO-Beitritt während des Krieges
Solange der Krieg noch läuft, wird es für die Ukraine keine Möglichkeit geben, der NATO beizutreten. NATO-Generalsekretär Stoltenberg hat sich jedoch dahingehend geäußert, der Ukraine auf dem NATO-Gipfel im Juli in Litauen etwas anbieten zu wollen, beispielsweise Sicherheitsgarantien auf dem Weg in die NATO (ZDF).
Weitere Informationen und Hintergründe in unserem NATO-Dossier
Weitere Berichte
NATO-Treffen in Ramstein – Stoltenberg will über Kampfjets für Kiew reden
Nach dem Besuch von NATO-Generalsekretär Stoltenberg in Kiew ist ein Treffen der Verteidigungsminister der Ukraine-Unterstützer auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein angesetzt, um nächste Schritte zu besprechen. Stoltenberg betonte, dass er weitere Waffenlieferungen – auch Kampfjets – für wichtig hält. Es gehe darum, dass Kiew den Sieg erringt (n-tv).
Journalismus in der Ukraine – Kein Zugang mehr zu „roten Zonen”
Neue Vorgaben der ukrainischen Militärführung erschweren Journalisten den Zugang zu bestimmten Frontgebieten. So wurden die Frontgebiete in Zonen aufgeteilt und mit Ampelfarben gekennzeichnet. In der „grünen Zone“ können sich Journalisten nach wie vor frei bewegen. In „gelbe Zonen“ kommen Journalisten nur in Begleitung von Presseoffizieren. Gebiete, die in einer „roten Zone“ liegen, sind für Berichterstatter komplett gesperrt. Grund für die Verbote sei, „dass die Arbeit der Journalisten die Kämpfe und die Sicherheit der Soldaten, der lokalen Bevölkerung und der Journalisten selbst negativ beeinflussen kann“, so Bohdan Senyk vom Generalstab der ukrainischen Streitkräfte (Tagesschau).
13. April 2023
Geheime US-Dokumente zum Ukraine-Krieg - Daten-Leak im Pentagon
Pentagon-Maulwurf drohen zehn Jahre Haft
Auf der Suche nach dem Urheber des massiven Geheimdienst-Datenlecks scheinen US-Ermittler die undichte Stelle gefunden zu haben. Die Bundespolizei FBI nahm im Bundesstaat Massachusetts am Donnerstag einen 21 Jahre alten Angehörigen des US-Militärs fest. Die Ermittler schätzen ihn. nicht als ukrainischen oder russischen Agenten ein. Der Festgenommene wollte in seiner Gamer-Chatgruppe wohl mit seinem Geheimwissen prahlen. Nun drohen ihm zehn Jahre Haft (n-tv).
„Washington Post“: Mitarbeiter von Militärbasis soll für Leak von Geheimdokumenten verantwortlich sein
Nach dem Durchsickern geheimer Dokumente aus US-Behörden gibt es nach einem Medienbericht der „Washington Post“ nun Hinweise auf den Verantwortlichen. Es handle sich offenbar um einen jungen Mann, der auf einer amerikanischen Militärbasis gearbeitet habe. Die brisanten Unterlagen soll er demnach zunächst als Abschriften und später dann als Fotos in einer Chatgruppe auf der Plattform Discord geteilt haben. Die Gruppe sei im Jahr 2020 während der Corona-Pandemie gegründet worden, die mehr als 20 Mitglieder teilten demnach eine Vorliebe für Waffen, Militärausrüstung sowie ihren Glauben an Gott (Deutschlandfunk).
Geleakte Geheimpapiere: Was machen NATO-Spezialkräfte in der Ukraine?
Eine detaillierte Aufstellung in den geleakten US-Dokumenten zeigt, dass sich offenbar auch westliche Spezialkräfte in der Ukraine befinden. Dabei soll es sich um etwa 100 westliche Soldaten aus 5 NATO-Staaten handeln. Neben Lettland hat auch die USA eine kleine Militärpräsenz im Kriegsgebiet bestätigt. Was machen die Spezialkräfte dort? (RND).
Washington zeigt sich besorgt - Ukraine ändert offenbar Militärstrategie nach US-Leak
Im Internet zirkulieren seit einigen Tagen mutmaßlich geheime US-Dokumente. Washington prüft noch die Echtheit des Leaks, die Dokumente scheinen „sensibles und streng geheimes Material zu enthalten”, zeigt sich das Verteidigungsministerium besorgt. Die Ukraine hat laut einem Medienbericht aufgrund der veröffentlichten Dokumente ihre Militärstrategie geändert (n-tv).
US-Geheimpapiere – Warum die Leaks so heikel sind
Die Aufregung um veröffentlichte geheime US-Dokumente ist groß. gerade auch, da sie den Krieg gegen die Ukraine betreffen. Die -Dokumente legen offenbar Erkenntnisse zur Armee des Landes offen und könnten damit Kiews Kriegspläne durcheinanderbringen. Die USA untersuchen den Fall, Kiew spricht von Fälschungen. Aber was genau steht in den veröffentlichten Papieren? Offenbar enthalten die Leaks Angaben zu Plänen der NATO und der USA, unter anderem, wie das ukrainische Militär auf eine bevorstehende Frühlingsoffensive vorbereitet und bewaffnet werden soll. Was sind die Folgen? Fragen und Antworten (Tagesschau).
„Ist ein großes Verwirrspiel, das hier stattfindet"
Im Internet tauchen Dokumente auf, die geheime Informationen der USA zum Ukraine-Krieg enthalten sollen. Was wirklich dran ist, oder ob die Daten gefälscht wurden, ist unklar. Der Kampf um die Deutungshoheit sei Teil des Informationskrieges, erklärt Politologe Thomas Jäger. Den USA drohe immenser Schaden (n-tv).
6. April 2023
Die Lage an der Front – der Kampf um Bachmut
Bachmut, die umkämpfte Stadt
Die Schlacht um Bachmut gilt als die längste und blutigste des Ukraine-Krieges mit großen Verlusten auf beiden Seiten. Wie hat sich die Lage in der Stadt im Osten des Landes in den letzten Wochen entwickelt - und warum ist Bachmut so wichtig? (Deutsche Welle).
Schwere Häuserkämpfe in Bachmut
Russische Angreifer und ukrainische Verteidiger liefern sich in Bachmut erbitterte Häuserkämpfe. Trotz einer personellen Übermacht sei den russischen Einheiten kein Durchbruch gelungen, heißt es von ukrainischer Seite. Bachmut werde weiter verteidigt, wenn auch die Lage dort weiter „sehr, sehr schwierig” sei, so Selenskyj (ZDF).
Kiew zu Bachmut: Russen denken sich „Siege“ aus
Wagner-Chef Prigoschin hat die Einnahme der strategisch wichtigen Stadt Bachmut in Osten der Ukraine verkündet. Kiew weist die Behauptungen als „Falschinformationen“ vehement zurück: „Reagiert besonnen auf die Falschinformationen derjenigen, die sich 'Siege' ausdenken, die es in Wirklichkeit nicht gibt“, schrieb der Chef des Präsidentenbüros in Kiew, Andrij Jermak (n-tv).
Gruppe Wagner will Bachmut erobert haben
Die Söldnergruppe Wagner hat nach eigenen Angaben die heftig umkämpfte ostukrainische Stadt Bachmut erobert. „Rechtlich gesehen gehört es uns“, sagt der Chef der russischen Söldnergruppe Wagner. Nach seinen Angaben ist das Verwaltungsgebäude der Stadt unter russischer Kontrolle. Kiew spricht zwar von einer „schwierigen“ Lage, gibt die Stadt aber nicht verloren (n-tv).
NATO – Finnland tritt dem Verteidigungsbündnis bei
NATO: Stärkere Nordflanke mit Finnland
Am 4. April tritt Finnland, wie von NATO-Generalsekretär Stoltenberg angekündigt, der NATO bei. Das 31. Mitglied der NATO teilt sich im hohen Norden eine 1.300 Kilometer Grenze mit Russland. Mit dem Beitritt Finnlands erfolgt eine deutliche Stärkung der Nordflanke des Verteidigungsbündnisses (Deutsche Welle).
Finnlands NATO-Aufnahme – Eine halbe Norderweiterung
Heute wollen die NATO-Außenminister die Aufnahme Finnlands in die Allianz unter Dach und Fach bringen. Das Warten auf die Aufnahme Schwedens hingegen geht weiter. NATO-Generalsekretär Stoltenberg geht davon aus, dass der türkische Präsident Erdogan seine Blockade nach den Wahlen im Mai aufgeben wird und Schweden dann im Sommer der NATO beitreten kann (Tagesschau).
Finnlands NATO-Beitritt – Eine Bedrohung „für Russlands Sicherheit“
Russland hat den NATO-Beitritt seines Nachbarn Finnland als Bedrohung für seine eigene Sicherheit kritisiert. „Die Erweiterung der NATO ist ein Angriff auf unsere Sicherheit und die nationalen Interessen Russlands“, so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Der NATO-Beitritt Finnlands sei jedoch nicht gleichbedeutend mit dem von Russland befürchteten Beitritt der Ukraine. Die Lage mit Finnland unterscheide sich fundamental von der Lage mit der Ukraine (Tagesschau).
Finnland ist NATO-Mitglied – was das bedeutet
Durch den NATO-Beitritt Finnlands wächst das Verteidigungsbündnis auf 31 Mitglieder an. Was das für die Nato bedeutet und welche Reaktion von Russland zu erwarten ist, hier im Überblick (ZDF).
Weitere Informationen rund um die NATO sowie aktuelle Treffen und Beschlüsse auf unserem Infoportal östliches Europa.
Weitere Berichte
Macron und von der Leyen in China – Auf der Suche nach dem richtigen Kurs
In China treffen Frankreichs Präsident Macron und EU-Kommissionschefin von der Leyen Staatschef Xi. Dabei dürften die Wirtschaftspolitik und der russische Angriffskrieg in der Ukraine im Mittelpunkt stehen. Macron und von der Leyen wollen Xi dazu bewegen, seinen Einfluss auf den russischen Präsidenten Putin zu nutzen. Auch wenn der von Xi vorgelegte Friedensplan nicht zum Frieden führe, so zeige er den Willen zur Verantwortung, so Macron. „Deshalb denke ich, dass der Dialog mit China essentiell ist, weil es für die Europäische Union falsch wäre, den Dialog ausschließlich Chinesen und anderen Europäern - den Russen - zu überlassen." (Tagesschau).
Russland will Einrichtung einer Schutzzone um AKW Saporischja zustimmen
Wie die staatliche russische Atombehörde Rosatom mitteilt, will Russland die Forderung der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA nach der Einrichtung einer Schutzzone um das Atomkraftwerk Saporischschja im Süden der Ukraine unterstützen. Seit Monaten bemüht sich die die IAEA um die Einrichtung einer Schutzzone, seit Kriegsbeginn war Saporischja bereits mehrfach beschossen worden (Deutschandfunk).
Belarus startet Ausbildung an taktischen Atomwaffen
Kremlchef Wladimir Putin hatte Ende März die Stationierung taktischer Atomwaffen in der Nachbarrepublik angekündigt. Nun meldet das Verteidigungsministerium in Minsk, sein Militär an diesen auszubilden. Die Mannschaften des operativ-taktischen Raketenkomplexes Iskander-M der belarussischen Raketenstreitkräfte seien nach Russland zur praktischen Vorbereitung gefahren, teilte das Verteidigungsministerium in Minsk mit (n-tv).
Kritik an russischem Vorsitz im Sicherheitsrat
Begleitet von deutlicher Kritik aus der Ukraine hat Russland den turnusgemäßen Vorsitz im UN-Sicherheitsrat übernommen, welcher monatlich in der alphabetischen Reihenfolge der Mitgliedstaaten rotiert. Der Chef des ukrainischen Präsidialstabs, Andrij Jermak, bezeichnete dies als Schande. Die USA hatten Russland kurz vor der Übernahme des Vorsitzes aufgefordert, sich in der Rolle „professionell zu verhalten“ (Tagesschau).
März 2023
März 2023
31. März 2023
Die Lage an der Front – der Kampf um Bachmut
Russland mit Teilerfolg in Bachmut
Die russische Privatarmee „Wagner“ behauptet, die ukrainische Armee bei der Schlacht um Bachmut „vernichtet“ zu haben. Die Ukraine räumt einen Teilerfolg Russlands ein. (ZDF).
Warum die Ukraine Bachmut um jeden Preis verteidigen wird
Unter hohen Verlusten auf beiden Seiten belagert Russland weiter Bachmut - und erzielt dabei nun einen Teilerfolg. Warum weicht keine Seite zurück? (ZDF).
Russland verhaftet US-Journalisten
Spionage? Moskau lässt US-Reporter verhaften
In Russland ist ein US-Journalist wegen angeblicher Spionage festgenommen worden. In Washington hat man keine Zweifel, dass die Vorwürfe gegen den Reporter konstruiert sind. (ZDF).
„Frontalangriff auf alle ausländischen Korrespondenten“
Dem US-Journalisten Evan Gershkovich drohen bis zu 20 Jahre Haft, sollte er wegen Spionage verurteilt werden. Der Fall zeigt, in welche Gefahr die neue Rechtslage in Russland Berichterstatter bringt. (Süddeutsche Zeitung).
Weitere Berichte und Geschehnisse
Russland weitet Spionageprogramm aus
Verfassungsschutzpräsident Haldenwang warnt im Gespräch mit Kontraste vor einer Zunahme russischer Spionageaktivitäten in Deutschland. Laut seiner Behörde wird Russland dabei auch vermehrt auf Cyberangriffe setzen - für Spionage und Sabotage. (Tagesschau).
Ein Jahr nach der Befreiung von Butscha: Gedenken an die Opfer
Leichen, die tagelang auf der Straße lagen, ein Massengrab hinter der Kirche: Wie kaum ein anderer Ort steht Butscha für das Grauen des Krieges. (ZDF).
Belarus' Präsident Lukaschenko plädiert für Waffenruhe – Kreml lehnt ab
Der belarusische Machthaber Lukaschenko hat eine Waffenruhe und sofortige Friedensverhandlungen für die Ukraine gefordert. Russland erklärte dagegen, die "militärische Spezialoperation" werde weitergehen. (Tagesschau).
USA und Deutschland reagieren gelassen nach Bekanntgabe von Atomwaffenstationierung
Wladimir Putin will Atomwaffen in Belarus stationieren. Während sich die USA und Deutschland nicht beunruhigen lassen wollen, klingt die Reaktion in Sofia ganz anders. (Die ZEIT).
Atomkraftwerk Saporischja: IAEA-Chef Grossi warnt vor Katastrophe
Immer wieder steht die größte Atomanlage Europas unter Beschuss. Nun hat IAEA-Chef Grossi das ukrainische AKW Saporischschja besucht. Er warnt vor einer Katastrophe, sollten sich Moskau und Kiew nicht auf ein Sicherheitskonzept einigen. (Tagesschau).
Britischer Geheimdienst: Kreml plant Zwangsrekrutierung
Russland bereitet offenbar die Rekrutierung von 400.000 Soldaten vor - und tarnt das als Freiwilligen-Kampagne. Das teilt das britische Verteidigungsministerium mit. (ZDF).
28. März 2023
Russlands Stationierung taktischer Nuklearwaffen in Belarus
Stationierung russischer Atomwaffen in Belarus
Russlands Präsident Putin hat im Staatsfernsehen bekannt gegeben, Russland und Belarus hätten sich auf die Stationierung taktischer Atomwaffen in Belarus verständigt. Es ist das erste Mal seit den 1990er-Jahren, dass Russland Atomwaffen außerhalb seines eigenen Landes stationiert. Putin verwies darauf, dass auch die USA bei Verbündeten in Europa Atomwaffen stationiert haben. „Wir machen nur das, was sie schon seit Jahrzehnten machen”, sagte Putin. Dies sei ein weiterer Schritt in Richtung einer Destabilisierung des Landes", schrieb Oleksiy Danilow, der Vorsitzende des Nationalen Verteidigungs- und Sicherheitsrats. Der Kreml habe Belarus als nukleare Geisel genommen (Tagesschau).
Ukraine fordert außerordentliche Sitzung des UN-Sicherheitsrats
Nach Putins Ankündigung, Atomwaffen in Belarus zu stationieren, fordert die Ukraine eine deutliche internationale Reaktion. Das ukrainische Außenministerium verlangte am Sonntag in einer Erklärung eine außerordentliche Sitzung des UN-Sicherheitsrats. Die Ukraine erwarte „wirksame Schritte” seitens Großbritanniens, Chinas, der USA und Frankreichs, um die „nukleare Erpressung” durch Russland zu beenden, erklärte das ukrainische Außenministerium. Die Ankündigung Putins sei „ein weiterer Versuch der nuklearen Einschüchterung durch Russland”, durch den sich Deutschland nicht beirren lasse, hieß es aus Kreisen des Auswärtigen Amts in Berlin (n-tv).
Drei Gründe, warum Putin Atomwaffen nach Belarus verlegt
Russlands Präsident Putin hat die Stationierung taktischer Atomwaffen ins Nachbarland Belarus angekündigt. Bis Anfang Juli sollten die Lagerplätze dafür in Belarus fertiggestellt sein. Russland werde die Kontrolle über die taktischen Atomwaffen behalten, um die der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko schon länger gebeten habe. Sicherheitsexpertin Expertin Marina Henke, Direktorin des Centre for International Security, erklärt im Interview, welche Absichten Putin damit verfolgt und wie groß das Risiko einer nuklearen Eskalation inzwischen ist (RND).
Weitere Berichte
„Leopard 2”-Kampfpanzer an Ukraine geliefert
Die ukrainischen Streitkräfte haben aus Deutschland 18 moderne Kampfpanzer vom Typ „Leopard 2” erhalten. Damit will die Bundesregierung einen wesentlichen Beitrag zur Militärhilfe für die Ukraine leisten. Die Panzer dienten dem Land zur Abwehr des russischen Angriffs, wie Bundeskanzler Olaf Scholz bei einer Pressekonferenz bestätigte. „Unsere Panzer sind wie versprochen pünktlich in den Händen unserer ukrainischen Freunde angekommen. Ich bin mir sicher, dass sie an der Front Entscheidendes leisten können”, erklärte Verteidigungsminister Boris Pistorius (Tagesschau).
23. März 2023
Die Lage an der Front
Ukraine kündigt Gegenoffensive bei Bachmut an
Nach eigenen Angaben bereitet die Ukraine nahe Bachmut einen Gegenangriff auf die russischen Streitkräfte vor. Die russischen Truppen verlören „deutlich an Kraft” und seien „erschöpft”, erklärte der Befehlshaber der ukrainischen Bodentruppen Oleksandr Syrskyj (ZDF).
Russische Dynamik in Bachmut lässt nach – Selenskyj auf Frontbesuch
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat den Frontabschnitt in Bachmut besucht, an dem seit Monaten die heftigsten Kämpfe toben. Nach seiner Rückkehr berichtet Selenskyj von Hoffnung, die dort zu spüren sei. Auch der britische Geheimdienst berichtet, dass die russische Dynamik nachlässt. Inzwischen sei ein „Nachlassen des Angriffsschwungs” der russischen Kräfte erkennbar. Mit eigenen Vorstößen hätten ukrainische Truppen für Entlastung gesorgt. Es bestehe eine realistische Möglichkeit, dass der russische Angriff auf Bachmut an Dynamik verliere. Das liege auch daran, dass einige russische Einheiten an andere Frontabschnitte verlegt worden seien (n-tv).
Kampfjet-Lieferungen an die Ukraine
EU-Gipfel – Selenskyj fordert moderne Kampfjets
Einmal mehr forderte der ukrainische Präsident Selenskyj die Staats- und Regierungschefs der EU zur Lieferung moderner Kampfjets an sein Land auf. Auf dem EU-Gipfel dankte er Polen und der Slowakei für die Entscheidung, Kampfjets des sowjetischen Typs MiG-29 bereitzustellen. Dies werde die Verteidigung des Luftraums erheblich stärken. Die Ukraine brauche aber nun dringend auch moderne Kampfflugzeuge aus dem Westen. Er richtete die Frage an die Gipfel-Teilnehmer, ob es einen rationalen Grund für die Verzögerung bei der Bereitstellung moderner Flugzeuge gebe. Die russischen Drohungen vor der Lieferung deutscher Leopard-Kampfpanzer aus der EU hätten sich auch als Bluff erwiesen. „Wir alle müssen uns daran gewöhnen, dass ein terroristischer Staat öfter blufft, als dass er eskalieren kann.“ EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen betonten, dass die Entscheidung über die Lieferung solcher Kampfjets von den einzelnen Mitgliedstaaten getroffen werden müsse (Rheinische Post).
NATO-Generalsekretär Stoltenberg schließt Kampfjet-Lieferungen nicht mehr aus
NATO-Generalsekretär Stoltenberg schloss nicht aus, dass die Alliierten beschließen könnten, Kampfflugzeuge in die Ukraine zu schicken. „Wir sollten uns weiterhin mit dem Bedarf an mehr Fähigkeiten befassen“, sagte Stoltenberg und betonte, dass trotz der anfänglichen offensichtlichen Weigerung von US-Präsident Joe Biden, die in den USA hergestellten Kampfflugzeuge freizugeben, „noch keine Entscheidungen über F-16 getroffen wurden“ (Frankfurter Rundschau).
Slowakei liefert vier MiG-Kampfjets an Kiew aus
Das Verteidigungsministerium teilte in Bratislava mit, vier Flugzeuge seien ausgeliefert worden. Die anderen neun sollten in den kommenden Wochen folgen (Deutschlandfunk).
Polen liefert vier Kampfjets an Ukraine
Polen will in den kommenden Tagen vier Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 zur Verfügung stellen. Das teilte Präsident Andrzej Duda Mitte März mit. Weitere MiG-29 würden derzeit gewartet und für einen späteren Transfer vorbereitet, sagte Duda. Die polnische Luftwaffe verfüge derzeit über etwa ein Dutzend MiG-29, die Anfang der 1990er Jahre aus den Beständen der DDR übernommen worden seien. Die an die Ukraine abgegebenen Maschinen sollen durch moderne Kampfjets ersetzt werden (ZDF).
Russland und China verstärken Allianz
„Neue Weltordnung“: Putin und Xi unterzeichnen Abkommen
Während der Westen Russland wegen des Krieges in der Ukraine zunehmend unter Druck setzt, festigen die beiden mächtigen Nachbarn ihre strategische Partnerschaft für eine „neue Weltordnung“. Bei einem Besuch des chinesischen Staatschefs Xi in Moskau im März 2023 haben Russlands Präsident Wladimir Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping ihre strategische Partnerschaft mit neuen Abkommen bekräftigt. Zwei Abkommen über die Partnerschaft und über die strategische Zusammenarbeit der Nachbarn bis 2030 seien unterzeichnet worden, so Putin. Xi lobte die „konstruktiven Gespräche“ mit Putin und sprach von einem Ausbau des Handels und der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit Russland.
Peking „wird Fingerabdrücke hinterlassen” im Ukraine-Konflikt
Chinas Präsident Xi setzt auf Putin. Das habe sein Besuch in Moskau gezeigt, so China-Experte Huotari. Im Ukraine-Konflikt werde Peking noch „Fingerabdrücke hinterlassen“. Keinesfalls könne China ein neutraler Vermittler sein. Das sei auch nicht die Botschaft, die gesendet werde. In dem von Peking vorgelegten Zwölf-Punkte-Friedensplan werde Russland nicht als Aggressor benannt, sondern die Schuld auf beiden Seiten gesucht. Xi halte seinem russischen Amtskollegen Wladimir Putin den Rücken frei. Beiden sei gemeinsam, dass sie die Ordnung ablehnten, für die der Westen stehe, so Huotari (ZDF).
Weitere Informationen über die China-Russland-Beziehungen im Zeichen des Ukraine-Krieges
20. März 2023
Die Lage an der Front
Kämpfe um Wuhledar und Bachmut: Russische Offensiven in der Ostukraine verlieren an Wucht
Nach Einschätzung westlicher Analysten haben die russischen Offensiven in der Ostukraine nach Einschätzungen britischer Geheimdienste und US-amerikanischer Militäranalysten in den zurückliegenden Wochen an Tempo verloren. Der US-Thinktank ISW schreibt in seinem jüngsten Lagebericht, die Zahl der russischen Offensivaktionen sei in den vergangenen Wochen erheblich zurückgegangen. Das Pensum der russischen Bodenangriffe hätte sich von täglich 90 bis 100 Angriffen auf 20 bis 29 pro Tag verringert. Die russiche Offensive sei aufgrund erheblicher Verluste beim Personal und der Ausrüstung geschwächt (Tagesspiegel)
Verteidigungsstrategien in Bachmut und Wuhledar – Droht der ukrainischen Armee ein „Kulturkampf“?
Die Ukraine wehrt sich mit NATO- und mit Sowjettaktiken gegen die russischen Truppen. Langfristig könnte das die Kampfkraft schmälern, warnt der Militärexperte Franz-Stefan Gady vom Londoner Institute for International Strategic Studies (IISS). Er spricht von einem „Kulturkampf“, der für die Ukraine zum Problem werden könnte, warnt Gady. Der Konflikt habe „fraglos das Potenzial, langfristig die Kampfkraft der ukrainischen Streitkräfte zu schwächen“. Dieser Kulturkampf sei, grob vereinfacht, ein Kampf zwischen Ost und West: „Zwischen alter, hierarchisch denkender, sowjetischer Militärwissenschaft und NATO-inspirierter Auftragstaktik, die den einzelnen Verbänden die Freiheit lässt, aus der Situation heraus zu entscheiden“ (Spiegel).
Haftbefehl gegen Putin
Internationaler Strafgerichtshof erlässt Haftbefehl gegen Wladimir Putin
Russlands Präsident soll wegen des Krieges in der Ukraine zur Verantwortung gezogen werden: Der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag hat Haftbefehl gegen Wladimir Putin erlassen (Der Spiegel).
China fordert von Strafgerichtshof „objektiven“ Umgang mit Putin
Das Gericht solle „eine objektive und unparteiische Haltung“ wahren und „die Immunität von Staatsoberhäuptern von der Gerichtsbarkeit nach internationalem Recht respektieren“, sagte der chinesische Außenministeriumssprecher Wang Wenbin. Weiterhin forderte er den IStGH dazu auf, „Politisierung und Doppelmoral“ zu „vermeiden“ (ZDF).
Kreml ringt mit Haftbefehl gegen Putin
Als die Nachricht vom Haftbefehl gegen den russischen Präsidenten Moskau erreicht, ist die erste Reaktion Bestürzung. Später gibt sich Putins Sprecher gelassen und spielt die Bedeutung herunter. Russland gehört zu jenen Ländern, die den Internationalen Strafgerichtshof nicht anerkennen. So bezeichnet der Kreml den Haftbefehl gegen Putin als rechtlich nichtig. „Allein die Formulierung der Frage halten wir für unverschämt und inakzeptabel“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. „Entsprechend sind Entscheidungen dieser Art für Russland vom rechtlichen Standpunkt unbedeutend.“ Dennoch wird der international geltende Haftbefehl Putins Bewegungsfreiheit einschränken. Sobald er in ein Land reist, das den Grundlagenvertrag des Gerichts ratifiziert hat, droht ihm die Festnahme (n-tv).
Was der Haftbefehl gegen Putin bedeutet
Den Haags Haftbefehl gegen Putin: Die Rechtsexpertin Stefanie Bock spricht im ZDF über eine mögliche Festnahme Putins, schwierige Ermittlungen und die große Bedeutung für Kiew.
17. März 2023
US-Drohne nach Kollision mit russischem Jet abgestürzt
Konfrontation über dem Schwarzen Meer
Eine US-Aufklärungsdrohne ist nach Angaben aus Washington über dem Schwarzen Meer abgestürzt, nachdem sie von einem russischen Kampfjet gerammt worden war. Die USA machen Russland schwere Vorwürfe. Moskau weist die Verantwortung von sich. (Tagesschau).
USA: „Wollen keinen bewaffneten Konflikt“
Zwischenfälle kämen vor, heißt es in Washington, die USA wollten keine Eskalation. Hinter dem Drohnen-Vorfall stecke wohl keine russische Absicht - eher Inkompetenz. (ZDF).
Verteidigungsminister der USA und Russlands telefonieren wegen Drohnen-Absturz
Sergej Schoigu und Lloyd Austin haben wegen des Vorfalls über dem Schwarzen Meer miteinander telefoniert. Zuvor hatte Russland den USA die Schuld am Absturz der US-Drohne vom Typ MQ-9 Reaper gegeben. (Der Spiegel).
Weitere Berichte
Peking fordert Ukraine erneut zu Verhandlungen mit Russland auf
Kritiker finden: Im „Friedensplan“ für die Ukraine hatte China die Interessen Kiews zurückgestellt. Nun gab es einen Austausch zwischen den Außenministern beider Länder. Pekings Forderungen bleiben aber weiter vage.
UNO-Menschenrechtsrat erhebt schwere Vorwürfe gegen Russland
Moskau bestreitet, dass seine Truppen Kriegsverbrechen begehen. Die Uno kommt in ihrem aktuellen Bericht erneut zu einem anderen Ergebnis – und hat Fortschritte bei der Identifizierung von Tätern gemacht. (Der Spiegel).
Auch Slowakei will der Ukraine Kampfjets liefern
Nachdem Polen bereits Lieferungen von MiG-29-Kampfjets an die Ukraine ankündigte, zieht nun die Slowakei nach. Man werde Kiew 13 Jets liefern - und ein Luftabwehrsystem. (ZDF).
Chinesische Firmen sollen Russland Sturmgewehre und Schutzausrüstung geliefert haben
China wirbt für Frieden in der Ukraine, doch heimische Unternehmen haben offenbar Waffen nach Russland exportiert. Eine Firma soll demnach direkt mit der Regierung in Peking verbunden sein. (Der Spiegel).
Amerikanisch-ukrainische Geheimdienstkooperation
Der amerikanische Geheimdienst arbeitet sehr eng mit der Ukraine zusammen, Informationen werden oft direkt übermittelt. Ohne sie hätte Kiew den Krieg wahrscheinlich längst verloren. (Die ZEIT).
Erdoğan stimmt Nato-Aufnahme Finnlands zu
Der türkische Präsident gibt seine Blockade gegen die Norderweiterung des westlichen Militärbündnisses nur teilweise auf - Schweden muss weiter warten. (Süddeutsche Zeitung).
Repressionen in Russland treffen auch Kinder
Die Repressionen des russischen Staates machen auch vor jungen Menschen nicht Halt. Besonders drastisch zeigt das der Fall der 13-jährigen Mascha. (taz).
14. März 2023
Die Lage an der Front
Bachmut-Kämpfe verlagern sich ins Zentrum
Die ukrainischen Truppen versuchen seit Monaten, die Stadt Bachmut zu halten. Mittlerweile sollen die Wagner-Söldner jedoch schon ins Zentrum der Stadt vorgedrungen sein, wo sich derzeit die heftigsten Kämpfe abspielen. Aus verschiedenen Richtungen rückten Angriffseinheiten der Söldnertruppe Wagner dort vor und versuchten, die Verteidigungsstellung der ukrainischen Truppen zu durchbrechen (n-tv).
Militäranalysten zweifeln an ukrainischer Bachmut-Strategie
Die Ukraine hatte kürzlich entschieden, die Stadt Bachmuit trotz des hohen Drucks weiter zu verteidigen - doch Militäranalysten zweifeln an der Strategie, die dort gefahren wird. „Wir haben Informationen, dass die Ukraine Reservisten nach Bachmut schickt, die in westlichen Ländern ausgebildet wurden. Und wir erleiden Verluste unter den Reservisten, die wir für Gegenoffensiven einsetzen wollten”, sagte der ukrainische Militäranalyst Oleh Schdanow. „Wir könnten hier alles verlieren, was wir für diese Gegenoffensiven einsetzen wollten.” Die Gefahr einer Einkesselung in Bachmut sei „sehr rea”, so der ukrainische Militärhistoriker Roman Ponomarenko. „Wenn wir Bachmut einfach aufgeben und unsere Truppen und Ausrüstung zurückziehen, kann nichts Schlimmes passieren ... wenn sie den Ring schließen, werden wir Männer und Ausrüstung verlieren”, so Ponomarenko (n.-tv).
10. März 2023
Die Lage an der Front
Schwerste Angriffswelle seit Langem erschüttert die Ukraine
Mit mehr als 80 Raketen hat Russland militärische Einrichtungen und Infrastrukturziele in der ganzen Ukraine angegriffen, unter anderem das Atomkraftwerk in Saporischschja. Dabei kamen auch Hyperschallraketen zum Einsatz. Hinter den Angriffen könnte aber noch mehr stecken, als die Energieinfrastruktur lahmzulegen (rnd).
Wagner-Söldner pausieren wohl bei Bachmut
Die Lage in Bachmut scheint festgefahren. Wie geht es weiter? Das US-Institut für Kriegsstudien (ISW) geht davon aus, dass die Wagner-Söldner geschwächt sind und auf Verstärkung durch die russische Armee warten, so die Vermutung. Selbst wenn sie mit vereinten Kräften Bachmut eroberten, könnte die Offensive dann allerdings zu einem Stillstand kommen (n-tv).
Selenskyj will um Bachmut kämpfen
Nach einem Treffen mit Generälen sagte Selenskyj, es sei die einhellige Entscheidung getroffen worden, in Bachmut nicht zu weichen, sondern die Truppen dort weiter zu verstärken: „Die ukrainischen Streitkräfte verteidigen jeden Teil der Ukraine und werden dies auch weiterhin tun“, so Selenskyj. Es werde die Zeit kommen, da jede Stadt und jedes Dorf des ukrainischen Staates befreit seien (Tagesschau).
Wagner-Chef droht Putin mit Bachmut-Rückzug
Mangels Munitionsnachschubs droht der Gründer der russischen Söldner-Gruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, der Regierung Putins in Moskau mit einem Rückzug aus der umkämpften Stadt Bachmut. Der größte Teil der Munition, die seinen Truppen im Februar zugesagt worden war, sei noch nicht geliefert worden. „Wenn Wagner sich jetzt aus Bachmut zurückzieht, wird die gesamte Front zusammenbrechen“, so Prigoschi (ZDF).
Getreideabkommen mit Russland
Russland stimmt Verlängerung von Getreide-Deal zu – und stellt Bedingungen
Russland hat einer Verlängerung das Getreide-Abkommen mit der Ukraine um 60 Tage zugestimmt. Ursprünglich war ein längerer Zeitraum angedacht. Die Zustimmung zu einer weiteren Verlängerung macht Moskau laut Mitteilung des stellvertretenden Außenministers Sergei Verschinin von Fortschritten bei diesen Exportgeschäften abhängig. Unter anderem müssten Bankzahlungen, Transportlogistik und Versicherungen erleichtert werden. Auch fordert Moskau die Wiedereröffnung der russischen Pipeline für Ammoniak, die durch die Ukraine führt (Tagesschau).
Moskau kündigt Verhandlungen über Verlängerung des Getreideabkommens an
Nach Angaben des russischen Außenministeriums werden Vertreter Russlands und der Vereinten Nationen am Montag über eine Verlängerung des Getreideabkommens mit der Ukraine sprechen. Die nächste Runde der Konsultationen sei für den 13. März in Genf geplant. Der russische Außenminister Sergej Lawrow bezeichnete die Verlängerung des Getreideabkommens mit der Ukraine am Donnerstag als „kompliziert“. Als Grund nannte er Klauseln der Vereinbarung, die Russlands Getreide- und Düngemittelexporte garantieren sollen, aber nicht umgesetzt würden (n-tv).
UNO-Generalsekretär Guterres zu Besuch in Kiew – Getreideabkommen läuft aus
António Guterres ist zu einem Besuch in der Ukraine eingetroffen. In Gesprächen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj soll es um eine Verlängerung des Getreideabkommens mit Russland gehen. Der Vertrag, der die kontrollierte Ausfuhr von ukrainischem Getreide aus drei Schwarzmeerhäfen ermöglicht, läuft am 19. März aus. Das Abkommen mit Russland war im vergangenen Juli unter Vermittlung der Vereinten Nationen und der Türkei zustandegekommen. Fragen und Antworten zur UN-Schwarzmeer-Getreide-Initiative ... (Süddeutsche).
Export-Stopp aus Ukraine droht: Läuft der Getreidedeal aus?
Das Getreideabkommen zwischen Russland und der Ukraine könnte bald auslaufen, die UN sind in Sorge. Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem Deal (ZDF).
Weitere Berichte
Slowakei und Polen wollen Ukraine Kampfjets MiG-29 liefern
Die Slowakei und Polen haben ihre Bereitschaft bekräftigt, der Ukraine Kampfflugzeuge des sowjetischen Typs MiG-29 zu liefern. Ein konkreter Zeitplan wurde jedoch nicht genannt (Deutschlandfunk).
Russland laut Litauens Geheimdienst bereit für zwei weitere Kriegsjahre
Nach Einschätzung der litauischen Geheimdienste ist Russland in der Lage, seinen Angriffskrieg in der Ukraine weitere zwei Jahre fortzusetzen. „Wir schätzen, dass die Ressourcen, die Russland heute zur Verfügung stehen, ausreichen würden, um noch zwei Jahre lang einen Krieg mit der gleichen Intensität wie heute zu führen“, sagte Oberst Elegijus Paulavicius vom Militärgeheimdienst des baltischen EU- und NATO-Landes (Welt).
3. März 2023
Die Lage an der Front
Unklare Lage in Bachmut: Stadt angeblich bereits von Wagner-Söldnern eingekesselt
Seit Monaten sind die Kämpfe um die Stadt Bachmut im Donbass besonders schwer. Laut Angaben des Chefs der Söldnergruppe Wagner, Jewgeni Prigoschin, ist die Stadt von seinen Truppen umstellt, es gebe „nur noch eine Straße (hinaus)“. Doch die Ukraine will Bachmut weiterhin verteidigen. (RND).
Ukrainische Regierung: Weitere Angriffe bei Bachmut abgewehrt
Bachmut bleibt umkämpft, nach eigenen Angaben wehrt die Ukraine weitere Angriffe in der ostukrainischen Stadt ab. Die russische Wagner-Gruppe sieht sich dagegen auf dem Vormarsch. (ZDF).
Angebliche Gefechte auf russischem Territorium
Putin beruft nationalen Sicherheitsrat ein
Moskau vermeldet Angriffe „ukrainischer Nationalisten“ in der russischen Oblast Brjansk, Präsident Putin hat deshalb für Freitag den nationalen Sicherheitsrat einberufen. Kiew spricht von einer „klassischen Provokation“. (Tagesschau).
Das ist zu den Vorfällen in Brjansk bekannt
Auf russischem Staatsgebiet werden offenbar zwei Menschen bei Angriffen getötet. Der Kreml spricht von ukrainischem Terror. Was steckt dahinter? (Süddeutsche Zeitung).
Wachsende Spannungen in der Republik Moldau
Furcht vor Verwicklung in Krieg
In Moldau wachsen die Sorgen, das Land könnte in den russischen Krieg gegen die Ukraine hineingezogen werden. Eine Rolle könnten dabei russische Soldaten spielen, die im abgespaltenen Gebiet Transnistrien stationiert sind. (Tagesschau).
Neue Unsicherheiten, alte Konflikte
In Moldau schürt Russland die Unzufriedenheit mit der wirtschaftlichen Lage. Und spielt mit den Kriegsängsten der Menschen. (taz).
Weitere Geschehnisse und Berichte
Regierungserklärung von Bundeskanzler Scholz: „Friedensliebe heißt nicht Unterwerfung“
Ein Jahr nach seiner „Zeitenwende“-Rede hat Bundeskanzler Scholz die Souveränität der Ukraine betont. Forderungen nach Friedensverhandlungen erteilte er eine Absage. China warnte er vor Waffenlieferungen an Russland. (Tagesschau).
US-Außenminister Blinken spricht mit russischem Amtskollegen Lawrow
Kurz und unerwartet: Erstmals seit dem Ukraine-Krieg haben sich US-Außenminister Blinken und Russlands Außenminister Lawrow getroffen. Ihre Themen: Atomwaffen und der Krieg. (ZDF).
2. März 2023
Die Lage an der Front
Russen ziehen die Schlinge zu – Bachmut droht die Einkesselung
Die Schlacht um Bachmut erreicht nach monatelangen Kämpfen die entscheidende Phase: Russische Truppen haben die Stadt am Rand des Donbass von drei Seiten umschlossen. Die Lage wird für die ukrainischen Truppen und die restlichen dort noch verbliebenen Einwohner immer heikler. Die Sorge ist groß, dass neue russische Attacken den letzten Ausweg aus dem Talkessel von Bachmut abschneiden könnten (n-tv).
Kämpfe in Saporischschja - Detonationen in der Nähe des Atomkraftwerks
In der Nähe des ukrainischen Kernkraftwerks Saporischschja haben Artilleriefeuer und der vorübergehende Ausfall der einzigen verbleibenden Notstromleitung erneut die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) alarmiert. Die IAEA-Experten, die seit Anfang Januar vor Ort sind, berichteten, dass am Sonntag rund 20 Detonationen zu hören gewesen seien. Und das offenbar in der Nähe der Anlage, die an der Frontlinie eines aktiven Kampfgebiets liegt und von russischen Treppen besetzt wurde (n-tv).
G20-Treffen
Baerbock bei G20-Treffen in Indien „Stoppen Sie diesen Krieg - heute”
Beim Treffen der G20-Außenminister in Indien sprach Außenministerin Baerbock ihr Hauptanliegen an: Sie rief Russland auf, den Krieg gegen die Ukraine zu beenden. Dabei wandte sie sich direkt an Russlands Außenminister Sergej Lawrow: „Es ist gut, dass Sie hier im Saal sind, um zuzuhören. Stoppen Sie den Krieg. Nicht in einem Monat oder einem Jahr, sondern heute." Sie fügte hinzu: „Denn jede Familie, die einen Vater, einen Bruder, eine Mutter, ein Kind verliert, verliert eine ganze Welt." Es gebe kein Recht des Stärkeren, seinen kleinen Nachbarn zu überfallen (Tagesschau).
G20-Außenministertreffen in Indien: Lawrow bei G20
Mit Spannung wird der Auftritt von Russlands Außenminister Lawrow in diesem Jahr in Indien erwartet. Nach seinem Auftritt in Bali im vergangenen Jahr hatte er sofort nach seiner G20-Rede den Saal verlassen, um die Wortmeldungen seiner Kritiker nicht mehr anhören zu müssen (ZDF).
Keine G20-Abschlusserklärung – Auch China verhindert Verurteilung des Kriegs
Auf dem G20-Treffen der Finanzminister und Notenbankchefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer konnten sich am Samstag nach Angaben des Gastgeberlandes lediglich 18 Mitgliedsländer auf eine gemeinsame Position gegen Russlands Krieg in der Ukraine verständigen. Neben Russland lehnte auch China eine von den anderen Staaten gebilligte Erklärung ab, in der der Krieg verurteilt und erneut ein Abzug der russischen Truppen gefordert wird (ZDF).
24. Februar 2023
Ein Jahr Krieg in der Ukraine
Sicherheitsexperte Weber: Ein Jahr Ukraine-Krieg
Am 24. Februar 2023 jährt sich der Angriff des russischen Militärs auf die Ukraine. Fragen an den Sicherheitsexperten Joachim Weber vom CASSIS-Institut der Universität Bonn: Hätte dieser Angriff auf die Ukraine vermieden werden können? War das Engagement des Westens darauf alternativlos? Wie könnte dieser Krieg enden (phoenix)?
Ein Jahr Krieg – Wieviel Kulturgut in der Ukraine zerstört ist
Klöster, Museen, Bibliotheken: Zehn Prozent des kulturellen Erbes der Ukraine sind inzwischen schwer getroffen oder sogar zerstört worden, schätzt Nikolaus Bernau. Viele Stätten seien von Russland gezielt verwüstet worden, so der Architekturkritiker (Deutschlandfunk).
Militärexperte Masala: Ukraine-Krieg wird am Verhandlungstisch beendet
Der Politikwissenschaftler Carlo Masala rechnet damit, dass der Ukraine-Krieg letztlich am Verhandlungstisch beendet werden wird. „Auf dem Schlachtfeld werden die Voraussetzungen für Verhandlungen geschaffen. Das ist mein Punkt“, sagte der Militärexperte von der Universität der Bundeswehr in München in einem Interview (rnd).
Lässt sich der Frieden mit Russland verhandeln?
Nicht auf dem Schlachtfeld, sondern am Verhandlungstisch soll der Krieg in der Ukraine enden – diese Forderung ist weit verbreitet. Doch vieles spricht dafür, dass ein langer Abnutzungskrieg realistischer ist als baldige Verhandlungen (Deutschlandfunk).
Philosoph Olaf Müller zu Verhandlungen im Ukraine-Krieg: Die Ukraine im Stich lassen – den Atomkrieg verhindern?
„Das Moralisieren, das nur die Guten und die Bösen sieht, macht es sich zu einfach“, sagt der Berliner Wissenschaftsphilosoph Olaf Müller in SWR2 zur Debatte, ob Verhandlungen mit Russland den Ukraine-Konflikt beenden können. Von sich selbst sagt Müller, dass er es nach viel Überlegen für besser halte, die Ukraine nicht weiter mit Waffen zu unterstützen. Gleichzeitig gesteht er ein: „Dass ich mich gegenüber den Ukrainern auch schuldig mache – das muss ich aushalten“ (SWR).
Ein Jahr Krieg gegen die Ukraine: Wie hat der Krieg Deutschland verändert?
Kurz nach Beginn des großangelegten russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sagte Bundeskanzler Scholz im Bundestag: „Wir erleben eine Zeitenwende. Das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor.“ Haben sich ein Jahr danach wirklich die Zeiten verändert, was die deutsche Sicherheitspolitik betrifft? Ist die deutsche Antwort auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine angemessen? Ein Gespräch mit Claudia Major, Sicherheitsexpertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (rbb).
Ein Jahr Ukraine-Krieg: Wo die Deutschen falschliegen
Reden die Deutschen über den Ukraine-Krieg, sind viele zweifelhafte Thesen zu hören, die auf unrealistischen Annahmen beruhen, glaubt Denis Trubetskoy, MDR-Ostblogger in Kiew. Etwa: Stoppt Waffenlieferungen, dann endet der Krieg. Oder: Gegen eine Atommacht kann man nicht gewinnen. Zum ersten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine nimmt Denis Trubetskoy diese Ansichten aufs Korn – ein ukrainischer Blick auf die deutschen Debatten über den Krieg (MDR).
UN-Resolution
UN-Vollversammlung 141 Länder fordern Russlands Rückzug
Kurz vor dem ersten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine haben 141 der 193 UN-Mitgliedstaaten in einer Resolution einen sofortigen russischen Truppenabzug gefordert. Sieben Staaten stimmten bei einer Sondersitzung der UN-Vollversammlung gegen den Resolutionstext: Belarus, Nordkorea, Eritrea, Mali, Nicaragua, Syrien und Russland. 32 Staaten enthielten sich, unter ihnen China und Indien. Die Resolution in der UN-Vollversammlung enthält die Forderung nach einem „umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden” und nach dem Rückzug Moskaus aus der Ukraine. Ferner sieht sie unter anderem auch die Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine vor (Tagesschau).
Russlands Ukraine-Krieg: Welche Wirkung hat eine UN-Resolution?
Die EU und die Ukraine wollen mit einer erneuten UN-Resolution am Donnerstag Russland zum sofortigen Rückzug aus dem Kriegsgebiet bewegen. Doch welche Wirkung und Rolle haben solche Beschlüsse (WDR)?
Putins Rede zur Lage der Nation
Wladimir Putin: Rede zur Lage der Nation am 21.2.2023
(n-tv YouTube)
„Glaube an die imperiale Größe Russlands“
Was bezweckte Kreml-Chef Putin mit seiner Rede und mit der Aufsetzung des Abrüstungsvertrags „New Start”? Das erklärt Sarah Pagung, Russland- und Sicherheitsexpertin bei der Körber-Stiftung, im Interview (Tagesschau).
Putins Rede markiert den „Beginn eines neuen Wettrüstens“
Russlands Präsident Putin hält drei Tage vor dem ersten Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine eine Rede an die Nation. Sicherheitsexperte Weber misst den Aussagen keine allzu große Bedeutung bei. Auch, wenn das „letzte Element wechselseitiger Rüstungskontrolle“ kollabiere, befeuere die Ansprache „keine schlimmen Erwartungen“ (n-tv).
Verwaiste ukrainische Kinder – Verschleppung und Zwangsadoption
Verschleppung ukrainischer Kinder
Einem Bericht zufolge geht die ukrainische Regierung davon aus, dass mindestens 14.000 Kinder aus russisch besetzten Gebieten verschleppt wurden. Die Kinder sollen aus den Dörfern nach Russland gebracht worden sein, um sie zu „russifizieren“. Russland bestreitet die Vorwürfe. Auch die internationale Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer ist laut einem Bericht des ZDF-Magazins „frontal“ in die systematische Verschleppung ukrainischer Kinder durch Russland verstrickt. Die Hilfsorganisation prüfe nun die Fälle und will Vorwürfe gegen Praktiken in Russland aufklären (Tagesspiegel).
Die verschwundenen Kinder von Cherson
Der russische Angriffskrieg hat ukrainische Familien auseinandergerissen – Eltern wurden getötet, Kinder zu Waisen. Entführung und Adoption berauben sie nun auch ihrer Heimat und Identität (ZDF).
Cherson: Ukrainische Kinder vor den Russen schützen
In der Region Cherson nimmt ein psychosoziales Zentrum ukrainische Waisen und Kinder aus schwierigen Verhältnissen auf, um sie davor zu schützen, nach Russland gebracht zu werden. Laut einem Bericht von Amnesty International soll Russland zahlreiche angeblich verwaiste ukrainische Kinder verschleppt haben, um sie von russischen Familien adoptieren zu lassen. Eine Reportage ukrainischer Reporter (arte).
Weitere Berichte
Putin setzt Russlands Teilnahme am nuklearen Abrüstungsvertrag mit den USA aus
Der russische Präsident Wladimir Putin hat angekündigt, Russlands Beteiligung am Atomwaffen-Kontrollvertrag „New Start” auszusetzen. Das am 5. Februar 2011 in Kraft getretene „New Start”-Abkommen begrenzt die Nukleararsenale Russlands und der USA auf je 800 Trägersysteme und 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe. Es ist das einzige noch verbliebene große Abkommen zur Rüstungskontrolle zwischen den USA und Russland. Die NATO hat den russischen Präsidenten zur Achtung des Atomwaffen-Kontrollvertrags aufgerufen. Generalsekretär Jens Stoltenberg appellierte an den Kremlchef, „seine Entscheidung zu überdenken und geltende Verträge zu achten“ (Spiegel).
Bidens symbolischer Polen-Besuch
Kurz vor dem Jahrestag des Ukraine-Kriegs reist US-Präsident Biden nach Polen. Tatsächlich hat die Reise vor allem symbolische Bedeutung. Der Besuch soll den Staaten am Ostrand der NATO zeigen, dass die Unterstützung der USA nicht wackelt. Er habe eine globale Koalition aufgebaut und sich gegen Putins Aggression gestellt, so Biden in seiner Rede. Diese Koalition habe bis heute gehalten und die NATO enger zusammengebracht. Biden wird sich in Warschau mit Vertretern der neun osteuropäischen NATO-Staaten treffen (Tagesschau).
Treffen im „Bukarest-9”-Format
Bei seinem Polen-Besuch hat sich US-Präsident im Rahmen des sogenannten „Bukarest-9”-Formats auch mit den neun östlichen NATO-Mitgliedstaaten getroffen. Dabei bekräftigte er die Beistandspflicht der NATO: „Artikel 5 ist eine heilige Verpflichtung, die die Vereinigten Staaten eingegangen sind. Wir werden buchstäblich jeden Zentimeter der Nato verteidigen.” An dem Treffen nahm neben Biden auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg teil. Mitglieder der eigentlichen Gruppe sind Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Tschechien, die Slowakei sowie die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Als Reaktion auf den Angriff Russlands auf die Ukraine und die Annexion der Krim-Halbinsel 2014 bildeten im Jahr darauf, auf Initiative Rumäniens und Polens, neun Staaten in Bukarest die Gruppe der Neun (B9). Diese östlichen Mitgliedsstaaten der NATO wollen angesichts der Bedrohungslage durch Russland bei der Verteidigung der östlichen Flanke der Allianz eng zusammenarbeiten und erhalten dabei Unterstützung von den übrigen NATO-Mitgliedern.
Februar 2023
Februar 2023
24. Februar 2023
Ein Jahr Krieg in der Ukraine
Sicherheitsexperte Weber: Ein Jahr Ukraine-Krieg
Am 24. Februar 2023 jährt sich der Angriff des russischen Militärs auf die Ukraine. Fragen an den Sicherheitsexperten Joachim Weber vom CASSIS-Institut der Universität Bonn: Hätte dieser Angriff auf die Ukraine vermieden werden können? War das Engagement des Westens darauf alternativlos? Wie könnte dieser Krieg enden (phoenix)?
Ein Jahr Krieg – Wieviel Kulturgut in der Ukraine zerstört ist
Klöster, Museen, Bibliotheken: Zehn Prozent des kulturellen Erbes der Ukraine sind inzwischen schwer getroffen oder sogar zerstört worden, schätzt Nikolaus Bernau. Viele Stätten seien von Russland gezielt verwüstet worden, so der Architekturkritiker (Deutschlandfunk).
Militärexperte Masala: Ukraine-Krieg wird am Verhandlungstisch beendet
Der Politikwissenschaftler Carlo Masala rechnet damit, dass der Ukraine-Krieg letztlich am Verhandlungstisch beendet werden wird. „Auf dem Schlachtfeld werden die Voraussetzungen für Verhandlungen geschaffen. Das ist mein Punkt“, sagte der Militärexperte von der Universität der Bundeswehr in München in einem Interview (rnd).
Lässt sich der Frieden mit Russland verhandeln?
Nicht auf dem Schlachtfeld, sondern am Verhandlungstisch soll der Krieg in der Ukraine enden – diese Forderung ist weit verbreitet. Doch vieles spricht dafür, dass ein langer Abnutzungskrieg realistischer ist als baldige Verhandlungen (Deutschlandfunk).
Philosoph Olaf Müller zu Verhandlungen im Ukraine-Krieg: Die Ukraine im Stich lassen – den Atomkrieg verhindern?
„Das Moralisieren, das nur die Guten und die Bösen sieht, macht es sich zu einfach“, sagt der Berliner Wissenschaftsphilosoph Olaf Müller in SWR2 zur Debatte, ob Verhandlungen mit Russland den Ukraine-Konflikt beenden können. Von sich selbst sagt Müller, dass er es nach viel Überlegen für besser halte, die Ukraine nicht weiter mit Waffen zu unterstützen. Gleichzeitig gesteht er ein: „Dass ich mich gegenüber den Ukrainern auch schuldig mache – das muss ich aushalten“ (SWR).
Ein Jahr Krieg gegen die Ukraine: Wie hat der Krieg Deutschland verändert?
Kurz nach Beginn des großangelegten russischen Angriffskrieges auf die Ukraine sagte Bundeskanzler Scholz im Bundestag: „Wir erleben eine Zeitenwende. Das bedeutet: Die Welt danach ist nicht mehr dieselbe wie die Welt davor.“ Haben sich ein Jahr danach wirklich die Zeiten verändert, was die deutsche Sicherheitspolitik betrifft? Ist die deutsche Antwort auf den russischen Angriffskrieg in der Ukraine angemessen? Ein Gespräch mit Claudia Major, Sicherheitsexpertin bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (rbb).
Ein Jahr Ukraine-Krieg: Wo die Deutschen falschliegen
Reden die Deutschen über den Ukraine-Krieg, sind viele zweifelhafte Thesen zu hören, die auf unrealistischen Annahmen beruhen, glaubt Denis Trubetskoy, MDR-Ostblogger in Kiew. Etwa: Stoppt Waffenlieferungen, dann endet der Krieg. Oder: Gegen eine Atommacht kann man nicht gewinnen. Zum ersten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine nimmt Denis Trubetskoy diese Ansichten aufs Korn – ein ukrainischer Blick auf die deutschen Debatten über den Krieg (MDR).
UN-Resolution
UN-Vollversammlung 141 Länder fordern Russlands Rückzug
Kurz vor dem ersten Jahrestag des russischen Angriffs auf die Ukraine haben 141 der 193 UN-Mitgliedstaaten in einer Resolution einen sofortigen russischen Truppenabzug gefordert. Sieben Staaten stimmten bei einer Sondersitzung der UN-Vollversammlung gegen den Resolutionstext: Belarus, Nordkorea, Eritrea, Mali, Nicaragua, Syrien und Russland. 32 Staaten enthielten sich, unter ihnen China und Indien. Die Resolution in der UN-Vollversammlung enthält die Forderung nach einem „umfassenden, gerechten und dauerhaften Frieden” und nach dem Rückzug Moskaus aus der Ukraine. Ferner sieht sie unter anderem auch die Wahrung der territorialen Integrität der Ukraine vor (Tagesschau).
Russlands Ukraine-Krieg: Welche Wirkung hat eine UN-Resolution?
Die EU und die Ukraine wollen mit einer erneuten UN-Resolution am Donnerstag Russland zum sofortigen Rückzug aus dem Kriegsgebiet bewegen. Doch welche Wirkung und Rolle haben solche Beschlüsse (WDR)?
Die Lage an der Front
Angriff auf Cherson
Russland habe abermals Wohnhäuser und wichtige Infrastruktur angegriffen. Laut Wolodymyr Selenskyj zielten die Angriffe „unbarmherzig“ auf Zivilisten ab. Die schweren Angriffe auf Cherson hätten sich wieder einmal auch gegen zivile Ziele gerichtet, sagte Selenskyj. Getroffen wurden demnach Wohngebiete, ein Hochhaus, ein Parkplatz und eine Haltestelle. Es gab Todesopfer und Verletzte (Welt).
Keine Zeit nachzuladen – Russland schickt Truppen in den „Fleischwolf Bachmut”
Die ukrainischen Truppen stehen seit Wochen unter Dauerbeschuss. Die Methode Moskaus, unerfahrene Kämpfer als Kanonenfutter einzusetzen, bringt Kiew in Bedrängnis. In Bachmut wie auch an anderen Stellen der Ostfront setze Moskau die gleiche Taktik ein, erklärt der dortige ukrainische Kommandeur. Gruppen von je zehn Mann würden kurz hintereinander zum Angriff auf ukrainische Stellungen losgeschickt. Die ersten Wellen könnten sie noch abwehren. „Wenn die fünfte kommt, nimmt sie unseren Schützengraben ein, weil wir gar keine Zeit haben, unsere Waffen nachzuladen und sie zu töten“, beschreibt er das Vorgehen der russischen Truppen. „Sie kümmern sich nicht um das Leben ihrer Soldaten.“ Dennoch gibt sich der ukrainische Kommandeur zuversichtlich, dass die ukrainische Front hält (n-tv).
Putins Rede zur Lage der Nation
Wladimir Putin: Rede zur Lage der Nation am 21.2.2023
(n-tv YouTube)
„Glaube an die imperiale Größe Russlands“
Was bezweckte Kreml-Chef Putin mit seiner Rede und mit der Aufsetzung des Abrüstungsvertrags „New Start”? Das erklärt Sarah Pagung, Russland- und Sicherheitsexpertin bei der Körber-Stiftung, im Interview (Tagesschau).
Putins Rede markiert den „Beginn eines neuen Wettrüstens“
Russlands Präsident Putin hält drei Tage vor dem ersten Jahrestag des Kriegsbeginns in der Ukraine eine Rede an die Nation. Sicherheitsexperte Weber misst den Aussagen keine allzu große Bedeutung bei. Auch, wenn das „letzte Element wechselseitiger Rüstungskontrolle“ kollabiere, befeuere die Ansprache „keine schlimmen Erwartungen“ (n-tv).
Verwaiste ukrainische Kinder – Verschleppung und Zwangsadoption
Verschleppung ukrainischer Kinder
Einem Bericht zufolge geht die ukrainische Regierung davon aus, dass mindestens 14.000 Kinder aus russisch besetzten Gebieten verschleppt wurden. Die Kinder sollen aus den Dörfern nach Russland gebracht worden sein, um sie zu „russifizieren“. Russland bestreitet die Vorwürfe. Auch die internationale Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer ist laut einem Bericht des ZDF-Magazins „frontal“ in die systematische Verschleppung ukrainischer Kinder durch Russland verstrickt. Die Hilfsorganisation prüfe nun die Fälle und will Vorwürfe gegen Praktiken in Russland aufklären (Tagesspiegel).
Die verschwundenen Kinder von Cherson
Der russische Angriffskrieg hat ukrainische Familien auseinandergerissen – Eltern wurden getötet, Kinder zu Waisen. Entführung und Adoption berauben sie nun auch ihrer Heimat und Identität (ZDF).
Cherson: Ukrainische Kinder vor den Russen schützen
In der Region Cherson nimmt ein psychosoziales Zentrum ukrainische Waisen und Kinder aus schwierigen Verhältnissen auf, um sie davor zu schützen, nach Russland gebracht zu werden. Laut einem Bericht von Amnesty International soll Russland zahlreiche angeblich verwaiste ukrainische Kinder verschleppt haben, um sie von russischen Familien adoptieren zu lassen. Eine Reportage ukrainischer Reporter (arte).
Weitere Berichte
Putin setzt Russlands Teilnahme am nuklearen Abrüstungsvertrag mit den USA aus
Der russische Präsident Wladimir Putin hat angekündigt, Russlands Beteiligung am Atomwaffen-Kontrollvertrag „New Start” auszusetzen. Das am 5. Februar 2011 in Kraft getretene „New Start”-Abkommen begrenzt die Nukleararsenale Russlands und der USA auf je 800 Trägersysteme und 1550 einsatzbereite Atomsprengköpfe. Es ist das einzige noch verbliebene große Abkommen zur Rüstungskontrolle zwischen den USA und Russland. Die NATO hat den russischen Präsidenten zur Achtung des Atomwaffen-Kontrollvertrags aufgerufen. Generalsekretär Jens Stoltenberg appellierte an den Kremlchef, „seine Entscheidung zu überdenken und geltende Verträge zu achten“ (Spiegel).
Bidens symbolischer Polen-Besuch
Kurz vor dem Jahrestag des Ukraine-Kriegs reist US-Präsident Biden nach Polen. Tatsächlich hat die Reise vor allem symbolische Bedeutung. Der Besuch soll den Staaten am Ostrand der NATO zeigen, dass die Unterstützung der USA nicht wackelt. Er habe eine globale Koalition aufgebaut und sich gegen Putins Aggression gestellt, so Biden in seiner Rede. Diese Koalition habe bis heute gehalten und die NATO enger zusammengebracht. Biden wird sich in Warschau mit Vertretern der neun osteuropäischen NATO-Staaten treffen (Tagesschau).
Treffen im „Bukarest-9”-Format
Bei seinem Polen-Besuch hat sich US-Präsident im Rahmen des sogenannten „Bukarest-9”-Formats auch mit den neun östlichen NATO-Mitgliedstaaten getroffen. Dabei bekräftigte er die Beistandspflicht der NATO: „Artikel 5 ist eine heilige Verpflichtung, die die Vereinigten Staaten eingegangen sind. Wir werden buchstäblich jeden Zentimeter der Nato verteidigen.” An dem Treffen nahm neben Biden auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg teil. Mitglieder der eigentlichen Gruppe sind Polen, Rumänien, Bulgarien, Ungarn, Tschechien, die Slowakei sowie die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen. Als Reaktion auf den Angriff Russlands auf die Ukraine und die Annexion der Krim-Halbinsel 2014 bildeten im Jahr darauf, auf Initiative Rumäniens und Polens, neun Staaten in Bukarest die Gruppe der Neun (B9). Diese östlichen Mitgliedsstaaten der NATO wollen angesichts der Bedrohungslage durch Russland bei der Verteidigung der östlichen Flanke der Allianz eng zusammenarbeiten und erhalten dabei Unterstützung von den übrigen NATO-Mitgliedern.
17. Februar 2023
Die Lage an der Front
Heftige russische Angriffe
Vor dem Jahrestag des Angriffskriegs auf die Ukraine nimmt die Gewalt von russischer Seite zu. Auf einem Friedhof wurden frische Gräber entdeckt. (taz).
Ukrainische Regierung ruft Zivilisten in Bachmut zur Flucht auf
Angesichts der schweren Kämpfe in der ostukrainischen Stadt Bachmut hat die Regierung die Einwohner zur Flucht aufgefordert. „Wenn Sie zurechnungsfähige, gesetzestreue und patriotische Bürger sind, sollten Sie sofort die Stadt verlassen“, appellierte Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschukin am Freitag im Nachrichtenkanal Telegram an die vermutlich nur noch wenige Tausend Verbliebenen. Der Regierung zufolge wurden zuvor fünf Zivilisten getötet und neun verletzt. (Salzburger Nachrichten).
Wagner-Chef erwartet Einnahme von Bachmut im März oder April
Seit Monaten ist die ostukrainische Stadt Bachmut hart umkämpft. Laut dem Chef der russischen Söldnertruppe Wagner hätte die Stadt schon vor Neujahr eingenommen werden können. Aus welchen Gründen das seiner Meinung nach nicht passierte. (Rheinische Post).
Schlacht um Bachmut: Russland und Ukraine kämpfen „wie um Verdun“
Die erbitterten Kämpfe im östlichen Bachmut dauern an. Seit sieben Monaten stehen sich hier ukrainische und russische Truppen gegenüber. Vergleiche mit dem Ersten Weltkrieg werden laut. (Frankfurter Rundschau).
Münchner Sicherheitskonferenz
Worum es bei der Münchner Sicherheitskonferenz geht
In München startet an diesem Freitag die Sicherheitskonferenz, das größte sicherheitspolitische Treffen weltweit, und sie steht ganz im Zeichen des russischen Kriegs gegen die Ukraine. Was kann dabei rauskommen? Wird es weitere militärische Hilfen für Kiew geben? Fest steht bislang vor allem: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, der 2022 noch persönlich nach München reiste, eröffnet das Treffen von Regierungsvertretern und Experten aus fast 100 Ländern mit einer Videoansprache am Mittag. (n-tv).
Chef der Sicherheitskonferenz: „Auf Putin ist kein Verlass“
Christoph Heusgen leitet die am Freitag beginnende Münchner Sicherheitskonferenz. Und fordert vorab die Lieferung von Kampfjets an die Ukraine. (taz).
Weitere Geschehnisse und Berichte
Ukrainische Bevölkerung in Deutschland mehr als versiebenfacht
Seit Kriegsbeginn sind mehr als eine Million Menschen hierhergekommen - und die meisten fühlen sich willkommen. Inzwischen sind Ukrainer die zweitgrößte ausländische Bevölkerungsgruppe. (Süddeutsche Zeitung).
Russia Today verbreitet in der EU weiterhin Propaganda – mit Unterstützung einer Luxemburger Firma
Russia Today verbreitet weiter Moskaus Propaganda in der EU. Eine Luxemburger Firma hilft mit einem deutschem Server. Eine Recherche von CORRECTIV und taz. (taz).
Philosoph Habermas plädiert für schnelle Verhandlungen mit Putin
Der Philosoph Jürgen Habermas hat zu Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Beendigung des Ukraine-Kriegs aufgerufen. Ein «für beide Seiten gesichtswahrender Kompromiss» sei nicht auszuschließen, schrieb der 93 Jahre alte Intellektuelle in einem Beitrag für die „Süddeutsche Zeitung“. (Die ZEIT).
Ukraine beschlagnahmt Oligarchenvermögen und konkretisiert Forderungen nach Kampfflugzeugen
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schließt Verhandlungen aus, solange Russland sich nicht zurückzieht. Dazu umreißt er, woher sich Kiew Kampfjets wünscht. Und: Millionenvermögen verstaatlicht. Die jüngsten Entwicklungen. (Der Spiegel).
14. Februar 2023
NATO-Treffen der Verteidigungsminister in Brüssel
NATO-Treffen zum Ukraine-Krieg
Die umfangreiche Militärhilfe stellt das westliche Verteidigungsbündnis inzwischen vor handfeste Probleme. So könne die NATO nicht weitermachen, sagte NATO-Generalsekretär Stoltenberg bereits vor dem Treffen der Partnerländer. Die Munitionsfabriken kommen dem Verbrauch der Ukraine kaum hinterher. Die Lieferzeiten liegen derzeit bei rund 28 Monaten. „Wir müssen mehr produzieren, um die ukrainischen Streitkräfte zu versorgen und gleichzeitig sicherstellen, dass wir genug Munition haben, um jeden Quadratzentimeter des Bündnisgebietes zu verteidigen", so Stoltenberg. Bei den Beratungen in Brüssel drängt Stoltenberg deshalb darauf, dass die Mitgliedstaaten mehr Munition bestellen und die Fabriken ihre Produktionskapazitäten erweitern. Die Frage der Kampfflugzeuge hält Stoltenberg aktuell für eher zweitrangig (Tagesschau).
NATO-Verteidigungsminister beraten über Militärhilfe und Munition
Bei dem Treffen der Verteidigungsminister der 30 NATO-Staaten in Brüssel wird es abermals um den Krieg in der Ukraine gehen. Das westliche Verteidigungsbündnis befinde sich in einem „Logistikrennen”, bei dem es darum gehe, die Ukraine rechtzeitig vor neuen russischen Offensiven mit Munition, Treibstoff und Ersatzteilen zu versorgen, um die bisher gelieferten Waffen nutzen zu können, so NATO-Generalsekretär Stoltenberg im Vorfeld. Und auch der generelle Ausbau der Waffenbestände im Bündnis soll ein Thema sein sowie die geplante Stärkung der Ostflanke der NATO, nach der die Zahl der Soldaten in hoher Einsatzbereitschaft von 40.000 auf 300.000 erhöht werden soll (Zeit).
NATO-Gipfel – „Die europäischen Staaten schlafwandeln in ein Lieferketten-Desaster“
Waffenlieferungen für die Ukraine, Großaufträge für die Industrie und NATO-Mitgliedschaften für Finnland und Schweden: Es gibt viel zu diskutieren auf dem zweitätigen Gipfel der NATO-Bündnisstaaten in Brüssel. Wie robust ist die europäische Rüstungsindustrie derzeit aufgestellt? Wo liegen die Probleme der europäischen Verteidigungspolitik? Und wann werden die skandinavischen Länder Schweden und Finnland der NATO beitreten können? Fragen an Bruno Lété, Senior Fellow für Sicherheit und Verteidigung beim German Marshall Fund der USA in Brüssel (WirtschaftsWoche).
Weitere Informationen rund um die NATO sowie aktuelle Treffen und Beschlüsse
UN-Resolution für den Frieden
UN-Resolutionsentwurf fordert bedingungslosen Abzug Russlands aus der Ukraine
Am 24. Februar jährt sich der Beginn des russischen Überfalls auf die Ukraine. Anlässlich dieses Jahrestages möchte die UN auf ihrer anstehenden Vollversammlung Bedingungen für einen Frieden formulieren. Ein gerechter und dauerhafter Frieden müsse die Souveränität, Unabhängigkeit, Einheit und territoriale Unversehrtheit der Ukraine sicherstellen, heißt es in dem von der Ukraine und ihren Unterstützern vorbereiteten Resolutionsentwurf. Russland müsse sein Militär sofort, vollständig und bedingungslos hinter die international anerkannten Grenzen der Ukraine zurückziehen. Ferner fordert der Entwurf die Freilassung aller Kriegsgefangenen und unrechtmäßig festgehaltenen Menschen. Zwangsdeportierte und Internierte müssten in ihre Heimat zurückkehren dürfen. In der UN-Vollversammlung besitzt Moskau, anders als im Sicherheitsrat, kein Vetorecht, um Beschlüsse zu verhindern. Die Vollversammlung hat die russische Aggression wiederholt verurteilt. Allerdings sind die Beschlüsse im Gegensatz zu Sicherheitsratsbeschlüssen nicht bindend (rnd).
Manifest für den Frieden von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht
Manifest für den Frieden
„Wir fordern den Bundeskanzler auf, die Eskalation der Waffenlieferungen zu stoppen. Jetzt! Er sollte sich auf deutscher wie europäischer Ebene an die Spitze einer starken Allianz für einen Waffenstillstand und für Friedensverhandlungen setzen”, so der Appell (change.org).
Manifest für Frieden – „Quere“ Lagerbildung gegen den politischen Mainstream
Viele, auf den ersten Blick ganz unterschiedliche Prominente haben sich dem Manifest von Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht angeschlossen, so etwa die Politiker Peter Gauweiler von der CSU, Günther Verheugen von der SPD und auch Tino Chrupalla von der AfD, ferner die Theologin Margot Käßmann, der Sänger Reinhard Mey, der Satiriker Martin Sonneborn und die Schauspielerinnen Hanna Schygulla, Jutta Speidel und Katharina Thalbach. Über die Bandbreite der Unterzeichnenden, die dahinter liegenden Motivationen und wie das alles zusammenpasst der Soziologe Oliver Nachtwey im Interview (Deutschlandfunk Kultur).
Wagenknecht und Schwarzer warnen vor Ausweitung des Krieges
In ihrer Petition warnen Alice Schwarzer und Sahra Wagenknecht vor einer „Rutschbahn Richtung Weltkrieg und Atomkrieg”. Die Ukraine könne zwar – unterstützt durch den Westen – einzelne Schlachten gewinnen, aber keinen Krieg gegen eine Atommacht. Verhandeln heiße nicht kapitulieren. Verhandeln heiße, Kompromisse machen, auf beiden Seiten, mit dem Ziel, weitere Hunderttausende Tote und Schlimmeres zu verhindern. Dieser Meinung sei auch die Hälfte der deutschen Bevölkerung (NDR).
„Manifest für Frieden“: Käßmann fordert Verhandlungen mit Russland – Generalleutnant a. D. widerspricht
Auch die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland Margot Käßmann hat sich dem Aufruf angeschlossen. Aus Sicht des Generalleutnants a. D. Brauß ist die Forderung nach Friedensgesprächen naiv (Deutschlandfunk).
Zum Wagenknecht-Manifest – Für einen gerechten Frieden
Laut Wagenknechts und Schwarzers Manifest wäre Frieden leicht zu erreichen – mit Verhandlungen statt Panzern. Die Argumentation dahinter ist bestenfalls naiv, sagt die Friedensforscherin Ursula Schröder (n-tv).
Kritik an Petition – „Russland könnte Krieg jederzeit beenden”
Die von Sahra Wagenknecht und Alcie Schwarzer gestartete Petition suggeriert mit ihren Aussagen, dass der Ukraine am besten geholfen werden könne, indem Waffenexporte gestoppt würden und man sich für Friedensverhandlungen eingesetze. Das sei ein Trugschluss, sagt Michael Zinkanell, zukünftiger Direktor des Austria Instituts für Europa- und Sicherheitspolitik (AIES). Denn nicht die Waffenlieferungen setzten den Krieg fort, sondern Russland, das die Ukraine angegriffen habe. „Russland könnte den Krieg jederzeit beenden – eine Option, die die Ukraine als sich verteidigendes Land nicht hat“ (Tagesschau).
10. Februar 2023
Die Lage an der Front – Erwartete russische Offensive offenbar begonnen
Neue russische Offensive – Luftalarm in der gesamten Ukraine
Im gesamten Land herrschte am Morgen Luftalarm. Mehrere Hochspannungsanlagen im Osten, Süden und Westen der Ukraine seien von russischen Raketen getroffen worden, so die Mitteilung des staatlichen Netzbetreibers. Inzwischen wurde landesweit eine Notabschaltung der Stromversorgung angeordnet. In der im Südosten der Ukraine gelegenen Stadt Saporischschja soll es die schwersten Luftangriffe seit Beginn der russischen Invasion vor knapp einem Jahr gegeben haben. Die Hauptstadt Kiew wurde ebenfalls attackiert. Die Behörden riefen die Bevölkerung auf, Schutzräume aufzusuchen. Die erwartete Offensive Russlands habe begonnen, vor allem in den Gebieten Luhansk und Donezk, hatte der ukrainische Militärgeheimdienst gestern mitgeteilt (Deutschlandfunk).
Russische Offensive hat begonnen
Nach ukrainischen Angaben ist die russische Offensive im Osten des Landes in vollem Gange. Besonders in Städten wie Bachmut, Awdijiwka und Wuhledar, um die bereits seit mehreren Wochen schwere Kämpfe geführt werden, eskalieren laut des Gouverneurs der Region Donezk „die Kräfte und Mittel des Feindes mit täglicher Intensität. Sie versuchen, diese Gebiete und wichtigen Städte einzunehmen, um neue Erfolge zu erzielen” (rnd).
Russland startet Offensive in Ostukraine
Das russische Militär hat nach Einschätzung des örtlichen Gouverneurs die Angriffe in der Ostukraine deutlich verstärkt. Die russische Armee versuche, die ukrainischen Linien bei Kreminna zu durchbrechen, sagte der Gouverneur der Region Luhansk Die erwartete Offensive habe wohl begonnen. Das liegt einerseits am näher rückenden Jahrestag der Invasion, andererseits am drohenden Witterungsumschwung. Die Zeit für die russische Armee drängt. Und Putin will einen Erfolg vorweisen (n-tv).
Russische Offensive – Munition und Einheiten fehlen
Russische Truppen kommen in der Offensive zur Eroberung des Gebiets Donezk nach britischer Einschätzung bislang nur schrittweise voran. Den Streitkräften sei es in den vergangenen Monaten lediglich gelungen, „mehrere Hundert Meter" pro Woche zu erobern, teilte das Verteidigungsministerium in London mit. Dies liege mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit daran, dass Russland nun die für erfolgreiche Offensiven erforderliche Munition und Manövriereinheiten fehlten (n-tv).
„Undankbare Aufgabe”: Wie erschöpft ist Russland?
Offiziell mühen sich die Propagandisten des Kreml um Zuversicht und stellen eine "Offensive" in Aussicht. Doch gut informierte Blogger verbreiten eher Pessimismus, und innerhalb des Putin-Regimes scheint das gegenseitige Misstrauen zu wachsen (BR).
Erbitterte Schlacht um Bachmut – fällt die Stadt bald?
Die umkämpfte ukrainische Stadt Bachmut in der Ostukraine ist nach Einschätzung britischer Militärexperten zunehmend von russischen Truppen eingekreist. Es verdichten sich die Hinweise, dass die Stadt bald fallen könnte. Welche Folgen hätte dies, was hat der Kampf gebracht und welche Strategien vermuten Experten? Ein Überblick.
EU-Gipfel in Brüssel
Selenskyj wird in Brüssel gefeiert – doch er bringt Europa in Verlegenheit
Dem ukrainischen Präsidenten wurde beim EU-Gipfel ein Heldenempfang bereitet. In seiner Rede beschreibt Selenskyj Russland als „antieuropäische Macht“, der sich die EU und die Ukraine gemeinsam entgegenstellten. „Die Ukraine verteidigt sich zusammen mit Europa gegen Russland“, sagte er und bedankte sich bei den Bürgern der EU für ihre Unterstützung. Nach seiner Rede erklang die ukrainische Nationalhymne. Die Botschaft, die von diesem Tag ausgeht, ist unmissverständlich: Die Ukraine ist keine russische Einflusszone, sie ist Teil von Europa. Doch seine Forderungen nach Kampfjets und einem raschen EU-Beitritt stoßen nicht nur auf Zustimmung. Aus Furcht, selbst in den Krieg mit Russland verwickelt zu werden, wäre bei Kampfjets für die meisten EU-Staaten eine rote Linie überschritten. Das Wagnis einer Lieferung an die Ukraine wollen sie, bislang zumindest, nicht eingehen (Handelsblatt).
EU-Gipfel – Keine schnellen Jet-Lieferungen an Ukraine
Beim EU-Gipfel hat sich keines der Unterstützerländer in der Frage einer möglichen Lieferung von Kampfjets an die Ukraine festgelegt. Die Ukraine kann nach französischen Angaben nicht mit schnellen Kampfjet-Lieferungen rechnen. Dies sei keinesfalls „in den kommenden Wochen“ möglich, sagte Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Er schließe aber nichts grundsätzlich aus, betonte Macron. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte nach dem Gipfel, Kampfjets seien für ihn „kein Gesprächsthema” gewesen. Ukraines Präsident Selenskyj sprach von „positiven Signalen". Er habe „von der Bereitschaft gehört, nötige Waffen zu schicken, auch Kampfjets". Zu konkreten Zusagen äußerte sich Selenskyj jedoch nicht (Tagesschau).
Weitere Geschehnisse und Berichte
Ukraine meldet Überflug russischer Raketen über Rumänien und Moldau
Ehe sie in der Ukraine einschlugen, haben zwei vom Schwarzen Meer aus abgefeuerte russische Kalibr-Raketen nach Darstellung Kiews den Luftraum Moldaus und Rumäniens überflogen. Das postete Walerij Saluschnyj, Oberbefehlshaber der ukrainischen Streitkräfte, in sozialen Medien. Moldau bestätigte offenbar den Überflug einer einzelnen Rakete, Rumänien dementiert (Spiegel).
Politologe: EU-Beitritt der Ukraine ist ein „Balanceakt”
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht am Donnerstag bei einem EU-Sondergipfel in Brüssel. In der Frage, wie schnell die Ukraine der EU beitreten kann, sind sich die Mitgliedstaaten uneinig. Nicolai von Ondarza von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) geht davon aus, das es noch mindestens zehn Jahre dauern wird (rbb).
Weitere Informationen: EU-Beitritt der Ukraine – Stand der Verhandlungen – Pro Contra
3. Februar 2023
EU-Ukraine-Treffen in Kiew
Balanceakt für die EU-Kommission: Parallelwelten in Kiew
Der Besuch der EU-Kommission ist in mehrerer Hinsicht ein Balanceakt. Während draußen der Krieg tobt, will das Team um Präsidentin von der Leyen der Selenskyj-Regierung drinnen Hoffnung machen - ohne aber zu viel zu versprechen. (Tagesschau).
EU verhängt neue Sanktionen gegen Russland
Die EU steht weiter an der Seite der Ukraine. Das haben die 16 Spitzenpolitiker in Kiew deutlich gemacht. Sie kündigten neue Sanktionen gegen Russland an – zum Jahrestag des Angriffskriegs. Über eine EU-Mitgliedschaft wird weiter verhandelt. (Tagesschau).
Blick der Ukrainer auf die EU: „So etwas wie ein Paradies.“
Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Würde - dafür kämpfen viele Menschen in der Ukraine seit Jahren. Die EU ist dabei zum Symbol für Hoffnung auf ein besseres Leben geworden - für das manche bereit sind zu sterben. (Tagesschau).
Weitere Geschehnisse und Berichte
NATO wirft Russland Bruch von Atomwaffenvertrag vor
Im Streit um das letzte große Abrüstungsabkommen zwischen den USA und Russland werfen sich beide Länder Vertragsbruch vor. Nun gab die Nato eine gemeinsame Erklärung ab. (Die ZEIT).
Stalingrad-Gedenken in Russland
Stalingrad-Gedenken in Russland :Aktualisierte Erinnerung Am 2. Februar 1943 kapitulierte die Wehrmacht in Stalingrad. 80 Jahre danach nutzt Russland das für seine Propaganda im Krieg gegen die Ukraine. (taz).
Bundesregierung erteilt Ausfuhrgenehmigung für Leopard-1 Panzer
Die Bundesregierung hat eine Exportgenehmigung für Kampfpanzer des Typs „Leopard 1“ in die Ukraine erteilt. Das bestätigte Regierungssprecher Hebestreit, ohne weitere Einzelheiten zu nennen. (Tagesschau).
Januar 2023
Januar 2023
27. Januar 2023
Die Lage an der Front
Neue Welle russischer Angriffe
Die Ukraine hat eine weitere Welle russischer Raketenangriffe gemeldet. Sowohl in der Region Kiew als auch in anderen Regionen wie Odessa kam es zu Bombardierungen (Tagesschau).
Lage in der Ostukraine
Russland habe seine Frontlinie in dem Gebiet in der Oblast Luhansk in den vergangenen Tagen wahrscheinlich verstärkt, teilte das britische Verteidigungsministerium in seinem regelmäßigen Geheimdienst-Update mit. Es habe dort umfassende neue Verteidigungsanlagen errichtet und werde seinen Fokus wahrscheinlich darauf legen, die Position zu halten. Das russische Militär stehe in der Nähe der ostukrainischen Kleinstadt Kreminna unter anhaltendem Druck der ukrainischen Streitkräfte (n-tv).
Offensive bei Bachmut
Bei ihrer Offensive zur Einnahme der Stadt Bachmut in der Ostukraine stößt Russland auf erbitterten Widerstand. Die Söldner der berüchtigten Gruppe Wagner haben jüngst hohe Verluste hinnehmen müssen, weshalb sie nun offenbar durch konventionelle russische Truppen ersetzt werden sollen. Bachmut steht seit Wochen im Zentrum der Kämpfe in der Ostukraine. Die Stadt befindet sich nur wenige Kilometer entfernt von dem vor zwei Wochen von Russland eingenommenen Ort Soledar (rnd).
Sicherheitssexpertin: Russland vor „Frühjahrsoffensive”
Die angekündigten Kampfpanzer haben für die Ukraine laut Sicherheitssexpertin Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) großen Nutzen, sobald sie in etwa „zwei, bis drei Monaten” an der Front einsetzbar seien. Im besten Fall könnten ukrainische Truppen „russische Linien durchbrechen und eigene Territorien befreien”, so Major im ZDF-Morgenmagazin. Zumindest aber seien sie mit den Kampfpanzern „deutlich besser aufgestellt” im Hinblick auf die zu erwartende „Frühjahrsoffensive” Russlands.
Panzerlieferungen an die Ukraine
Scholz zu Panzerlieferungen
Nach wochenlangem Zögern hat sich Bundeskanzler Olaf Scholz für die Lieferung von Leopard-2-Panzern an die Ukraine entschieden. Am Mittwoch kam die offizielle Bestätigung durch den Regierungssprecher: Die Ukraine bekommt eine Kompanie von 14 Kampfpanzern des Typs Leopard-2-A6 von Deutschland. Die Bundesregierung soll ihre Zusage an Panzerlieferungen aus den USA geknüpft haben. Laut US-Medien ist Präsident Biden bereit, die Ukraine mit rund 30 Abrams-Kampfpanzer zu unterstützen (ZDF).
„Leopard” und „Abrams” – Der Panzerpakt von Scholz und Biden
Deutschland und die USA haben sich darauf geeinigt, Kampfpanzer in die Ukraine zu liefern. Nach den „Leopard“-Zusagen erhält die Ukraine auch „Abrams“-Panzer. Die US-Regierung will 31 „Abrams“-Kampfpanzer an die Ukraine liefern. Verteidigungsminister Pistorius ist sich in den Tagesthemen sicher: Völkerrechtlich sei man auf der sicheren Seite (Tagesschau).
USA liefern 31 „Abrams“-Kampfpanzer
Nun hat es auch US-Präsident Biden bestätigt: Die USA wollen der Ukraine 31 Kampfpanzer vom Typ M1 „Abrams“ liefern. Bis zur Auslieferung könnten aber noch Monate vergehen. Die Kampfpanzer würden „die Fähigkeit der Ukraine verstärken, ihr Territorium zu verteidigen und ihre strategischen Ziele zu erreichen“, so Biden. „Es ist keine offensive Bedrohung für Russland“, betonte der US-Präsident. „Es geht darum, der Ukraine zu helfen, ukrainisches Land zu verteidigen und zu schützen.“ Russland könne den Krieg jederzeit beenden und seine Truppen aus der Ukraine abziehen (Tagesschau).
Bei Panzerlieferungen an Ukraine – Russlands Parlamentschef droht mit „globaler Katastrophe”
Seit Kriegsbeginn gehört das Säbelrasseln zu Moskaus Strategie. In die aktuelle Debatte mischt sich nun auch Duma-Chef Wolodin ein. Für den Fall von Kampfpanzerlieferungen an die Ukraine hat er auf Telegram vor einer möglichen „Tragödie weltweiten Ausmaßes“ gewarnt. Russland werde noch „mächtigere Waffen“ einsetzen, falls die USA und die Staaten der NATO Waffen an Kiew lieferten, die dafür genutzt werden könnten, Gebiete zurückzuerobern (n-tv).
Völkerrecht zu Panzerlieferungen: Wann wird man Kriegspartei?
Berlin will „Leopard“-Panzer an die Ukraine liefern. Die Schwelle zur Konfliktpartei wäre aus Sicht von Völkerrechtlern damit nicht überschritten (ZDF).
Weitere Beiträge
Europarat fordert wegen des Ukraine-Krieges einstimmig ein Sondertribunal
Der Europarat hat einstimmig die Einrichtung eines internationalen Sondertribunals gefordert. Mit 100 Ja-Stimmen und einer Enthaltung verabschiedeten die Vertreter der 46 Mitgliedstaaten eine Resolution. Sie fordert, die Regierungs- und Militärspitze in Russland und in Belarus, die die Aggression gegen die Ukraine „geplant, vorbereitet, eingeleitet oder ausgeführt“ habe, zur Verantwortung zu ziehen (Tagesspiegel).
Weitere Informationen über Kriegsverbrechen in der Ukraine
NATO-Norderweiterung: Warum Erdogan Schwedens Beitritt blockiert
Der türkische Staatschef treibt mit seiner Blockade einen Keil in das NATO-Bündnis. Dahinter steht vor allem innenpolitisches Kalkül. Lachender Dritter ist Kremlchef Putin. Der finnische Außenminister erklärte daraufhin, Finnland könnte gezwungen sein, einen NATO-Beitritt auch ohne seinen langjährigen Verbündeten Schweden in Betracht zu ziehen (/RND).
Weitere Informationen über die NATO, aktuelle Treffen und Entwicklungen
20. Januar 2023
Ukraine-Konferenz in Ramstein
„Das ukrainische Volk sieht uns zu. Der Kreml sieht uns zu“
Die Ukraine-Unterstützer kommen in Ramstein zusammen, um über neue Waffenlieferungen zu beraten. Zu Beginn war Präsident Selenskyj zugeschaltet. Die emotionalsten Worte fand jedoch US-Verteidigungsminister Austin (Der Spiegel).
US-Verteidigungsminister sieht „entscheidenden Moment“ für die Ukraine
Zu Beginn des Treffens in Ramstein appelliert Lloyd Austin an die Verbündeten: Jetzt dürfe man nicht langsamer werden. Die russische Armee formiere sich gerade neu (Die ZEIT).
USA verkünden neue Hilfen – keine Kampfpanzer
Zum Auftakt des Treffens in Ramstein kündigt US-Verteidigungsminister Austin neue Militärhilfen für die Ukraine an. Und er sagt: „Wir müssen noch weitergehen“ (ZDF).
Gibt Berlin jetzt die Kampfpanzer frei?
Das Treffen wird mit Spannung erwartet: Am Vormittag kommen Minister und ranghohe Militärs in Ramstein zusammen, um über neue Ukrainehilfen zu beraten. Darum geht es in der Runde (Der Spiegel).
Weitere Geschehnisse und Berichte
EU-Parlament für Sondertribunal
Mit großer Mehrheit hat das EU-Parlament ein Sondertribunal zum Krieg gegen die Ukraine gefordert. Es soll russische Kriegsverbrechen ahnden – bis hinauf zu Präsident Putin. Aber nicht alle EU-Abgeordneten sind davon überzeugt (Tagesschau).
Europäische Länder sagen Kiew neue militärische Unterstützung zu
Ein Bündnis aus europäischen Staaten verspricht der Ukraine mehr Waffen und militärisches Gerät. Im strategischen Teil der gemeinsamen Erklärung ist auch von Kampfpanzern die Rede (Der Spiegel).
Panzerlieferungen an die Ukraine – keine Zeit für langes Warten
Vor dem Ukraine-Treffen der westlichen Alliierten in Ramstein wächst der Druck auf die Bundesregierung, Lieferungen des „Leopard“-Kampfpanzers zu genehmigen. In Polen will man darauf offenbar nicht mehr warten. (Tagesschau).
NATO-Befehlshaber hält Risiken von Kampfpanzerlieferungen für beherrschbar
Könnte Russland deutsche Panzerlieferungen als Provokation auffassen? Der Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte in Europa hält das Risiko für beherrschbar. Nötig sei ein „Gleichgewicht aller Systeme“ (Der Spiegel).
18. Januar 2023
Die Lage an der Front – Russland hat Soledar eingenommen
Ukraine bestätigt Verlust von Soledar
Nachdem lange unklar war, ob Russland die ukrainische Stadt Soledar eingenommen hat, gab der Kommandeur einer ukrainischen Drohneneinheit nun den Verlust der Stadt bekannt. Lange hatte sich vor allem Präsident Selenskyj gegen die Bestätigung gesträubt. Es wird angenommen, dass die Einkreisung Bachmuts das nächste Ziel ist (n-tv).
Einnahme von Soledar bei Bachmut - Russlands erster Erfolg seit Langem
Im Norden nahmen die russischen Truppen, die sich hauptsächlich aus Angehörigen der Söldnergruppe Wagner und Eliteeinheiten zusammensetzen, nach einer Woche intensiver Kämpfe die kleine Bergbaustadt Soledar ein. Die ukrainischen Truppen haben sich nach erheblichen Verlusten weitgehend geordnet zurückgezogen. Die Einnahme von Soledar hat für Russland vor allem symbolische Bedeutung. Es ist der erste Sieg, den die „militärische Sonderoperation" seit Juli 2022 verbuchen kann. Die russischen Hoffnungen, dass die Einnahme von Soledar den Weg zur Einnahme von Bachmut ebnen könnte, scheinen daher übertrieben zu sein (ZDF).
Darum wird seit Monaten um Bachmut gekämpft
Seit einem halben Jahr kämpfen Russland und die Ukraine um Bachmut. Beim Kampf um die die einstige 70.000-Einwohner-Stadt sterben Tausende Soldaten auf beiden Seiten - ohne dass sich die Frontlage großartig verändert. Die Russen wollen die Festung Bachmut mit aller Gewalt einnehmen, um sich weiter Richtung Landesinnere zu bewegen. Für die ukrainische Armee geht es wiederum darum, die russischen Angreifer an der zweiten Verteidigungslinie aufzuhalten und in monatelangen Kämpfen aufzureiben (n-tv).
13. Januar 2023
Die Lage an der Front – Heftige Kämpfe in der Ostukraine
Lage in Soledar und Bachmut – Selenskyj verstärkt Truppen
Die ukrainischen und russischen Truppen liefern sich seit Tagen heftige Kämpfe um die Städte Bachmut und Soledar in der Ostukraine. Sowohl Kiew als auch Moskau dementieren die Behauptung der Söldnertruppe Wagner, wonach Soledar unter russischer Kontrolle stehe. Präsident Selenskyj möchte nun weitere Verstärkung in die Region schicken, um die ukrainischen Streitkräfte weiter in ihrem Kampf um die Verteidigung Soledars zu unterstützen. Bereits seit einigen Wochen versucht das russische Militär, die ukrainischen Verteidigungslinien in dieser Region der Ukraine zu durchbrechen. Nach wie vor verfolgen sie das Ziel, die gesamte Region Donezk, die Moskau bereits völkerrechtswidrig annektiert hat, unter russische Kontrolle zu bringen (n-tv).
Lage in Soledar: Kiew bestreitet Einnahme
Nach tagelangen schweren Kämpfen um die ostukrainische Stadt Soledar hatten Angehörige der berüchtigten russischen Söldnertruppe Wagner die Eroberung des Ortes verkündet. Die Ukraine widerspricht dieser Darstellung. Die Städte Soledar und Bachmut sind Teil des ukrainischen Verteidigungswalls vor dem Ballungsraum zwischen Slowjansk und Kramatorsk und daher von großer strategischer Bedeutung. Die Einnahme des Gebiets wäre aus russischer Sicht ein bedeutender Schritt hin zur Eroberung des gesamten Donbass (ZDF).
Debatte über Kampfpanzer
Leopard-Panzer für die Ukraine: Wer jetzt liefern will
Die EU-Partner und das Europaparlament wollen Leopard-Kampfpanzer aus deutscher Produktion in einer koordinierten Aktion an Kiew übergeben. Berlin verweigert bisher die Exportgenehmigung. Welche Länder zeigen Bereitschaft, Kampfpanzer an die Ukraine zu liefern? Ein Überblick (Tagesspiegel).
Kanzler unter Zugzwang
Großbritannien, Polen und die Ukraine erhöhen in der „Leopard”-Debatte den Druck auf die deutsche Bundesregierung. Nach einem Telefonat mit US-Präsident Joe Biden vergangener Woche hatte Bundeskanzler Olaf Scholz den Beschluss verkündet, der Ukraine erstmalig 40 Schützenpanzer vom Typ „Marder” zukommen zu lassen. Die „Marder”-Entscheidung läutet eine neue Phase deutscher Waffenlieferungen ein, die nun auch den Ruf nach dem „Leopard”-Kampfpanzer lauter werden lässt. Ohne „Leopard” an seiner Seite sei der „Marder” weitgehend wirkungslos, so der von militärischer Seite flankierte Ruf aus der Politik (Tagesschau).
Polen will liefern
In der Debatte um die Lieferung westlicher Kampfpanzer an die Ukraine macht Polen Druck. Sein Land habe bereits die Entscheidung getroffen, im Rahmen einer Koalition mit verbündeten Staaten den Ukrainern „Leopard”-Kampfpanzer für eine Kompanie zu überlassen, sagte Präsident Andrzej Duda. Nach Angaben eines polnischen Militärexperten umfasst der Begriff „Kompanie“ 14 Kampfpanzer. Ferner fordert Polen, was die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine anbelangt, die Bildung einer internationalen Koalition, bei der dann auch andere Länder Kampfpanzer vom Typ Leopard „und andere” beisteuern würden. Diese müssten dann zeitnah an die Ukraine überstellt werden (Tagesschau).
Großbritannien erwägt Lieferung von Challenger-2-Kampfpanzern
Großbritannien erwägt die Lieferung von Kampfpanzern an die Ukraine. Bis zu zehn Fahrzeuge vom Typ Challenger 2 könnten demnach zur Abwehr der russischen Angriffe an das Land gehen. Im Gegensatz zum Leopard-2 mit 42 Schuss Munition besitzt der Challenger 2 insgesamt 50 Geschosse. Das deutsche Modell ist dagegen deutlich mobiler. Es erreicht in der Spitze ein Tempo von bis zu 72 km/h und hat eine maximale Reichweite von etwa 500 Kilometern. Das britische Modell kommt auf etwa 60 km/h Geschwindigkeit mit einer Reichweite von bis zu 450 Kilometern (RND).
Chancen für Verhandlungen und Frieden?
Westfälischer Frieden: Vorbild für ein Ende des Ukraine-Kriegs?
Vor 375 Jahren wurde der Westfälische Frieden ausgehandelt, ein einzigartiger Friedensvertrag, der den Dreißigjährigen Krieg beendete. Was können wir von damals für die aktuelle Situation in der Ukraine ableiten? Man brauche für einen Friedensschluss den uneingeschränkten Willen zum Frieden, so die Friedensforscherin Siegrid Westphal.Man müsse auch bereit sein, Kompromisse zu schließen. Das alles setze voraus, dass man Vertrauen hat in den Verhandlungspartner. Wenn dieses Vertrauen nicht da ist, dann muss Vertrauen erst mal aufgebaut werden.
Momentan sei auf beiden Seiten keinen Friedenswillen erkennbar, so Westphal. Da gebe es immer noch diese Kriegsrhetorik der Eroberung. Soll Frieden entstehen, muss auch das gegenseitige Vertrauen vorhanden sein, dass sich auch an bestimmte Versprechungen gehalten wird, die gemacht werden. Zurzeit befinde sich der Krieg in einer Phase, in der jede Seite den Krieg gewinnen will und dann mit dem Sieg im Rücken einen Frieden schließen möchte (NDR)
Wie stehen die Chancen um einen Frieden in der Ukraine?
Der Krieg in der Ukraine sei das Resultat eines Versuches der USA, nach dem Ende des Kalten Krieges in Europa eine Sicherheitsordnung über die von ihr dominierte NATO und unter Ausschluss Russlands aufzubauen, so Michael von der Schulenburg, ehemaliger stellvertretender Generalsekretär der Vereinten Nationen. Die USA verfolgten eigene machtpolitische und keine selbstlosen humanitären Ziele in der Ukraine. Die Ukraine sei nur durch ihre strategische Lage zwischen Europa und Asien zum Kriegsschauplatz geopolitischer Interessen geworden. Bei einer Friedenslösung dürften daher auch die eigentlichen ukrainischen Interessen, trotz aller öffentlicher Solidaritätsbezeugungen, nur eine untergeordnete Rolle spielen. Einen wirklichen Frieden in der Ukraine und damit auch in Europa könne es nur geben, wenn es möglich werde, eine neue, von der NATO weitestgehend unabhängige Sicherheitsstruktur in Europa zu errichten, um so, wie in der Charta von Paris der OSZE von 1990 gefordert, ein gemeinsames Haus Europa ohne Trennlinien zu schaffen. Das ginge nur mit einer europäischen Sicherheitsstruktur, die Russland einschließe. Hierfür seien aber die aktuellen Aussichten ausgesprochen schlecht (Telepolis).
Putin die Grenzen aufzeigen
Verhandlungen mit Russland seien derzeit unrealistisch. Damit es eine Chance für Diplomatie geben könne, müsse Moskau erst militärisch gestoppt werden, so Jana Puglierin vom European Council on Foreign Relations. Der Westen selbst habe ein überragendes Interesse daran, dass Putin keinerlei Gewinn aus seinem Angriffskrieg zieht. Seine Ambitionen seien eine Gefahr für ganz Europa. Wenn er erneut damit durchkomme, Teile eines anderen Staates in revisionistischer Absicht mittels Gewalt und nuklearer Erpressung unter seine Kontrolle zu bringen, lade dies zur Wiederholung an anderer Stelle ein, sei es durch Russland oder einen anderen Staat (IPG-Journal).
6. Januar 2023
Die Lage an der Front
Putin ordnet Feuerpause über orthodoxe Weihnachten an
Vor dem orthodoxen Weihnachtsfest hat Kremlchef Putin eine 36-stündige Feuerpause angekündigt - und Kiew aufgefordert, ebenfalls die Waffen ruhen zu lassen. Die Ukraine lehnt das ab: Zuerst müsste Russland aus besetzten Gebieten abziehen. (Tagesschau).
Kiew befürchtet „zynische Falle“ hinter angekündigter Feuerpause
Die von Kremlchef Putin angekündigte Feuerpause zum orthodoxen Weihnachtsfest stößt in der Ukraine auf wenig Begeisterung. Präsident Selenskyj sprach von einem „Deckmantel“, auch westliche Politiker reagierten zurückhaltend. (Tagesschau).
Weiter schwere Kämpfe in Bachmut
Auch am Silvesterwochenende hat Russland ukrainische Städte aus der Luft angegriffen. Präsident Selenskyj nannte die russischen Soldaten „erbärmliche“ Terroristen. Besonders umkämpft bleibt die Frontstadt Bachmut im Osten. (Tagesschau).
Panzerlieferungen für die Ukraine
Frankreich will Ukraine Spähpanzer liefern
Immer wieder hatte der ukrainische Präsident Selenskyj die EU und NATO um Kampfpanzer gebeten – jetzt legt Paris vor. Frankreich kündigte an, Radpanzer des Typs AMX-10 RC zu liefern. Wann und wie viele Fahrzeuge Kiew erhält, ist noch nicht klar. (Tagesschau).
Deutschland liefert Marder-Panzer
Nach der Zusage Frankreichs für Spähpanzer kündigen nun Deutschland und die USA an, Schützenpanzer an die Ukraine zu liefern. Wie viele, blieb zunächst unklar. (Die ZEIT).
Weitere Geschehnisse und Berichte
Caritas erwartet wieder mehr Flüchtlinge
Fast acht Millionen Ukrainer sind bisher laut UN-Flüchtlingshilfe in europäische Länder geflohen. Die Hilfsorganisation Caritas rechnet nun wegen der zerstörten Infrastruktur und sinkender Temperaturen mit einer weiteren Welle. (Tagesschau).
Neujahrsrede des Kreml-Chefs: Putin wirft Westen Lügen und Heuchelei vor
Auch der russische Präsident hat eine Neujahrsrede gehalten – diesmal nicht im Kreml sondern in einem Militärstützpunkt. Dem Westen warf er vor, Russland zerstören zu wollen und die Ukraine dafür zu benutzen. (Tagesschau).
Cyber-Attacken durch russische Hacker
Der Ukraine-Krieg findet auch in der Cyberwelt statt: Ein Institut in Genf hat hunderte Attacken registriert, auch in Deutschland. (ZDF).
Dezember 2022
Dezember 2022
30. Dezember 2022
Neue Angriffswelle auf die Ukraine
Ukraine wehrt Drohnenangriffe ab
Die ukrainische Flugabwehr hat nach Behördenangaben in der Nacht Drohnenangriffe in Kiew und Umgebung sowie im Osten des Landes abgewehrt. Die Stadtverwaltung in Kiew berichtete über den weitgehend glimpflichen Verlauf der nächtlichen Attacke. Fünf Drohnen wurden demnach über der Hauptstadt abgeschossen. Russland hat seit gestern erneut einen massiven Raketenangriff gestartet, um die kritische Infrastruktur für die Energieversorgung der Ukraine lahmzulegen (n-tv).
Angriffswelle auf die Ukraine
Russland überzieht die Ukraine nach Militärangaben aus Kiew erneut mit massiven Raketenangriffen. Im ganzen Land wurde am Donnerstagmorgen Luftalarm ausgelöst. Auch in der Hauptstadt Kiew waren mehrere schwere Explosionen im Zentrum zu hören. Russland greift seit Oktober immer wieder intensiv die ukrainische Energie-Infrastruktur an. Dabei kommen nun vermehrt Drohen, sogenannte Kamikaze-Drohnen, zum Einsatz (n-tv).
Ukrainische Infrastruktur im russischen Fadenkreuz
Russland versucht mit erneuten Attacken auf die kritische Infrastruktur die Moral der Ukrainer zu brechen. Seit Kriegsbeginn sollen mehr als 700 wichtige Objekte zerstört worden sein. Bereits seit Oktober nimmt das russische Militär speziell Anlagen der Energieversorgung in der Ukraine ins Visier. Durch den ständigen Beschuss mit Raketen, Marschflugkörpern und Kamikaze-Drohnen ist das ukrainische Stromnetz stark beschädigt. Immer wieder kommt es zu plötzlichen Notabschaltungen – und dies in der kalten, dunklen Winterzeit, in der die Menschen nun streckenweise ohne Licht ausharren müssen, teilweise auch abgeschnitten von der Wärme- und Wasserversorgung (Tagesschau).
Ausblick – Wie wird es weitergehen?
Sicherheitsexpertin Claudia Major: „Ende des Krieges in weiter Ferne“
Wie realistisch ist ein Großangriff auf Kiew und Moldau? Wie kann der Krieg in der Ukraine enden? Und was wird aus Russland, wenn es den Krieg verliert? Im Interview blickt Sicherheitsexpertin Claudia Major auf den Krieg in der Ukraine und die Folgen für die Welt (RND).
„Die Ukrainer verstehen, dass das Russland-Problem gelöst werden muss”
Der ukrainische Journalist Denis Trubetskoy berichtet über die Stimmung in Kiew, die Kriegsziele der Ukraine, die „russische Brille” der deutschen Medien und den überraschenden Optimismus der Ukrainer (n-tv).
„Russland will die Ukraine zum Angriff zwingen”
Oberst Markus Reisner geht davon aus, „dass die Ukraine über den Winter versuchen wird, weiter in die Offensive zu gehen, soweit das möglich ist, während Russland sich eher defensiv verhalten wird". Die Russen würden darauf setzen, dass die ukrainische Armee dann im Frühjahr geschwächt sein wird. „Bis dahin werden auch die mobilisierten Kräfte in Massen an der Front angekommen sein.” Die bisherigen Waffenlieferungen des Westens seien für die Ukraine „zu viel, um zu sterben, und zu wenig, um zu leben” (n-tv).
Interview mit Putin im russischen Staatsfernsehen
Kreml-Chef Wladimir Putin wiederholt im Interview das Narrativ eines bedrohlichen Westens. Er sei bereit zu verhandeln. Aber die Unterstützer der Ukraine wollten Russland zerreißen (Tagesspiegel).
Ukraine-Krieg: Wie sicher ist Putins Macht?
Was passiert, wenn Putin seine Kriegsziele in der Ukraine nicht erreicht? Wie sicher die Macht des Kremlchefs ist, darüber spricht Geheimdienstexperte Andrej Soldatow im Interview (ZDF).
24. Dezember 2022
Die Lage an der Front
Selenskyj warnt vor Angriffen an Weihnachten
Der ukrainische Präsident hat die Menschen aufgefordert, wegen möglicher russischer Attacken über die Feiertage besonders wachsam zu sein. Und: Save the Children sieht eine besondere Belastung für Familien. Die jüngsten Entwicklungen. (Der Spiegel).
Russland verstärkt Süd- und Ostfront
Die an den Fronten in der Süd- und Ostukraine stationierten russischen Streitkräfte erhalten nach Angaben Kiews Verstärkung. Beide Kriegsparteien zeigen sich weiter siegessicher. (ZDF).
Britische Geheimdienste zweifeln an russischer Armeeaufstockung
Eine Verstärkung der russischen Truppen dürfte nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes schwierig werden. Moskau plant, die Armee auf 1,5 Millionen Soldaten zu vergrößern. (ZDF).
Tote bei russischem Beschuss von Cherson
Im Zentrum der Stadt Cherson sind durch russischen Beschuss mindestens sieben Menschen getötet worden, fast 60 wurden nach ukrainischen Angaben verletzt. Die russische Armee hatte sich im Herbst aus Cherson zurückgezogen. (Tagesschau).
Schwerer Luftangriff auf Kiew
Mehrere Drohnen iranischer Bauart haben die Infrastruktur der ukrainischen Hauptstadt beschossen. Es soll der stärkste Angriffe auf Kiew seit Kriegsbeginn sein. Auch in übrigen Landesteilen gab es Luftangriffe. (Tagesschau).
Russland gibt Belagerung der Stadt Bachmut auf
Seit Kriegsbeginn versucht Russland, die strategisch wichtige Stadt Bachmut im Donbass einzunehmen. Doch bisher scheitert Moskau dort, die ukrainische Verteidigung zu knacken. (ZDF).
Selenskyj besucht die USA
Ukrainischer Präsident hält Rede im US-Kongress
Empfang mit langem Applaus: Der ukrainische Präsident hat eine Rede vor dem US-Kongress gehalten - und dabei nicht nur für bisherige Hilfen gedankt, sondern auch eindringlich auf weitere Unterstützung gepocht. (Tagesschau).
Große Emotionen im Kapitol
Vor dem US-Kongress zieht der ukrainische Präsident Wolodimir Selenski alle Register. Sein Ziel? Andauernde Unterstützung. (taz).
Biden sichert Selenskyj weitere Hilfe zu
US-Präsident Biden hat seinem ukrainischen Amtskollegen Selenskyj Beistand bei der Verteidigung gegen Russland zugesichert. "Sie werden niemals allein sein", sagte er bei einer gemeinsamen Pressekonferenz. Selenskyj dankte für die Hilfe. (Tagesschau).
Nach Selenskyjs Rede: Russland wirft USA „indirekten Krieg“ vor
Der Kreml reagiert mit scharfer Kritik auf den Besuch des ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Washington. Doch die richtet sich vor allem gegen die USA. Russland sieht sich einem „indirekten Krieg“ durch die US-Regierung ausgesetzt. (Tagesschau).
US-Kongrss billigt Haushalt mit Milliardenhilfe für die Ukraine
Nach dem US-Senat hat auch das Repräsentantenhaus dem neuen Haushaltsgesetz zugestimmt. Es sieht Hilfen in Höhe von rund 45 Milliarden Dollar für die Ukraine vor. (Die ZEIT).
Weitere Geschehnisse und Berichte
Putin überzeugt von russischem Sieg
In einer Rede vor dem Verteidigungsministerium zeigt sich der russische Präsident siegessicher: Sein Land werde alle militärischen Ziele in der Ukraine erreichen. Zugleich schwor er Truppen und Bevölkerung auf einen anhaltenden Konflikt ein. (Tagesschau).
Putin besucht Belarus
Russlands Präsident Putin meidet schon länger offizielle Reisen ins Ausland. Doch nun empfing ihn Staatschef Lukaschenko in Belarus. Die Ukraine schaut mit Argwohn auf das Treffen, könnte Belarus doch aktiv in den Krieg eintreten. (Tagesschau).
Verhandlungen als Ausweg?
Wie denken Russinnen und Russen über Verhandlungen mit der Ukraine? Eine knappe Mehrheit ist aktuell dafür. Putin gibt an, dafür offen zu sein – ohne von seinen Positionen abzurücken. (Tagesschau).
Die Putin-Blase: Russischer Präsident wird offenbar nur bedingt informiert
Geschönte Briefings, veraltete Updates von der Front: Laut einem Medienbericht wird Wladimir Putin von seinem Stab nur bedingt über die Lage in der Ukraine informiert – offenbar aus Angst, den Präsidenten zu verärgern. (Der Spiegel).
Russen reißen offenbar Theater in Mariupol ab
Das Theater in Mariupol wurde zum Symbol russischer Kriegsverbrechen. Nun haben die Besatzer wohl begonnen, das Gebäude abzutragen. Ukrainische Politiker sehen darin den Versuch, Beweise zu vernichten. (Der Spiegel).
Ukrainische Flüchtlinge – für das Land ein großer Verlust
Je länger der Krieg dauert, desto mehr Geflüchtete werden in Deutschland bleiben. Kurzfristig bringt das viele Probleme mit sich, langfristig viele Chancen. Doch für das Heimatland ist es eine Katastrophe. (Süddeutsche Zeitung).
Stimmen aus der Ukraine: Was bedeutet Frieden für die Ukrainer?
Was bedeutet Frieden für Menschen im Krieg? Drei Ukrainerinnen und Ukrainer erzählen von friedlichen Momenten, von Bitterkeit und einem anderen Weihnachtsfest. (taz).
Kriegsverbrechen in Butscha: Neue Dokumente belegen das Ausmaß der Gräueltaten
Die „New York Times“ hat Videos und andere Quellen aus dem Vorort von Kiew ausgewertet. Sie machen es jetzt offenbar möglich, die mutmaßlichen Kriegsverbrechen einem Regiment der russischen Armee zuzuordnen. (Süddeutsche Zeitung).
Putin nennt Krieg „Krieg“ – russischer Lokalpolitiker fordert Konsequenzen
Der russische Präsident erntet Kritik: Auf einer Pressekonferenz hat Putin von einem „Krieg“ anstelle von einem „Sonder-Militäreinsatz“ gesprochen – laut Gesetz eine Straftat. Ein russischer Lokalpolitiker hat daher nun rechtliche Schritte gegen Putin gefordert.Putin habe sich nicht an den offiziellen Begriff gehalten, sondern „den Krieg einen Krieg genannt“, erklärte der Abgeordnete Nikita Juferew aus St. Petersburg am Donnerstagabend in Onlinemedien. (ZDF).
16. Dezember 2022
Die Lage an der Front
Massive russische Raketenangriffe in mehreren Regionen
Russland hat nach ukrainischen Angaben eine neue Angriffsoffensive mit Raketen gestartet. Es wurden Explosionen aus der Hauptstadt Kiew, aus Charkiw und aus Odessa gemeldet. Im ganzen Land hat es nach ukrainischen Angaben Luftalarm gegeben. (Die ZEIT).
Ukraine erwartet russischen Großangriff zu Beginn des neuen Jahres
Die Ukraine geht von einer neuen russischen Großoffensive im Januar und Februar aus. Dmytro Kuleba, der Außenminister des Landes, nannte fortlaufende Mobilisierungen und Einberufungen sowie die Verlegung schweren Geräts an die Front als Hinweise dafür. Diese Einschätzung deckt sich mit der des US-amerikanischen Thinktanks Institute for the Study of War (ISW). Schon seit einiger Zeit geht das ISW davon aus, dass mit dem Fortschreiten des Winters das Tempo der Offensiven zunehmen werde. (Die ZEIT).
London: Angriff aus Belarus unwahrscheinlich
Britische Geheimdienste halten eine erfolgreiche russische Offensive im Norden der Ukraine aus Richtung Belarus derzeit für unwahrscheinlich. Zwar habe Moskau in Belarus kürzlich weitere Reservisten stationiert und das Land selbst habe vor wenigen Tagen die Kampfbereitschaft seiner Streitkräfte inspiziert, doch sei aktuell nicht anzunehmen, dass die belarussischen Truppen und russischen Einheiten eine Streitmacht bilden könnten, die in der Lage wäre, einen erfolgreichen Angriff auf den Norden der Ukraine durchzuführen. (ZDF).
Winterkrieg: Russen schlecht gewappnet
Die Kämpfe werden auch im Winter nicht nachlassen. Während die Ukraine die Wetterbedingungen wahrscheinlich für sich nutzen kann, dürften sie für Russland kaum Vorteile bringen. (ZDF).
Heftige Kämpfe im Donbass
Die Donbass-Region in der Ostukraine ist einmal mehr Schauplatz schwerer Gefechte zwischen ukrainischen und russischen Truppen. Die Regierung in Moskau meldet Geländegewinne, die ukrainische Armee schlägt mit Angriffen auf Donezk und Melitopol zurück. (Tagessschau).
Weitere Geschehnisse und Berichte
Geberkonferenz für die Ukraine
Mehr als eine Milliarde Euro sind bei der Geberkonferenz für die Ukraine zusammengekommen. Die Bundesregierung hilft dabei mit einer weiteren Millionensumme. Auch seltene Gäste beteiligten sich an dem Treffen in Paris. (Tagesschau).
Lieferung von Patriot-Raketenabwehrsystem: USA weisen russische Warnungen zurück
Die US-Regierung hat Warnungen Russlands vor einer Lieferung des Raketenabwehrsystems Patriot an die Ukraine zurückgewiesen. Man werde sich aus Moskau nicht diktieren lassen, welche Unterstützung man der Regierung in Kiew zukommen lasse, sagte Pentagon-Sprecher Pat Ryder am Donnerstag. (ZDF).
NATO: Deutliche Budgeterhöhung
Angesichts einer „gefährlicheren Welt“ erhöhen die 30 Mitglieder das aktuelle Gemeinschaftsbudget - und senden ein Signal an Russland. Auch künftig wollen die Nato-Länder mehr in Verteidigung investieren. (Süddeutsche Zeitung).
Rheinmetall baut neue Munitionsfertigung in Deutschland auf
Rheinmetall baut in Deutschland eine umfangreiche neue Munitionsfertigung mit dem Ziel einer unabhängigen Versorgung der Bundeswehr auf. Die Anlagen für sogenannte Mittelkalibermunition sollen im Januar fertig sein, wie das Unternehmen mitteilte. (Die ZEIT).
Jeder vierte Geflüchtete will dauerhaft in Deutschland bleiben
Mehr als jeder dritte Kriegsgeflüchtete aus der Ukraine möchte entweder für immer oder zumindest für mehrere Jahre in Deutschland bleiben. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Befragung, an der unter anderem das Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge sowie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung mitgewirkt haben. (Die ZEIT).
Kiew wirft Russland Folter von Kindern vor
Der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte wirft Moskau vor, Kinder misshandelt zu haben. In der Region Cherson soll offenbar eine Folterkammer mit Kinderzelle gefunden worden sein. (ZDF).
9. Dezember 2022
Die Lage an der Front
Neue Angriffswelle gegen ukrainische Infrastruktur
Russland hat in den vergangenen Tagen mit einer neuen Welle von Raketenangriffen auf die Infrastruktur der Ukraine begonnen. Dabei hat das russische Militär nach Angaben der ukrainischen Luftabwehr knapp 70 Marschflugkörper eingesetzt. Ein großer Teil sei von strategischen Bombern aus großer Entfernung, etwa über dem Kaspischen Meer, gestartet worden, hieß es. 22 Lenkwaffen vom Typ „Kalibr“ seien von Schiffen im Schwarzen Meer abgefeuert worden (Tagesspiegel).
Russische Truppen verstärken Angriffe in Ostukraine
Die russischen Streitkräfte treiben ihre Offensive in der Ostukraine voran, indem sie ihre Luft- und Bodenangriffe auf mehrere Städte und Dörfer vor allem in der Region Donezk fortsetzen. In der Nähe der Stadt Lyssytschansk verlegte Russland mehr Truppen, um zu versuchen, das Dorf Bilohoriwka einzunehmen, wie der ukrainische Gouverneur der Region sagte. Die Angriffswelle sorgte erneut für Stromausfälle in der Ukraine (Tagesschau).
Angriffe auf russische Stützpunkte
Attacken auf russische Stützpunkte im Hinterland – Putin beruft Sicherheitsrat ein
Die Ukraine hat laut russischen Angaben drei Flughäfen in Russland mit Drohnen angegriffen. Die Ukraine hat sich nicht zu den mutmaßlichen Angriffen bekannt. Teilweise dienen die Stützpunkte Putin für Bombardements der Ukraine – und sind Teil der nuklearen Abschreckung. Als Reaktion auf die Angriffe hat Wladimir Putin am Dienstag den Sicherheitsrat seines Landes einberufen um darüber beraten, wie die „innere Sicherheit“ des Landes gewährleistet werden könne. Mit allen verfügbaren Mitteln werde Russland kämpfen, um seine Interessen zu verteidigen, sagte Präsident Putin daraufhin im russischen Fernsehen. Als Antwort auf Angriffe auf sein Territorium und Verbündete erwäge Moskau auch den Einsatz von Nuklearwaffen. Die Gefahr eines Atomkriegs sei gestiegen, heißt es laut einem Medienbericht (Handelsblatt).
Russland wirft Kiew Drohnenangriffe auf Militärflugplätze vor
Bei Explosionen auf Militärflugplätzen in Russland sind mindestens drei Menschen getötet worden. Moskau sprach von ukrainischen Drohnenangriffen. Das russische Verteidigungsministerium warf den ukrainischen Streitkräften vor, so die russischen „Langstreckenflugzeuge außer Betrieb setzen” zu wollen. Die Drohnen seien abgefangen worden, doch ihre Trümmer seien herabgestürzt und auf den Flugplätzen explodiert (BR).
Angriffe auf russische Kontrollpunkte und Munitionsdepots
Das ukrainische Militär hat nach eigenen Angaben jüngst mehrere russische Kontrollpunkte und Munitionsdepots angegriffen. Es seien in den letzten 24 Stunden Angriffe auf elf Gebiete in der Oblast Saporischschja erfolgt, in denen russische Truppen, Waffen und militärische Ausrüstung konzentriert seien (Kyiv Independent).
Russlands Pläne
Russland will keine weiteren Gebiete einnehmen, aber die bereits annektierten vollständig „befreien”
Nach Angaben des Kremls plant Russland aktuell keine weiteren Gebiete einzunehmen. „Davon ist keine Rede”, so Kremlsprecher Dmitri Peskow. Geplant sei vielmehr weiter eine „Befreiung” der annektierten ukrainischen Regionen. Es stehe „viel Arbeit” an, um die Teile von Luhansk, Donezk, Cherson und Saporischschja unter russische Kontrolle zu bringen, die die Ukraine zurückerobert hat. Für Russland zählen die Gebiete nach der Annexion zu russischem Staatsgebiet. Die völkerrechtswidrigen Annexionen werden von der internationalen Staatengemeinschaft nicht anerkannt (heute.at).
Weitere Berichte
Blinken sieht Weg für NATO-Erweiterung frei
US-Außenminister Antony Blinken rechnet trotz der Blockadehaltung der Türkei mit einem baldigen NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands: „Beide Länder haben bedeutende, konkrete Maßnahmen ergriffen, um ihre Verpflichtungen zu erfüllen – einschließlich derjenigen im Zusammenhang mit den Sicherheitsbedenken seitens unseres Verbündeten Türkei”, sagte Blinken in Washington nach einem Treffen mit seinen Amtskollegen Pekka Haavisto aus Finnland und Tobias Billström aus Schweden. „Ich gehe davon aus, dass beide bald offiziell Mitglied werden” (n-tv).
EU plant weitere Russland-Sanktionen – Paket Nummer neun
Die EU-Mitgliedstaaten wollen an diesem Freitag über ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland beraten. Fast 200 weitere Personen und Organisationen sollen gemäß dem Vorschlag der EU-Kommission und des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell mit individuellen Sanktionen belegt werden, darunter drei weitere Banken. Neue Exportrestriktionen sollen den russischen Zugang zu Drohnen und ihren Komponenten beschneiden; das betrifft insbesondere deren Motoren. Außerdem soll die Ausstrahlung von vier weiteren russischen Sendern verboten werden. Vorgesehen sind auch zusätzliche Maßnahmen gegen den Bergbau- und Energiesektor (FAZ).
5. Dezember 2022
Die Lage an der Front
US-Geheimdienste zweifeln an Russlands Kapazitäten für Frühlingsoffensive
Fehlender Nachschub, sinkende Moral: Laut US-Geheimdienstexperten bröckelt Russlands Stärke im Ukrainekrieg. In Kiew sei man auf eine neue Offensive nach dem Winter besser vorbereitet. (Der Spiegel).
Russland zahlt laut Großbritannien hohen Preis für Angriffe auf Bachmut
Russische Truppen versuchen offenbar, die Stadt Bachmut in der Region Donezk einzukesseln. Selbst eine erfolgreiche Eroberung würde sich strategisch nicht lohnen, urteilt Großbritannien. (Der Spiegel).
Der Konflikt friert nicht ein: Auswirkungen des Winters auf den Krieg
Mit dem Winter ändert sich der Krieg. Die Soldaten auf beiden Seiten kämpfen nun auch noch mit Matsch, Schnee und eisiger Kälte. (taz).
Angriffe auf ukrainische Infrastruktur: Schwierige Lage im Winter
Was bedeutet der Kriegswinter für die Ukraine?
Der erste Schnee fällt, die Temperaturen sinken unter null. Russische Truppen beschießen derweil weiter ukrainische Städte. Wie wird sich der Winter auf das Leben der Bevölkerung und den Fortgang des Kriegs auswirken? Der Artikel der Tagesschau fasst Antworten auf die wichtigsten Fragen zusammen. (Tagesschau).
Häufige Stromausfälle erschweren das Leben im Winter
Bei häufigen Blackouts wegen der russischen Angriffe müssen die Ukrainer*innen ihren Lebensrhythmus umstellen. Was bedeutet das für die Menschen, die in der Ukraine leben? (taz).
Weitere Geschehnisse und Berichte
Putin wirft Scholz in Telefonat „zerstörerische Linie“ vor
Bundeskanzler Olaf Scholz hat in einem Telefonat mit Russlands Präsident die Unterstützung für die Ukraine betont. Dies verhindere Verhandlungen, sagte Wladimir Putin. (Die ZEIT).
Russische Truppen könnten das Atomkraftwerk in Saporischja bald verlassen
Möglicherweise werden die russischen Truppen noch in diesem Jahr das Atomkraftwerk Saporischschja verlassen. So jedenfalls interpretieren ukrainische und russische Medien ein Interview mit dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Mariano Grossi, für die italienische Zeitung Repubblica. Grossi spricht da von einer Lösung für das AKW, die man wohl bis Jahresende erreichen werde. (taz).
Russland baut offenbar „Schattenflotte“ aus alten Öl-Tankern auf
Um westlichen Sanktionen gegen russisches Öl auszuweichen, hat Moskau laut einem Medienbericht mehr als hundert gebrauchte Tanker gekauft. Die Schiffe sollen den Rohstoff offenbar in andere Weltregionen befördern. (Der Spiegel).
Kiew: Sexuelle Gewalt durch Russen nimmt zu
Der ukrainische Generalstaatsanwalt prangert eine drastische Zunahme sexueller Gewalt durch russische Soldaten im Krieg an. In vier Monaten hätte sich die Zahl fast verdreifacht. (ZDF).
Russland erntet ukrainischen Weizen in Milliardenwert
Russland hat von Feldern in der Ukraine, die nicht unter der Kontrolle des Landes lägen, rund 5,8 Millionen Tonnen Weizen geerntet, teilte Nasa Harvest mit. Das entspreche demnach in diesem Jahr wohl Weizen im Wert von rund einer Milliarde Dollar (rund 950 Millionen Euro), der von ukrainischen Feldern geerntet wurde. (ZDF).
Selenskyj: Ölpreisdeckel nicht effektiv genug
Der ukrainische Präsident Selenskyj kritisiert den Ölpreisdeckel als zu „komfortabel“ für Moskau. Russland hingegen will die Obergrenze von EU und G7 nicht akzeptieren. (ZDF).
Deutschland liefert weitere Gepard Panzer
30 Gepard-Panzer sind derzeit in der Ukraine im Einsatz gegen die russische Armee, sieben weitere will die Bundesregierung bald liefern. Problematisch bleibt aber die Lieferung von Munition für das eigentlich schon ausgemusterte Modell. (Tagesschau).
1. Dezember 2022
Lage in Cherson
Russland zieht sich auch südlich von Cherson zurück
Gute zwei Wochen nach der ukrainischen Rückeroberung der Gebietshauptstadt Cherson häufen sich nach ukrainischen Angaben die Anzeichen, dass sich die russischen Besatzer auch vom Südufer des Dnipro zurückziehen. Die meisten russischen Soldaten sollen inzwischen in den Donbass verlegt worden sein, um dem Kreml den Minimalerfolg (die Eroberung von Bachmut) zu ermöglichen (Salzburger Nachrichten).
Lage in Cherson – Kein Strom, kein Wasser, keine Heizung
Die jubelnden Massen nach der Befreiung der Stadt haben sich mittlerweile in lange Schlangen verwandelt. In der vor Kurzem zurückeroberten Stadt Cherson sind viele Menschen auf humanitäre Hilfe angewiesen: kein Strom, kein fließendes Wasser, keine Heizung. Die Armut ist groß. Viele überlegen, dem Aufruf der Regierung zu folgen und die Stadt jetzt zu verlassen (Tagesschau).
Cherson – Rückkehr in eine befreite Stadt
Monatelang war Cherson russisch besetzt. Erst seit Kurzem ist die Stadt wieder unter ukrainischer Kontrolle. DW-Korrespondent Ihor Burdyga stammt aus Cherson und schildert, wie er die Rückkehr in seine Heimat erlebte (Deutsche Welle).
Mehrere Folterkammern in Cherson entdeckt
Nachdem die russischen Truppen aus Cherson abgezogen sind, starteten die Ermittlungen der Ukraine zu möglichen Kriegsverbrechen in der südukrainischen Stadt. Demnach sollen dort in den vergangenen Monaten Hunderte illegal inhaftiert und brutal gefoltert worden sein. Ukrainische Ermittler haben in Cherson vier von den russischen Besatzern genutzte Folterstätten entdeckt, in denen die „russischen Besatzer Menschen illegal festgehalten und brutal gefoltert“ hätten, teilte die Generalstaatsanwaltschaft in Kiew mit (n-tv).
Bombenhagel über befreitem Cherson
In Cherson beginnt nach dem Rückzug der russischen Armee für die dort verbliebenen Zivilisten das nächste Martyrium: Bei Bombardements auf Wohnhäuser sterben mindestens 15 Menschen, mehrere Krankenhäuser werden evakuiert (n-tv).7
Cherson beginnt mit Evakuierung
Aufgrund der äußerst schwierigen Versorgungslage in Cherson beginnt die ukrainische Regierung mit der Evakuierung von Zivilisten. Sie würden in dem als sicher geltenden Gebiet Chmelnyzkyj untergebracht und erhielten die übliche staatliche Unterstützung für Binnenflüchtlinge (t-online).
Massive Angriffe auf Infrastruktur im ganzen Land
Britischer Geheimdienst: Stromnetz-Attacken neue militärische Strategie Russlands
Nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes sind die massiven russischen Raketenangriffe auf die ukrainische Energieinfrastruktur Teil eines neuen Pfeilers der russischen Militärdoktrin. Es handele sich vermutlich um das erste Mal, dass Russland sein Konzept eines strategischen Einsatzes zur Zerstörung kritischer Ziele umzusetzen versuche, so das Verteidigungsministerium in London. Die Bevölkerung solle damit demoralisiert und die Staatsführung zur Kapitulation gezwungen werden (ZDF).
Massive Blackouts in der Ukraine – Russland kündigt weitere „Dezimierung“ an
Die Lage ist verzweifelt: Nach den massiven Angriffen durch die russischen Truppen gibt es in weiten Teilen der Ukraine weder Strom noch Wasser. Allein in Kiew sind es 80 Prozent der Haushalte. Moskau gibt an, diese Strategie weiter fortsetzen zu wollen. Sein Land werde das militärische Potenzial der Ukraine weiter dezimieren, bis Kiew eine „realistische Haltung“ zu Verhandlungen einnehme, sagte der Moskauer UN-Botschafter Wassili Nebensja. Die Angriffe auf die Infrastruktur seien die Antwort „auf das Vollpumpen des Landes mit westlichen Waffen und die unklugen Aufrufe, Kiew solle einen militärischen Sieg über Russland erringen“ (n-tv).
Ukraine fürchtet nächste russische Angriffswelle
Die Ukraine rechnet damit, dass Russland eine neue Angriffswelle auf die Energie-Infrastruktur des Landes starten wird. Nach Angaben einer Armeesprecherin wurde kürzlich ein russisches Kriegsschiff mit Raketen an Bord ins Schwarze Meer verlegt. Dies wird als Hinweis gewertet, dass die nächste russische Angriffswelle auf die Infrastruktur bevorstehe (n-tv).
Nach russischen Angriffen: Ukraine kämpft um Strom- und Wasserversorgung
Die Ukraine hat erneut massive russische Raketenangriffe auf wichtige Infrastruktur in der Hauptstadt Kiew gemeldet. Insgesamt feuerte Russland den Angaben zufolge rund 70 Raketen und Drohnen auf das Land ab. Die jüngsten russischen Angriffe haben die zivile Infrastruktur der Ukraine schwer getroffen. In Kiew fließt wieder Wasser, aber weite Teile der Stadt sind noch ohne Strom. Auch in anderen Landesteilen kommt es zu massiven Versorgungsengpässen. Es könne zu Shutdowns kommen, um die Stromnetze zu entlasten (ZDF).
UN-Sicherheitsrat – Dringlichkeitssitzung
Angriffe auf Infrastruktur – Selenskyj fordert harte UN-Reaktion
Der UN-Sicherheitsrat ist zu einer Dringlichkeitssitzung zusammengekommen. Hintergrund sind weitere schwere russische Raketenangriffe auf die Ukraine. Der ukrainische Präsident Selenskyj hat eine „sehr entschiedene Reaktion“ der Vereinten Nationen gefordert. Russland müsse deutlich als terroristischer Staat bezeichnet werden. Die Angriffe auf die kritische Infrastruktur, die zu weitreichenden Stromausfällen geführt hätten, seien „Verbrechen gegen die Menschlichkeit”. Er unterstrich, dass die Ukraine nicht die Geisel eines „internationalen Terroristen“ sein könne (Tagesschau).
UN-Sicherheitsrat: Winter als Kriegswaffe
Auf der Sitzung des Sicherheitsrats wurde das Vorgehen Russlands im Hinblick auf die Zerstörung der Infrastruktur in der Ukraine thematisiert. Nachdem die russischen Truppen in den vergangenen Wochen militärische Rückschläge erlitten hätten, scheine Moskau zu versuchen, die Ukraine über Angriffe auf die Zivilbevölkerung und ihre Versorgungswege zu schwächen. Russland benutze den Winter als Waffe, so die US-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj forderte vor dem UN-Sicherheitsrat eine noch deutlichere Verurteilung der russischen Angriffe in der Ukraine. Er forderte ferner, die Rolle Russlands im UN-Sicherheitsrates in Frage zu stellen. Als „internationaler Terrorist“ müsse man Russland von jeglichen Abstimmungen im Sicherheitsrat ausschließen und die Gerechtigkeit innerhalb der UN-Struktur wiederherstellen: „Es ist Unsinn, dass das Vetorecht der Partei gesichert wird, die diesen verbrecherischen Krieg führt“ (ZDF).
Deutsche Luftabwehr Patriot Raketen – nach Polen oder in die Ukraine?
Polen will deutsche Luftabwehr in die Ukraine verlegen
Nach dem Raketeneinschlag auf polnischem Boden soll der Luftraum von Deutschlands Nachbarn besser geschützt werden. Ein eigentlich für Polen gedachtes deutsches Flugabwehrsystem könnte laut Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki auch direkt in der Ukraine stationiert werden. Dies sei ein guter Vorschlag, um zugleich „das westliche ukrainisch-polnische Grenzgebiet und das östliche polnisch-ukrainische Grenzgebiet“ zu schützen, sagte Morawiecki in Warschau (n-tv).
Lambrecht will Flugabwehr nach Polen schicken – nicht direkt in die Ukraine
Vom polnischen Vorstoß, das Patriot-Waffensystem direkt an die Ukraine zu liefern, hält Verteidigungsministerin Lambrecht wenig. Die Patriots seien Bestandteil der integrierten Luftverteidigung der NATO und für NATO-Gebiet vorgesehen, so die Verteidigungsministerin (Spiegel).
November 2022
November 2022
18. November 2022
Raketeneinschlag in Polen: Mutmaßlich verirrte ukrainische Luftabwehrrakete
Polen will ukrainische Experten einbeziehen
Die Regierung in Kiew bezweifelt nach dem Raketeneinschlag in Polen weiterhin, dass es sich um ein eigenes Abwehrgeschoss handelte. Nun hat sich die polnische Regierung bereit gezeigt, ukrainische Experten in die Ermittlungen einzubeziehen (Tagesschau).
Polnischer Präsident sieht Hürden für Ermittlungen mit Kiew
Polens Präsident Duda hat die Einschlagstelle einer Rakete in seinem Land begutachtet. Bei gemeinsamen Ermittlungen mit der Ukraine müsse man sich an internationales Recht halten. „Wenn Gäste aus der Ukraine die laufenden Ermittlungen anschauen möchten, dann wird es möglich sein, ihnen das zu zeigen, so wie es mir heute gezeigt wurde“, sagte Duda am Donnerstag nach einem Besuch an der Einschlagsstelle in dem Dorf Przewodow. (ZDF).
UN rufen zur Deeskalation auf
Besorgt hat der UN-Sicherheitsrat auf den Raketeneinschlag in Polen reagiert. Der Vorfall sei "eine beängstigende Erinnerung an die absolute Notwendigkeit, jede weitere Eskalation zu vermeiden", sagte UN-Vertreterin DiCarlo.
Russischer Abzug aus Cherson
Menschenrechtsbeauftragter wirft Russland Folter in großem Umfang vor
Ein solches Ausmaß von Folter habe er nie gesehen: Der ukrainische Menschenrechtsbeauftragte erhebt Vorwürfe gegen Russlands Armee. Die Soldaten hatten Cherson verlassen. (Die ZEIT).
Befreit, aber mit massiven Problemen
Minen in den Straßen, zerstörte Strom- und Wasserleitungen, kein Handyempfang: Nach der Rückeroberung von Cherson wartet nun viel Arbeit auf die Ukraine. Gelitten hat auch die Umwelt. (Tagesschau).
Weitere Meldungen und Berichte
US-General: Baldiger Sieg unwahrscheinlich
Der ranghöchste US-General zweifelt an einem militärischen Sieg der Ukraine über Russland in naher Zukunft. Trotzdem versprechen die USA dem Land ihre ungebrochene Unterstützung. (ZDF).
Selenskyj: Zehn Millionen Ukrainer ohne Strom
In der Ukraine haben laut Präsident Selenskyj derzeit über zehn Millionen Menschen keinen Strom. Dies sei die Folge von russischen Angriffen auf die ukrainische Infrastruktur. (ZDF).
London: Raketenangriffe treffen Ukraine schwer
Dem britischen Verteidigungsministerium zufolge haben die jüngsten russischen Raketenangriffe die Ukraine schwer getroffen. Besonders die Energieinfrastruktur sei stark beschädigt. (ZDF).
Getreideabkommen um 120 Tage verlängert
Kurz vor dem Auslaufen der Frist ist das Getreideabkommen zwischen der Ukraine und Russland verlängert worden. Kiews Infrastrukturminister Kubrakow erklärte, der Vertrag werde 120 Tage gültig sein. UN und Türkei begrüßten den Schritt. (Tagesschau).
16. November 2022
Raketeneinschlag in Polen – Querschläger wahrscheinlich
Raketeneinschlag in Polen – Was bekannt ist und was nicht
Nach dem Einschlag einer Rakete in Polen wird weiter ermittelt. Sowohl die NATO als auch Polen halten einen gezielten Angriff für unwahrscheinlich. Was bekannt ist – und was nicht (Tagesschau).
Wahrscheinlich ukrainische Flugabwehrrakete
Nach Angaben der polnischen Regierung war eine Rakete aus russischer Produktion auf polnischem Staatsgebiet nahe der ukrainischen Grenze eingeschlagen. Zwei Menschen sind dabei offenbar ums Leben gekommen. Laut Medienberichten verdichten sich die Hinweise, dass die Rakete womöglich nicht von Russland abgefeuert wurde. Sowohl die russischen als auch die ukrainischen Streitkräfte haben Raketen aus russischer bzw. sowjetischer Produktion im Einsatz. Verschiedene Nachrichtenagenturen melden unter Berufung auf US-Vertreter, dass es sich nach ersten Erkenntnissen um eine Flugabwehrrakete handle, die ukrainische Soldaten offenbar abgefeuert hätten, um eine russische Rakete inmitten massiver russischer Angriffe auf die Energieinfrastruktur abzuwehren. Das russische Verteidigungsministerium äußerte sich zu dem Vorfall dahingehend, keine Ziele im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet beschossen zu haben. Die Ukraine weist ihrerseits die Verantwortung von sich, Präsident Selenskyj macht Russland für den Raketeneinschlag verantwortlich (Tagesschau).
NATO trifft sich wegen Explosion in Polen zu Dringlichkeitssitzung -– keine gezielte Attacke, kein Bündnisfall
Die NATO hat sich heute zu einer Dringlichkeitssitzung auf Ebene der Botschafter getroffen. Die NATO beobachte die Situation, die Verbündeten berieten sich eng, teilte NATO-Generalsekretär Stoltenberg mit. Es sei wichtig, dass dieser „tragische Vorfall” aufgeklärt und die Fakten gesichert seien, erst dann könne man entsprechende Schlüsse ziehen. Insgesamt sei Besonnenheit angesagt. Es gebe derzeit keine Anzeichen dafür, dass es sich um eine gezielte Attacke gehandelt habe. Der Vorfall ist demnach kein Anlass für einen Bündnisfall nach Artikel 5. Dennoch trage Russland letztendlich mit seinem Angriffskrieg auf die Ukraine auch die Verantwortung für derlei Vorfälle. Eventuell werden die Bündnisstaaten über eine weitere Verstärkung der Luftabwehr nachdenken (ZDF).
Polen geht nicht von Angriff aus
Nach Angaben von Polens Präsident Andrzej Duda war der Raketeneinschlag in Przewodow kein gezielter Angriff. „Absolut nichts deutet darauf hin, dass dies ein absichtlicher Angriff auf Polen war”, so Duda. Die Rakete stamme „höchstwahrscheinlich” von der ukrainischen Luftabwehr. Die deutsche Bundesregierung hat Polen nach dem Raketeneinschlag an der Grenze zur Ukraine Luftraumüberwachung angeboten (Tagesschau).
Polen hatte erwägt, Artikel 4 des NATO-Vertrags zu aktivieren
Angesichts des Vorfalls nahe der polnisch-ukrainischen Grenze hatte Warschau zunächst angekündigt, auf Artikel 4 des gemeinsamen Vertrags zugreifen zu wollen. Polens Präsident Andrzej Duda sagte in der Nacht nach dem Vorfall, es sei sehr wahrscheinlich, dass sein Land Artikel 4 aktivieren werde. Mittlerweile gab Polen bekannt, doch abwarten zu wollen, bis der Fall vollstädnig aufgeklärt sei. Der Artikel 4 wurde NATO-Angaben zufolge seit der Gründung des Bündnisses 1949 sieben Mal in Anspruch genommen. Zuletzt war das am 24. Februar 2022 der Fall. Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, die Slowakei und die Tschechische Republik hatten dies nach dem russischen Einmarsch in der Ukraine beantragt, da sie die Sicherheit ihres Landes bedroht sahen (Spiegel).
Das wäre der Weg zum NATO-Bündnisfall
Nach dem Raketeneinschlag in Polen sind viele Fragen noch offen – und die Hürden bis zum Bündnisfall wären hoch. Erst einmal in der Geschichte der NATO hat der NATO-Rat die Beistandsklausel nach Artikel 5 aktiviert, und zwar nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in New York. Welche Schritte müssen grundsätzlich erfolgen, bis es zu einem Bündnisfall kommt? (n-tv).
Sicherheitsexperte Markus Kaim über die aktuelle Lage
Wie werden die NATO-Staaten auf den Vorfall reagieren und welche Hinweise gibt es für die Ursache des Vorfalls? Markus Kaim bewertet die aktuelle Lage (n-tv).
Weitere Informationen rund um die NATO sowie aktuelle NATO-Treffen in unserem
G20-Gipfel
G20-Gipfel – Mehrheit kritisiert russischen Angriffskrieg in Abschlusserklärung
Nach langem Ringen haben sich die Mitglieder des G20-Gipfel auf eine Abschlusserklärung geeinigt. In der Erklärung verurteilte die große Mehrheit der Staats- und Regierungschefs der G20 den seit mehr als acht Monaten dauernden russischen Angriffskrieg aufs Schärfste. Russlands abweichende Haltung wurde darin ebenfalls zu Protokoll genommen (Tagesschau).
Ergebnisse des G20-Gipfel
Auch wenn der Krieg in der Ukraine auf Bali im Vordergrund stand: Neben einer gemeinsamen Erklärung zum Krieg hat der G20-Gipfel auch noch weitere Ergebnisse erzielt. So setzten sich die G20 etwa für die Verlängerung des Getreideabkommens ein. Ferner wurde ein globale Pandemie-Fonds gegründet, um Gesundheitssysteme zu stärken und Haushaltslücken zu schließen. Außerdem wurden alle G20-Mitglieder ermutigt, neue Mittel zum Kampf gegen Armut und Hunger an einkommensschwache Länder abzutreten. Dabei sollen insgesamt 100 Milliarden US-Dollar zusammenkommen. Und im Kampf gegen die Erderwärmung rief die G20 zu mehr Anstrengungen und einer besseren Finanzierung auf (ZDF).
Erneut massiver Beschuss
Nach russischen Raketenangriffen: Sieben Millionen Haushalte ohne Strom
In der gesamten Ukraine meldeten mindestens ein Dutzend Regionen Luftangriffe, darunter auch Kiew. Russische Raketenangriffe haben in vielen Teilen des Landes für Stromausfälle gesorgt. Es soll der massivste Beschuss der Energieinfrastruktur seit Kriegsbeginn gewesen sein (ZDF).
12. November 2022
Lage in Cherson – Russischer Abzug der Truppen
Russischer Rückzug aus Cherson – Ein Etappensieg für die Ukraine?
Die Gegenoffensive der Ukraine in der Region Cherson hat offenbar Erfolg. Seit Tagen hatte sich ein russischer Abzug aus der Region abgezeichnet. Nun kam die Ankündigung aus Moskau, Russland werde seine Truppen vom Westufer des Dnipro bei Cherson zurückziehen. „Das Leben und die Gesundheit der Soldaten der Russischen Föderation waren immer eine Priorität“, begründete der russische Verteidigungsminister Sergej seine Anordnung, die im russischen Staatsfernsehen gezeigt wurde (Tagesschau).
Ukraine meldet Rückeroberungen von 41 Ortschaften
Die ukrainischen Truppen rücken nach eigenen Angaben im Süden des Landes weiter vor. In dem Gebiet rund um die Stadt Cherson seien seit dem Anfang Oktober insgesamt 41 Ortschaften von den russischen Besatzern „befreit” worden, so der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. Russische Truppen setzten ihren Rückzug auf Positionen am linken Ufer des Flusses Dnipro fort. Bei ihrem Abzug aus Cherson sollen russische Truppen nach Medienberichten die Stadt verwüstet und die Infrastruktur zerstört haben (Tagesschau).
Kadyrow lobt Cherson-Rückzug und kritisiert Kreml
Unter dem Druck ständiger ukrainischer Angriffe hat Russland den Abzug des russischen Militärs aus Cherson und der gesamten Region um die Stadt angeordnet: ein herber territorialer Verlust für die Putin-Truppen. Tschetschenen-Führer Ramsan Kadyrow hat die Entscheidung Russlands begrüßt. General Sergej Surowikin habe die richtige Entscheidung getroffen und „tausende Soldaten aus einer faktischen Umzingelung gerettet", so Kadyrow. Gleichzeitig kritisierte er die militärische Führung im Kreml. Cherson sei ein sehr schwieriges Gebiet ohne die Möglichkeit einer stabilen, regelmäßigen Versorgung mit Munition und der Bildung einer starken, zuverlässigen Nachhut. „Jeder wusste, dass Cherson von den ersten Tagen der Sonderoperation an ein schwieriges Schlachtfeld war”, so Kadyrow.
„Die Russen kommen aus dieser Falle gar nicht mehr raus“
Die ukrainische Führung reagierte zurückhaltend auf Russlands Ankündigung, sich zurückzuziehen. Präsident Selenskyj fürchtet eine Falle, Militärexperte Kather glaubt, die Entscheidung, Truppen aus Cherson abzuziehen, „ist den Fakten geschuldet” und müsse klar als russische Niederlage gewertet werden. „Aufgrund der Wetterlage verwandelt sich das Gebiet kurzfristig in eine Sumpflandschaft. Es wäre militärisch verantwortungslos, dort in einen Infight zu gehen” (Zeit).
Truppenabzug aus Cherson abgeschlossen – Kreml betrachtet Gebiet Cherson trotzdem weiter als Teil Russlands
Eigenen Angaben zufolge hat Russland den Abzug seiner Truppen aus der südukrainischen Stadt Cherson und Teilen des Gebietes abgeschlossen. Es seien alle Einheiten samt Technik und Ausstattung auf die linke Uferseite des Flusses Dnipro gebracht worden. Moskau sieht das ukrainische Gebiet Cherson jedoch auch nach dem Abzug seiner Truppen weiter als russisches Staatsgebiet an. Das Gebiet Cherson bleibe Teil der Russischen Föderation, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Nachrichtenagentur Interfax zufolge. „Dieser Status ist per Gesetz bestimmt und gefestigt. Hier gibt es keine Änderungen und kann es keine geben“, sagte Peskow (rnd).
Nach Abzug aus Cherson - Russland hat Ziele „nicht verändert”
„Russland ist geschwächt, hat aber seine Ziele nicht verändert”, erklärt Claudia Major, Sicherheits- und Militärexpertin von der Stiftung Wissenschaft und Politik. Trotz des Rückzugs seiner Armee aus der strategisch wichtigen Stadt Cherson verfolge Russland weiter dieselben Ziele im Krieg gegen die Ukraine. „Wir müssen davon ausgehen, dass, sobald sich die Truppen erholt haben, Russland auch wieder losschlagen wird" (ZDF).
Weitere Berichte
USA schätzen russische und ukrainische Opferzahl auf je 100.000
Der Krieg in der Ukraine bringt hohe Opferzahlen auf russischer und ukrainischer Seite mit sich. Beide Kriegsparteien halten sich mit offiziellen Angaben zurück. Die USA schätzen, dass auf beiden Seiten 100.000 Soldaten getötet oder verwundet werden. Militärexperten rechnen damit, dass auf einen getöteten Soldaten drei bis vier verwundete kommen. Das würde bedeuten, dass die Zahl der Getöteten bei rund 20.000 bis 25.000 auf beiden Seiten liegen würde. Die Ukraine ihrerseits gibt die Zahl getöteter russischer Soldaten aktuell mit mehr als 77.000 an. Die Kreml-nahe russische Zeitung „Readovka” meldete Ende April 13.414 getötete russische Soldaten. Mit der Bekanntgabe eigener Opferzahlen hielten sich bislang beide Seiten zurück. Unabhängig überprüfen lässt sich keine der genannten Angaben (n-tv).
Neue Militärhilfe aus Washington – Ukraine erhält weiteres US-Luftabwehrsystem
Zur Unterstützung der Ukraine im russischen Angriffskrieg stellen die USA dem Land weitere Militärhilfen zur Verfügung, wie das US-Verteidigungsministerium bekanntgab. Die militärische Unterstützung für Kiew aus den USA beläuft sich damit auf insgesamt rund 19 Milliarden Dollar seit Beginn der Amtszeit von US-Präsident Joe Biden Anfang 2021. Zu dem neuen Paket gehörten vor allem auch vier Avenger-Luftabwehrsysteme und Stinger-Raketen sowie Raketen für Hawk-Luftabwehrsysteme. Erst Anfang der Woche hatte die Ukraine die Ankunft des Luftverteidigungssystems NASAMS aus den USA gemeldet. Angesichts der unablässigen und brutalen Luftangriffe Russlands auf kritische Infrastruktur der Ukraine seien zusätzliche Luftverteidigungskapazitäten von entscheidender Bedeutung, so die Vize-Sprecherin des Pentagons (n-tv).
G20-Gipfel – Putin wird nicht vor Ort teilnehmen
In der kommenden Woche findet das Gipfeltreffen der 20 großen Industrienationen statt. Kremlchef Putin wollte eigentlich zum G20-Treffen nach Bali reisen – nun meidet er das wichtige Treffen doch und schickt Außenminister Lawrow. Eine Teilnahme Putins per Videoschalte wäre allerdings noch eine Option. Laut der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA könne sich Putin vorstellen, virtuell am Gipfel teilzunehmen. Auch der ukrainische Präsident Selenskyj wurde zum Gipfel eingeladen, obwohl sein Land nicht zur G20 gehört. Selenskyj hatte seine Teilnahme zunächst abgesagt. Er wolle dem Treffen nicht beiwohnen, sollte Putin mit dabei sein. Nun hat er doch seine Teilnahme per Videoschalte angekündigt. Die Absage bietet dem ukrainischen Präsidenten neue Möglichkeiten (Spiegel).
4. November 2022
Die Lage an der Front
Schwere Kämpfe um Soledar und Bachmut
Die Ukraine hat von intensiven Kämpfen mit russischen Einheiten im Donbass besonders um die Städte Bachmut und Soledar berichtet. „Dutzende Angriffe an einem Tag“ seien zurückgeschlagen worden, sagte die stellvertretende Verteidigungsministerin Hanna Maljar am Mittwoch im ukrainischen Fernsehen. Rücke die russische Armee vor, antworte die Ukraine umgehend mit einer Gegenattacke. (ZDF).
Treffen der G7-Außenminister in Münster
Winterhilfspaket für die Ukraine
Auf dem Treffen der G7-Außenminister in Münster hat Außenministerin Annalena Baerbock eine koordinierte Aktion wirtschaftsstarker Demokratien zur Winterhilfe für die Ukraine angekündigt. „Den gemeinsamen Sanktionen, die wir auf den Weg gebracht haben, denen folgen jetzt die gemeinsamen Winterhilfen von G7-Partnern“, sagte sie zum Auftakt der Beratungen im westfälischen Münster. (Tagesschau).
Weitere Berichte und Geschehnisse
Schweiz pocht auf Neutralität und verweigert Lieferung von Munition
Die Schweiz hat die Weitergabe von Panzermunition von Deutschland an die Ukraine zum zweiten Mal blockiert. Bern könne solch einer Lieferung von in der Schweiz hergestelltem Kriegsmaterial nicht zustimmen, wenn das Empfängerland in einen internationalen Konflikt verwickelt sei, schrieb der Schweizer Wirtschaftsminister Guy Parmelin der deutschen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. (ZDF).
Neue Erkenntnisse über Folter durch russische Truppen
22 Folterstätten fanden ukrainische Ermittler laut offiziellen Angaben bisher in der ukrainischen Region Charkiw. Betroffene berichten von Schlägen mit Metallstangen, Elektroschocks und Waterboarding. (Tagesschau).
1. November 2022
Russland steigt aus Getreideabkommen aus und wieder ein
Nach mutmaßlichen Drohnenangriffen : Russland steigt aus Getreideabkommen aus
Nach einem mutmaßlichen ukrainischen Drohnenangriff auf die russische Schwarzmeerflotte in Sewastopol steigt Russland aus dem Getreideabkommen wieder aus. Die sichere Passage der ukrainischen Getreidetransporte durch das Schwarze Meer ist ab sofort nicht mehr gewährleistet. Russland blockiert somit abermals den Schiffsverkehr. Die Ukraine wirft Russland vor, Nahrungsmittel als Waffe einzusetzen (FAZ).
Was der russische Rückzug aus dem Getreideabkommen bedeutet
Was bedeutet der Rückzug Russlands aus dem Getreideabkommen? Was regelte die Vereinbarung genau? Und welche Folgen drohen nach der russische Blockade? Ein Überblick (Deutschlandfunk).
Russland steigt wieder in Getreideabkommen ein
Russland steigt wieder in das erst vor wenigen Tagen ausgesetzte Abkommen zum Export von Getreide aus der Ukraine über das Schwarze Meer ein, wie das russische Verteidigungsministerium mitteilt. Dank der Vermittlung der Türkei habe die Ukraine zugesichert, den Seekorridor nicht für Kampfhandlungen gegen Russland zu nutzen, heißt es aus Moskau. Es lägen nun nötige schriftliche Garantien der Ukraine vor, den eingerichteten humanitären Korridor und die Häfen nur für die Ausfuhr von Lebensmitteln zu nutzen. Für den Moment sei dies ausreichend, um das Abkommen zu erfüllen (BR).
Kampf um Region Cherson
Mehr als 70.000 Zivilisten haben Cherson verlassen
Im Zuge der Evakuierungsaktion in der Region Cherson sollen inzwischen mehr als 70.000 Zivilisten ihre Häuser verlassen haben. Aufgrund der ukrainischen Gegenoffensive wurden die Menschen vom rechten an das linke Ufer des Dnipro gebracht. Die russischen Verwaltungsbehörden zogen sich ebenfalls aus der Stadt zurück (Deutschlandfunk).
Cherson: Dutzende Kadyrow-Soldaten ausgeschaltet
Der ukrainische Generalstab meldet erfolgreiche Artillerieschläge im Gebiet Cherson. Beim Angriff auf eine ehemalige Schule sollen mindestens 30 tschetschenische Soldaten getötet und weitere 100 verschüttet worden sein. Offenbar wurden ihnen ihre Social-Media-Aktivitäten zu Verhängnis. Die Männer hätten ihren Aufenthaltsort durch Fotos in sozialen Netzwerken selbst verraten (n-tv).
Rückeroberung von Cherson stockt
Die Ukraine will alle illegal von Russland annektierten Gebiete zurückerobern. Doch in der Region Cherson kommen die Truppen kaum voran. Russland meldet immer wieder, ukrainische Angriffe erfolgreich abgewehrt zu haben. Die Russen hätten sich eingegraben und offenbar nicht vor, sich zurückzuziehen. Sie verstärkten vielmehr ihre Positionen, Gräben und Stellungen, so ein ukrainischer Kommandant. Zudem verschlechtere Regenwetter, schwieriges Gelände und fehlende Ausrüstung die Situation, räumte der ukrainische Verteidigungsminister Oleksij Reznikov ein (Tagesschau).
Spekulationen um „schmutzige Bombe”
„Schmutzige Bombe” – „dreckiges Spiel”?
„Schmutzige Bomben” galten bislang als ein mögliches Werkzeug von Terroristen. Russland wirft der Ukraine vor, an einer solchen Bombe zu arbeiten. Was hat es damit auf sich – und was ist eine „schmutzige Bombe”? Die wichtigsten Fragen und Antworten (Tagesschau).
„Schmutzige Bombe” – UN-Sicherheitsrat bespricht Russlands Vorwürfe
Der UN-Sicherheitsrat hat über die wiederholten russischen Anschuldigungen beraten, die Ukraine plane den Einsatz einer „schmutzigen Bombe”. Trotz westlicher Zurückweisungen hält Russland an der Behauptung fest, Kiew wolle Moskau mit einer atomar verseuchten Bombe diskreditieren. Ferner fordert Russland eine Untersuchung zu angeblichen Biowaffen-Laboren (Tagesschau).
Vorwurf zu „schmutziger Bombe” – IAEA plant Inspektionen in der Ukraine
Auf Drängen der Regierungen in Kiew und Moskau entsendet die Atomenergieagentur IAEA noch in dieser Woche Beobachter in die Ukraine, um zwei Standorte zu prüfen. Hintergrund sind Anschuldigungen Russlands, die Ukraine baue eine „schmutzige Bombe” (Tagesschau).
Faktencheck: Warum Russlands „Beweise” für eine schmutzige Bombe der Ukraine falsch sind
Das Außenministerium Russlands hat Fotos veröffentlicht, die angeblich beweisen, dass die Ukraine eine schmutzige Bombe baue. Doch in Wahrheit zeigen die Fotos unter anderem Reaktoren in Russland (Deutsche Welle).
Übungen zum Einsatz von Atomwaffen
NATO übt für Szenario eines Atomkriegs
Die NATO begann am 17. Oktober ihr jährliches Manöver zur Verteidigung des Bündnisgebiets in Europa mit Atomwaffen, eine „routinemäßige, wiederkehrende Ausbildungsmaßnahme”. An der zwei Wochen andauernden Übung „Steadfast Noon” sind nach Bündnisangaben bis zu 60 Flugzeuge beteiligt – darunter moderne Kampfjets, aber auch Überwachungs- und Tankflugzeuge sowie Langstreckenbomber vom Typ B-52. Schauplatz soll vor allem der Luftraum über Belgien, Großbritannien und der Nordsee sein (Tagesschau).
Atomare Drohungen – „Die NATO lässt sich nicht einschüchtern”
Die atomaren Drohungen Russlands werden die NATO nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg nicht von einer weiteren Unterstützung der Ukraine abhalten. Das Bündnis lasse sich nicht einschüchtern oder davor abschrecken, das Selbstverteidigungsrecht der Ukraine so lange wie nötig zu unterstützen. Die ukrainische Armee werde immer besser ausgestattet, um das Land für spätere Verhandlungen mit Russland so gut wie möglich aufzustellen (ZDF).
Russland testet seine Nuklearstreitkräfte
Mit dem Abschuss von Interkontinentalraketen hat Russland die Einsatzbereitschaft seiner strategischen Atomstreitkräfte getestet. Das mehrtägige Manöver war erwartet worden und löste deshalb trotz der internationalen Spannungen wegen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine keine neuerliche Besorgnis bei westlichen Militärs aus. Es war bereits das zweite große Manöver dieser Art in diesem Jahr. Zuletzt hatte Russland am im Februar die Waffen getestet, kurz vor Beginn des Angriffskrieges gegen die Ukraine (Handelsblatt).
Oktober 2022
Oktober 2022
24. Oktober 2022
Die Lage an der Front
Russland evakuiert Cherson
Angesichts vorrückender ukrainischer Streitkräfte hat Russland die Menschen im besetzten Cherson zur Flucht aufgerufen. Aus der Stadt gebracht werden offenbar vor allem Personen, die für die Besatzungsbehörden gearbeitet haben. (Tagesschau).
Warum Cherson so wichtig für Russland ist
Kämpfe um Cherson: Russland will die ukrainische Stadt unbedingt halten, die Ukraine will sie zurückerobern. Der Artikel des ZDF fasst zusammen, weshalb die Stadt am Dnipro militärisch und strategisch so wichtig ist. (ZDF).
Putin ruft Kriegszustand in besetzten Gebieten aus
Russland ordnet in den annektierten ukrainischen Regionen den Kriegszustand an. Damit drohen umfassende und schärfere Restriktionen. Die Menschen in Cherson sollen angesichts der vorrückenden ukrainischen Truppen die besetzte Stadt verlassen. (Tagesschau).
Ukraine meldet neue Raketenangriffe
Russland soll erneut kritische Infrastruktur in der Ukraine angegriffen haben. Es seien Energieanlagen getroffen worden, so der staatliche Versorger. Laut Ukraine wurden mehrere auf Kiew gerichtete Raketen abgefangen. (Tagesschau).
Sorgen um ukrainischen Staudamm
Staudamm Nova Kakhovka womöglich gefährdet
In den vergangenen Tagen wurde aus Moskau das Narrativ verbreitet, dass die ukrainische Armee beabsichtigt den Staudamm und das Kraftwerk von Nowa Kachowka zu sprengen. Allerdings handelt es sich hierbei wohl aller Wahrscheinlichkeit nach um ein gezielt gestreutes Gerücht, um eine „false flag“-Aktion vorzubereiten: Also, dass Russland den Damm zerstört und die Schuld dann der Ukraine gibt. (ZDF).
Sprengung von Staudamm hätte katastrophale Folgen
Die Ukraine befürchtet einen russischen Angriff auf einen Staudamm nahe Cherson. Eine Sprengung könne mehr als 80 Städte überfluten. Aus dem Staudamm erhält zudem das AKW Saporischschja sein Kühlwasser. (Tagesschau).
Weitere Geschehnisse und Berichte
Mehr diplomatische Initiativen gefordert
Die Russland-Politik der Bundesregierung sorgt für Diskussionen - es gibt Forderungen nach mehr Diplomatie. Kritik gibt es am Vorstoß des sächsischen Ministerpräsidenten, nach Kriegsende die Gaslieferungen aus Russland wieder aufzunehmen. (Tagesschau).
Scholz und von der Leyen fordern „Marshallplan“ für die Ukraine
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und Bundeskanzler Scholz (SPD) machen sich für einen "Marshallplan" zum Wiederaufbau der Ukraine stark. Das Vorhaben soll auch Thema bei einem bevorstehenden Treffen in Berlin sein. (Tagesschau).
17. Oktober 2022
Russland und Belarus: Gemeinsame Militäreinheit
Belarus und Russland bauen ihre militärische Zusammenarbeit weiter aus. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hat zu Beginn der Woche die Aufstellung einer gemeinsamen regionalen Truppe mit Russland bekannt gegeben. Die ersten russischen Einheiten sind mittlerweile in Belarus eingetroffen. Ein eigenes Eingreifen von Belarus in den Krieg halten Militärbeobachter bislang für wenig wahrscheinlich. In eine Interview sagte Lukaschenko, sein Land unterstütze zwar Russland, doch „wir haben niemanden umgebracht, und wir werden niemanden umbringen". Niemand, auch nicht Russland, habe Belarus darum gebeten, „uns an diesem Einsatz zu beteiligen. Und wir haben auch nicht vor, uns zu beteiligen." Mit dem russisch-belarusischern Aufmarsch an der Grenze werden jedoch, so nach Einschätzung von Experten, ukrainische Kräfte gebunden, die dann bei der ukrainischen Gegenoffensive im Osten und Süden der Ukraine fehlen könnten. Angeblich sei geplant, rund 120.000 russischen Soldaten in den kommenden Monaten in Belarus zu stationieren, so die belarusische Opposition. Offizielle Bestätigungen dafür gibt es nicht (Spiegel).
14. Oktober 2022
NATO – Verteidigung der Ukraine und Europas soll ausgebaut werden
Treffen der NATO-Verteidigungsminister
Die versuchte Annexion ukrainischer Gebiete, die Teilmobilmachung und die „unverantwortliche nukleare Rhetorik“ des Kreml sei die bisher schwerste Eskalation seit Beginn des russischen Angriffskrieges, so NATO-Generalsekretär Stoltenberg. Insbesondere auch angesichts der jüngsten Serie russischer Luftangriffe auf die Ukraine wollen die NATO-Verbündeten dem Land so schnell wie möglich weitere Abwehrsysteme zur Verfügung stellen. Die Unterstützung soll auf lange Sicht gewährleistet werden. Die USA wollen einen Zehn-Jahres-Plan für die Verteidigung in der Ukraine ausarbeiten. Die Ukraine zeigte sich dankbar für die in Aussicht gestellte Unterstützung seitens der NATO (Tagesschau).
Wenn Ukraine der NATO beitritt – Kreml droht erneut mit Drittem Weltkrieg
Angesichts des Krieges und der völkerrechtswidrigen Annexionen Russlands möchte die Ukraine schnellstmöglich in die NATO. Der Antrag ist eingereicht, ein Beitritt in naher Zukunft allerdings eher unrealistisch. Dennoch ergeht aus Russland erneut die Drohung, die Aufnahme der Ukraine in die NATO könnte in einen Dritten Weltkrieg münden: „Kiew ist sich bewusst, dass ein solcher Schritt eine sichere Eskalation hin zu einem Dritten Weltkrieg bedeutet“, sagte der Vize-Sekretär des Sicherheitsrats der Russischen Föderation, Alexander Wenediktow, in einem Interview mit der staatlichen russischen Nachrichtenagentur Tass (n-tv).
Lücken in der Luftverteidigung – NATO baut Schutzschirm für Europa aus
Die russischen Angriffe auf die Ukraine zeigen einmal mehr: Eine effiziente Luftverteidigung ist unabdingbar. Am Rande des NATO-Treffens in Brüssel unterzeichneten Deutschland und mehr als ein Dutzend weitere europäische Länder eine Erklärung zu der sogenannten European Sky Shield Initiative. Diese soll helfen, bestehende Lücken im derzeitigen NATO-Schutzschirm für Europa zu schließen (n-tv).
Mögliche Nuklear-Eskalation – NATO plant für den Ernstfall
Die NATO-Staaten bereiten sich auf den Ernstfall vor, sollte Russland im Krieg gegen die Ukraine seine Drohung wahr machen und Atomwaffen einsetzen. Die Verteidigungsminister der Bündnisstaaten berieten bei einem Treffen der sogenannten Nuklearen Planungsgruppe über die jüngsten Entwicklungen und Drohungen von Russlands Präsident Putin. Sie gingen der Frage nach, was ein russischer Atomwaffeneinsatz in der Ukraine für das Bündnis bedeuten würde und wie die nukleare Abschreckung der NATO angesichts der aktuellen russischen Drohungen maximiert werden kann.
Weitere Informationen rund in unserem Dossier:
Die NATO: Mitglieder – Erweiterung – Aufrüstung – Gipfeltreffen
Erneut landesweite Angriffe
Angriffe auf zivile Ziele – Russlands neue Front
Mit ihren Angriffen auf zivile Ziele, vor allem auf Stromkraftwerke, hat Russland eine neue Front im Krieg gegen die Ukraine eröffnet. Es geht dabei offenbar nicht nur um Rache für die Krim-Brücke. Rollende Stromausfälle beeinträchtigen bereits jetzt das öffentliche Leben (n-tv).
Landesweite Angriffe – Einschläge in Kiew und anderen Städten
Mehrere ukrainische Städte sind mit Raketen angegriffen worden. Zum ersten Mal seit Monaten standen auch wieder die Hauptstadt Kiew und Lwiw unter Beschuss. Russlands Präsident Putin bezeichnete die Angriffe als Reaktion auf „terroristische Aktionen“ (Tagesschau).
„Der einzige Ausweg: Keine Angst zu haben“
Russland attackiere in der Ukraine gezielt zivile Infrastruktur, sagt Selenskyj-Berater Ihor Schowkwa: Moskau wolle, „dass wir im Winter frieren“. Er erklärt, für wie entscheidend er Raketenabwehrsysteme wie IRIS-T hält (Tagesschau).
Weitere Beiträge
UN-Vollversammlung verurteilt Annexionen Russlands in der Ukraine
Die UN-Vollversammlung hat die „illegalen Annexionen“ Russlands in der Ukraine mit überwältigender Mehrheit verurteilt. 143 der 193 Mitgliedsstaaten stimmten für eine entsprechende Resolution. Fünf Länder votierten dagegen, 35 enthielten sich (Tagesschau).
AKW Saporischschja wieder am Netz
Der Netzausfall am AKW Saporischschja ist wieder behoben. Zum zweiten Mal binnen weniger Tage war das AKW zeitweise vom Strom getrennt und auf Generatoren angewiesen. IAEA-Chef Grossi sprach von einer zutiefst beunruhigenden Entwicklung. IAEA-Chef Rafael Grossi forderte erneut eine Sicherheitszone um das größte AKW Europas, um Kämpfe in der Nähe des Werks zu vermeiden. Russische Truppen beschossen weiter die Stadt Saporischschja und Teile der gleichnamigen Region (Tagesschau).
7. Oktober 2022
Atomare Drohung
Biden warnt vor Atom-Armageddon
US-Präsident Joe Biden sieht die Gefahr einer atomaren Konfrontation mit katastrophalen Folgen nach Drohungen aus dem Kreml so groß wie seit 60 Jahren nicht mehr. Die Welt habe seit der Kuba-Krise im Jahr 1962 nicht vor der Aussicht auf ein „Armageddon“ gestanden, sagte Biden am Donnerstagabend (ZDF).
Putin und die Atomwaffen – „Die Drohungen haben eine neue Qualität"
Russlands Präsident Putin droht zunehmend mit einem Einsatz von Atomwaffen. Der Osteuropa-Experte Mangott sieht dadurch das Prinzip der Abschreckung beschädigt. Im Interview spricht er über Szenarien für eine Eskalation, aber auch die Risiken für Putin (Tagesschau).
So würde die NATO auf A-Bombe reagieren
Der ehemalige Viersterne-General und CIA-Direktor David Petraeus hat in einem Interview über Szenarien im Falle des Einsatzes von Nuklearwaffen durch Russland gesprochen. Sein Fazit: Die USA und ihre Verbündeten würden geharnischt antworten. Die russischen Truppen und ihre Ausrüstung würden zerstört werden (ORF).
Warum Putin keine Atomwaffen einsetzt
Sicherheitsexperte Christian Mölling erklärt, warum er glaubt, dass Putins Drohungen mit einem Atomschlag Angstmacherei ist – die sich aber in Deutschland besonders gut verfängt (ZDF).
Russland unter Druck
Britische Geheimdienste: Russland steht vor strategischem Dilemma
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste steht Russland bei der Verteidigung heftig umkämpfter Gebiete am Dnipro-Fluss in der Ukraine vor einem strategischen Dilemma: Zieht Russland seine Einheiten vom Dnipro zurück und schickt sie in die Region Cherson, um dort die Truppen aufzustocken? Und kann Moskau sich leisten, die Region ganz aufzugeben (ZDF)?
Russische Armee unter Druck
Während Russlands Parlament, die Staatsduma in Moskau, am Montag die völkerrechtswidrige Einverleibung von vier ukrainischen Regionen in die Russische Föderation einstimmig ratifizierte, gerät Russlands Militär in der Ukraine offenbar unter wachsenden Druck. Die Ukraine erobert strategisch wichtige Gebiete wieder zurück (Süddeutsche).
Kreml meldet 200.000 eingezogene Reservisten
Nach Angaben des russischen Verteidigungsministers Sergej Schoigu sind bereits mehr als 200.000 Russen zum Militärdienst eingezogen worden. Die Ausbildung erfolge auf 80 Übungsplätzen und in sechs Ausbildungszentren. Die zuständigen Stellen seien angewiesen worden, den Rekruten die notwendige Kleidung und Ausrüstung zur Verfügung zu stellen und sie einzuweisen, so Schoigu. Doch Moskau sei nicht mehr in der Lage, ausreichend Ausrüstung und militärisches Training für eine große Zahl an Rekruten bereitzustellen. Ein Anzeichen dafür sei, dass der Einberufungszyklus in diesem Jahr einen Monat später als üblich beginnen solle, hieß es im täglichen Kurzbericht des britischen Verteidigungsministeriums (Tagesschau).
Wird es für Putin gefährlich?
Für den russischen Präsidenten Wladimir Putin werde die Lage von Tag zu Tag beängstigender, so der in Prag lehrende Politologe Alexander Morosow. Putin sei nach zwei demütigenden militärischen Niederlagen und einer desaströsen Situation an der Front gezwungen, möglichst bald eine neue Offensive zu wagen, allerdings mit maximalem Risiko. Durch seine Eskalationsschritte habe er sich in einen „immer engeren Korridor" hineinmanövriert. Die russische Militärführung wird im eigenen Land immer unverhohlener für die Misserfolge kritisiert. Politikwissenschaftler Dmitri Jefremenko von der Russischen Akademie der Wissenschaften schreibt: „Etwas verspätet beginnt eine Mehrheit der russischen Bürger zu erkennen, dass die Existenz ihres Landes als integraler, unabhängiger und souveräner Staat auf dem Spiel steht. Sie werden sich bewusst, dass ein langer Kampf vor ihnen liegt und für den Erfolg viel geopfert werden muss.“ Aktuell befänden sich sowohl die Gesellschaft als auch die Eliten in Russland in einem Zustand der stärksten Turbulenzen, die es jemals in Putins Zeiten gab, und jedes Ungleichgewicht im System der 'Checks and Balances', das seit mehr als zwei Jahrzehnten aufgebaut wurde, könne mit dem Zusammenbruch des Regimes enden, so der ukrainische Geheimdienst (BR)
Putin in Russland unter Druck: Diese Männer werden als mögliche Nachfolger gehandelt
Der russische Staatspräsident steht aufgrund des schleppenden Kriegsverlaufs in der Ukraine massiv unter Druck. Zwar existieren keine Anzeichen darauf, dass Wladimir Putin in Russland bald abgesetzt werden könnte. Trotzdem häufen sich Berichte über Unzufriedenheit bei den Eliten des Geheimdienstes und des Militärs und unter den Oligarchen. Im Hintergrund machen sich potenzielle Nachfolger bereit. Wer ist alles im Gespräch? (Frankfurter Rundschau).
Weitere Geschehnisse und Berichte
Europa setzt Zeichen gegen Putin – Gründung einer neuen europäischen Gemeinschaft
Die EU-Staaten haben als Zeichen gegen den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine eine neue politische Gemeinschaft mit fast allen anderen europäischen Ländern gegründet. Die Staats- und Regierungschefs der mehr als 40 beteiligten Partner kamen in der tschechischen Hauptstadt Prag zu einem ersten Treffen in dem neuen Format zusammen. Unter ihnen war auch Bundeskanzler Olaf Scholz, der die sogenannte Europäische Politische Gemeinschaft (EPG) als „große Innovation“ bezeichnete (Der Spiegel).
Was ist die „Europäische Politische Gemeinschaft”?
Unser neues Dossiers mit den wichtigsten Informationen.
Russischer Raketenangriff auf Wohnblock in Saporischja
Aus Kreml-Sicht gehört die Region Saporischschja nun zu Russland – dennoch haben Putins Truppen dort mehrere Wohnhäuser beschossen. Der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnet den Angriff als besonders heimtückisch (Der Spiegel).
EU-Parlament spricht sich für Panzerlieferungen aus
Mehr Militärhilfe würde helfen, den Ukraine-Krieg zu verkürzen – davon ist das EU-Parlament überzeugt – und fordert deshalb Deutschland und andere Mitgliedsländer auf, der Ukraine mehr Waffen zu schicken. Darunter auch Kampfpanzer (Tagesschau).
Verschleppungen aus der Ukraine nach Russland
Immer wieder berichten Menschenrechtsorganisationen von Verschleppungen aus der Ukraine nach Russland. Die Organisation „Helping to Leave“ verzeichnet Tausende solcher Schicksale – und vermutet eine hohe Dunkelziffer. Die Annexionen dürften die Lage verschärfen (Tagesschau).
September 2022
September 2022
30. September 2022
Nach Scheinreferenden – Russische Annexion ukrainischer Gebiete
Russlands Präsident Putin plant in einer großen Zeremonie die Annexion der vier im Osten und Süden der Ukraine besetzten Gebiete Donezk, Luhansk, Cherson und Saporischschja zu verkünden. Bereits in der Nacht zuvor hatte Putin die beiden letztgenannten Gebiete für unabhängig erklärt. Damit sollen die Regionen an Russland angebunden werden. International werden weder die Referenden noch die Annexion der besetzten Gebiete anerkannt.
Putin will Annexion bei „Zeremonie“ offiziell machen
Nach den völkerrechtswidrigen Scheinreferenden will Russlands Präsident Wladimir Putin die Annexion mehrerer ukrainischer Gebiete bereits an diesem Freitag offiziell machen. Im Rahmen einer Zeremonie im Kreml um 15 Uhr soll die Unterzeichnung von Abkommen über den Beitritt neuer Gebiete in die Russische Föderation stattfinden, gab Kremlsprecher Dmitri Peskow bekannt. Die Einverleibung der Gebiete soll dann kommende Woche vom Parlament beschlossen werden (n-tv).
Was passiert nach der Annexion der ukrainischen Gebiete?
Inwiefern könnten die Annexionen den Kriegsverlauf in der Ukraine ändern? Wird Russland die Verteidigung aller angeschlossenen Gebiete verstärken und seine Doktrin der nuklearen Abschreckung auf die betreffenden Regionen in der Ukraine anwenden? Wird es zu einer umfangreicheren Mobilmachung in Russland kommen?
Selenskyj beruft nationalen Sicherheitsrat ein
Mit Blick auf die geplante russische Annexion von Teilen der Ost- und Südukraine kommt an diesem Freitag in der Ukraine der Nationale Sicherheitsrat zusammen. „Präsident Wolodymyr Selenskyj beruft für morgen dringend eine Sitzung des Rates für nationale Sicherheit und Verteidigung der Ukraine ein“, teilte Präsidentensprecher Nykyforow mit (Berliner Zeitung).
Nach Teilmobilmachung in Russland – Zehntausende Russen fliehen
Aufgrund der Teilmobilmachung kommt es zu größeren Fluchtbewegungen aus Russland. Über 100.000 Menschen sollen bereits nach Kasachstan geflohen sein, ebenso eine große Anzahl nach Georgien. Russland hat aufgrund dessen die Ausreise nun erschwert und filtert an der Grenze zu Kasachstan und Georgien wehrpflichtige Männer heraus. Auch in Richtung Europa, insbesondere in die baltischen Staaten, versuchten die vor allem jungen russischen Männer zu entfliehen, doch sowohl Finnland und Lettland als auch Polen, Tschechien und die Slowakei stehen der Aufnahme russischer Deserteure ablehnend gegenüber. Und auch viele weitere Länder in Europa verschärfen den Umgang mit russischen Kriegsflüchtlingen.
Angst vor der Einberufung: Russen fliehen vor der Teilmobilmachung
Mit der Teilmobilmachung in Russland droht eine weitere Eskalation des Krieges in der Ukraine. Russen, die nicht zum Kampf herangezogen werden wollen, verlassen das Land. Doch die Flucht wird immer schwieriger. Über den Umgang mit den russischen Geflüchteten wird in der EU noch beraten (Redaktionsnetzwerk Deutschland).
Fast 100.000 Russen nach Kasachstan ausgereist
Knapp eine Woche nach Anordnung der Teilmobilmachung haben weit über 100.000 Russen ihr Land in alle Richtungen verlassen. Allein in Kasachstan sollen seit der Ankündigung 98.000 russische Staatsbürger eingereist sein. Der kasachische Präsident Kassym-Schomart Tokajew sicherte den vor der russischen Teilmobilmachung nach Kasachstan fliehenden Russen Schutz zu. Auch nach Georgien versuchten Tausende Russen zu gelangen (Tagesschau).
Tausende Russen fliehen nach Finnland
Die Grenze zu Finnland ist für die Russen der einzige Weg, um mit einem Touristenvisum in den Schengenraum zu gelangen. Bei der Grenzstation in Vaalimaa spielen sich viele persönliche Dramen ab (Neue Züricher Zeitung).
Lettland ruft Ausnahmezustand in Grenzregion aus
Lettland hat angesichts des erhöhten Flüchtlingsaufkommens aus Russland den Ausnahmezustand in der Grenzregion zu Russland verhängt. Mit der von Russland angekündigten Teilmobilisierung habe die Zahl der russischen Bürger, die ihr Land verlassen wollten, erheblich zugenommen. Daher bestehe die Gefahr, dass die Zahl der illegalen Migranten auch rapide ansteigen könnte, hieß es seitens des Innenministeriums. Als Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine hatte Lettland zusammen mit Estland, Litauen und Polen zuletzt die Einreise für viele Menschen aus dem Nachbarland gestoppt – auch falls diese über gültige Schengenvisa verfügen (n-tv).
Wohin die Russen desertieren
In Russland gibt es einen regelrechten Exodus junger Männer, seit Russlands Präsident Putin die Teilmobilmachung bekanntgegeben hat. Hunderttausende wollen aus dem Land fliehen, um dem Kriegseinsatz in der Ukraine zu entkommen. Die Einreise nach Europa wird jedoch für russische Kriegsflüchtlinge schwieriger. Doch es bleiben Alternativen. Eine Übersicht.
Lecks an Nord-Stream-Pipelines
Vier Lecks an Nord-Stream-Pipelines: Was wir wissen – und was nicht
Aus den Pipelines Nord Stream 1 und 2 tritt Gas aus. Grund dafür sind vier Lecks, die an den Leitungen in der Ostsee nahe Dänemark und Schweden festgestellt wurden. Der Verdacht von Sabotage liegt nah (WDR).
Putin spricht von „internationalem Terrorismus“
Der russische Präsident Wladimir Putin hat die mutmaßliche Sabotage an den Nord-Stream-Gaspipelines als einen „Akt des internationalen Terrorismus“ angeprangert und weist jede Schuld an den Angriffen zurück. Russland hat wegen der offenbar sabotierten Pipelines den UN-Sicherheitsrat angerufen, der am Freitag tagen wird. Die Blicke westlicher Staaten richten sich bei der Suche nach einem Schuldigen in Richtung Moskau (Tagesschau).
Wie könnte ein Angriff abgelaufen sein?
Wohl kaum noch jemand zweifelt an einer Attacke auf die Ostsee-Pipelines. Aber wie liefen sie ab? Bundeswehr-Kommandeur Giss schildert im NDR-Interview mögliche Szenarien – und was sich gegen künftige Attacken machen lässt (Tagesschau).
Ukrainische Gegenoffensive schreitet voran
Karte zum aktuellen Frontverlauf – Schlacht um Lyman
Die Streitkräfte der Ukraine befinden sich im Osten des Landes weiter auf dem Vormarsch. Sie haben den Fluss Oskil an mehreren Stellen überschritten und in den vergangenen Tagen schoben sich die ukrainische Angriffsspitzen weiter vor. Östlich von Isjum kämpfen sich ukrainische Verbände zudem aus mindestens drei Brückenköpfen auch über den Fluss Siwerskyj Donez in Richtung Lyman vor (n-tv).
Kreml-Truppen droht Einkesselung in Lyman
Die russischen Truppen verlieren im Osten der Ukraine weiter an Boden. Der Verkehrsknotenpunkt Lyman in Donezk ist fast eingekreist, berichten russische Militärblogger (n-tv).
Ukrainische Stadt Lyman kurz vor der Rückeroberung
Die ukrainischen Truppen stehen laut dem amerikanischen Institute for the Study of War (ISW) im Osten des Landes wohl vor einem weiteren Erfolg im Kampf gegen die russischen Invasoren. Sollte die ukrainische Zangenbewegung gelingen, hätte das laut ISW weitreichende Konsequenzen für die russische Front im nördlichen Donbass und würde der Ukraine weitere Möglichkeiten eröffnen, von Russland besetzte Gebiete zurückzuerobern (FAZ).
23. September 2022
Putin verkündet Teilmobilmachung und spricht weitere Drohungen aus
Welche Konsequenzen folgen aus Russlands Teilmobilmachung?
Mit seiner Rede zur Teilmobilmachung in Russland hat Präsident Putin düstere Erinnerungen an seine Reden zu Kriegsbeginn geweckt. Was aber bedeutet diese Ankündigung für die Russen? Und wie könnte sie den Kriegsverlauf beeinflussen? Der Artikel der Tagesschau fasst die wichtigsten Fragen und Antworten zusammen (Tagesschau).
Teilmobilmachung mit Fragezeichen
Etwa 300.000 russische Männer sind nach Angaben des Kreml von der Teilmobilisierung betroffen. Viele westliche Experten bezweifeln, dass diese problemlos funktionieren wird. Derweil bilden sich lange Warteschlangen an Grenzen (Tagesschau).
Putins Rede zur Teilmobilisierung im Wortlaut
In einer vom Fernsehen übertragenen Ansprache am 21. September hat der russische Präsident Wladimir Putin die Teilmobilmachung der Streitkräfte verkündet und dem Westen gedroht: "Wenn die territoriale Integrität unseres Landes bedroht ist, werden wir natürlich alle uns zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um Russland und unser Volk zu verteidigen. Dies ist kein Bluff."
Der Wortlaut von Auszügen seiner Rede wird hier in einer Übersetzung der Deutschen Presse-Agentur dokumentiert (Tagesschau).
Mehr als 1.400 Festnahmen bei Protesten gegen Teilmobilisierung
Bei Demonstrationen gegen die Teilmobilmachung in Russland sind nach Angaben von Bürgerrechtlern in mindestens 38 Städten mehr als 1.400 Menschen festgenommen worden. Das teilte die Organisation OWD-Info mit, die Festnahmen in Russland dokumentiert. Fast ein Viertel der Festnahmen erfolgte demnach in Moskau. Es sind die größten Proteste in Russland seit den Demonstrationen, die es Ende Februar nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gegeben hatte (Die ZEIT).
Nach Teilmobilmachung: Russen setzen sich ins Ausland ab
Seit Kriegsbeginn haben laut EU etwa eine halbe Million Russen ihr Land verlassen – und durch die Mobilmachung verstärkt sich der Trend. Die Dagebliebenen sollen mit viel Geld geködert werden (Tagesschau).
Asyl für russische Kriegsdienstverweigerer?
Mehrere Spitzenpolitiker fordern Asyl für russische Kriegsdienstverweigerer und Deserteure in Deutschland. Hintergrund ist die Teilmobilmachung des Kremls für den Ukraine-Krieg (ZDF).
Großbritannien sieht Probleme bei Teilmobilisierung
Das britische Verteidigungsministerium prophezeit Russland Schwierigkeiten, 300.000 Soldaten zu mustern. Die Teilmobilisierung sei ein Zeichen russischer Schwäche (Die ZEIT).
Russische Scheinreferenden in okkupierten Regionen
Scheinreferenden in besetzten Gebieten haben begonnen
Die Wahllokale haben zunächst in Donezk und Luhansk geöffnet. Die internationale Gemeinschaft erkennt die Abstimmung der russischen Besatzungsmacht zum Beitritt nicht an (Die ZEIT).
Selenskyj reagiert gelassen auf Referenden
In vier von Russland besetzten ukrainischen Gebieten soll in den kommenden Tagen darüber abgestimmt werden, ob sie sich der Russischen Föderation anschließen. Der ukrainische Präsident Selenskyj spielte die Bedeutung der „Referenden“ herunter (Tagesschau).
Scheinreferenden ohne „juristischen Bestand“
Von heute an will Russland in besetzten Gebieten der Ukraine mehrtägige Scheinreferenden abhalten. Vier Regionen sollen so zum russischen Staatsgebiet werden. Völkerrechtliche Substanz haben die Abstimmungen nicht, betonen Experten. Betroffen sind die Regionen Donezk und Luhansk sowie Cherson und Saporischja (Tagesschau).
Weitere Geschehnisse und Berichte
EU bereitet neue Sanktionen gegen Russland vor
Die Außenminister der EU haben neue Strafmaßnahmen gegen Russland angekündigt. Das achte Sanktionspaket folgt auf die Teilmobilmachung der russischen Streitkräfte (Die ZEIT).
Russischer Außenminister Lawrow verlässt UN-Sicherheitsrat direkt nach Rede
Er kam 90 Minuten zu spät, erhob Anschuldigungen gegen die Ukraine und ging wieder: Russlands Außenminister hat einen denkwürdigen Auftritt bei der UNO hingelegt. Sein ukrainischer Amtskollege spottete darüber (Der Spiegel).
Ukraine wirft Russland nach Gefangenenaustausch „brutale” Folter vor
Sieben Monate nach Kriegsbeginn ist es zu einem großen Austausch von Kriegsgefangenen gekommen. Nach Angaben der Ukraine brauchen alle Eingetauschten eine psychologische Behandlung (Tagesspiegel).
Russische Pop-Diva kritisiert Kreml
Die bekannte russische Popsängerin Alla Pugatschowa will aus Solidarität mit ihrem Mann als „ausländische Agentin“ eingestuft werden. Das erklärte sie bei Instagram. Der Ehemann der 73-Jährigen, der Sänger und Fernsehmoderator Maxim Galkin, hatte die Entsendung von Truppen in die Ukraine kritisiert. Am Samstag setzte ihn das Justizministerium auf die Liste sogenannter ausländischer Agenten, weil er angeblich für die Ukraine politisch aktiv sei und von dieser Geld erhalte (Tagesschau).
21. September 2022
Russische Teilmobilmachung – Was bedeutet das?
Russland mobilisiert im Krieg gegen die Ukraine hunderttausende Reservisten. Nach Angaben von Putin werden Reservisten mobilisiert, die bereits gedient haben und über „einschlägige Erfahrungen“ verfügen. Verteidigungsminister Schoigu sprach von Reservisten mit Kampferfahrung. Wehrpflichtige und Studenten seien nicht betroffen, ausschließlich jene mit Kampf- und Diensterfahrung. Dabei soll es sich um 300.000 Reservisten handeln. Beobachter sehen darin eine weitere Eskalation. Doch was steckt hinter der ersten russischen Mobilmachung seit dem Zweiten Weltkrieg? (Deutschlandfunk)
16. September 2022
Was in der vergangenen Woche geschah ...
Ukrainische Gegenoffensive im Norden – Wendepunkt im Krieg?
Nach gut 200 Tagen Krieg scheint eine Wende im Krieg möglich. Die ukrainische Armee rückt im Norden vor, russische Einheiten haben sich offenbar fluchtartig aus der Region Charkiw zurückgezogen. In nur wenigen Tagen ist es den ukrainischen Streitkräften gelungen, eine Fläche von rund 6.000 Quadratkilometern zurückerobern. Militärexperten sprechen von einem gelungenen Ablenkungsmanöver. Wochenlang hat die Ukraine eine Großoffensive im südlichen Cherson angekündigt, dadurch auch russische Einheiten gebunden, um schließlich überraschend eine Offensive im Norden zu starten. Sind dies bereits Anzeichen für eine Wende im Krieg? Die US-Regierung sieht jedenfalls angesichts der militärischen Erfolge der Ukraine eine neue Dynamik im Krieg mit Russland. „Ich denke, was Sie sehen, ist sicherlich eine Verschiebung, ein Momentum der ukrainischen Streitkräfte“, insbesondere im Norden, sagt der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrates, John Kirby.
„Die Großoffensive ist da“
Mit einem überraschenden Blitzangriff in der Region Charkiw ist es ukrainischen Einheiten gelungen, zahlreiche Städte zurückzuerobern, darunter Kupjansk, Isjum und Lyman. Auch den internationalen Flughafen in Donezk sollen sie unter ihre Kontrolle gebracht haben und bis ins Zentrum von Lyssytschansk vorgedrungen sein. Waffen und Munition haben die russischen Streitkräfte auf ihrer überhasteten Flucht offenbar vielerorts zurückgelassen (Redaktionsnetzwerk Deutschland).
Noch kein Wendepunkt im Krieg
Der Ukraine-Experte Wilfried Jilge hat sich verhalten optimistisch zur Gegenoffensive der ukrainischen Armee geäußert. Die Befreiung von Gebieten in der Region Charkiw im Osten des Landes sei bedeutend, mit dem nun oftmals verwendeten Begriff „Wendepunkt“ wäre er aber noch sehr vorsichtig. Er betonte, insgesamt könne man noch nicht davon sprechen, dass die ukrainischen Truppen die Initiative übernommen hätten. Die Ukraine gehe nun zudem in einen harten Winter und könne kein Herunterfahren der Kriegsintensität zulassen, weil die Gefahr einer Umgruppierung der russischen Truppen so groß sei (Deutschlandfunk).
Befreite Gebiete nahe Isjum - Hunderte Gräber und Folterräume
In der von der Ukraine zurückeroberten Region Charkiw sind nach ukrainischen Angaben Hunderte Gräber und mehrere „Folterräume" entdeckt worden. Insgesamt seien nahe Isjum 443 Gräber gefunden worden. Bei den Leichen soll es sich überwiegend um Zivilisten handeln. Viele Opfer starben laut Ukraine durch russische Angriffe, einige seien gefoltert worden, einige seien an Hunger gestorben. Präsident Selenskyj spricht von Kriegsverbrechen. Die UN nennen die Funde schockierend (Tagesschau).
Wie wird Russland reagieren?
Nach den erfolgreichen Gegenangriffen der Ukraine und der Rückeroberung bereits besetzter Gebiete stellt sich die Frage, wie Russland darauf reagieren wird. Welche Optionen sind denkbar? Die Anordnung einer Generalmobilmachung, der Einsatz taktischer Nuklearwaffen, das Eingehen auf Kompromisse und Verhandlungen samt Zugeständnissen an die Ukraine? Russlands Präsident Putin steckt laut dem Russland-Experten Gerhard Mangott in einem Dilemma. Väter und Söhne Russlands über eine Mobilmachung in den Krieg zu schicken, könnte die Stimmung im Land kippen lassen. Dies wird Putin möglichst vermeiden wollen. Ein Einsatz taktischer Nuklearwaffen würde Russland auch noch von seinen bisherigen Partnern wie China und Indien isolieren. Und der Ukraine die bereits besetzten Gebiete wieder zu überlassen, käme einer großen militärischen Niederlage und einem Gesichtsverlust gleich – und wäre zugleich auch ein politisches Risiko für Präsident Putin selbst, so Mangott.
Kreml hält Generalmobilmachung für nicht notwendig
In der Ukraine befreien Kiews Truppen immer mehr Ortschaften, die russischen Streitkräfte ziehen sich zurück. Trotz der Lage an der Front lehnt die Führung in Moskau eine vollständige Mobilisierung weiterhin ab (n-tv).
„Es ist schlimm, Brüder": Russlands Rechte für „Totalen Krieg"
Putin hadert mit seinen Generälen, Nationalisten beschimpfen das Militär, wittern „Verrat” und rufen nach Mobilisierung und einer Strategie der „Verbrannten Erde” (BR).
Dann könnte Putin Nuklearwaffen einsetzen ...
Sollte Russland weiter in die Defensive geraten und sogar die Gefahr bestehen, dass die Ukraine auf der Krim wieder die Oberhand gewinnt, könnte Putin die Kampfführung eskalieren lassen, so Russland-Experte Gerhard Mangott: „Denn die Krim zu verlieren, würde auch die Position Putins ins Wanken bringen. Dann wäre eine Palastrevolte durchaus möglich, so Mangott. „Und da ist es leider nicht auszuschließen, dass Putin in einem solchen Szenario eben auch zu einer nuklearen Eskalation greifen wird“ (OE24).
„Eine Niederlage kann Putin sich nicht leisten“
Auch wenn die jüngsten ukrainischen Fortschritte beachtlich sind, ist der Krieg nicht vorbei, und die Ukraine hat nicht gewonnen. Eine völlige Niederlage Russlands ist sehr unwahrscheinlich, so der US-Sicherheitsexperte George Friedman. Russland bleibe kaum eine andere Möglichkeit, als weiterzukämpfen. Solange Putin Präsident ist, wird er alles tun, um zu gewinnen, denn weniger als einen Sieg könne er sich nicht leisten. Es sei damit zu rechnen, dass Putin schon bald die Anzahl seiner Soldaten massiv erhöhe..
Lage am Atomkraftwerk Saporischschja
In dem von russischen Truppen besetzten Atomkraftwerk Saporischschja entspannt sich die Lage derweil etwas. Nachdem alle Reaktoren zunächst abgeschaltet werden mussten, wurde das AKW vorübergegend an zwei Reservestromleitungen angeschlossen. Mittlerweile hängt das AKW wieder am Stromnetz, die Hauptleitung konnte repariert werden. Die externe Energiezufuhr stellt auch die Reaktorkühlung sicher. Trotzdem bleibe die Lage am größten Kernkraftwerk Europas mitten im Kampfgebiet prekär, warnte IAEA-Chef Rafael Grossi, weiterhin käme es im Gebiet zu Kampfhandlungen. „Eine nukleare Schutz- und Sicherheitszone ist dringend erforderlich“, mahnte er. Er habe darüber die ersten Konsultationen mit allen Beteiligten geführt. Ferner hat die IAEA Russland aufgefordert, seine Truppen vom umkämpften Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine zurückzuziehen.
AKW Saporischschja hängt wieder am Stromnetz(17.9.)
Die Unsicherheit um das AKW Saporischschja in der Ukraine bleibt. Doch zumindest hängt das größte europäische Atomkraftwerk wieder am Stromnetz. Die externe Energiezufuhr stellt auch die Reaktorkühlung sicher. Laut IAEA gibt es aber weiterhin Kämpfe in dem Gebiet (n-tv).
IAEA verlangt russischen Rückzug(15.9.)
Der Gouverneursrat der IAEA hat Russland aufgefordert, seine Truppen vom umkämpften Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine zurückzuziehen. Eine entsprechende Resolution wurde verabschiedet, in der von Russland verlangt wird, die Kontrolle wieder an ukrainische Behörden zu übergeben (Deutschlandfunk).
AKW Saporischschja wird mit zweiter Reserveleitung von außen versorgt(13.9.)
Sämtliche sechs Reaktoren des Atomkraftwerks sind heruntergefahren. Das AKW wird nun über eine zweite Leitung mit Strom von außen versorgt (heise).
„In den sichersten Zustand" – Betreiber fährt AKW Saporischschja ganz herunter(12.9.)
Seit Wochen steht Europas größtes Atomkraftwerk Saporischschja unter Beschuss. Der Betrieb war zuletzt nur noch stark limitiert möglich. Nun schaltet die ukrainische Atombehörde Energoatom auch den letzten Reaktor vollständig ab (n-tv).
Nuklearexperte hält zweites Tschernobyl für „höchst unwahrscheinlich"
Im Krieg Russlands gegen die Ukraine ist erstmals auch ein Atomkraftwerk in militärisch umkämpftes Gebiet geraten. Die Sorge vor einem Austritt von Radioaktivität ist groß. Was könnte in Saporischschja passieren, so dass nukleare Strahlung austreten könnte? Es gibt mehrere Szenarien (rbb).
Gegenwind in Russland gegen Präsident Putin
Immer mehr Politiker stellen sich gegen Putin
Sie tun nichts offiziell Verbotenes, sie verlangen nur die Absetzung des russischen Präsidenten Putin. Aus 17 Bezirken in Moskau und St. Petersburg weht dem Kreml-Chef offener Widerstand ins Gesicht: „Wir, die kommunalen Abgeordneten Russlands, glauben, dass die Handlungen von Präsident Wladimir Putin der Zukunft Russlands und seiner Bürger schaden. Wir fordern den Rücktritt von Wladimir Putin vom Amt des Präsidenten der Russischen Föderation!“ (n-tv).
Forderung nach Anklage wegen Hochverrats und Amtenthebung: „Putin ist eine Gefahr für Russland"
Mit ihrem Antrag auf Amtsenthebung von Russlands Präsident Putin sorgt eine Gruppe kommunaler Abgeordneter aus St. Petersburg für Aufsehen. Einer der Initiatoren schildert die Beweggründe des riskanten Vorstoßes (Tagesschau).
Aktuelles Ziel der Ukraine: Die gesamten Gebiete zurückerobern
„Russland kann besiegt werden”
Die Ukraine setzt die Offensive gegen russische Truppen weiter fort. Präsident Selenskyj will das „gesamte Gebiet” der Ukraine, also auch den Donbass und die Krim, zurückerobern: „Unser Ziel besteht darin, unser gesamtes Gebiet zurückzuerobern. Die Rückeroberung ist das Hauptziel“, sagte der ukrainische Präsident Selenskyj dem US-Nachrichtensender CNN. Spielraum für Verhandlungen sehen beide Seiten gegenwärtig nicht (BR).
Konzept für Nachkriegsordnung: Ukraine will internationale Sicherheitsgarantien
In einem Konzept für eine Nachkriegsordnung soll eine Reihe von Staaten die Sicherheit der Ukraine garantieren – als Vorstufe für eine NATO-Mitgliedschaft. Langfristig ist also eine Mitgliedschaft im NATO-Bündnis das Ziel der Ukraine. Doch zunächst soll die ukrainische Armee für die Zukunft so ausgerüstet und ausgebildet werden, dass sie jederzeit einen russischen Angriff abwehren kann. Eine Gruppe von Ländern soll dabei die Sicherheit der Ukraine garantieren. Als mögliche Garantiestaaten werden in diesem Konzeptpapier genannt: die USA, Großbritannien, Deutschland, Kanada, Polen, Italien, Frankreich, Australien, die Türkei sowie die Länder Nordeuropas und des Baltikums (Deutsche Welle).
9. September 2022
Was in der vergangenen Woche geschah ...
Die Lage an der Front
Ukraine rückt im Osten und Süden weiter vor
Die ukrainische Armee verzeichnet im Osten und im Süden des Landes Geländegewinne. Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht von „guten Nachrichten aus der Region Charkiw“ (ZDF).
Wie weit ist die ukrainische Gegenoffensive in Cherson?
Während die Ukraine bei der Rückeroberung Chersons erste Erfolge reklamiert, wirkt Russlands Führung zunehmend nervös. Noch zeigt das Kampfgeschehen im Süden der Ukraine nicht eindeutig, wer von beiden Kriegsparteien Grund zur Sorge hat (Tagesschau).
Ukraine erobert laut Selenskyj 1.000 Quadratkilometer
Die Ukraine vermeldet Erfolge im Krieg gegen Russland: Laut Präsident Selenskyj konnte die Armee seit 1. September ein Gebiet von mehr als 1.000 Quadratkilometern zurückerobern (ZDF).
Ukraine bekennt sich zu Angriffen auf der Krim
Die Ukraine hat eingeräumt, für die Explosionen auf russischen Krim-Stützpunkten vor rund vier Wochen verantwortlich zu sein. Bei den Offensiven im Süden und Osten macht die ukrainische Armee offenbar Fortschritte (Tagesschau).
Die Lage am AKW Saporischja
IAEA zeigt sich über Situation am Atomkraftwerk besorgt(06.09.)
Experten der Internationalen Atomenergie-Organisation haben das von Russland besetzte Kraftwerk in der Südukraine inspiziert. Jetzt ziehen sie Bilanz und verlangen schnelle Maßnahmen (Der Spiegel).
Notabschaltung von letztem noch arbeitenden Reaktor am AKW Saporischja(5.09.)
Kämpfe rund um das AKW Saporischschja haben offenbar ein Feuer ausgelöst, das eine Stromleitung beschädigt hat. Dies teilte der ukrainische Betreiber mit. Alle Reaktoren wurden heruntergefahren (Der Spiegel).
Doch keine dauerhafte Präsenz der IAEA am AKW Saporischja? (04.09.)
Von russischer Seite wird infrage gestellt, dass die IAEA-Vertreter länger im besetzten AKW Saporischschja sein werden. In der Ukraine glauben viele ohnehin nicht an einen Erfolg der Mission. Die Kämpfe gehen an vielen Frontabschnitten weiter (Tagesschau).
AKW hängt nur noch an Reserveleitung(03.09.)
Laut IAEA ist das AKW Saporischschja auch von seiner letzten Hauptstromleitung getrennt worden. Es hänge noch an einer Reserveleitung und liefere weiter Strom. Der türkische Präsident Erdogan bot an, im Streit um das Kraftwerk zu vermitteln (Tagesschau).
Weitere Geschehnisse und Berichte
USA kündigen neue Milliardenhilfen an
Die USA haben neue Hilfspakete für die Ukraine angekündigt. Ein Teil des Geldes soll auch an andere Staaten Europas gehen. Deutschland will künftig ukrainische Minenräumer ausbilden (Tagesschau).
UN besorgt über Verschleppungen aus der Ukraine
Die USA werfen Russland vor, Hunderttausende Menschen aus der Ukraine in teils entlegene Gebiete verschleppt zu haben. Auch andere wichtige UN-Vertreter zeigen sich besorgt (ZDF).
Ukrainischer Ministerpräsident auf Deutschlandbesuch
„Sehr fruchtbar“ seien die Gespräche mit Kanzler Scholz und Bundespräsident Steinmeier gewesen, so der ukrainische Regierungschef Schmyhal. Er danke Deutschland für die Unterstützung, forderte aber zugleich weitere schwere Waffen (Tagesschau).
Scholz lehnt offenbar ukrainische Bitte um mehr schwere Waffen ab
Ein Rüstungskonzern wollte Leopard-2-Panzer an die Ukraine liefern. Bundeskanzler Scholz sagte den Export laut einem Medienbericht aber nicht zu – trotz einer Bitte des ukrainischen Ministerpräsidenten (Der Spiegel).
Russland nimmt mit Energieexporten mehr Geld ein, als es für Krieg ausgibt
Noch immer erzielt Russland laut einer neuen Analyse Rekorderlöse mit fossilen Brennstoffen, welche die Kosten des Ukrainekriegs deutlich übersteigen. Ganz vorne dabei als Abnehmer ist Deutschland (Der Spiegel).
Putin droht mit Ende des Getreideabkommens
Der russische Präsident Putin behauptet, durch das Abkommen über Getreideexporte mit der Ukraine, der UNO und der Türkei würden Entwicklungsländer „betrogen“. Der Kremlchef kündigt zudem neue Abnehmer für russisches Gas an (Der Spiegel).
2. September 2022
Was in der vergangenen Woche geschah ...
Ukraine meldet Start der Gegenoffensive im Süden
Gegenschläge um Cherson: Wie läuft Phase 1 der ukrainischen Offensive?
In dieser Woche hat die Ukraine laut eigenen Aussagen ihren lang erwarteten Gegenangriff in der von Russland besetzten Region Cherson gestartet. Präsident Selenskyj bestätigte dies und versprach, alle besetzten Gebiete zurückzuerobern. Die Offensive starte in fünf verschiedene Richtungen gleichzeitig. Die große Offensive wurde offenbar so lange hinausgezögert, da entsprechend langwierige Vorbereitungen vorausgingen. Mittels konzentriertem Artilleriebeschusses und Luftangriffen sei es gelungen, die Nachschublinien und die Luftabwehr der russischen Streitkräfte sowie ihre lokalen Kommandostrukturen zu schwächen. So wurden etwa die Nachschublinien der westlich des Flusses Dnipro stationierten russischen Streitkräfte zu großen Teilen untergraben. Russische Munitionsdepots, Kommandoposten, Verkehrsknotenpunkte und vor allem drei Brücken, die über den Dnipro im besetzten Gebiet Cherson führen, wurden von ukrainischen Streitkräften zerstört (ZDF).
Ukraine will „Schlachtfeld von hinten austrocknen”
Kiew meldet, ukrainische Truppen hätten die ersten russischen Frontlinien im Gebiet Cherson durchbrochen, woraufhin erste russische Einheiten sich zurückgezogen hätten. Auch im Lagebericht des britischen Geheimdienstes heißt es, die Ukrainer hätten die russischen Streitkräfte stellenweise etwas zurückgedrängt und dabei Schwachpunkte der russischen Verteidigungslinien ausgenutzt. „Es sieht alles danach aus, dass das jetzt wohl eine größere Operation ist”, so Sicherheitsexperte Joachim Weber von der Universität Bonn. Andere Kriegsbeobachter warnen, es sei noch zu früh, die jüngsten Angriffe im Gebiet Cherson bereits mit einer großen Gegenoffensive zu betiteln. Russland selbst spricht von „gescheiterten Vorstößen“. Jedenfalls sei die Bedeutung der Kämpfe im Süden extrem hoch einzuschätzen, so der Militärexperte Carlo Masala. „Wenn die Ukraine Cherson zurückerobern sollte, würde sie die Russen zurück über den Dnjepr schicken. Russland könnte dann keine Landbrücke zwischen dem Osten und dem Süden bis runter zur Krim schaffen. Gleichzeitig würde die Eroberung von Odessa fast völlig unmöglich werden.“ Für Russland käme dies einer „massiven Niederlage“ gleich (n-tv).
Lage am Atomkraftwerk Saporischja
IAEA möchte dauerhafte Beobachtermission
Eine Beobachtermission der Internationalen Atombehörde IAEA ist in dem von Russland besetzten Atomkraftwerk Saporischschja eingetroffen, um vor Ort die Lage zu überprüfen, berichtet die ukrainische Atombehörde „Enerhoatom“. Die Reise dient der Sicherung von Europas größtem Atomkraftwerk, das im Krieg zwischen Russland und der Ukraine immer wieder unter Beschuss gerät. Zeitweise war dadurch die Stromversorgung und somit die Kühlung der Brennstäbe unterbrochen. Würde es zu einem längeren Ausfall kommen, könnte dies katastrophale Folgen nach sich ziehen. Manche der Reaktoren wurden zeitweise abgeschaltet. Wie die IAEA nun mitteilte, möchte sie eine dauerhafte Mission etablieren (ZDF).
Lage auf der Halbinsel Krim
Warum die Krim ins Zentrum des Ukraine-Krieges rückt
In den vergangenen Wochen war es zu mehreren Attacken auf militärische Ziele auf der Halbinsel gekommen. Dabei wurden auch Munitionsdepots und militärische Infrastruktur zerstört. Reisende in den Tourismusgebieten haben teils fluchtartig die Insel verlassen. Moskau sprach von Sabotage, Kiew übernimmt offiziell keine Verantwortung für die Angriffe. Präsident Selenskyj hat jedoch wiederholt betont, man werde das seit 2014 okkupierte Territorium zurückholen. „Für die Ukraine ist es zum einen symbolisch wichtig, dass sie in der Lage ist, die Krim anzugreifen“, so Russland-Experte Stefan Meister von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik. Man wolle deutlich machen, dass in den besetzten Gebieten niemand mehr sicher sei. Zum anderen sei es der Ukraine darum gegangen, die „Versorgungsrouten zu treffen, auf denen die russischen Truppen im noch besetzten Cherson mit Waffen beliefert werden“ (Merkur).
Unruhestiftung oder Strategie? Was hinter den Krim-Angriffen stecken könnte
Seit einem Monat häufen sich Angriffe und Explosionen auf der Krim. Für Russland ist die Krim ein militärisch wichtiger Stützpunkt. Moskau hat dort seit der Annexion 2014 seine Militärpräsenz massiv ausgebaut. Im aktuellen Krieg fliegt Russland von der Krim aus viele Angriffe auf den Süden der Ukraine. Auf der dortigen Luftwaffenbasis befanden sich Dutzende russische Flugzeuge. Wegen der jüngsten Angriffe hat Russland viele davon bereits in Russland in Sicherheit gebracht. Insgesamt wurden laut dem ukrainischen Geheimdienst mindestens 24 Flugzeuge und 14 Hubschrauber innerhalb der Krim oder auf russisches Festland verlegt (n-tv).
Konflikt mit Moldau
Russland droht Moldau mit militärischen Maßnahmen
Russland droht der Republik Moldau mit einem militärischen Eingreifen. Sollte die Sicherheit russischer Truppen in der von Separatisten beherrschten Region Transnistrien bedroht werden, riskiere Moldau damit einen militärischen Konflikt mit Russland, erklärte Außenminister Sergej Lawrow. „Jede Gefährdung der Sicherheit russischer Truppen (in Transnistrien) würde nach internationalem Recht als ein Angriff auf Russland gewertet.“ Moldau fordert den Abzug der russischen Truppen. Seit Längerem gibt es in Moldau die Befürchtung, dass der Kreml seine Armee nach der Ukraine auch in ihr Land einmarschieren lassen könnte (Spiegel).
WeitereInformationen über den aktuellen Transnistrien-Konflikt.
August 2022
August 2022
26. August 2022
Angespannte Lage am Atomkraftwerk Saporischja
Atomreaktor wieder am Netz(26.08.)
Zwischenzeitlich war das Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine von Stromnetz getrennt. Nun wurde nach Angaben des Betreibers die Verbindung eines Reaktors wieder hergestellt (Der Spiegel).
AKW Saporischja vom ukrainischen Stromnetz getrennt(25.08.)
Das von Russland besetzte ukrainische Atomkraftwerk Saporischschja ist zumindest zeitweilig vom ukrainischen Stromnetz getrennt worden. Dies sei „das erste Mal in der Geschichte der Anlage“ geschehen, teilte der staatliche Atomkraftwerksbetreiber Enerhoatom auf Telegram mit. Verantwortlich seien Brände in den Asche-Deponien des Kraftwerks, die die letzte Leitung ins ukrainische Netz beschädigt hätten. Die Stromversorgung des AKW selbst sei aber gesichert (Der Spiegel).
Sorgen um AKW Saporischja(25.08.)
Ein Brand hat die letzte verbliebene Stromleitung im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja beschädigt, die Stromversorgung war vorübergehend abgeschnitten. Die Bürger vor Ort haben Angst vor einem Atomunfall (Tagesschau).
Weitere Geschehnisse und Berichte
25 Tote nach russischen Angriff auf Bahnhof in Tschaplyne
Nachdem die Ukraine über einen Raketenangriff in der Zentralukraine berichtet hatte, hat das russische Verteidigungsministerium diesen bestätigt. Es sei ein Angriff auf ukrainische Truppen gewesen. Die Ukraine meldet 25 zivile Todesopfer (Tagesschau).
Putin will Armee um mehr als 130.000 Soldaten aufstocken
Der Ukrainekrieg führt bei der russischen Armee zu erheblichen Verlusten. Kremlchef Putin will das Militär nun per Dekret weiter ausbauen. Woher die Einheiten kommen sollen, bleibt jedoch unklar (Der Spiegel).
Bericht wirft Russland vielfachen Einsatz von Streubombenmunition vor
Ein internationaler Bericht wirft Russland einen umfangreichen Einsatz von Streubomben in der Ukraine vor. Allein in den ersten fünf Monaten seit Beginn des russischen Angriffs seien dadurch mindestens 215 ukrainische Zivilisten getötet und 474 verletzt worden, heißt es laut Nachrichtenagentur KNA im Jahresbericht der Koalition gegen Streumunition (CMC). Auch ukrainische Streitkräfte setzten demnach in mindestens drei Fällen Streumunition ein (Die ZEIT).
Ukraine meldet 9.000 Gefallene
Erstmals seit Beginn des russischen Angriffskrieges am 24. Februar hat die Ukraine offizielle Zahlen zu den eigenen Verlusten vorgelegt. „9.000 Helden“ seien gefallen, teilte Armeechef General Walerij Saluschnyj am Montag auf einer Konferenz zu Ehren von Militärveteranen und der Familien der Gefallenen in Kiew mit. Offen blieb, ob die Zahl sich auf die ukrainische Armee beschränkt oder ob sie alle ukrainischen Streitkräfte umfasst, also auch Nationalgarde, Grenzschützer und Territorialverteidigung (taz).
Scholz besucht ukrainische Soldaten und verspricht weitere Waffenlieferungen
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat ukrainische Soldatinnen und Soldaten bei der Panzerausbildung in Deutschland besucht und dem Land weitere militärische Unterstützung versprochen. Deutschland wolle dazu beitragen, „dass die Soldatinnen und Soldaten die optimale Unterstützung haben, die sie brauchen“, sagte er bei einem Besuch auf dem Truppenübungsplatz Putlos in Schleswig-Holstein (Die ZEIT).
Russlands Gesellschaft: Erzwungener Hurra-Patriotismus
Der Ukrainekrieg verändert auch Russland. Vor allem indem die Gesellschaft auf Linie gebracht wird: mit Gesetzen, neuen Schulbüchern und Denunziantentum (taz).
Ukraine möchte mit politischem Programm nationale Identität stärken
Mit einem neuen Gesetz will die Ukraine ab Mitte August das Bewusstsein ihrer Bürger für ihre nationale Identität schärfen. Es sieht ein patriotisches Bildungspaket für Jung und Alt vor. Es soll die Wichtigkeit der militärischen Verteidigung unterstreichen, patriotische Events für Kinder und Jugendliche durchführen, Fake News eindämmen, den Militärdienst populär machen, Wehrsport in den Schulen umsetzen und den Einfluss des „Aggressorstaates“, mit dem natürlich Russland gemeint ist, eindämmen. (taz).
19. August 2022
Was in der vergangenen Woche geschah ...
Die Lage an der Front
Dnipro-Brücken beschädigt: Russland drohen logistische Probleme
Nach Angriffen der Ukraine sind alle drei Dnipro-Brücken unbenutzbar. Die russischen Kräfte westlich des Flusses sehen sich zunehmend isoliert - es drohen Versorgungsengpässe (ZDF).
Britische Geheimdienste: Russische Flotte kann schwarzes Meer nicht mehr effektiv kontrollieren
Die russischen Seestreitkräfte sind laut London nur noch eingeschränkt in der Lage, die Invasion der Ukraine zu unterstützen. Das liege auch am Verlust des Flaggschiffs „Moskwa“. Odessa drohe von See keine Gefahr mehr (Der Spiegel).
Weiterhin angespannte Lage am Atomkraftwerk Saporischja
Beobachter befürchten russische Provokation im AKW Saporischschja
Berichten zufolge wurden Arbeiter im Kernkraftwerk Saporischschja aufgefordert, zu Hause zu bleiben. Beobachter warnen vor russischen Operationen unter falscher Flagge (Die ZEIT).
Krisentreffen in Lwiw: Selenskyj empfängt Erdogan und UN-Generalsekretär Guterres
Der Beschuss des AKW Saporischschja war das zentrale Thema des Gipfels von UN-Chef Guterres mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und dem türkischen Staatschef Erdogan. Trotz Appellen lehnt Moskau eine Demilitarisierung des AKW weiter ab (Tagesschau).
NATO fordert Überprüfung des AKW durch IAEA
Die NATO fordert eine „dringende“ Inspektion des AKW Saporischschja durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA). Die Sicherheit der Anlage sei durch die Besatzung gefährdet (ZDF).
Erneute Explosionen auf der Krim
Wieder heftige Explosionen auf der von Russland annektierten Halbinsel
Zum zweiten Mal gibt es heftige Explosionen auf der von Russland annektierten Krim. Die Führung in Moskau spricht offiziell von Sabotage – wohlwissend, dass dies Fragen aufwirft (Tagesschau).
Munitionslager auf der Krim explodiert
Nach einer Explosion auf einem Militärplatz haben Tausende Menschen die Halbinsel verlassen. Russland spricht von einem Sabotageakt in einem Munitionslager (Die ZEIT).
Russland bringt offenbar Flugzeuge in Sicherheit
Auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim ist es jüngst zu mehreren Explosionen gekommen. Nun reagiert Moskau laut einem Bericht des ukrainischen Geheimdienstes – und verlegt Flugzeuge und Hubschrauber (Der Spiegel).
Krisendiplomatie
Erdogan hofft auf Kriegsende „am Verhandlungstisch“
In der Ukraine hat der türkische Präsident sein ukrainisches Pendant sowie den UNO-Generalsekretär getroffen. Erdoğan und Guterres wollen einen Einstieg in eine Gesprächslösung mit Kremlchef Putin ausloten (Der Spiegel).
Dreiergipfel in Lwiw
Der ukrainische Präsident trifft den UN-Generalsekretär und den türkischen Präsidenten. Letzterer will sich selbst in Szene setzen (taz).
Weitere Geschehnisse
Partisanenkampf gegen russische Truppen
Sie sprengen Waffenlager, verüben Bombenanschläge und sprühen Botschaften an Wände: Vor allem im besetzen Süden der Ukraine nimmt die Aktivität von Partisanen zu. Wie groß ist ihr Einfluss auf das Kriegsgeschehen (Tagesschau)?
Maßnahmen gegen russische Kriegspropaganda und Desinformation
Der Krieg gegen die Ukraine wird von einer Propagandaoffensive des Kreml begleitet. Behörden rechnen mit noch mehr Desinformation. Doch die Bundesregierung tut sich schwer im Kampf gegen Moskaus Lügen – das soll sich nun ändern (Tagesschau).
Gefährliche Flucht aus besetztem Cherson
Cherson war die erste Stadt, die von Russland eingenommen wurde. Die Einwohner leben seitdem unter harten Bedingungen – oder haben sich auf eine gefährliche Flucht begeben (ZDF).
Russischer Soldat kritisiert Invasion
Schlecht ausgerüstet, wenig genährt, desillusioniert und von Putin enttäuscht: In einem Tagebuch berichtet ein ehemaliger russischer Soldat von seinem Einsatz in der Ukraine und warum er nicht schweigen konnte (Der Spiegel).
China nimmt Ende August an gemeinsamer Militärübung mit Russland teil
Wladimir Putin und Xi Jinping haben vor dem Überfall auf die Ukraine die „grenzenlose” Partnerschaft ihrer Staaten beschworen. Nun lädt Russland zum „Wostok“-Manöver – und die Truppen der Kommunistischen Partei kommen (Der Spiegel).
12. August 2022
Was in der vergangenen Woche geschah ...
Explosionen auf der Krim
Explosionen auf der Krim: Was der Vorfall für Moskau bedeutet
Nach den schweren Explosionen auf der Krim geht Militärexperte Gustav Gressel davon aus, dass es wahrscheinlich einen ukrainischen Raketeneinschlag gegeben hat. "Es gibt ein paar Systeme, die in der Ukraine in Entwicklung waren und es könnten zumindest Prototyp-Raketen gewesen sein, die das verursacht haben", sagte Gressel im ZDF heute journal. Berichten zufolge sollen ein russischer Militärstützpunkt beschädigt und mehrere Kampfjets zerstört worden sein (ZDF).
Ukraine warnt russische Staatsbürger vor Urlaub auf der Krim
Nach den Explosionen auf einem russischen Miltärstützpunkt auf der Krim hat das ukrainische Verteidigungsministerium russische Staatsbürger mit einem Video von den Explosionen auf dem Luftwaffenstützpunkt Saki davor gewarnt, auf der annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Urlaub zu machen (Der Spiegel).
Explosionen auf der Krim: Ukraine macht widersprüchliche Angaben
Die Ursache der Explosionen auf dem russischen Stützpunkt Saki ist weiterhin unklar. Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte mit , es könne nichts zur Ursache sagen. Auch der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak äußerte sich zu dem Thema. Auf die Frage, ob Kiew die Verantwortung für die Explosionen trage, antwortete er: „Natürlich nicht. Was haben wir damit zu tun?“ Zuvor hatte Podoljak allerdings noch erklärt : „Das ist erst der Anfang.“ Die Krim habe eine Zukunft als Reiseparadies ohne russische Besatzung vor sich (Der Spiegel).
Sorgen um Atomkraftwerk in Saporischja
Atomkraftwerk Saporischja: IAEA sieht keine unmittelbare Bedrohung
Die Lage am ukrainischen AKW Saporischschja ist Thema einer Dringlichkeitssitzung im UN-Sicherheitsrat - zugeschaltet wurde der Chef der IAEA. Er sah keine unmittelbare Gefahr für die Sicherheit des AKW, warnte aber, dies könne sich ändern (Tagesschau).
UN-Sicherheitsrat berät in Krisensitzung über AKW Saporischja
Angesichts der Gefahr einer nuklearen Katastrophe im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischschja trifft sich der UN-Sicherheitsrat heute zu einer Krisensitzung. Seit Tagen wird aus der Gegend um das AKW heftiger Beschuss gemeldet (Tagesschau).
Weitere Geschehnisse
ARD Faktenfinder zum Amnesty-Bericht über ukrainische Kriegsführung
Ein Bericht von Amnesty International wirft dem ukrainischen Militär vor, Zivilisten zu gefährden. Kiew weist die Vorwürfe zurück. Der ARD-Faktenfinder geht der Frage nach, was andere Hilfsorganisationen und Experten zu den im Bericht erhobenen Vorwürfen sagen (Tagesschau).
Britischer Militärgeheimdienst: Export russischer Waffen ins Stocken geraten
Russland hat dem britischen Militärgeheimdienst zufolge Schwierigkeiten seinen Exportlieferungen bei gepanzerten Fahrzeugen nachzukommen. Ursache sei Eigenbedarf in der Ukraine (ZDF).
Ukrainische Gegenoffensive in Cherson verzögert sich
Trotz wiederholter Ankündigungen der Ukraine bald einen größeren Gegenangriff gegen die russischen Besatzungstruppen in der Region Cherson zu starten, hat hier bisher keine nennenswerte Offensive begonnen. Zwar rücken die ukrainischen Streitkräfte weiterhin langsam vor und erobern jede Woche einige Dörfer zurück, aber größere, dynamische Manöver haben bisher nicht stattgefunden. Der wichtigste Grund dafür ist, dass es Russland in den letzten Wochen gelungen ist, seine Kräfte neu zu gruppieren und eine beträchtliche Anzahl von taktischen Bataillonen (BTG) in den westlichen Teil der Region Cherson zu verlegen (ZDF).
Russische Besatzer in Saporischja bereiten Beitrittsreferendum zu Russland vor
Das russisch besetzte Gebiet von Saporischschja soll per Volksentscheid Teil Russlands werden. Das umstrittene Manöver erinnert an die Vorgänge auf der Krim – auch der Mann hinter der Aktion ist von dort (Der Spiegel).
US-Pentagon: Bis zu 80.000 russische Soldaten verletzt oder getötet
Das amerikanische Verteidigungsministerium hat Schätzungen zu den Verlusten der russischen Streitkräfte seit der Invasion vorgelegt. Es soll Zehntausende Opfer geben – und erhebliche Probleme bei der Ausrüstung (Der Spiegel).
5. August 2022
Die russischen Streitkräfte haben eine neue Großoffensive in der Region Donezk gestartet. Nach Einschätzung des ukrainischen Generalstabs beabsicht Russland, sich für die angestrebte Eroberung der Städte Bachmut und Soledar eine gute Ausgangsposition zu verschaffen. Bachmut und Soledar sind Teil der letzten ukrainischen Verteidigungslinie vor den Großstädten Slowjansk und Kramatorsk. Bereits in den vergangenen Tagen waren aus Städten und Ortschaften in der Region Donezk immer wieder schwere Gefechte und Angriffe gemeldet worden. Abermals zum Ziel russischer Angriffe wurde auch die ostukrainische Großstadt Charkiw. Nach Angaben des Bürgermeisters wurden drei Stadteile von russischer Artillerie beschossen, wodurch drei Menschen verletzt worden seien.
Die russischen Angriffe beschränken sich aber keineswegs auf den Osten der Ukraine. Neun Regionen sollen laut ukrainischem Präsidentenbüro in den vergangenen Tagen von Russland bombardiert worden sein. Betroffen sei beispielsweiße die Stadt Nikopol, die auf der gegenüberliegenden Flussseite in unmittelbarer Nähe zum Atomkraftwerk Saporischja gelegen ist. Auch in der südukrainischen Stadt Mykolajiw soll es am Donnerstag Explosionen gegeben haben. Dort, im Süden der Ukraine, könnten die russischen Streitkräfte in der Region Cherson womöglich schon bald eine weitere Offensive starten. Zu dieser Einschätzung gelangt das ukrainische Militär und begründet diese mit der Beobachtung größerer russischer Truppenbewegungen in der Region. Zugleich berichtete das britische Verteidigungsministerium allerdings über russische Nachschubprobleme in der Südukraine. Aufgrund anhaltender ukrainischer Gegenangriffe und stark beschädigter Übergänge über den Fluss Dnepr käme es auf russischer Seite zu Schwierigkeiten bei Versorgung und Nachschub.
Bericht von Amnesty International: Kritik an ukrainischer Kriegsführung
Amnesty International hat der ukrainischen Armee vorgeworfen, durch ihre Militärtaktik Zivilisten zu gefährden. Kiew reagiert empört – russische Medien zitieren natürlich umgehend aus dem Bericht. (Der Spiegel).
IAEA: Situation am Atomkraftwerk Saporischja „sehr angespannt“
Das von Russen besetzte AKW in Saporischschja bereitet dem Chef der Internationalen Atomenergiebehörde große Sorgen. Alle Sicherheitsprinzipien seien verletzt worden. Die IAEA bemüht sich bislang vergeblich um Zugang zu dem AKW. (Tagesschau).
Nach Explosion in Gefängnis für Kriegsgefangene: USA warnen vor gefälschten Beweisen
Nach dem Tod Dutzender ukrainischer Kriegsgefangener in einem Straflager überziehen sich Moskau und Kiew mit Vorwürfen. US-Geheimdienste halten gefälschte Beweise für möglich. (ZDF).
Angriff auf Gefangenenlager: UN kündigen Untersuchung an
Knapp eine Woche nach dem verheerenden Angriff auf ein Kriegsgefangenenlager in der Ostukraine hat UN-Generalsekretär António Guterres eine Untersuchung angekündigt. Die Vereinten Nationen hätten sowohl von Russland als auch von der Ukraine ein entsprechendes Gesuch erhalten, sagte Guterres in New York. (Merkur).
Russische Medien: Neue Narrative für den Krieg
In einer Handreichung an staatstreue Medien gibt die russische Regierung vor, wie über den Krieg in der Ukraine berichtet werden soll. Je länger sich Russlands Krieg gegen die Ukraine hinzieht, ohne dass nennenswerte „Erfolge“ zu verzeichnen wären, desto mehr gerät der Kreml gegenüber der eigenen Bevölkerung in Erklärungsnot. Das ist wohl mit ein Grund dafür, dass auch die staatlichen Medien, ohnehin schon an vorderster Front für die „Spezialoperation“ unterwegs, jetzt noch einmal kräftig nachrüsten sollen. (taz).
Kanzler Scholz: „Gasturbine kann jederzeit geliefert werden“
Bundeskanzler Olaf Scholz hat Russland für Verzögerungen beim Rücktransport der in Kanada gewarteten Turbine für die Ostseepipeline Nord Stream 1 verantwortlich gemacht. Die Turbine könne jederzeit nach Russland transportiert werden, sagte Scholz bei einem Werksbesuch bei Siemens Energy in Mülheim an der Ruhr. (Tagesschau).
UN-Generalsekretär Guterres kritisiert „groteske Gier“ und fordert Übergewinnsteuer
UN-Generalsekretär Antonio Guterres hat Öl- und Gaskonzernen eine "groteske Gier" vorgeworfen und eine Steuer auf ihre sogenannten Übergewinne gefordert. Weltweit müssten die Regierungen dafür sorgen, dass die im Zuge der Energiekrise wegen des Krieges in der Ukraine erzielten übermäßigen Gewinne besteuert werden, sagte Guterres am Mittwoch vor der Presse. (ZDF).
US-Senat stimmt für NATO-Norderweiterung
Als Reaktion auf den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine haben Schweden und Finnland die NATO-Mitgliedschaft beantragt. Seitdem wird der Aufnahmeprozess im Schnellverfahren vorangetrieben. Die USA haben jetzt dafür gestimmt. (Tagesschau).
Heeresinspekteur der Bundeswehr: Balance bei Waffenlieferung
Heeresinspekteur Alfons Mais geht davon aus, dass der Ukraine-Krieg noch lange dauern wird. Bei deutschen Waffenlieferungen an Kiew mahnt er Zurückhaltung an, da die Möglichkeiten weiterer Waffenlieferungen aus Bundeswehr-Beständen begrenzt seien. (ZDF).
Juli 2022
Juli 2022
29. Juli 2022
Russland hat seine Angriffe auf Ziele in der Ukraine ausgeweitet. In der ostukrainischen Region Donezk nähern sich die Gefechte der Stadt Bachmut. Noch gelingt es den ukrainischen Streitkräften laut eigenen Angaben jedoch, die russischen Angriffe abzuwehren. Zudem sei es gelungen, russische Angriffe auf die Großstadt Slowjansk zurückzuschlagen. Gleichwohl sollen bei russischen Angriffen in der Ostukraine mindestens 12 Menschen ums Leben gekommen sein. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Mykolaiw sind außerdem vier weitere Zivilisten bei einem russischen Raketenangriff auf die gleichnamige südostukrainische Stadt ums Leben gekommen.
Auch aus anderen Landesteilen der Ukraine wurden in den vergangenen 24 Stunden Angriffe gemeldet. Erstmals seit mehreren Wochen ist auch die Region Kiew wieder zum Ziel russischer Raketenangriffe geworden. Wie der Gouverneur der Region mitteilte, sei dabei ein Infrastrukturobjekt im Bezirk Wyschgorod getroffen worden. Ebenfalls von russischen Raketen getroffen wurde die ostukrainische Großstadt Charkiw. Dort sind nach Angaben des örtlichen Bischofs inzwischen rund 15 Prozent der Wohngebäude und Infrastruktur zerstört. Die russische Angriffswelle ereignete sich einen Tag nach dem Aufruf des prorussischen Separatistenführers Denis Puschilin, die „von Russen gegründeten russischen Städte Kiew, Tschernihiw, Poltawa, Odessa, Dnipropetrowsk, Charkiw, Saporischschja, Luzk zu befreien“. Vor dem Hintergrund der russischen Angriffe auf zivile Ziele forderte der ukrainische Präsident Selenskyj die Welt in seiner jüngsten Videobotschaft erneut dazu auf, Russland unmissverständlich als staatlichen Unterstützer von Terrorismus zu benennen.
Ob die russischen Angriffe ein Zeichen der militärischen Stärke Russlands sind, wird von Beobachtern zunehmend in Zweifel gezogen. Nach Darstellung des britischen Verteidigungsministers Wallace scheiterten die russischen Streitkräfte derzeit in vielen Bereichen und sähen sich daher zu Strategiewechseln gezwungen: „Die Russen versagen im Moment vor Ort in vielen Bereichen. Putins Plan A, B und C ist gescheitert, und er könnte sich nach Plan D umsehen.“ Zumindest einen Anteil an dieser Situation dürfte die ukrainische Gegenoffensive im Süden des Landes haben, die nach britischen Einschätzungen in den vergangenen Tagen an Fahrt aufgenommen hat. Drei strategisch wichtige Brücken über den Fluss Dnipro sollen von ukrainischer Seite derart stark beschädigt worden sein, dass sie für den Verkehr nicht mehr genutzt werden können. Da Russland zur Versorgung der besetzen Gebiete auf die Brücken angewiesen sei, könne nun von einer empfindlichen Schwächung der dort befindlichen russischen Truppen ausgegangen werden. So sei etwa die Stadt Cherson – als politisch wichtigste Stadt unter russischer Kontrolle – nun vom Rest der besetzten Gebiete so gut wie abgeschnitten.
Die Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine ruhen bereits sei Monaten. Mindestens eine Teilschuld dafür tragen nach Ansicht des russischen Präsidialamtes auch Europa und die USA. Man vermisse vom Westen die Bereitschaft, in Bezug auf die Ukraine Zugeständnisse zu machen und einen Waffenstillstand zu erreichen, so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Trotz der anhaltenden Spannungen soll es aber offenbar demnächst zu einem Gespräch zwischen dem amerikanischen Außenminister Blinken und seinem russischen Amtskollegen Lawrow kommen. Es wäre das erste Gespräch der beiden Außenminister seit Kriegsbeginn. Zur Sprache kommen sollen das Thema eines im Raum stehenden Gefangenenaustausches sowie die Umsetzung des Getreideabkommens unter Schirmherrschaft der UN.
Angriff auf Gefängnis für Kriegsgefangene: Gegenseitige Vorwürfe
Die Ukraine und Russland machen sich gegenseitig für einen Angriff auf ein Gefängnis für Kriegsgefangene in Oleniwka in der Region Donezk verantwortlich. Dabei sollen mindestens 40 ukrainische Kriegsgefangene getötet worden sein. Dutzende weitere seien verletzt worden. Unabhängig lassen sich die Angaben derzeit nicht überprüfen (ZDF).
Russland torpediert Getreideabkommen
Bei Verhandlungen mit der Ukraine und dem Westen setzt Moskau auf Zweideutigkeit, um die andere Seite zu verunsichern. Das Getreideexportabkommen ist ein weiteres Beispiel dafür (ZDF).
Ukraine meldet Probleme mit deutschen Panzerhaubitzen
Einen Monat nach der Lieferung deutscher Panzerhaubitzen an die Ukraine sollen die Geschütze bereits deutliche Verschleißerscheinungen aufweisen. Nach einem Bericht des Magazins „Spiegel” sind mehrere Haubitzen reparaturbedürftig. Darüber habe die Regierung in Kiew das Bundesverteidigungsministerium informiert (NDR).
27. Juli 2022
In der ostukrainischen Region Donezk haben russische Streitkräfte bei Switlodarsk das größte Kohlekraftwerk der Ukraine erobert. Nachdem die Einnahme des Kraftwerks Wuhlehirsk bereits gestern von Medien prorussischer Separatisten vermeldet worden war, bestätigte das britische Verteidigungsministerium diese Informationen heute via Twitter. Demnach soll es sich bei den russischen Soldaten um Söldner der „Gruppe Wagner“ handeln. Diese seien in der Region um das Kraftwerk weiter vorgerrückt und hätten ukrainische Truppen zum Rückzug gezwungen. Das russische Verteidigungsministerium berichtete überdies von Luftschlägen und Artillerieangriffen auf mehrere Ziele in der Region Donezk. Die russische Darstellung, wonach der ukrainischen Armee bei diesen Angriffen hohe Verluste zugefügt worden seien, wurde von ukrainischer Seite allerdings umgehend dementiert.
Während die russischen Streitkräfte in der Ostukraine also weiterhin Eroberungen und Gebietsgewinne verzeichnen können, sind die ukrainischen Truppen im Süden des Landes vor wenigen Wochen selbst in die Offensive übergegangen. Von dort meldete das ukrainische Militär nun weitere Erfolge. So sei es gelungen, die Ortschaft Andrijiwka im Gebiet Cherson vollständig zurückzuerobern, so ein Sprecher der Kommandozentrale „Süd“. Noch bedeutsamer erscheint jedoch die am Mittwoch veröffentlichte Meldung, wonach die einzige über den Fluss Dnipro führende Brücke in der Region Cherson nach ukrainischem Beschuss für Fahrzeuge gesperrt werden musste. Die 1,4 Kilometer lange Brücke diente den russischen Truppen bisher als wichtiger Versorgungs- und Nachschubweg.
Gazprom drosselt Liefermenge über Nord Stream 1
Der staatliche russische Energiekonzern Gazprom liefert wie angekündigt seit dem Morgen weniger Gas durch die Pipeline Nord Stream 1. Indes sieht die Bundesnetzagentur erste Erfolge bei der Gaseinsparung (ZDF).
Russland meldet Eroberung von größtem Kohlekraftwerk der Ukraine
Im ostukrainischen Gebiet Donezk haben die russischen Truppen nach eigenen Angaben bei Switlodarsk das größte Kohlekraftwerk der Ukraine unter ihre Kontrolle gebracht. Zuvor hatten bereits Medien der Donezker Separatisten die Eroberung gemeldet. Bilder sollten die Präsenz russischer Söldner der sogenannten „Wagner-Gruppe“ vor dem Verwaltungsgebäude belegen (Der Spiegel).
Russland will in Separatistengebieten über Anschluss abstimmen lassen
Nach Russlands Plänen soll die abtrünnige Volksrepublik Donezk in das russische Staatsgebiet eingegliedert werden. Helfen sollen – mutmaßlich gefälschte – Abstimmungen (Zeit Online).
25. Juli 2022
Russland versucht nach wie vor, in der Region Donezk voranzukommen und weiter Boden gutzumachen. Die russische Offensive im Osten habe jedoch nach Angaben des britischen Militärs einen kleinen Umfang und mache nur „geringfügige Fortschritte“. Sie konzentriere sich derzeit auf die Stadt Bachmut mit dem Ziel, weiter in Richtung Kramatorsk und Slowjansk vorzurücken.
Auch die Region Charkiw steht weiterhin unter Beschuss. Vergangene Woche kam es zu mehreren Raketeneinschlägen auch auf zivile Ziele, so dass die Einwohner Charkiws nun zur Nutzung der U-Bahn anstelle des Straßenverkehrs aufgerufen wurden. „Die vergangene Woche hat gezeigt, dass der Aggressor nicht einmal mehr vorgibt, auf militärische Ziele zu schießen“, so der Bürgermeister Ihor Terechow.
Nachdem es der ukrainischen Armee in den vergangenen Wochen in der Südukraine bereits gelungen war, wieder Boden gutzumachen und von Russland seit März besetzte Gebiete teilweise wieder zurückzuerobern, zeigt sich Serhij Chlan von der Militärverwaltung Cherson zuversichtlich: „Wir können sagen, dass ein Wendepunkt auf dem Schlachtfeld erreicht wurde.“ Die ukrainischen Truppen würden von der Defensive in die Gegenoffensive wechseln. Cherson werde „definitiv bis September befreit“ sein, so Chlan.
Was die Küstenmetropole Odessa anbelangt, war auch diese am Wochenende abermals russischen Raketen ausgesetzt, die am Hafen einschlugen. Moskau hat den international kritisierten Angriff tags darauf mit der Zerstörung von US-Waffen begründet. Die Raketen seien auf ein Schiffsreparaturwerk abgefeuert worden, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Ein ukrainisches Kriegsschiff und ein Lager mit von den USA gelieferten „Harpoon“-Raketen seien in dem Dock zerstört worden. Zudem seien durch die Angriffe Anlagen zur Reparatur und zur Modernisierung des Schiffsbestandes der ukrainischen Seestreitkräfte außer Betrieb genommen worden, hieß es seitens des russischen Verteidigungsministeriums. Die Ukraine sieht angesichts dieser Ereignisse den Vertrag über die Wiederaufnahme von Getreidelieferungen aus dem Hafen in Gefahr.
Die russische Regierung verschärft indes ihre Position im Ukraine-Krieg. Entgegen früherer Äußerungen erklärte Russlands Außenminister Sergej Lawrow, Russland strebe den Sturz der ukrainischen Regierung an. Er drohte mit der Besetzung weiterer Gebiete auch außerhalb des Donbass. „Wir helfen dem ukrainischen Volk auf jeden Fall, sich von dem absolut volks- und geschichtsfeindlichen Regime zu befreien“, sagte Lawrow bei einem Besuch in Kairo. Das russische und ukrainische Volk würden künftig zusammenleben.
Als Reaktion auf diese Statements rief der ukrainische Präsident Selenskyj zur Bewahrung der nationalen Einheit des ukrainischen Volkes auf. Wenn die Ukrainer dies schafften, werde ihnen gelingen, was Generationen vorher misslungen sei: die Unabhängigkeit von Russland zu wahren, sich zu einem der modernsten Staaten der Welt zu wandeln und gleichzeitig den eigenen Weg Richtung Europa zu gehen.
Nachdem nun seit Wochen koordinierte Ermittlungen der Ukraine mit zahlreichen westlichen Ländern am Laufen sind, um von Russland begangene Völkerrechtsverbrechen zu ahnden, fordert nun auch Russland seinerseits ein internationales Tribunal. Dieses soll ukrainische Soldaten und weitere Vertreter des Militärs wegen des Tatbestands der „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ anklagen. Mehr als 220 Personen, darunter Vertreter des Oberkommandos der ukrainischen Streitkräfte sowie Kommandeure, hätten die Zivilbevölkerung angegriffen, zitiert die russische Tageszeitung „Rossijskaja Gaseta“ Alexander Bastrykin, den Leiter des russischen Untersuchungsausschusses. Die Ukrainer seien in „Verbrechen gegen den Frieden und die Sicherheit der Menschheit verwickelt, die nicht verjähren“. Das Tribunal werde nach Angaben Russlands von Ländern wie Bolivien, Iran und Syrien unterstützt.
Russland will „Regimewechsel“ in Ukraine
Russlands Außenminister Lawrow hat entgegen früherer Äußerungen erklärt, der Kreml wolle die Regierung in Kiew stürzen. Mit seiner Ankündigung, die politische Führung in Kiew auswechseln zu wollen, widerspricht Lawrow auch eigenen Aussagen vom April. „Wir haben nicht vor, das Regime in der Ukraine zu wechseln“, sagte der russische Chefdiplomat damals in einem Interview. Auch hat die russische Führung in den vergangenen Tagen öffentlich ihre Position im Ukraine-Krieg verschärft. Lawrow drohte mit der Besetzung weiterer Gebiete auch außerhalb des Donbass. Angesichts der westlichen Waffenlieferungen und deren höherer Reichweite sei es nötig, die ukrainischen Truppen weiter abzudrängen von den Gebieten Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine, die Moskau als unabhängig anerkannt hat (n-tv).
Fünf Monate Krieg – „In der Südukraine wird sich viel entscheiden“
Während Russlands Armee im Osten der Ukraine langsam vorankommt, bereitet die ukrainische Armee im Süden des Landes eine Offensive vor. Im Interview erklärt die Expertin Sabine Fischer, warum ein Erfolg dort für die Ukraine existenziell ist (Tagesschau).
Russland will eigenes Tribunal einrichten
Russland plant nach Angaben des Chefs des russischen Ermittlungskomitees ein eigenes, noch zu schaffendes Tribunal. Mehr als 220 Personen, darunter Vertreter des Oberkommandos der ukrainischen Streitkräfte sowie Kommandeure, sollen die Zivilbevölkerung angegriffen haben und wegen „Verbrechens gegen die Menschlichkeit“ angeklagt werden. Da die Vereinten Nationen vom Westen dominiert würden, solle ein solches Tribunal stattdessen unter der Führung einer Partnerorganisation Russlands stehen, so Alexander Bastrykin, der Chef des russischen Ermittlungskomitees. Seinen Angaben nach haben unter anderem Bolivien, der Iran und Syrien Interesse an einer Beteiligung bekundet (Tagesschau).
22. Juli 2022
In der Ostukraine versuchen die russischen Streitkräfte derzeit offenbar, ihren Vorstoß in Richtung der Städte Kramatorsk und Slowjansk zu verstärken. Dies berichtet das britische Verteidigungsministerium unter Berufung auf Geheimdienstinformationen. Zudem rückten russische Truppen auch immer näher an das zweitgrößte Kraftwerk der Ukraine heran – das Kohlekraftwerk Wuhlehirsk, das rund 50 Kilometer von Donezk entfernt liegt. Die Briten sehen im Vorgehen der Russen die Strategie, der Eroberung kritischer Infrastruktur besondere Priorität einzuräumen.
Auch aus anderen Landesteilen der Ukraine werden immer wieder russische Angriffe gemeldet. Wie ukrainische Behörden berichten, sollen russische Streubomben am Donnerstag dicht besiedeltes Gebiet in Charkiw, der zweitgrößten ukrainischen Stadt, getroffen haben. Zwei Menschen seien bei dem Angriff getötet und 21 weitere Menschen verletzt worden. Der Bürgermeister der Stadt warf Russland vor, wahllos friedliche Wohngebiete zu beschießen und den Tod von Zivilisten in Kauf zu nehmen.
Die russische staatseigene Nachrichtenagentur Tass meldete indes am Freitag, dass ukrainische Streitkräfte die ostukrainische Großstadt Donezk angegriffen hätten.
Neue EU-Sanktionen gegen Russland
Im Zuge der neuen EU-Sanktionen darf z. B.Gold aus Russland nicht mehr importiert werden. Exporte von militärisch nutzbaren Gütern sollen strenger kontrolliert werden. Ab heute sollen die Regeln in Kraft treten (Tagesschau).
Russland und Ukraine sollen sich auf Getreideausfuhr geeinigt haben
Nach wochenlangen Verhandlungen ist laut der türkischen Regierung eine Vereinbarung über den Export von Millionen Tonnen ukrainischen Getreides über das Schwarze Meer erzielt worden. Das Abkommen, das auch Russland den Export von Getreide und Düngemitteln erlaube, werde am Freitag in Istanbul unterzeichnet, teilte das Büro von Präsident Recep Tayyip Erdoğan mit (ZEIT Online).
Belarussischer Präsident Lukaschenko warnt vor „Abgrund eines Atomkrieges“
Belarus ist der engste Verbündete Russlands und war auch Ausgangspunkt des Angriffs auf die Ukraine Ende Februar 2022. Nun warnt der Präsident des Landes vor einer Eskalation des Krieges – und der atomaren Bedrohung. Die Ukraine solle die russischen Bedingungen akzeptieren, sagt Lukaschenko (n-tv.).
20. Juli 2022
Die russischen Streitkräfte in der Ostukraine bereiten offenbar eine Offensive auf die Stadt Bachmut vor. Dies berichtet der ukrainische Generalstab in seinem jüngsten Lagebericht. Bachmut ist ein wichtiger Verkehrsknotenpunkt in der Region Donezk und Teil der letzten ukrainischen Verteidigungslinie vor den Großstädten Slowjansk und Kramatorsk. In den vergangenen Tagen waren wiederholt russischer Beschuss und Angriffe in zahlreichen ostukrainischen Gebieten gemeldet worden. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs hat Russland zudem weitere Geländegewinne im Raum Pokrowske erzielt.
Nichtsdestotrotz kommt die russischen Offensive im Donbass nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministerium weiterhin nur stockend voran. Aufgrund des ukrainischen Widerstands gebe es auf russischer Seite lediglich minimale Geländegewinne. Überdies sei es den ukrainischen Verteidigern in der südukrainischen Region Cherson gelungen, die über den Fluss Dnepr führende Antonowskij-Brücke derart stark zu beschädigen, dass diese womöglich nicht mehr genutzt werden kann. Die Briten sehen in der Kontrolle der Übergänge über den Dnepr einen Schlüsselfaktor für die Kämpfe in der Region Cherson.
Jenen ukrainischen Gebieten, die bereits von Russland kontrolliert werden, droht indes weiteres Ungemach. Die US-Regierung geht davon aus, dass Russland analog zum Vorgehen auf der Schwarzmeer Halbinsel Krim weitere ukrainische Gebiete annektieren wird. Die Grundlage dieser Einschätzungen bilden US-Geheimdienstinformationen, welche darauf hindeuteten, dass Russland „Scheinreferenden“ sowie die Eröffnung von Bankfilialen und die staatliche Kontrolle des Internets plane. Auch könnten Menschen dazu gezwungen werden, die russische Staatsbürgerschaft anzunehmen. Nach US-Einschätzung könnten diese Vorhaben die Gebiete Cherson und Saporischja sowie die gesamten Regionen Donezk und Luhansk betreffen.
Moskau droht: Zukünftige Friedensgespräche unter härteren Bedingungen
Russland hat der Ukraine im Fall einer Wiederaufnahme von Friedensgesprächen härtere Bedingungen als zuvor in Aussicht gestellt. Bei den Verhandlungen im März in der Türkei seien konkrete Resultate erzielt worden, ehe Kiew den Kontakt abgebrochen habe, klagte Juri Uschakow, ein Berater von Russlands Präsident Wladimir Putin, der Nachrichtenagentur RBK zufolge. „Wenn jetzt also die Verhandlungen wieder aufgenommen werden, dann zu völlig anderen Bedingungen“ (ZDF).
Putin: Gazprom wird seine Verpflichtungen erfüllen
Der russische Gaskonzern Gazprom wird laut Russlands Präsident Wladimir Putin seine Verpflichtungen „in vollem Umfang“ erfüllen. Gleichzeitig drohte Putin mit einem weiteren Absenken der russischen Gaslieferungen durch die Pipeline Nord Stream 1. Bereits Ende Juli könne die tägliche Durchlasskapazität der Pipeline deutlich fallen, sollte Russland eine in Kanada reparierte Turbine nicht zurückerhalten, sagte der Kremlchef. Er verwies auf die Möglichkeit, stattdessen auf Nord Stream 2 zurückzugreifen (ZDF).
18. Juli 2022
Bei ihrem Vorhaben, auch die Region Donezk im Osten der Ukraine einzunehmen, kommt die russische Armee nur langsam voran. Die Eroberung des strategisch wichtigen Ballungsraums um die Großstädte Slowjansk und Kramatorsk ist das eigentliche Ziel, doch zuvor gilt es aus russischer Sicht, Dörfer im Umfeld einzunehmen. Die ukrainischen Streitkräfte leisten jedoch erbitterten Widerstand. Am Wochenende sei es ihnen gelungen, Dörfer zu verteidigen und einen Vorstoß auf Slowjansk zu vereiteln, teilte der ukrainische Generalstab mit. Auch Angriffe in anderen Teilen der Region seien abgewiesen worden.
Im Süden des Landes steht derzeit die Stadt Mykolajiw unter großem Druck. Nahezu täglich steht die südukrainische Stadt unter Beschuss. So sollen auch am Wochenende wieder zahlreiche Raketen das dortige Industriegebiet und eine Schiffswerft getroffen haben. Bereits zu Beginn des Krieges hatten russische Truppen vergeblich versucht, Mykolajiw einzunehmen. Seither beschränken sie sich offenbar darauf, die Stadt mit Raketen zu beschießen. Aus Furcht vor einer ukrainischen Gegenoffensive im Süden haben die russischen Truppen ihre Militärpräsenz in der Region dort wieder verstärkt. Russland konzentriere Truppen und Gerät zwischen Cherson, Mariupol und Saporischschja und verstärke die Sicherheitsvorkehrungen in Melitopol, so das britische Verteidigungsministerium.
Indes hat der ukrainische Präsident Selenskyj vor dem Hintergrund zunehmender Verdachtsfälle von Landesverrat durch ukrainische Beamte die Generalstaatsanwältin und den Chef der ukrainischen Sicherheitsdienste entlassen. Die Generalstaatsanwältin Wenediktowa hatte insbesondere die Ermittlungen zu mutmaßlichen russischen Kriegsverbrechen in Butscha geleitet. Derzeit würden von den ukrainischen Behörden insgesamt mehr als 650 Fälle möglichen Verrats durch lokale Verantwortliche untersucht, sagte Selenskyj.
Selenskyj greift im Sicherheitsapparat durch
Als Reaktion auf Verrat im ukrainischen Sicherheitsapparat hat der ukrainische Präsident Selenskyj SBU-Geheimdienst-Chef Iwan Bakanow und Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa abberufen. Damit hat er zwei Schlüsselfiguren seiner Sicherheitsbehörden entlassen. Mehr als 60 Mitarbeiter seien aus diesen Behörden in den russisch besetzten Gebieten geblieben und kollaborierten mit dem Feind, so Selenskyj. Insgesamt gebe es 651 Strafverfahren gegen Mitarbeiter von Staatsanwaltschaft und anderen Strafverfolgungsbehörden wegen Hochverrats und Kollaboration mit russischen Diensten (Deutsche Welle).
Turbine für Nord Stream 1 soll unterwegs sein
Die für den Betrieb der Gaspipeline Nord Stream 1 wichtige Turbine ist einem Zeitungsbericht zufolge offenbar nun repariert und am Sonntag von Kanada nach Deutschland geliefert worden, berichtet die russische Zeitung „Kommersant“. Sollte es keine Probleme mit der Logistik oder dem Zoll geben, werde es weitere fünf bis sieben Tage dauern, bis die Turbine in Russland ankomme. Ein Einbau noch während des offiziellen Wartungsintervalls für Nord Stream 1 erscheint somit mehr als fraglich. Die Wartungsarbeiten sollen planmäßig bis zum 21. Juli dauern. Der Poker um eine Wiederinbetriebnahme geht demnach weiter (Spiegel).
Russland gibt systematischen Getreidediebstahl offen zu
Waren es anfangs nur Vorwürfe und Gerüchte, gibt Russland inzwischen offenbar zu, dass es systematisch Getreide aus der Ukraine entwendet hat. So teilte der Chef der russischen Militärverwaltung von Saporischschja, Jewgeni Balizki, am Samstag mit, dass in den vergangenen Wochen große Mengen an Getreide aus dem Land gebracht worden seien. „Mehr als 100 Waggons wurden bereits abgeschickt, ein weiterer Vertrag über 150.000 Tonnen wurde mit einem Getreidehändler abgeschlossen“, schrieb Balizki. Neben dem Eisenbahntransport sei auch die Verschiffung über den Seeweg geplant. Vor dem Krieg war die Ukraine einer der größten Getreideexporteure der Welt. Durch den russischen Angriff und die Seeblockade stecken nach ukrainischen Angaben im Schwarzen Meer derzeit mehr als 20 Millionen Tonnen ukrainisches Getreide fest. Nur bedingt gelingt es der Ukraine, alternative Exportrouten zu etablieren. Die Unsicherheiten infolge des Kriegs führten weltweit zu einer Verteuerung der Lebensmittel (Welt).
Erster Durchbruch im Streit um ukrainische Getreideexporte
Die internationale Gemeinschaft fordert von Russland seit Wochen, den Export von ukrainischem Getreide zu ermöglichen. Die Ukraine beklagt, dass die russische Kriegsmarine ihre Häfen im Schwarzen Meer blockiert. Bei den Gesprächen zwischen Vertretern der Vereinten Nationen, der Ukraine, Russlands und der Türkei in Istanbul sei ein „entscheidender Schritt“ Richtung Lösung vorgenommen worden, sagte UN-Generalsekretär António Guterres (RND).
15. Juli 2022
Im Osten der Ukraine ereignen sich weiterhin Gefechte zwischen russischen und ukrainischen Streitkräften. Meldungen, wonach prorussische Separatisten in der Region Donezk kleinere Geländegewinne erzielt hätten, wurden von ukrainischer Seite jedoch umgehend dementiert. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs ist das russische Heer derzeit damit beschäftigt, in der Region Kramatorsk eine Umgruppierung seiner Truppen durchzuführen. Die ukrainischen Militärstrategen gehen davon aus, dass Russland mit diesem Schritt das Ziel verfolgt, seine Angriffsbemühungen in Richtung der Stadt Siwersk zu verstärken. Mit einer Eroberung von Siwersk würden die russischen Truppen noch näher an den Ballungsraum um die Großstädte Kramatorsk und Slowjansk heranrücken. Kramatorsk und Slowjansk waren bereits in den vergangen Tagen wiederholt zum Ziel von russischem Artilleriebeschuss geworden. Der Ballungsraum um die beiden Städte hat eine große strategische Bedeutung, da sich hier die wichtigsten und stärksten ukrainischen Verteidigungsstellungen im Donbass befinden. Sollte Russland die Einnahme Siwersks gelingen, dürfte nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums allerdings zunächst die Kleinstadt Bachmut in den Fokus der russischen Angriffe rücken. Von dort aus könnten die russischen Kräfte dann weiter in westliche Richtung vorrücken.
Rund 700 Kilometer weiter westlich kam es in der zentralukrainischen Großstadt Winnyzjaam zu einem folgenschweren russischen Raketenangriff. Nach Angaben lokaler Behörden waren die Raketen in ein Bürozentrum eingeschlagen und töteten mindestens 23 Menschen. 90 weitere Menschen sollen verletzt worden sein. Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach mit Blick auf den Angriff von einem terroristischen Akt: „Kein anderes Land der Welt stellt eine solche terroristische Bedrohung dar wie Russland. Kein anderes Land in der Welt erlaubt es sich, täglich Marschflugkörper und Raketenartillerie einzusetzen, um Städte und das Leben von Durchschnittsmenschen zu zerstören.“
Tote und Verletzte bei Angriff auf Büros
Bei russischen Raketenangriffen sind in der Ukraine erneut zahlreiche Zivilisten und Soldaten getötet worden. Im Zentrum der Großstadt Winnyzja ist Behördenangaben zufolge ein Bürozentrum getroffen worden. Die Stadt liegt im Zentrum der Ukraine, rund 270 Kilometer von Kiew entfernt. Mindestens 20 Menschen seien ums Leben gekommen, weitere 90 seien verletzt worden, teilte der Vizechef des Präsidentenbüros, Kyrylo Tymoschenko, am Donnerstag mit (ZDF).
EU-Sanktionen zeigen offenbar Wirkung
Die EU geht einem Bericht zufolge davon aus, dass die russische Wirtschaftsleistung in diesem Jahr um 10,4 Prozent schrumpfen wird. Die Wirkung der gegen Moskau verhängten Sanktionen wird demnach noch zunehmen (Der Spiegel).
13. Juli 2022
Russland setzt seine Offensive in der Ostukraine fort. Besonders die Großstadt Charkiw wurde in den vergangenen Tagen immer wieder von schweren russischen Angriffen erschüttert. Nach russischem Raketenbeschuss auf ein Wohngebäude soll es dort mehrere Tote gegeben haben. Ein ähnlicher Vorfall hatte sich bereits am Samstag in der Region Donezk ereignet. In der Kleinstadt Tschassiw Jar war ein Wohnhaus nach russischem Raketenbeschuss zusammengestürzt. Am heutigen Mittwoch korrigierte der dortige Zivilschutz die Zahl der nach dem Angriff ums Leben gekommenen Menschen abermals nach oben. Es wird von nunmehr 45 toten Zivilisten ausgegangen. Nach UN-Angaben haben in der Ukraine seit Kriegsbeginn damit mindestens 5.000 Zivilisten ihr Leben verloren. Zugleich weist die UN darauf hin, dass sich die Zahl nur auf die offiziell erfassten Todesopfer bezieht. Die Zahl der tatsächlich ums Leben gekommenen Zivilisten dürfte also noch um einiges höher liegen.
In der Ukraine wecken die zunehmend heftiger werdende Angriffe auf Charkiw Befürchtungen einer womöglich bevorstehenden neuen russischen Großoffensive. Das britische Verteidigungsministerium rechnet damit, dass Russland nach den Geländegewinnen in den vergangenen Wochen die Eroberung der Großstädte Slowjanksk und Kramatorsk als Ziel ausgerufen hat. Zuvor werde Russland seine Bemühungen in den kommenden Wochen allerdings erst auf die Einnahme mehrerer Kleinstädte konzentrieren müssen. Die Einschätzungen beruhen auf britischen Geheimdienstinformationen.
Während sich die russischen Streitkräfte in der Ostukraine auf dem Vormarsch befinden, hat die ukrainische Armee nach eigenen Angaben im Süden des Landes mit einer Gegenoffensive begonnen. Erklärte Absicht des ukrainischen Militärs ist die Rückeroberung der von russischen Kräften gehaltenen Gebiete in der Region Cherson. Zwar gibt es bereits Berichte über ukrainische Angriffe auf russische Munitionsdepots und Militärtechnik, doch scheint die ukrainische Offensive bislang eher langsam anzulaufen.
Liefert der Iran Kampfdrohnen an Russland?
Die USA warnen, Russland könnte für den Angriffskrieg gegen die Ukraine iranische Kampfdrohnen bestellt haben. Jake Sullivan, Nationaler Sicherheitsberater des US-Präsidenten Joe Biden, sagt, die iranische Regierung bereite sich darauf vor, schnell mehrere Hundert unbemannte Luftfahrzeuge bereitzustellen, darunter auch solche, die Waffen transportieren können. Außerdem könnten ab Mitte Juli russische Soldaten in Iran für den Drohneneinsatz ausgebildet werden. Teheran reagiert auf Sullivans Warnung abwiegelnd: Man habe mit Russland schon vor dem Krieg in der Ukraine kooperiert. Es gebe keine neue Entwicklung (Tagesschau).
Ukraine startet Gegenoffensive in Region Cherson
Seit Wochen verliert die Ukraine stetig Gebiete im Osten und Süden des Landes. An der Schwarzmeerküste will die ukrainische Führung die Kehrtwende einläuten. Erstes Ziel scheint die von Russland besetzte Stadt Cherson zu sein (n-tv).
Baerbock: Keine Verhandlungsbasis mit Moskau
Außenministerin Baerbock sieht derzeit keine Chance, mit Russland über ein Ende des Ukraine-Kriegs zu verhandeln. Moskau sei noch nicht mal bereit, über Fluchtkorridore zu reden (ZDF).
11. Juli 2022
Nachdem die Region Luhansk im Donbass als erobert gilt, setzen die russischen Streitkräfte ihre Angriffe in der Region Donezk weiter fort, um auch diese vollends unter ihre Kontrolle zu bringen. Politikexperte Markus Kaim geht davon aus, dass Russland dies in wenigen Wochen gelingen werde. Der Donbass sei aller Voraussicht nach weitgehend verloren.
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabes sind derzeit die Vorbereitungen für eine russische Großoffensive im Osten erkennbar. Sowohl die Region Donezk als auch die Region Charkiw seien dabei das Ziel. Die russische Bombardierungswelle habe begonnen, Raketenwerfer und Panzer seien dabei im Einsatz, bereits mehrere Städte im Osten seien getroffen worden, hieß es von ukrainischer Seite. Jüngst kam es zu massiven Angriffen auf die Stadt Charkiw. Ebenso stand am Wochenende die Stadt Tschassiw Jar in der Region Donezk unter Beschuss. Bei einem Raketenangriff auf ein fünfgeschossiges Wohnhaus kamen mindestens 15 Menschen ums Leben. Unter den Trümmern gelten noch zwei Dutzend Menschen als vermisst. Der Angriff habe einmal mehr gezeigt, dass Russlands Truppen vorsätzlich auch in Wohngebieten töteten, so Präsident Selenskyj: „Nach solchen Angriffen werden sie nicht sagen können, dass sie etwas nicht gewusst oder nicht verstanden haben. Die Bestrafung ist für jeden russischen Mörder unvermeidlich.“
Indes hat Selenskyj eine Gegenoffensive im Süden der Ukraine angeordnet. Selenskyj habe der ukrainischen Armee befohlen, besetzte Gebiete im Küstengebiet zurückzuerobern, so der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow. Diese Gebiete seien insbesondere für die ukrainische Wirtschaft von großer Bedeutung und überlebenswichtig. Zivilisten wurden zur Flucht aufgerufen. Dies sei notwendig, um die Menschen im Zuge der Rückeroberungsversuche nicht zu gefährden.
Was die russischen Gaslieferungen über Nord Stream 1 anbelangt, beginnt heute eine entscheidende Phase. Die schrittweise Abschaltung der zuletzt wichtigsten Verbindung für russisches Erdgas nach Deutschland hat heute früh begonnen. Die Wartungsarbeiten waren langfristig angekündigt worden und sollen zehn Tage lang andauern. Mit Spannung wird erwartet, ob die Gaslieferungen danach wieder anlaufen werden oder ob Russland sich dazu entschließen wird, sie auszusetzen.
Für Aufsehen sorgte am Wochenende auch die Abberufung des ukrainischen Botschafters Andrij Melnyk aus Deutschland. Mit seiner scharfen Kritik an der Bundesregierung hatte er in den vergangenen Monaten für Aufsehen gesorgt. Das politische Berlin reagiert mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Kritik.
Selenskyj ordnet Gegenoffensive an
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat seine Streitkräfte angewiesen, die russischen Truppen aus dem Süden des Landes zu vertreiben. Demnach stellt die Ukraine für die Operation eine millionenstarke Truppe auf und stattet sie mit westlichen Waffen aus. Die besetzten Küstengebiete zurückzuerobern sei überlebenswichtig für die Ukraine (Tagesschau).
Nord Stream 1 – Auf Wartung könnte Lieferstopp folgen
Die routinemäßige Wartung der Pipeline Nord Stream 1 hat begonnen. Doch liefert Russland danach wieder Gas nach Westeuropa? Diese Frage beunruhigt die Märkte und die deutsche Industrie. Die Bundesnetzagentur befürchtet ein längeres Gasembargo. Was wären die Folgen eines russischen Gas-Lieferstopps? (Tagesschau).
Melnyks Abberufung
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den Botschafter seines Landes in Deutschland, Andrij Melnyk, abberufen. Mit seiner scharfen Kritik an der Bundesregierung verließ der 46-Jährige mehr und mehr seine Rolle als Diplomat. Die Abberufung sei aber ein normaler Vorgang, betonte Selenskyj. Im politischen Berlin hat die Abberufung gemischte Reaktionen ausgelöst. Mit einer Mischung aus Dankbarkeit und Kritik würdigte die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Andrij Melnyk. Marie Agnes-Strack-Zimmermann beschreibt ihn als „laut, unbequem und äußerst streitbar“. Mehr Politiker als Diplomat, habe er „mit seinen Äußerungen die Deutschen teils an die Grenzen des Erträglichen gebracht und Grenzen auch deutlich überschritten“ (Tagesschau).
8. Juli 2022
In den vergangenen Wochen hat Russland die ostukrainische Region Luhansk beinahe vollständig erobert. Zwar teilte der ukrainische Gouverneur der Region, Serhij Hajdaj, am Donnerstag mit, dass in den Außenbezirken Luhansks noch immer gekämpft werde, doch scheint es sich nur noch um eine Frage der Zeit zu handeln, bis Russland auch diese Gebiete unter seine Kontrolle gebracht hat. Militäranalysten gehen davon aus, dass Russland als Nächstes versuchen wird, die Kontrolle über das gesamte Donbass-Gebiet im Osten der Ukraine zu erlangen. Zu diesem gehören neben der Region Luhansk auch die Region Donezk und Teile der Region Dnipropetrowsk. Nach Informationen des britischen Verteidigungsministeriums zieht Russland seine Truppen derzeit in der Region Donezk zusammen. Von britischer Seite wird dies als Vorbereitung für ein mögliches Vorrücken in Richtung der Städte Siwersk, Slawjansk und Kramatorsk gedeutet. Angesichts der erwarteten russischen Angriffe riefen ukrainische Behörden Zivilisten in den vergangenen Tagen wiederholt zur Flucht auf.
Sollte Russland die Eroberung des Donbass gelingen, könnte womöglich Charkiw zum nächsten Ziel der russischen Eroberungsbemühungen werden. Charkiw ist die zweitgrößte Stadt der Ukraine und nahe der ukrainisch-russischen Grenze gelegen. Ein kleiner Vorgeschmack dessen, was Charkiw im Falle eines solchen Szenarios droht, bot sich den Bewohnern der Stadt am Donnerstag, als russische Raketen in ein Gebäude der pädagogischen Universität und ein Verwaltungsgebäude einschlugen. Drei Menschen – darunter ein Kleinkind – sollen bei dem Angriff verletzt worden sein.
Erneut zu scharfen Tönen griff derweil Russlands Präsident Putin in einer vom Fernsehen übertragenen Ansprache. Den Westen warnte er vor einer weiteren Eskalation des Krieges: „Heute hören wir, dass sie uns auf dem Schlachtfeld schlagen wollen. Was soll ich sagen, sollen sie es doch versuchen. [...] Jeder sollte wissen, dass wir im Großen und Ganzen noch nicht richtig losgelegt haben“. Erstmals seit Wochen erwähnte Putin in seiner Rede zwar auch die Möglichkeit von Friedensverhandlungen, allerdings nicht, ohne dies zugleich mit einer Drohung zu verbinden. Russland lehne Friedensverhandlungen keineswegs ab, „aber jene, die sich weigern, sollen wissen, dass je weiter sie gehen, desto schwieriger ist es für sie, sich mit uns zu einigen.“
Mögliche Szenarien: Wie geht Putin weiter vor?
Russland hat Lyssytschansk eingenommen und strebt die Kontrolle über den gesamten Donbass an. Doch wie geht es dann im Ukraine-Krieg weiter? Das ZDF fasst in seinem Beitrag mögliche Szenarien zusammen (ZDF).
Nach Eroberung von Luhansk: Russland rückt trotz schwerer Verluste weiter vor
Nach Einnahme der Region Luhansk scheint Russland trotz schwerer Verluste weiter vorzurücken. Eine Pause der Militäroperation ist unwahrscheinlich (ZDF).
6. Juli 2022
Nachdem den russischen Streitkräften am Montag die Eroberung der ostukrainischen Großstadt Lyssytschansk gelungen ist, befindet sich die Region Luhansk nun vollständig unter russischer Kontrolle. Trotz des am Ende unvermeidlichen Rückzugs herrscht auf ukrainischer Seite zumindest eine gewisse Erleichterung darüber, dass die ukrainischen Soldaten einer Einkesselung entgehen konnten. Das drohende Szenario einer zermürbenden wochenlangen Belagerung wie in Mariupol konnte somit verhindert werden.
Im Grenzgebiet von Luhansk ereignen sich derweil weitere schwere Gefechte. Wie der Gouverneur von Luhansk, Serhij Hajdaj, berichtet, gibt es sowohl in der Region Luhansk als auch in der Region Donezk Granatenbeschuss. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs ist es den ukrainischen Streitkräften allerdings gelungen, einen russischen Angriff nahe der Ortschaften Werchnjokamkanka, Bilohoriwka und Hryhoriwka, die rund 15 Kilometer von Lyssytschanks entfernt liegen, zurückzuschlagen. Den russischen Truppen sollen dabei schwere Verluste zugefügt worden sein. Einen weiteren russischen Angriff hat die ukrainische Armee nach eigenen Angaben im weiter südlich gelegenen Raum Bachmut abwehren können. Man habe den russischen Vormarsch erfolgreich gestoppt, heißt es in einem Bericht des ukrainischen Militärs. Dieses gab zudem bekannt, entlang der Linie der drei Kleinstädte Siwersk, Soledar und Bachmut einen neuen Verteidigungswall aufgebaut zu haben. Der Wall soll dazu dienen, den russischen Vormarsch auf die Industrieregion Slowjansk-Kramatorsk, wo sich auch das Hauptquartier des ukrainischen Militärs im Donbass befindet, zu stoppen.
Die in der Region Donezk gelegene Stadt Slowjansk befindet sich nach Angaben ihres Bürgermeisters schon seit Tagen unter massivem russischen Beschuss. Da ein weiteres Vorrücken russischer Truppen zumindest befürchtet werden müsse, rief der Gouverneur der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, die Bürger der Stadt zur Evakuierung auf. „Der Feind beschießt die Stadt chaotisch, die Angriffe zielen darauf ab, die lokale Bevölkerung zu vernichten“, so Kyrylenko.
Schwere Kämpfe in Donezk und Luhansk
Am Gebietsrand der Region Luhansk kommt es nach Angaben des Gouverneurs Serhij Hajdaj zu schweren Kämpfen. „Sowohl in der Region Luhansk als auch in der Region Donezk gibt es immer noch viel Granatenbeschuss. Sie beschießen alles, was sich ihnen in den Weg stellt“, sagte Hajdaj in Bezug auf die russischen Streitkräfte (Tagesschau).
Russische Kräfte töteten flüchtende Zivilisten auf Autobahn
Wie neue Recherchen des ZDF belegen, wurden entlang der Schytomyr-Autobahn mindestens 36 flüchtende Zivilisten getötet. Die Autobahn verbindet Kiew mit den westlichen Vororten der Hauptstadt. (ZDF).
Militärexperte über Abnutzungskrieg in der Ukraine: „Die Frage ist, wer schneller kollabiert.“
Im Interview mit tagesschau.de erklärt Militärexperte Franz-Stefan Gady, warum sich der Konflikt in der Ukraine zunehmend zu einem Abnutzungskrieg entwickelt, und welche Konsequenzen für die beiden Kriegsparteien daraus folgen (tagesschau.de)
4. Juli 2022
Den russischen Streitkräften ist es nach wochenlangen Kämpfen gelungen, nun auch die letzte Stadt in der Region Luhansk unter ihre Kontrolle zu bringen. Damit ist die gesamte Region eingenommen. Obschon sich die ukrainischen Truppen dort zurückgezogen haben, gibt der ukrainische Präsident die Region nicht verloren. Dank der verstärkten Versorgung mit modernen Waffen werde man zurückkommen. Es gebe Gebiete, wo sich die ukrainische Armee vorwärts bewege, sowohl in der Region Charkiw im Osten als auch in der Region Cherson im Süden und auf dem Schwarzen Meer, wie die jüngste Wiedereinnahme der Schlangeninsel zeige: „Es wird einen Tag geben, an dem wir dasselbe über den Donbass sagen werden“, so Selenskyj.
Die russischen Truppen sind derzeit jedoch im Donbass weiter auf dem Vormarsch. Ihr nächstes Ziel ist der Ballungsraum um Slowjansk in der ebenfalls zum Donbass gehörenden Region Donezk. Die russischen Truppen würden versuchen, dort die Kontrolle über die 20 Kilometer nordöstlich von Slowjansk gelegenen Ortschaften Bohorodytschne, Dolyna und Masaniwka herzustellen, teilte der ukrainische Generalstab mit. Auch von Osten her versuchen die russischen Truppen mehr Druck zu machen. Sie haben dort den Fluß Siwerskyj Donez überquert, der in der Region in einem Bogen verläuft. Russland versuche, die ukrainischen Kräfte auf eine neue Verteidigungslinie zwischen Siwersk, Soledar und Bachmut zurückzudrängen, heißt es im ukrainischen Lagebericht. Diese drei Städte liegen etwa 30 bis 40 Kilometer östlich vom Ballungsraum Slowjansk-Kramatorsk, der als Hauptquartier der ukrainischen Verteidigungskräfte im Donbass gilt. Indes wurde auch die Stadt Slowjansk selbst mit Raketenangriffen unter Beschuss genommen. Nach Angaben des Bürgermeisters seien dabei sechs Menschen getötet und 15 verwundet worden. Den ukrainischen Angaben zufolge wurden zivile Objekte getroffen, keine militärischen Einrichtungen.
Für den Politikexperten Markus Kaim ist deutlich, dass Russland sich mit seiner Art der Kriegsführung mehr und mehr durchsetzt. Das beruhe in erster Linie auf einer materiellen Überlegenheit der russischen Seite. Ihre weitreichende Artillerie würde sie schlagkräftig einsetzen und ganze Gebiete platt machen. Noch bewege sich die Front sehr langsam, es bestätige sich derzeit das Bild eines Abnutzungskrieges, aber das könne sich in wenigen Wochen geändert haben. Die Waffen der Ukraine würden sich abnutzen, die Munition werde knapp, es gebe keine Ersatzteile. Es werde vielleicht noch drei, vier Wochen so weitergehen können, dann würde aber die Überlegenheit der russischen Streitkräfte noch viel stärker zum Tragen kommen. Er gehe davon aus, dass sich in vier bis sechs Wochen die Front stärker verschieben werde, und zwar voraussichtlich zu Ungunsten der Ukraine, so Kaim.
Indes hat der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko seine enge Verbundenheit mit Russland bekräftigt. Belarus sei so eng mit der Russischen Föderation verbunden, „dass wir praktisch eine gemeinsame Armee haben“. „Vom ersten Tag an“ habe er Putins Vorgehen gegen die Ukraine unterstützt, so Lukaschenko.
Die Zeichen für eine Beendigung des Krieges auf dem Verhandlungsweg und ein Friedensabkommen stehen unterdessen schlecht. In Bezug auf ein mögliches weiteres Minsker Abkommen ließ das russische Außenministerium verlauten, dass es ein solches Abkommen ausschließe. Die Minsker Vereinbarungen seien für Kiew die Chance gewesen, den ukrainischen Staat zu erhalten.
Präsident Selenskyj, „angeführt von den Westlern“, habe dies öffentlich abgelehnt. Das Kiewer Regime werde keine zweite solche Chance bekommen.
Letzte große Bastion in Luhansk gefallen
Die russische Armee hat die ukrainische Großstadt Lyssytschansk eingenommen. Die ukrainische Armee hat sich aus Lyssytschansk zurückgezogen. Nach wochenlangen Kämpfen hat die Ukraine damit die Region Luhansk an Russland verloren (RND).
Lukaschenko: „Praktisch eine Armee mit Russland“
Der belarussische Präsident Alexander Lukaschenko hat seine enge Verbundenheit mit Russland bekräftigt. Belarus sei so eng mit der Russischen Föderation verbunden, „dass wir praktisch eine gemeinsame Armee haben. Aber das wussten Sie ja alles. Wir werden weiterhin mit dem brüderlichen Russland fest vereint sein“, sagte Lukaschenko bei einer Feier zum Jahrestag der Befreiung von Minsk durch sowjetische Truppen im Zweiten Weltkrieg (t-online).
Wiederaufbaukonferenz – Wie die Ukraine nach dem Krieg aussehen soll
Auf der heute beginnenden zweitägigen Konferenz in Lugano wollen ukrainische Experten vorstellen, wie ein Wiederaufbau des Landes nach dem Krieg aussehen kann. Obwohl noch völlig unklar ist, wann der Krieg enden wird, läuft die Arbeit an Wiederaufbauskizzen schon seit April. Der Plan, die Ukraine solle zielstrebig auf die EU-Integration hinarbeiten und stark in die Eigenverantwortung genommen werden. Sie solle Anreize für den Zustrom von Kapital und Technologie aus dem Ausland schaffen und Klimaneutralität zur Grundlage der neuen Infrastruktur machen. Und eine selbstständige, aber EU-nahe Behörde solle gleichsam wie die „Economic Cooperation Administration” zur Umsetzung des historischen Marshallplans nach dem Zweiten Weltkrieg die Maßnahmen überblicken und kontrollieren (Tagesschau).
1. Juli 2022
In der südukrainischen Region Odessa sind nach einem russischen Raketenangriff am frühen Morgen mindestens 18 Menschen ums Leben gekommen. Dies teilte der ukrainische Militärgouverneur der Region am Freitag via Telegram mit. 39 weitere Menschen sollen bei dem Angriff verletzt worden sein. Wie ukrainische Medien berichteten, habe der Angriff einem mehrstöckigen Wohngebäude und einem Freizeitgelände gegolten. Es ist bereits der zweite Vorfall innerhalb weniger Tage bei dem eine große Zahl von Zivilisten getötet wurde. Bereits am Dienstag waren nach russischem Raketenbeschuss auf ein belebtes Einkaufszentrum 18 Menschen gestorben.
Währenddessen spitzt sich die Lage rund um das Gebiet der umkämpften ostukrainischen Stadt Lyssytschanksk immer weiter zu. Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs rücken die russischen Streitkräfte aus Süden und Westen kommend weiter in Richtung der Stadt vor. Die ukrainischen Verteidiger sind daher nach eigenen Angaben akut von der Einkesselung durch russische Truppen bedroht. Lyssytschansk ist die letzte größere Stadt in der ostukrainischen Region Luhansk, die derzeit noch von ukrainischen Kräften gehalten wird. Von ukrainischer Seite wird außerdem berichtet, dass russische Truppen ihre militärischen Aktivitäten auch in Richtung der in der Region Donezk gelegenen Stadt Kramatorsk verstärkt haben sollen.
Einen militärischen Erfolg konnte die Ukraine hingegen mit der Rückeroberung der Schlangeninsel verbuchen. Die kleine Schwarzmeerinsel war von den russischen Streitkräften bereits kurz nach Beginn der Invasion am 24. Februar besetzt worden. Sie gilt als strategisch wichtig, da sich von ihr aus Teile der ukrainischen Küste und Schifffahrtswege kontrollieren lassen.
18 Tote bei Raketenangriff auf Odessa
Bei russischen Raketenangriffen in der südukrainischen Region Odessa sind nach neuen Angaben der Behörden insgesamt mindestens 18 Menschen getötet worden. Mindestens 39 Menschen wurden verletzt. Erst am Montag waren bei einem Raketenangriff auf ein Einkaufzentrum in der zentralukrainischen Stadt Krementschuk mindestens 18 Menschen getötet worden. Der russische Präsident Wladimir Putin hat eine Verantwortung der Streitkräfte seines Landes bestritten. (Tagesschau).
Russland zieht sich von Schlangeninsel zurück
Ende Februar eroberten russische Truppen die strategisch wichtige Schlangeninsel - nun ziehen sie sich von ihr zurück. Moskau spricht von einer "Geste des guten Willens". Die Ukraine meldet hingegen, die Insel angegriffen zu haben. (Tagesschau).
Juni 2022
Juni 2022
28.–29. Juni 2022
Die Kämpfe in der Ukraine konzentrieren sich derzeit vor allem auf die ostukrainische Stadt Lyssytschansk. Der Regionalgouverneur bezeichnete die Lage in der Stadt gegenüber dem ukrainischen Fernsehen als sehr schwierig: „Die Russen setzen alle ihnen zur Verfügung stehenden Waffen ein, ohne zu unterscheiden, ob es sich um militärische Ziele handelt oder nicht: Schulen, Kindergärten, kulturelle Einrichtungen – alles wird zerstört.“
Für große internationale Bestürzung sorgte indes ein russischer Raketenangriff auf ein belebtes Einkaufszentrum in der zentralukrainischen Stadt Krementschuk. Beim Angriff, der sich bereits am Dienstag ereignet hatte, kamen nach ukrainischen Angaben mindestens 18 Menschen ums Leben, 60 weitere gelten als vermisst. Zum Zeitpunkt des Angriffs sollen sich mehr als 1.000 Menschen in dem Einkaufszentrum befunden haben. Westliche Staats- und Regierungschefs zeigten sich von dem gegen Zivilisten gerichteten Angriff entsetzt und verurteilten ihn scharf. Auf Bitten der Ukraine befasste sich am Dienstagabend auch der UN-Sicherheitsrat mit dem Angriff. In der rund 250 Kilometer südöstlich von Kiew gelegenen Stadt befinden sich die größte Ölraffinerie des Landes sowie weitere große Industrieanlagen. Auch deswegen sehen Militärbeobachter in der Stadt ein potenzielles strategisches Ziel russischer Angriffe.
Unter den Eindrücken der Entwicklungen in der Ukraine hat am Mittwoch der NATO-Gipfel in Madrid begonnen. Bereits am ersten Tag des zweitägigen Treffens verständigten sich die Staats- und Regierungschefs der 30 NATO-Staaten auf ein neues strategisches Konzept für das Militärbündnis. Im nun verabschiedeten Grundlagendokument wird Russland als die „größte und unmittelbarste Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten und für Frieden und Stabilität im euro-atlantischen Raum“ bezeichnet.
Russischer Raketenangriff auf Einkaufszentrum
Nach dem Raketenangriff auf ein belebtes Einkaufszentrum in der zentralukrainischen Stadt Krementschuk sprechen westliche Politiker von einem Kriegsverbrechen Moskaus. Die Zahl der Opfer stieg auf mindestens 18 (Tagesschau).
Nach Angriff auf Einkaufszentrum: Selenskyj fordert Bestrafung Russlands
Bei einem überraschenden Auftritt vor dem UN-Sicherheitsrat hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj gefordert, Russland als „Terrorstaat“ zu bestrafen. Russland müsse aus dem Sicherheitsrat ausgeschlossen werden, sagte Selenskyj, der bei einer kurzfristig anberaumten Sitzung am Dienstag in New York per Video zugeschaltet war. Der ukrainische Präsident warf Russland nach dem Beschuss eines Einkaufszentrums in der Großstadt Krementschuk, bei dem mindestens 30 Menschen ums Leben kamen, gezielte Angriffe auf ukrainische Zivilisten vor (ZDF).
NATO beschließt neues strategisches Konzept
Die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten haben bei ihrem Gipfeltreffen in Madrid ein neues strategisches Konzept für das Militärbündnis beschlossen. In dem Grundlagendokument für politische und militärische Planungen wird Russland demnach als „größte und unmittelbarste Bedrohung für die Sicherheit der Verbündeten und für Frieden und Stabilität im euro-atlantischen Raum“ bezeichnet (Tagesschau).
25.–27. Juni 2022
Nachdem nach wochenlangen Kämpfen die strategisch wichtige Stadt Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine nun vollständig unter russischer Kontrolle steht, ist die nahegelegene Stadt Lyssytschansk Ziel schwerer Luft- und Artillerieangriffe. Gleichwohl die russischen Einheiten im Süden bereits am Stadtrand stehen, konnte das ukrainische Militär laut eigenen Angaben westlich von Lyssytschansk russische Angriffe zurückschlagen und damit eine Einkesselung der Stadt verhindern. Dennoch fordern die ukrainischen Behörden Zivilisten dringend zum Verlassen der umkämpften Stadt auf.
Sollte es den russischen Truppen gelingen, auch Lyssytschansk einzunehmen, läge die gesamte Region Luhansk in russischer Hand. Aus Sicht Russlands könnte es anschließend das Ziel sein, die 80 Kilometer westlich gelegenen Städte Kramatorsk und Slowjansk ins Visier zu nehmen, um schließlich die gesamte Donbass-Region einzunehmen. Der ukrainische Präsident Selenskyj hat abermals schnellere Waffenlieferungen an sein Land gefordert. Die Ukraine bräuchte dringend schlagkräftigere Waffen. Jede Verzögerung von Waffenlieferungen an die Ukraine sei eine Einladung an Russland, weiter zuzuschlagen.
Die russischen Streitkräfte haben neben der Ostukraine in den vergangenen Tagen auch weitere Regionen des Landes unter Beschuss genommen. So gab es Angriffe auf die Region um Kiew. In den Oblasten Chmelnyzkyj, Lwiw, Mykolajiw, Schytomyr und Tschernihiw seien Einschläge registriert worden. Es seien auch Raketen von belarusischem Territorium aus abgefeuert worden. Der ukrainische Präsident ruft das Nachbarland Belarus dazu auf, sich nicht in den Krieg hineinziehen zu lassen. Am Wochenende hatte sich der belarussische Machthaber Lukaschenko mit Russlands Präsident Putin getroffen. Dabei kündigte der Kremlchef die Lieferung von Raketensystemen vom Typ Iskander-M nach Belarus an, die auch mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden können.
Auch die Region Odessa ist jüngst wieder Ziel von Angriffen. Bei einem Einschlag in einem Wohnviertel einer zivilen Siedlung seien laut ukrainischen Angaben mehrere Wohnhäuser und Wirtschaftsgebäude auf einer Fläche von etwa 500 Quadratmetern zerstört und in Brand gesetzt worden.
Im Rahmen des dreitägigen G7-Gipfels steht heute unter anderem auch der Krieg in der Ukraine auf der Tagesordnung. Der ukrainische Präsident Selenskyj wird am Morgen per Video zugeschaltet. Am Ende der Woche steht schließlich der große NATO-Gipfel in Madrid an, auf dem ebenfalls der Krieg in der Ukraine und die damit einhergehende neue Sicherheitslage das zentrale Thema sein wird.
G7-Gipfel in Elmau
Krieg, Hunger, Klima, Corona – noch nie musste ein G7-Gipfel mit so vielen Problemen gleichzeitig umgehen. Wie können Lösungen gefunden werden, ohne die eine gegen die andere Krise auszuspielen? Liegt es überhaupt in der Macht der G7-Staats- und Regierungschefs, die Krisen zu lösen? Die einen verneinen das, andere fordern mehr Taten (Deutsche Welle).
Die G7 in Kriegszeiten: Krisenbewältigung und Zukunftsgestaltung
Ökologische Transformation, soziale Kohäsion und fiskalische Nachhaltigkeit sollten die deutsche G7-Präsidentschaft prägen. Stattdessen dominieren geopolitische Aggression, demokratische Regression und geoökonomische Entflechtung den G7-Gipfel auf Schloss Elmau. Die Stiftung Wissenschaft und Politik beleuchtet die Positionen wichtiger Länder außerhalb der EU und zentrale Sachthemen (SWP).
Selenskyj richtet deutliche Worte an Belarussen
Jüngst hat Russland die Ukraine wieder von Belarus aus angegriffen. Präsident Putin kündigt die Lieferung von atomwaffenfähigen Raketensystemen an das Nachbarland. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Menschen im Nachbarland Belarus aufgerufen, sich nicht in den russischen Angriffskrieg in der Ukraine hineinziehen zu lassen (n-tv).
24. Juni 2022
In den umkämpften Gebieten der Ostukraine gibt es neue Entwicklungen. Wie am Freitagmorgen bekannt wurde, hat das ukrainische Militär den Rückzug seiner Streitkräfte aus der seit Wochen umkämpften Großstadt Sjewjerodonezk angeordnet. Der Gouverneur der Region Luhansk bezeichnete es als „sinnlos, in Stellungen zu bleiben, die über viele Monate hinweg zertrümmert wurden, nur um dort zu bleiben“. Sjewjerodonezk war bislang einer der letzten Orte in der Region Luhansk, die sich noch nicht unter russischer Kontrolle befanden. Nach Angaben des Gouverneurs sei es das Ziel der russischen Streitkräfte, die in der Region verbliebenen ukrainischen Angreifer einzukesseln. Dabei würden sie während ihres Vorrückens „alles niederbrennen“.
Um dieser Gefahr einer feindlichen Einkesselung zu entgehen, zogen sich ukrainische Truppen laut eines Berichts des britischen Verteidigungsministeriums aus einigen Gebieten nahe der Stadt Lyssytschansk zurück. Lyssytschanks – die auf der anderen Seite des Flusses Swerskyj Donez gelegene Zwillingsstadt von Sjewjerodonezk – ist durch das Vorrücken der russischen Truppen nun selbst mehr und mehr zum Ziel schwerer russischer Angriffe geworden. Bis Donnerstagabend waren russische Streitkräfte bereits bis zum Stadtrand vorgerückt.
Dass die russischen Streitkräfte im Gebiet um die Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk erhebliche Fortschritte gemacht haben, geht auch aus der jüngsten Analyse der amerikanischen Militäranalysten vom Institiut for the Study of War (ISW) hervor. In dieser wird außerdem berichtet, dass das ukrainische Militär weiterhin hohe Verluste erleidet. Trotzdem habe die Ukraine ihr Zwischenziel im Wesentlichen erreicht, so die Einschätzung der Analysten. Denn durch die entschiedene Gegenwehr sei es gelungen, die russischen Truppen zu verlangsamen und zu dezimieren. Unabhängig davon, ob Russland auch die Eroberung von Lyssytschansk gelingen sollte, sei damit zumindest bereits eine Verlangsamung der russischen Offensive erreicht worden. Diese könnte nach Ansicht des ISW in den kommenden Wochen sogar komplett zum Stillstand kommen.
EU erklärt Ukraine und Moldawien zu Beitrittskandidaten
Nach zähen Verhandlungen stimmten am Donnerstag alle 27 Mitgliedstaaten der EU dafür, der Ukraine und Moldau den Status von EU-Beitrittskandidaten zu verleihen. Der Entscheidung waren zähe Verhandlungen vorangegangen. Die EU-Kommission bescheinigt der Ukraine zwar gute Fortschritte, sieht aber auch noch einige Großbaustellen, etwa wenn es um die Rechtsstaatlichkeit, die Pressefreiheit und den Schutz von Minderheiten geht – oder beim Kampf gegen Korruption und Geldwäsche. Bis die Ukraine und Moldau tatsächlich Teil der EU werden können, wird es deshalb noch eine ganze Zeit dauern (Tagesschau).
Baerbock: Russland setzt Hunger als Kriegswaffe ein
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) hat Russland vorgeworfen, den Hunger in der Welt „ganz bewusst als Kriegswaffe“ einzusetzen. Russland „nimmt die ganze Welt als Geisel“, sagte sie an diesem Freitag vor Beginn einer internationalen Ernährungskonferenz in Berlin (ZDF).
22. Juni 2022
Die Situation im Osten der Ukraine hat sich nicht wesentlich verändert. Seit Wochen laufen die Kämpfe um strategisch wichtige Städte in der Region. Insbesondere in Sjewjerodonezk ist die Lage sehr schwierig, vor allem für die nach wie vor im dortigen Chemiewerk eingeschlossenen Zivilisten und Soldaten, denen dasselbe Schicksal droht wie in Mariupol. Nach wie vor ist es Russland nicht gelungen, die Region Luhansk komplett einzunehmen. Auch im Donbass konnten die russischen Truppen keine weiteren entscheidenden Geländegewinne erzielen. Aber auch umgekehrt kann die Ukraine im Osten derzeit keine Gegenoffensiven zur Rückeroberung von Gebieten starten.
Die Situation im Donbass ist also festgefahren, Insgesamt betrachtet habe Russland jedoch die militärische Dominanz und auch die Lufthoheit im Raum, so Ex-Brigadegeneral Erich Vad. Während die Ukraine die komplette Rückeroberung der von Russland besetzten Gebiete zum Ziel erklärt hat und sich laut dem ukrainischen Präsidentenberater Alexander Rodnyansky erhofft, im August eine Gegenoffensive starten zu können, hält Vad dieses Vorhaben nicht für möglich. Militärisch-operativ sei eine Rückeroberung der besetzten Gebiete im Süden und Osten der Ukraine weit weg von der Realität. Den Ukrainern fehlten dafür die militärischen Möglichkeiten. Für Russland sei es zudem erheblich leichter, für Nachschub zu sorgen. Während Russland die Nachschubposten unmittelbar in der Nähe hätte, sei die Versorgung seitens der Ukraine sehr schwer, die Wege aus Polen und der Slowakei weit. Die gelieferten Waffensysteme laufen auch Gefahr, von den russischen Streitkräften zerstört oder beschlagnahmt zu werden. Selbst mit den Waffenlieferungen des Westens könne die Ukraine nach Ansicht von Vad auf absehbare Zeit keine Wende im Krieg herbeiführen. Die Ukraine habe nur auf eine sehr lange Sicht eine Chance, die Gebiete zurückzuerobern. Siegen könne die Ukraine nur über einen viele Jahre andauernden militärischen Konflikt. Bei einer Verlängerung bis ultimo könne dies gelingen, aber der Preis dafür wäre die Verwüstung des Landes, was auch nicht im Interesse der Ukraine sein könne. Zudem bestehe dabei die Gefahr einer weiteren Ausweitung des Kriegs bis hin zu einer nuklearen Eskalation.
Der aktuell von der italienischen Regierung vorgelegte mehrstufige Friedensplan sei daher zu begrüßen, so Ex-General Vad. Auch dass die höchsten Militärs der USA und Russlands erstmals seit Beginn der russischen Invasion miteinander telefoniert hätten, sei ein Zeichen dafür, dass womöglich nun doch wieder Bemühungen in den Vordergrund gestellt werden, den Konflikt auf diplomatischem Wege zu lösen und sich auf Kompromisse zu einigen.
Für weitere Spannungen sorgen indes Litauens Einschränkungen des Transits von Waren in die russische Exklave Kaliningrad. Durch die EU sanktionierte Waren sollen künftig nicht mehr auf der Schiene von Russland über Litauen nach Kaliningrad verbracht werden können. Dies käme einer „Blockade” Kaliningrads durch Litauen gleich, so Kreml-Sprecher Peskow. Neben Peskow kündigte auch die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Marija Sacharowa, Reaktionen gegenüber Litauen an: „Wenn der Gütertransit zwischen Kaliningrad und dem gesamten Territorium Russlands über Litauen in der nächsten Zeit nicht in vollem Umfang wieder aufgenommen wird, dann behalten wir uns das Recht vor, zum Schutz unserer eigenen nationalen Interessen zu handeln.”
Italien legt Friedensplan für Ukraine vor
In den letzten Wochen waren die Friedensverhandlungen zum Stillstand gekommen. Die direkten Gespräche zwischen Russland und der Ukraine waren unterbrochen. Nun scheint wieder Bewegung in den Prozess zu kommen. Erstmals seit Beginn der russischen Invasion haben die höchsten Militärs der USA und Russlands miteinander telefoniert. Darüber hinaus hat die italienische Regierung der UN einen mehrstufigen Friedensplan vorgelegt. Und auch der ukrainische Präsident Selenskyj betonte in einem aktuellen Interview, der Krieg könne letztlich nur durch Diplomatie beendet werden (Tagesspiegel).
Transitbeschränkung nach Kaliningrad
Litauen hat angekündigt, den Transitverkehr zur russischen Exklave Kaliningrad zu beschränken. Grund hierfür sei das mittlerweile sechste Sanktionspaket, das die Europäische Union wegen des Ukraine-Krieges gegen Russland erlassen hat, erklärte der litauische Außenminister Gabrielius Landsbergis. Es läge nicht an Litauen, sondern an den europäischen Sanktionen, die nun in Kraft getreten sind. Russland spricht von „Blockade” und kündigt Reaktionen an (Tagesschau).
Russische Kriegsgefangene in der Ukraine: „Wir wurden getäuscht”
Was denken die in der Ukraine gefangengenommenen russische Soldaten über den Krieg? Wie werden sie in den Gefängnissen behandelt? Eine DW-Reporterin konnte mit Häftlingen vor Ort sprechen (Deutsche Welle).
20. Juni 2022
Die Kämpfe um die im ostukrainischen Donbass gelegene Großstadt Sjewjerodonezk werden mit unverminderter Härte weitergeführt. Besonders verheerend ist die Lage offenbar im Chemiewerk Azot, wo neben ukrainischen Kämpfern auch rund 500 Zivilisten Zuflucht gesucht haben sollen. Dem ukrainischen Regionalgouverneur zufolge stehen große Teile des Areals in Flammen; es gebe keinerlei Feuerpausen. Über den Fortschritt der russischen Eroberungen in der Stadt gibt es allerdings widersprüchliche Angaben. Der Regionalgouverneur bezeichnete das Chemiewerk als den einzigen Ort im Stadtgebiet von Sjewjerodonezk, den die Russen noch nicht unter ihrer Kontrolle hätten. Nach Angaben des örtlichen Bürgermeisters kontrollieren russische Truppen inzwischen zwar die meisten Wohngebiete der Stadt, aber gut ein Drittel der Stadt befände sich weiterhin in ukrainischer Hand.
Auch wenn die Ukraine am Montag zudem die Eroberung des Vorortes Metjolkin durch russische Truppen bestätigte, scheint die russische Offensive im Donbass insgesamt etwas ins Stocken geraten zu sein. Wie die Militärexperten des Institute for the Study of the War (ISW) erläutern, gelinge es Russlands trotz seiner überlegenen Artillerie bislang nicht, der Eroberung von Sjewjerodonezk ernsthaft näher zu kommen. „Russlands konzentrierte Artilleriekapazität gepaart mit wohl geschwächten Infanterieeinheiten bleibt unzureichend, um russische Fortschritte in Sjewjerodonezk zu erzielen“, so die Analyse des ISW. Das russische Militär berichtete hingegen von einer positiven Entwicklung. Neben der Eroberung von Metjolkin habe man mit einem Raketenangriff mehr als 50 Generäle und Offiziere der ukrainischen Streitkräfte getötet. Der ukrainische Präsident Selenskyj hielt dieser Darstellung in seiner Videobotschaft zu Wochenbeginn entgegen, dass die ukrainischen Verteidiger noch immer sämtliche umkämpften und strategisch wichtigen Ortschaften wie Sjewjerodonezk, Lyssytschansk oder Awdijiwka hielten. Zugleich bestätigte er, dass Russland seinen Artillerieeinsatz in den vergangen Tagen verstärkt habe und noch mehr Truppen einsetze, um die Offensive im Donbass zu beleben. Die verstärkten russischen Angriffe führte der ukrainische Präsident auch auf die bevorstehende Entscheidung der EU über einen möglichen Beitrittskandidatenstatus für die Ukraine zurück. Im Hinblick auf die noch für diese Woche erwartete Entscheidung der EU-Mitgliedstaaten sprach er von einer historischen Woche für die Ukraine. Die für den 24. Juni erwartete Entscheidung habe allerdings auch zur Folge, dass Russland seine „feindlichen Handlungen derzeit demonstrativ verstärke“. Nicht nur die Ukraine, sondern auch andere europäische Staaten könnten dabei ins Visier der russischen Aggressionen geraten, warnte Selenskyj. Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministeriums beabsichtigt Russland, bis Sonntag die gesamte Region Luhansk im Osten der Ukraine einzunehmen. Derzeit kontrollieren russische Truppen ungefähr 95 Prozent des Gebiets.
Die derzeit zu beobachtenden Schwierigkeiten Russlands sind nach Einschätzungen britischer Geheimdienste maßgeblich auf die Schwäche der russischen Luftwaffe zurückzuführen. In einem Update des britischen Verteidigungsministeriums hieß es, die mangelnden Fähigkeiten der russischen Luftwaffe seien wahrscheinlich einer der wichtigsten Faktoren für den begrenzten militärischen Erfolg der russischen Streitkräfte. Der Umstand, dass es Russland bislang nicht gelungen ist, die Lufthoheit über den ukrainischen Luftraum zu erlangen, habe die Situation für die zunehmend ermüdeten Bodeneinheiten erschwert.
Experten zweifeln an Russlands militärischer Stärke
Laut Militärexperten ist die russische Offensive im Donbass ins Stocken geraten. Während das Institute for the Study of War (ISW) Russlands geschwächte Infanterieeinheiten als Schwachpunkt ausgemacht hat, betonen britische Geheimdienste besonders die Schwächen der russischen Luftwaffe (ZDF).
Baerbock über Ukraine: „Ihr gehört mitten in die Europäische Union“
Bundesaußenministerin Baerbock hat beim Treffen mit ihren EU-Kollegen erneut dafür geworben, die Ukraine und Moldau zu Beitrittskandidaten zu machen. Entschieden wird Ende der Woche. Die Bundesregierung rechnet mit einem positiven Votum (Tagesschau).
Von der Leyen rechnet mit EU-Kandidatenstatus für die Ukraine
EU Kommissionspräsidentin von der Leyen äußerte sich gegenüber der ARD optimistisch, dass der Ukraine auf dem diese Woche stattfindenden EU-Gipfel der Status einer Beitrittskandidatin verliehen wird. Die EU-Kommission hatte sich bereits am Freitag dafür ausgesprochen, die Ukraine und Moldau offiziell zu Kandidaten für einen Beitritt zur Europäischen Union zu ernennen. Unter den 27 Mitgliedstaaten gibt es bislang jedoch noch keine einheitliche Linie. Während sich etwa Österreich auch für einen Kandidatenstatus von Bosnien-Herzegowina ausspricht, fordert Rumänien einen eben solchen für Georgien (ZDF).
Britische Armee bereitet sich auf Krieg in Europa vor
Der Chef des britischen Generalstabs, General Patrick Sanders, hält es für möglich, dass die britische Armee wieder in einem Krieg in Europa kämpfen muss. „Wir sind die Generation, die die Armee darauf vorbereiten muss, noch einmal in Europa zu kämpfen“, schreibt Sanders nach Angaben der britischen Nachrichtenseite „inews“ in einer Botschaft an die Soldaten (n-tv).
17. Juni 2022
Auch am Donnerstag und Freitag ist es im Osten der Ukraine wieder zu schweren Gefechten gekommen. Das britische Verteidigungsministerium schildert in seinem täglichen Bericht zur Sicherheitslage in der Ukraine, dass russische Truppen in den vergangenen 24 Stunden wieder verstärkt versucht hätten, auf der sogenannten Popasna-Achse Fortschritte zu erzielen. Die Popasna-Achse bezeichnet die südlich der Großstadt Sjewjerodonezk gelegenen Gebiete. Das Ministerium geht davon aus, dass Russland auf diesem Wege versucht, den Sjewjerodonezker Kessel von Süden her zu umzingeln.
Die im Donbass gelegene Stadt Sjewjerodonezk ist selbst weiterhin hart umkämpft. Nach ukrainischen Angaben soll das dortige Chemiewerk Azot, in dem sich zuletzt ukrainische Soldaten und Zivilisten verschanzt hatten, inzwischen fast vollkommen zerstört worden sein. Eine Evakuierung sei aufgrund des anhaltenden russischen Beschusses derzeit aber nicht möglich. Die Kämpfe um die Stadt würden aber weitergehen, teilte der ukrainische Generalstab am Freitag in seinem Lagebericht mit. Ernste Folgen haben die nun schon seit Wochen andauernden Kämpfe insbesondere im Hinblick auf die humanitäre Lage in den betroffenen ostukrainischen Gebieten. Das UN-Büro für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (Ocha) nannte die Situation „extrem alarmierend“. Derzeit verschlechtere sich die Lage in der gesamten Ukraine und im Osten des Landes sogar besonders schnell. Besonders beunruhigend sei die Lage in Sjewjerodonezk. Dort gebe es immer weniger Zugang zu sauberem Wasser, Nahrungsmitteln, sanitären Anlagen und Strom. Trotz der schwierigen Situation seien inzwischen allerdings 8,8 Millionen Menschen von Hilfsorganisationen erreicht worden.
Am Freitagnachmittag wurde zudem bekannt, dass bei einer schweren Bombardierung der Stadt Lyssytschansk, der auf der anderen Seite des Flusses gelegenen Zwillingsstadt von Sjewjerodonezk, offenbar viele Menschen ihr Leben verloren haben.
Der Chef des britischen Generalstabs, Tony Radakin, sieht Russland indes trotz kleinerer militärischer Erfolge in der Ostukraine auf dem Weg in Richtung einer strategischen Niederlage. Taktische Erfolge der Russen seien in den kommenden Wochen zwar weiterhin möglich, jedoch habe das Land ein Viertel der Stärke seiner Armee für „winzige“ Geländegewinne geopfert. Zudem sprach Radakin von über 50.000 verletzten oder getöteten russischen Soldaten.
Bereits am Donnerstag waren Bundeskanzler Scholz, der französische Präsident Macron sowie der italienische Präsident Draghi und der rumänische Präsident Iohannis zu einem Besuch in die ukrainische Hauptstadt gereist. Neben Solidaritäts- und Beistandsbekundungen stellten die vier Staats- und Regierungschefs gegenüber dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj auch klar, Kiews Antrag auf eine zukünftige EU-Mitgliedschaft zu unterstützen. Am Freitag sprach sich dann auch die EU-Kommission dafür aus, die Ukraine und Moldau offiziell zu Kandidaten für den Beitritt zur Europäischen Union zu ernennen. Die Entscheidung darüber liegt jedoch bei den 27 Mitgliedsstaaten der EU, die schon auf dem in der kommenden Woche stattfindenden EU-Gipfel über diese Frage beraten werden.
Wirtschaftsforum in St. Petersburg: Putin greift den Westen massiv an
Bei seiner Rede vor dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg hat Russlands Präsident Wladimir Putin westliche Staaten massiv angegriffen. Die westlichen Mächte und insbesondere die USA würden immer noch in Kategorien des vergangenen Jahrhunderts denken und andere Länder wie Kolonien behandeln, so Putin (Tagesschau).
Staats- und Regierungschefs aus Deutschland, Frankreich, Italien und Rumänien besuchen Kiew
In Kiew haben Olaf Scholz, Emmanuel Macron, Mario Draghi und Klaus Iohannis den Horror des Krieges besichtigt. Es war mehr als ein symbolischer Besuch (DIE ZEIT).
EU-Kommission: Kandidatenstatus für Ukraine
Das heute von der EU-Kommission vorgeschlagene Vorgehen sieht vor, der Ukraine und Moldau den Status als EU-Beitrittskandidaten zu geben. Zugleich sollten nach Ansicht der Behörde weitere Fortschritte im Beitrittsprozess an konkrete Bedingungen geknüpft werden. In beiden Ländern gibt es unter anderem Defizite im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und im Kampf gegen Korruption (ZDF).
Wo liegen Putins Grenzen?
Russlands Präsident Putin sieht sich in der Tradition großer russischer Zaren und begründet so auch den Angriff auf die Ukraine. Wird Putin heute in St. Petersburg erneut weitere Gebietsansprüche andeuten (Tagesschau)?
Auf welche Strategien setzt die NATO zukünftig gegenüber Russland?
Die NATO setzt auf eine Mischung von Verteidigung und Abschreckung gegenüber Russland. Doch über die Art der Verstärkung ist noch nicht entschieden. Das Treffen der NATO-Verteidigungsminister am Mittwoch und Donnerstag in Brüssel hatte zwei Themen: die Unterstützung der Ukraine und den Schutz des NATO-Gebietes. Der Ukraine-Krieg dezimiert zum Teil die russische Kampfkraft und damit die Bedrohung, der die NATO gegenübersteht. Zugleich: Sollte Russland mit seinem Angriffskrieg Erfolg haben, könnte Moskau das in der Ansicht bestärken, seine Ziele auch Zukunft mit militärischen Mitteln zu verfolgen. Dies würde einen Angriff auf die NATO-Ostflanke wahrscheinlicher machen (ZDF).
15. Juni 2022
Die schweren Kämpfe im Osten der Ukraine dauern unvermindert an. Besonders betroffen ist die seit Wochen umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk. Wie das britische Verteidigungsministerium am frühen Morgen bekanntgab, befindet sich die Stadt nun offenbar mehrheitlich unter russischer Kontrolle. Sjewjerodonezk wurde bei den Kämpfen stark beschädigt: Alle drei Brücken, die bislang eine Überquerung des Flusses Siwerskyj Donez in Richtung Westen ermöglichten, wurden von russischen Streitkräften zerstört. Für die in noch in der Stadt verbliebenen Zivilisten sind die Fluchtmöglichkeiten daher sehr begrenzt. Anfang der Woche wurde bekannt, dass sich ukrainische Soldaten und mehrere hundert Zivilisten im Chemiewerk Asot verschanzt haben – eine Situation, die böse Erinnerungen an die wochenlange Belagerungen des inzwischen von Russland eroberten Stahlwerks Asowtal in Mariupol weckt. Ein erstes russisches Ultimatum zur Kapitulation hatten die im Chemiewerk verschanzten ukrainischen Soldaten am Mittwoch verstreichen lassen. Den im Werk befindlichen Zivilisten hatte Russland allerdings versichert, das Gelände sicher verlassen zu können. Ungeachtet der sich zuspitzenden Lage erklärte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, dass Sjewjerodonezk weiterhin von ukrainischen Truppen verteidigt werde. Noch hielten die Soldaten den von drei Seiten erfolgenden russischen Angriffen Stand. Der ukrainische Präsident Selenskyj rief die im Donbass kämpfenden Truppen in seiner nächtlichen Videoansprache zum Durchhalten auf: „Das ist unser Staat. Dort im Donbass durchzuhalten ist lebenswichtig.“ An der Front im Osten des Landes entscheide sich, welche Seite in den kommenden Wochen dominieren werde.
Macron: Kiew wird mit Kreml verhandeln müssen
Die Ukraine wird nach Einschätzung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron irgendwann mit Russland Gespräche führen müssen, um zu versuchen, den Krieg zu beenden. „Der ukrainische Präsident und seine Beamten werden mit Russland verhandeln müssen“, sagte Macron bei seinem Besuch auf dem NATO-Stützpunkt in Rumänien (ZDF).
Kiew veröffentlicht umfangreiche Waffenwunschliste
1.000 Haubitzen, 300 Raketenwerfer, 1.000 Drohnen: Ein Berater von Präsident Selenskyj hat so viele schwere Waffen angefordert, dass selbst die US-Armee den Wunsch kaum erfüllen kann. Was steckt dahinter (Der Spiegel)?
NATO stellt mehr schwere Waffen in Aussicht
Staats- und Regierungschefs mehrerer NATO-Staaten haben der Ukraine eine weitere Lieferung schwerer Waffen in Aussicht gestellt. Partner und Verbündete der NATO würden dies nun forcieren, sagte deren Generalsekretär Jens Stoltenberg nach einem Treffen im Amtssitz des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte in Den Haag (Tagesschau).
Wird die Ukraine EU-Beitrittskandidatin?
Noch in der laufenden Woche könnte die EU-Kommission ihre Einschätzung zum Beitrittsantrag der Ukraine abgeben. Um offene Fragen zu klären, war Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Wochenende nach Kiew gereist. Dort lobte sie zwar die Fortschritte der ukrainischen Regierung, sah allerdings auch noch Reformbedarf bei den Themen Rechtsstaatlichkeit und Korruptionsbekämpfung. Selbst wenn die Empfehlung der Kommission positiv ausfällt - entscheiden müssen die Staats- und Regierungschefs. Der Antrag der Ukraine ist Thema beim nächste Woche stattfindenden EU-Gipfel (Tagesschau).
13./14. Juni 2022
Die Kriegsfront in der Ukraine erstreckt sich inzwischen wohl auf eine Länge von mehr als 2.400 Kilometer. Die ukrainische Armee berichtete via Facebook, eine Frontlinie von 2.450 Kilometer zu verteidigen — an 1.105 Kilometern gebe es aktive Kampfhandlungen. Zwar gab es zuletzt Berichte über ukrainische Geländegewinne an der Grenze der südukrainischen Gebiete Mykolajiw und Cherson, allerdings gibt es umgekehrt auch strategisch wichtige Frontabschnitte, an denen Russland überlegen zu sein scheint.
So haben russische Truppen nach wochenlangen Kämpfen einen Großteil der ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk unter ihre Kontrolle gebracht. Die in der Region Donbass gelegene Stadt gilt im Hinblick auf die Kämpfe um die ukrainischen Ostgebiete als strategisch wichtig. Der ukrainische Generalstab teilte auf Facebook mit, es sei der russischen Armee mit Unterstützung ihrer Artillerie „teilweise“ gelungen, die ukrainischen Kräfte aus dem Stadtzentrum zurückzudrängen. Darüber hinaus sollen die russischen Streitkräfte mittlerweile alle drei Brücken zur angrenzenden Zwillingsstadt Lyssytschansk zerstört haben. Für Sjewjerodonezk bedeutet dies, von der Umgebung abgeschnitten zu sein — eine Flucht mit Fahrzeugen ist folglich nicht mehr möglich. Die Befürchtung ist, dass der Stadt somit ein ähnliches Schicksal drohen könnte, wie zuvor Mariupol. Mit Blick auf die problematische Lage, insbesondere der Zivilbevölkerung, werden die Parallelen offensichtlich. So sollen auf dem Gelände der Azot-Chemiefabrik nach ukrainischen Angaben etwa 500 Zivilisten Zuflucht gesucht haben – darunter auch auch 40 Kinder. Für Russland hingegen dürfte eine Eroberung von Sjewjerodonezk einen großen Fortschritt im Hinblick auf die erstrebte Kontrolle des gesamten Donbass bedeuten.
Eine wichtige Rolle könnte in der bevorstehenden Phase des Krieges offenbar Flussquerungen zukommen. Nach Ausführungen britischer Geheimdienste müsste Russland – um im Donbass weitere Gebietsgewinne zu erreichen – entweder komplizierte Flankenangriffe durchführen oder Flussquerungen unternehmen. Im bisherigen Kriegsverlauf hätten die Russen oftmals Schwierigkeiten damit gehabt, unter Beschuss groß angelegte Überquerungen von Flüssen erfolgreich zu gestalten. Die Ukrainer hätten es hingegen mehrfach geschafft, vor ihrem Rückzug Brücken zu zerstören.
Die Ukraine selbst gibt unterdessen trotz der schwierigen Lage im Donbass weiter das Ziel aus, Russland eine militärische Niederlage zuzufügen. „Wir werden solange kämpfen, bis Russland verliert“, so der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. Als Minimalziel gilt dabei weiterhin ein Rückzug der russischen Truppen auf die Linien vom 23. Februar. Als Maximalziel nannte Podoljak „die territoriale Unversehrtheit in den international anerkannten Grenzen der Ukraine, sowie eine Niederlage Russlands und dessen Transformation.“ Falls dies nicht gelinge, werde Russland nicht locker lassen, den Krieg in neuer Intensität immer wieder aufzunehmen. „Der Krieg wird solange andauern, wie die Ukraine braucht, um zu zeigen, dass Russland sich von unserem Territorium zurückziehen muss.“
Russische Streitkräfte erobern Großteil von Sjewjerodonezk
Russische Truppen haben den größten Teil von Sjewjerodonezk unter ihre Kontrolle gebracht. Die ukrainische Armee räumte ein, aus dem Zentrum verdrängt worden zu sein. Präsident Selenskyj bat erneut um moderne Luftabwehrsysteme. (Tagesschau).
Russland plant offenbar Krieg bis Oktober
Das russische Militär bereitet sich nach Einschätzung des ukrainischen Militärgeheimdienstes auf einen längeren Krieg vor. Die Planung der russischen Streitkräfte sei für 120 weitere Tage bis Oktober 2022 verlängert worden, berichteten die Militärexperten des US-amerikanischen Institute for the Study of the War (ISW) am Samstag unter Berufung auf Informationen von Geheimdienst-Vizedirektor Wadym Skibizkij. (ZDF).
Scholz, Macron und Draghi planen Reise nach Kiew
Die Regierungschefs von Deutschland, Frankreich und Italien planen offenbar einen Besuch in der ukrainischen Hauptstadt. Dieser soll noch vor dem am 23. Juni beginnenden EU-Gipfeltreffen erfolgen. Mit ihrer gemeinsamen Reise nach Kiew wollen Kanzler Scholz, der französische Präsident Macron und der italienische Ministerpräsident Draghi wohl auch ein Zeichen der europäischen Einigkeit setzen. Eine offizielle Bestätigung des beabsichtigten Besuchs steht allerdings noch aus. (Der Spiegel).
Amnesty International: Russland setzt in Charkiw verbotene Streumunition ein
Nach Recherchen der Menschenrechtsorganisation Amnesty International haben russische Truppen im ukrainischen Gebiet Charkiw Streumunition eingesetzt und damit Zivilisten getötet. (ZDF).
Seit Kriegsbeginn: Russland verdient Milliarden mit Öl- und Gasexporten
Seit Kriegsbeginn hat Russland ingesamt 93 Milliarden Euro mit Öl- und Gasexporten verdient. Zu den wichtigsten Abnehmern gehören Deutschland und Italien. Laut des Centre for Research on Energy and Clean Air (CREA) entfielen zwischen 24. Februar und 3. Juni 61 Prozent der fossilen Exporte Russlands auf die EU. Dies entspricht demnach 57 Milliarden Euro. Unter den Einzelstaaten war China mit 12,6 Milliarden Euro wichtigster Kunde vor Deutschland mit 12,1 Milliarden und Italien mit 7,8 Milliarden Euro. (ZDF).
Präsident Selenskyj im ZDF-Interview
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat sich in einem Interview mit dem ZDF ausführlich über die Lage in der Ukraine geäußert. Darüber hinaus erklärt er, welche Unterstützung sich die Ukraine von Deutschland erhofft. (ZDF).
9./10. Juni 2022
Die Lage im Osten der Ukraine ist weiterhin sehr angespannt. Die Stadt Sjewjerodonezk ist nach wie vor heftig umkämpft. In Straßenkämpfen versuchen beide Seiten, die Hoheit über einzelne Gebiete zu erlangen. Mittlerweile stehen große Teile der Stadt unter russischer Kontrolle. Die ukrainischen Kräfte kontrollieren weiterhin das Industriegebiet, in dem unter dem Chemiewerk Azot in einem Bunker Zivilisten Zuflucht gesucht haben, sowie angrenzende Bereiche. Insgesamt halten sich noch etwa 10.000 Zivilisten in Sjewjerodonezk auf. Eine Evakuierung der Stadt ist nach Angaben des örtlichen Bürgermeisters nicht mehr möglich.
Ferner sind russische Truppen nach Angaben des britischen Geheimdiensts in den vergangenen Tagen in Richtung der Stadt Isjum vorgerückt. Die Truppen hätten ihre Anstrengungen dort wahrscheinlich verstärkt. Isjum liegt im Gebiet Charkiw, das an die mittlerweile fast vollständig von den Russen eingenommene Region Luhansk grenzt.
in der südukrainischen Region Cherson berichtet das ukrainische Verteidigungsministerium von einer Gegenoffensive. Dabei sei einiges an Territorium zurückerobert worden. Bei ihrem Rückzug würden die russischen Truppen Gelände verminen und Barrikaden errichten.
Über die Zahl der aus der Ukraine geflüchteten Menschen gibt es aktuelle Daten der EU-Grenzschutzagentur Frontex. Seit Beginn des russischen Angriffskriegs haben sich demnach mehr als 5,5 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer in EU-Mitgliedsländern in Sicherheit gebracht. Zählt man noch die Geflüchteten nicht-ukrainischer Staatsangehörigkeit hinzu, seien es insgesamt 7,3 Millionen Menschen. Mehr als 2,6 Millionen sind in den vergangenen Wochen jedoch bereits wieder aus EU-Ländern in ihr Heimatland Ukraine zurückgekehrt.
Insgesamt haben sowohl die Ukraine als auch Russland in den vergangenen Monaten mehrere Tausend Soldaten in Kriegsgefangenschaft genommen. Russland gibt an, rund 6500 ukrainische Soldaten befänden sich in russischer Gefangenschaft. Tausend von ihnen, hauptsächlich Kämpfer des Asow-Regiment, das bis zuletzt die Stadt Mariupol verteidigt hatte, wurden jüngst nach Russland überführt, um ihnen dort den Prozess zu machen. Auch in der selbsternannten Volksrepublik Donezk finden Prozesse statt. Gestern drei an der Seite der Ukraine kämpfende Ausländer zum Tode verurteilt. Den zwei Briten und dem Marokkaner werden Söldnerwesen, die Begehung von Straftaten und terroristische Aktivitäten vorgeworfen. Sie hätten keinen Status eines Soldaten und stünden daher nicht unter dem Schutz des Kriegsrechts, argumentiert die russische Seite. Eigentlich verbietet das Kriegsrecht die Misshandlung oder Tötung von in Kriegsgefangenschaft geratenen Soldaten (Kombattanten).
Indes hat Russlands Präsident Putin den aktuellen Krieg auf eine Ebene mit dem Großen Nordischen Krieg unter Russlands Zar Peter I. gestellt und von einer Rückholaktion russischer Erde gesprochen. Peter der Große habe um 1700 das Gebiet um die heutige Stadt St. Petersburg nicht von den Schweden erobert, sondern vielmehr zurückgewonnen.
Putin will russische Erde „zurückholen“
Wladimir Putin hat den Angriffskrieg auf die Ukraine als Rückholaktion russischer Erde bezeichnet. Er zog dabei Vergleiche zum Großen Nordischen Krieg und rechtfertigt damit die aktuellen Gebietseroberungen: „Offenbar ist es auch unser Los: Zurückzuholen und zu stärken". Am 9. Juni ist der 350. Geburtstag von Peter dem Großen, der sich als erster russischer Zar den Titel Imperator.
Streit um Blockade von ukrainischem Getreide
Über die von Russland blockierten Schwarzmeer-Häfen kann die Ukraine derzeit kein Getreide exportieren. Russland hat die Schuld von sich gewiesen. bei einem Besuch in der Türkei machte Außenminister Lawrow die Ukraine selbst für die Blockade verantwortlich. Die Ukraine weigere sich, ihre Häfen zu entminen oder anderweitig Durchfahrten von Frachtschiffen zu gewährleisten. Er erklärte ferner, Russland sei bereit, seinerseits zu „garantieren”, dass es eine Entfernung von Minen nicht für einen Angriff auf die Ukraine nutzen würde und „die Sicherheit von Schiffen zu gewährleisten, die die ukrainischen Häfen verlassen.” Dies könne „in Zusammenarbeit mit unseren türkischen Kollegen” geschehen, so Lawrow (Tagesschau).
7./8. Juni 2022
Die erbitterten Kämpfe im Osten der Ukraine gehen unvermindert weiter. Die russischen Truppen hätten trotz ihrer Überlegenheit nach Darstellung des ukrainischen Präsidenten Selenskyj bisher keinen Durchbruch erzielt. Am heftigsten werde weiterhin um Sjewjerodonezk, Lyssytschansk und Popasna gekämpft. Die russische Seite habe es noch nicht geschafft, die seit Wochen heftig umkämpfte Stadt Sjewjerodonezk einzunehmen, so der Gouverneur der Region Luhansk. Die Stadt zu halten gleiche jedoch einer „Mission Impossible“, räumte er ein. Aufgrund des starken Widerstands der Ukraine würde Russland nun versuchen, zusätzliche Einheiten im Donbass, aber auch im südukrainischen Gebiet Cherson einzusetzen, um ukrainische Gegenangriffe zu stoppen, so Selenskyj. In der Region Cherson war es der Ukraine in den vergangenen Wochen gelungen, einige von Russland besetzt gehaltene Orte wieder zurückzuerobern.
Zur Strafverfolgung russischer Kriegsverbrechern hat Selenskyj ferner angekündigt, ein Informationssystem namens „Buch der Henker“ einzurichten, welches Daten über mutmaßliche Kriegsverbrecher erfassen soll. Nicht nur Soldaten sollen so zur Rechenschaft gezogen werden, sondern auch deren Befehlshaber. Erste russische Soldaten waren in den vergangenen Wochen bereits zu langjährigen Haftstrafen in der Ukraine verurteilt worden.
Auch die russische Seite hat ihrerseits Prozesse gegen ukrainische Kriegsgefangene sowie gegen ausländische Kämpfer, die die ukrainische Armee unterstützen, angekündigt. Letztere würden nicht als Kombattanten betrachtet und stünden demnach nicht unter dem Schutz der internationalen Konventionen zur Behandlung von Kriegsgefangenen. „Im besten Fall“ müssten sie bei einer Gefangennahme mit einer langen Gefängnisstrafe rechnen. Die prorussischen Separatisten hatten damit gedroht, gefangene Ausländer in den Reihen der ukrainischen Armee hinrichten zu lassen.
Die erbitterten Kämpfe in diesem Abnutzungskrieg bringen hohe Verluste auf beiden Seiten mit sich. Laut ukrainischen Angaben seien seit Beginn des russischen Angriffs bereits mehr als 31.000 russische Soldaten in der Ukraine ums Leben gekommen. Für seinen absolut sinnlosen Krieg gegen die Ukraine bezahle Russland mit mehr als 300 seiner Soldaten jeden Tag, so Selenskyj. Auf ukrainischer Seite dürften mittlerweile ebenfalls viele Tausende Soldaten ihr Leben verloren haben. Zuletzt war von bis zu 100 Gefallenen pro Tag die Rede. Und vermutlich wird sich die Zahl der getöteten Zivilisten auf einem ähnlich hohen Niveau bewegen.
Strafverfolgung in Russland – 1.000 Asowstal-Kämpfer nach Russland gebracht
Ein Teil der 2.400 ukrainischen Kämpfer, die sich nach der Eroberung Mariupols ergeben hatten, wurden nun nach Russland verbracht, um ihnen dort den Prozess zu machen. Weitere Verlegungen sollen folgen. Russland betitelt die Soldaten als Nazi-Verbrecher. Das Asow-Regiment sei von Rechtsextremen gegründet und dominiert. Das Regiment ist Teil der ukrainischen Nationalgarde, nicht der Armee. Im Donbass haben die prorussischen Separatisten nach eigenen Angaben den Prozess gegen drei Ausländer aus den Reihen der ukrainischen Armee begonnen. Das Oberste Gericht der Donezker Volksrepublik habe Anklage gegen zwei Briten und einen Marokkaner wegen Söldnertums erhoben. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft bereits erklärt, dass gegen die Angeklagten die Todesstrafe verhängt werden könne (n-tv).
Selensky kündigt „Buch der Henker” an
Zur Strafverfolgung von Kriegsverbrechern kündigte Präsident Selenskyj an, ein Informationssystem einzurichten, um Daten über mutmaßliche Kriegsverbrecher zu erfassen. Im „Buch der Henker“ sollen bestätigte Angaben über Kriminelle aus der russischen Armee zusammengetragen werden: „Es handelt sich um konkrete Fakten zu konkreten Personen, die sich konkreter, grausamer Verbrechen gegen Ukrainer schuldig gemacht haben“, so Selenskyj. Dabei gehe es nicht nur darum, die direkten Täter wie etwa die Soldaten zur Verantwortung zu ziehen, sondern auch deren Befehlshaber, die die Taten ermöglicht hätten - „in Butscha, in Mariupol, in all unseren Städten“. Alle sollten zur Rechenschaft gezogen werden (t-online).
Merkel verteidigt Russland-Politik „Haben Schlimmeres verhindert"
Ein halbes Jahr nach Ende ihrer Kanzlerschaft trat Angela Merkel nun im Theatersaal des Berliner Ensembles vor die Öffentlichkeit. Sie äußerte sich über die aktuellen Geschehnisse in der Ukraine und ihre Russland-Politik. Merkel sprach von großer Tragik, verurteilte ein weiteres Mal den „brutalen“ russischen Überfall, für den es „keinerlei Rechtfertigung“ gebe. Eigene Fehler oder Versäumnisse etwa im Umgang mit Russland, Putin oder der Ukraine räumte sie jedoch nicht ein. Alles müsse im Kontext des Zeitgeschehens betrachtet werden und vergangene Entscheidungen hätten Schlimmeres verhindert: „Ich habe versucht, in die Richtung zu arbeiten, dass Unheil verhindert wird und Diplomatie ist ja nicht, wenn sie nicht gelingt, falsch gewesen. Ich sehe nicht, dass ich jetzt sagen müsste, das war falsch und werde mich deshalb auch nicht entschuldigen” (Tagesschau).
4.-6. Juni 2022
Russland verstärkt weiterhin den Druck auf den östlich gelegenen Donbass. Die Stadt Sjewjerodonezk in der Region Luhansk ist weiterhin hart umkämpft. Zwischenzeitlich ist es den ukrainischen Streitkräften zwar gelungen, einen Gegenangriff durchzuführen und einige Gebiete der Stadt wieder zurückzuerobern, mittlerweile habe sich die Lage für die ukrainische Seite jedoch nach Angaben des Gouverneurs von Luhansk wieder etwas verschlechtert. Ukrainische Soldaten hielten jedoch weiterhin die Stellungen. Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte am Sonntag die Städte Lyssytschansk und Soledar nur wenige Kilometer südlich der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk besucht, um sich bei den Soldaten für ihren Einsatz zu bedanken und ihnen Mut zuzusprechen. Auch in der Region Donezk machen die russischen Truppen weiter Druck und rücken nach britischen Angaben auf die Stadt Slowjansk vor.
Am Wochenende war es ferner zu erneuten Angriffen auf die Region Kiew gekommen. Nach eignenen Angaben habe Russland dabei am Stadtrand von Kiew T-72-Panzer und andere gepanzerte Fahrzeuge zerstört. Diese seien von osteuropäischen Ländern an die Ukraine geliefert worden, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Russlands Präsident Putin hat für den Fall der Lieferung westlicher Raketen mit hoher Reichweite an die Ukraine mit schweren Angriffen auf das Land gedroht. „Wenn sie liefern, dann werden wir daraus die entsprechenden Schlüsse ziehen und unsere Mittel der Vernichtung, von denen wir genug haben, einsetzen, um jenen Objekten Schläge zu versetzen, die wir bisher nicht angreifen", so Putin.
Ungeachtet der jüngsten Warnungen will neben den USA auch Großbritannien Langstrecken-Raketensysteme an die Ukraine liefern, die Ziele bis zu 80 Kilometer entfernt erreichen können. Die Reichweite ist Experten zufolge damit etwas größer als die ähnlicher russischer Systeme, sodass die ukrainischen Streitkräfte feindliche Artillerie treffen könnten, ohne in deren Reichweite zu geraten.
USA und Großbritannien sagen Ukraine Lieferung von Langstrecken-Raketensystemen zu
Trotz Warnungen Russlands wollen die USA und auch Großbritannien die Ukraine mit der Lieferung von Langstrecken-Raketensystemen unterstützen. Die aus Großbritannien geplante Lieferung von Mehrfachraketenwerfern vom Typ M270 bedeute „einen deutlichen Schub für die Fähigkeiten der ukrainischen Armee”, hob das britische Verteidigungsministerium hervor. Die USA hatten bereits vergangene Woche angekündigt, der Ukraine ihr mobiles Artillerie-Raketensystem Himars zu liefern, dass zeitgleich mehrere präzisionsgelenkte Raketen abschießen kann und die bisherigen ukrainischen Waffensysteme in Reichweite und Präzision übertrifft. Die Lieferung von Raketensystemen mit noch größerer Reichweite hatte US-Präsident Biden trotz entsprechender Forderungen aus Kiew allerdings abgelehnt (arte).
Lawrow kann Reise nach Serbien nicht antreten
Ein für heute geplanter Besuch des russischen Außenministers Sergej Lawrow im serbischen Belgrad ist am Widerstand mehrerer Nachbarländer Serbiens gescheitert. Bulgarien, Nordmazedonien und Montenegro haben der russischen Regierungsmaschine einen Flug durch ihre Lufträume verweigert. Lawrow selbst ist wegen des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine mit westlichen Sanktionen belegt. Der russische Außenminister hatte vor, sich mit der serbischen Führung zu treffen, um etwa über die Versorgung des Landes mit russischer Energie zu sprechen. Serbien und Russland pflegen eine enge Partnerschaft. Gleichzeitig strebt Serbien einen EU-Beitritt an (ZDF).
Russland steht kurz vor dem Zahlungsausfall
Nach wie vor nimmt Russland mit dem Verkauf von Gas und Öl Milliarden ein. Dennoch kann der Staat erste Auslandsanleihen nicht zahlen, der Schuldenberg wächst. Woran liegt das? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum drohenden Zahlungsausfall (n-tv).
2./3. Juni 2022
Nach nunmehr 100 Tagen Krieg kontrolliere Russland derzeit etwa 20 Prozent der Ukraine, so der ukrainische Präsident Selenskyj. An der mehr als 1.000 Kilometer langen Frontlinie müssten sich die ukrainischen Truppen gegen „fast die komplette russische Armee verteidigen”. Alle derzeit kampfbereiten Truppenteile Russlands seien an diesen Angriffen beteiligt. Im Hinblick auf die Anzahl der Soldaten, die Ausrüstung und deren Reichweite sei Russland der Ukraine aktuell überlegen, so Selenskyj. Im umkämpften Osten der Ukraine würden derzeit 100 Menschen pro Tag ums Leben kommen, 400 bis 500 weitere würden verletzt. Er sei dankbar für die Hilfe, die die Ukraine bislang erhalten habe, so Selenskyj. Angesichts der schwierigen Lage seien aber noch mehr Waffen nötig.
Mit der Strategie, sich auf den Donbass zu konzentrieren, erziele die russische Seite zunehmend Erfolge, so auch der Ex-General Hans-Lothar Domröse. Von den beiden Donbass-Regionen ist Luhansk nahezu vollständig eingenommen. Hauptschauplatz des Kriegsgeschehens dort ist noch immer die Stadt Sjewjerodonezk am Rande der Region. Das US-Militärforschungsinstitut ISW sieht hinter dem dortigen Rückzug der ukrainischen Armee Kalkül. Die Ukraine müsse mit ihren begrenzten Ressourcen sparsam umgehen und sich darauf konzentrieren, kritisches Terrain zurückzugewinnen. So hätte die Ukraine jüngst Anstrengungen unternommen, Dörfer in der strategisch wichtigen Region Cherson wieder zurückzuerobern. Dies sei derzeit wichtiger als Boden zu verteidigen, dessen Kontrolle nicht über den Ausgang des Krieges entscheiden würde, heißt es im aktuellen Lagebericht des ISW. Kritisch ist jedoch die Lage im Hinblick auf das Chemiewerk in Sjewjerodonezk. Nicht nur, dass die Gefahr besteht, dass durch Beschüsse Schadstoffe frei werden. Es haben zudem offenbar 800 Zivilisten unterhalb des Werks in einem Bunker Zuflucht gesucht.
Auch in der Region Donezk wird der Druck Russlands größer. Dort hat die Ukraine derzeit noch rund die Hälfte des Gebietes unter Kontrolle. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Donezk würden die russischen Truppen versuchen, weiter in den Süden von Donezk vorzurücken. Sie wollten zu den vom ukrainischen Militär kontrollierten Städten Kramatorsk und Slowjansk vordringen. Das seien die Schlüsselziele im Norden der Region Donezk. Die Fronten bei den Städten Lyman und Isjum seien die Hauptrichtungen.
Die ukrainischen Truppen könnten nach Einschätzung von Domröse den Vormarsch zwar verzögern, aber letztendlich nicht die Übernahme des Donbass verhindern. Es fehlt der Ukraine derzeit an schlagkräftigen modernen Waffensystemen. Auch die bislang sehr gute Moral der ukrainischen Soldaten beginne allmählich zu sinken angesichts der hohen Zahl an Gefallenen und der geballten Kampfkraft Russlands. Die USA, Deutschland und Großbritannien haben zwar jüngst die Lieferung moderner Waffensysteme angekündigt, etwa in Form von Mehrfachraketenwerfern mit hoher Reichweite und moderner Flugabwehrsysteme, aber bis diese tatsächlich in der Ukraine ankommen werden, können Monate vergehen.
So werde sich in einigen Monaten erst zeigen, wohin die Entwicklung gehe. Die Ukraine werde bis dahin aller Voraussicht nach über deutlich mehr und modernere Waffen aus dem Westen verfügen – und auch dafür ausgebildet worden sein, so Domröse. Im besten Fall könnten Sie damit eine größere Offensive starten und bis dahin verloren gegangene Gebiete im Donbass Stück um Stück wieder zurückerobern. Ebenso könnten dann die russischen Truppen von der geschaffenen Landverbindung zur Krim wieder zurückgedrängt werden und vor allen Dingen könne man dann auch Odessa halten. Aber eine Rückeroberung der Krim hält Domröse für ausgeschlossen. Im ungünstigeren Fall käme es zu einer bleibenden Teilung der Ukraine, wonach der Ukraine nur der westliche und mittlere Teil des Landes bliebe und der Osten, und womöglich Teile des Südens, tatsächlich von Russland einverleibt würden.
Was man über Sjewjerodonezk im Donbass wissen muss
Nach der Hafenstadt Mariupol ist Sjewjerodonezk ein weiteres großes Industriezentrum in der Ostukraine, das nun Gefahr läuft, von Russland besetzt zu werden. Vor dem Krieg hatte Sjewjerodonezk etwas mehr als 100.000 Einwohner. Derzeit halten sich noch rund 12.000 Menschen in der Stadt auf. Sjewjerodonezk und das benachbarte Lyssytschansk sind die letzten großen Städte in der Region Luhansk, die noch unter der Kontrolle von Kiew stehen. Würden beide Städte fallen, würde dies der russischen Armee ermöglichen, die Verwaltungsgrenze der Region zu erreichen und von dort aus einen Vormarsch weiter nach Westen in Richtung Kramatorsk zu unternehmen, einem weiteren Verwaltungszentrum der Region Donezk (Deutsche Welle).
Zivilisten flüchten in Bunker unter Chemiefabrik in Sjewjerodonezk
In der umkämpften Stadt Sjewjerodonezk verstecken sich nach übereinstimmenden ukrainischen und russischen Angaben rund 800 Zivilisten in Bunkern unter der Chemiefabrik Asot (Salpetersäure). Erst vor zwei Tagen war nach russischem Beschuss eine Giftwolke freigesetzt worden. Die Situation in Sjewjerodonezk erinnert an jene in der Hafenstadt Mariupol, wo im dortigen Asow-Stahlwerk ukrainische Soldaten und Zivilisten wochenlang in Bunkern unter dem Werk ausgeharrt hatten. Das Chemiewerk sei aus militärischer Sicht aber weniger bedeutsam als das Asow-Stahlwerk, so der dortige Gouverneur (ORF).
Kriegsziele Russlands, der USA und der Ukraine
Klar definierte Ziele für einen Ausgang des Krieges sind schwer möglich, da die Kriegsziele immer wieder den Realitäten im Kriegsverlauf angepasst werden müssen. Dennoch gab es in den vergangenen Tagen eine Reihe von Äußerungen, die Rückschlüsse zulassen, welche Vorstellungen aktuell vor vorherrschen (n-tv).
1. Juni 2022
Die Lage im Osten der Ukraine ist weiterhin sehr schwierig. Russland steht offenbar kurz davor, die Region Luhansk komplett unter seine Kontrolle zu bringen. Die in den letzten Tagen stark umkämpfte Großstadt Sjewjerodonez ist mittlerweile zu großen Teilen eingenommen. Die russischen Streitkräften sind bis zum Stadtzentrum vorgerückt und haben sich dort festgesetzt. Die noch in der Stadt verbliebenen rund 12.000 Einwohner drohen eingekesselt zu werden. Es bahnt sich eine ähnlich schlechte humanitäre Lage wie in Mariupol an. Zudem wurde bei Angriffen auf die Stadt offenbar ein Salpetersäuretank getroffen. Angesichts der dort befindlichen großangelegten Chemieproduktion seien die wahllosen russischen Luftangriffe auf dieses Gebiet „einfach verrückt“, so der ukrainische Präsident Selenskyj.
Angriffe gab es zudem bei den westlich von Sjewjerodonezk gelegenen Ortschaften Komyschuwacha, Berestowe und Nyrkowe. Das russische Militär versucht offenbar, die ukrainischen Truppen einzukesseln und ihnen einen möglichen Rückzug aus Sjewjerodonezk zu verwehren.
Die EU hat sich auf ihrem jüngsten Gipfel auf ein Teil-Embargo für russisches Öl geeinigt. Demnach wird es keine Öllieferungen mehr über den Seeweg geben, was ungefähr zwei Drittel der bisherigen Lieferungen entspricht. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat der EU für die Verabschiedung des sechsten Sanktionspakets gedankt und zugleich neue Strafmaßnahmen gefordert.
Sechstes EU-Sanktionspaket – Öl-Embargo mit Schlupflöchern
Nach langen Verhandlungen haben sich die EU-Staats- und Regierungschefs auf ein sechstes Sanktionspaket gegen Russland geeinigt. Es sieht ein Teil-Embargo für russisches Öl vor. Es soll für einen Großteil der Einfuhren per Schiff gelten. Das sind rund zwei Drittel der Gesamtmenge. Länder wie Ungarn, aber auch Tschechien und die Slowakei dürfen weiterhin Öl aus der Druschba-Pipeline beziehen (Tagesschau).
USA liefern Ukraine moderne Raketensysteme
Die USA wollen der Ukraine ein hochmodernes Raketensystem liefern. Diese Art Mehrfachraketenwerfer hat eine Reichweite von 80 Kilometern. Als Bedingung nannte US-Präsident Biden, die Ukraine solle mit den Waffen nicht russisches Territorium angreifen. Sein Land wolle keinen Krieg der NATO mit Russland, betonte der Präsident. „Wir ermutigen oder ermöglichen der Ukraine nicht, jenseits ihrer Grenzen zuzuschlagen“, so Biden. Das habe Kiew zugesichert (n-tv).
„Operation ist gescheitert": Kreml bekommt Druck von rechts
Der Druck auf den Kreml aufgrund der aus Sicht Russlands wenig zufriedenstellenden „Spezialoperation" in der Ukraine nimmt zu. Nationalistische Kreise werden immer aggressiver und sparen nicht mit heftiger Kritik an der Kriegsführung. So nimmt etwa der ehemalige Oberst des russischen Militärgeheimdiensts, Igor Wsewolodowitsch Girkin, kein Blatt vor den Mund. Seit Wochen schimpft er lautstark über die seiner Meinung nach unfähige russische Führung, die beim Angriff auf die Ukraine angeblich viel zu lasch und „rücksichtsvoll“ vorgehe. Er spricht bereits von der Möglichkeit einer russischen Niederlage. Dann werde sich die Ukraine die Krim zurückholen, aber auch Rostow am Don und weitere russische Städte erobern – „wo immer sie genug Kraft und Fähigkeiten haben“. Dass Girkin solche Äußerungen ungestraft kundtun dürfe, sei ein Zeichen dafür, dass es in Russland eine ernsthafte Opposition von rechts gebe, eine militante Opposition gegen Putin, so Militärexperte Juri Fedorow (BR).
Mai 2022
Mai 2022
28.–30. Mai 2022
Der Osten der Ukraine ist weiterhin stark umkämpft. Den russischen Truppen gelingt es, weiter im Donbass vorzurücken. Es droht die komplette Einnahme der Region Luhansk. Nachdem die russischen Truppen jüngst die strategisch wichtige Stadt Lyman unter ihre Kontrolle gebracht haben, versuchen sie nun auch die Großstadt Sjewjerodonezk vollends einzunehmen. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Luhansk sei diese bislang noch unter ukrainischer Flagge. Eine komplette Einkesselung könnte jedoch unmittelbar bevorstehen.
Die jüngsten militärischen Erfolge der russischen Streitkräfte in der Ostukraine lassen sich laut dem Militärexperten Carlo Masala auf zwei Ursachen zurückführen. Zum einen fehle es der ukrainischen Armee noch immer an schweren Waffen, zum andern gehe die russische Armee nun strategisch klüger vor und ziehe ihre Truppen gezielter an einem Frontabschnitt zusammen, statt auf breiter Front anzugreifen. Der russische Außenminister Lawrow bezeichnete die vollständige Einnahme des Donbass als „bedingungslose Priorität”. Es gehe darum, die ukrainische Armee und Bataillone aus den Gebieten Donezk und Luhansk zu drängen, so Lawrow.
Auch in der Region Donezk bereite sich die russische Armee nach ukrainischen Angaben auf einen großangelegten Angriff auf den Raum Slowjansk vor. Die russischen Truppen verlegten neue Einheiten in das Gebiet, um Slowjansk sowohl von Isjum als auch von der kürzlich eroberten Kleinstadt Lyman aus anzugreifen, heißt es im Lagebericht des ukrainischen Generalstabs. Der Raum Slowjansk-Kramatorsk ist der größte Ballungsraum im Donbass, der noch unter Kontrolle der Ukraine steht. Hier ist auch das Oberkommando der ukrainischen Streitkräfte im Osten des Landes stationiert.
Die Ukraine forderte im Kampf gegen Russland abermals die Lieferung schwerer, fortschrittlicher Waffen. „Es ist schwer zu kämpfen, wenn man aus einer Entfernung von 70 Kilometern angegriffen wird und nichts hat, womit man sich wehren kann”, so der ukrainische Präsidentenberater Podoljak. Die Ukraine könne Russland „hinter den Eisernen Vorhang” zurückbringen. „Aber dafür brauchen wir wirksame Waffen. Hier und jetzt.” Vor eben diesen Lieferungen schwerer Waffen hat Russlands Präsident Putin in einem jüngsten Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz indes nochmals ausdrücklich gewarnt.
Im Süden der Ukraine gelang es wiederum den ukrainischen Streitkräften, Gebiete zurückzuerobern. In der südlichen Region Cherson ist die Ukraine zum Gegenangriff übergegangen. Der ukrainische Generalstab teilte mit, in der Nähe der drei Dörfer Andrijiwka, Losowe und Bilohirka sei die russische Armee zurückgedrängt worden.
Unterdessen gelangen die EU-Staaten weiterhin zu keiner Einigkeit in Bezug auf ein Öl-Embargo. Auch in Sachen NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens hält die Türkei noch immer an ihrem Veto fest.
Putin warnt Scholz vor weiteren Waffenlieferungen
Russlands Präsident Putin hat Deutschland vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine gewarnt. In einem Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sagte der Kreml-Chef, weitere Waffenlieferungen seien „gefährlich”. Dadurch bestehe das Risiko, dass sich in der Ukraine „die Situation weiter destabilisiert und die humanitäre Krise verschärft”. Putin stellte abermals in Aussicht, bei Lockerungen der westlichen Sanktionen gegen sein Land die Ausfuhr von Getreide aus der Ukraine zu ermöglichen (n-tv).
Europas Hängepartie: Wieder kein Öl-Embargo gegen Russland
Bei einer Sitzung der EU-Botschafter am Sonntag konnte abermals keine Einigung in Sachen Öl-Embargo erzielt werden. Allen voran blockiert Ungarn einen Kompromiss, aber auch Staaten wie Tschechien und die Slowakei drängen auf längere Übergangszeiten. Wird es auf dem heute beginnenden zweitägigen EU-Sondergipfel in Brüssel gelingen, die Uneinigkeit zu überwinden und ein sechstes Sanktionspaket gegen Russland auf den Weg zu bringen (ZDF)?
Erdogan erteilt Norderweiterung der NATO erneut Absage
Die Türkei blockiert derzeit als einziges NATO-Mitglied den Beginn des Aufnahmeprozesses Finnlands und Schwedens in das Verteidigungsbündnis. Ankara begründet seine Haltung mit der angeblichen Unterstützung der beiden nordischen Länder von „Terrororganisationen“ wie der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK. Auch nach den jüngsten Verhandlungen mit Schweden und Finnland bleibt Erdogan bei seinem Veto gegen die NATO-Norderweiterung. Die Gespräche mit Vertretern der beiden skandinavischen Länder seien nicht wie erwartet verlaufen. Die Länder hätten nicht die erwarteten Schritte im Kampf gegen den Terrorismus unternommen, so Erdogan (Tagesspiegel).
Junge Russen im Widerstand
Die Antikriegsdemonstrationen haben weitestgehend aufgehört in Russland, da Putins Regime die Proteste schon im Keim erstickt. Was bleibt, sind einzelne kleine Aktionen etwa von Journalisten und Studenten, die gegen den Krieg Widerstand leisten. Auf Telegram-Kanälen oder mit Botschaften auf Häuserwänden, Straßen oder Rubelscheinen. Stolz, mutig, mit ungebrochenem Willen wehren sich junge Russen gegen den Krieg und die Diktatur im eigenen Land – und riskieren dabei ihre Freiheit und ihr Leben (ZDF).
26.–27. Mai 2022
Im Osten der Ukraine steigt der Druck auf die ukrainischen Streitkräfte weiter massiv an. Die Großstädte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk sind derzeit die äußersten ukrainischen Vorposten im Osten des Landes und hart umkämpft. Nach Angaben des Bürgermeisters von Sjewjerodonezk starben seit Kriegsbeginn dort bereits 1.500 Menschen. Gelänge der russischen Armee die Einnahme der beiden Städte, wäre die Region Luhansk vollends komplett in russischer Hand. Da es auch im Rückraum dieser Städte bereits Kämpfe gibt, besteht die die Gefahr, dass ukrainische Einheiten dort abgeriegelt werden könnten. Bislang gelingt es der ukrainischen Armee, die Angriffe abzuwehren, wenngleich die russische Seite weitere kleinere Geländegewinne in der Region erzielen konnte. Der lange umkämpfte Ort Lyman sei inzwischen in russischer Hand, auch in der Nähe der Stadt Pokrowske hätte die russische Seite Teilerfolge erzielt. Die Probleme der Ukraine im Donbass würden sich verschärfen, zeigte sich der ukrainische Präsidentenberater besorgt: „Wir haben jetzt gegen die russische Armee verloren, was das Tempo angeht. Die russische Seite hat es geschafft, ihre Reserven vor uns anzuhäufen." Einmal mehr macht die Ukraine deutlich, dass sie mehr Waffenlieferungen aus dem Westen erwartet, um dem zunehmenden Druck und der Überzahl an russischen Truppen und Material in der Region standhalten zu können.
Russland würde laut Angaben des ukrainischen Militärs im Grenzgebiet Belgorod und Woronesch Truppen neu formieren. Es seien verstärkte Angriffe auf die Regionen im Donbass sowie auch erneute Angriffe auf die Region Charkiw zu befürchten. Bereits in den Tagen zuvor hatte Russland wieder damit begonnen, auch die Region Charkiw unter Beschuss zu nehmen. Ex-NATO-General Hans-Lothar Domröse geht davon aus, dass die Ukraine dem russischen Vormarsch im Osten in den kommenden Wochen nicht vollständig wird standhalten können: „Jetzt kommt der große Schwung der Weltmacht Russland zum Tragen. (...) Sie sind reichweiten- und zahlenmäßig überlegen." Die ukrainischen Kräfte könnten den Vormarsch maximal hier und da verzögern. Ab Herbst seien die Ukrainer jedoch wieder in der Lage, mehr Widerstand zu leisten, so Domröse. In etwa einem halben Jahr werde das Land viel mehr westliche Waffensysteme haben und die Soldaten viel besser an diesen ausgebildet sein. „Bis dahin werden sie aber noch schwere Schläge hinnehmen müssen", sagte Domröse. Sofern die Ukraine bis dahin durchhalte, spiele die Zeit für sie.
Aufgrund der schwierigen Situation hatte der ukrainische Präsident Selenskyj die Weltgemeinschaft auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos aufgefordert, sich eindeutiger auf die Seite seines Landes zu stellen. In einer Videoansprache kritisierte er aufkommende Äußerungen, nach denen der Ukraine nahegelegt werde, einen Teil ihres Territoriums abzutreten, um ein Ende des Krieges herbeizuführen: „Die Ukraine kämpft, bis sie ihr gesamtes Territorium zurückhat“, so Selenskyj. Er klagte weiter: „Egal, was der russische Staat tut, es gibt jemanden, der sagt: Lasst uns seine Interessen berücksichtigen.“ „Und das trotz Tausender russischer Raketen, die die Ukraine treffen. Trotz Zehntausender getöteter Ukrainer. Trotz Butscha und Mariupol.“
„Alles konzentriert sich auf den Donbass”
Die ukrainische Armee im Donbass im Osten des Landes sieht sich nach eigenen Angaben einer Übermacht russischen Militärs gegenüber. Der Kampf habe seine maximale Intensität erreicht, die feindlichen Truppen stürmten die Positionen der ukrainischen Truppen gleichzeitig aus mehreren Richtungen. „Russland ist im Vorteil, aber wir tun alles, was wir können“, so der ukrainische General Olexij Gromow. In der Region Luhansk würden 25 russische Bataillone versuchen, die ukrainischen Truppen einzukesseln, so Gromow. Wäre der russische Angriff hier erfolgreich, fiele voraussichtlich die gesamte Region Luhansk. Damit hätte der Kreml ein wichtiges Kriegsziel erreicht (Tagesschau).
NATO will Ukraine keine schweren Panzer liefern
Die Waffenlieferungen der NATO-Staaten an die Ukraine sind eine Gratwanderung, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass Moskau diese als Provokation auffassen könnte. Unter den NATO-Staaten gibt es offenbar informelle Absprachen zum Verzicht auf die Lieferung bestimmter Waffensysteme an die Ukraine. Bündniskreise in Brüssel bestätigten, dass dadurch das Risiko einer direkten militärischen Konfrontation zwischen NATO-Staaten und Russland möglichst gering gehalten werde. Die Lieferung westlicher Kampfpanzer und Kampfflugzeuge könnten offiziell als Kriegseintritt gewertet werden, so die Befürchtung. Waffensysteme dieser Art wurden deshalb bislang nicht in die Ukraine geliefert. Die Risikoanalysen zu Waffenlieferungen würden jedoch ständig aktualisiert, heißt es aus Bündniskreisen. Demnach ist es nicht ausgeschlossen, dass eventuell irgendwann einmal doch auch westliche Kampfpanzer und Kampfjets in die Ukraine geliefert werden könnten. In Deutschland sorgt in diesem Zusammenhang die Frage um mögliche Lieferungen von Leopard-Panzern für Diskussionen (n-tv).
Selenskyj beklagt Uneinigkeit des Westens
Auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos beklagte der ukrainische Präsident Selenskyj, dass der Westen für die Ukraine nicht in einer Linie zusammensteht. Insbesondere der Türkei und Ungarn warf Selenskyj vor, unsolidarisch mit seinem Land zu sein, das sich seit drei Monaten gegen einen russischen Angriffskrieg verteidige. Ausdrücklich kritisierte Selenskyj, dass Ungarn seine Zustimmung zu einem EU-weiten Erdölembargo gegen Russland verweigere und sich die Türkei gegen einen NATO-Beitritt Finnlands und Schwedens stelle. Der frühere US-Verteidigungsminister Henry Kissinger legte der Ukraine unterdessen nahe, Territorien abzutreten. Idealerweise sollte sie Situation wiederhergestellt werden, wie sie vor dem 24. Februar war, in der Russland formell die Krim und informell die beiden östlichsten Regionen der Ukraine, Luhansk und Donezk, kontrollierte (n-tv).
Kein Ende der Russland-Sanktionen für Getreidelieferungen
Russlands Präsident Putin hatte vorgeschlagen, die Sanktionen gegen sein Land aufzuheben, um im Gegenzug ein Ende der Blockade ukrainischer Häfen zu erreichen. Westliche Staaten haben Russlands Vorschlag abgelehnt. Es gebe derzeit keine Diskussion darüber, Sanktionen aufzuheben, heißt es aus dem Weißen Haus. Putin versuche, die Welt in Geiselhaft zu nehmen, indem er eine Wiederaufnahme ukrainischer Getreidelieferungen mit einer Aufhebung von Sanktionen verknüpfe, so die britische Außenministerin Liz Truss. Eine Aufhebung von Sanktionen sei ausgeschlossen, denn dies würde Putin langfristig stärken (Tagesschau).
„Marshall-Plan” der EU – So soll die Ukraine wieder aufgebaut werden
Auch wenn sich das Land noch mitten im Krieg befindet, haben die Überlegungen für den Wiederaufbau der Ukraine begonnen. Die EU-Kommission will dabei eine Führungsrolle übernehmen und hat einen ersten Plan vorgelegt. Offen ist die Frage, wer die Milliardenkosten bezahlen soll. Wie viel der Wiederaufbau der kriegszerstörten Ukraine am Ende kosten wird, lässt sich derzeit nicht absehen. Schätzungen gehen von bis zu 500 bis 600 Milliarden Euro aus. Wird es gelingen, Russland als Aggressor an den Kosten des Wiederaufbaus zu beteiligen? Unter anderem der ukrainische Präsident schlug vor, dazu die aufgrund der Sanktionen eingefrorenen russischen Vermögenswerte, unter anderem russische Devisenreserven in dreistelliger Milliardenhöhe und das Vermögen russischer Oligarchen, zu verwenden (Deutsche Welle).
25 Jahre NATO-Russland-Grundakte – Hoffnung aus anderen Zeiten
Am 27. Mai vor 25 Jahren wurde die Nato-Russland-Grundakte unterzeichnet. „Die NATO und Russland betrachten einander nicht als Gegner“, so der Kernsatz der Grundakte. Beide Seiten verpflichteten sich, die Souveränität und die territoriale Integrität aller Staaten zu achten und auf Gewalt gegeneinander oder andere Staaten zu verzichten. Beim Weltwirtschaftsforum in Davos stellte NATO-Generalsekretär Stoltenberg jedoch fest: Mit dem Überfall auf die Ukraine und den Drohungen gegenüber dem Westen hat sich Russland weit vom Geist der Grundakte entfernt (Tagesschau).
24.–25. Mai 2022
Die Kämpfe in der Ostukraine dauern an. Dabei konnten die russischen Streitkräfte in den vergangenen Tagen offenbar Gebietsgewinne verzeichnen. Das US-Kriegsforschungsinstituts Institute for the Study of War (ISW) berichtet in seiner jüngsten Analyse, dass das russische Militär derzeit versuche, seine Kräfte in der schwer umkämpften Region Luhansk zu bündeln. Hierzu würden Soldaten aus den Gebieten um Charkiw, Isjum, Donezk und Saporischschja abgezogen und nach Luhansk verlegt. Offenbar bescherte dieses Vorgehen der russischen Armee auch bereits erste Erfolge. Laut ISW sind den russischen Truppen im Gebiet Luhansk in der vergangenen Woche mehr Geländegewinne als im gesamten Mai zuvor gelungen. Dort, in der Region Luhansk, kontrollierten russische Streitkräfte und prorussische Separatisten inzwischen rund 90 Prozent des Territoriums. Die Militäranalysten gehen davon aus, dass Russland die noch in der Region befindlichen ukrainischen Kampfverbände einkesseln möchte. Von einem „großen Durchbruch“ der russischen Bestrebungen könne allerdings bisher – trotz der genannten Fortschritte – keine Rede sein.
Für die ukrainischen Streitkräfte scheint sich die Lage im ostukrainischen Donbass, zu dem auch die Region Luhansk gehört, aufgrund der russischen Angriffe gleichwohl zuzuspitzen. Präsident Selenskyj und das ukrainische Verteidigungsministerium sprachen von einer schwierigen Lage. Offenbar wolle die russische Armee ukrainische Einheiten in den Großstädten Sjewjerodonezk und Lyssytschansk einkesseln, so ein Sprecher des Ministeriums. Auch der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, berichtete von schweren russischen Angriffen: „Der Feind hat seine Bemühungen auf eine Offensive konzentriert, um Lyssytschansk und Sjewjerodonezk zu umzingeln. [...] Die Intensität des Feuers auf Sjewjerodonezk hat sich um ein Vielfaches erhöht. Sie zerstören die Stadt einfach.“
Im Hinblick auf die andauernden schweren russischen Angriffe auf Ziele in der Ostukraine forderte der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba schnellere Militärhilfen des Westens. Via Twitter teilte er am Dienstag mit: „Die russische Offensive im Donbass ist eine erbarmungslose Schlacht, die größte auf europäischem Boden seit dem Zweiten Weltkrieg.“ Der ukrainische Präsident Selenskyj warf den russischen Truppen blinde Zerstörungswut vor. In seiner täglichen Videoansprache erklärte er, Russland führe einen „totalen Krieg“ gegen die Ukraine.
Der Innenminister der Ukraine, Denys Monastyrskyj, gab am Mittwoch zudem bekannt, dass seit Beginn des Krieges rund 20.000 mutmaßliche Kriegsverbrechen angezeigt worden seien. Allein 13.500 solcher Taten hätten die Ermittler der Polizei registriert. Man kooperiere mit ausländischen Staatsanwälten, gemeinsamen Ermittlungsteams und Experten. Das Gros der Arbeit werde jedoch von ukrainischen Strafverfolgungsbeamten geleistet. Das bei den Ermittlungen gesammelte Beweismaterial soll später an internationale Gremien übermittelt werden, um mutmaßliche russische Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen.
Russland weitet Angriffe im Osten der Ukraine aus
Drei Monate nach dem Beginn ihrer Invasion in der Ukraine erhöhen die russischen Truppen im Osten des Landes nach Angaben aus Kiew massiv ihre Angriffe. Es würden derzeit schwere Kämpfe um die Großstadt Sjewjerodonezk geführt. Dort starben nach Angaben des Gouverneurs der Region Luhansk mindestens sechs Zivilisten. Acht weitere Menschen seien dabei in den vergangenen 24 Stunden verletzt worden, so Serhij Hajdaj weiter. Er warf russischen Soldaten vor, absichtlich Unterkünfte von Zivilisten anzugreifen (Tagesschau).
Donbass: Ukrainische Armee hält russischen Angriffen nur schwer stand
Für die ukrainischen Truppen im Osten des Landes wird die Lage angesichts russischer Geländegewinne immer brenzliger. Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach von einer schwierigen Lage im Donbass (FAZ).
Polens Präsident kritisiert Ukraine-Kurs der Bundesregierung
Am Rande des Weltwirtschaftsforums in Davos nutzt Polens Staatspräsident Andrzej Duda die Bühne der Weltöffentlichkeit für einen Angriff auf die deutsche Regierung. Es geht um Panzerlieferungen, die Deutschland Polen in Aussicht gestellt habe – als Kompensation für Panzer, die Polen an die Ukraine abgetreten hat (Tagesschau).
Baerbock: Arbeiten an Waffenlieferungen
Außenministerin Annalena Baerbock hat angesichts anhaltender Kritik an zu zögerlicher Unterstützung der Ukraine durch die Bundesregierung die Bereitschaft zu weiteren Waffenlieferungen betont. Deutschland arbeite gemeinsam mit Polen und den internationalen Partnern daran, „weiter Waffen, Munition und schweres Gerät verstärkt zu liefern“, sagte die Grünen-Politikerin am Dienstag nach einem Treffen mit ihrem polnischen Amtskollegen Zbigniew Rau in Berlin (ZDF).
Waffenlieferungen an die Ukraine: Gibt es eine Grenze der Solidarität?
Der Streit um die Lieferung schwerer Kriegswaffen an die Ukraine reicht tief hinein in philosophische Fragen. Ein Gespräch über Ideologien, falsche Rücksichten und den Wert der Empathie (Philosophie Magazin)
21.–23. Mai 2022
Der Schwerpunkt der Kämpfe liegt weiterhin im Osten der Ukraine, so der Generalstab in Kiew. In den vergangenen Tagen wurde eine Zunahme der Kämpfe festgestellt. Es habe eine Vielzahl von russischen Angriffen gegeben. Auch bestehe die Gefahr von Luftanschlägen aus dem benachbarten Belarus. Die russische Armee versucht seit Tagen, die ukrainischen Gruppen rund um Sjewjerodonezk und Lyssytschansk vom Nachschub aus dem Donezker Gebiet abzuschneiden. Dabei sei auch gezielt eine Brücke über den Fluss Siwerskyj Donez zwischen den beiden Städten zerstört worden. Nach wie vor ist es das Ziel der russischen Streitkräfte, die ukrainischen Einheiten im Donbass einzukesseln, um letztendlich die komplette Kontrolle über die Gebiete Luhansk und Donezk zu erlangen und einen Landkorridor auf die Halbinsel Krim abzusichern.
Nachdem Mariupol nun offenbar vollständig in russische Hände gefallen ist, hat Präsident Selenskyj in einem Fernsehinterview auch den Westen für die aktuelle Entwicklung verantwortlich gemacht. Wiederholt habe er die westlichen Staats- und Regierungschefs aufgefordert, sein Land mit „geeigneten Waffen” zu versorgen, „damit wir Mariupol erreichen können, um diese Menschen zu befreien”. Die rund 2.000 ukrainischen Soldaten, die bis zuletzt versucht hatten, die Stellung zu halten, befinden sich nun in russischer Gefangenschaft, ihr Schicksal ist ungewiss. Selenkyj sagte ferner, jeden Tag würden an der Front im Osten des Landes 50 bis 100 Ukrainer sterben. Dabei bezog er sich offenbar auf Soldaten und nicht auf Zivilisten.
Im Hinblick auf die durch den russischen Angriffskrieg entstandenen Schäden fordert der ukrainische Präsident die Schaffung eines Fonds für Entschädigungszahlungen. Gemeinsam mit Partnerländern müsse ein Mechanismus entwickelt werden, damit „jeder, der unter Russlands Handeln gelitten hat”, einen Ausgleich für seine Verluste erhalte. Selenskyj schlug vor, hierfür russisches Kapital und Eigentum im Ausland einzufrieren und es dem Fonds zuzuführen. Um Hilfen für den Wiederaufbau soll es auch auf dem heute beginnenden Weltwirtschaftsforum in Davos gehen. Der Präsident des Forums forderte einen Marshallplan für die Ukraine, um das Land wiederaufzubauen.
Indes hat die Ukraine das Kriegsrecht und die Generalmobilmachung um weitere 90 Tage verlängert. Es soll nun bis zum 23. August gelten. Einen Tag später, am 24. August, feiert die Ukraine alljährlich ihren Unabhängigkeitstag. Am 24. August 1991 hatte das ukrainische Parlament die Unabhängigkeitserklärung der Ukraine von der Sowjetunion verabschiedet. Mit der Verlängerung der Generalmobilmachung bis zu diesem Datum geht die Hoffnung einher, die Krieg möge bis dahin ein Ende nehmen. Experten hingegen vermuten, er könne sich noch einige Monate oder – in einer weniger intensiv geführten Kriegsphase – sogar noch einige Jahre hinziehen.
Ukraine verlängert Kriegsrecht um 90 Tage
Die Ukraine hat das seit 24. Februar geltende Kriegsrecht um weitere 90 Tage verlängert. Das Parlament in Kiew stimmte auch für eine Verlängerung der Generalmobilmachung bis zum 23. August. Der von Russland begonnene Krieg werde bis in den Herbst dauern, so der ukrainische Präsidentenberater Oleksiy Arestowytsch. Man mache der ukrainischen Bevölkerung nur falsche Hoffnung, wenn das Kriegsrecht wie bisher immer nur um 30 Tage verlängert werde (Tagesschau).
Weltwirtschaftsforum im Zeichen des Krieges - Marshallplan für die Ukraine
Bei dem vom 22. bis 26. Mai dauernden Treffen in den Schweizer Alpen werden rund 2.500 Teilnehmende aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft über Lösungen für internationale Probleme diskutieren. Der Krieg in der Ukraine wird dabei ein zentrales Thema sein. Der Präsident des Weltwirtschaftsforums forderte im Vorfeld einen Marshallplan für die Ukraine, um das Land wieder aufzubauen. Mit dem Marshallplan – benannt nach dem damaligen US-Außenminister George C. Marshall – hatten die USA in den Jahren nach dem Zweiten Weltkrieg den Wiederaufbau der Staaten Europas mit Milliardensummen unterstützt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird am Montag per Video in Davos zugeschaltet sein. Russische Unternehmen und Politiker wurden hingegen von einer Teilnahme ausgeschlossen (Deutsche Welle/Spiegel).
Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine
Die Ukraine hat vergangene Woche die Verhandlungen zur Beendigung des Krieges ausgesetzt. Nur bei konkreten Vorschlägen seitens Russlands sollen die Gespräche wiederaufgenommen werden. Zudem könne man über einen Waffenstillstand nur nach einem vollständigen Rückzug russischer Truppen diskutieren. Nun lässt ein Berater von Kremlchef Putin mitteilen, Russland sei bereit, die Gespräche mit Kiew wiederaufzunehmen. Er sehe jedoch die Ukraine in Zugzwang. Auch ein Treffen zwischen Putin und dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj schloss er nicht aus. Dafür werde jedoch eine „ernsthafte Vorbereitung” benötigt, etwa ausgearbeitete Dokumente, die die Präsidenten dann unterschreiben könnten. Beobachter sehen hingegen in absehbarer Zeit wenig Möglichkeiten, auf dem Verhandlungsweg eine Lösung herbeizuführen (n-tv).
Zahlreiche Neonazis kämpfen für Russland in der Ukraine
Ziel des Angriffs auf die Ukraine ist laut Präsident Putin die „Entnazifizierung“ des Landes. Doch offenbar haben sich zahlreiche russische Rechtsextreme und Neonazis den Kämpfen in der Ukraine angeschlossen, wie der „Spiegel“ unter Berufung auf einen vertraulichen Bericht des Bundesnachrichtendienstes (BND) meldete. Die Zusammenarbeit mit diesen Gruppierungen führe „den vorgeblichen Kriegsgrund der sogenannten 'Entnazifizierung' der Ukraine ad absurdum“, schreiben die Analysten des deutschen Auslandsgeheimdienstes (Tagesspiegel).
Erstmals mehr als 100 Millionen Flüchtlinge
Die Zahl der Geflüchteten hat einen neuen Rekordstand erreicht. Laut Vereinten Nationen sind weltweit erstmals mehr als 100 Millionen Menschen auf der Flucht vor Konflikten, Gewalt, Menschenrechtsverletzungen und Verfolgung. Bereits bis Ende 2021 war die Zahl auf 90 Millionen angestiegen, vor allem aufgrund neuer Gewalt oder anhaltender Konflikte in Ländern wie Äthiopien, Burkina Faso, Myanmar, Nigeria, Afghanistan und der Demokratischen Republik Kongo. Allein der Krieg in der Ukraine erhöhte die Zahl nun um weitere 14 Millionen (Tagesschau).
SIPRI: Welt stolpert in Ära neuer Gefahren
Das Friedensforschungsinstitut SIPRI sieht die Welt von komplexen und unvorhersehbaren Sicherheitsrisiken bedroht. In seiner jüngsten Analyse „Umwelt des Friedens: Sicherheit in einer neuen Ära des Risikos" kommt es zu dem Schluss, dass wir uns „in einer planetarischen Notlage“ befinden. Sich zuspitzende Sicherheitslagen und Umweltkrisen verstärkten sich gegenseitig auf gefährliche Weise. Durch den Klimawandel verursachte Wetterkatastrophen, die Corona-Pandemie und Kriege bedrohen globale Lieferketten. Gewalt und Erntekatastrophen tragen zur weltweiten Migration bei. Leidtragende seien „oftmals Länder, die bereits unter Armut und schlechter Regierungsführung leiden“. Das schwedische Friedensforschungsinstitut versteht seinen jüngsten Bericht als Weckruf an Politiker und sonstige Entscheider. Die Welt „stolpere” der neuen, komplexen Gefahrenlage entgegen. Es fehle an einem länderübergreifenden Plan (Deutsche Welle).
20. Mai 2022
In der ostukrainischen Region Donbass ereignen sich weiterhin schwere Gefechte. Zwar gelang es den ukrainischen Streitkräften nach Angaben ihres Generalstabs, die russischen Angriffe und Vorstöße der vergangenen 48 Stunden abzuwehren, doch ist die Lage in den betroffenen Gebieten offenbar verheerend. Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach mit Blick auf die Situation im Donbass von einer „Hölle“. Die ukrainische Armee arbeite weiterhin an der Befreiung der Region Charkiw, „aber im Donbass versuchen die Besatzer, den Druck zu erhöhen. Da ist die Hölle, und das ist keine Übertreibung.“ Die Region sei „komplett zerstört“, so Selenskyj weiter. Die ukrainische Einschätzung, dass Russland derzeit darum bemüht ist, den Druck im Donbass weiter zu erhöhen, deckt sich auch mit Informationen des britischen Militärgeheimdienstes. Dieser geht nach einer am Freitag veröffentlichten Mitteilung davon aus, dass Russland seine Operationen in der Donbass-Region verstärken wird, sobald die russischen Truppen die ukrainische Hafenstadt Mariupol vollständig unter ihre Kontrolle gebracht haben. Dies scheint offenbar kurz bevorzustehen. In einem am Freitagnachmittag veröffentlichten Video berichtete ein Kommandant des ukrainischen Asow-Regiments, dass die ukrainische Militärführung den Befehl erteilt habe, die Verteidigung der Stadt aufzugeben.
Dort, in Mariupol, sollen sich auf dem Gelände des Stahlwerks Asowtal noch immer einige ukrainische Soldaten verschanzt halten. Der stellvertretende Kommandeur der Asow-Brigade, Swjatoslaw Palamar, teilte mit, es befänden sich noch einige Offiziere in den Tunnelanlagen des weit verzweigten Industriekomplexes. Nach russischen Angaben haben sich seit Wochenbeginn 1.730 ukrainische Bewaffnete ergeben. Diese befinden sich nun in russischer Kriegsgefangenenschaft. Während Kiew auf einen Gefangenenaustausch drängt, hatten verschiedene russische Behörden und Vertreter zuletzt die Position kundgetan, zumindest einen Teil der Gefangenen nicht als Soldaten, sondern als Neonazi-Kämpfer anzusehen, die es vor Gericht zu stellen gelte.
Kiew gibt Verteidigung von Mariupol auf
Die ukrainische Militärführung hat offenbar den Befehl gegeben, die Verteidigung Mariupols aufzugeben. Leichen sollen noch geborgen werden. Moskau will die Region Luhansk fast vollständig erobert haben (Tagesschau).
Telefonat zwischen ranghöchsten Militärs in Moskau und Washington
Erstmals seit Kriegsbeginn haben sich die Generalstabschefs der USA und Russlands zur Lage in der Ukraine ausgetauscht. Vor dem Hintergrund der angespannten Beziehungen zwischen den USA und Russland kam das Telefonat für viele Beobachter überraschend. Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilte, hätten der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow und sein US-Kollege Mark Milley bei dem Telefonat über Fragen von gegenseitigem Interesse gesprochen, darunter die Situation in der Ukraine. Ein Sprecher des US-Pentagons betonte, es sei wichtig, die Kommunikationskanäle offenzuhalten. Bereits am vergangenen Freitag hatten die Verteidigungsminister der beiden Staaten zum ersten Mal seit Beginn der russischen Invasion miteinander telefoniert (Der Spiegel).
Von der Leyen: Wiederaufbau an Reformen knüpfen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen möchte den ukrainischen Wiederaufbau an Reformen knüpfen. Da an einer Mitfinanzierung des Wiederaufbaus der Ukraine ohnehin kein Weg vorbeiführe, sei es sinnvoll, diesen mit Reformen zu verbinden, die z. B. den Aufbau der Rechtstaatlichkeit oder die Bekämpfung der Korruption zum Ziel haben müssten, so von der Leyen gegenüber dem ZDF. Der ukrainische Präsident Selenskyj habe ihr bereits mitgeteilt, diesen Ansatz zu unterstützen (Tagesschau).
New York Times veröffentlicht Video von Gräueltaten in Butscha
Bis heute bestreitet der Kreml die Verantwortung russischer Streitkräfte für die im Kiewer Vorort Butscha begangenen Kriegsverbrechen. Nach dem Abzug russischer Truppen waren dort Massengräber und Hunderte Leichen gefunden worden – zum Teil mit Folterspuren. Spätestens jetzt kann an der russischen Verantwortung für die Gräueltaten kein Zweifel mehr bestehen. Die New York Times hat anhand von Videos acht Fälle detailliert aufgearbeitet (Der Spiegel).
19. Mai 2022
Türkei bleibt bei Veto zu NATO-Beitritten
Im gestrigen Gespräch mit US-Außenminister Blinken warf der türkische Außenminister Cavusoglu Finnland und Schweden erneut vor, die Terrororganisationen PKK und die Kurdenmiliz YPG in Syrien zu unterstützen. Vorerst bleibt die Türkei bei ihrer Haltung, den Prozess für einen Beitritt Finnlands und Schwedens zur NATO zu blockieren (Tagesschau).
18. Mai 2022
Auch zu Beginn der neuen Woche gab es im Krieg recht wenig Bewegung. Das ukrainische Verteidigungsministerium berichtete am Mittwoch, dass die russischen Streitkräfte ihre Stellungen im Süden und Osten des Landes verstärkten, um sich auf einen noch länger andauernden Militäreinsatz vorzubereiten. Die Verstärkung der russischen Positionen in den besetzten Regionen in Saporischschja und Cherson diene vor allem dem Ziel, „bei Bedarf in den Defensivmodus zu wechseln“. Nach Informationen des britischen Geheimdienstes hat das russische Militär zudem weiterhin Probleme damit, seine Streitkräfte mit Nachschub und frischen Truppen zu versorgen. Das Verteidigungsministerium der Ukraine meldete hingegen neue Erfolge. In den vergangenen 80 Tagen habe man 17 feindliche taktische Bataillone zerstört. Russland sei dadurch nicht mehr in der Lage, in mehreren strategischen Bereichen gleichzeitig Offensiven durchzuführen.
Selbst Russlands Minimalziel, also die dauerhafte Eroberung der ostukrainischen Gebiete, scheint für Russland derzeit kaum erreichbar zu sein. Vor diesem Hintergrund kommt es nicht gänzlich überraschend, dass beide Kriegsparteien die Verhandlungen zur Beendigung des Krieges bis auf weiteres ausgesetzt haben. Beide Seiten dürften bestrebt sein, ihre Verhandlungsposition vor der Wiederaufnahme ernsthafter Gespräche zu stärken. Der ukrainische Unterhändler Mychajlo Podoljak hatte am Dienstag bekräftigt, dass für die Ukraine nur eine vollständige Befreiung aller besetzten Territorien akzeptabel sei. Einer gesichtswahrenden Lösung für den russischen Präsidenten stehe man in Kiew weiterhin ablehnend gegenüber.
Aus Moskaus wurde indes am Mittwoch die Gefangennahme rund 700 weiterer Soldaten aus dem Stahlwerk Asowtal in Mariupol vermeldet. Insgesamt hätten sich auf dem Gelände der Industrieanlage seit Montag 959 ukrainische Soldaten ergeben.
Evakuierung aus Stahlwerk in Mariupol: Sorgen um Soldaten in Gefangenschaft
Nachdem gestern die Evakuierung von rund 260 Soldaten aus dem Stahlwerk in Mariupol vermeldet wurde, bemüht sich die ukrainische Regierung weiterhin darum, auch die noch verbliebenen Soldaten aus der Industrieanlage herauszuholen. Indes gibt es wachsende Sorgen um die bereits evakuierten ukrainischen Kämpfer, die sich nach ihrer Evakuierung vorerst in russischer Gefangenschaft befinden. Während die Ukraine auf einen Gefangenenaustausch drängt, kündigte ein russisches Ermittlungskomitee an, die ukrainischen Soldaten wegen angeblich begangener Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung verhören zu wollen. Auch der Präsident des russischen Parlaments, Wjatscheslaw Wolodin, hatte sich jüngst gegen einen Gefangenenaustausch positioniert. Die ukrainischen Kämpfer bezeichnete er als „Nazi-Verbrecher“. Ziel müsse es sein, Kriegsverbrecher vor Gericht zu bringen (Tagesschau).
Militärexperte überrascht mit Kriegskritik im russischen Staatsfernsehen
Schon seit Wochen ist die russische Invasion in der Ukraine ins Stocken geraten. Sich in Russland kritisch über den Krieg oder dessen Verlauf zu äußern, stellt allerdings nach wie vor ein Tabu dar. Der frühere Generalstabsoffizier Michail Chodarjonok hat nun genau das aber in einer Talkshow des russischen Staatsfernsehens getan. Die ukrainischen Streitkräfte seien weit von einem Zerfall entfernt und Russland in der Welt isoliert, so Chodarjonok. Auch einer Reihe von Behauptungen der russischen Staatspropaganda, die in der Sendung geäußert wurden, widersprach der Ex-Oberst und bezeichnete sie als „Info-Beruhigungstabletten“. Das größte Problem stelle jedoch die völlige geopolitische Isolation Russlands dar. Moskau sei daher nun gefordert, einen Ausweg aus der Lage zu finden, „dass die ganze Welt gegen uns ist“ (ZDF).
Europäische Gasanbieter möchten Zahlungen über Gazprombank abwickeln
Mehrere europäische Gasversorger sind zuversichtlich, einen sowohl für die EU als auch Moskau akzeptablen Zahlungsmechanismus für russisches Gas gefunden zu haben. Der italienische Energiekonzern Eni erklärte am Dienstag, das Unternehmen werde „in den kommenden Tagen“ bei der Gazprombank ein Konto in Euro und eines in Rubel eröffnen. So könne Eni in Euro zahlen, die russische Bank nehme dann die Umrechnung in Rubel vor. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte angeordnet, dass die Bezahlung von Gaslieferungen in Rubel erfolgen soll. Die Europäer sehen darin eine nachträgliche Veränderung der geltenden Verträge und lehnen dies ab. Unternehmen, die den russischen Forderungen nachkommen, riskieren, wegen Verstößen gegen EU-Sanktionen belangt zu werden (ZDF).
Russland gehen Material und Soldaten aus
Je länger der Krieg in der Ukraine dauert, desto augenscheinlicher wird auch, dass nicht nur der ukrainische Widerstand Russlands Militär große Probleme bereitet, sondern zunehmend auch das eigene Material. Am Geld scheitert es hierbei aber nicht. Vielmehr hat die russische Rüstungsindustrie aufgrund der gegen Russland verhängten Sanktionen große Schwierigkeiten, an wichtige hochtechnologische Bauteile wie z.B. Halbleiter zu kommen. Westliche Geheimdienste gehen überdies davon aus, dass Russland bereits ein Drittel seiner Bodentruppen verloren haben könnte (n-tv).
Finnisches und Schwedisches Parlament stimmten für NATO-Beitritt
Das finnische Parlament hat mit großer Mehrheit einem Antrag auf eine NATO-Mitgliedschaft des Landes zugestimmt. Bereits am Montag hatte schon Finnlands Nachbarland Schweden für einen Beitritt zum Verteidigungsbündnis gestimmt (siehe auch: NATO-Norderweiterung). Bevor der Beitritt erfolgen kann, ist jedoch noch ein einstimmiges Votum der 30 NATO-Mitglieder erforderlich. Die Türkei hatte sich, was den Beitritt Finnlands und Schwedens betrifft, als einziges Mitgliedsland skeptisch gezeigt. Der türkische Präsident Erdogan begründete diese Haltung damit, dass die skandinavischen Staaten angeblich die in der Türkei verbotene kurdische Organisation PKK unterstützten. Bundeskanzler Scholz gab sich indes trotzdem zuversichtlich, dass ein Beitritt Finnlands und Schweden auch mit der Türkei als NATO-Mitglied gelingen werde. Inzwischen haben beide Staaten den Antrag auf Beitritt offiziell eingereicht(Der Spiegel).
17. Mai 2022
Soldaten aus Stahlwerk in Mariupol evakuiert
Nach wochenlanger Blockade konnten gestern gut 260 ukrainische Soldaten das Asow-Stahlwerk in Mariupol verlassen, darunter 53 Schwerverletzte, so der ukrainische Generalstab. Sie wurden in die von russischen Truppen besetzte Ortschaft Oleniwka gebracht und sollen später in einem Gefangenenaustausch zurückkehren, hieß es. Die Evakuierung der Kämpfer markiere das Ende der Mission, das ukrainische Militär werde das Stahlwerk in Mariupol als letzte Bastion der Hafenstadt aufgeben (Tagessschau).
14.–16. Mai 2022
Den ukrainischen Truppen gelingt es Schritt um Schritt, die russischen Einheiten in der Region Charkiw im Nordosten der Ukraine zurückzudrängen. An einer Stelle sind die ukrainischen Soldaten offenbar schon bis an die Grenze zu Russland vorgestoßen. Man befinde sich derzeit in der „dritten Phase” des Krieges, so die ukrainische Regierung. Nach der erfolglosen ersten Angriffswelle Russlands zu Beginn des Krieges und dem russischen Rückzug aus dem Norden rund um Kiew, der anschließend versuchten Großoffensive Russlands mit dem Ziel, die Region Donbass im Osten komplett zu erobern, sei nun die dritte Phase am Laufen, in der die Ukraine zu Gegenoffensiven übergehe, um die von Russland besetzten Gebiete wieder zurückzuerobern, während Russland versuche, die Stellungen zu halten. Laut ukrainischem Geheimdienst werde der Kampf noch Monate andauern, aber im Sommer (im August) würde ein Wendepunkt im Krieg erfolgen und bis Ende des Jahres sei der Krieg vorbei, so Geheimdienstchef Budanov.
In Sachen NATO-Norderweiterung wird ein baldiger Beitrittsantrag Finnlands und Schwedens erwartet. Nachdem sich die Regierungen beider Länder am Wochenende für einen Beitritt zur NATO ausgesprochen haben, finden heute die Debatten in den beiden nationalen Parlamenten statt. Es wird von einer Zustimmung ausgegangen. Auch das NATO-Bündnis zeigte sich bei dem gestrigen Treffen der 30 NATO-Außenminister in Berlin offen für einen baldigen Beitritt der beiden Länder.
Finnland und Schweden auf dem Weg zum NATO-Beitritt
Finnland hat den Antrag für einen NATO-Beitritt angekündigt. Auch die Regierung in Schweden hat sich für einen Beitritt ausgesprochen. Die Türkei formulierte zunächst noch Vorbehalte, zeigt sich aber offenbar gesprächsbereit und möchte den Beitritt nicht blockieren (Deutsche Welle).
Außenministertreffen der NATO in Berlin
Auf ihrem Treffen in neuen „Berlin-Format” der NATO besprachen die 30 Außenminsterinnen und Außenminister der Bündnisstaaten die weitere Unterstützung der Ukraine und erörterten einen Beitrittsantrag von Schweden und Finnland. „Ihre Mitgledschaft in der NATO würde unsere gemeinsame Sicherheit erhöhen und zeigen, dass die Tür der NATO offen steht, und dass sich Aggression nicht auszahlt“, so NATO-Generalsekretär Stoltenberg. Ferner erfolgten letzte Abstimmungen zum neuen „Strategischen Konzept“ der NATO, welches auf dem NATO-Gpfel im Juni verabschiedet werden soll (NATO).
Kiew sieht „dritte Phase“ des Krieges
Die ukrainische Führung sieht den Beginn der „dritten Phase“ des russischen Krieges gegen die Ukraine. Die russischen Militärs bereiteten die Verteidigung der bisher erreichten Geländegewinne vor. Das zeige, dass sie einen langen Krieg daraus machen wollen in der Hoffnung, mit diesem Hinausziehen des Krieges den Westen an den Verhandlungstisch und damit wiederum die Ukraine zum Einlenken zu zwingen, so Viktor Andrusyw, Berater im ukrainischen Innenministerium (ORF).
Ukrainische Truppen stoßen in der Region Charkiw zur russischen Grenze vor
Bereits seit einigen Tagen befanden sich die russischen Truppen im Großraum Charkiw auf dem Rückzug. Nun meldet das ukrainische Militär einen symbolträchtigen Erfolg bei ihrer Gegenoffensive. An einer Stelle sei man bereits bis zur Grenze zu Russland vorgestoßen. Doch im Osten des Landes hielten die russischen Truppen den Druck weiter aufrecht, auch wenn die ukrainischen Einheiten sie mit heftigem Widerstand ausbremsen konnten (n-tv).
Mehr als 700.000 ukrainische Kriegsflüchtlinge in Deutschland erfasst
Laut Bundesinnenministerium sind seit Kriegsbeginn am 24. Februar bis zum 11. Mai 727.205 Menschen neu im Ausländerzentralregister (AZR) erfasst worden. Von diesen erfassten Ukraine-Flüchtlingen könne aber „eine erhebliche Zahl bereits in andere EU-Staaten weitergereist und auch in die Ukraine zurückgekehrt sein“. Es handele sich somit um „die Zahl derjenigen, die sich seit Kriegsbeginn vorübergehend in Deutschland aufgehalten haben oder weiter aufhalten“ (Welt).
Ukraine-Krieg führt zu weltweiter Hungerkrise
Die Ukraine war bisher weltweit ein wichtiger Getreidelieferant, insbesondere auch für Länder im Nahen Osten und in Afrika. Nun stecken in den Häfen der Ukraine Millionen Tonnen Weizen fest und können nicht mehr exportiert werden. Immer mehr Menschen sind angesichts steigender Weizenpreise von Hunger bedroht. Wie kann Hunger kurz-, aber auch langfristig wirksam bekämpft werden? (Bayerischer Rundfunk).
13. Mai 2022
Lagebericht
Die ukrainische Regierung setzt ihre Bemühungen zur Rettung der Soldaten, die sich im belagerten Stahlwerk Asowtal befinden, fort. Wie Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk am Donnerstagabend mitteilte, ist dazu eine neue Verhandlungsrunde eröffnet worden. Dabei kann die Regierung in Kiew offenbar auch auf internationale Unterstützung bauen. So habe die Ukraine den UN und dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz das Mandat zu den Gesprächen mit der russischen Seite erteilt. Der Türkei soll bei den Gesprächen eine Vermittlerrolle zukommen. Laut Wereschtschuk wird eine Evakuierung in mehreren Etappen angestrebt. Die Rettung von 38 schwerverwundeten Soldaten stehe dabei an erster Stelle. Russland hat Vorschläge zu einer Evakuierung bisher vehement abgelehnt und pocht auf die Kapitulation der eingeschlossenen Kämpfer. Die ukrainische Regierung hofft, durch das Angebot zur Freilassung russischer Kriegsgefangener neue Bewegung in die Verhandlungen zu bringen. Die Türkei hatte gegenüber Russland überdies angeregt, die ukrainischen Soldaten auf dem Seeweg in die Türkei zu evakuieren. Dort sollten sie dann bis zum Ende des Krieges bleiben.
Unterdessen dauern die Kämpfe im Osten der Ukraine unverändert an. Das ukrainische Militär berichtete von mehreren russischen Attacken auf Städte und Dörfer im östlichen Landesteil. Zudem verlege Russland derzeit zusätzliche Artillerieeinheiten in Grenzgebiete nahe der nördlichen Region Tschernihiw, wo russische Angriffe am Donnerstag eine Schule und ein Wohnheim getroffen hatten.
Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach in seiner abendlichen Videobotschaft von einer strategischen Niederlage Russlands. Nach zweieinhalb Monaten des Krieges sei die Niederlage der Russen „für jeden auf der Welt offensichtlich und auch für diejenigen, die immer noch mit ihnen kommunizieren“. Der Regierung in Moskau fehle allerdings der Mut, diese Niederlage auch einzugestehen. Zugleich erneuerte der ukrainische Präsident seine Kritik an russischen Angriffen auf Schulen und Kliniken. 570 Gesundheitseinrichtungen seien durch russische Angriffe zerstört worden. Darunter 101 Krankenhäuser.
Nach US-amerikanischen Informationen sind seit Kriegsbeginn zehntausende Menschen aus der Ukraine gewaltsam verschleppt worden. Allein aus der belagerten Hafenstadt Mariupol seien Tausende nach Russland oder in von Russland kontrollierte Gebiete gebracht worden. Diese Informationen teilte der US-Botschafter bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in Wien mit. Die ukrainische Regierung geht sogar von knapp 1,2 Millionen verschleppten Menschen aus. Darunter sollen sich auch mindestens 200.000 Kinder befinden. Die Ukraine warf Russland in diesem Zusammenhang vor, sogenannte Filtrationslager zu betreiben. In den Lagern sollen festgenommene Ukrainerinnen und Ukrainer laut Augenzeugenberichten brutalen Verhörmethoden ausgesetzt sein. Bereits am Donnerstag hatte der UN-Menschenrechtsrat mit großer Mehrheit für die Untersuchung von mutmaßlich durch russische Kräfte verübte Kriegsverbrechen gestimmt.
Russlands Präsident Putin hat sich am Freitag mit dem nationalen sicherheitsrat über den möglichen NATO-Beitritt von Schweden und Finnland beraten. Bereits am Donnerstag hatte das Präsidialamt in Moskau erklärt, ein etwaiger NATO-Beitritt der beiden skandinavischen Staaten würde als feindseliger Schritt gewertet, der die Sicherheit Russlands bedrohen würde. Sollte es zum Beitritt kommen, sähe sich Russland zu einer Reaktion gezwungen.
Krisendiplomatie – internationale Verhandlungen: Der ukrainische Präsident Selenskyj hat erneut seine grundsätzliche Bereitschaft zu Gesprächen mit Russlands Präsident Putin geäußert. In einem Interview mit dem italienischen Fernsehsender Rai bekräftigte er die Notwendigkeit einer Einigung. Es dürfe allerdings kein Ultimatum als Bedingung für ein Gespräch geben. Zugleich betonte Selenskyj, die Ukraine werde die Halbinsel Krim nie als Teil von Russland anerkennen: „Die Krim hatte immer ihre Autonomie, sie hat ihr Parlament, aber im Innern der Ukraine.“ Als Minimalziel Russlands gilt hingegen die Eroberung der Gebiete Donezk und Luhansk. Kreml-Sprecher Peskow verwies hinsichtlich der Möglichkeit eines Gespräches auf höchster politischer Ebene zudem darauf, dass ein solches Treffen erst stattfinden könne, wenn es eine verbindliche Vereinbarung zwischen Moskau und Kiew gebe.
Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba nimmt am Freitag am G7-Außenministertreffen an der Ostsee teil. Er folgt damit einer Einladung von Annalena Baerbock. Die deutsche Außenministerin sicherte bei dem Treffen auch der Republik Moldau die volle Unterstützung zu. In dem kleinen osteuropäischen Staat wächst seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine die Furcht, ebenfalls zum Ziel russischer Aggressionen zu werden.
Bundeskanzler Scholz hat am Freitagvormittag mit Russlands Präsident Putin telefoniert. Das rund 75 minütige Gespräch zur Lage in der Ukraine soll auf Initiative des deutschen Regierungschefs stattgefunden haben. Regierungssprecher Hebestreit teilte mit, Scholz habe den russischen Präsidenten dazu aufgefordert, schnellstmöglich zu einem Waffenstillstand zu kommen. Von Seiten des Kremls hieß es, Putin habe Scholz mitgeteilt, dass Fortschritte bei den Verhandlungen über ein Ende des Konflikts „im Wesentlichen von Kiew blockiert“ würden. Es war das erste Gespräch zwischen Scholz und Putin seit über einem Monat.
Aktuelle Berichte:
US-Schätzungen: Zehntausende Ukrainer nach Russland verschleppt
Laut Schätzungen der USA und der Ukraine wurden zehntausende Ukrainer – darunter 200.000 Kinder – gewaltsam nach Russland gebracht. Behörden berichten auch von Gefangenenlagern (ZDF).
Verhandlungen über Evakuierung von ukrainischen Soldaten aus Mariupol
Die Ukraine führt nach eigenen Angaben Verhandlungen mit Russland über die Evakuierung schwerverletzter Soldaten aus dem belagerten Stahlwerk des Konzerns Asowstal in Mariupol. Die Gespräche seien „sehr schwierig“, erklärte die stellvertretende Regierungschefin Iryna Wereschtschuk. Es gehe zunächst nur um 38 Soldaten, die gegen gefangene Russen ausgetauscht werden könnten (Tagesschau).
12. Mai 2022
Lagebericht
Der Abnutzungskrieg mit Geländegewinnen auf beiden Seiten ist in vollem Gange. Mal meldet die Ukraine Erfolge, mal berichtet Russland über Geländegewinne. Den ukrainischen Truppen gelingt es insbesondere in der Region Charkiw, immer mehr von Russland besetzte Gebiete wieder zurückzuerobern. Den russischen Einheiten gelang es wiederum, weitere Ortschaften in Luhansk und Donezk zu erobern und weiter in den Donbass vorzudringen. Dieser Kampf um Territorien könne noch Monate oder gar Jahre andauern, so Politikexperte Thomas Jäger. Er rechnet mit einem langen Zermürbungskrieg, da sich die Kriegsparteien in absehbarer Zeit vermutlich nicht an den Verhandlungstisch setzen würden, um die Frage um Gebietshoheiten auszuhandeln. Vielmehr werde dieser Kampf um Territorien auf dem Schlachtfeld ausgetragen. Beide Seiten hätten völlig konträre Zielvorstellungen, wie dieser Krieg enden könnte.
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat gestern seine Ziel neu formuliert, nachdem zuvor bereits Außenminister Kuleba diese ähnlich dargestellt hatte. Mittlerweile hält Selenskyj eine Beendigung des Krieges mit Russland erst nach einer Rückholung aller besetzten ukrainischen Territorien für möglich: „Wenn wir alles zurückholen, was uns gehört, dann beenden wir den Krieg", sagte der Staatschef im Gespräch mit französischen Studierenden. „Wir wollen den Frieden in unseren Staat."
Die US-Geheimdienste rechnen ebenfalls mit einem langen Krieg in der Ukraine. Auch ein eventueller russischer Erfolg im Donbass würde wahrscheinlich nicht das Ende des Krieges bedeuten. Die längerfristigen strategischen Ziele Putins hätten sich ihrer Ansicht nach wahrscheinlich nicht geändert. Die Verlagerung der russischen Streitkräfte in den Donbass sei wohl nur vorübergehend. Putin bereite sich auf einen längeren Konflikt in der Ukraine vor, in dessen Verlauf er noch immer beabsichtige, über die Ostukraine hinausgehende Ziele zu erreichen. Auch UN-Generalsekretär Gueterres rechnet in absehbarer Zeit nicht mit Friedensverhandlungen. Die diplomatischen Bemühungen konzentrierten sich in letzter Zeit hauptsächlich darauf, Bedingungen für Evakuierungen und Hilfslieferungen auszuhandeln. Beide Kriegsparteien setzten auf Sieg und glaubten, dass sie militärisch weiter vorankommen kämen, zumindest kurzfristig sei daher kein gangbarer Verhandlungsweg in Aussicht.
Indes hat die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft den ersten Prozess wegen Kriegsverbrechen gegen einen russischen Soldaten angekündigt.Ihm droht eine lebenslange Haftstrafe wegen Kriegsverbrechen und Mord. Auch gegen weitere der mehreren Hundert Kriegsgefangenen könnte die Ukraine ähnliche Prozesse anstreben, sofern ausreichend Beweise vorliegen. Auf internationaler Ebene ist seit Monaten auch der Internationale Strafgerichtshof dabei, wegen Kriegsverbrechen zu ermitteln. Ferner kommt heute in Genf der UN-Menschenrechtsrat zu einer Sondersitzung über den Angriffskrieg Russlands zusammen, um über Kriegsverbrechen und andere schwere Menschenrechtsverletzungen zu beraten. Mehr als 50 Länder hatten die Zusammenkunft gefordert, an deren Ende eine Resolution stehen soll.
Ein NATO-Beiritt Finnlands und Schwedens rückt unterdessen immer näher, es ist davon auszugehen dass die beiden Länder in den kommenden Tagen einen offiziellen Beitrittsantrag einreichen werden. Russland hatte die NATO in den vergangenen Monaten mehrfach vor einer NATO-Erweiterung gewarnt. Angesichts des unmittelbar bevorstehenden Beitritts beider Länder hat Dimitri Medwedjew, enger Vertrauter des russischen Präsidenten Putin, dem Westen erneut gedroht: „NATO-Länder, die Waffen in die Ukraine pumpen, Truppen für den Einsatz westlicher Ausrüstung ausbilden, Söldner entsenden und die Übungen von Bündnisstaaten in der Nähe unserer Grenzen erhöhen die Wahrscheinlichkeit eines direkten und offenen Konflikts zwischen der NATO und Russland." Politikexperte Markus Kaim stuft dies als übliche Drohgebärde ein, wie es diese in den vergangenen Monaten des öfteren gegeben habe. Die NATO tue gut daran, sich von diesen Drohungen nicht abschrecken zu lassen und beiden Länder in ihr Bündnis aufnehmen, so der Politikexperte Markus Kaim. Im übrigen sei die „Russland Politik gegenüber der NATO ein totales Desaster".Sie habe zum Gegenteil geführt, was sich Russland erhofft habe, zu einer stärkeren und geeinteren NATO. Dabei sei die mögliche Norderweiterung ein Ergebnis der „kontraproduktiven" Politik Russlands.
Lagebericht aus einzelnen Städten und Regionen:
Die russischen Streitkräfte haben nach ukrainischen Angaben ihre Angriffe im Osten des Landes verstärkrt „Der Feind führe seine Angriffsbemühungen in der Operationszone Ost weiter fort, mit dem Ziel , die volle Kontrolle über die Gebiete Donezk und Luhansk herzustellen.
In Mariupol harren ukrainische Soldaten weiterhin im Stahlwerk aus. Insbesondere die Situation für die verwundeten Soldaten ist katastrophal. Die ukrainische Führung schlägt dem russischen Militär ein Tauschgeschäft für die verwundeten Soldaten vor. „Als ersten Schritt haben wir den Russen folgenden Tausch angeboten: Wir transportieren unsere schwerverwundeten Jungs in einem humanitären Korridor aus Asowstal ab", so Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk . Gleichzeitig lasse das ukrainische Militär russische Kriegsgefangene „nach Standardregeln für deren Austausch” frei.
In der Region zwischen Cherson und Mykolajiw im Süden der Ukraine liefern sich russische und ukrainische Truppen erbitterte Gefechte. Dabei geben die Verteidiger den russischen Angreifern „keine Gelegenheit zum Vordringen", wie die ukrainische Militärführung in der Nacht mitteilte.
Die „Schlangeninsel“ im Schwarzen Meer ist weiterhin hart umkämpft. Russland versuche aktuell die Truppen vor Ort zu verstärken. Dem ukrainischen Generalstab zufolge, besteht die Befürchtung, die russische Armee könnte nach der „Schlangeninsel“ die gesamte ukrainische Schwarzmeerküste (unter anderem die Stadt Odessa) einnehmen wollen.
In der russischen Region Belgorod nahe der Grenze zur Ukraine ist laut dem örtlichen Gebietsgouverneur beim Beschuss eines Dorfes durch ukrainische Truppen mindestens ein Zivilist getötet worden. Sechs weitere seien verletzt worden. Der Ort Solochi sei von ukrainischer Seite aus bombardiert worden.
Aktuelle Berichte:
Ukraine kündigt ersten Kriegsverbrecherprozess an
Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft hat den ersten Prozess wegen Kriegsverbrechen gegen einen russischen Soldaten angekündigt. Ein 21-jähriger Russe wird beschuldigt,
aus dem Fenster eines gestohlenen Autos heraus einen Zivilisten getötet zu haben. Der russische Soldat befindet sich in ukrainischer Gefangenschaft, ihm droht eine lebenslange Haftstrafe wegen Kriegsverbrechen und Mord (Tagesschau).
Warum Finnland der NATO beitritt - und wie Russland reagieren könnte
Finnlands Präsident Sauli Niinistö und die Ministerpräsidentin des Landes haben sich für einen „unverzüglichen" NATO-Beitritt ausgesprochen und wird in Kürze einen offiziellem Aufnahmeantrag einreichen. Doch was bedeutet die Mitgliedschaft für das nordeuropäische Land, für die NATO - und für Russland? Die wichtigsten Antworten (nt-v).
11. Mai 2022
Lagebericht
In seiner abendlichen Videoansprache meldete der ukrainische Präsident Selenskyj Erfolge der ukrainischen Streitkräfte aus der Region Charkiw im Nordosten des Landes. Demnach gelinge es dem ukrainischen Militär allmählich, die russischen Truppen aus dem Gebiet zurückzudrängen. Das Ziel bestehe darin, die feindlichen Streitkräfte bis an die russische Grenze zu drängen. Die Bombardierungen des Bezirks Charkiw durch das russische Militär habe allerdings in den vergangenen Tagen deutlich zugenommen.
Während es der Ukraine also gelingt, im Nordosten des Landes Gebiete zurückzuerobern, befinden sich russische Truppen im Donbass weiter auf dem Vormarsch. Das ukrainische Südkommando meldete „gnadenlose“ Angriffe der russischen Streitkräfte auf Privathäuser, landwirtschaftliche Einrichtungen und die Stromversorgung. Auch die noch immer im Stahlwerk von Mariupol eingeschlossenen ukrainischen Kämpfern sollen in den vergangenen Stunden starken Angriffen ausgesetzt gewesen sein.
Wie das britische Verteidigungsministerium am Mittwoch bekannt gab, ereignen sich zudem weitere Kämpfe um die von Russland besetzte Schlangeninsel im Schwarzen Meer. Russland bemühe sich derzeit darum, seine Truppen auf der Insel zu verstärken. Sollte es Russland gelingen, seine Position auf der Insel mit strategischer Luftabwehr und Marschflugkörpern zur Küstenverteidigung zu stärken, stehe einer Beherrschung des nordwestlichen Schwarzen Meeres nichts mehr entgegen, so das Ministerium via Twitter. Nach Informationen der Briten verhindern jedoch bislang ukrainische Drohnenangriffe, dass es zur drohenden russischen Dominanz kommt. Seit dem Untergang des Kriegsschiffs Moskwa verfügten die russischen Versorgungsschiffe nur über begrenzten Schutz.
Die Ukraine hatte überdies bereits am Dienstagabend bekannt gegeben, den Gastransit durch die Region Luhansk nach Europa kappen zu wollen. Aufgrund der russischen Besatzung sei es unmöglich, Gas an Verteilstationen weiterzuleiten, teilte der Netzbetreiber mit. Für Europa bedeutet dies eine deutliche Verknappung der Gaslieferungen aus Russland. Nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums ist die Versorgung in Deutschland aktuell weiter gewährleistet.
Neue Entwicklungen gibt es am Mittwoch auch in der südukrainischen Region Cherson. Wie die russische Nachrichtenagentur Tass berichtete, beabsichtigen pro-russische Behörden die besetzte Region der russischen Föderation einzugliedern. Die Region gilt als strategisch bedeutsam weil sie eine Landverbindung zwischen der annektierten Halbinsel Krim und den Separatistengebieten im Donbass in der Ostukraine darstellt.
Der Anschluss eines weiteren von Separatisten kontrollierten Gebiets an Russland könnte auch schon bald in Georgien zum Thema werden. Offenbar erwägt der neue Präsident der abtrünnigen Region Südossetien ein Referendum über den Anschluss an Russland. Zuvor wolle man allerdings erst entsprechende Signale aus Moskau abwarten. Nach einem Krieg im Jahr 2008 hatte Russland bereits die Unabhängigkeit Südossetiens und Abchasiens anerkannt.
Verhandlungen — Internationale Krisendiplomatie: Der Generalsekretär der UN, Antonio Guterres, rechnet auf absehbare Zeit nicht mit Friedensverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland. Zwar werde früher oder später der Zeitpunkt für Friedensverhandlungen kommen, in näherer Zukunft sei allerdings nicht davon auszugehen. Derzeit konzentrierten sich die diplomatischen Bemühungen vor allem darauf, Evakuierungen und Hilfslieferungen zu unterstützen. Am Donnerstag wird der UN-Menschenrechtsrat auf Antrag der Ukraine eine Sondersitzung zur Lage der Menschenrechte in der Ukraine abhalten. Die Ukraine wirft Russland massive Menschenrechtsverletzungen vor.
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat am Mittwoch mit Bundeskanzler Scholz über eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland gesprochen. Auch um Verteidigungshilfe und Kooperation im Energiesektor soll es im Telefonat gegangen sein.
Aktuelle Berichte:
Ukraine stoppt Gastransit nach Europa
Die Ukraine hat den Gastransit durch die Region Luhansk nach Europa offenbar gestoppt. Darauf deuten Daten des Betreibers GTSOU hin. Er nannte russische "Einmischungen" als Grund für den Durchleitungsstopp. (Tagesschau).
Schweden und Finnland vor Entscheidung über NATO-Beitritt
Finnland und Schweden erwägen, ihre traditionelle militärische Neutralität aufzugeben. Es wird erwartet, dass Finnlands Präsident Sauli Niinistö seine Haltung zu einem Nato-Beitritt am morgigen Donnerstag bekannt gibt, und die regierenden sozialdemokratischen Parteien in beiden Staaten ihre Positionen am Wochenende präsentieren. (ZDF).
10. Mai 2022
Lagebericht
Nach den Feiern zum 9. Mai fragen sich Beobachter, wie die gestrige Rede Präsident Putins einzuschätzen ist im Hinblick auf den weiteren Fortgang des Krieges. Es sind zwar keine Worte in Richtung einer befürchteten Eskalation und Ausweitung des Krieges gefallen, jedoch habe Putin auch nichts gesagt, was auf den Willen schließen lasse, den Krieg zu beenden, so Politikexpertin Claudia Major. Es gebe keine Bestrebungen für Verhandlungen oder eine Deeskalation. Hätte Putin wenigstens über einen Sieg in der Ukraine gesprochen, wäre zumindest ein „Einstieg in die Gesichtswahrung” erkennbar gewesen, was wiederum neue Schritte hätte nach sich ziehen können, so auch Demokratieforscher Wolfgang Merkel. Dies sieht auch US-Präsident Joe Biden als Problem. Der russische Staatschef Putin habe sich verschätzt, indem er an einen schnellen Sieg Russlands und die Spaltung der NATO geglaubt habe. Im Moment wisse Putin nun keinen Ausweg aus dem Ukraine-Krieg, so der US-Präsident.
Unterdessen sieht der ukrainische Präsident Selenskyj die Staaten Europas im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg an einem Punkt von historischer Tragweite. Wie im Zweiten Weltkrieg müsse Europa darüber nachdenken, welcher Preis für Frieden auf dem Kontinent gezahlt werden müsse. Es gehe um den Preis, den Russland dafür zahlen sollte, „wieder das Übel des totalen Krieges nach Europa gebracht zu haben”, so Selenskyj. Ferner hofft er, dass die EU bald weitere Schritte in Richtung einer Integration der Ukraine unternehmen und seinem Land schon im Juni den Status eines EU-Beitrittskandidaten zuerkennen werde.
Die russischen Streitkräfte setzen indes ihre Angriffe auf Ziele im östlichen Donbass weiter fort. Im Süden ist insbesondere die Hafenstadt Odessa seit Sonntagabend Ziel verstärkter russischer Raketenangriffe. Auch die 35 Kilometer vor der Küste liegende Schlangeninsel ist weiterhin heftig umkämpft. In der besetzten Stadt Mariupol harren die im Stahlwerk verbliebenden ukrainischen Soldaten weiter aus. Berichten zufolge sollen sich in den Kellern offenbar auch doch noch 100 Zivilisten aufhalten.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Bundesaußenministerin Annalena Baerbock ist heute in Kiew eingetroffen. Wie bereits vor einigen Wochen hat sie abermals den Kiewer Vorort Butscha besucht. Möglicherweise wird auch ein Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj anstehen. Weitere Waffenlieferungen aus Deutschland dürften dabei unter anderem ein Thema sein.
Der UN-Sicherheitsrat plant am Donnerstag eine weitere Sitzung zum Krieg Russlands in der Ukraine abzuhalten. Dabei soll es Diplomaten zufolge um die weitere Verschlechterung der humanitären Lage in der Ukraine gehen.
Flüchtlinge: Nach Angaben der UN sind mittlerweile über 5,9 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 8 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz über 3,2 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 880.000, nach Ungarn 568.000, in die Republik Moldau 456.000, in die Slowakei über 400.000 und nach Tschechien über 330.000. Nach einer Auswertung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind seit Kriegsbeginn bislang über 600.000 Personen aus der Ukraine in Deutschland erfasst worden.
Lagebericht aus einzelnen Städten und Regionen
Der Schwerpunkt der Kämpfe hat sich seit mehreren Wochen in die Ostukraine verlegt. Dort ist die russische Luftwaffe am aktivsten, weil Basen nah sind und die Gefahr durch größere ukrainische Flugabwehrsystem geringer ist. So wurde auch in dieser Nacht in den Regionen Luhansk, Charkiw und Dnipro Luftalarm ausgelöst.
Die russischen Streitkräfte versuchen nach ukrainischen Angaben, im ostukrainischen Gebiet Luhansk die beiden Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk einzukreisen. So seien im Westen von Lyssytschansk drei Schwimmbrücken über einen Fluss errichtet worden, über die Artilleriekräfte angreifen. Gleichzeitig würde weiterhin aus der Luft bombardiert. Mithilfe einer „Pontonbrücke“ versuche Russland, die ukrainischen Verteidigungslinien zu bedrohen. Bei einer „Pontonbrücke“ handelt es sich um eine Konstruktion aus mehreren verbundenen, teils schwimmenden Körpern, auf denen beispielsweise Gleise montiert werden können. Ziel des russischen Militärs könnte es sein, die Straßenverbindung zwischen Lyssytschansk und der Nachbarstadt Bachmut im Gebiet Donezk zu kappen, so der Gouverneur von Luhansk. Würde es Russland gelingen, diese sogenannte „Straße des Lebens” zu besetzen, wäre dies ein herber Verlust für das ukrainische Militär. Die Straße ist eine enorm wichtige Nachschubroute der ukrainischen Streitkräfte in der Region Luhansk.
Auch im Gebiet Donezk berichtet das ukrainische Verteidigungsministerium von schweren Angriffen auf mehrere Städte.
Im Stahlwerk der Hafenstadt Mariupol könnten sich neben ukrainischen Soldaten entgegen Berichten über die vollständige Evakuierung auch noch 100 Zivilisten in einigen Kellern des weitläufigen Geländes aufhalten. Zudem hielten sich immer noch ungefähr 100.000 Menschen in der verwüsteten Stadt auf, sagte der regionale Verwaltungschef.
Die Stadt Odessa wurde abermals von zahlreichen Explosionen erschüttert, die sowohl auf Raketeneinschläge als auch auf die Luftabwehr zurückzuführen waren. Nach Medienberichten wurden unter anderem ein Einkaufszentrum und ein Warenlager getroffen. Am Abend hatte die russische Luftwaffe nach Darstellung des ukrainischen Militärs mehrere Hyperschallraketen vom Typ Kinschal auf Odessa abgefeuert. Dabei seien „touristische Objekte" getroffen und mindestens fünf Gebäude zerstört worden. Es gab Tote und Verletzte. „Der Feind hält seinen psychologischen Druck aufrecht und setzt seine hysterischen Attacken gegen friedliche Zivilisten und die zivile Infrastruktur fort“, so die örtliche Militärführung.
Aktuelle Berichte:
Schweden und Finnland – NATO-Beitritt im Eiltempo?
Sollten sich Schweden und Finnland tatsächlich für eine NATO-Mitgliedschaft entscheiden, könnte ein Beitritt im Eiltempo erfolgen. Zwischen Antrag und dem Unterzeichnen der Beitrittsprotokolle könnten lediglich zwei Wochen liegen, sagte ein Mitarbeiter der NATO in Brüssel. Für die Beitrittsverhandlungen selbst reiche pro Land vermutlich ein Tag. Man werde nicht auf den Gipfel von Madrid warten, um Entscheidungen zu treffen, sagte der Mitarbeiter mit Blick auf Spekulationen, dass die Entscheidung zur Aufnahme beider Länder erst Ende Juni auf dem regulären NATO-Gipfel verkündet werden könnte (Tagesschau).
Wie der Krieg in der Ukraine mit Cybercrime zusammenhängt
Der Krieg in der Ukraine wird auch im Cyberraum geführt. Auch in Deutschland sind Auswirkungen spürbar. Es häufen sich Cyberangriffe auf deutsche Behörden und Unternehmen. Deshalb warnt der Präsident des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI), Arne Schönbohm: „In Anbetracht des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine stellt das BSI nach wie vor eine erhöhte Bedrohungslage für Deutschland fest.” Schönbohm ruft Unternehmen, Organisationen und Behörden dazu auf, ihre IT-Sicherheitsmaßnahmen zu überprüfen und der gegebenen Bedrohungslage anzupassen (Deutsche Welle).
3.000 Hacker wollen Russland von Putin-Linie abbringen
Nach Reporterberichten führen 3.000 Hacker jeden Tag Cyberangriffe auf russische Ziele durch. Alles werde mit den ukrainischen Streitkräften in Kiew koordiniert. Ziel sei, die russische Bevölkerung von der Unterstützung des Präsidenten Wladimir Putin abzubringen. „Wir haben versucht, die Kommunikation zu stören, wir haben versucht, die Propagandamaschinerie zu stören und in verschiedene Systeme der russischen Regierung, in russische Strukturen einzudringen”, so der Software-Ingenieur Bodham Ivashko. Nach Medienberichten haben bisher Unbekannte während der Übertragung der Siegesparade zum 9. Mai mehrere russische Kanäle angegriffen. Mitten in der Live-Sendung tauchte demnach plötzlich eine schockierende Nachricht auf dem unteren Bildschirmrand auf: „Das Blut tausender Ukrainer und Hunderter ihrer Kinder klebt an euren Händen. Das Fernsehen und die Behörden lügen. Nein zum Krieg”, hieß es in der aus der Ukraine gesendeten Botschaft (euronews).
9. Mai 2022
Lagebericht
Am heutigen 9. Mai feiert Russland den Sieg über das nationalsozialistische Deutschland vor 77 Jahren. Mit Spannung wurde die Rede Wladimir Putins auf dem Roten Platz in Moskau erwartet. Indes ist in Moskau die große Militärparade über die Bühne gegangen. Tausende Soldaten zogen auf dem Roten Platz auf. Die geplante Luftshow wurde kurzfristig aufgrund schlechten Wetters abgesagt. Wider Erwarten hat Putin in seiner Rede jedoch weder große militärische Erfolge in der Ukraine verkündet noch über eine Ausweitung des Krieges gesprochen, der in Russland „Spezialoperation” genannt werden muss. Auch hat Putin seine Pläne bezüglich der Ukraine nicht weiter spezifiziert. Er würdigte die russischen Kämpfer und erging sich in Vorwürfen gegen den Westen. Putin warf der NATO erneut vor, Russland bedroht zu haben. Seitens des westlichen Bündnisses habe eine „völlig inakzeptable Bedrohung“ für Russland stattgefunden: „Die Gefahr stieg von Tag zu Tag.” Der Westen habe eine Invasion Russlands und der Krim vorbereitet, der Russland mit der „Spezialoperation” zuvorgekommen sei. Die einzige Lösung für Russland sei ein Erstschlag gegen die Aggression gewesen, so Putin. In seiner Rede hat Putin auffallend oft vom Donbass gesprochen. Es deute sich an, dass Putin nicht mehr das Maximalziel verfolge, Kiew und die gesamte Ukraine einzunehmen, sondern sich die Ziele tatsächlich „nur” noch auf die Einnahme des Donbass beschränken könnten, so die Einschätzung des Politikwissenschaftlers Andreas Heinemann-Grüder.
Tags zuvor hatte Putin Parallelen zum Zweiten Weltkrieg gezogen und sich mit Blick auf die Ukraine siegessicher gezeigt: „Wie 1945 wird der Sieg unser sein”, sagte Putin. Leider erhebe der Nationalsozialismus heute wieder sein Haupt, so Putin. „Heute kämpfen unsere Soldaten wie ihre Vorfahren Schulter an Schulter für die Befreiung ihrer Heimat vom Nazidreck.” Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte gestern in einer Videoansprache seinerseits Parallelen zwischen dem deutschen Überfall im Zweiten Weltkrieg und der jetzigen russischen Invasion gezogen. „In der Ukraine haben sie eine blutige Neuauflage des Nazismus organisiert”, so Selenskyj: „Eine fanatische Imitation des Regimes, seiner Ideen, Handlungen, Worte und Symbole. Eine verrückte detailgetreue Wiedergabe seiner Bestialitäten und Alibis, die diesem Bösen angeblich ein heiliges Ziel geben.”
Indes sind die russischen Angriffe auf die Ukraine nochmals intensiviert worden. In der Nacht gab es Luftangriffe auf zahlreiche ukrainische Orte. Insbesondere versuchen die russischen Streitkräfte weiterhin, Militärstützpunkte in der Ukraine unter Beschuss zu nehmen. Mit den Attacken auf Militärflughäfen sollen die ukrainischen Luftkapazitäten bei der Verteidigung eingeschränkt werden. Und auch den russischen Bodentruppen im Donbass ist es gelungen, ein Stück weiter vorzurücken. Allerdings gab es auch auf der ukrainischen Seite Geländegewinne. Einige Ortschaften konnten von den russischen Besatzern befreit werden.
Kurz nach der Militärparade und Rede von Kremlchef Putin zum 9. Mai hat Russland mehr als 200 Angriffe auf die Ukraine in den vergangenen Stunden gemeldet.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte Bundespräsident Steinmeier und Bundeskanzler Scholz für den 9. Mai in die Ukraine eingeladen. Nach Ansicht des ukrainischen Präsidenten könnte von einem hochrangigen deutschen Besuch an diesem Tag ein starkes Signal ausgehen. Ob und wann tatsächlich eine Reise stattfinden wird, blieb am Wochenende unklar. Angekündigt wurde lediglich, Außenministerin Annalena Baerbock würde bald in die Ukraine reisen.
Flüchtlinge: Nach Angaben der UN sind mittlerweile über 5,8 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz rund 3,2 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 856.000, nach Ungarn 551.000, in die Republik Moldau 452.000, in die Slowakei 391.000 und nach Tschechien über 330.000. Nach einer Auswertung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind seit Kriegsbeginn bislang über 600.000 Personen aus der Ukraine in Deutschland erfasst worden.
Evakuierungen: Nachdem die Zivilisten jüngst aus dem Stahlwerk in Mariupol gerettet werden konnten, hoffen die verbliebenen ukrainischen Soldaten nun auf eine Befreiungsaktion. Die Lage im Stahlwerk ist katastrophal, viele Soldaten sind verletzt und können medizinisch nicht mehr versorgt werden. In einem dramatischen Hilferuf hatten sich die ukrainischen Kämpfer an die Öffentlichkei gewandt.
Lagebericht aus einzelnen Städten und Regionen
In der Region Charkiw seien bei Angriffen Wohnsiedlungen getroffen worden. Es kam zu Toten und Verletzten. Jedoch sei es den ukrainischen Truppen gelungen, mehrere Siedlungen unter russischer Besatzung nordöstlich der Großstadt zurückzuerobern. Die Ukraine könnte russische Truppen somit bald aus der Artilleriereichweite der Großstadt drängen, heißt es in einer Einschätzung der US-Denkfabrik „Institute for the Study of War“.
In der Region Luhansk ist es wiederum russischen Einheiten nach wochenlangen Kämpfen gelungen, die Kleinstadt Popasna einzunehmen. Die ukrainischen Truppen seien auf zuvor vorbereitete Stellungen etwas außerhalb der Stadt ausgewichen. Ferner nahmen die russischen Streitkräfte ukrainische Waffenlager in Luhansk unter Beschuss. Sechs Raketen-und Artillerielager in den Gebieten Luhansk, Donezk und Charkiw seien zerstört worden. Auch eine Ölraffinerie in Lyssytschansk sei beschädigt worden.
In der Hafenstadt Mariupol harren noch immer rund 2.000 Soldaten im Asow-Stahlwerk aus. Auch heute wurde der Sturm auf das Stahlwerk fortgesetzt. Eine Kapitulation schlossen die ukrainischen Kämpfer am Sonntag aber erneut aus. „Aufgeben ist keine Option, weil unsere Leben Russland nicht interessieren”, erklärte Ilja Samojlenko, ein Offizier des Asow-Regiments. Währendessen haben auch die prorussische Separatisten in Mariupol den 77. Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über Nazi-Deutschland gefeiert. Im Stadtzentrum wurde ein riesiges Sankt-Georgs-Band entrollt, ein russisches Militärsymbol, das seit 2005 der Erinnerung an den Sieg im Zweiten Weltkrieg dient.
Der Bürgermeister der südukrainischen Stadt Melitopol warnt vor einem russischen Angriff unter falscher Flagge: „Russische Truppen planen, auf Zivilisten zu schießen, Demonstranten zu zerstreuen und alles zu tun, um bei den Feierlichkeiten am 9. Mai Chaos und Panik zu provozieren.”
Die Stadt Odessa berichtet nach Angriffen von mehreren zerstörten Wohnhäusern. Mehr als 250 Wohnungen seien durch Raketenbeschuss beschädigt worden. Mit Langstreckenwaffen sei ferner Kriegsgerät der ukrainischen Luftwaffe zerstört worden.
Weiterhin ist die sich 35 Kilometer vor Odessa befindliche Schlangeninsel heftig umkämpft. Aktuell ist die Insel in Händen der russischen Streitkräfte. Die russische Seite hatte die Vernichtung mehrerer ukrainischer Hubschrauber und einer Bayraktar-Drohne gemeldet. Die Ukraine hatte zuletzt die Versenkung eines russischen Landungsboots auf der Insel vermeldet.
Auf der Halbinsel Krim soll Russland damit begonnen haben, Raketen zu stationieren, berichtet „Radio Free Europe“ und beruft sich dabei auf Satellitenbilder vom 6. Mai. Es seien auch Iskander-Raketen dabei, die mit Nuklearsprengköpfen bestückt werden könnten.
Ferner mache die ukrainische Militärführung in der moldauischen Separatistenregion Transnistrien beunruhigende Beobachtungen. Die russischen Streitkräfte befänden sich dort „inmitten der Vorbereitungen für den Kampf”, erklärte der ukrainische Generalstab.
Aktuelle Berichte:
Rede von Wladimir Putin zur Militärparade in Russland anlässlich des Kriegsgedenkens am 9. Mai
Übertragung der Rede des russischen Präsidenten Wladimir Putin zur Militärparade in Russland anlässlich des Kriegsgedenkens zum 9. Mai, eingeordnet durch Prof. Andreas Heinemann-Grüder, Politikwissenschaftler an der Universität Bonn (Phoenix).
Putin: „Der Westen plante eine Invasion gegen Russland"
Bei der traditionellen Militärparade zum Jahrestag des Sieges über Nazi-Deutschland hat Russlands Präsident Putin westlichen Ländern vorgeworfen, eine Invasion seines Landes und der Krim geplant zu haben. Die NATO habe Bedrohungen an den Grenzen Russlands aufgebaut. Deshalb sei die „militärische Spezialoperation“ in der Ukraine eine notwendige und rechtzeitige Maßnahme gewesen (Deutschlandfunk).
Putins Rede zum 9. Mai im Faktencheck
In seiner Rede zum „Tag des Sieges“ rechtfertigt Russlands Präsident Wladimir Putin seine „Spezialoperation” gegen die Ukraine. Im Folgenden überprüft ntv.de Putins vermeintliche Gründe für den militärischen Überfall auf ihren Wahrheitsgehalt. Keiner dieser vermeintlichen Gründe legitimiert völkerrechtlich den russischen Einmarsch in ein anderes Land (n-tv).
Ukraine soll im Juni Antwort zu EU-Antrag bekommen
Die EU-Kommission will bereits im Juni entscheiden, ob die Ukraine offizieller EU-Beitrittskandidat werden kann. Nachdem die Behörde ihre Einschätzung abgegeben hat, müssen die EU-Länder darüber abstimmen, ob der Ukraine der offizielle Kandidatenstatus verliehen wird. Alle 27 EU-Staaten müssen damit einverstanden sein. Dies ist die Voraussetzung für den Start von Beitrittsverhandlungen (ZEIT).
Macron dämpft Hoffnungen - EU-Beitritt der Ukraine erst in Jahrzehnten
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Hoffnungen auf einen schnellen EU-Beitritt der Ukraine gedämpft. Das Verfahren könne "Jahrzehnte" dauern, sagte Macron in einer Rede im Europaparlament in Straßburg. Stattdessen schlug er die Schaffung einer „europäischen politischen Gemeinschaft” für die Ukraine und andere beitrittswillige Länder vor. Sie könne „einen neuen Raum für politische Zusammenarbeit, Sicherheit und Kooperation ermöglichen”, so Macron (n-tv).
8. Mai 2022
Lagebericht
Nach einem russischen Luftangriff auf ein Schulgebäude in der Region Luhansk, der sich bereits am gestrigen Samstag ereignet hatte, gehen ukrainische Behörden von bis zu 60 Todesopfern aus. „Wahrscheinlich sind alle 60 Menschen, die noch unter den Trümmern des Gebäudes liegen, tot“, schrieb der Gouverneur der Region, Serhij Hajdaj, auf seinem Telegram-Kanal. 90 Personen hätten in den Räumen des Schulgebäudes Schutz vor russischen Angriffen gesucht. Infolge eines durch russische Bombenabwürfe verursachten Feuers sei die Schule eingestürzt und habe die Schutzsuchenden unter ihren Trümmern begraben. Nach Angaben des Gouverneurs konnten 30 Menschen von Rettungskräften gerettet werden.
Der Angriff auf die Schule in Luhansk fällt in eine Phase, in der Russland auch seine Bodenangriffe im ostukrainischen Donbass wieder verstärkt hat. Nach Tagen ohne nennenswerte Geländegewinne gelang den russischen Truppen am Wochenende ein weiteres Vorrücken. Der ukrainische Generalstab teilte mit, Russland habe den nördlichen Rand der Stadt Schandrigolowe erobert. Die Stadt liegt rund rund 20 Kilometer nördlich der Großstadt Slowjansk, deren Eroberung ein Zwischenziel der russischen Streitkräfte ist. Auch in Richtung Sjewjerodonezk, Popasna, Awdijiwka und Kurachowe habe es russische Angriffe gegeben. Popasna wurde nach ukrainischen Angaben inzwischen von russischen Truppen erobert. Die Stadt sei durch die heftigen Gefechte in den vergangen Wochen bis auf die Grundmauern zerstört worden. Erfolge vermeldete der ukrainische Generalstab hingegen aus dem Norden der Region Charkiw. Dort befänden sich ukrainische Kräfte wieder auf dem Vormarsch. Russland habe seine Anstrengungen in der Region darauf konzentrieren müssen, das Vorrücken ukrainischer Truppen in Richtung Grenze nördlich und nordöstlich von Charkiw zu stoppen. Die Ukraine kündigte außerdem an, die von russischen Truppen besetzte südukrainische Stadt Cherson zurückerobern zu wollen. „Es wird keine Volksrepublik Cherson geben”, so Mychajlo Podoljak, Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, im ukrainischen Radio.
Zurückerobern möchte die Ukraine offenbar auch die im Schwarzen Meer gelegene Schlangeninsel, die von Russland zu Beginn des Krieges erobert worden war. Das ukrainische Militär veröffentlichte am Mittag ein Video, welches einen Angriff auf einen russischen Hubschrauber zeigen soll, der zur Schlangeninsel flog. Das russische Verteidigunsministerium vermeldete seinerseits die Zerstörung eines ukrainischen Kriegsschiffs nahe Odessa, sowie den Abschuss eines ukrainischen Bombers und eines Hubschraubers im Luftraum der Schlangeninsel.
In weiten Teilen der Ukraine wurde in der Nacht auf Sonntag Luftalarm ausgelöst. Nach Angaben der Nachrichtenagentur Unian waren die Hauptstadt Kiew und ihr Umland, aber auch Lwiw im Westen, Charkiw und Donezk im Osten, Odessa im Süden und andere Gebiete betroffen. In Odessa und Mykolajiw im Süden der Ukraine waren Explosionen zu hören. Die Ukraine befürchtet starke russische Luftangriffe im Zusammenhang mit dem bevorstehenden Gedenken an den sowjetischen Sieg im Zweiten Weltkrieg. Das ukrainische Militär berichtete am Sonntag zudem von der Beobachtung, dass russische Truppen in der moldawischen Separatistenregion Transnistrien nun vollständig gefechtsbereit seien. Ob dies bedeutet, dass aus Transnistrien mit einem baldigen Angriff zu rechnen ist, blieb im Bericht offen. Russische Militärs hatten im Zuge der Invasion in der Ukraine die Eroberung einer Landverbindung nach Transnistrien zu einem ihrer Ziele erklärt. Die Ukraine würde dadurch vom Schwarzen Meer abgeschnitten.
Der ukrainische Präsident Selenskyj beklagte in seiner täglichen Videoansprache am Samstagabend die Zerstörung von Kulturgütern durch russische Truppen. In dem seit zweieinhalb Monaten dauernden Angriffskrieg seien 200 Kulturerbestätten beschädigt oder zerstört worden.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Bundestagspräsidentin Bärbel Bas (SPD) ist zu einem Besuch in Kiew eingetroffen. In der ukrainischen Hauptstadt wird sie an der Gedenkveranstaltung zum 77. Jahrestag des Ende des Zweiten Weltkriegs in Europa teilnehmen. Gemeinsam mit dem Parlamentspräsidenten der Ukraine, Ruslan Stefantschuk, möchte Bas an diesem Tag aller zivilen und militärischen Opfer des Zweiten Weltkrieges gedenken. Auch ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj ist geplant. Die Bundestagspräsidentin ist protokollarisch die zweithöchste Repräsentatin der Bundesrepublik und damit die ranghöchste deutsche Politikerin, die die Ukraine seit Beginn der russischen Invasion besucht.
Auch der kanadische Premierminister Justin Trudeau und die amerikanische First Lady Jill Biden sind heute, unabhängig voneinander, zu unangekündigten Besuchen in der Ukraine eingetroffen. Trudeau besichtigte die stark zerstörte Stadt Irpin. Jill Biden kam zu einem Treffen mit der ukrainischen Präsidentengattin Olena Selenska zusammen.
Evakuierungen: Nachdem am Samstag die letzten Zivilisten aus dem Stahlwerk Asowtal in Mariupol evakuiert wurden, wenden sich die dort verbliebenen ukrainischen Kämpfer mit einem Hilferuf an die Öffentlichkeit. Man könne nur noch auf ein Wunder hoffen, so der Kommandeur der 36. Marineinfanteriebrigade, Serhij Wolynskyj, auf Facebook. Der ukrainische Präsident Selenskyj kündigte indes eine weitere Evakuierungsaktion an, bei der Verwundete und medizinisches Personal aus dem Stahlwerk in Sicherheit gebracht werden sollen. Bemühungen zur Evakuierung ukrainischer Soldaten seien bislang am Widerstand Moskaus gescheitert. Russland hatte mehrfach betont, die ukrainischen Kämpfer auch im Falle einer Kapitulation in Gefangenschaft nehmen zu wollen.
Lagebericht aus einzelnen Städten und Regionen
In den umkämpften ostukrainischen Gebieten Donezk und Luhansk sind nach ukrainischen Angaben mindestens sechs Zivilisten ums Leben gekommen, darunter auch zwei Kinder.
Der Machthaber der russischen Teilregion Tschetschenien, Roman Kadyrow, meldete auf Telegram die Eroberung der ostukrainischen Stadt Popasna durch tschetschenische Spezialkräfte. Kadyrow ist ein enger Verbündeter des russischen Präsidenten. Die ukrainische Seite dementierte hingegen die Einnahme der Stadt durch prorussische Kräfte. Die Kämpfe um die Stadt würden noch immer andauern. Ein Berater von Präsident Selenskyj warf den tschetschenischen Kämpfern Plünderungen vor.
Nach ukrainischen Angaben hat es noch am Samstag mindestens vier Raketenangriffe auf die südukrainische Stadt Odessa gegeben. Videoaufnahmen zeigten schwere schwarze Rauchwolken über dem Stadtgebiet. Örtliche Medien berichteten, dass ein ukrainischer Militärflugplatz getroffen worden sei. Über etwaige Opfer ist noch nichts bekannt. Am Mittag berichtete die Verwaltung der Hafenstadt von zahlreichen zerstörten Wohnhäusern. Mehr als 250 Wohnungen seien durch russischen Raketenbeschuss beschädigt worden, teilte der Stadtrat über den Nachrichtendienst Telegram mit.
In der ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk ist es nach Angaben des Gouverneurs der Region Luhansk, Serhij Hajdaj, zu einem großflächigen Stromausfall gekommen. Nach ukrainischer Darstellung waren zuvor Stromleitungen durch russischen Beschuss zerstört worden.
Aktuelle Berichte:
Gedenken zum 8. Mai: Selenskyj wendet sich mit emotionaler Nachricht an ukrainische Bevölkerung
Der ukrainische Präsident hat sich am Gedenktag zum Ende des Zweiten Weltkriegs mit einem emotionalen Video an sein Volk gewandt. (Der Spiegel).
Ukrainische Kämpfer in Mariupol nicht zur Kapitulation bereit
Die Kämpfer im belagerten Asow-Stahlwerk in Mariupol wollen sich nicht ergeben – und auch nicht als Helden gefeiert werden. Sie verlangen sofortige Unterstützung. (Der Spiegel).
Gedenktag zum Ende des Zweiten Weltkriegs: Putin zieht verqueren Vergleich
Anlässlich des 77. Jahrestags des Weltkriegsendes hat Russlands Präsident Putin den Ex-Sowjetrepubliken gratuliert - außer den Regierungen der Ukraine und Georgiens. Mit Blick auf die Ukraine zog er Parallelen zum Zweiten Weltkrieg. Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich mit Blick auf die Ukraine siegessicher gezeigt und Parallelen zum Zweiten Weltkrieg gezogen. „Wie 1945 wird der Sieg unser sein“, heißt es in einer auf der Kreml-Webseite veröffentlichten Grußbotschaft Putins anlässlich des 77. Jahrestag des Weltkriegsendes. „Heute kämpfen unsere Soldaten wie ihre Vorfahren Schulter an Schulter für die Befreiung ihrer Heimat vom Nazidreck. [...] Leider erhebt der Nationalsozialismus heute wieder sein Haupt“, heißt es in einer an die Ukrainer gerichteten Passage. (Tagesschau).
7. Mai 2022
Lagebericht
Die Lage ist angespannt vor dem 9. Mai, an dem in Russland die alljährliche Siegesfeier über Nazi-Deutschland ansteht. Was wird vorab an diesem Wochenende noch geschehen? Werden die russischen Luftangriffe in der Ukraine nochmals verstärkt? Wird es der russischen Seite gelingen, das Stahlwerk und somit die komplette Stadt Mariupol vollends einzunehmen? Und vor allen Dingen: Was wird nach dem 9. Mai geschehen? Welche Richtung wird Russlands Präsident einschlagen und für die weitere Entwicklung des Krieges vorgeben? Wird er sich mit der Verkündigung der bisherigen russischen Eroberungen im Osten und Süden der Ukraine zufrieden geben – mit der Aussicht, auch noch Odessa einzunehmen – und diese als ausreichenden Sieg über die in seinen Augen „nazistische Ukraine“ verkaufen? Oder verfolgt Putin noch weitergehende Pläne, die eine Ausweitung und weitere Eskalation zur Folge haben könnten? Wird er die sogenannte „Spezialoperation" in der Ukraine offiziell zu einem tatsächlichen Krieg umbenennen und die Generalmobilmachung anordnen?
Die Ukraine rechnet anlässlich des 9. Mai in den nächsten Tagen landesweit mit verstärkten Luftangriffen und hat die Bevölkerung aufgerufen, den Luftalarm ernstzunehmen, sich bei Gefahr in die Bunker zu begeben und sich an die örtlichen Ausgangssperren zu halten. Auch wird davon ausgegangen, dass die russischen Streitkräfte nochmals alles daransetzen werden, bis dahin das umkämpfte Stahlwerk in Mariupol einzunehmen, in dem noch immer 2.000 ukrainische Soldaten und vermutlich rund 150 Zivilsten ausharren. Ein Sieg über das im Stahlwerk ausharrende Asow-Regiment würde in Putins Ansinnen der „Entnazifizierung“ der Ukraine passen und könnte am 9. Mai als besondere „Siegestrophäe“ präsentiert werden. Das Asow-Bataillon der ukrainischen Nationalgarde gilt als Hort für Rechtsextreme, wobei sich die Führung der Einheit inzwischen von diesem Ruf distanziert. Die Ukraine sucht nach Wegen, um nicht nur die Zivilisten aus dem Stahlwerk vollends zu retten, sondern auch die Soldaten. „Einflussreiche Vermittler, einflussreiche Staaten” seien daran beteiligt, sagte Präsident Selenskyj.
Welche Richtung auch immer Putin am 9. Mai einschlagen wird, Beobachter kommen jedenfalls zu dem Schluss, dass der Krieg noch länger dauern wird. Beide Seiten sehen sich noch nicht in der Position, in Verhandlungen zur Beendigung des Krieges zu gehen. Russland möchte, wie vor einiger Zeit angekündigt, noch den Süden und Osten der Ukraine komplett einnehmen. Die Ukraine hingegen wird noch zu einem größer angelegten Gegenangriff ausholen wollen, sobald sie sich mit Waffenlieferungen aus dem Westen ausreichend eingedeckt sieht, um eine solch große Offensive angehen zu können. Da es noch ein paar Wochen dauern wird, bis die zugesagten Lieferungen in ausreichendem Umfang auch tatsächlich in der Ukraine angekommen sein werden, rechnet das Umfeld von Präsident Selenskyj erst im Juni mit der Möglichkeit, einen Großangriff zu starten, mit dem Ziel, von Russland besetzte Gebiete wieder zurückzuerobern. Militärexperte Carlo Masala redet von einer „dritten Welle" an Waffenlieferungen aus dem Westen, die nun anrollen würde. Zu Anfang des Krieges seien leichte Waffen in die Ukraine geschafft worden, dann alte Systeme sowjetischer Bauart und nun vermehrt moderne, westliche Waffen. Den Zeitpunkt Juni für eine Offensive der Ukraine hält auch er für durchaus realistisch. Unterdessen hat auch NATO-Generalsekretär Stoltenberg den Westen nochmals zur Lieferung schwerer Waffen aufgerufen. Man müsse sich auch ein „langfristiges Engagement vorbereiten”. Der Krieg könne noch Monate oder gar Jahre dauern. Auch der Politikexperte Markus Kaim rechnet damit, dass sich der Krieg noch einige Wochen hinziehen wird. Vermutlich werde er so lange gehen, bis beide Seiten in diesem Abnutzungskrieg erschöpft sind und infolge dessen Bereitschaft zeigen, sich an den Verhandlungstisch zu setzen, so Markus Kaim. Dies könnte eventuell in vier bis sechs Wochen der Fall sein. Dann könnte eventuell auch die UN ins Spiel kommen und bei einer Friedensfindung und -erhaltung eine Rolle spielen, so vermutet Kaim.
Indes versucht Russland, in den besetzten Gebieten Tatsachen zu schaffen. Insbesondere in Cherson schreiten die Entwicklungen in Richtung einer Abspaltung der Region von der Ukraine weiter voran. Die dortige Bevölkerung soll das Recht auf russische Pässe bekommen, sagte ein moskautreuer Regionalpolitiker. Darüber hinaus sagte der stellvertretende Leiter der neu geschaffenen militärisch-zivilen Gebietsverwaltung: „Wir werden uns maximal in den Aufbau der russischen Föderation integrieren.” Sollte auch die Stadt Mariupol demnächst komplett in Russlands Händen liegen, ist zu befürchten, dass Russland auch in dieser Region ein ähnliches Ansinnen verfolgen wird. Jüngst hatten abermals Pläne über die Schaffung eines neuen Staates im Südosten der Ukraine namens „Kleinrussland” oder „Neurussland” (Noworossija) die Runde gemacht.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Der UN-Sicherheitsrat hat seine erste Erklärung seit Kriegsbeginn abgegeben. In ihr zeigte sich der Sicherheitsrat „zutiefst besorgt“ über den Erhalt von Frieden und Sicherheit in der Ukraine.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hat für Sonntag ihre Reise in die Ukraine angekündigt. Auch Außenministerin Annalena Baerbock wird am Wochenende in Kiew erwartet.
Noch ist unklar, ob Bundespräsident Steinmeier und Bundeskanzler Scholz der Einladung des ukrainischen Präsidenten Selenskyj folgen und am 9. Mai in die Ukraine reisen werden. Nach Ansicht des ukrainischen Präsidenten könnte von einem hochrangigen deutschen Besuch an diesem Tag ein starkes Signal ausgehen.
Flüchtlinge: Nach Angaben der UN sind mittlerweile über 5,8 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz beinahe 3,2 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 856.000, nach Ungarn 551.000, in die Republik Moldau 452.000, in die Slowakei 391.000 und nach Tschechien über 330.000. Nach einer Auswertung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind seit Kriegsbeginn bislang über 610.103 Personen aus der Ukraine in Deutschland erfasst worden.
Evakuierungen: Nach Angaben Russlands und der Ukraine konnten gestern 50 Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk Asowtal gerettet werden. Heute sind in einer letztmalige Rettungsaktion offiziellen Angaben zufolge die letzten Frauen, Kinder und älteren Menschen aus dem Stahlwerk evakuiert worden. „Dieser Teil der humanitären Operation in Mariupol ist abgeschlossen”, so die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk. Ob unter den verbliebenen Männern noch Zivilisten sind, ließ sie zunächst offen.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Die Millionenstadt Charkiw und die vor Donezk gelegenen Ortschaften waren in der Nacht Ziel von Artillerieangriffen. In der Region Charkiw hat Russland eigenen Angaben zufolge ein großes Lager mit militärischem Gerät aus Europa und den USA zerstört. Das Lager habe sich in der Nähe des Bahnhofs Bohoduchiw befunden, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Ferner hat eine russische Rakete nach ukrainischen Angaben ein Nationalmuseum nahe der Grenze getroffen. Das Museum über Leben und Werk des Dichters und Philosophen Gregorius Skoworoda in Skoworodyniwka in der Region Charkiw sei in Flammen aufgegangen, teilte der Stadtrat mit.
Nördlich von Charik hätten die russischen Streitkräfte in der Gegend von Zyrkuny und Ruski Tyschky drei Straßenbrücken gesprengt, um die Gegenoffensive der ukrainischen Verteidigungskräfte zu verlangsamen. In den vergangenen zwei Wochen hatten ukrainische Truppen bereits eine Reihe von Dörfern nördlich und östlich von Charkiw zurückerobert. Dies erschwert den russischen Truppen den Einsatz von Artillerie gegen die Großstadt.
Laut Angaben des britischen Geheimdienstes ist es Russlands Ziel, Mariupol spätestens bis zum 9. Mai einzunehmen. Heute konnten in einer Evakuierungsaktion die letzten Frauen, Kinder und älteren Menschen aus dem Stahlwerk evakuiert worden. Währenddessen ist die russische Seite in der Stadt dabei, die Straßen zu räumen und zu säubern. Es könnte sich um Vorbereitungen für ein kleine Militärparade Russlands bzw. der von Russland unterstützen Separatisten in Mariupol handeln.
Der Kampf um die Hafenstadt Odessa im Osten des Landes setzt sich fort. Laut Angaben der örtlichen Behörden schlugen vier russische Raketen im Oblast Odessa ein. Drei Munitionsdepots in Datschne nahe der Stadt Odessa seien laut Angaben aus Russland getroffen worden. Aufgrund der befürchteten Verstärkung der Angriffe soll in frontnahen Städten wie Odessa zwei Tage eine Ausgangssperre gelten.
In den Gewässern des Schwarzen Meeres vor Odessa hat das ukrainische Militär nach eigenen Angaben ein Landungsboot der russischen Schwarzmeerflotte versenkt, teilte der Pressechef der Militärverwaltung von Odessa mit.
Aus Transnistrien meldet das dortige Innenministerium, über der Militärgarnison in dem grenznahen Ort Woronkowo seien mindestens zwei Drohnen geflogen. Vier Explosionen seien zu hören gewesen. Was genau hinter den Berichten und Angriffen steckt, ist derzeit nicht nachprüfbar. Weitere Informationen über die aktuellen Ereignisse in Transnistrien sowie die Hintergründe im Transnistrien-Konflikt.
Aktuelle Berichte
Was passiert am 9. Mai?
Der Tag des Sieges über das Nazi-Deutschland am 9. Mai ist der wichtigste Feiertag in Russland. Vor diesem Tag wächst im Westen die Sorge vor einer russischen Generalmobilmachung. Dies würde es Russland ermöglichen, Hunderttausende Reservisten einzuziehen und in den Krieg gegen die Ukraine zu schicken. Nach Beobachtung der russischen Historikerin Irina Knyazeva wird anlässlich dieses Tages inzwischen nicht mehr die Idee des Friedens betont, sondern die Botschaft: „Wir sind stark, wir können das wiederholen.“ Der 9. Mai sei seit jeher für Putin eine Möglichkeit, den russischen Nationalmythos zu befeuern: Russland ist das Land, das gegen die Nazis kämpft (BR).
Gedenken an Weltkriegsende – Prorussische Aktionen in Deutschland erwartet
Zum Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkriegs am 8. Mai rechnen Sicherheitsbehörden mit prorussischen Aktionen. Dies sei „ein ideales Datum, um für russische Propaganda ausgenutzt zu werden“, sagte der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang. Wegen der Zeitverschiebung wird in Russland nicht der 8. Mai, sondern der 9. Mai als Tag des Sieges über Nazi-Deutschland gefeiert. Der Verfassungsschutz rechnet bundesweit mit Autokorsos und Demonstrationen, bei denen möglicherweise auch das Z-Symbol der russischen Invasionsarmee in der Ukraine gezeigt wird, so Haldenwang. Das Z-Symbol gilt als Zeichen der Zustimmung zum russischen Angriffskrieg. Die Berliner Polizei hat für die Demonstrationen und Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag verfügt, dass auf dem Gelände oder in der Nähe von 15 Gedenkstätten und Mahnmalen weder russische noch ukrainische Fahnen gezeigt werden dürfen. Der ukrainische Botschafter ist empört. Dies sei eine Ohrfeige für die Ukraine und ein Schlag ins Gesicht des ukrainischen Volkes (Tagesschau).
UN ringen sich zu einer Erklärung durch
Der UN-Sicherheitsrat hat eine erste gemeinsame Erklärung zum Krieg in der Ukraine abgegeben. Die Erklärung wurde einstimmig vom UN-Gremium beschlossen. Auch Russland hat sie angenommen. Allerdings wurden in dem Text die Begriffe „Krieg”, „Invasion”, „Konflikt” und auch die russische Sprachregelung „spezielle Militäroperation” nicht erwähnt. Der Text „drückt tiefe Besorgnis über den Erhalt von Frieden und Sicherheit der Ukraine“ aus. Es ist die erste Erklärung des höchsten UN-Sicherheitsrat seit Kriegsbeginn am 24. Februar (Tagesschau).
Amnesty International: Kriegsverbrechen in acht Städten dokumentiert
Amnesty International (ai) hat in den vergangenen Wochen in Butscha und weiteren Orten Beweise für von Russland begangene Kriegsverbrechen gesammelt und nun in einem aktuellen Bericht veröffentlicht. Als Beispiele wurden willkürliche Hinrichtungen, Bombardierungen von Wohnhäusern und Folter aufgeführt. „Das Muster der von russischen Streitkräften begangenen Verbrechen, das wir dokumentiert haben, umfasst sowohl rechtswidrige Angriffe als auch vorsätzliche Tötungen von Zivilisten”, so Agnes Callamard, Generalsekretärin von ai. Es sei von entscheidender Bedeutung, dass alle Verantwortlichen, einschließlich der vorgelagerten Befehlskette, zur Rechenschaft gezogen werden. Amnesty International fordert „die ukrainischen Behörden, den Internationalen Strafgerichtshof und andere auf, sicherzustellen, dass Beweise gesichert werden, die eine zukünftige Verfolgung von Kriegsverbrechen unterstützen könnten” (ZDF).
6. Mai 2022
Lagebericht
Die ukrainische Regierung rechnet damit, dass Russland das Stahlwerk Asowtal in Mariupol bis Montag erobern möchte. Der 9. Mai ist für Russland ein symbolträchtiges Datum: An diesem Tag jährt sich der sowjetische Sieg über Nazi-Deutschland zum 77. Mal. Zur Einschätzung der ukrainischen Regierung passt, dass russische Truppen ihre Bodenangriffe auf die Industrieanlage nach Informationen des britischen Geheimdienstes fortgesetzt haben. Das Stahlwerk Asowtal ist der letzte Rückzugsort der ukrainischen Verteidiger von Mariupol. Allerdings halten sich dort auch noch immer viele ukrainische Zivilisten auf, die auf dem Werksgelände Schutz gesucht hatten. Nach Ansicht des britischen Verteidigungsministeriums wird die Erstürmung der Anlage auf russischer Seite zu hohen Verlusten führen. Zugleich wächst auf ukrainischer Seite die Sorge vor russischen Angriffen am „Tag des Sieges“, dem 9. Mai. Der ukrainische Sicherheitsrat und der Bürgermeister von Kiew riefen die Bürger zu besonderer Vorsicht auf.
Ebenfalls am Freitag äußerte sich heute zum ersten Mal ein hochrangiger russischer Politiker über Moskaus Absichten in der Ukraine. Bei einem Besuch im südukrainischen Cherson erklärte der Generalsekretär des Parteivorstands der russischen Regierungspartei Geeintes Russland, Andrej Turtschak, dass Russland beabsichtige, für immer in der Region Cherson zu bleiben. Bislang hatte Russland stets nur die „Entnazifizierung“ als offizielles Ziel ausgegeben. Nun teilte Turtschak mit, es gebe kein Zurück in die Vergangenheit mehr. „Wir werden zusammen leben und diese reiche Region zusammen weiter entwickeln.“
Ein Sprecher des russischen Verteidigungsministerium versicherte unterdessen heute erneut, Russland habe keine Absichten, im Krieg mit der Ukraine auch Atomwaffen einzusetzen. Man halte an dem Grundsatz fest, dass es in einem Atomkrieg keinen Sieger geben könne, so ein Sprecher des Ministeriums. Bereits in den vergangenen Tagen hatten der russische Botschafter in Moskau, Kreml-Sprecher Peskow und der russische Parlamentspräsident Wjatscheslaw Wolodin beteuert, dass Moskau keinen atomaren Erstschlag plane.
Auch die selbsternannten ostukrainischen Volksrepubliken Donezk und Luhansk betrachtet Russland mindestens als Teil seiner Interessenssphäre. Bereits vor zwei Monaten hatte Russland die von pro-russischen Separatisten geführten Volksrepubliken offiziell anerkannt. Nun haben beide Regionen Botschafter nach Moskau entsandt und bekräftigten zugleich das Vorhaben, in der russischen Hauptstadt eine offizielle Vertretung aufbauen zu wollen.
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat sich erneut für ein großangelegtes finanzielles Hilfsprogramm nach dem Vorbild des Marshallplans ausgesprochen. Nach Abschluss der internationalen Geberkonferenz in Warschau, bei der sechs Milliarden Euro zur Unterstützung der Ukraine gesammelt werden konnten, teilte Selenskyj mit, das Schicksal der Ukraine und Europas entscheide sich nicht nur auf dem Schlachtfeld, sondern auch im wirtschaftlichen Bereich, beim Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg. Die auf der Geberkonferenz zugesagten Milliarden seien jedoch „nur ein Teil dessen, was wirklich notwendig ist, um das normale Leben in dem gesamten Gebiet wiederherzustellen, in das Russland den Krieg gebracht hat“. Perspektivisch bedürfe es eines „modernen Analogons des Marshall-Plans für die Ukraine.“
Laut einem von Amnesty International am Freitag veröffentlichten Bericht konnte russischen Truppen in der Ukraine zahlreiche Kriegsverbrechen nachgewiesen werden. Die Menschenrechtsorganisation fordert, die Verantwortlichen für die in in der Region nordwestlich von Kiew begangenen Verbrechen vor Gericht zu stellen. Im Bericht mit dem Titel „He's Not Coming Back: War Crimes in Northwest Areas of Kyiv Oblast“ werden rechtswidrige Luftangriffe auf Borodjanka sowie außergerichtliche Hinrichtungen in anderen Städten und Dörfern – darunter auch Butscha – dokumentiert.
Verhandlungen — Internationale Krisendiplomatie: Der ukrainische Präsident Selenskyj bekräftigte heute auf einer Veranstaltung der Londoner Denkfabrik Chatham House die ukrainische Position, dass ein Rückzug russischer Truppen die Voraussetzung für ernsthafte Verhandlungen bilde. Es gehe um die Wiederherstellung der Situation vor dem 23. Februar — dann könne man wieder normal über offene Fragen diskutieren.
Auf der gleichen Veranstaltung sprach der ukrainische Präsident auch eine Einladung an Bundespräsident Steinmeier und Bundeskanzler Scholz für den 9. Mai aus. Am 9. Mai feiert Russland den sowjetischen Sieg über das nationalsozialistische Deutschland. Westliche Beobachter vermuten, dass der russische Präsident Putin die symbolgeladenen Feierlichkeiten dazu nutzen könnte, entweder den vermeintlichen Sieg über die Ukraine zu verkünden, oder den Konflikt weiter zu eskalieren. Nach Ansicht des ukrainischen Präsidenten könnte von einem hochrangigen deutschen Besuch an diesem Tag ein starkes Signal ausgehen.
Evakuierungen: Ein Sprecher der UN gab in den frühen Morgenstunden bekannt, dass erneut eine Evakuierungsaktion zur Rettung von Zivilisten aus Mariupol angelaufen sei. Man kooperiere mit den Konfliktparteien sowie dem Internationalen Roten Kreuz, um die Evakuierungsaktion zu ermöglichen. Weitere Details wolle man aber erst bekanntgeben, wenn die Situation dies erlaube. Wie der Nothilfekoordinator der UN, Martin Griffiths, weiter erläuterte, sollen auch Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk Asowtal gerettet werden. Am Freitag Abend wurde schließlich gemeldet, dass ein erster Bus mit Zivilisten das Stahlwerk Asowtal verlassen habe.
Nach ukrainischen Angaben konnten in den vergangenen Tagen bereits rund 500 Zivilisten aus Mariupol in Sicherheit gebracht werden.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Nach Einschätzung des US-Verteidigungsministeriums haben die meisten russischen Truppen Mariupol in Richtung Norden verlassen. Man gehe davon aus, dass nur noch rund 2.000 Soldaten in der südukrainischen Hafenstadt verblieben seien, so ein Sprecher des Ministeriums. Mariupol war von russischen Kräften fast vollständig erobert worden. Nur auf dem Gelände des Stahlwerks Asowtal halten sich noch immer einige wenige ukrainische Kämpfer verschanzt.
Aktuelle Berichte:
New York Times: Brisanter Bericht über Rolle der US-Geheimdienste
Amerikanische Geheimdienste könnten nach Informationen der New York Times im Krieg in der Ukraine eine noch größere Rolle spielen, als bislang angenommen. So sollen Informationen der US-Geheimdienste der Ukraine dabei geholfen haben, russische Generäle zu töten und das russische Kriegsschiff Moskva zu versenken. Das Pentagon zeigte sich nach Veröffentlichung des Artikels darum bemüht, die Brisanz der darin enthaltenen Aussagen herunterzuspielen. Es sei zwar richtig, dass die USA die Ukraine mit Aufklärung aus dem Schlachtfeld versorge. Aber: „Wir liefern keine Informationen über den Aufenthalt von hochrangigen russischen Offizieren auf dem Schlachtfeld und beteiligen uns nicht an den Angriffsentscheidungen des ukrainischen Militärs“ (Tagesschau).
Deutschland liefert der Ukraine sieben Panzerhaubitzen
Wie Bundesverteidigungsministerin Lambrecht am Freitag mitteilte, wird Deutschland der Ukraine sieben Panzerhaubitzen vom Typ 2000 liefern. Da die Waffen aus einer laufenden Instandhaltung kommen, würden sie der Bundeswehr nicht unmittelbar fehlen. Zu den Haubitzen sollen zusätzlich Ausbildungsangebote und ein Munitionspaket angeboten werden (Der Spiegel).
Selenskyj lädt Scholz und Steinmeier am 9. Mai nach Kiew ein
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Bundeskanzler Olaf Scholz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für den 9. Mai zu einem Besuch in Kiew eingeladen. Am 9. Mai, dem kommenden Montag, feiert Russland den Sieg über Nazi-Deutschland im Zweiten Weltkrieg. Scholz könne einen starken politischen Schritt unternehmen und am 9. Mai nach Kiew kommen, sagte Selenskyj. (Tagesschau).
5. Mai 2022
Lagebericht
Im Osten des Landes bleibt die Lage an der Front im Donbass weiter angespannt. Mit schwerem Beschuss von Artillerie und Luftwaffe versuchen die russischen Streitkräfte weiterhin, Gebiete anzugreifen. Auch in vielen anderen Landesteilen der Ukraine war in der Nacht Luftalarm zu hören. So wurden auch aus den Gebieten Kiew, Odessa, Tscherkassy, Kirowohrad und Saporischschja Angriffe gemeldet. Weiterhin versucht Russland systematisch, mit Raketenangriffen Eisenbahnanlagen der Ukraine zu zerstören, um den Nachschub an westlichen Waffen für die Ukraine zu unterbrechen. „Russland versucht, unsere Logistik zu ruinieren, weil sie uns im Felde nicht besiegen können”, teilte der Leiter des ukrainischen Präsidialamtes mit. So wurde jüngst die Eisenbahnanlage in der Stadt Dnipro getroffen.
Nach Angaben des ukrainischen Generalstabs ist es hingegen der ukrainischen Armee gelungen, die Kontrolle über mehrere Ortschaften im Süden des Landes, an der Grenze zwischen den Gebieten Cherson und Mykolajiw, zurückzuerlangen. Auch nahe Charkiw und der von Russland besetzten Stadt Isjum starteten die ukrainischen Streitkräfte nach eigenen Angaben Gegenoffensiven. Nach Einschätzungen aus dem Umfeld von Präsident Selenskyj dürfte die Ukraine mit einer größer angelegten Gegenoffensive jedoch bis mit Mitte Juni warten. Dann werde die Ukraine hoffentlich mehr Waffen aus dem Ausland erhalten haben, sagt Präsidentenberater Olexij Arestowytsch.
Besorgniserregend sind die seit Wochen im russischen Fernsehen kursierenden Berichte über mögliche nukleare Angriffe. Nun kommt im russischen Kaliningrad - eine russische Enklave an der Ostsee zwischen Polen und Litauen - die Simulation eines Atomangriffs hinzu. Nach Angaben aus Moskau hätten Soldaten im Rahmen einer Übung den „elektronischen Start” von mobilen ballistischen Raketensystemen mit Atomwaffen vom Typ Iskander simuliert, erklärte das Verteidigungsministerium. Die Streitkräfte übten demnach Angriffe auf militärische Ziele eines imaginären Feindes sowie die Reaktion auf einen Gegenschlag. Putin hatte jüngst vor einer „blitzschnellen” Vergeltung gedroht, sollte der Westen sich in den Konflikt einmischen.
Die Frage bleibt, was Putin als Eingreifen des Westens bzw. als sicherheitspolitische Grenzüberschreitung werten wird. Vor einem NATO-Beitritt Schwedens und Finnlands hat Putin mehrfach gewarnt, in der Hoffnung, es werde die beiden Länder davon abhalten. Das Gegenteil ist eingetreten: Die Einreichung eines Beitrittsantrags soll bald bevorstehen. Ferner ist die Ausbildung ukrainischer Soldaten im Westen angelaufen, die Lieferungen schwerer, offensiver Waffen und schlagkräftiger Drohnen in die Ukraine sind im Gange, und auch die westlichen Geheimdienste versuchen, mit der Zurverfügungstellung von Erkenntnissen auf den Krieg zugunsten der Ukraine einzuwirken.
So liefert die USA nachrichtendienstliche Erkenntnissen, um die Ukraine unter anderem bei gezielten Anschläge auf russische Generäle zu unterstützen. Einzelheiten über die erwarteten Truppenbewegungen sowie den Standort über Russlands mobile militärische Kommandoposten wurden zur Verfügung gestellt, wie die „New York Times” berichtet. Ferner hat die USA Schweden im Falle eines Beitrittsverfahrens zur NATO gewisse Sicherheitszusagen in Aussicht gestellt, sollte das Land aufgrund negativer Aktivitäten seitens Russland Beistand benötigen. Die USA würden dies nicht ohne eine Reaktion zulassen, sagte Außenministerin Ann Linde nach einem Treffen mit ihrem US-Amtskollegen Antony Blinken. Es seien allerdings keine konkreten Sicherheitsgarantien, die könne man nur als Vollmitglied der NATO erhalten.
Wie Russland angesichts dieser Entwicklungen reagieren wird, bleibt abzuwarten. Manche Beobachter befürchten, Putin könnte an der alljährlichen Feier des Kriegsendes am 9.Mai die „Spezialoperation” ausweiten, das Kriegsrecht in Russlands ausrufen, eine Generalmobilmachung anordnen und der Ukraine oder gar dem Westen den Krieg erklären. Andererseits warnen Politiker wie etwa der tschechische Außenminister Jan Lipavsky vor einer Appeasement-Politik. Sie fordern, sich keinesfalls von den Drohgebärden Putins einschüchtern zu lassen, sondern unvermindert die Stärke des Westens zu demonstrieren, die Werte von Demokratie und Freiheit zu verteidigen und die Ukraine in jeglicher Hinsicht zu unterstützen.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: In Polen findet heute eine internationale Geberkonferenz statt, bei der Geld für humanitäre Hilfen an die Ukraine gesammelt wird. Offenbar hat die Konferenz Zusagen inHöhe von 6,5 Milliarden Dollar eingebracht. Der ukrainische Präsident Selenskyj war per Videoschalte zugeschaltet.
Bundestagspräsidentin Bärbel Bas erwägt am Wochenende einen Besuch in der Ukraine. Sie habe schon seit einiger Zeit Pläne für einen Besuch in Kiew, habe aber zunächst Bundeskanzler Olaf Scholz den Vortritt lassen wollen. Dieser hat jedoch mitgeteilt, dass er vorerst nicht in die Ukraine reisen will.
Evakuierungen: Russland und die Ukraine haben sich auf einen zeitweiligen Waffenstillstand in Mariupol geeinigt. Das russische Militär hat humanitäre Korridore aus dem Asow-Stahlwerk in Mariupol zugesichert. Am Donnerstag, Freitag und Samstag würden jeweils von 08.00 bis 18.00 Uhr (07.00 – 17.00 Uhr MESZ) Fluchtkorridore für Zivilisten aus dem Industriekomplex geöffnet. Offenbar wurde die Feuerpause jedoch schon wieder gebrochen. Russische Soldaten sollen nach Angaben der ukrainischen Regierung erneut versucht haben, das Stahlwerk Azovstal zu stürmen. Am Mittwoch konnten ferner insgesamt 344 Menschen aus Mariupol und Umgebung ins rund 230 Kilometer entfernte Saporischschja gebracht werden.
Flüchtlinge: Nach Angaben der UN sind mittlerweile über 5,7 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz über 3,1 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 854.000, nach Ungarn 545.000, in die Republik Moldau 450.000, in die Slowakei 388.000 und nach Tschechien über 330.000.
Nach einer aktuellen Auswertung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sind seit Kriegsbeginn bislang 610.103 Personen aus der Ukraine in Deutschland neu erfasst worden. Demnach sind rund 69 Prozent Mädchen und Frauen sowie 31 Prozent Jungen und Männer. Unter den Erwachsenen beträgt der Anteil der Frauen gut 80 Prozent. Insgesamt 241.769 der Geflüchteten sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Auf das Zentrum der ostukrainischen Großstadt Dnipro hat es Behördenangaben zufolge einen russischen Raketenangriff gegeben. Dabei sei die Eisenbahninfrastruktur getroffen worden, sagte Bahnchef Olexander Kamyschin.
Ferner wurden auf mehrere Ortschaften in den ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk Angriffe verübt. Das russische Militär versuchte, Angriffe auf die Städte Liman, Popasna und Sjewjerodonezk zu initiieren. Eigenen Angaben nach konnten die Ukrainer die Angriffe abwehren. Auch die Städte Lyssytschansk und Hirske waren Ziel der Angriffe. Nach dem massiven Beschuss im Donbass meldeten die örtlichen Behörden viele Tote und Verletzte unter der Zivilbevölkerung.
Zudem gab es Meldungen über Artilleriebeschuss auf die Großstädte Mykolajiw und Charkiw. Auch aus den Gebieten Kiew, Odessa, Tscherkassy, Kirowohrad und Saporischschja wurden Angriffe gemeldet.
In der Hafenstadt Mariupol sollte heute eine dreitägige Feuerpause zur Evakuierung von Zivilisten aus dem Stahlwerk beginnen. Offenbar wurde die Feuerpause jedoch von russischer Seite schon wieder gebrochen. Nach Angaben der ukrainischen Regierung sollen russische Soldaten erneut versucht haben, das Stahlwerk Azovstal zu stürmen.
Im Süden des Landes gelang es ukrainischen Truppen, an der Grenze zwischen den Gebieten Cherson und Mykolajiw, mehrere Orte zurückzuerobern.
In der westrussischen Region Belgorod an der Grenze zur Ukraine stehen nach Behördenangaben von ukrainischer Seite aus die beiden Orte Schurawljowka und Nechotejewka unter Beschuss, teilt der Gouverneur der Region mit.
Aktuelle Berichte:
Russland verspricht Feuerpause für zerstörtes Mariupol
Russland hat eine dreitägige Feuerpause zur Evakuierung von Zivilisten aus dem Asow-Stahlwerk im südukrainischen Mariupol angekündigt. Noch 200 Zivilisten sollen dort in Tunneln sein und müssen an den verschütteten Zugängen von Hand ausgegraben werden, da unter den derzeitigen Umständen keine schweren Geräte eingesetzt werden können. Anschließend dürften die Zivilisten selbst entscheiden, ob sie in der Ukraine bleiben oder nach Russland gebracht werden wollen (BR).
Mehr als 600.000 Geflüchtete
Seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges sind mehr als 600.000 Menschen aus der Ukraine in Deutschland als Flüchtlinge registriert worden, wie aus einer Auswertung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (BAMF) hervorgeht. Unklar ist allerdings, wie viele nach der Erfassung in Deutschland in ein anderes europäisches Land weitergereist oder trotz der Kämpfe in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Nicht auszuschließen ist zudem, dass Flüchtlinge aus der Ukraine im Ausländerzentralregister doppelt erfasst wurden (Tagesschau).
Moskau meldet Simulation von Atomangriff
Mit Fernsehberichten über mögliche Einsätze von Atomwaffen könnte Präsident Putin versucht haben, der russischen Bevölkerung den Einsatz nuklearer Waffen näherzubringen. Seit Wochen höre die russische Öffentlichkeit im Staatsfernsehen, dass diese Waffen eingesetzt werden sollten, wenn die Waffenlieferungen an die Ukraine fortgesetzt würden, so der russische Journalist und Friedensnobelpreisträger Dmitri Muratow. Die russischen Streitkräfte haben laut Angaben aus Moskau zudem in Kaliningrad einen Angriff mit nuklearwaffenfähigen Raketen simuliert. Als die beängstigendste Entwicklung in Russland bezeichnete Muratow die „absolute, uneingeschränkte” Macht Putins. Sollte er den Einsatz von Atomwaffen beschließen, „kann ihn niemand aufhalten [...], weder das Parlament noch die Zivilgesellschaft noch die Öffentlichkeit” (n-tv).
Jeder Fünfte glaubt an Ukraine-Verschwörung
In Deutschland sind Verschwörungserzählungen über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine einer Umfrage des Centers für Monitoring, Analyse und Strategie zufolge weit verbreitet. Vor allem unter den AfD-Wählern glauben 60 Prozent den Verschwörungserzählungen, wonach Putin mit dem Krieg in der Ukraine gegen eine globale Elite vorgehe, die im Hintergrund die Fäden ziehe. Insgesamt stimmte knapp ein Fünftel der Befragten verschwörungsideologischen Aussagen zu (n-tv).
4. Mai 2022
Lagebericht
Das russische Militär hat am Dienstag mit massiven Raketenangriffen auf die Bahn-Infrastruktur in der gesamten Ukraine begonnen. Wie der Chef der ukrainischen Eisenbahn, Olexandr Kamyschin, erklärte, seien bei den Angriffen sechs Bahnhöfe in zentralen und westlichen Regionen der Ukraine getroffen worden. Er berichtete von schweren Schäden. Auch aus der Region Dnipro und der Region Kirowohrad wurde von ukrainischer Seite die Zerstörung von Bahn-Infrastruktur durch russische Angriffe gemeldet. Nach Einschätzung von Andrij Jermak, Leiter des Präsidialamtes in Kiew, beabsichtigt Russland mit den Angriffen, die Nachschubwege westlicher Waffenlieferungen zu zerstören. Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach von einem Zeichen der Ohnmacht Russlands: „Offensichtlich hat das russische Militär heute äußerst nervös auf unsere Erfolge reagiert“, so Selenskyj in seiner abendlichen Videobotschaft. Er berichtete von Angriffen mit Raketen auf Lwiw, Winnyzja, Odessa, das Kiewer Gebiet und das Umland von Dnipro. Ziel der russischen Angriffe ist offenbar auch die Stromversorgung. Im westukrainischen Lwiw wurden drei Kraftwerke getroffen.
Nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums haben die russischen Streitkräfte in der Ukraine 40 militärische Ziele getroffen – darunter vier Munitionsdepots. Bestätigt wurde außerdem die Zerstörung von sechs ukrainischen Bahnstationen. Bei insgesamt 77 Luftangriffen auf die Ukraine habe man heute zudem bis zu 310 ukrainische Kämpfer getötet, und 36 Einheiten Militärtechnik zerstört. Der russische Verteidigungsminister, Sergej Schoigu, kündigte unterdessen an, verstärkt westliche Waffentransporte ins Visier zu nehmen. Das russische Militär werde NATO-Waffentransporte in der Ukraine als zu zerstörende Ziele betrachten, teilte Schoigu der russischen Nachrichtenagentur RIA mit.
Nach ukrainischer Darstellung sind heute überdies russische Streitkräfte auf das Gelände des Stahlwerks Asowtal in Mariupol vorgedrungen. Dort halten sich noch immer ukrainische Soldaten verschanzt. Kreml-Sprecher Peskow hatte hingegen erst am Mittag erneut klargestellt, das Stahlwerk werde nicht erstürmt. Die russischen Truppen hielten sich an den Befehl Putins, das Stahlwerk lediglich zu belagern.
Neben den Mitteln militärischer Kriegsführung greift Russland offenbar auch auf andere Methoden zurück, um die Ukraine zu schwächen. Wie der ukrainische Vizeagrarminister Taras Wyssozky im Fernsehen mitteilte, habe Russland aus besetzten Gebieten 400.000 Tonnen Getreide abtransportieren lassen. Konkret handle es sich um etwa jeweils ein Drittel der Getreidevorräte in den Regionen Cherson, Saporischschja, Donezk und Luhansk. Das Getreide werde für die tägliche Versorgung und zur Aussaat benötigt. Da es keine strategischen Reserven gebe, drohe in den betroffenen Gebieten im Falle weiterer Abtransporte eine Hungersnot. Der zwangsweise Abtransport von Getreide weckt in der Ukraine schmerzhafte Erinnerungen. 1932/33 führte der sowjetische Machthaber Stalin durch die Beschlagnahmung von Getreide eine gezielte Hungersnot in der Ukraine herbei.
Ebenfalls am Mittwoch wurde bekannt, dass Belarus derzeit ein unangekündigtes Militärmanöver seiner schnellen Engreiftruppe durchführt. Nach Angaben des belarussischen Verteidigungsministeriums handelt es sich bei der Übung um eine Inspektion, die dem Ziel dienen soll, zu überprüfen, wie schnell die Eingreiftruppe auf plötzliche Krisensituationen reagieren könnte. Aus belarussischen Regierungskreisen hieß es, die Militärübung „berge keine Gefahr, weder für die europäische Gesellschaft im Ganzen noch für die Nachbarländer im Besonderen“. Der belarussische Machthaber Lukaschenko gilt als enger Verbündeter von Russlands Präsident Putin.
Nachdem es in den vergangenen Tagen immer wieder Vermutungen gegeben hatte, Russland könne am 9. Mai — dem Jahrestag des Siegs der Sowjetunion über das nationalsozialistische Deutschland — eine offizielle Kriegserklärung verkünden, hat nun Kreml-Sprecher Peskow zu den Spekulationen Stellung bezogen und diese zurückgewiesen: „Da gibt es keine Chance. Das ist Unsinn“, so Peskow in Bezug auf die Vermutung, dass Putin in seiner anlässlich des Jahrestags gehaltenen Rede auch eine Kriegserklärung und Generalmobilmachung verkünden könnte.
Verhandlungen: Russland hat der Ukraine erneut vorgeworfen, Schuld an den stockenden Verhandlungen zu sein. Kreml-Sprecher Peskow beklagte die mangelnde Dynamik in den Gesprächen mit der Ukraine. Er hielt der ukrainischen Regierung zudem vor, dass diese ständig ihren Standpunkt ändere, und wiederholt damit gedroht habe, aus den Verhandlungen auszusteigen. Auf russischer Seite wecke dies keine Zuversicht, dass die Verhandlungen mit irgendeinem Ergebnis enden könnten, so Peskow weiter.
Derjenige, an den die russischen Vorwürfe adressiert waren, der ukrainische Präsident Selenskyj, stellte heute klar, dass die Ukraine keinen Deal akzeptieren werde, der es russischen Streitkräften gestatte, in den besetzen Gebieten zu bleiben. Diese Position sei nicht verhandelbar. Selenskyj erklärte weiter, die ukrainischen Truppen hätten in der ersten Phase des Kriegs die russische Offensive aufgehalten, nun gehe es in der zweiten Phase darum, die russischen Streitkräfte vom Territorium der Ukraine zu vertreiben. Danach, in der dritten Phase, werde sich die Ukraine um die vollständige Wiederherstellung ihrer territorialen Integrität bemühen. Einen eingefrorenen Konflikt — wie nach der Annexion der Krim durch Russland — werde man nicht akzeptieren.
Evakuierungen: Die Ukraine plant für den heutigen Mittwoch weitere Evakuierungen von Zivilisten aus Mariupol. Falls es die Lage zulasse, werde es noch heute weitere Evakuierungsversuche geben, teilte die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk mit. Auch Russland stellte am Mittwoch die Evakuierung von Zivilisten in Aussicht. In den vergangenen Tagen hatte Russland seine Angriffe auf das in der Stadt gelegene Stahlwerk Asowtal, wo sich die letzten ukrainischen Verteidiger verschanzt haben, intensiviert. Gleichwohl war erst gestern die Rettung von 156 Zivilisten aus dem umkämpften Stahlwerk und anderen Teilen der fast vollständig durch russische Kräfte eroberten Stadt verkündet worden. Der ukrainische Präsident zeigte sich in seiner abendlichen Videoansprache erleichtert. Die Gruppe mit Frauen, Kindern und älteren Menschen habe am Dienstag in der Stadt Saporischschja in Sicherheit gebracht werden können.
Flüchtlinge: In Polen haben sich seit Kriegsbeginn 3,14 Millionen Menschen aus der Ukraine in Sicherheit gebracht. Dies gab der polnische Grenzschutz via Twitter bekannt. Allein gestern seien erneut 19.400 Menschen aus der Ukraine eingereist. In umgekehrter Richtung seien seit Beginn der russischen Invasion rund 1 Million Menschen aus Polen kommend in die Ukraine eingereist. Bei den meisten davon dürfte es sich um Menschen handeln, die zuvor vor den russischen Angriffen geflüchtet waren.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Auch Wochen nach dem Abzug russischer Truppen aus der Region Kiew, werden in den ehemals besetzten Orten täglich neue Leichen von Zivilisten gefunden. Wie der Chef der Gebietsverwaltung, Olexander Pawljuk, über den Nachrichtendienst Telegram mitteilte, seien bis Mittwoch die Leichen von 1235 Zivilisten entdeckt worden. 282 von ihnen hätten bislang nicht identifiziert werden können.
In der ostukrainischen Region Donezk sollen 21 Zivilisten durch russischen Beschuss ums Leben gekommen sein. Dies teilte der Regionalgouverneur, Pawlo Kyrylenko, auf Kanälen Sozialer Netzwerke mit. 27 weitere Menschen seien bei den Angriffen verletzt worden. Der Gouverneur sprach von der höchsten Zahl ziviler Todesopfer in der Region seit dem Angriff auf den Bahnhof in Kramatorsk. Damals hatten 50 Menschen ihr Leben verloren.
Der ukrainische Militärdienst gab heute bekannt, dass Russland für den 9. Mai — dem Jahrestag des Sieges über das nationalsozialistische Deutschland — eine Militärparade in der südukrainischen Hafenstadt Mariupol planen soll. Der stellvertretende Leiter der Moskauer Präsidialverwaltung, Sergej Kirijenko, sei bereits in Mariupol eingetroffen, um die Feierlichkeiten vorzubereiten. Unterdessen meldete die Nachrichtenagentur AP, dass bei den russischen Angriffen auf das Theater von Mariupol, welche sich bereits am 16. März ereignet hatten, womöglich wesentlich mehr Menschen ums Leben gekommen sein könnten, als ursprünglich angenommen. Nach neuen Schätzungen könnten bis zu 600 Menschen im durch Angriffe zerstörten Theater ihr Leben verloren haben. Die ukrainische Regierung war bislang von ungefähr 300 Todesopfern ausgegangen. Die Schätzungen der AP stützen sich auf Gespräche mit Überlebenden und Ersthelfern, sowie auf Fotos und Videos.
Aktuelle Berichte:
EU-Kommission schlägt Öl-Embargo vor
Die EU-Kommission hat einen Vorschlag für ein gegen Russland gerichtetes Öl-Embargo erarbeitet. Dieser sieht vor, dass EU-Mitgliedstaaten nach einer Übergangsphase von sechs Monaten kein russisches Öl mehr importieren dürfen – nach acht Monaten dann auch keine russischen Ölprodukte mehr. Die Übergangsphase soll den EU-Staaten erlauben, ihre Ölimporte neu aufzustellen. Ausnahmen sind jedoch für Ungarn und die Slowakei vorgesehen. Beide Länder beziehen einen Großteil ihres Ölbedarfs derzeit aus Russland. Sie sehen sich auch wegen eines fehlenden Meereszugangs nicht in der Lage, so schnell wie andere Länder alternative Lieferquellen zu erschließen (Tagesschau).
Friedensnobelpreisträger Muratow hält russischen Atomwaffeneinsatz für möglich
Der russische Journalist und Träger des Friedensnobelpreises Dmitri Muratow hat eindringlich davor gewarnt, russische Drohungen zum Einsatz von Atomwaffen als Bluff abzutun. Die Propaganda des Kreml bereite die russische Bevölkerung systematisch auf einen Einsatz von Atomwaffen vor. Es gehe darum, den Einsatz von Atomwaffen für die russische Öffentlichkeit akzeptabler zu machen, warnte der Chefradakteur der unabhängigen Zeitung Nowaja Gaseta (Der Spiegel).
Russischer Politologe warnt vor Zugeständnissen gegenüber Putin nach Kriegsende
Auch wenn der Krieg in der Ukraine aus russischer Sicht bislang alles andere als geplant verläuft, deutet bislang nichts auf einen Machtverlust Putins hin. Im Gegenteil: Der russische Präsident könnte bereits die Eroberung der ostukrainischen Gebiete als großen Sieg inszenieren, und seine Machtposition durch noch restriktivere innenpolitische Maßnahmen zusätzlich festigen. Der russische Politologe und Publizist Fjodor Krascheninnikow warnt vor diesem Hintergrund eindringlich davor, das System Putin nach einem etwaigen Kriegsende wieder hoffähig zu machen. Bereits die kleinste Inkonsequenz dem Kreml gegenüber, und auch die kleinsten Konzessionen an ihn nach dem Ende der Kampfhandlungen würden Putins Regime stärken und seine Herrschaft verlängern. Krascheninnikow mahnt zudem, ein Ende der Kriegshandlungen in der Ukraine bedeute noch keineswegs das Ende der Krise auf diesem Kontinent, sondern läute lediglich eine Pause vor ihrer nächsten Phase ein. (taz).
Was geschieht am 9. Mai?
Am 9. Mai feiert Russland den Jahrestag des Sieges der Sowjetunion über das nationalsozialistische Deutschland. Moskau begeht diesen Feiertag für gewöhnlich mit einer großen Militärparade. Schon seit mehreren Wochen wird öffentlich darüber spekuliert, welche Botschaft der russische Präsident Putin an diesem Tag verkünden könnte. Nachdem ein Sieg über die gesamte Ukraine in weite Ferne gerückt ist, gibt es derzeit verschiedene denkbare Szenarien. Das erste Szenario, die Deeskalation des Konflikts, erscheint unwahrscheinlich, solange Russland nicht wenigstens die Minimalziele des im März verkündeten Plan B erreicht hat: Die vollständige Eroberung der ostukrainischen Gebiete Donezk und Luhansk. Die zweite Option bestünde laut Beobachtern in der Verkündung einer offiziellen Kriegserklärung. Im Gegensatz zum derzeit von Russland gepflegten Narrativ der „militärischen Spezialoperation“ böte sich dann die Möglichkeit zu einer noch größeren Mobilmachung. Das dritte und derzeit wahrscheinlichste Szenario ist, dass Russland die Einnahme von Mariupol als ersten Schritt in seinem Kampf gegen den "ukrainischen Faschismus" ankündigen wird. Im Anschluss daran könnte Putin die eigene Bevölkerung zu mehr Unterstützung aufrufen und der Ukraine doch noch offiziell den Krieg erklären. (ZDF).
3. Mai 2022
Lagebericht
Nachdem die russischen Angriffe in den vergangenen Tagen ins Stocken geraten sind, hat der nationale Sicherheitsrat der Ukraine Siegesgewissheit verbreitet. Angesichts des teils erfolgreichen Widerstands der ukrainischen Armee gegen russische Truppen ist der Chef des Rates, Olexij Danilow, überzeugt, der Krieg werde nicht mit einem Friedensabkommen, sondern mit einer Kapitulation des Angreifers enden. „Mit Russland können wir nur dessen Kapitulation unterzeichnen", sagte Danilow im ukrainischen Fernsehen.
Verfolgt man hingegen die russischen Meldungen über geplante Referenden in den besetzten Gebieten im Osten und Süden der Ukraine, wird aus dieser Sicht wahrscheinlich, dass die Ukraine womöglich einen Teil ihres Staatsgebietes auf Dauer verlieren und eine zukünftige Teilung der Ukraine Realität werden könnte. Laut Einschätzung der USA plant Russland noch im Mai eine Annexion großer Teile des Ostens der Ukraine sowie eine Anerkennung der südukrainischen Region Cherson als unabhängige Republik – und womöglich in einem weiteren Schritt auch die Annexion dieser Region. Russland treffe in Bezug auf diese Gebiete dieselben Vorkehrungen wie 2014 im Vorfeld der Annexion der Halbinsel Krim, so der US-Botschafter bei der OSZE, Michael Carpenter.
Indes fordert die russische Militär- und Geheimdienst-Elite offenbar eine Ausweitung des Krieges in der Ukraine, wie das Magazin „Focus“ unter Berufung auf das „Zentrum für europäische politische Analyse“ (CEPA) berichtet. Demnach sei Russland bis jetzt zu zurückhaltend vorgegangen. Gefordert werden weitreichendere Angriffe im eskalierten Ukraine-Konflikt. Die militärischen Ziele des russischen Präsidenten Wladimir Putin genügten der russischen Militärelite nicht, heißt es.
Für zusätzliche Unsicherheit sorgt die Meldung von einem russischen Aufklärungsflugzeug, das über der Ostsee ausgemacht wurde. Die deutsche Luftwaffe hat mit dem Alarmaufstieg zweier Eurofighter reagiert. Erst vor Kurzem war bereits eine russische Maschine in schwedischen Luftraum eingedrungen. Insbesondere auch die jüngste Simulation eines Atomangriffs auf Großbritannien im russischen Fernsehen löst in diesem Zusammenhang Unbehagen aus. Obschon seit Monaten durch die russischen Medien Szenarien über mögliche Atomschläge gegen den Westen geistern, die der Propaganda und Drohkulisse zugeschrieben werden können, bleibt eine Restunsicherheit, ob es früher oder später doch zu einer weiteren Eskalation des Krieges durch Russland kommen könnte. Außenminister Lawrow hatte sich jüngst von einem möglichen Einsatz nuklearer Waffen im Rahmen der „Spezialoperation” distanziert.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Papst Franziskus hat nach eigenen Angaben um ein Treffen mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Moskau gebeten, um sich für ein Ende des Krieges einzusetzen. Er habe aber keine Antwort erhalten.
Der CDU-Vorsitzende und Oppositionsführer Friedrich Merz hat seine Reise in die Ukraine angetreten und ist mittlerweile in Kiew angekommen, um sich dort selbst ein Bild von der Lage zu machen. Für heute ist ein Treffen mit Bürgermeister Vitali Klitschko geplant.
Der französische Präsident Emmanuel Macron will heute erneut mit dem russischen Staatschef Putin telefonieren. Ihr letztes Gespräch liegt fünf Wochen zurück.
Evakuierungen: Aus dem Stahlwerk der besetzten Hafenstadt Mariupol konnten gestern nur 20 Zivilisten gerettet werden. Die Evakuierungsaktion soll heute fortgesetzt werden. Rund 200 Zivilisten sollen sich noch im Stahlwerk befinden, zusammen mit 2.000 Soldaten.
Seit dem Einmarsch Russlands in die Ukraine sind nach Angaben des russischen Verteidigungsministeriums fast 1,3 Millionen Menschen, darunter 200.000 Kinder, aus der Ukraine nach Russland gebracht worden. Sie seien auf eigenen Wunsch evakuiert worden, teilte das Ministerium mit. Die Ukraine hingegen sagt, die Regierung in Moskau habe seit Beginn des Krieges Tausende von Menschen gewaltsam nach Russland verschleppt.
Flüchtlinge: Nach Angaben der UN sind mittlerweile nahezu 5,6 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz über drei Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 836.000, nach Ungarn 534.000, in die Republik Moldau 448.000, in die Slowakei 382.000 und nach Tschechien ebenfalls über 300.000. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei über 400.000. Die Zahl der an Schulen in Deutschland aufgenommenen Flüchtlinge aus der Ukraine ist weiter gestiegen. Insgesamt nehmen derzeit rund 90.000 ukrainische Kinder und Jugendliche am Unterricht teil.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Nach Einschätzung der Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen” ist die humanitäre Lage in der umkämpften Hafenstadt Mariupol desaströs. „Nach dem, was wir bisher an Informationen haben, lässt sich klar sagen: Es ist die totale Katastrophe", sagte die Notfallkoordinatorin für die Ukraine, Anja Wolz. Das tatsächliche Ausmaß an menschlichem Leid in der belagerten Metropole werde erst noch vollständig ans Tageslicht kommen. „Wir machen uns, glaube ich, keine Vorstellung davon, was wir dort noch sehen werden. Butscha, Irpin und Hostomel sind nur die Spitze des Eisbergs”, sagte Wolz. Rund 200 Zivilisten befinden sich nach ukrainischen Angaben noch im Stahlwerk. Nachdem gestern die Evakuierungsaktion dort ins Stocken geriet – nur 20 Menschen konnten befreit werden –, hat der Stadtrat für heute einen weiteren Evakuierungsversuch angekündigt. Offenbar kommt es heute jedoch zu keiner Evakuierung, stattdessen soll die russische Armee Medienberichten zufolge mit der Erstürmung des belagerten Stahlwerks Asowstal begonnen haben.
Die Hafenstadt Odessa wurde nach ukrainischen Angaben von einem weiteren Raketenangriff getroffen. Der Gouverneur der Region berichtet von Toten und Verletzten. Bei der Attacke sei eine Infrastruktureinrichtung getroffen worden. Bei dem Raketenangriff sei ferner eine Kirche getroffen worden.
In der besetzten ukrainischen Region Cherson hat Russland den Internetverkehr nach Angaben der Organisation NetBlocks auf russische Kommunikationsinfrastruktur umgestellt. Die Verbindungen würden nun über das russische Internet statt über die ukrainische Telekommunikationsinfrastruktur geleitet und unterlägen nun wahrscheinlich den russischen Internetvorschriften, der Überwachung und Zensur, schrieb die in London ansässige Organisation zur Überwachung der Cybersicherheit und Internetfreiheit auf ihrer Webseite.
Über der Ostsee hat ein anfliegendes russisches Aufklärungsflugzeug die deutsche Luftwaffe alarmiert. Als Reaktion stiegen zwei Eurofighter vom Fliegerhorst Laage in Mecklenburg-Vorpommern zu einem Alarmstart auf. Die russische Maschine sei demnach im internationalen Luftraum vor der Insel Rügen identifiziert worden. Die zwei deutschen Maschinen begleiteten das russische Flugzeug im internationalen Luftraum weg von Deutschland.
Aktuelle Berichte:
Scharfe Kritik aus Israel – Lawrow empört erneut mit Nazi-Vergleich
Die israelische Regierung reagiert empört auf die Äußerungen des russischen Außenminister Lawrow. Am Sonntag hatte Lawrow im italienischen Fernsehen die russische Kriegsbegründung wiederholt, in der Ukraine seien Nazis am Werk. Als Gegenargument werde gesagt: „Wie kann es eine Nazifizierung geben, wenn er (Anm. der Red.: der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj) Jude ist? Ich kann mich irren. Aber Adolf Hitler hatte auch jüdisches Blut. Das heißt überhaupt nichts. Das weise jüdische Volk sagt, dass die eifrigsten Antisemiten in der Regel Juden sind.” Die Regierung in Jerusalem verlangt eine Entschuldigung und bestellt den russischen Botschafter zum Gespräch ein. Der Leiter der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem, Dani Dajan, nannte Lawrows
Äußerungen „absurd, wahnhaft, gefährlich und verachtenswert”. Weiter hieß es in einer Erklärung: „Lawrow propagiert die Umkehrung des Holocausts – er macht die Opfer zu Verbrechern" (Tagesschau).
Russischer Aufklärer über Ostsee alarmiert Luftwaffe
Am Sonntag war ein russisches Aufklärungsflugzeug in den dänischen Luftraum eingedrungen. Dänemark hat daraufhin den russischen Botschafter zu einem Gespräch einbestellt. Das über der Ostsee vor Rügen anfliegende Aufklärungsflugzeug hat auch die deutsche Luftwaffe alarmiert. Zwei deutsche Eurofighter begleiteten das russische Flugzeug im internationalen Luftraum aus der Region. Den Einsatz vor Rügen bezeichnete ein Sprecher des Verteidigungsministeriums als „reine Routine”. Es habe keinen Verstoß gegen internationale Regeln und auch keine Gefahrensituation gegeben. Jüngst hatte eine russische Maschine auch den schwedischen Luftraum verletzt. Bereits Anfang März waren zudem vier russische Kampfflugzeuge in den Luftraum über Schweden eingedrungen (NDR).
Öl-Embargo gegen Russland „sehr wahrscheinlich”
Wirtschaftsminister Habeck rechnet nach einem Treffen der EU-Energieminister mit einem Öl-Embargo gegen Russland. Am Dienstag werde die EU Kommission Vorschläge für ein sechstes Sanktionspaket machen. „Da wird sicherlich einiges zu Öl drin stehen“, so Habeck. Ungarn hatte sich zuletzt dahingehend geäußert, ein Öl-Embargo nicht mitragen zu wollen. Es hatte offen mit einem Veto gedroht (Tagesschau).
2. Mai 2022
Lagebericht
Nunmehr beinahe zehn Wochen Krieg haben in der russischen Armee deutliche Spuren hinterlassen, so das britische Verteidigungsministerium in seinem aktuellen Bericht. Die russische Kampfkraft sei deutlich dezimiert. Rund ein Viertel der für die Invasion in der Ukraine eingesetzten 120 taktischen Batalliongruppen seien mittlerweile kampfunfähig. Besonders Spezialeinheiten wie etwa die russischen Luftlandestreitkräfte haben demnach schwere Verluste erlitten. Es werde Jahre dauern, bis Russland diese Truppen wieder aufbauen könne.
Russland werde durch seinen Angriffskrieg und die westlichen Sanktionen so sehr geschädigt, dass das Land „auf Jahre” nicht wieder auf die Beine kommen werde, so Bundesaußenministerin Annalena Baerbock. Die Sanktionen gegen Russland sorgten dafür, dass ein weiteres militärisches Vorgehen in anderen Regionen aus russischer Kraft allein in den nächsten Jahren nicht mehr möglich sein werde.
So ist die russische Armee derzeit abermals gezwungen, ihre Kräfte neu zu sammeln. Die Kämpfe am Boden hatten in den vergangenen Tagen zunächst etwas nachgelassen, aktuell würde sich die russische Armee im Osten auf eine erneute Offensive auf Sjewjerodonezk und Slawjansk vorbereiten. Seit einigen Tagen häufen sich indes Berichte über mutmaßliche Gegenangriffe des ukrainischen Militärs auf Ziele in Russland. Ferner melden die ukrainischen Sicherheitsbehörden, einen Ring russischer Agenten ausgehoben zu haben. Einer der Spione habe sogar im ukrainischen Generalstab gearbeitet. Ihr angebliches Ziel sei es unter anderem gewesen, ein Passagierflugzeug über Russland oder Belarus abzuschießen und anschließend die Ukraine dafür verantwortlich zu machen, so ein ukrainischer Präsidentenberater.
Auf die Frage, ob der anstehende 9. Mai einen Wendepunkt in dem Konflikt markieren werde, sagte der russische Außenminister Lawrow, das Datum habe keinen Einfluss auf die militärischen Operationen in der Ukraine. „Wir werden unseren Sieg feierlich begehen, aber der Zeitpunkt und das Tempo der Ereignisse in der Ukraine hängen von der Notwendigkeit ab, die Risiken für die Zivilbevölkerung und die russischen Soldaten zu minimieren”, so Lawrow.
Laut einem geheimen Dokument soll Russland offenbar planen, auf dem eroberten Territorium der Ukraine einen neuen Staat namens „Südrussland” oder „Neurussland” zu gründen. Bereits in den vergangenen Wochen wurden Pläne bekannt, nach denen Russland Referenden in den besetzten Gebieten über den Anschluss an die Russische Föderation plane. Diese Pläne hatten seitens Russland auch bereits nach dem Krieg 2014 die Runde gemacht.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Der CDU-Vorsitzende und Oppositionsführer Friedrich Merz hat angekündigt, nach Kiew zu reisen, um sich dort selbst ein Bild von der Lage zu machen. Laut Medienbericht will Merz schon an diesem Montag starten. Das Bundeskriminalamt habe ihm von der Reise abgeraten haben, da es mehr Zeit zur Vorbereitung brauche, um Begleitschutz zu gewährleisten. Mit einer Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz wird derzeit nicht gerechnet, nachdem Bundespräsident Steinmeier vor einigen Wochen in Kiew nicht willkommen geheißen worden war.
Evakuierungen: Aus dem Stahlwerk der besetzten Hafenstadt Mariupol konnten bislang über eine spezielle Evakuierungsaktion 100 Zivilisten befreit werden. Laut ukrainischen Angaben soll die Aktion heute fortgesetzt werden, um auch die anderen Menschen aus dem Stahlwerk zu retten. Mehrere Hundert Menschen sollen sich noch dort befinden, zusammen mit rund 2.000 Soldaten.
Flüchtlinge: Nach Angaben der UN sind mittlerweile über 5,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz über drei Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 825.000, nach Ungarn 530.000, in die Republik Moldau 447.000, in die Slowakei 379.000 und nach Tschechien ebenfalls über 300.000. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei über 400.000.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Im Osten der Ukraine sind nach ukrainischen Behördenangaben weitere Zivilisten Opfer der russischen Angriffe geworden. So kam es in der Stadt Lyman in der Region Donezk zu russischem Beschuss. Auch ein weiterer nahegelegener Ort wurde beschossen.
In der Region Luhansk würden die russischen Truppen die Stadt Rubischne ins Visier nehmen und Angriffe auf Sjewjerodonezk und Slawjansk vorbereiten.
Ebenfalls gab es weitere Angriffe in der Region Charkiw. Wohngebiete in und um die Stadt seien beschossen worden. Es gab Tote und Verletzte.
Für die Evakuierungsaktion von 100 Zivilisten aus dem Stahlwerk der südlichen Hafenstadt Mariupol ist gestern eine kurzzeitige Feuerpause eingetreten. Präsident Selenskyj hofft, dass heute weitere Evakuierungen möglich seien. Es werde alles getan, um die Menschen aus dem Stahlwerk und aus Mariupol insgesamt zu evakuieren. Sofort nach der für die Evakuierung eingelegten Feuerpause waren gestern die Angriffe auf das Stahlwerk fortgesetzt worden.
Ukrainische Streitkräfte wehren nach eigener Darstellung eine Reihe russischer Angriffe in Richtung der Großstadt Saporischschja im Süden des Landes ab und stabilisieren die Fronten südöstlich der Stadt. Die inzwischen eingetretene Kampfpause werde genutzt, um die Abwehrstellungen zu festigen. Russische Einheiten hätten östlich von Saporischschja mehrfach erfolglos versucht, ukrainische Truppen einzukesseln.
In Odessa haben die russischen Streitkräfte nach ukrainischen Angaben ein weiteres Mal eine Brücke mit einer Rakete getroffen. Die strategisch wichtige Brücke liegt an der Mündung des Dnister in das Schwarze Meer und stellt auf ukrainischem Territorium die einzige Straßen- und Eisenbahnverbindung zu einem großen Bereich im Süden der Region Odessa dar.
Die grenznahe russische Stadt Belgorod wurde offenbar erneut von zwei schweren Explosionen erschüttert. Videoaufnahmen und Berichte über angebliche ukrainische Drohnen über Belgorod wurden auf Twitter verbreitet.
Aktuelle Berichte:
Macht Ausbildung ukrainischer Soldaten Deutschland zur Kriegspartei?
Um die ukrainischen Streitkräfte in die Handhabung von aus der NATO gelieferten Waffen einzuweisen, hat unter Führung der USA unter anderem auch die Ausbildung ukrainischer Soldaten auf deutschem Boden begonnen. Die Frage stellt sich, ob man dadurch zur Kriegspartei wird. Ja, sagt ein völkerrechtliches Gutachten für den Bundestag. Die Bundesregierung sieht das anders. Laut dem Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestags stellt die reine Lieferung schwerer Waffen völkerrechtlich noch keine Kriegsbeteiligung durch den Westen dar. Eine in Deutschland stattfindende Ausbildung könnte aber eine Kriegsbeteiligung darstellen. „Wenn neben der Belieferung mit Waffen auch die Einweisung der Konfliktpartei bzw. Ausbildung an solchen Waffen in Rede stünde, würde man den gesicherten Bereich der Nichtkriegsführung verlassen.” Mit der Ausbildung ukrainischer Soldaten befinde man sich also in einer Grauzone. Das Gutachten führt weiterhin aus, dass auch Kampfhandlungen von NATO-Gebiet aus – etwa Starts von Kampfjets mit ukrainischen Piloten – dazu zählen würden (Tagesschau).
Geheimes Dokument abgefangen: Russen planen die Errichtung von „Südrussland“
Russland soll offenbar die Gründung eines neuen Staates namens „Südrussland” planen. Dies berichtet der ukrainische Sender „Radio Free Europe/Radio Svoboda“ unter Berufung auf ein Dokument von Spitzenpolitikern aus Putins Partei. Welche Gebiete genau dieser neue Staat umfassen soll, wird in dem Dokument nicht klar. Vermutlich wird Russland dabei die Gebiete im Donbass sowie das bereits eroberte Cherson, Mariupol und nach Möglichkeit die gesamte Südukraine bis Odessa im Blick haben. Der Entwurf des Dokuments trägt den Titel „Manifest des südrussischen Volksrats” und ist auf den 16. April datiert (Focus).
1. Mai 2022
Lagebericht
Da Russland in der zweiten Phase des Angriffskriegs auf die Ukraine in seiner Offensive im Osten nicht so vorankommt wie geplant, ist das russische Militär nun offenbar abermals dabei, sich neu zu gruppieren und aufzurüsten. „Russland sammelt zusätzliche Kräfte für neue Angriffe gegen unser Militär im Osten des Landes“, so Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache. Damit versuche Russland den militärischen Druck im Donbass zu erhöhen. Viele der russischen Truppen seien derzeit dezimiert und zeigten eine geschwächte Moral. Auch die Koordination der Truppen weise Mängel auf. Aus diesen Gründen könne Russland derzeit nicht die volle Kampfkraft ausschöpfen, so das britische Verteidigungsministerium. Da die russischen Bodentruppen auf ihrem Eroberungsfeldzug ins Stocken geraten, setzt das Militär in diesen Tagen sowohl im Osten als auch Süden der Ukraine vermehrt auf Angriffe aus der Luft und mittels Artillerie. Auch sind insbesondere Militärstützpunkte und Waffenlager ausgemachte Ziele sowie auch die Lieferwege, über die Russland Nachschub aus dem Westen vermutet. So werden vermehrt Eisenbahnlinien ins Visier genommen. Jüngst wurde etwa auch die Landebahn des Flughafens von Odessa zerstört.
Mittlerweile haben wir den 1. Mai und das Großereignis am 9. Mai rückt näher, an dem Russland alljährlich den „Tag des Sieges“ über das nationalsozialistische Deutschland feiert. Russlands Präsident Putin wird an diesem Tag jedoch nicht jene Erfolge vermelden können, die er sich ursprünglich erhofft hatte. Experten mutmaßen darüber, was Putin dennoch verkünden könnte und in welche Richtung er strategisch weiter vorgehen wird. Wird ein russischer Präsident, der in die Ecke gedrängt wurde und weltweit isoliert ist, sich veranlasst sehen, nun noch weiter zu eskalieren? Der Politikwissenschaftler Thomas Jäger hält es für möglich, dass Präsident Putin an diesem Tag offiziell einen Krieg erklären und neue Offensiven sowie Kriegsziele verkünden könnte, die über seine bisherige Darstellung, nur eine „Spezialoperation” durchzuführen, hinausgehen. Die andere Möglichkeit nach Jäger wäre, dass Putin nicht auf eine weitere Eskalation setzt, sondern vielmehr eine neue Risikokalkulation anstellt und seine ursprünglich gesetzten Ziele an die Möglichkeiten anpasst, die die russischen Streitkräfte momentan zu leisten imstande sind – und darüber hinaus sich für die bislang errungenen Erfolge und Geländegewinne im Osten und Süden der Ukraine feiern lässt. Insbesondere die Eroberung der südukrainischen Region Cherson sei laut Angaben der britischen Regierung für Russland offenbar von wichtiger Bedeutung. Seit der Einnahme der Region hat Russland seinen Einfluss dort durch Installation einer prorussischen Regionalregierung ausgebaut und möchte es dauerhaft kontrollieren. Einer vollständigen Einnahme Mariupols steht hingegen noch immer das von einer ukrainischen Einheit gehaltene Stahlwerk entgegen. Auch die Großstadt Charkiw konnte Russland bislang nicht einnehmen.
Beobachter sprechen indes von einem Abnutzungskrieg, der für die nächsten Wochen oder Monate bevorstehe oder bereits im Gange sei. Sowohl das russische als auch das ukrainische Militär würden versuchen, dem Gegner so schwere Verluste zuzufügen, bis sich das Kräfteverhältnis so darstelle, dass sich für beide Seiten Möglichkeiten für Verhandlungen über ein Ende des Krieges eröffneten.
Der Westen, die NATO und allen voran die USA versuchen mit ihren Waffenlieferungen die Verteidigungsfähigkeit der Ukraine zu stärken, um letztendlich auch die Position der Ukraine für Verhandlungen zu stärken. Insgesamt 33 Milliarden hatten die USA der Ukraine an Unterstützung jüngst zugesagt. Dabei sei es in dieser Phase des Krieges wichtig, dass die ukrainische Armee möglichst rasch von sowjetischer Ausrüstung auf NATO-Modelle umsteige, so der ukrainische Oberbefehlshaber Walerij Saluschnyj. Erste Ausbildungen ukrainischer Soldaten hierfür haben in diesen Tagen in Deutschland begonnen.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Seit Wochen sind die Verhandlungspartner der russischen und ukrainischen Seite nicht mehr zusammen an einem Tisch gesessen, um ihre Positionen auszutauschen. Zuletzt war im März ein Treffen in der Türkei erfolglos über die Bühne gegangen. Der türkische Präsident Erdogan hat sich wiederholt angeboten, ein weiteres Treffen der Delegationen zu arrangieren. Gestern sind ein Sprecher des türkischen Präsidenten sowie der türkische Außenminister zu Gesprächen mit Präsident Selenskyj nach Kiew gereist. Das Ziel sei, einen Weg für ein Gipfeltreffen zwischen Selenskyj und Putin zu ebnen.
Außerdem hat Nancy Pelosi, Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, den ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Kiew besucht. Pelosi bedankte sich bei Selenskyj für den „Kampf um die Freiheit”. Man befinde sich an einer Grenze der Freiheit und der Kampf der Ukrainer sei ein Kampf für alle, so Pelosi.
Ferner soll auch Unionschef Friedrich Merz einen Besuch planen. Bereits am Montag wolle er laut Medienberichten nach Kiew reisen. Mit einer Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz wird derzeit nicht gerechnet, nachdem Bundespräsident Steinmeier vor einigen Wochen in Kiew nicht willkommen geheißen worden war.
Evakuierungen: Aus dem Stahlwerk der besetzten Hafenstadt Mariupol konnten gestern zumindest 20 Zivilisten evakuiert werden. Die Frauen und Kinder seien zu einem vereinbarten Ort gebracht worden. Laut ukrainischen Angaben soll im Rahmen der Evakuierungsaktion auch die anderen Menschen aus dem belagerten Stahlwerk Azovstal gerettet werden. Heute soll es gelungen sein, weitere 100 Zivilisten aus dem Stahlwerk zu befreien. Mehrere Hundert Menschen sollen sich noch dort befinden, zusammen mit rund 2000 Soldaten.
Flüchtlinge: Nach Angaben der UN sind mittlerweile knapp 5,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz über drei Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 817.000, nach Ungarn 519.000, in die Republik Moldau 443.000, in die Slowakei 371.000 und nach Tschechien ebenfalls über 300.000. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei rund 400.000.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
In der Region Donbass im Osten haben ukrainische Truppen nach eigenen Angaben zwei russische Kampfflugzeuge und mehrere Drohnen abgeschossen.
In der Stadt Isjum meldet Kiew einen Angriff auf den russischen Armeestab. Auch der russische Generalstabschef Waleri Gerassimow sei vor Ort gewesen.
Nach ukrainischen Angaben sollen mehrere Menschen getötet worden sein.
In Mariupol setzt Russland nach ukrainischen Angaben seine Angriffe auf das belagerte Stahlwerk weiter fort. Das Stahlwerk von Asovstal liege unter kontinuierlichem Beschuss, erklärt das ukrainische Militär. Gestern war es gelungen, 20 Zivilisten aus dem Stahlwerk zu evakuieren..Heute konnten weitere 100 Zivilisten aus dem Stahlwerk befreit werden. Mehrere Hundert Menschen sollen noch dort befinden, zusammen mit rund 2000 Soldaten.Die Ehefrauen von ukrainischen Soldaten im Stahlwerk haben in einem Appell auch um die Rettung der Soldaten gebeten: „Wir können nicht nur von Zivilisten reden. Wir hoffen, dass wir auch Soldaten retten können – nicht nur tot, nicht nur verwundet, sondern alle.”
Nach russischen Angaben sollen ukrainische Streitkräfte Dörfer in der Region Cherson unter Beschuss genommen haben. Dabei seien Zivilisten getötet und verletzt worden, so das russische Verteidigungsministerium. Ukrainische Streitkräfte hätten eine Schule, einen Kindergarten und einen Friedhof in den Dörfern Kyseliwka und Schyroka Balka beschossen, so das Ministerium. Angaben über den Zeitpunkt des Angriffes oder die Zahl der Toten und Verletzten wurden nicht gemacht. Die Ukraine hat bisher nicht auf den Bericht reagiert.
In Odessa hat gestern ein russischer Raketenangriff die Landebahn des Flughafens zerstört. Die russischen Truppen hätten die südukrainische Hafenstadt von der Schwarzmeerhalbinsel Krim aus angegriffen, teilte der Gouverneur des Gebiets Odessa mit.
In der russischen Region Kursk an der Grenze zur Ukraine ist russischen Angaben zufolge eine Eisenbahnbrücke beschädigt worden. Der Gouverneur der Region, Roman Starowoit, sprach von einem Sabotageakt auf den Güterverkehr. Die russischen Eisenbahnen spielen eine wichtige Rolle für die militärische Logistik. Inzwischen meldet die russische Seite nahezu täglich Angriffe in der russischen Grenzregion.
Ferner hat gestern ein russisches Aufklärungsflugzeug laut Angaben des schwedischen Verteidigungsministeriums den schwedischen Luftraum verletzt. Die Propellermaschine vom Typ AN-30 sei zeitweise unerlaubt in den schwedischen Luftraum eingedrungen, erklärte der Generalstab der schwedischen Armee.
Aktuelle Berichte:
Mai-Kundgebungen im Zeichen des Krieges: Warnung vor Sozialabbau und Rüstungswettlauf
Auf Mai-Kundgebungen in Deutschland haben Gewerkschafter angesichts des Ukraine-Krieges vor Sozialabbau und Rüstungswettlauf gewarnt. Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbunds, Reiner Hoffmann, sagte mit Blick auf die Erhöhung des Wehretats: „Wir brauchen dieses Geld für Zukunftsinvestitionen in die Transformation. Und wir brauchen es für die Leistungsfähigkeit unseres Sozialstaats.” Er forderte auf einer Kundgebung in Berlin, militärische Friedenssicherung dürfe nicht zulasten des sozialen Friedens gehen, Bundeskanzler Scholz versprach, trotz erhöhter Rüstungsausgaben die Sozialpolitik fortzuführen. Bei einer Kundgebung in Düsseldorf wurde er als „Lügner" und „Kriegstreiber" beschimpft (MDR).
Zivilisten verlassen Stahlwerk in Mariupol
Eine von der UN vermittelte Evakuierungsaktion zur Rettung von Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk in Mariupol ist gestartet. Nach ukrainischen Angaben konnten heute rund 100 Zivilisten befreit werden. Die Menschen sind mittlerweile im ukrainischen Saporischschja angekommen. Durchgeführt wird die Aktion vom Roten Kreuz, Russland und der Ukraine. In den folgenden Tagen sollen weitere der Zivilisten befreit werden (Tagesschau).
Reaktion auf Ukraine-Krieg: NATO startet Manöver in Osteuropa
Die NATO hat mit den Manövern „Defender Europe 2022“ und „Swift Response“ in Osteuropa begonnen. Laut polnischen Angaben sind rund 18.000 Soldaten aus mehr als 20 Ländern an den Manövern beteiligt. Neben Polen finden die Übungen in acht weiteren Ländern über mehrere Wochen statt. Die NATO führt zwar regelmäßig Übungen an der Ostflanke zur Verbesserung der Sicherheit durch, doch dieses Jahr stehen sie in direktem Zusammenhang mit dem Ukraine-Konflikt (Frankfurter Rundschau).
Scholz verteidigt seine Ukraine-Politik
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich zu der Kritik geäußert, er agiere angesichts der russischen Aggression mit seiner Ukraine-Politik zu zögerlich und ängstlich. „Ich treffe meine Entscheidungen schnell und abgestimmt mit unseren Verbündeten. Übereiltes Agieren und deutsche Alleingänge sind mir suspekt”, sagte Scholz. Er werde an seinem Kurs festhalten: „Ich bin nicht ängstlich genug, um mich von solchen Vorwürfen beeindrucken zu lassen.” Gleichzeitig betonte er, dass harsche Kritik an seinen Entscheidungen legitim sei. Auch Umfragewerte, nach denen seine Beliebtheit deutlich gesunken ist, ließen ihn nicht umdenken: „Umfragen sollte man zur Kenntnis nehmen, man darf aber nicht sein Handeln davon abhängig machen, gerade in Fragen von Krieg und Frieden wäre das brandgefährlich” (Tagesschau).
Ukraine-Krieg: Kann es je Frieden geben? Ein Expertengespräch
Die Angst vor einer weiteren Eskalation im Krieg um die Ukraine ist groß. Im Interview erklären eine Expertin und zwei Experten, wie sich der Krieg weiterentwickeln kann und worauf es bei einem möglichen Frieden ankommt. Russland-Expertin Hanna Notte vom James Martin Center for Nonproliferation Studies, Politikwissenschaftler Thomas Jäger, Professor für Internationale Politik und Außenpolitik an der Universität Köln, und Martin Schulze Wessel, Professor für Geschichte Ost- und Südosteuropas an der LMU München, erklären im Gespräch mit BR24, wie sich der Krieg in den kommenden Wochen und Monaten weiterentwickeln könnte und worauf es bei möglichen Friedensverhandlungen am Ende ankommt (BR24).
April 2022
April 2022
30. April 2022
Lagebericht
Laut Angaben des US-Verteidigungsministeriums kommt die russische Offensive nach wie vor nur schleppend voran. Russland könne bei seinem Vorgehen im Donbass seinen eigenen Zeitplan nicht einhalten. Der Versuch, aus Mariupol im Süden in Richtung Norden vorzurücken, um die ukrainischen Einheiten im Osten der Ukraine einzukreisen, laufe nicht wie geplant. Russland lenkt den Fokus seiner Offensive aktuell auf die Region Charkiw im Nordosten. Die Lage dort sei schwierig, aber das ukrainische Militär und die Geheimdienste hätten wichtige taktische Erfolge erzielt, so der ukrainische Präsident in seiner täglichen Videoansprache. Die ukrainischen Streitkräfte würden die Besatzer in alle Richtungen schlagen, in die sie vorzudringen versuchten. So haben die russischen Streitkräfte nach ukrainischen Angaben ihre Bodenangriffe in Richtung Isjum vorläufig eingestellt, wie der ukrainische Generalstab in seinem gestrigen Lagebericht mitteilte. Die russischen Kräfte beschränkten ihre Aktivitäten in diesem Gebiet demnach auf Aufklärung und Artilleriebeschuss. Die Gegend um Isjum war in den Tagen zuvor die Hauptstoßrichtung der russischen Truppen gewesen. Doch lange wird die Pause nicht währen, der ukrainsiche Generalstab meldete heute, dass in der Nähe der Stadt Isjum Russland weitere Truppen für Angriffe auf Isjum zusammenziehe.Offenbar sind die russischen Einheiten aufgrund des starken ukrainischen Widerstands erneut geschwächt, weshalb sie sich veranlasst sehen, Streitkräfte neu aufzustellen und zu verstärken
Russlands Außenminister Lawrow warf der NATO indes vor, das Ende der „Spezialoperation” durch politische Vereinbarungen und Waffenlieferungen zu verhindern. Russland kenne die Routen, über die der Westen Waffen an die Ukraine liefern wolle. Die gelieferten Waffen sollten nun zum Ziel der „Spezialoperation” werden, „sobald sie das Territorium der Ukraine erreichen”. Die Operation werde im Übrigen dann ein Ende nehmen, wenn alle Ziele erreicht seien. Dies sei, die Zivilbevölkerung in der Ostukraine zu schützen und sicherzustellen, „dass es keine Bedrohungen aus dem Territorium der Ukraine für diese Bevölkerung und für Russland gibt”. Russland sehe sich ferner nicht im Krieg mit der NATO. Vielmehr glaube die NATO, mit Russland im Krieg zu sein, sagte Lawrow weiter. Russland drohe nicht mit Atomwaffen, westliche Medien übertrieben bei diesem Thema: „Wir ‚spielen? nicht mit einem Atomkrieg.” Auch das US-Verteidigungsministerium sieht keine Bedrohung durch russische Atomwaffen. „Wir beobachten weiterhin jeden Tag ihre atomaren Kapazitäten, so gut wir können. Wir haben nicht den Eindruck, dass es eine Bedrohung durch einen russischen Einsatz von Atomwaffen gibt”, so ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums.
Derweil haben die Ausbildungen ukrainischer Soldaten in Deutschland und an anderen Standorten begonnen, so der Sprecher des US-Verteidigungsministers, John Kirby. Ukrainische Soldaten sollen im Umgang mit Haubitzen und anderen Waffensystemen trainiert werden, die sie zur Unterstützung im Krieg gegen Russland bekommen. Die Slowakei und Polen haben indes eine Vereinbarung getroffen, die es ermöglicht, slowakische MiG-29-Kampfflugzeuge an die Ukraine zu übergeben. Die NATO gab ferner bekannt, in den kommenden Wochen europaweit große Militärübungen zu planen. Die Manöver sollen in Finnland, Polen, Nordmazedonien und entlang der Grenze zwischen Estland und Lettland stattfinden, wie die NATO mitteilte. Neben den Mitgliedsländern der NATO beteiligen sich Finnland und Schweden auch Staaten an den Übungen, die nicht Mitglied der NATO sind. Beide Länder erwägen jedoch einen baldigen Beitritt in das westliche Militärbündnis.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Seit Ende März gab es kein gemeinsames Treffen mehr vor Ort. Dennoch diskutierten die russische und die ukrainische Delegation nach Angaben des russischen Außenministers Sergej Lawrow täglich über den Entwurf eines möglichen Abkommens zur Beendigung des Kriegs. Für das schleppende Vorankommen der Verhandlungen macht Lawrow vor allem auch die westliche Unterstützung für die Ukraine verantwortlich. Die Verhandlungen würden durch die „militante Rhetorik und hetzerische Aktionen der westlichen Unterstützer von Kiew” behindert. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte, es bestehe ein hohes Risiko, dass Kiew die Verhandlungen mit Moskau abbreche. Er forderte erneut direkte Verhandlungen mit Kremlchef Wladimir Putin.
Evakuierungen: Laut ukrainischen Angaben sei für die Hafenstadt Mariupol eine „Operation” geplant, um die Menschen aus dem belagerten Stahlwerk Azovstal zu retten. Zuletzt hatte sich UN-Generalsekretär António Guterres dafür eingesetzt, für die Zivilisten einen humanitären Korridor zu öffnen.
Nach Einschätzung des russischen Außenministers Sergej Lawrow sind seit dem 24. Februar rund eine Million Menschen aus der Ukraine nach Russland „in Sicherheit” gebracht worden. Davon würden 120.000 Menschen aus den Regionen Donezk und Luhansk stammen. Die ukrainische Seite wirft Russland vor, Hunderttausende Ukrainer zwangsweise nach Russland gebracht zu haben.
Flüchtlinge: Nach Angaben der UN sind mittlerweile über 5,4 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz rund drei Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 817.000, nach Ungarn 507.000, in die Republik Moldau 439.000, in die Slowakei 367.000 und nach Tschechien ebenfalls über 300.000. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei rund 400.000.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Die russischen Streitkräfte haben bei ihrer Offensive im Osten aktuell insbesondere die Großstadt Charkiw ins Visier genommen. Hier waren in der Nacht zum Samstag heftige Explosionen zu hören. Die ukrainischen Streitkräfte konnten nach eigenen Angaben in der Nähe der Stadt das „strategisch wichtige” Dorf Ruska Losowa zurückerobern.
Im Gebiet Donezk sprengte die ukrainische Armee nach eigenen Angaben eine Eisenbahnbrücke. Dabei sei ein russischer Güterzug getroffen worden. Eine zentrale Eisenbahnverbindung nach Lyman, das im Epizentrum der Kämpfe in der Ostukraine liege, sei damit zerstört.
In der Hafenstadt Mariupol würde sich die russische Armee offenbar auf eine Erstürmung des Stahlwerks vorbereiten. Nach Angaben ukrainischer Behörden sperren russische Truppen bestimmte Gebiete der Stadt ab. Dies könne ein Hinweis auf einen neuen Versuch zur Einnahme des Asowstal-Werks sein. Die Situation im Stahlwerk sei „jenseits einer humanitären Katastrophe“, so der ukrainische Kommandeur Serhij Wolyna. Er wies nochmals auf die katastrophalen Zustände hin, unter welchen die verbliebenen Menschen im Stahlwerk, darunter auch viele Kinder, ausharren müssten. Es gebe keine lebensnotwendige medizinische Ausrüstung mehr, um die Verwundeten zu versorgen. Darüber hinaus habe man „sehr wenig Wasser, sehr wenig zu essen“. Indes meldet Russland, aus dem Stahlwerk seien 25 Zivilisten evakuiert worden. Unter den Geretteten seien sechs Kinder.
In Odessa hat das russische Militär nach Angaben der Ukraine den Flughafen angegriffen. Ein russischer Marschflugkörper sei auf der Start- und Landebahn eingeschlagen und habe diese unbrauchbar gemacht, teilt das ukrainische Militär mit.
Die grenznahe russische Region Kursk soll nachrussischer Darstellung von ukrainischer Seite attackiert worden sein. Am Samstagnachmittag sei ein Grenzübergang in der Ortschaft Krupez mit Granaten angegriffen worden, teilt der Gouverneur der westrussischen Region mit.
Aktuelle Berichte:
USA trainieren ukrainische Soldaten in Deutschland
Die USA bilden in Deutschland und an anderen Standorten ukrainische Soldaten im Umgang mit militärischer Ausrüstung aus. Das ukrainische Militär werde an mehreren Standorten außerhalb der Ukraine trainiert, darunter Deutschland, so der Sprecher des US-Verteidigungsministers, John Kirby. Es gehe unter anderem um den Umgang mit Haubitzen und anderen Waffensystemen, die Kiew zur Unterstützung im Krieg gegen Russland bekomme. Das Training auf deutschem Boden habe bereits begonnen. Aktuell würden zwei Gruppen von rund 50 ukrainischen Streitkräften an US-amerikanischen Artilleriegeschützen geschult. Die sollen dann wiederum - zurück in der Ukraine - die eigenen Truppen ausbilden (Tagesschau).
Das Ende der Neutralität?
Länder wie die Schweiz, Schweden oder Irland gehören keinem Militärbündnis an. Seit dem russischen Angriff auf die Ukraine stellen sie ihre Neutralität jedoch mehr und mehr in Frage. Lange Zeit galten Schweden und Finnland als neutral. Doch der Ukraine-Krieg könnte die nordeuropäischen Länder nun in die Arme der NATO treiben. Beide Länder erwägen auch einen baldigen EU-Beitritt. Der Ukraine-Krieg habe auch in der Schweiz eine Zeitenwende eingeläutet, sagt der Historiker Michael Gehler. Die Beteiligung an Sanktionen gegen die Russische Föderation sei neu, das habe die Schweiz bislang nie gemacht, so Gehler (Deutsche Welle).
Möglich, dass Putin am 9. Mai Krieg erklärt
Es gibt momentan im Westen zwei Positionen: Die einen sagen, man muss auf Abschreckung setzen und Putin klare Grenzen aufzeigen, damit er nicht weiter eskaliert. Die anderen sagen, durch immer mehr Waffenlieferungen wird alles nur noch schlimmer. Laut dem Politikwissenschaftler Thomas Jäger stehen Putin am 9. Mai aus seiner Sicht vor zwei Möglichkeiten. Er könnte eine neue Risikokalkulation anstellen und seine ursprünglich gesetzten Ziele anpassen an die Möglichkeiten, die die russischen Streitkräfte momentan zu leisten im Stande sind. Die andere wäre, dass er auf eine weitere Eskalation setzt und etwa am 9. Mai einen Krieg erklärt, neue Offensiven und Kriegsziele verkündet und von dem Narrativ Abstand nimmt, in der Ukraine nur eine „Spezialoperation” durchzuführen (n-tv).
29. April 2022
Lagebericht
Die ukrainische Hauptstadt Kiew ist während des Besuchs von UN-Generalsekretär António Guterres zum Ziel eines russischen Raketenangriffs geworden. Der Angriff soll sich in nur 3,5 Kilometern Entfernung vom Ort einer gemeinsamen Pressekonferenz des UN-Generalsekretärs und des ukrainischen Präsidenten ereignet haben. Guterres zeigte sich geschockt. Der ukrainische Präsident Selenskyj teilte später mit, dass fünf russische Raketen in Kiew eingeschlagen seien. Der russischen Regierung warf er vor, die UN demütigen zu wollen. Ein Berater des Präsidenten sprach davon, Russland habe Guterres gewissermaßen „in den Rücken geschossen“. Nach Angaben des ukrainischen Rettungsdienstes sollen bei dem Angriff mindestens zehn Menschen verletzt worden sein. Ein 25-stöckiges Gebäude sei teilweise zerstört worden. Russland bekannte sich am Freitag zum Raketenangriff. Das Verteidigungsministerium in Moskau erklärte, dass „hochpräzise, luftgestützte Langstreckenwaffen der russischen Luftwaffenkräfte die Produktionsgebäude des Raketen- und Raumfahrtunternehmens Artiom in Kiew zerstört hätten“. Ein ARD-Reporter in Kiew bestätigte hingegen, dass bei dem Angriff auch Wohngebäude getroffen wurden. Auch aus weiteren ukrainischen Städten wie Odessa und Mykolajiw gab es am Freitag Berichte über russischen Raketenbeschuss.
Den eigentlichen Fokus der russischen Militärstrategie bildet nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums allerdings weiterhin die Eroberung der Region Donbass im Osten der Ukraine. Damit wolle Russland die Kontrolle über die ostukrainischen Regionen Donezk und Luhansk sichern. Bislang hätten die russischen Truppen aufgrund des starken ukrainischen Widerstands allerdings nur geringe Geländegewinne erzielt. Auch habe Russland im Donbass bereits hohe Verluste erlitten. Ukrainischen Angaben zufolge haben die russischen Streitkräfte ihre Bodenangriffe im Osten des Landes sogar vorläufig eingestellt. Der ukrainische Generalstab teilte mit, Russland beschränke sich derzeit auf Aufklärungsaktivitäten und Artilleriebeschuss. Auch an anderen Frontabschnitten gestalte sich die Lage derzeit verhältnismäßig ruhig.
Bereits in der Nacht auf Freitag hat Russland seine Artillerie- und Luftangriffe auf das Stahlwerk Asowtal verschärft. Auf dem Gelände der in Mariupol gelegenen Industrieanlage haben sich ukrainische Verteidiger der Hafenstadt verschanzt – auch Zivilisten befinden sich offenbar noch immer auf dem Gelände. Wie das US-amerikanische Kriegsforschungsinstitut Institute for the Study of War berichtete, soll bei den Angriffen auch ein Feldlazarett getroffen worden sein. Der ukrainische Präsident Selenskyj gab sich gleichwohl zuversichtlich, dass unter Vermittlung der UN eine Lösung zur Evakuierung gefunden werden könne. Ein russisches Entgegenkommen ist in dieser Frage bisher allerdings kaum zu erkennen. Kreml-Sprecher Peskow verwies gegenüber der Nachrichtenagentur Tass auf den Standpunkt des russischen Präsidenten: Putin habe klargemacht, dass die Zivilisten das Stahlwerk verlassen dürften; ukrainischen Soldaten werde im Falle ihrer Kapitulation das Leben und medizinische Versorgung garantiert – allerdings kein freier Abzug.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie:
Trotz des russischen Raketenangriffs auf Kiew, der noch während des Besuchs von UN-Generalsekretär Guterres in der ukrainischen Hauptstadt erfolgte, zog der ukrainische Präsident nach der Abreise des UN-Chefdiplomaten ein positives Fazit: Es sei wichtig, dass Guterres die in der Region Kiew gelegene Stadt Borodjanka besucht und mit eigenen Augen gesehen habe, was die russischen Besatzer dort angerichtet hätten. Es könne nun keine Zweifel mehr geben, dass Russlands Armee die Grundlagen der nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffenen Weltordnung mit Füßen getreten habe, so Wolodymyr Selenskyj.
Direkte Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine hat es zuletzt Ende März gegeben. Beide Parteien betonen zwar ihre grundsätzliche Verhandlungsbereitschaft, warten derzeit aber auf ein Entgegenkommen der jeweils anderen Seite.
Evakuierungen: Wie das Präsidialamt in Kiew mitteilte, ist für heute eine weitere Evakuierungsaktion für Zivilisten aus dem belagerten Stahlwerk von Mariupol geplant. Offenbar ist auch UN-Generalsekretär Guterres weiterhin in die Verhandlungen über eine Evakuierungsaktion involviert. Russlands Präsident Putin drängt weiterhin auf eine Kapitulation der ebenfalls auf dem Gelände des Stahlwerks befindlichen ukrainischen Kämpfer.
Flüchtlinge: Nach Informationen der Bundespolizei sind seit Kriegsbeginn 390.000 Menschen aus der Ukraine nach Deutschland geflohen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) wies gegenüber RTL/n-tv darauf hin, dass die tatsächliche Zahl aber weitaus höher liegen dürfte. Der Umstand, dass Menschen aus der Ukraine ohne ein Visum einreisen dürfen, führe hinsichtlich der Zahlen zu einer Diskrepanz.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Laut eines Berichts der russischen Nachrichtenagentur RIA haben ukrainische Truppen ein Öldepot in der von prorussischen Separatisten gehaltenen Stadt Donezk beschossen und beschädigt. In ihrer Meldung bezieht sich die Nachrichtenagentur auf Informationen, die Vertreter der Separatisten online veröffentlicht hatten.
In der zentralukrainischen Region Dnipropetrowsk sind nach Angaben von Regionalgouverneur Valentyn Resnitschenko zwei Orte mit russischen Raketen beschossen worden. Über etwaige Tote und Verletzte lägen derzeit noch keine Informationen vor.
Der zwischen Russland und der Ukraine gelegene Grenzübergang im ukrainischen Dorf Krupez soll nach russischen Angaben von der Ukraine angegriffen worden sein. Schäden oder Verletzte habe es jedoch nicht gegeben, so der Gouverneur der angrenzenden russischen Region Kursk.
Die internationale Atomenergiebehörde IAEA ist derzeit mit der Prüfung eines Berichts der Ukraine befasst, wonach eine russische Rakete direkt über ein Atomkraftwerk geflogen sein soll. „Hätte sich eine solche Rakete verirrt, hätte das schwerwiegende Auswirkungen auf die Anlage haben und möglicherweise zu einem nuklearen Unfall führen können“, so IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi. Der Zwischenfall soll sich am 16. April, ungefähr 350 Kilometer südlich von Kiew ereignet haben.
Aktuelle Berichte:
US-Kongress beschließt umfangreiche Militärhilfe für die Ukraine
Mit großer Mehrheit hat der US-Kongress die Reaktivierung eines Gesetzes beschlossen, das im Zweiten Weltkrieg die Briten in ihrem Kampf gegen das nationalsozialistische Deutschland unterstützen sollte. Nun soll die Neuauflage des ursprünglich 1941 beschlossenen Lend-Lease-Acts der US-Administration erlauben, der Ukraine eine große Menge an Waffen zur Verfügung zu stellen. US Präsident Biden warb vor dem Kongress zudem um weitere Hilfsgelder für die Ukraine in Höhe von 33 Milliarden US-Dollar. Biden betonte, man greife Russland nicht an – es gehe vielmehr darum, der Ukraine zu helfen, sich gegen den russischen Überfall zur Wehr zu setzen. Der amerikanische Verteidigungsminister Lloyd Austin hatte dagegen zu Wochenbeginn das Ziel erklärt, das russische Militär so zu schwächen, dass es kein anderes Land mehr überfallen könne (Tagesschau).
Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine: Wer macht den nächsten Zug?
Russland und die Ukraine sprechen von Verhandlungsbereitschaft, sehen aber die Bringschuld jeweils beim Gegner. Schon die Einschätzung, ob es neue Vorschläge gegeben hat, gehen auseinander. Indes bietet sich der türkische Präsident Erdogan erneut als Vermittler an (Tagesschau).
Habermas unterstützt abwartende Haltung von Bundeskanzler Scholz
Jürgen Habermas, Philosoph der Frankfurter Schule und einer der bedeutsamsten Intellektuellen der Gegenwart, hat die abwartende Haltung von Bundeskanzler Scholz in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung verteidigt. Habermas sieht das Dilemma der demokratischen Staaten darin begründet, auf der einen Seite nicht riskieren zu können, dass Russland zum Einsatz von Atomwaffen greift, andererseits aber auch nicht zulassen dürfe, sich von Putin nach Belieben erpressen zu lassen. Die Ukraine ihrem Schicksal zu überlassen wäre nach Ansicht von Habermas nicht nur unter politisch-moralischen Gesichtspunkten ein Skandal, sondern man würde mit einem solchen Vorgehen auch riskieren, dass sich eine ähnliche Konstellation in anderen osteuropäischen Ländern wiederholen könnte. „Wer wäre dann der Nächste?“, fragt Habermas im Hinblick auf andere von Russland bedrohte Staaten. Vor diesem Hintergrund unterstützt Habermas die Haltung von Kanzler Scholz, der zu Recht auf eine „politisch zu verantwortenden und sachlich umfassend informierten Abwägung“ bestehe. Derzeit sehe sich der Kanzler jedoch mit einem „schrillen, von Pressestimmen geschürten Meinungskampf über Art und Ausmaß der militärischen Hilfe für die bedrängte Ukraine“ konfrontiert. (Der Spiegel).
28. April 2022
Lagebericht
Die russischen Truppen haben ihre Angriffe im Süden und Osten der Ukraine fortgesetzt, kamen aber bislang laut westlicher Geheimdienstinformationen bei ihrer Offensive im Osten nur langsam voran. Lediglich ein paar Dörfer und Kleinstädte südlich von Isjum und im Umfeld von Rubischne konnten erobert werden. Jedoch haben die russischen Streitkräfte nach Angaben des ukrainischen Generalstabs das Tempo ihrer Angriffe im Osten nun deutlich erhöht. Die russischen Besatzer würden praktisch von allen Seiten intensiv angreifen und Ziele unter Beschuss nehmen. Russland ziehe zusätzliche Kräfte in die Nähe von Isjum im Gebiet Charkiw zusammen.
Der frühere NATO-General Erhard Bühler ist der Ansicht, die russische Offensive im Osten verlaufe insgesamt betrachtet außerordentlich zäh. Die russischen Verbände seien noch immer geschwächt von den Verlusten der ersten Kriegswochen und hätten noch nicht die Gelegenheit gehabt, sich richtig aufzufrischen und für genügend Nachschub zu sorgen. Bühler erwartet keine schnelle Lösung; der Krieg werde ein zähes Ringen bleiben. Er bezweifelt eher, dass es Russland gelingen werde, die ukrainischen Truppen im Osten zu umzingeln und den gesamten Donbass einzunehmen. Russland fehle es an der Kampfkraft, Willen, Moral und auch der Versorgung, ein solch große Operationen erfolgreich durchzuführen. Das Hufeisen auf der Karte, das die von Russland besetzten Gebiete zeige, sei seit geraumer Zeit nahezu unverändert. Bühler hält es für nicht unwahrscheinlich, dass die Ukraine diesen Status quo zumindest wird halten können.
Vermutlich müsse man sich jedenfalls auf einen sich noch länger hinziehenden Krieg einstellen. Das könne so lange gehen, bis beide Seiten ihre militärische Handlungsfähigkeit verloren hätten und es dann zu einem Waffenstillstand komme. In diesem Fall würde der Krieg dann abermals in einen jahrelangen eingefrorenen Konflikt übergehen, wie es bereits in der Kriegsphase nach 2014/2015 der Fall war, der früher oder später wieder aufflammen könnte. Würden Putins Ambitionen jetzt nicht gestoppt, dann bestehe die Gefahr, dass er auf mittlere Sicht weitermachen und sich womöglich auch auf andere Länder konzentrieren werde.
Politikexperte Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik warnt indes davor, Russlands Entschlossenheit zu unterschätzen: „Es kann kein Zweifel an der Entschlossenheit der russischen Seite bestehen. So wie der Westen versucht, Russland zu schaden im Kontext des Krieges, wird Russland versuchen, dem Westen zu schaden. (...) Es wäre – trotz der Tatsache, dass Russland seine Kriegsziele im weiten Umfang nicht erreicht – fahrlässig anzunehmen, dass Russland den Krieg verliert und jetzt klein beigibt. Davon sind wir weit entfernt.” Ferner weist Kaim auf die globalen Dimensionen des Krieges hin. Zunächst gehe es im aktuellen Krieg zwar um die Dominanz in der Ukraine, darüber hinaus sei es aber ein Konflikt um verschiedene Wertvorstellungen, um politische Ordnungen. Und nicht zuletzt sei der Konflikt ein Stellvertreterkrieg. Die russische Seite sehe hinter der Kampfbereitschaft der Ukraine den Westen, die USA, mit dem Willen, die russische Seite zu schwächen. Gleichzeitig könne man davon ausgehen, dass Russland mehr wolle, als nur die Ukraine zu schwächen, sondern dass es darum gehe, die westliche Grundordnung zu erschüttern und den Einfluss in der Region insgesamt auszubauen.
So sind sicherlich auch die jüngsten Anschläge im Westen an der Grenze zur Ukraine in der selbsternannten Republik Transnistriennicht zu unterschätzen. Die Region wird von einer prorussischen Regierung verwaltet und stationiert seit Jahren russische Truppen. Die Ukraine und die Republik Moldau halten die Anschläge für Provokationen, wie sie in der Vergangenheit auch schon im Donbass erfolgt waren. Sie befürchten, Russland wolle auch diese Region destabilisieren, um einen Grund zu schaffen, dort ebenfalls militärisch aktiv zu werden. Transnistrien könnte vor allem auch zum neuen Einfallstor werden, über das Russland Angriffe auf das nahe gelegene Odessa und die südwestliche Küstenregion starten könnte, um seine von Osten kommende Armee zu unterstützen. Auch die Bedrohungslage in Richtung Rumänien und Bulgarien könnte sich damit verschärfen.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Seit Tagen sind die Verhandlungen rund um eine Beendigung des Ukraine-Kriegs nicht vorangekommen. Der Kreml dämpfte derweil die Erwartungen an die anstehende Wiederaufnahme der Gespräche zwischen den beiden Kriegsparteien.
In Kiew empfängt der ukrainische Präsident Selenskyj UN-Generalsekretär António Guterres. Nachdem dieser zuvor bei Gesprächen in Moskau bei Präsident Putin keine Fortschritte erzielen konnte, gibt es auch kaum Erwartungen an den heutigen Besuch in Kiew.
Evakuierungen: Die Evakuierungen sind seit Tagen ins Stocken geraten. Es konnten keine neuen Fluchtrouten vereinbart werden, die auch tatsächlich funktioniert hätten. Aufgrund des fortwährenden Beschusses könne keine sichere Evakuierung ablaufen. Nichtsdestotrotz werde täglich erneut versucht, humanitäre Korridore zu schaffen, so die stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine, Iryna Wereschtschuk.
Flüchtlinge: Mittlerweile sind nach Angaben der UN bereits knapp 5,4 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz 3 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 800.000, nach Ungarn 507.000, in die Republik Moldau 439.000, in die Slowakei 363.000 und nach Tschechien ebenfalls über 300.000. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei über 380.000.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Bürgermeister Vitali Klitschko hat geflüchtete Einwohner Kiews erneut davor gewarnt, in die ukrainische Hauptstadt zurückzukehren. Kiew sei weiterhin keine sichere Stadt, obschon die ukrainischen Streitkräfte alles täten, um die russischen Raketen abzuschießen. Auch in den Vororten sei es gefährlich, weil dort noch nicht alle Minen geräumt seien. Es seien bereits Menschen getötet worden.
In der Region Sumy nordwestlich von Charkiw berichtete die lokale Verwaltung von mehr als 50 Einschüssen von Mörsern. Alle trafen die Gemeinde Esman.
In der RegionLuhansk konnten die Truppen dank nahezu ständigem Beschuss in Richtung Rubischne vorrücken, so der dortige Gouverneur. Die ukrainischen Truppen würden sich nach eigenen Angaben so lange wehren und zögen sich erst dann zurück, wenn es nichts mehr zu verteidigen gebe, weil alles zerbombt sei. Russische Truppen haben die Orte Popasna, Lyssytschansk und Hirske in der Region Luhansk mehrmals angegriffen. In der Region Donezk stehen die Ortschaften Awdijiwka, Marjinka, Krasnohoriwka, Nowomychajliwka, Lyman und Wuhledar unter ständigem Beschuss.
Die eingekesselte Hafenstadt Mariupol wird weiterhin massiv bombardiert, teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit. Der Kommandeur der 36. ukrainischen Marinebrigade in Mariupol rief erneut per Telegram um Hilfe und wies darauf hin, dass er 600 verwundete Soldaten und Hunderte Zivilisten bei sich in den belagerten Industrieanlagen von Asow-Stahl habe. Bei einem besonders schweren russischen Angriff auf das Stahlwerk sei heute eine nicht näher bezeichnete Zahl von Menschen getötet und verletzt worden Indes warnt der Stadtrat von Mariupol vor eine Ausbruch tödlicher Epidemien in der Stadt. Von den katastrophalne unhygienischen Bedingungen in der kriegsverwüsteten Stadt gehe eine tödliche Gefahr aus. Es mangle an einer zentralen Wasserversorgung und Kanalisation, Tausende Leichen würden unter den Trümmern verwesen. 100.000 in Mariupol verbliebene Menschen könnten an Cholera oder Ruhr erkranken.
Auch die südukrainischen Städte Odessa und Mykolajiw stehen unter Beschuss. In Mykolajiw seien Dutzende Privatwohnungen, Autos und Geschäfte beschädigt worden. In Odessa kam es zu Explosionen, allerdings habe dass die ukrainische Luftabwehr die Lage unter Kontrolle.
Aus der südlichen Stadt Cherson wird ebenfalls über mehrere Explosionen berichtet. Die Detonationen hätten sich unweit des Fernsehzentrums ereignet. Danach sei ein Feuer ausgebrochen. Von der Region Cherson aus greifen russische Truppen in Richtung des Gebiets Mykolajiw und Krywyj Rih an.
In der von Russland eingenommenen Region Cherson wollen prorussische Vertreter ferner laut einem Bericht der Nachrichtenagentur RIA am 1. Mai den Rubel als Zahlungsmittel einführen. In einer Übergangszeit von bis zu vier Monaten werde die russische Devise parallel zur ukrainischen Währung, der Hrywnja, genutzt, sagt Kirill Stremoussow, der ein Komitee vertritt, das sich selbst als „militärisch-zivile Verwaltung” bezeichnet. „Die Frage einer Rückkehr des Gebiets Cherson in die nazistische Ukraine ist ausgeschlossen”, sagte Stremoussow. Einem Bericht des russischen Exilmediums „Meduza” zufolge plant Russland am 14. oder 15. Mai 2022 in dem besetzten Gebiet außerdem ein Referendum zur Schaffung einer „Volksrepublik Cherson” abzuhalten. Während der russischen Besatzung sind in der Region Cherson nach Angaben aus Kiew die Chefs von 35 der 49 Verwaltungseinheiten entführt worden. 17 von ihnen seien wieder freigelassen worden, viele seien jedoch nach wie vor in Gefangenschaft, teilte die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denisowa, mit.
In den vergangenen Tagen war es bereits zu einer Reihe von Angriffen auf russisches Gebiet in Grenznähe gekommen. Auch heute berichten zwei Augenzeugen von starken Explosionen in der russischen Stadt Belgorod nahe der ukrainischen Grenze.
Aktuelle Berichte:
Bundestag stimmt für Lieferung schwerer Waffen
Nach dem Ruf der Ukraine nach schweren Waffen fand die Bundesregierung lange keine einheitliche Linie. Nun hat sich der Bundestag mit großer Mehrheit für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ausgesprochen. Der gemeinsame Antrag der Union und der regierenden Ampel-Parteien für eine Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine wurde mit 586 Stimmen angenommen. In ihm fordern die Abgeordneten die Bundesregierung auf, die „Lieferung benötigter Ausrüstung an die Ukraine fortzusetzen und wo möglich zu beschleunigen und dabei auch die Lieferung auf schwere Waffen und komplexe Systeme etwa im Rahmen des Ringtausches zu erweitern” (Tagesschau).
Hier ein Überblick über die Waffenlieferungen, die Deutschland bereits in Richtung Ukraine getätigt hat, welche nun beschlossen werden und was in nächster Zeit noch folgen könnte (n-tv).
Putin droht Westen mit Gegenschlägen und Gas-Lieferstopps
Putin hat Unterstützerländern der Ukraine mit einer „blitzschnellen Reaktion” gedroht, sollten sie in der Ukraine militärisch eingreifen. Das russische Militär werde nicht zögern, modernste Waffen dafür zu nutzen, sagte der russische Präsident vor Parlamentariern. Russland habe „alle Werkzeuge” für einen schnellen Gegenschlag: „Wir werden nicht lange damit prahlen: Wir werden sie verwenden, wenn wir müssen. Und ich möchte, dass jeder das weiß”, so Putin. Indes hat Russland konkret davor gewarnt, die Ukraine mit schweren Waffen zu versorgen. Das würde die Sicherheit auf dem europäischen Kontinent bedrohen, sagte der russische Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow. Ferner hat Russland nach dem Gaslieferstopp für Polen und Bulgarien auch anderen Ländern mit ähnlichen Schritten gedroht, sollten die Zahlungen beim Staatskonzern Gazprom nicht in Rubel eingehen (n-tv).
Ukraine droht mit Angriffen auf Ziele in Russland
Zuletzt war es immer öfter zu Attacken auf russischem Staatsgebiet gekommen. Unter anderem war ein großes Öllagergetroffen worden. Bislang hatte sich Kiew dazu nicht geäußert. Nun machte Präsidentenberater Podoljak aber deutlich, dass solche Attacken in Russland legitime Verteidigungsakte der Ukraine seien und kündigte weitere Angriffe auf Ziele in Russland an: „Die Ukraine wird sich auf jede mögliche Weise verteidigen, einschließlich Attacken gegen Lager und Stützpunkte der russischen Mörder. Die Welt erkennt dieses Recht an“ (n-tv).
Donbass und Cherson – Termine für Referenden sollen schon feststehen
Seit Wochen sprechen die von Russland unterstützen Separatisten im Osten der Ukraine von einem möglichen Referendum über den Beitritt zu Russland. Laut einem Bericht des russischen Exil-Mediums „Meduza” könnte es schon in zwei Wochen soweit sein. Die Abstimmungen sollen demnach bereits am 14. und 15. Mai stattfinden. Dabei sollen die gesamten Gebiete Donezk und Luhansk „eingegliedert" werden, also nicht nur die vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine von den Separatisten gehaltene begrenzte Region. Das beträfe unter anderem die zerstörte Stadt Mariupol am Asowschen Meer, die Großstadt Kramatorsk sowie weitere Territorien, die noch von Kiew kontrolliert werden und derzeit von Russland noch nicht erobert wurden. In der Region Cherson soll am selben Datum ebenfalls ein Referendum abgehalten werden, allerdings zunächst zur Schaffung einer „Volksrepublik Cherson”. Insidern zufolge könnte jedoch auch diese geplante „Republik” in Zukunft von Russland annektiert werden (n-tv).
In den Gebieten unter russischer Kontrolle sollen die Kommunalregierungen aufgelöst und neue Regierungsstrukturen etabliert werden, so der US-Botschafter der OSZE, Michael Carpenter, in einer online veröffentlichten Rede. Zu Russlands Planungen für die weitere Invasion der Ukraine gehöre ferner eine erzwungene Kapitulation der demokratisch gewählten Regierung der Ukraine. Russische Vertreter und verbündete Rebellen würden für die Ukraine eine neue Regierung und Verfassung vorbereiten.
Geringe Erwartung an Guterres-Besuch
Nachdem UN-Generalsekretär Guterres zunächst nach Moskau gereist war, ist er heute bei Präsident Selenskyj in Kiew zu Gast. Guterres hat in Mosau für seine konkreten Vorschläge keine Zusagen bekomme: weder für seinen Vorstoß, eine Kontaktgruppe ins Leben zu rufen, die für sichere, zuverlässige Fluchtkorridore aus umkämpften Städten sorgen soll, noch für seinen Vorschlag, gemeinsam mit dem Internationalen Komitee des Rotens Kreuzes eine Rettungsaktion für die Menschen in der hart umkämpften Hafenstadt Mariupol zu starten. „Das Thema wird weiter bearbeitet. In diesem Bereich gibt es aber keine konkreten Vereinbarungen", ließ Kreml-Sprecher Peskow am Tag nach dem Treffen lediglich wissen. Somit muss er heute mit leeren Händen in die Gespräche mit Kiew gehen. Zuvor hatte Selenskyj bereits seinen Unmut darüber geäußert, dass Guterres seine Reise nicht zuerst in Kiew begonnen habe (Tagesschau).
27. April 2022
Lagebericht
In der Ukraine wächst die Sorge vor einem russischen Angriff aus Transnistrien. Die im Osten der Republik Moldau gelegene abtrünnige Region ist seit 1992 de facto unabhängig, steht allerdings unter dem maßgeblichen Einfluss Russlands, das in Transnistrien auch einen Teil seiner Truppen stationiert hat. Der ukrainische Präsident Selenskyj betonte, man sei auf einen Angriff aus Transnistrien gut vorbeitet. Hintergrund der Befürchtungen sind mehrere Explosionen, die sich seit Wochenbeginn in Transnistrien ereignet haben. Die dortigen Separatisten hatten Kiew daraufhin vorgeworfen, hinter den Angriffen zu stecken. Die ukrainische Staatsführung wies diesen Vorwurf umgehend zurück und äußerte die Vermutung, dass der russische Geheimdienst die Explosionen inszeniert habe, um Transnistrien in den Konflikt hineinzuziehen. Auch in der vergangenen Nacht soll es in Transnistrien erneute Zwischenfälle gegeben haben. In einer Mitteilung des transnistrischen Innenministeriums war von ukrainischem Beschuss und von Drohneneinsätzen die Rede.
Neue Entwicklungen gibt es auch hinsichtlich der russischen Großoffensive in der Ostukraine. Der ukrainische Generalstab teilte am Mittwoch mit, dass Russland weitere Streitkräfte in den ostukrainischen Landesteil verlegt habe, um seine dortige Offensive weiter voranzutreiben. Demnach soll Russland zwei taktische Bataillone der Luftlandedivision in die Stadt Isjum verlegt haben. Zusätzlich seien zwei weitere russische Raketendivisionen vom Typ Iskander-M in der Grenzregion Belgorod aufgestellt worden. Dem ukrainischen Generalstab zufolge ist dem russischen Militär außerdem ein weiteres Vorrücken in der Region Charkiw gelungen. Nach der Einnahme des südlich von Isjum gelegenen Dorfes Sawody seien die russischen Streitkräfte bis zum Nordrand der Ortschaft Welyka Komyschuwacha vorgedrungen. Heftige Kämpfe sollen sich außerdem an der Frontlinie der Region Donezk ereignet haben. Dort hätten russische Truppen Angriffe in Richtung Sjewjerodonezk, Popasna, Kurachowe und Lyman geführt und dabei die Ortschaften Saritschne und Nowotoschkiwske erobert. Einen großen Durchbruch der russischen Offensive markieren diese Eroberungen indes nicht.
Nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums behält die Ukraine ungeachtet der russischen Offensive weiterhin die Kontrolle über einen Großteil ihres Luftraums. Den russischen Truppen sei es bislang nicht gelungen, der ukrainischen Luftwaffe nachhaltige Schäden zuzufügen. Wie die Briten in ihrem aktuellen Lagebericht erläutern, konzentriert Russland seine Luftangriffe derzeit offenbar vornehmlich auf den Süden und Osten der Ukraine, um die dort eingesetzten Bodentruppen zu unterstützen. Auch Mariupol und das Stahlwerk Asowtal – der letzte Rückzugsort der verbliebenen ukrainischen Soldaten – würden weiterhin bombardiert. Dort sollen die russischen Bombenangriffe nach Angaben des Ministeriums häufig sehr ungezielt erfolgen – für Zivilisten bedeute dies eine zusätzliche Gefährdung.
Russland selbst gab am Mittwoch bekannt, ein ukrainisches Depot beschossen zu haben, in welchem Waffen aus den USA und europäischen Staaten gelagert worden seien. Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilte, seien Kalibr-Raketen auf das Lager in der Stadt Saporischschja im Südosten der Ukraine abgefeuert worden. Überdies habe die russische Luftwaffe in der Nacht 59 militärische Ziele in der Ukraine zerstört. Russlands Präsident wandte sich am Nachmittag mit einer Drohung an die Unterstützer der Ukraine: Wer sich von außen in den Konflikt einmische und aus Sicht Russlands eine strategische Bedrohung darstelle, müsse mit einer blitzschnellen russischen Gegenreaktion rechnen. Putin unterstrich, es handle sich bei dieser Ankündigung nicht nur um eine Drohgebärde.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
In der ostukrainischen Großstadt Charkiw sollen nach russischem Beschuss drei Menschen getötet und vier weitere verletzt worden sein. Dies teilte der Gouverneur der Region, Oleh Synjehubow, via Telegram mit.
Drei weitere Menschen sollen bei separaten Zwischenfällen in der Region Donezk ihr Leben verloren haben. Dies meldete der Gouverneur der Region, Pawel Kyrylenko, über den Nachrichtendienst Telegram. Sechs weitere Menschen sollen bei den russischen Angriffen verletzt worden sein.
Auch aus der Region Sumy im Nordosten der Ukraine wurden wieder russische Angriffe gemeldet. An der Grenze zu Russland habe es in den vergangenen Tagen immer wieder schweren Artilleriebeschuss gegegeben, so der Gouverneur der Region, Dmytro Schywyzkyj. Zu etwaigen Opfern und Schäden ist bislang nichts bekannt.
Aus mehreren russischen Grenzregionen gab es heute Berichte über Explosionen. In Belgorod soll ein Munitionslager in Brand geraten sein, nachdem es bereits zuvor Meldungen über Explosionen gegeben hatte. Auch in der russischen Region Kursk sollen sich nach Angaben lokaler Behörden mehrere Explosionen ereignet haben.
Verhandlungen — Internationale Krisendiplomatie: UN-Generalsekretär António Guterres ist heute zu einem Besuch in Kiew eingetroffen. In der ukrainischen Hauptstadt ist ein Treffen mit dem Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj geplant. Bereits gestern war Guterres in Moskau zu einem Treffen mit dem russischen Präsidenten Putin und dem russischen Außenminister Lawrow zusammengetroffen. Eines der Gesprächsthemen dürfte — wie bereits gestern in Moskau — die sich immer weiter zuspitzende Lage in Mariupol sein.
Aktuelle Berichte:
Bundestag debattiert über 100-Milliarden-Paket für die Bundeswehr
Das deutsche Parlament hat heute über das von Kanzler Scholz in seiner „Zeitenwende“ angekündigte Sondervermögen für die Bundeswehr debattiert. Um die Schuldenbremse zu umgehen müsste das geplante Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro im Grundgesetz verankert werden. Der Knackpunkt: Hierfür ist die Regierungsfraktion auf die Stimmen der oppositionellen Unions-Fraktion angewiesen.. Diese machte allerdings erneut deutlich, dass ihre Zustimmung an bestimmte Bedingungen geknüpft sei. Die Union möchte erreichen, dass Deutschland entsprechend Nato-Absprachen dauerhaft mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für das Militär ausgibt. Sobald das einmalige Sondervermögen aufgebraucht ist, müsste Deutschland seinen jährlichen Wehretat dann um mehr als 20 Milliarden Euro aufstocken. (taz).
Nach Gaslieferstopp an Polen und Bulgarien: EU-Kommission spricht von Erpressung
Russland hat seine Gaslieferungen an Polen und Bulgarien ausgesetzt. Wie die Regierungen der beiden EU-Staaten mitteilten, stelle dies für die unmittelbare Versorgung kein Problem dar. Da man alle vertraglichen Verpflichtungen eingehalten habe, handle es sich beim Vorgehen Russlands um einen Vertragsbruch. Weitere Schritte würden nun geprüft. EU Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schrieb auf Twitter von einem Erpressungsversuch Russlands. Die EU sei auf ein solches Szenario jedoch gut vorbereitet und werde „eine abgestimmte Antwort geben“ (Tagesschau).
Ostukraine: Russland erzielt mit neuer Taktik Gebietsgewinne
Bei der geplanten Einkreisung der Ostukraine gibt es offenbar leichte Fortschritte. Der Grund: Russlands Truppen würden nun sorgfältiger vorgehen, analysieren Beobachter (ZEIT Online).
Britischer Premier Johnson: Gesichtswahrender Rückzug Putins wäre möglich
Auch wenn der Krieg in der Ukraine für Russland bislang nicht nach Plan verläuft, kann nach Ansicht des britischen Premierministers Boris Johnson keine Rede davon sein, dass Russlands Präsident Putin in die Enge getrieben sei. Darin sieht der britische Regierungschef nun sogar eine Chance zur Beendigung des Krieges. Denn dank der staatlich kontrollierten russischen Medienlandschaft biete sich Putin die Möglichkeit, die Invasion in der Ukraine zu beenden, ohne eine Niederlage einräumen zu müssen. Putin könne über die Medien das Narrativ verbreiten, die „militärische Spezialoperation sei vollendet“ und „technisch ein Erfolg“ (Der Spiegel).
Russland droht mit weiteren Gas-Lieferstopps
Nach der Aussetzung von Gaslieferungen an Polen und Bulgarien droht Russland auch anderen Staaten damit, Gaslieferungen einzustellen, falls diese nicht in Rubel bezahlt würden. Ein entsprechendes Dekret des russischen Präsidenten werde nun umgesetzt, so Kreml-Sprecher Peskow. Den Vorwurf von EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen, es handle sich beim russischen Vorgehen um einen Erpressungsversuch, wies Peskow zurück: Russland verlange lediglich, dass die Kunden Konten bei der Gazprombank eröffnen, um die Zahlungen abzuwickeln. Über die Bank des russischen Energiekonzerns sei eine Zahlung auch in Euro oder Dollar möglich. Von der Leyen hatte zuvor klargestellt, dass eine Bezahlung in Rubel gegen die von der EU verhängten Sanktionen verstoßen würde. (Tagesschau).
26. April 2022
Lagebericht
Der ukrainische Präsident Selenskyj gibt sich in seiner täglichen Ansprache weiterhin siegessicher. Moskau werde mit seinem Angriffskrieg in der Ukraine nach Worten des ukrainischen Präsidenten keinen Erfolg haben. In den von Russland eingenommenen Orten im Osten des Landes würden sich die Menschen den Besatzern nicht beugen, sondern entgegenstellen. Die russischen Einheiten hätten nicht „einen Krümel” Unterstützung gesehen, auf die sie so sehr gesetzt hätten.
Der russische Außenminister Sergej Lawrow sprach indes über die Gefahr eines Konflikts mit Nuklearwaffen, die man sehr ernst nehmen müsse. Die zentrale Position Russlands sei es, diese Bedrohung auszuschließen, sagte Lawrow in einem Interview des Staatsfernsehens. „Ich möchte diese Risiken nicht künstlich erhöhen. Viele würden das gern tun. Die Gefahr ist ernst, real. Und wir dürfen sie nicht unterschätzen.” Die Unzulässigkeit eines Atomkrieges bleibe die prinzipielle Position Russlands. Der Ukraine-Konflikt werde mit einer Vereinbarung mit der Regierung in Kiew enden, so der Außenminister. Zugleich erklärte Lawrow, die NATO führe durch westliche Waffenlieferungen an die Ukraine einen Stellvertreterkrieg mit Russland. Waffenlieferungen der NATO an die Ukraine würden von Russland als berechtigte Angriffsziele für sein Land betrachtet. „Wenn die NATO über einen Stellvertreter de facto in einen Krieg mit Russland tritt und diesen Stellvertreter bewaffnet, dann tut man im Krieg, was man im Krieg tun muss.” Westliche Beobachter stufen die jüngsten Äußerungen Russlands als psychologische Kriegsführung ein. Russland versuche eine Drohkulisse aufzubauen, der der Westen nicht auf den Leim gehen sollte.
Auf dem heutigen Treffen der Verteidigungsminister in Ramstein, bei dem auch NATO-Generalsekretär Stoltenberg zugegen ist, werden weitere Waffenlieferungen an die Ukraine ein zentrales Thema sein. Mit Spannung wird auch die Rede von Verteidigungsministerin Christine Lambrecht erwartet. Im Vorfeld wurde bekannt, dass Deutschland nun doch bereit sei, die Lieferung von Panzern aus Altbeständen der Bundeswehr zu genehmigen.
Unterdessen gehen die Angriffe Russlands vor allem auf den Osten der Ukraine weiter. Nach Einschätzung des britischen Verteidigungsministeriums wird Russland vermutlich versuchen, stark abgesicherte Stellungen im Donbass zu umzingeln und stärker unter Druck zu setzen. In der Region Donezk würden russische aktuell fast die gesamte Frontlinie in der Region Donezk, beschießen, wie der dortige Gouverneur mitteilte.
Besorgnis löste ferner die russische Meldung aus, es habe einen erneuten Beschuss der russischen grenznahen Region Belgorod gegeben. Wie auch bei den Einschlägen auf ein Öllager Anfang des Monats ist derzeit nicht klar, von welcher Seite der Angriff verübt wurde. Ebenso ist die Nachricht über einen Angriff in der von Moldau abtrünnigen Region Transnistrien Anlass für Beunruhigung. Laut Behördenberichten wurde gestern Gebäude des Ministeriums für Staatssicherheit in der transnistrischen Hauptstadt Tiraspol mit einem Granatwerfer attackiert. Die moldauischen Behörden teilten mit, dass nicht klar sei, wer geschossen habe. Es handle sich aber offenkundig um eine Provokation mit dem Ziel, die Lage in der Konfliktregion zu destabilisieren. Neuste Meldungen von heute berichten über die Sprengung zweier Radiomasten in der Region Transnistrien an der Grenze zur Ukraine. Damit droht sich die Lage in der Region weiter zu verschärfen. Moldaus Präsidentin Maia Sandu berief nun ein Treffen des Obersten Sicherheitsrats des Landes ein. Die russische Armee verfügt in der Region Transnistrien über einen Militärstützpunkt mit derzeit 1.700 stationierten Soldaten und einem großen Munitionslager. Die Streitkräfte Transnistriens werden laut Schätzungen der OSZE mit 5.000 Soldaten beziiffert, zusätzlich könne noch auf Kosaken- und Freiwilligenkorps zurückgegriffen werden., einige Schätzungen gehen davon aus, dass insgesamt bis zu 120.000 Mann mobilisiert werden könnten. Die Streitkräfte der Republik Moldau sind 5.000 Mann stark, hinzu kommen rund 60.000 Reservisten.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Im Osten der Ukraine versuchen russische Truppen, die ukrainischen Einheiten einzukreisen. In den Gebieten Luhansk und Donezk seien dabei nach Angaben des ukrainischen Generalstabs sechs Angriffe des Feindes abgewehrt worden. Vier Panzer, fünf Artilleriesysteme und Dutzende Fahrzeuge seien dabei zerstört worden.
Im Gebiet von Luhansk soll Berichten zufolge nach tagelangen Kämpfen die Kleinstadt Kreminna von russischen Streitkräften eingenommen worden sein.
Auch südlich der Stadt Isjum im Gebiet Charkiw soll es zu schweren Kämpfen kommen, während die russischen Truppen versuchen, in Richtung von Sloviansk und Kramatorsk im Gebiet Donezk vorzudringen.
Im Gebiet Cherson im Süden der Ukraine meldet der ukrainische Generalstab Erfolge im Kampf gegen die russischen Truppen. Ukrainische Truppen hätten in der Region Welyka Olexandriwka ein russisches Munitionslager zerstört. Dabei seien 70 Mann in den Reihen des Gegners gefallen. In der Großstadt selbst hat Russland die Hoheit übernommen. Das Gebäude der Stadtverwaltung wurde von russischen Truppen übernommen.
In der Region um Odessa am Schwarzen Meer seien der russischen Luftaufklärung Verluste zugefügt worden, teilte der ukrainische Generalstab ferner mit. Es seien drei Flugzeuge, mehrere Drohnen und Raketen getroffen worden. Die russischen Streitkräfte wiederm hätten eine Eisenbahnbrücke im Gebiet Odessa getroffen. Dabei handele es sich um die Brücke über der Dnistr-Mündung, teilte Eisenbahnchef mit. Auch die parallele Straßenroute wurde aus Sicherheitsgründen gesperrt, wie Behörden mitteilten. Der südwestliche Teil des an Rumänien und Moldau grenzenden Gebiets Odessa wäre somit aus dem ukrainischen Kernland nur noch über eine Straße durch die Republik Moldau erreichbar.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: In Moskau empfängt Russlands Präsident Wladimir Putin den UN-Generalsekretär António Guterres. Danach wird Guterres weiter nach Kiew zu Präsident Selenskyj reisen.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin trifft auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein die Verteidigungsminister und weitere Vertreter von über 40 Ländern zu Gesprächen über die künftige und langfristige Unterstützung für die ukrainischen Streitkräfte. Unter den Teilnehmenden ist auch Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht und NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.
Ferner wird heute Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki zu einem Arbeitstreffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz in Berlin erwartet.
Evakuierungen: Die Evakuierungen sind seit Tagen ins Stocken geraten. Es konnten keine neuen Fluchtrouten vereinbart werden. Nichtsdestotrotz werde täglich erneut versucht, humanitäre Korridore zu schaffen, so die stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine, Iryna Wereschtschuk.
Flüchtlinge: Mittlerweile sind nach Angaben der UN bereits mehr als 5,2 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz mehr als 2,9 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 777.000, nach Ungarn 492.000, in die Republik Moldau 433.000, in die Slowakei 355.000 und nach Tschechien eine ähnlich hohe Anzahl. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei rund 380.000.
Aktuelle Berichte:
Verteidigungsminister treffen sich auf US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin trafen sich heute auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in der Pfalz mit Amtskolleginnen und -kollegen sowie Militärvertretern aus gut 40 Nationen. Bei den Gesprächen ging es um die künftige und langfristige Unterstützung der Ukraine gehen. Für die Bundesregierung nahm Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht teil.Die teilnehmenden Staaten haben der Ukraine weitere Waffen zugesagt. Zudem soll das Treffen zur monatlichen Kontaktgruppe ausgebaut werden, um die Hilfe besser zu koordinieren (Tagesschau).
Gueterres kommt bei Lawrow keinen Schritt weiter
Bei seinem Besuch in Moskau traf UN-Generalsekretär Guterres heute mit dem russischen Außenminister Lawrowist zusammen. Mit Nachdruck hat Gueterres die russische Führung zur Beendigung des Krieges gegen die Ukraine aufgefordert.Einer Lösung in dem Konflikt um die Ukraine kamen die beiden bei ihrem stundenlangen Gespräch indes keinen Schritt näher,
zu unterschiedlich die Interpretationen der Situation in der Ukraine. Nun steht noch ein Gespräch mit Präsident Putin an (n-tv).
Ukrainisches Grenzgebiet – Mehrere Explosionen in Transnistrien
In der an die Ukraine grenzenden moldauischen Konfliktregion Transnistrien hat es mehrere Explosionen gegeben. Gestern hatten die Behörden einen mutmaßlich mit einem tragbaren Granatenwerfer verübten Anschlag auf Räumlichkeiten des Ministeriums für Staatssicherheit in der Hauptstadt Transnistriens gemeldet. Heute meldeten die Behörden Explosionen an zwei Funktürmen nahe der ukrainischen Grenze. Die moldauischen Behörden in der Hauptstadt Chisinau teilten mit, dass nicht klar sei, wer geschossen habe. Offenkundig handle es sich aber um eine Provokation mit dem Ziel, die Lage in der Konfliktregion zu destabilisieren. Moldaus Präsidentin Maia Sandu berief wegen der Vorfälle eine Sitzung des Obersten Sicherheitsrates des Landes ein (Tagesschau).
Panzerlieferung für Ukraine aus früherem Bundeswehrbestand
Die Bundesregierung will die Lieferung von „Gepard”-Panzern aus Beständen der Industrie an die Ukraine erlauben. Dazu soll der Rüstungshersteller Krauss-Maffei Wegmann (KMW) mit Sitz in München grünes Licht erhalten, um technisch aufgearbeitete „Gepard”-Flugabwehrpanzer aus früheren Beständen der Bundeswehr verkaufen zu können. Krauss-Maffei Wegmann (KMW) verfügt über eine mittlere zweistellige Zahl dieser Panzer aus der aufgelösten Heeresflugabwehr der Bundeswehr. Der „Gepard” kann auch im Kampf gegen Bodenziele eingesetzt werden. Das Unternehmen kann eigenen Angaben zufolge ferner schwere Artilleriegeschütze in Form von 100 Panzerhaubitzen „2000“ liefern (n-tv).
Rheinmetall will Panzer liefern
Auch der Düsseldorfer Rüstungskonzern Rheinmetall hatte der Bundesregierung bereits vor Wochen Panzer angeboten und sein Angebot vergangene Woche konkretisiert. 88 gebrauchte Leopard-Kampfpanzer stünden zur Verfügung. Danach beinhaltet das Angebot auch die Ausbildung der Besatzung in Deutschland, Training für die Instandsetzung, Werkzeuge, Ersatzteile, einen Servicestützpunkt und Munition. Die ersten Exemplare des Leopard-Panzers vom Typ 1A5 könnten laut Rheinmetall innerhalb von acht Wochen geliefert werden, der Rest dann schrittweise bis Ende kommenden Jahres. Der Bundesregierung liegt auch noch ein weiterer Antrag von Rheinmetall vor, 100 Marder-Schützenpanzer an die Ukraine für den Abwehrkampf gegen Russland liefern zu dürfen (Tagesschau).
Ampel-Koalition reicht Antrag zum Krieg in der Ukraine ein
Unter anderem enthält der zehnseitige Entschließungsantrag der Ampel-Koalition die Aufforderung, „die Lieferung benötigter Ausrüstung an die Ukraine fortzusetzen, wo möglich zu beschleunigen und dabei auch die Lieferung auf schwere Waffen und komplexe Systeme etwa im Rahmen des Ringtausches zu erweitern, ohne die Fähigkeiten Deutschlands zur Bündnisverteidigung zu gefährden”. Damit bleibt die Koalition in ihrer Haltung deutlich hinter der Union zurück, die in ihrem jüngsten Antragsentwurf sehr klar auch die direkte Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine aus Bundeswehrbeständen gefordert hatte (Tagesschau).
Lawrow: Gefahr eines Dritten Weltkriegs ist real
Einerseits gibt sich der russische Außenminister Lawrow zuversichtlich in Bezug auf ein Abkommen mit der Ukraine. Andererseits schürt er Ängste vor einem Dritten Weltkrieg: „Die Gefahr ist ernst, sie ist real, sie darf nicht unterschätzt werden.” Auf einen Vergleich der aktuellen Situation mit der Zeit der Kubakrise angesprochen, sagte Lawrow, damals habe es tatsächlich nur wenige Regeln gegeben, geschriebene Regeln, aber die „Verhaltensregeln“, wie sich Moskau und Washington verhalte, seien ziemlich klar gewesen. Auch heute gebe es wenige Regeln, sagte Lawrow weiter, aber gleichzeitig seien andere Instrumente der Rüstungskontrolle und Nichtverbreitung praktisch zerstört. Zudem habe es während der Kubakrise einen Kommunikationskanal gegeben, dem die Führer der Sowjetunion und der USA vertrauten. Heute gebe es keinen derartigen Kanal und niemand versuche, ihn zu schaffen (n-tv).
Schweden und Finnland wollen NATO beitreten
Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat bei den Ländern Finnland und Schweden zu einem Umdenken in Bezug auf die NATO geführt. Beide Staaten wollen nun dem Verteidigungsbündnis beitreten. Beide Länder sollen sich auf eine gemeinsame Bewerbung für die NATO-Mitgliedschaft geeinigt haben, die demnach in der Woche vom 16. bis zum 22. Mai eingereicht werden soll (Tagesschau).
25. April 2022
Lagebericht
Die Bilanz nach dem zweimonatigen Angriffskrieg Russlands in der Ukraine fällt derzeit aus russischer Sicht eher ernüchternd aus. Die russische Armee musste große Verluste hinnehmen und die Gebietsgewinne erfolgten nicht in erhofftem Ausmaß. Im Norden musste man sich wieder zurückziehen und im Zuge der neuerlichen Offensive im Osten konnten bislang nur verhältnismäßig kleine Geländegewinne erzielt werden. Auch das britische Verteidigungsministerium hält in seinen täglichen Berichten fest, die Fortschritte seien bislang geringfügig ausgefallen. Russland habe noch keinen entscheidenen Durchbruch erzielen können. Lediglich im Süden kann man aus russischer Sicht nach acht Wochen Krieg von nennenswerten Erfolgen sprechen. Ein Großteil der Küstengebiete konnte eingenommen und somit eine Landbrücke von der Krim bis zum Donbass hergestellt werden. Doch auch hier steht noch im Wege, dass in der Hafenstadt Mariupol im dortigen Stahlwerk ukrainische Truppen weiterhin Widerstand leisten. Das ukrainische Militär zeigt sich dort nach wie vor kampfbereit und gibt die Stadt nicht auf. Zudem ist es ukrainischen Einheiten jüngst gelungen, mehrere Orte im Süden wieder zurückzuerobern.
Die Kräfte der russischen Armee seien langsam erschöpft, so die Bilanz des Verteidigungsexperten Franz-Stefan Gady von der außenpolitischen Denkfabrik IISS. „Ohne Mobilisierung der Reserven wird dies die letzte russische Offensive sein“, so seine Einschätzung. Seiner Ansicht nach sei Moskau nicht in der Lage, den Kampf bis in den Juni hinein fortzuführen. Die russische Armee brauche im Sommer eine Pause, um Reservisten zu mobilisieren und neue Rekruten zu gewinnen. Aus diesem Grund seien auch die Waffenlieferungen aus dem Westen so wichtig. „Die Ukraine hat die Chance, einen Abnutzungssieg und letztendlich einen Abschreckungsfrieden zu erringen“, so Gady. Das heiße jedoch nicht, dass der Krieg vorbei sei. Die russischen Streitkräfte könnten noch weiterhin „enorme Zerstörung“ anrichten. Auch der Russland-Experte Michael Kofman von der militärischen Denkfabrik CNA ist der Ansicht, dass die laufende Offensive die vorerst letzte sei. Die derzeitigen russischen Verstärkungen seien bei Weitem nicht ausreichend, um die vorherigen Verluste auszugleichen. Zum aktuellen Zeitpunkt stünden weitaus weniger kampfbereite Formationen zur Verfügung, so dass die russischen Kräfte vermutlich nicht für eine längere oder anschließende Offensiven ausreichen werden. Bleibt die Frage, ob Russland nach einer eventuellen Feuerpause über den Sommer später im Jahr abermals gegen die Ukraine angehen würde.
Indes geht die laufende Offensive im Osten der Ukraine weiter. Auch am gestrigen orthodoxen Osterfest haben die russischen Streitkräfte weitere Angriffe durchgeführt. In der Region Donbass im Osten konnte die russische Seite weitere Geländegewinne erzielen. Im Süden sei es wiederum ukrainischen Einheiten gelungen, weitere Gebiete zurückzuerobern. Im Gebiet Mykolajiw konnten mehrere Ortschaften wieder unter ukrainische Kontrolle gebracht werden, nachdem zuvor bereits einige Ortschaften der Region Cherson zurückerobert werden konnten.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine sind jüngst ins Stocken geraten. Russland Präsident Putin habe einem Bericht der Financial Times zufolge offenbar „das Interesse verloren“, den Krieg auf diplomatischem Wege zu beenden. Stattdessen wolle er laut Aussage dreier kremlnaher Personen nun „so viel ukrainisches Territorium wie möglich erobern“. Der ukrainische Präsident Selenskyj drohte indes abermals mit einem Abbruch sämtlicher Verhandlungen. „Wenn unsere Leute in Mariupol vernichtet werden, wenn ein Pseudoreferendum über die Unabhängigkeit in Cherson stattfindet, dann tritt die Ukraine aus allen Verhandlungsprozessen aus.“
UN-Generalsekretär António Guterres verstärkt seine Friedensbemühungen und wird heute zunächst in die Türkei reisen, bevor morgen ein Besuch in Russland und anschließend in der Ukraine geplant ist. Guterres möchte sich mit den dortigen Staatschefs und Außenministern treffen.
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat heute bei einem Telefonat mit seinem türkischen Kollegen Erdogan Probleme bei der globalen Lebensmittelsicherheit angesprochen, da aufgrund der Seeblockade Russland
derzeit keine Getreideexporte mehr möglich seien. Außerdem forderte er Erdogan auf, sich bei Präsident Putin für eine Evakuierung von Zivilisten aus Mariupol einzusetzen und einen Austausch der im Stahlwerk Asowstal eingeschlossenen ukrainischen Soldaten zu erreichen.
Nach dem Treffen von US-Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Kiew gaben die USA bekannt, die Militärhilfe für die Ukraine weiter aufzustocken und US-Diplomaten noch in dieser Woche in die Ukraine zurückkehren zu lassen. Biden wolle die Militärhilfe für die Ukraine und 15 andere osteuropäische Länder um voraussichtlich weitere 713 Millionen Dollar (rund 662 Millionen Euro) aufstocken. Dies solle unter anderem dem ukrainischen Militär die Umstellung auf modernere Waffensysteme ermöglichen.
Ferner kommen heute im Kanzleramt erstmals staatliche Akteure und ehrenamtliche Helfer in großer Runde zusammen, um die Verteilung, Unterbringung und Arbeitsmarktintegration der mittlerweile über 370.000 in Deutschland angekommenen Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine bestmöglich zu organisieren. Bundeskanzler Olaf Scholz und die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Reem Alabali-Radovan, werden das Treffen eröffnen.
Evakuierungen: Die geplanten Evakuierungen der letzten Tage aus Mariupol sind gescheitert. Ein weiterer Versuch soll am heutigen Montag unternommen werden, erklärte die stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine, Iryna Wereschtschuk.
Flüchtlinge: Mittlerweile sind nach Angaben der UN bereits mehr als 5,2 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz mehr als 2,9 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 777.000, nach Ungarn 492.000, in die Republik Moldau 433.000, in die Slowakei 355.000 und nach Tschechien eine ähnlich hohe Anzahl. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei über 370.000.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Nach wie vor gehört die Stadt Charkiw im Nordosten des Landes zu den russischen Angriffszielen. Und auch die Region um die Großstadt steht unter Beschuss. Im südwestlich gelegenen Gebiet Poltawa hätten russische Truppen nach ukrainischen Angaben neue Raketen auf Infrastrukturobjekte abgefeuert. Nach eigenen Angaben haben russische Streitkräfte zudem mehrere Lager mit Artilleriemunition in der Region Charkiw zerstört.
Auch in den Regionen Donezk und Luhansk gehen die Angriffe weiter. Wie die Verwaltung der Region Luhansk bekannt gab, geriet am Sonntagabend „die gesamte Region unter heftigen Beschuss“. Zudem hätten russische Truppen die Ölraffinerie in Lyssytschansk angegriffen, einer Großstadt mit etwa 100.000 Einwohnern in der Region Luhansk. Das ukrainische Militär konnte nach eigenen Angaben mehrere russische Angriffe im Osten abwehren. In Richtung Isjum, Barwinkowe und Kramatorsk habe der Feind Sturmversuche unternommen, aber keinen Erfolg gehabt. Dabei habe er die Ortschaften Welika Komyschuwacha, Wirnopillja und Nowa Dmytriwka beschossen, teilte der ukrainische Generalstab mit.
In der Hafenstadt Mariupol harren im dortigen Stahlwerk weiterhin 2.000 ukrainsiche Soldaten sowie 600 Zivilisten aus. Offenbar wird die Lage immer dramatischer, da Essen und Trinkwasser zur Neige gehen. In einem Video haben die eingeschlossenen Zivilisten die Weltgemeinschaft nun um Hilfe angefleht: „Wir wollen in unserer Stadt leben, in unserem Land. Wir haben diese Bombardierungen, die andauernden Luftangriffe auf unser Land satt. Wie lange wird das noch so weitergehen?”, sagte eine Frau unter Tränen. „Ich bitte alle, bitte helft, uns zu befreien.” Heute Vormittag hat Moskau nun für heute eine Feuerpause für das Gebiet um das Asow-Stahlwerk in Mariupol angekündigt. Die russischen Truppen würden ab 13 Uhr (MESZ) „alle Feindseligkeiten einstellen, ihre Einheiten auf eine sichere Entfernung zurückziehen und den Rückzug” der Zivilisten sicherstellen, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit.
Die südlich gelegene Stadt Krywyj Rih, die Heimatstadt Selenskyjs, bereitet sich auf einen baldigen Angriff russischer Truppen vor. Die ukrainischen Streitkräfte rechneten mit einer Offensive in den kommenden Tagen, so der örtliche Militärchef. Man habe mehrstufige Verteidigungslinien aufgebaut und versuche, Zivilisten aus gefährdeten Gebieten zu bringen.
Ferner konzentriere Russland seine Streitkräfte auf das südöstlich gelegene Oblast Saporischschja. Nach ukrainischen Angaben bauten russische Streitkräfte dort Kommandostrukturen und Luftverteidigungssysteme in Richtung Huliaipole auf und feuerten weiterhin auf Stellungen der ukrainischen Armee.
In der südöstlich gelegenen Region Dnipro habe das russische Militär gestern laut eigenen Angaben präzisionsgelenkte Raketen eingesetzt, um nahe Pawlohrad eine Fabrik zu zerstören, die Schießpulver und Sprengstoff hergestellt habe.
In der West- und Zentralukraine sind am Morgen nach ukrainischen Angaben mehrere Raketen eingeschlagen. Dabei seien auch fünf Eisenbahnstationen getroffen worden, teilte der Chef der ukrainischen Eisenbahn, Olexander Kamyschin, mit. „Die russischen Streitkräfte zerstören weiter systematisch die Infrastruktur der Eisenbahn”, kommentierte Kamyschin. Die ukrainische Militärverwaltung des Gebiets Poltawa in der Zentralukraine teilte ferner mit, russische Streitkräfte hätten eine Raffinerie und ein Treibstofflager bei Stadt Krementschuk mit Raketen beschossen. Neun Raketen seien in der Raffinerie und einem Heizkraftwerk von Krementschuk eingeschlagen. Auch die Behörden des westukrainischen Gebiets Lwiw sowie das südwestlich von Kiew gelegene Winnyzja berichten über Raketenangriffe.
Bei Brjansk in Russland, 150 Kilometer entfernt von der ukrainischen Grenze, gerieten zwei russische Öldepots in Brand. Eines der Öllager soll der Ölgesellschaft Transneft Druschba gehören. Über die Druschba-Pipeline exportiert Russland Öl unter anderem nach Deutschland. Ob es einen Zusammenhang zum Krieg in der Ukraine gab, blieb zunächst unklar.
In der an die Ukraine grenzenden Konfliktregion Transnistrien ist nach Angaben der örtlichen Behörden das Ministeriums für Staatssicherheit in der transnistrischen Hauptstadt Tiraspol beschossen worden. Das Gebäude sei mit Panzerabwehrmunition beschossen worden. Es sei nicht klar, wer geschossen habe, teilten die moldauischen Behörden mit. Es handele sich aber offenkundig um eine Provokation mit dem Ziel, die Lage in der Konfliktregion zu destabilisieren. Die benachbarte Ukraine, die sich einem russischen Angriffskrieg ausgesetzt sieht, gibt Moskau die Schuld an dem Beschuss. Russland hat in der von der Republik Moldau abtrünnigen Region Transnistrien Soldaten stationiert.
Aktuelle Berichte:
Guterres reist nach Moskau und Kiew - Großer Durchbruch unwahrscheinlich
Mit Reisen nach Moskau und Kiew verstärkt UN-Generalsekretär Guterres seine Bemühungen um Frieden in der Ukraine. Sein erklärtes Ziel sei es, eine Waffenruhe zu erreichen, so die Sprecherin des Generalsekretärs, Eri Kaneko. Es sei unwahrscheinlich, dass Guterres auf seiner Reise einen großen Durchbruch erlange, schätzt der UN-Experte vom Thinktank Crisis Group, Richard Gowan. „Aber es ist unglaublich wichtig, dass die Vereinten Nationen weiter ausloten, ob es irgendeine Chance gibt, Frieden in der Ukraine herbeizuführen.“ Die positiven Auswirkungen mögen sich nicht in den nächsten Wochen zeigen, aber durch diese Reise könne die UN Friedensgespräche anstoßen (Tagesschau).
Sechstes Sanktionspaket der EU ´– kein Energieembargo
Die EU-Kommission bereitet ein weiteres Sanktionspaket gegen Russland vor. Einen Importstopp für russisches Öl und Gas wird darin jedoch nicht enthalten sein. Derzeit sieht die EU-Kommission keine ausreichende Unterstützung der Mitgliedstaaten für einen vollständigen Importstopp auf russisches Öl und Gas. „Im Moment haben wir in der EU keine geschlossene Haltung in dieser Frage. Einige Mitgliedstaaten haben sehr klar gesagt, dass sie ein Embargo oder einen Strafzoll auf russisches Öl oder Gas nicht unterstützen würden”, so der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell (Tagesschau).
Union legt Antrag zu Waffenlieferungen vor
Die Unionsfraktion im Bundestag möchte eine Abstimmung des Bundestags über Waffenlieferungen an die Ukraine herbeiführen. Sie hat der Bundesregierung einen entsprechenden Beschlussantrag vorgelegt. In dem Entwurf wird gefordert, die deutschen Waffenlieferungen „in Quantität und Qualität unverzüglich und spürbar” zu intensivieren. Deutschland müsse sich jetzt „seinen Verbündeten in EU und NATO anschließen und einen entschlossenen Beitrag zur Stärkung der ukrainischen Selbstverteidigungskräfte leisten – auch und gerade mit schweren Waffen” (Tagesschau).
Zivilschutz-Konzept –Tiefgaragen und U-Bahnhöfe als Schutzräume
Künftig sollen wieder U-Bahnhöfe und Tiefgaragen als Bunker ausgewiesen werden, so der Vorschlag der Grünen. Bundesweit sollen deutlich mehr Schutzräume geschaffen werden, heißt es in einem 15-Punkte-Programm. Die gesamte zivile Verteidigung müsse verstärkt werden, dazu gehöre, dass umfangreiche Fähigkeiten zur Unterbringung und Versorgung von Menschen vorgehalten werden ebenso wie der Ausbau von Notbrunnen zur Trinkwasserversorgung. Auch solle es im ganzen Land künftig wieder regelmäßige Katastrophenübungen geben (n-tv).
24. April 2022
Lagerbericht
Zwei Monate nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine konnte Russland nach Einschätzung des britischen Geheimdienstes bei seiner jüngsten Offensive im Osten bislang noch keine größeren Erfolge erzielen. Zahlreiche russische Angriffe entlang der Kontaktlinie in der Donbass-Region konnten von der ukrainischen Armee zurückgeschlagen werden, wenngleich die ukrainische Seite einige russische Geländegewinne hinnehmen musste. Wie zuvor im Norden des Landes setzen sich die ukrainischen Streitkräfte nun auch im Osten vehement den russischen Angriffen zur Wehr. Nicht zuletzt auch dank der Waffenlieferungen des Westens. Die USA haben bislang Waffenlieferungen an die Ukraine im Wert von 2,5 Milliarden auf den Weg gebracht. Und auch Polen sticht mit einer großen Summe von umgerechnet 1,5 Milliarden Euro hervor, mit denen das Nachbarland der Ukraine in Form von Waffenlieferungen bislang unterstützt wurde. Nach Einschätzung von Militärexperten sei die russische Armee mit einer Schlagkraft von derzeit schätzungsweise 80.000 Soldaten an einer langen Front von rund 500 Kilometern vermutlich derzeit auch nicht in der Lage, einen raschen Eroberungsfeldzug im Osten durchzuführen. Unter anderem auch, weil russische Truppen noch immer um die Stadt Mariupol gebunden sind, in der die verbliebenen ukrainischen Soldaten nach wie vor Widerstand leisten. Experten vermuten, die russische Offensive könnte erst dann volle Fahrt aufnehmen, wenn auch die Kräfte um Mariupol freiwürden. Dann könnten die russischen Truppen versuchen, die ukrainischen Streitkräfte mit einer Zangenbewegung einzukreisen, indem sie von Isjum im Norden und Mariupol im Süden vordringen. Ferner sei Russland laut ukrainischen Angaben derzeit dabei, weitere Einheiten in die nördlich der Ukraine gelegene russische Region Belgorod zu verlegen, teilte der ukrainische Generalstab mit. Darunter seien auch Gefechtseinheiten mit Kurzstreckenraketen vom Typ „Iskander-M“. Dabei handelt es sich um ein mobiles ballistisches Kurzstreckenraketensystem, das Lenkraketen mit konventionellen oder nuklearen Sprengköpfen mit einer Reichweite von bis zu 500 Kilometern abfeuern kann.
Indes versucht Russland, auch über andere Wege zusätzliche Soldaten zu rekrutieren. So wolle die russische Armee über Zwangsrekrutierungen neues Personal hinzugewinnen. Die ukrainische Militäraufklärung wirft den russischen Militärs und Geheimdienstlern vor, in den von ihnen besetzten Gebieten nach Ukrainern im wehrpflichtigen Alter Ausschau zu halten, um diese zwangsweise zur Verstärkung der russischen Einheiten zu rekrutieren. Neben jungen Menschen seien in den Regionen Cherson, Saporischschja und Charkiw speziell auch Mediziner betroffen, so die ukrainische Militäraufklärung. Unter Androhung von Hinrichtungen werde medizinisches Personal gezwungen, russische Soldaten an der Front zu behandeln. Jede Einberufung von Einwohnern besetzter Gebiete verstoße gegen die Vierte Genfer Konvention über den Schutz von Zivilpersonen in Kriegszeiten, betonte das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Update.
Ebenso wirft die Ukraine Russland Zwangsdeportationen vor. Präsident Selenskyj beschuldigt das russische Militär, in besetzten Gebieten „Filtrationslager” eingerichtet zu haben. In ihnen würden eventuelle Kämpfer von Zivilisten getrennt. „Der ehrliche Name dafür ist ein anderer - das sind Konzentrationslager. So wie sie die Nazis seinerzeit gebaut haben”, sagte Selenskyj. Ukrainer würden aus diesen Lagern auch nach Russland gebracht. „Unter anderem deportieren sie Kinder – in der Hoffnung, dass sie vergessen, wo sie herkommen, wo ihr Zuhause ist.” So seien etwa jüngst 308 Ukrainer aus dem schwerzerstörten Mariupol in eine 8.000 Kilometer entfernte Stadt im russischen Fernen Osten gebracht worden, so die ukrainische Menschenrechtsbeauftragte Ljudmyla Denisowa. Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte indes mit, dass seit Beginn der „militärischen Spezialoperation” mehr als 951.000 Menschen aus der Ukraine sowie aus den beiden selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk nach Russland gebracht worden seien. Das russische Ministerium spricht dabei von „Evakuierungen”, die Ukraine von Deportationen und Zwangsumsiedlungen.
Auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) sorgt sich nach eigenen Angaben um ihre Mitarbeiter, die im Donbass in der Ostukraine gefangengenommen wurden. Russische Einheiten hätten OSZE-Personal gefangengenommen. Weiteres Personal sei Drohungen von prorussischen Separatisten ausgesetzt.
Indes erwartet Kiew heute US-amerikanischen Besuch. Es wird zwar nicht Präsident Biden in die Ukraine reisen, aber mit US-Außenminister Blinken und US-Verteidigungsminister Austin dennoch zwei hochrangige Mitarbeiter der US-Regierung.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: UN-Generalsekretär António Guterres wird am Montag zunächst in die Türkei reisen, um sich mit Präsident Recep Tayyip Erdogan zu besprechen. Erdogan gilt als wichtiger Vermittler im Konflikt. Am Dienstag wird Guterres dann zu Gesprächen nach Moskau reisen, um sich mit Russlands Präsident Putin und Außenminister Lawrow zu treffen. Am Donnerstag folgt ein Besuch in der Ukraine, wo Guterres mit Außenminister Kuleba und Präsident Selenskyj sprechen wird. Aus dem UN-Apparat waren zuletzt Rufe nach einer aktiveren Rolle von Guterres in dem Konflikt laut geworden. Gueterres wurde aufgefordert, stärker an einer politischen Lösung zu arbeiten. Die Daseinsberechtigung der Vereinten Nationen sei in Gefahr.
Am Dienstag werden sich ferner im US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz die Verteidigungsminister aus voraussichtlich über 20 Ländern zum Krieg in der Ukraine beraten. Es seien nicht nur Vertreter aus den NATO-Staaten eingeladen.
Evakuierungen: Die geplante Evakuierungsaktion aus Mariupol sind gestern abermals gescheitert, erklärte die stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine, Iryna Wereschtschuk. 200 Einwohner hätten sich am Samstag am vereinbarten Treffpunkt versammelt, doch hätten russische Soldaten die Menge „auseinandergetrieben“, teilte Vize-Bürgermeister Petro Andriuschtschenko mit. Einige dieser Einwohner seien zudem gezwungen worden, Busse zu besteigen, die sie in eine von den Russen kontrollierte Zone bringen sollten, fügte er hinzu. Auch heute ist die Einrichtung eines Fluchtkorridors aus Mariupol gescheitert. Ein weiterer Versuch solle am Montag unternommen werden.
Flüchtlinge: Mittlerweile sind nach Angaben der UN bereits mehr als 5,2 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz 2,9 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 769.000, nach Ungarn 480.000, in die Republik Moldau 430.000, in die Slowakei 349.000 und nach Tschechien eine ähnlich hohe Anzahl. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei über 370.000.
Todesfälle: In Bezug auf russische Verluste gibt es offenbar neue Zahlen. Eine Mitteilung im kremlnahen Nachrichtenportal Readovka hat im sozialen Netzwerk „VK“ für Aufregung gesorgt. Demnach seien laut Daten des russischen Verteidigungsministeriums bisher 13.414 Soldaten gestorben. 7.000 Streitkräfte würden derzeit vermisst. Bislang hatte der Kreml nur von um die 2.000 toten Soldaten in der russischen Armee gesprochen. Die ukrainische Seite spricht von über 20.000 ukrainischen Zivilsten, die seit Beginn des Krieges am 24. Februar ums Leben gekommen sind. Die Anzahl der gefallenen ukrainischen Soldaten soll nach eigenen Angeben über 3.000 betragen.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Im Osten der Ukraine haben die russischen Streitkräfte ihre Attacken auf Orte in den Regionen Donezk und Luhansk fortgesetzt. Der Generalstab der ukrainischen Armee erklärte, die Russen hätten am 60. Tag des Krieges ukrainische Positionen entlang der gesamten Kontaktlinie beschossen. Das russische Militär habe zudem seine Offensiv- und Sturmoperationen in den Richtungen Sjewjerodonezk, Kurachiw und Popasna verstärkt.
In der Hafenstadt Mariupol wird von Gefechten um das Stahlwerk berichtet, in dem sich noch immer 2.000 ukrainische Soldaten und 1.000 Zivilisten aufhalten sollen. Russische Soldaten versuchten heute nach ukrainischen Angaben die Erstürmung des Stahlwerks. Sie würden durch Bombenangriffe aus der Luft und Artilleriebeschuss unterstützt. Sofern die Einnahme des Stahlwerks nicht nicht gelinge, solllen die dort verbliebenen Menschen offenbar ausgehungert werden, heißt es in einemjüngsten Lagebericht der amerikanischen Militärdenkfabrik „Institute for the Study of War”. Russland werde die Evakuierung der eingeschlossenen Zivilisten wahrscheinlich nicht erlauben. Auch eine Evakuierung der in der Stadt eingeschlossenen rund 100.000 Menschen sei noch immer nicht möglich. Eine gestern geplante Evakuierungsaktion über Busse konnte nicht stattfinden, und auch heute war keine Evakuierung möglich. Russland hatte bereits vor einigen Tagen die vollständige Einnahme der Stadt bekanntgegeben. Die Ukraine hat die Stadt jedoch noch nicht aufgegeben und sucht nach Wegen, Mariupol zu befreien.
Die Stadt Odessa wurde gestern mit mehreren Raketen beschossen. Unter anderem wurde auch ein Wohngebäude getroffen, acht Menschen starben. Das russische Verteidigungsministerium teilte ferner mit, es sei ein Logistikterminal auf einem Militärflugplatz getroffen worden, in dem eine „große Lieferung” Waffen aus den USA und Europa gelagert habe.
In der südlichen Region Cherson im Süden ist es den ukrainischen Streitkräften laut eigenen Angaben gelungen, eine russische Kommandozentrale zu zerstören. Bei diesem Angriff wurden offenbar zwei russische Generäle getötet. Ein weiterer sei in kritischem Zustand in ein Krankenhaus gebracht worden. Ferner konnte die ukrainische Armee nach eigenen Angaben in der Region Cherson mehrere Ortschaften befreien. Das für die Region zuständige Militärkommando meldete, dass man die Kontrolle über acht Ortschaften zurückgewonnen habe.
Aktuelle Berichte:
Ukraine wirft Russland Zwangsrekrutierung und Zwangsdeportation vor
Die Ukraine wirft russischen Truppen eine Zwangsrekrutierung von Ukrainern in besetzten Gebieten vor. Das russische Militär suche nach jungen Männern im wehrpflichtigen Alter, um sie zur Verstärkung der
russischen Einheiten einzusetzen. Zudem wirft die Ukraine russischen Behörden vor, Menschen aus besetzten Gebieten gegen ihren Willen tief nach Russland zu transportieren. Präsident Selenskyj kritisiert speziell vom russischen Militär eingerichteten „Filtrationslager”, in denen offenbar eventuelle Kämpfer von Zivilisten getrennt werden sollen.
Die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denisowa, hat zudem das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) der Kollaboration mit Russland bei Zwangsdeportationen aus der Ukraine beschuldigt. Grundlage für Denisowas Anschuldigungen ist die Ankündigung des IKRK, eine Zweigstelle in der südrussischen Region Rostow zu eröffnen. Dort wolle das Rote Kreuz ukrainischen Flüchtlingen helfen. Dies seien nach Angaben Kiews Menschen, die gewaltsam nach Russland transportiert wurden. Das Rote Kreuz weist alle Vorwürfe zurück. Unter Berufung auf Daten der UNO sagte Denisowa, dass etwa 550.000 Ukrainer, darunter 121.000 Kinder, seit Beginn des Krieges nach Russland verschleppt worden seien (n-tv).
Ukraine-Hilfen landen oft im Westen
Laut einer Analyse des Kieler Instituts für Weltwirtschaft (IfW) gehen Ukraine-Hilfen vor allem in westliche Länder statt in die Ukraine. „Die westlichen Länder haben mehr getan, um die Kriegsfolgen im eigenen Land abzufedern, als die Ukraine zu unterstützen”, so IfW-Direktor Christoph Trebesch. „In Ländern wie Frankreich, Deutschland oder Österreich ist viel, viel mehr Geld in nationale Programme etwa für Spritpreissenkung und neue Energiesubventionen geflossen. Die Ukraine bekommt vom Westen nur Kleinstbeträge.” So habe Deutschland der Ukraine bisher etwa vier Milliarden Euro für humanitäre, finanzielle und militärische Hilfe zugesagt, inklusive der anteiligen Hilfen, die über die EU fließen. Gleichzeitig seien 17 Milliarden Euro für billigeres Tanken, fünf Milliarden Euro Zuschüsse für Firmen in Not und 100 Milliarden Euro für Firmenkredite bereitgestellt worden (n-tv).
Schweiz verbietet deutsche Munitionslieferung
Deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine würden einem Bericht zufolge auch durch ein Veto der Schweiz erschwert. Die Regierung in Bern habe die Weitergabe von in der Schweiz hergestellter Munition, die im Schützenpanzer Marder verwendet werde, durch Deutschland an die Ukraine verboten, berichtet die „Sonntagszeitung”. Ein Sprecher des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) sagte der Zeitung, man habe zwei Anfragen aus Deutschland für die Weitergabe von in der Schweiz gefertigter Munition an die Ukraine „mit Verweis auf die Schweizer Neutralität und die zwingenden Ablehnungskriterien der Kriegsmaterialgesetzgebung” abgelehnt. Inwiefern diese Munition mit einer diskutierten Lieferung von Marder-Panzern in Verbindung stehe, um die die Ukraine gebeten habe, gehe jedoch aus den Anfragen nicht hervor (n-tv).
23. April 2022
Lagebericht
Erklärtes Ziel der russischen „Spezialoperation” in dieser zweiten Phase sei es, nicht nur den Osten, sondern auch den Süden der Ukraine einzunehmen, so die Aussage von Rustam Minnekajew, eines ranghohen russischen Militärs. In den russischen Medien wird dieser mit den Worten zitiert, Russland wolle die vollständige Kontrolle über den Donbass und den Süden der Ukraine – von Mariupol bis Odessa. Auf diese Weise könnte eine „Landverbindung” geschaffen werden zwischen dem Donbass, der Krim und der prorussischen „Republik” Transnistrien in Moldau. Denn auch dort gebe es eine „Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung.
Die „Transnistrische Moldauische Republik”, so die amtliche Bezeichnung, entstand nach dem Zerfall der Sowjetunion im Zuge des Transnistrienkonflikts und wurde international nicht als souveräner Staat anerkannt. Völkerrechtlich wird die Region bis heute als Teil der Republik Moldau betrachtet. Transnistrien steht stark unter russischen Einfluss, 1.200 bis 1.500 Soldaten der russischen Streitkräfte sollen in Transnistrien stationiert sein, darüber hinaus 10.000 bis 15.000 moskautreue Paramilitärs. Im Osten wird Moldau demnach – wie die Ukraine – von einer prorussischen Separatistenrepublik destabilisiert.
In der Republik Moldau wächst nun die Sorge vor einem russischen Angriff. Unter dem gleichen Vorwand – einer angeblichen „Unterdrückung der russischsprachigen Bevölkerung“ – hatte Russland seinen Angriff auf die Ukraine begründet. Das Außenministerium der Republik Moldau bestellte den russischen Botschafter ein und machte deutlich: „Moldawien ist ein neutraler Staat, und dieser Grundsatz muss von allen internationalen Akteuren, einschließlich der Russischen Föderation, respektiert werden.” Auch der ukrainische Präsident Selenskyj warnte, die jüngsten Erklärungen des russischen Militärs zeigten, dass der Einmarsch Russlands in die Ukraine nur der Anfang sei in ihrem Vorhaben, auch andere Länder zu erobern: „Alle Völker, die wie wir an den Sieg des Lebens über den Tod glauben, müssen mit uns kämpfen. Sie müssen uns helfen, denn wir sind die Ersten in der Reihe. Und wer wird der Nächste sein?”
Indes führt die russische Armee ihre Angriffe in den Gebieten Donezk und Luhansk sowie in der Region Charkiw fort und versucht, weitere Ortschaften unter ihre Kontrolle zu bekommen. Wie der ukrainische Generalstab berichtet, setzen sich russische Einheiten in mehreren Orten im Osten der Ukraine fest. Sie hätten Angriffe in Richtung der Stadt Slowjansk in der Region Donezk durchgeführt und in der Kleinstadt Losowa, einem wichtigen Eisenbahnknotenpunkt in der Region Charkiw, Fuß gefasst. In den Gebieten Selena Dolyna in der Region Donezk und dem kürzlich eroberten Krimenna in der Region Luhansk bauten russische Truppen demnach ihre eingenommenen Positionen aus und bereiteten sich auf weitere Offensiven vor. Trotz verstärkter Angriffe verzeichneten die russischen Streitkräfte jedoch bislang keine größeren Geländegewinne im Osten der Ukraine. Der Vormarsch werde von ukrainischen Gegenangriffen behindert, so das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Geheimdienst-Update. Ferner habe Russland weiterhin keine Kontrolle in der Luft sowie auf See gewinnen können. Auch hier verhindere „die Effektivität“ der ukrainischen Luft- und Seestreitkräfte einen „beachtenswerten Fortschritt“ der russischen Armee.
Der ukrainische Präsident Selenskyj zeigte sich unterdessen zufrieden mit den jüngsten Waffenlieferungen des Westens. Die Partner der Ukraine lieferten nun endlich die Waffen, um die sein Land gebeten habe. Diese würden helfen, die Leben Tausender Menschen zu retten, erklärt er in einer Videoansprache. Und der ukrainische Ministerpräsident Denys Schmyhal gab sich siegessicher: „Wir sind uns absolut sicher, dass die Ukraine diesen Krieg gewinnen wird, und zwar in sehr kurzer Zeit”, sagte er gegenüber CNN.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Diezuletzt telefonisch geführten Friedensverhandlungen zwischen den Leitern der Delegationen Russlands und der Ukraine versprechen wenig Aussicht auf Erfolg. Nach Angaben von Russlands Außenminister Sergej Lawrow seien die Gespräche festgefahren, da Moskau keine Antwort auf einen Vorschlag erhalten habe, der vor fünf Tagen der ukrainischen Seite unterbreitet worden sei.
Nachdem zuletzt mitgeteilt wurde, dass UN-Generalsekretär António Guterres zu Gesprächen mit Russlands Präsident Wladimir Putin und Außenminister Lawrow am 27. April nach Moskau reisen werde, wurde nun auch seine Reise in die Ukraine zu Präsident Selenskyj bekannt gegeben. Guterres werde ein Arbeitstreffen mit Außenminister Dmytro Kuleba haben und am 28. April von Präsident Wolodymyr Selenskyj empfangen werden, teilten die Vereinten Nationen mit. Aus dem UN-Apparat waren zuletzt Rufe nach einer aktiveren Rolle von Guterres in dem Konflikt laut geworden. Guterres wurde aufgefordert, stärker an einer politischen Lösung zu arbeiten. Die Daseinsberechtigung der Vereinten Nationen sei in Gefahr.
Evakuierungen: Gestern konnten nach Angaben der ukrainischen Regierung keine Fluchtkorridore ermöglicht werden. Die Gefahr auf den Routen sei zu groß, erklärte die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk. Für den heutigen Samstag war eine Evakuierung von Zivilisten geplant, die jedoch nach Angaben der Stadtverwaltung abernals gescheitert ist.
Flüchtlinge: Mittlerweile sind nach Angaben der UN bereits mehr rund 5,2 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz 2,9 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 769.000, nach Ungarn 480.000, in die Republik Moldau 430.000, in die Slowakei 349.000 und nach Tschechien eine ähnlich hohe Anzahl. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei über 370.000.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Bei ihren Bemühungen, den Donbass zu erobern, zielten die stärksten russischen Angriffe derzeit auf die Großstadt Sjewjerodonezk im Gebiet Luhansk. Daneben berichtet der ukrainische Generalstab von anhaltenden Sturmversuchen in Rubischne, Popasna und Marjinka. Die Angriffe seien bislang abgewehrt worden.
Im Nordosten versuchten die russischen Truppen, bei der Stadt Isjum im Gebiet Charkiw weiter nach Süden vorzustoßen, um die ukrainischen Truppen einzukesseln.
Im Süden sei die Hafenstadt Mariupol – anders als von der Führung in Moskau behauptet - noch nicht unter russischer Kontrolle, so das britische Verteidigungsministerium in seinem täglichen Geheimdienstbericht. Es gebe dort weiterhin schwere Kämpfe. Auch Präsident Selenskyj hatte sich gestern dahingehend geäußert, es gebe Wege, die Stadt zu befreien. Russland gibt indes bekannt, die Lage in Mariupol habe sich beruhigt. „Die Bewohner der Stadt haben die Möglichkeit bekommen, sich wieder frei auf der Straße zu bewegen“, so der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. Die Straßen würden von Trümmern und kaputter Militärtechnik geräumt, die Reste der ukrainischen Kämpfer und der „Söldner aus den USA und den europäischen Ländern“ seien „zuverlässig“ auf dem Gelände des Stahlwerks Azovstal eingeschlossen. Am Nachmittag meldete Kiew, die russischen Streitkräfte hätten ihre Angriffe gegen das Gelände des Asow-Stahlwerks wieder aufgenommen. Sie hätten das Werksgelände aus der Luft angegriffen und versucht, die von ukrainischen Kräften kontrollierten Anlagen zu stürmen.
Unweit der Stadt Mariupol deuteten Satellitenbilder indes auf ein mögliches weiteres Massengrab hin. „Dieses Mal im linksufrigen Stadtbezirk beim Friedhof von Wynohradne“, teilte der Stadtratsabgeordnete Petro Andrjuschtschenko mit. Es würden bis zu 1.000 Tote befürchtet.
Odessa ist nach ukrainischen Angaben Ziel eines Raketenangriffs geworden. Russlands Armee hat demnach mindestens sechs Marschflugkörper auf die Hafenstadt abgefeuert. Truppen der Ukraine hätten einige der Lenkflugkörper abschießen können, doch mindestens eines sei gelandet und explodiert. Mindestens fünf Menschen seien getötet worden. Russland meldet, in Odessa Waffen aus den USA und von europäischen Staaten zerstört zu haben. Sie seien in einem Logistik-Terminal gelagert und durch Hochpräzisions-Raketen vernichtet worden, so das Verteidigungsministerium.
Aktuelle Berichte:
Treffen der Verteidigungsminister auf der Airbase Ramstein
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin lädt am kommenden Dienstag zu einem Treffen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz ein. Er möchte sich dort mit Verteidigungsministern aus voraussichtlich über 20 Ländern zum Krieg in der Ukraine beraten. Es seien nicht nur Vertreter aus den NATO-Staaten eingeladen. Es solle dabei um die aktuelle militärische Unterstützung der Ukraine, aber auch um den Verteidigungsbedarf der Ukraine nach dem aktuellen Krieg gehen. Ein Ziel des Treffens sei es, die dauerhafte Sicherheit und Souveränität der Ukraine zu gewährleisten (SWR).
„Phoenix Ghost” – Wunder-Drohne für Ukraine?
Die USA möchten der Ukraine zur Unterstützung im Kampf gegen die russischen Aggressoren 121 von der US Air Force neu entwickelte Drohnen namens „Phoenix Ghost“ schicken. Die Fähigkeiten dieser Drohnen sollen weit über das übliche Maß hinausgehen. Zum einen sollen sie sechs Stunden in der Luft bleiben können, mittels Infrarotsensoren auch in der Nacht einsetzbar sein und als Kamikaze-Drohnen gegnerische Stellungen angreifen können. Mit diesen hätte die Ukraine eine neue Waffe an der Hand, mit der sie ganz anders, etwa gegen russische Artilleriestützpunkte, vorgehen könnte. Dies könnte ein Game-Changer sein, so der Militärexperte Thomas Wiegold im Interview (n-tv).
Moldaus Sorge nach Äußerung in Moskau
Die Andeutungen eines hochrangigen russischen Militärkommandeurs, dass die russischen Truppen auch den Süden der Ukraine einnehmen und bis an die südwestliche Grenze der Ukraine vorstoßen wollten, hat in der Republik Moldau Besorgnis ausgelöst. Insbesondere die Äußerung, in Moldau werde die russischsprachige Bevölkerung unterdrückt, erinnert an eben jene Argumentation, die Russland auch zu Beginn des Einmarsches in die Ukraine vorbrachte (Tageschau).
22. April 2022
Lagebericht
Die neuerliche Offensive Russlands im Osten der Ukraine macht sich bemerkbar. In der Region Donezk haben sich nach Angaben des ukrainischen Generalstabs die Kämpfe der russischen Einheiten entlang der gesamten Frontlinie verschärft. Binnen 24 Stunden hätten russische Truppen 42 Orte in Donezk besetzt. Der dortige Gouverneur teilte mit, fast drei Viertel aller Menschen hätten den von der Ukraine kontrollierten Teil der Region Donezk verlassen. Von den ehemals 1,6 Millionen Einwohnern befänden sich demnach nur noch rund 430.000 in dem Gebiet. Die Region Luhansk befindet sich nach Angaben des dortigen Regionalgouverneurs mittlerweile zu 80 Prozent unter russischer Kontrolle. Ferner versuche Russland in der Region Charkiw im Nordosten des Landes eine Offensive zu beginnen, so der ukrainische Generalstab.
Was die gesamte Ukraine anbelangt, kontrollierten russische Einheiten nach ukrainischen Angaben aktuell insgesamt mehr als 3.500 Orte. Kampfhandlungen gebe es in 11.550 Orten des Landes. 30 Prozent der Infrastruktur des Landes seien seit Kriegsbeginn am 24. Februar zerstört worden. Die rein materiellen Schäden sollen sich auf rund 500 Milliarden summieren.
Die Opfer unter der ukrainischen Zivilbevölkerung erreichen mittlerweile ein katastrophales Ausmaß. Die ukrainische Seite spricht von insgesamt Zehntausenden Toten. Aktuell berichtet die Ukraine über den Fund weiterer Massengräber, in denen russische Soldaten Tausende Menschen vergraben haben sollen. In der Ortschaft Manhusch in der Nähe von Mariupol seien vermutlich zwiaschen 3.000 und 9.000 Bewohner der wochenlang umkämpften Hafenstadt in Massengräbern verscharrt worden. Neue Satellitenbilder lassen ein Gräberfeld bei Manhusch erkennen, das mehr als 200 Massengräber zeigen soll. Anhand vorheriger Bilder könne man darauf schließen, dass die ersten Ende März ausgehoben worden und stetig neue dazugekommen seien. Der dortige Bürgermeister Bojtschenko wirft Russland Völkermord vor und sprach mit Blick auf den Ort des Massakers an rund 34.000 Juden in Kiew im Zweiten Weltkrieg von einem „neuen Babyn Jar”: „Damals tötete Hitler Juden, Roma und Slawen. Und jetzt vernichtet Putin Ukrainer. Er hat in Mariupol schon Zehntausende Zivilisten getötet. Das erfordert eine entschlossene Reaktion der gesamten Welt. Wir müssen diesen Völkermord stoppen, mit allen Mitteln, die möglich sind”, so Bojtschenko.
Die westliche Staatengemeinschaft ringt um Möglichkeiten, dem Kriegstreiben ein Ende zu bereiten. In vielen Ländern wird diskutiert, inwiefern eine verstärkte Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine in der jetzigen Situation möglich, hilfreich und zielführend wäre. Manche geben zu Bedenken, dass die Lieferungen eventuell nicht rechtzeitig in der Ukraine ankommen würden oder von den ukrainischen Soldaten – insbesondere im Falle von Panzerlieferungen - erst nach wochenlangem Training bedienbar und somit einsatzbereit wären. Unter schweren Waffen werden sowohl Kampfflugzeuge oder die viel diskutierten Kampfpanzer verstanden als auch Artilleriegeschütze, Hubschrauber und weitere gepanzerte Fahrzeuge. Bislang werden in die Ukraine von manchen Ländern vor allem Letztere geliefert, allen voran hat die USA die umfangreichsten Lieferungen getätigt. Aber auch Großbritannien ist bereit, schwere Waffen zu liefern. Länder wie die Niederlande und Belgien ziehen solche Lieferungen ebenfalls in Betracht. Deutschland möchte selber bislang keine schweren Waffen liefern, weshalb die deutsche Regierung vielfach in die Kritik geriet. Sie hat aber einen Panzer-Ringtausch mit Slowenien angeboten. Demnach soll Slowenien seine einsatzfähigen Panzer in die Ukraine liefern und bekommt von Deutschland entsprechenden Ersatz. Einen solchen Panzer-Ringtausch, in diesem Fall mit Polen, plane auch Großbritannien, gab der britische Premierministers Boris Johnson bekannt.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: DieFriedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine wurden telefonisch fortgesetzt. Die Leiter der beiden Delegationen haben nach russischen Angaben mehrere lange Gespräche geführt.
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin lädt am kommenden Dienstag zu einem Treffen auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz ein. Er möchte sich dort mit Kollegen aus mehreren Ländern zum Krieg in der Ukraine beraten. Es solle dabei um die weitere militärische Unterstützung der Ukraine als auch um den Verteidigungsbedarf der Ukraine über den aktuellen Krieg hinaus gehen. Ein Ziel des Treffens sei die dauerhafte Sicherheit und Souveränität der Ukraine zu gewährleisten.
Außerdem plant UN-Generalsekretär António Guterres zu Gesprächen mit Russlands Präsident Wladimir Putin am Dienstag nach Moskau zu reisen. Auch ein Treffen mit dem russischen Außenminister Sergej Lawrow ist geplant, teilte Kremlsprecher Peskow mit.
Evakuierungen: Für heute könnten nach Angaben der ukrainischen Regierung keine Fluchtkorridore ermöglicht werden, über die sich die Zivilbevölkerung aus belagerten Städten in Sicherheit bringen könnte. Die Gefahr auf den Routen sei zu groß, erklärte die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk.
Flüchtlinge: Mittlerweile sind nach Angaben der UN bereits mehr als 5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,7 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz über 2,8 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 763.000, nach Ungarn 476.000, in die Republik Moldau 428.000, in die Slowakei 346.000 und nach Tschechien eine ähnlich hohe Anzahl. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei über 360.000.
Todesfälle: Nach ukrainischen Angaben hat der Krieg seit dem 24. Februar Zehntausenden ukrainischen Zivilisten das Leben gekostet, auch wenn die offiziellen Angaben registrierter Opfer der UN weit darunter liegen. Allein in den jüngst entdeckten Massengräbern in der Nähe von Mariupol würden bis zu 9.000 Zivilisten vermutet, so der Stadtrat von Mariupol. Die Ukraine spricht von einem Völkermord an der ukrainischen Bevölkerung. Die Anzahl der gefallenen Soldaten dürfte auf beiden Seiten laut Beobachtern mittlerweile zusammengenommen ebenfalls in die Zehntausende gehen.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Die Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine steht nach Angaben ihres Bürgermeisters unter schwerem Beschuss. In der Region um Charkiwseien gestern insgesamt etwa 50 russische Angriffe durch Artillerie und Mehrfachraketenwerfer registriert worden. Es gab Tote und Verletzte. Aktive Gefechte gebe es auch nahe der benachbarten Kleinstadt Isjum.
Russland meldete gestern die Einnahme der Stadt Kreminna in der Region Luhansk. Schwere Gefechte dauerten auch um die Stadt Popasna an. Diese wird ukrainischen Angaben zufolge teilweise bereits von russischen Truppen kontrolliert. Auch Teile der Stadt Rubischne seien unter russischer Kontrolle.
Auch viele Orte in der Region Donezk seien umkämpft, so etwa die Ortschaften Marjinka,Torske und Selena Dolyna.
Aus der südukrainischen Stadt Saporischschja werden ebenfalls Angriffe gemeldet. In der Nähe der Stadt sei eine Rakete auf der größten Insel im Fluß Dnepr in Chortyzja eingeschlagen, unweit einer Brücke. Zu dieser Zeit sei ein Evakuierungszug in Richtung Lemberg über die Gleise der Brücke gefahren. Infolge der Druckwelle der Explosion seien die Fenster von vier Waggons zerstört worden. Bei einem weiteren Einschlag seien die Gebäude eines Sanatoriums beschädigt worden.
Nahe der nordöstlich von Saporischschja gelegenen Stadt Dnipro sei die Eisenbahninfrastruktur unter Beschuss geraten. Die Bahngleise seien vollständig zerstört, so der regionale Verwaltungschef.
Auch aus der südlichen Großstadt Mykolajiw wurden Explosionen gemeldet.
Nachdem Russland gestern erklärt hat, die Stadt Mariupol eingenommen zu haben, gibt der ukrainische Präsident Selenkskyj indes den Kampf um die Stadt noch nicht auf. Es gebe Wege, die Stadt zu befreien. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, teilte mit, es gebe weiter „einen aktiven ukrainischen Widerstand”. Die rund 2.000 ukrainischen Soldaten, die sich im Stahlwerk verschanzt halten, sind dort derzeit gemeinsam mit 1.000 Zivilsten eingeschlossen. Russlands Präsident Putin erteilte gestern den Befehl, das Stahlwerk nicht zu stürmen, sondern vollständig abzuriegeln, so dass niemand das Werk mehr verlassen könne. Nach eigenen Angaben ist Russland „jederzeit“ zu einer „humanitären Feuerpause“ auf dem gesamten Gelände oder auf Teilen des Industriegeländes Asow-Stahl in der ukrainischen Hafenstadt Mariupol bereit. Voraussetzung sei, dass die ukrainischen Verbände die weiße Flagge hissten, erklärte das russische Verteidigungsministerium. Sofern sich die Menschen im Stahlwerk nicht ergeben, drohen sie demnach früher oder später zu verhungern, da keine Lebensmittel und kein Trinkwasser mehr in das Werk gelangen können. Auch für die derzeit sich noch immer in Mariupol befindlichen 100.000 Bewohner besteht kaum einee Möglichkeit, der Stadt zu entfliehen. Es wurden keine humanitären Korridore genehmigt.
Aktuelle Berichte:
Berichte über Massengräber bei Mariupol
In der Nähe von Mariupol sollen russische Soldaten nach ukrainischen Angaben in der Ortschaft Manhusch Tausende Bewohner der wochenlang umkämpften Stadt in Massengräbern verscharrt haben, so der dortige Bürgermeister. Auf Satellitenbildern seien mehr als 200 Massengräber zu sehen, in denen zwischen 3.000 und 9.000 Zivilsten begraben sein könnten. Die Ukraine spricht von Völkermord und fordert die internationale Staatengemeinschaft zu dringendem Handeln auf (Tagesschau).
Union will Antrag für Lieferung schwerer Waffen einreichen
Die deutsche Regierung unter Bundeskanzler Olaf Scholz möchte keine schwere Waffen in die Ukraine liefern und hat stattdessen einen Ringtausch mit Slowenien angeboten. Dies ist der Union zu wenig. Seit Wochen drängt sie auf die Lieferung schwerer Waffen in die Ukraine. Um den Druck zu erhöhen, möchte die Union nun einen entsprechenden Antrag im Bundestag einreichen. Es gebe eine klare parlamentarische Mehrheit für die Lieferung schwerer Waffen (n-tv).
Scholz warnt vor einem Atomkrieg
Bundeskanzler Olaf Scholz stellt sich der Kritik an seinem zögerlichen Umgang in Bezug auf Waffenlieferungen in die Ukraine entgegen. In der aktuellen Lage brauche es „einen kühlen Kopf und gut abgewogene Entscheidungen“, betonte Scholz. Denn Deutschland trage Verantwortung „für Frieden und Sicherheit in ganz Europa”. Zwischen den NATO-Staaten und einer „hochgerüsteten Supermacht wie Russland” dürfe es nie zu einer „direkten militärischen Konfrontation“ kommen. „Ich tue alles, um eine Eskalation zu verhindern, die zu einem dritten Weltkrieg führt. Es darf keinen Atomkrieg geben“, so Bundeskanzler Scholz (Tagesschau).
Selenskyj warnt vor russischem Referendum nach Vorbild der Krim
Bereits Anfang März hatte der ukrainische Präsident Selenskyj Russland beschuldigt, weitere Annexionen nach dem Vorbild der 2014 annektierten Krim-Halbinsel vornehmen zu wollen. Nun warnt er davor, Russland wolle auch in den von ihm besetzten Gebieten um Cherson und Saporischschja im Süden des Landes ein gefälschtes Unabhängigkeitsreferendum abhalten. Er forderte die Bewohner der besetzten Gebiete auf, keine persönlichen Daten wie Passnummern anzugeben, die die russischen Streitkräfte von ihnen verlangen würden. Es ginge nicht darum, „eine Volkszählung durchzuführen“ (n-tv).
Propaganda in sozialen Netzwerken – Putins Influenzer
Prorussische Kanäle verzeichnen seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar massiven Zuwachs. Angeheizt durch diese Propaganda in den sozialen Netzwerken sind seit Wochen auf Deutschlands Straßen Autokorsos und Pro-Putin-Proteste zu sehen. Eine Datenanalyse zeigt den Einfluss russischer Propaganda, wie das ARD-Magazin Monitor berichtet (Tagesschau).
21. April 2022
Lagebericht
Russische Kräfte haben ihre Angriffe im Osten der Ukraine fortgesetzt. Trotzdem könnte die eigentliche Großoffensive nach Informationen des ukrainischen Sicherheitsrates erst noch bevorstehen. Zwar habe es seit Dienstag entlang der Frontlinie in den Gebieten Donezk, Luhansk und Charkiw immer wieder russische Angriffe gegeben, doch sei davon auszugehen, dass es sich dabei bislang nur um Probeangriffe gehandelt habe. Es sei allerdings nur eine Frage der Zeit, bis Moskau den Befehl zum Beginn des Großangriffs erteile. Der Sekretär des Sicherheitsrates, Olexij Danilow, warnte zugleich vor der Annahme, dass man mit den Kämpfen im Donbass bereits in die finale und entscheidende Phase des Krieges eingetreten sei. Russland könne auch zusätzliche Ziele wieder in den Blick nehmen.
Das US-amerikanischen Institute for the Study of War meldete kleine Fortschritte der russischen Offensive in der Ostukraine. Russischen Truppen sei es gelungen, mehrere Kleinstädte zu erobern und in die Frontstädte Rubischne und Popasna vorzurücken. Bei russischen Angriffen in der Region Luhansk sollen nach ukrainischen Angaben in der Nacht sämtliche Proviantlager der Großstadt Sjewjerodonezk vernichtet worden sein. Die Versorgung der Einwohner sei nur noch über humanitäre Hilfslieferungen möglich. Die ostukrainische Region Luhansk befindet sich nach Angaben ihres Regionalgouverneuers, Serhij Hajdaj, mittlerweile zu 80 Prozent unter russischer Kontrolle.
Wie das britische Verteidigungsministerium mitteilte, rücken russische Truppen derzeit offenbar von Stützpunkten im Donbass in Richtung Kramatorsk vor. Die ostukrainische Stadt befände sich unter andauerndem Raketenbeschuss. Mit seinen Luftangriffen gehe es Russland zunächst darum, die ukrainischen Verteidigungssysteme zu zerstören.
Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu gab am Donnerstag gegenüber der Nachrichtenagentur Interfax bekannt, Russland habe die südukrainische Hafenstadt Mariupol nun vollständig eingenommen. Zwar befänden sich auf dem Gelände des Stahlwerks Asowtal noch immer rund 2.000 ukrainische Soldaten, doch stellten diese aus Sicht Russlands keinen ernstzunehmenden Widerstand mehr dar. Nach Angaben der Nachrichtenorganisation Reuters soll der russische Präsident Putin derzeit keine Notwendigkeit sehen, das Industriegelände in Mariupol zu stürmen. Man werde die Anlage aber so blockieren, dass niemand mehr sie verlassen könne.
Auch abseits akuter Kampfhandlungen gibt es neue Entwicklungen. Nach ukrainischen Angaben hat Russland mit der Vorbereitung eines Referendums über die Gründung einer zukünftigen „Volksrepublik Cherson“ begonnen. Damit könnte Russland dem Beispiel der sogenannten Volksrepubliken Luhansk und Donezk folgen. In den von pro-russischen Separatisten kontrollierten ostukrainischen Gebieten war 2014 eine fingierte Volksabstimmung über ihre Unabhängigkeit von der Ukraine abgehalten worden. Die politischen Machthaber der selbsternannten Volksrepubliken von Donezk und Luhansk hatten im März ihre Absicht erklärt, einen Beitritt zur Russischen Föderation prüfen zu wollen.
Verhandlungen — Internationale Krisendiplomatie: Russland erwartet von der Ukraine eine Antwort auf ein Dokument, welches die russischen Vorschläge zur Beendigung des Krieges enthalten soll, und der ukrainischen Verhandlungsdelegation nach Angaben von Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in den vergangenen Tagen übergeben worden sei. Dieser zeigte sich am Donnerstag über die Äußerungen des ukrainischen Präsidenten Selenskyj irritiert, der am Vortag bekundet hatte, von einem solchen Dokument nichts zu wissen. Dies werfe gewisse Fragen auf, weshalb Präsident Selenskyj nicht über die russischen Positionen informiert worden sei, so Peskow.
Der ukrainische Präsidentenberater äußerte am Mittwochabend via Twitter den Vorschlag, eine „besondere Gesprächsrunde“ mit russischen und ukrainischen Vertretern in Mariupol einzurichten. Von einer solchen Runde erhoffe man sich, die in der Stadt verbliebenen ukrainischen Kämpfer, Soldaten und Zivilisten retten zu können.
Am Donnerstag sind die dänische Ministerpräsidentin Mette Frederiksen und der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez zu Gesprächen in Kiew eingetroffen. In der ukrainischen Hauptstadt ist ein Treffen mit dem Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, geplant.
Flüchtlinge: Seit Kriegsbeginn wurden von der Bundespolizei in Deutschland 366.304 Geflüchtete aus der Ukraine. Da es an der deutsch-polnischen Grenze keine festen Kontrollen gibt, könnte die tatsächliche Zahl sogar noch höher liegen. Auch acht Wochen nach Beginn der russischen Invasion erreichen Deutschland jeden Tag noch mehr als 2.000 Geflüchtete aus der Ukraine. Im Nachbarland Polen haben sich seit Kriegsbeginn 2,9 Millionen Menschen aus der Ukraine in Sicherheit gebracht. Am Mittwoch sollen nach Angaben des polnischen Grenzschutzes erneut 22.300 Menschen aus der Ukraine eingereist sein — im Vergleich zum Vortag ist dies ein leichter Rückgang.
Evakuierungen: Nachdem gestern eine großangelegte Evakuierungsaktion zur Rettung von Zivilisten aus Mariupol gescheitert war, soll es heute einen neuen Anlauf geben. Dies teilte die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk mit. Bereits am Donnerstagmorgen gab die Ukraine dann bekannt, dass vier Busse mit Evakuierten Mariupol verlassen hätten. Im Laufe des Tages würden nach Möglichkeit weitere Zivilisten evakuiert werden.
Todesfälle: Wie die stellvertretende ukrainische Regierungschefin, Olga Stefanischyna mitteilte, sollen seit Kriegsbeginn allein in der Region Kiew 1020 Leichen von Zivilisten registriert worden sein. Nach dem Abzug russischer Truppen aus der Region um Kiew werden immer wieder neue Leichenfunde bekannt. So sollen auf neuen Satellitenbildern des amerikanischen Unternehmens Maxar 200 neue Gräber nahe der Stadt Mariupol entdeckt worden sein. Zwischen dem 24. Februar und dem 20. April hat das UN-Menschenrechtsbüro in der Ukraine 2.345 tote Zivilisten registriert, darunter 177 Kinder. Hinzu kommen 2.919 Verletzte. Es ist davon auszugehen, dass die tatsächlichen Opferzahlen wesentlich höher sind.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
In Borodjanka, einem Vorort der ukrainischen Hauptstadt Kiew, sind nach ukrainischen Angaben zwei weitere Massengräber entdeckt worden. In diesen hätten sich Leichen von neun Zivilisten befunden — darunter auch Frauen und Jugendliche. Einige von ihnen sollen Folterspuren aufweisen.
Die ostukrainische Großstadt Charkiw befindet sich nach Angaben ihres Bürgermeisters Ihor Terechow unter starkem russischen Beschuss. Terechow sprach in einer Fernsehansprache von gewaltigen Explosionen.
Aktuelle Berichte:
Waffenlieferungen: Bundesregierung plant Ringtausch
Die Bundesregierung steht wegen ihrer unklaren Haltung was die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine betrifft weiter in der Kritik. Nun plant Verteidigungsministerin Lambrecht offenbar einen Ringtausch, durch welchen Deutschland an der Lieferung schwerer Waffen zumindest indirekt beteiligt wäre. Nach den Plänen der Bundesregierung könnte Slowenien eine größere Anzahl sowjetischer T-72 Kampfpanzer an die Ukraine abgeben und würde im Gegenzug den deutschen Schützenpanzer Marder sowie den Radpanzer Fuchs erhalten. (Tagesschau).
20. April 2022
Lagebericht
Russland hat seine Großoffensive im Osten der Ukraine fortgesetzt. Abgesehen von kleineren Erfolgen wie der Eroberung der in der Region Luhansk gelegenen Ortschaft Kreminna durch prorussische Separatisten konnten die russischen Invasoren bislang aber kaum Gebietsgewinne erzielen. Nach Informationen des britischen Geheimdienstes ist dies zum einen darauf zurückzuführen, dass es der Ukraine bislang offenbar gelungen ist, zahlreiche russische Vorstöße in der ostukrainischen Donbass-Region abzuwehren. Zum anderen würden unwegsames Gelände sowie technische und logistische Schwierigkeiten das Vorankommen der russischen Truppen erheblich behindern. So geht das US-Kriegsforschungsinstituts ISW in seiner jüngsten Analyse davon aus, dass es sich bei der Eroberung von Kreminna um die einzige russische Bodenoffensive innerhalb der letzten 24 Stunden handelt, die „signifikante Fortschritte“ gebracht habe. Nach Ansicht von Experten des britischen Geheimdienstes versucht Russland derzeit, mit Angriffen auf Ziele im gesamten Staatsgebiet ukrainische Nachschublieferungen und Truppenverlegungen in die östlichen Landesteile zu stören. Parallel dazu ziehe Moskau an der östlichen Grenze der Ukraine weiter Truppen zusammen. Die Briten berichteten außerdem von einer Intensivierung der Kämpfe im Donbass. Dies sei vor allem auf russische Versuche zurückzuführen, die Verteidigungslinien zu durchbrechen. In der Region um die ukrainische Hauptstadt Kiew gebe es nur geringe Aktivitäten der russischen Luftwaffe – trotzdem sei weiterhin mit vereinzelten Luftschlägen auf Ziele im gesamten Land zu rechnen.
Auch nach Einschätzung des Generalstabs der Ukraine sind die russischen Truppen im Osten der Ukraine derzeit vor allem darum bemüht, Schwachstellen in der ukrainischen Verteidigung im Donbass ausfindig zu machen. Das Hauptaugenmerk Russlands gelte im Moment allerdings der Eroberung des Stahlwerks von Mariupol. Der ukrainische Generalstab berichtete überdies von russischen Versuchen, die Städte Rubischne und Sjewjerodonezk im ostukrainischen Gebiet Luhansk zu stürmen. Die Angriffe habe man allerdings abwehren können. 130 verletzte russische Soldaten sollen in das Krankenhaus von Nowoajdar eingeliefert worden sein. Kämpfe habe es außerdem nahe der Kleinstadt Isjum im Gebiet Charkiw sowie um die Städte Marjinka, Popasna, Torske und Selena Dolyna gegeben. Nach Angaben eines Beraters des ukrainischen Präsidenten, ist es dabei gelungen, den Vormarsch russischer Truppen auf die Stadt Slowjansk zu stoppen. Russland gab seinerseits bekannt, in der Nacht mehr als 1.000 ukrainische Militärstandorte beschossen zu haben. Dabei sind laut des russischen Verteidigungsministeriums 106 ukrainische Geschützstellungen zerstört worden. Weitere 73 militärische Ziele habe man aus der Luft bombardiert.
Weiterhin umkämpft ist auch die seit Wochen belagerte Hafenstadt Mariupol. Die letzten ukrainischen Verteidiger der südukrainischen Stadt haben sich auf dem Gelände eines Stahlwerks verschanzt und hatten zuletzt zwei russische Ultimaten zur Kapitulation verstreichen lassen. Nun hat Moskau den ukrainischen Soldaten abermals ein Ultimatum gestellt. Wie der russische Generaloberst Michail Misinzew mitteilte, soll es für heute ab 14 Uhr (Moskauer Zeit) eine einseitige Feuerpause samt Fluchtkorridor aus dem Stahlwerk geben. Ukrainischen Kämpfern solle dadurch die Möglichkeit zur Kapitulation gegeben werden, während die ebenfalls im Stahlwerk befindlichen Zivilisten evakuiert werden könnten. Am Nachmittag wurde dann bekannt, dass die ukrainischen Kräfte auch das neuerliche Ultimatum verstreichen ließen. Bereits in der Nacht auf Mittwoch hatte der Kommandeur der verbliebenen ukrainischen Marineinfanteristen in einem dramatischen Appell um die Evakuierung der ukrainischen Kräfte aus Mariupol gebeten. Man sei dem Feind im Verhältnis von 1 zu 10 unterlegen – die vielleicht letzte Chance auf ein Überleben bestehe im sogenannten „Verfahren der Extraktion“. Dies würde bedeuten, das Militär der Mariupol-Garnison, mehr als 500 verwundete Kämpfer und Hunderte Zivilisten auf dem Gebiet eines Drittstaats in Sicherheit zu bringen. Eine solche Evakuierungsaktion könnte zum Beispiel per Schiff oder Helikopter erfolgen.
Der ukrainische Präsident Selenskyj berichtete in seiner nächtlichen Videoansprache von Erkenntnissen über die russische Offensive in der Ostukraine. Russland setze mittlerweile alle verfügbaren militärischen Kräfte für den Krieg gegen die Ukraine ein. Die allermeisten kampfbereiten russischen Truppen befänden sich entweder in der Ukraine oder unmittelbar hinter der russischen Grenze. Der ukrainische Präsident beklagte zudem erneut die gegen Zivilisten gerichtete Gewalt und kritisierte, dass entgegen aller Beteuerungen aus Moskau auch weiterhin Wohngebiete Zielscheibe russischer Angriffe würden. Das russische Militär bezeichnete er als die „barbarischste und inhumanste Armee der Welt“.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Russland hat der Ukraine erneut vorgeworfen, die bei den Friedensverhandlungen vereinbarten Zusagen nicht einzuhalten. Auf die Verhandlungen habe dies negative Auswirkungen, so Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Dieser teilte außerdem mit, im Moment liege der Ball im Spielfeld der politischen Führung der Ukraine. Russland habe der Ukraine ein Dokument über die eigenen Positionen übergeben und warte auf eine Antwort. Am Abend zeigte sich der ukrainische Präsident Selenskyj von dieser Aussage überrascht. Über das von Kreml-Sprecher Peskow thematisierte Dokument sei ihm bislang nichts bekannt.
EU-Ratspräsident Charles Michel ist heute überraschend zu einem Besuch in Kiew eingetroffen. Dort ist ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj geplant. Am Nachmittag gab zudem UN-Generalsekretär, António Guterres, bekannt, in Kürze ebenfalls zu einer diplomatischen Mission nach Kiew und nach Moskau reisen zu wollen.
Flüchtlinge: Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) geht davon aus, dass mittlerweile mehr als 5 Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen sind. UN-Hochkommissarin Kelly Clements betonte, hinter dieser ungeheuren Zahl stünden „fünf Millionen Einzelschicksale voller Verlust und Trauma“. Weitere 7,1 Millionen Menschen befänden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Mehr als eine Million Menschen sind seit Kriegsbeginn allerdings auch wieder in die Ukraine zurückgekehrt.
Evakuierungen: Nach ukrainischen Angaben konnte mit den russischen Truppen zunächst eine Einigung über die Einrichtung eines Fluchtkorridors aus Mariupol erzielt werden. Über diesen sollten Zivilisten in die Stadt Saporischschja gebracht werden. Die Ukraine hatte darauf gehofft, am Mittwoch bis zu 6.000 Menschen aus der umkämpften Hafenstadt evakuieren zu können. Hierfür wurden 90 Busse nach Mariupol geschickt. In der stark zerstörten Stadt sollen sich noch immer rund 100.000 Zivilisten aufhalten.
Am Mittwochabend wurde dann bekannt, dass weitaus weniger Zivilisten aus Mariupol evakuiert werden konnten, als ursprünglich vorgesehen. Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Iryna Weretschschuk erhob den an Russland gerichteten Vorwurf, das russische Militär habe sich nicht an die für die Evakuierung von Zivilisten aus Mariupol vereinbarte Feuerpause gehalten. Auch seien Busse der Russen, welche die Zivilisten zu bestimmten Übergabepunkten bringen sollten, nicht zu den vereinbarten Zeiten an den Übergabeorten erschienen.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Die südukrainische Großstadt Mykolajiw ist offenbar erneut zum Ziel russischer Angriffe geworden. Dies meldete der Bürgermeister der Stadt über den Nachrichtendienst Telegram. Die Einwohner der Stadt rief er dazu auf, an sicheren Orten zu bleiben. Über Schäden und etwaige Opfer ist noch nichts bekannt.
Wie der Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA), Rafael Grossi, am Dienstagabend bekannt gab, konnte die direkte Kommunikation zwischen der Atomruine Tschernobyl und der zuständigen ukrainischen Aufsichtsbehörde nach über einem Monat Unterbrechung wiederhergestellt werden. Die Möglichkeit zur zuverlässigen Kommunikation gilt als eine der unverzichtbaren Säulen der nuklearen Sicherheit.
Aktuelle Berichte:
Prorussische Separatisten melden Einnahme von Kreminna
Prorussische Separatisten haben die in der Region Luhansk gelegene Kleinstadt Kreminna erobert. Trotzdem verläuft die Großoffensive in der Ostukraine für Russland bislang nicht wie erhofft. Nach britischen Informationen werden russische Fortschritte durch den Widerstand der Ukraine sowie durch das schwierige Gelände und logistische Schwierigkeiten erheblich behindert (Tagesschau).
Ukrainische Soldaten in Mariupol bitten um Evakuierung in Drittstaat
Noch immer halten sich die letzten ukrainischen Verteidiger Mariupols in einem Stahlwerk verschanzt. Nun hat der Kommandeur der verbliebenen ukrainischen Marineinfanteristen um eine Evakuierung in einen Drittstaat gebeten. In einem vom Kommandanten auf Facebook veröffentlichten Eintrag hieß es: „Wir appellieren an alle führenden Politiker der Welt, uns zu helfen [...] Das könnte der letzte Appell unseres Lebens sein“ (Der Spiegel).
Generalinspekteur: Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine würde Bundeswehr beeinträchtigen
Der stellvertretende Generalinspekteur der Bundeswehr Markus Laubenthal hat die Behauptung zurückgewiesen, Deutschland sei zu einer sofortigen Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine in der Lage, falls der politische Wille dazu vorhanden wäre. Im Fall der Abgabe schwerer Waffen hätte Deutschland keine Möglichkeiten mehr, um auf Eventualitäten zu reagieren, so Laubenthal. Dies würde eine erhebliche Schwächung der eigenen Verteidigungsfähigkeit bedeuten. Politiker, die sich zuletzt für die Lieferung auch schwerer Waffen ausgesprochen hatten, zweifeln an dieser Darstellung aber ebenso wie Sicherheitsexperte Prof. Carlo Masala von der Universität der Bundeswehr (Der Spiegel).
19. April 2022
Lagebericht
Am Montagabend hat Russland mit der seit Längerem erwarteten militärischen Großoffensive in der Ostukraine begonnen. Die Ukraine meldete Explosionen entlang der östlichen Front sowie weitere russische Angriffe in anderen Landesteilen. Ukrainischen Medienberichten zufolge soll es in der Region Donezk eine ganze Reihe von Explosionen gegeben haben. Lokale Behörden berichteten außerdem von Explosionen in Charkiw, Mykolajiw und Saporischschja. Der ukrainische Präsident Selenskyj bestätigte den Beginn der russischen Offensive. Ein sehr großer Teil der russischen Armee werde nun für diese Offensive eingesetzt.
Der Gouverneur der ostukrainischen Region Luhansk, Serhij Hajdaj, bezeichnete die Lage vor Ort als sehr schwierig. Derzeit gelinge es den ukrainischen Streitkräften aber noch, die Verteidigungslinien zu halten. Russische Angriffe bei Rubischne und Popasna seien zurückgeschlagen worden. Zugleich rief er die Bevölkerung dazu auf, sich schnellstmöglich in Sicherheit zu bringen – ungefähr 70.000 Menschen sollen sich noch in der umkämpften Region aufhalten. Für diese werde nun versucht, Busse für eine Evakuierungsaktion zu organisieren. Nach Ansicht von Olexij Arestowytsch, einem Berater des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, handelt es sich beim russischen Vorstoß in Luhansk um den Versuch, die ukrainischen Truppen in den Städten Rubischne, Lyssytschansk und Sjewjerodonezk zu isolieren. Wie Arestowytsch mitteilte, hätten darüber hinaus rund 25.000 russische Streitkräfte mit einer Offensive in der Region Charkiw begonnen. Sie ziele auf die Eroberung der in der Region Donezk gelegenen Städte Slowajansk und Kramatorsk ab. Auch bei Awdijiwka nahe Donezk soll es eine russische Offensive geben.
Nach Informationen des US-Verteidigungsministeriums hat Russland allein in den vergangenen Tagen mehr als zehn taktische Kampfverbände in den Osten und Süden der Ukraine verlegt. Die jüngsten russischen Angriffe in der Ostukraine hält das Pentagon nur für die Vorboten eines bevorstehenden, noch größeren Angriffs. Bei den bereits erfolgten Attacken handele es sich vermutlich nur um den Auftakt für eine noch weitaus größere Offensive. Der russische Außenminister Lawrow sprach mit Blick auf die „militärische Spezialoperation“ in der Ukraine vom Eintritt in eine neue, bedeutsame Phase.
Neue Entwicklungen gibt es auch um das Stahlwerk in Mariupol, wo sich die letzten ukrainischen Verteidiger der Stadt verschanzt halten. Nachdem die ukrainischen Kräfte ein erstes russisches Ultimatum zur Kapitulation zunächst hatten verstreichen lassen, gab es am Morgen zunächst Berichte, wonach russische Kämpfer mit der Erstürmung des Geländes begonnen hätten. Am späten Vormittag verkündete Russland dann ein neues Ultimatum: Das russische Verteidigungsministerium rief alle ukrainischen Streitkräfte und ausländischen Söldner dazu auf, unverzüglich ihre Waffen niederzulegen. Auch den Verteidigern von Mariupol werde „das Überleben garantiert“, wenn sie ab Mittag (11.00 MESZ) ihre Waffen niederlegten. Ukrainische Soldaten, die zur Kapitulation bereit seien, dürften das Gelände dann innerhalb eines festgelegten Zeitfensters über einen bestimmten Korridor verlassen. Am Dienstagabend wurde allerdings bekannt, dass die ukrainischen Verteidiger auch das neuerliche Ultimatum verstreichen ließen und offenbar nicht zur Kapitulation bereit sind. Hinsichtlich der sich ebenfalls auf dem Gelände des Werks befindlichen Zivilisten gab es widersprüchliche Angaben. Laut eines Sprechers pro-russischer Separatisten soll niemand von dem für Zivilisten eingerichteten humanitären Fluchtkorridor Gebrauch gemacht haben. Das russische Fernsehen berichtete hingegen von 120 Zivilisten, die das Werk am Nachmittag verlassen hätten.
Verhandlungen — Internationale Krisendiplomatie: Nach Angaben des Chefunterhändlers der ukrainischen Verhandlungsdelegation, Mychailo Podoljak, wisse man derzeit nicht genau, wann die Friedensgespräche mit Russland wieder aufgenommen werden können. Die Tragödie von Mariupol habe den Verhandlungsprozess erheblich erschwert. Russland lasse im Hinblick auf humanitäre Korridore jedes Zeichen von Humanismus und Menschlichkeit vermissen, so Podoljak. Bereits seit dem 29. März hat es zwischen den Lagern keine direkten Verhandlungen mehr gegeben.
US-Präsident Biden hat sich in einer Videoschalte erneut mit internationalen Verbündeten der G7-Staaten beraten — darunter auch Bundeskanzler Scholz. Auch EU-Kommissionspräsidentin Von der Leyen, EU-Ratspräsident Michel, sowie NATO-Generalsekretär Stoltenberg nahmen an dem Treffen teil.
Flüchtlinge: Seit Beginn der russischen Invasion haben sich 2,8 Millionen Menschen aus der Ukraine im Nachbarland Polen in Sicherheit gebracht. Dies teilte der polnische Grenzschutz über Twitter mit. Am Montag kamen demnach rund 20.000 Geflüchtete an. In Deutschland wurden seit Kriegsbeginn knapp 360.000 Geflüchtete von der Bundespolizei registriert. Da es zwischen Deutschland und Polen keine festen Grenzkontrollen gibt und sich Menschen mit ukrainischem Pass für 90 Tage frei innerhalb der EU bewegen dürfen, könnte die tatsächliche Zahl noch deutlich höher liegen.
Evakuierungen: Aufgrund der russischen Offensive in der Ostukraine wird es nach ukrainischen Angaben auch am dritten Tag in Folge keine Fluchtkorridore für Zivilisten aus umkämpften Regionen geben. Diese Mitteilung verband die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk mit dem an Russland gerichteten Vorwurf, selbst in der heftig umkämpften Hafenstadt Mariupol trotz Bitten keinen humanitären Korridor für Zivilisten in Richtung Berdjansk bereitzustellen. Wereschtschuk kündigte zugleich Verhandlungen über die Öffnung humanitärer Korridore in den Gebieten Cherson und Charkiw an.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Nach Einschätzung von Bürgermeister Klitschko ist Kiew auch weiterhin von russischen Angriffen bedroht. Kiew bleibe ein Ziel des Aggressors, so Klitschko. Geflohenen Menschen riet er, vorerst nicht in die Hauptstadt zurückzukehren. Vor dem Hintergrund der jüngsten Entwicklungen und vorliegender militärischer Informationen seien weitere Raketenangriffe auf die Metropole nicht auszuschließen. Einige Bezirke Kiews waren in den vergangenen Tagen bereits zum Ziel russischer Raketen geworden.
Russische Truppen haben offenbar begonnen, den letzten Rückzugsort der Verteidiger von Mariupol mit bunkerbrechenden Waffen zu beschießen. Die Verteidiger, die sich in einem Stahlwerk verschanzt haben, hatten zuvor ein russisches Ultimatum zur Kapitulation verstreichen lassen. Nach russischen Schätzungen befinden sich auf dem Werkgelände noch rund 2.500 ukrainische Soldaten und 400 ausländische Söldner. Die ukrainische Seite weist allerdings darauf hin, dass in den Tunneln des Werks auch viele Zivilisten Zuflucht gesucht hätten. Noch immer sollen sich in der Hafenstadt bis zu 100.000 Zivilisten aufhalten, für die die Lage immer katastrophaler zu werden droht. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Donezk halten die Straßenkämpfe in der umkämpften Stadt — auch mit schweren Waffen geführt — noch immer an.
In der ostukrainischen Großstadt Charkiw sollen bei einem russischen Angriff drei Menschen getötet und 15 weitere verletzt worden sein. Der örtliche Gouverneur berichtete, die Granaten seien direkt vor Wohnhäusern, auf Kinderspielplätzen und in der Nähe humanitärer Hilfsstellen eingeschlagen. Es handle sich um einen gegen Zivilisten gerichteten Angriff.
Aktuelle Berichte:
Selenskyj: „Schlacht um den Donbass“ hat begonnen
Der ukrainische Präsident Selenskyj bestätigte in einer Videoansprache den Beginn der russischen Großoffensive im Osten der Ukraine. Ein großer Teil der gesamten russischen Armee soll an dem Großangriff, der sich nach ukrainischen Angaben über eine Front von 480 Kilometern erstreckt, beteiligt sein. Auch wenn die Russen im Zuge ihrer Offensive bereits einige kleinere Ortschaften erobern konnten, sollen sich die ukrainischen Gebietsverluste laut des Sekretärs des nationalen Sicherheitsrats der Ukraine, Oleksij Danilow, bislang in Grenzen halten (Tagesschau).
Waffenlieferungen: Druck auf Kanzler Scholz nimmt zu
Bundeskanzler Scholz gerät wegen seiner abwartenden Haltung, was die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine betrifft, zunehmend unter Druck. Kritik erntet der Kanzler auch aus den Reihen der Koalitionspartner. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses im Bundestag, Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP), beklagte, Scholz sage nach wie vor nicht wirklich, was er wolle. Sie forderte von Scholz ein Bekenntnis zur Lieferung schwerer Waffen. Jüngst hatte nach dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj auch EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen an die EU-Mitgliedsländer appelliert, der Ukraine schnell Waffen zur Verfügung zu stellen (ZDF).
Kanzler Scholz über Waffenlieferungen: „Deutsche Alleingänge wären falsch“
Bundeskanzler Scholz möchte die Ukraine auch weiterhin finanziell und militärisch unterstützen — dies müsse allerdings in enger Abstimmung mit den internationalen Partnern erfolgen, so Scholz. Da Deutschland bei Waffenlieferungen aus Bundeswehrbeständen mittlerweile an seine Grenzen stoße, erarbeite man gemeinsam mit der Ukraine und der deutschen Rüstungsindustrie eine Liste über die benötigten, und kurzfristig lieferbaren Rüstungsgüter. Deutschland stelle die für den Kauf notwendigen finanziellen Mittel zur Verfügung. (Tagesschau).
17. /18. April 2022
Ein aktueller Lagebericht wird erst wieder nach Ostern erstellt.
16. April 2022
Lagebericht
Für die anstehende Großoffensive im Osten der Ukraine ist Russland noch immer dabei, seine Truppen zu verstärken und sich für den Einsatz vorzubereiten. Auch über Jobbörsen versuche Russland seit Wochen, neue Soldaten zu gewinnen. Tausende Stellen für sogenannte „Vertragssoldaten" seien seit März ausgeschrieben, wie die BBC berichtet. Demnach würden Kanoniere, Aufklärer, Maschinengewehrschützen, Flugabwehrschützen, Granatwerfer und andere potenzielle Kämpfer gesucht.
Die Ukraine rechnet indes auch unmittelbar mit verstärkten Angriffen als Konsequenz für den Untergang des russischen Flaggschiffs „Moskwa“, dem Prestigeobjekt der russischen Schwarzmeerflotte, das mutmaßlich von einer Rakete der ukrainischen Streitkräfte getroffen wurde. Russland werde sich dafür rächen, so eine Sprecherin der südlichen Streitkräfte der Ukraine. „Der Angriff auf den Kreuzer Moskwa hat nicht nur das Schiff selbst getroffen, sondern auch die imperialen Ambitionen des Feindes. Wir sind uns alle bewusst, dass man uns dies nicht verzeihen wird.“ Der Beschuss einer Rüstungsfabrik nahe Kiew am Freitag sei bereits darauf zurückzuführen. In der Fabrik werden Raketen vom Typ „Neptun" hergestellt, mit denen die ukrainischen Streitkräfte nach eigenen Angaben die „Moskwa“ getroffen hätten. Russland hat weitere Angriffe auf Kiew angekündigt. So berichteten örtliche Medien von Luftalarm in weiten Teilen der Ukraine. In der Region um Kiew und Lwiw habe es Explosionen gegeben.
Ferner hat Russland Protestnoten an mehrere westliche Länder verschickt, darunter auch die USA, in denen ausdrücklich vor Waffenlieferungen an die Ukraine gewarnt wird. Solche Lieferungen könnten „unabsehbare Folgen" haben. Die USA hatten jüngst auch vor einem möglichen Einsatz kleinerer taktischer Atomwaffen durch Moskau gewarnt.
Der Krieg in der Ukraine ist dabei, in eine neue Phase einzutreten, analysiert Ex-Nato-General Hans-Lothar Domröse. Diese Phase könnte noch brutaler sein als alles, was bisher passiert sei, warnt er. Putin habe seine bisherige Strategie geändert und werde nun neu ansetzen. Er werde versuchen, bis zur alljährlichen Feier am 9. Mai in Moskau, dem „Tag des Sieges“ über Nazi-Deutschland, seine Eroberungsziele im Osten der Ukraine zu erreichen, koste es, was es wolle, um an diesem 9. Mai Erfolge präsentieren zu können. Auch mit dem neuen Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte, von der USA „der Schlächter von Syrien" genannt, habe die russische Armee nun einen erfahrenen Militär an der Hand, von dem zu erwarten sei, dass er die vorhandene russische Global Power besser orchestrieren könne als in der ersten Phase des Krieges geschehen, in der die Armee eher planlos vorgegangen sei. „Das ukrainische Militär, auch die Zivilbevölkerung, muss eine gewaltige Walze befürchten. Wir sehen Grosny, Aleppo vor Augen, Tschetschenien gewissermaßen, und die walzen sich einfach durch und sagen: Durch, egal, was es kostet.“
Die bevorstehende Verteidigung von Land und Leuten sei für die Ukraine eine „Mammutaufgabe“. Die ukrainischen Streitkräfte müssten versuchen, alles daran zu setzen, im Osten nicht eingekesselt zu werden und Gebiete zu halten. Gleichzeitig hätten sie die schwere Aufgabe, die dortige Bevölkerung aus den umkämpften Gebieten über Korridore zu retten. Für all dies brauche das Land nun dringend eine entsprechende Ausstattung, vor allem auch mit Panzern, um auf dem Gelände bestehen zu können. So bittet der ukrainische Präsident Selenskyj wiederholt und dringend um die Lieferung schwerer Waffen, denn die russische Offensive könne jeden Tag starten.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Der ukrainische Präsident Selenskyj hat Russland mit einem Ende der Friedensverhandlungen gedroht, falls die verbliebenen ukrainischen Kämpfer in der Hafenstadt Mariupol getötet werden sollten. Für beide Seiten wäre das eine „Sackgasse, denn wir verhandeln weder über unsere Territorien noch über unsere Leute“, so Selenskyj. Die seit Wochen laufenden Verhandlungen zwischen der russischen und ukrainischen Delegation hatten bislang zu keinen Ergebnissen geführt und waren zuletzt ins Stocken geraten. Sie sind jedoch nötig, um irgendwann die Kämpfe zu beenden und Positionen auszuhandeln.
Flüchtlinge: Seit Kriegsbeginn haben laut dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR 4,8 Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Zusätzlich befinden sich nach Schätzungen weitere rund 7 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz seit Kriegsbeginn über 2,7 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 726.000, nach Ungarn 447.000, in die Republik Moldau 419.000, in die Slowakei 329.000 und nach Tschechien eine ähnlich hohe Anzahl. Deutschland hat bislang über 340.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die tatsächliche Zahl eingereister Menschen dürfte jedoch mittlerweile weit darüber liegen.
Evakuierungen: Gestern konnten über 2.800 Zivilisten aus den umkämpften Gebieten in der Ukraine evakuiert werden, wie Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk mitteilte. Russische Einheiten würden dabei jedoch „ständig” die eingerichtete Feuerpause brechen. Auch für den heutigen Tag wurden wieder neun humanitäre Korridore zur Evakuierung vereinbart. Aus den umkämpften Regionen Luhansk und Donezk konnten heute 1.500 Menschen in Sicherheit gebracht werden.
Todesfälle: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte heute, dass im Krieg mit Russland seit dem 24. Februar bisher zwischen 2.500 und 3.000 ukrainische Soldaten ums Leben gekommen seien. Weitere 10.000 Soldaten seien verletzt worden. Die Anzahl der zivilen Todesopfer lässt sich in der aktuellen Situation noch schwerer beziffern, viele Menschen werden laufend noch unter Trümmern und auch aus Massengräbern geborgen. Verfolgt man die ukrainischen Angaben über Todesopfer, vor allem in den umkämpften Städten wie Mariupol, dürfte sich in Summe eine Zahl von über 20.000 getöteten Zivilsten ergeben. Nach ukrainischen Angaben habe Russland im Krieg gegen die Ukraine bislang eine hohe Anzahl an gefallenen Soldaten hinnehmen müssen. Mittlerweile ist von einer Zahl um die 20.000 Gefallenen die Rede. Russland selbst gibt an, es seien nur um die 1.500 russische Soldaten gefallen.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Nachdem Russland vor neuerlichen Attacken auf Kiew gewarnt hatte, kam es nach dem jüngsten Beschuss einer Waffenfabrik nun zu einer weiteren Explosion im Südosten von Kiew. Bei dem Angriff seien Produktionsanlagen einer Panzerfabrik zerstört worden.
In Charkiw sollen bei einem Beschuss des Industriebezirks ukrainischen Angaben zufolge mindestens zehn Menschen getötet worden sein, darunter auch ein Baby. Mindestens 35 Menschen seien verletzt worden. Mehrere Wohnhäuser des Bezirks am östlichen Stadtrand seien zudem beschädigt oder zerstört worden, hieß es weiter. In den vergangenen 24 Stunden sei die Stadt 60 Mal beschossen worden.
Das russische Militär hat nach ukrainischen Angaben in Städten im Donbass große Zerstörung angerichtet. So hat etwa im Gebiet Luhansk die Großstadt Sjewjerodonezk großen Schaden genommen. Die Stadt sei zu rund 70 Prozent zerstört. Die wichtigsten Straßen seien erheblich beschädigt und auch die Wasserversorgung sei bis zur Durchführung von Reparaturarbeiten eingestellt. Von den rund 130.000 Bewohnern vor dem Krieg seien nur mehr etwa 20.000 Menschen vor Ort. Die Behörden arbeiteten daran, weiter Menschen aus der Stadt in Sicherheit zu bringen, bevor die große Offensive der russischen Armee starte. Der Gouverneur von Luhansk vermutet, die russischen Truppen warteten nur noch auf besseres Wetter, um dann zeitgleich in den Gebieten Luhansk und Donezk ihre Angriffe zu starten. In beiden Regionen soll nach Wettervorhersagen voraussichtlich Mitte kommender Woche der Regen aufhören.
Ferner wird über einen russischen Luftangriff auf einen Flugplatz in der Stadt Olexandrija im Gebiet Kirowohrad in der zentralen Ukraine berichtet. Über Schäden oder Opfer gab es zunächst keine Angaben.
Die nach wochenlangen Kämpfen in Trümmern liegende Hafenstadt Mariupol ist weiterhin heftig umkämpft. Noch ist es den russischen Streitkräften nicht gelungen, die Stadt vollständig einzunehmen. Eine Einnahme steht jedoch kurz bevor. Das russische Verteidigungsministerium meldete eine fast komplette Vertreibung der ukrainischen Streitkräfte aus Mariupol. Einige Kämpfer seien noch in der Fabrik Asowstal eingeschlossen. Um die rund 100.000 noch immer in der Stadt verbliebenen Einwohner zu befreien, hat der ukrainische Präsident Selenskyj mit Militär- und Geheimdienstchefs die Lage erörtert. „Die Details können jetzt nicht öffentlich gemacht werden, aber wir tun alles, was wir können, um unsere Leute zur retten”, sagte er in seiner nächtlichen Videoansprache an die Nation. Nur einigen Hundert Zivilisten gelingt es pro Tag, die Stadt mit Pkw zu verlassen.
In der Region um Odessa ist nach Darstellung des russischen Verteidigungsministeriums ein ukrainisches Transportflugzeug abgeschossen worden, das Waffen westlicher Regierungen liefern sollte. Das Ministerium legt keine Belege vor, eine Stellungnahme der Ukraine liegt nicht vor.
Aktuelle Berichte:
Ostermärsche in Kriegszeiten – Friedensbewegung aus der Zeit gefallen?
Bundesweit sind für dieses Osterwochenende mehr als hundert Veranstaltungen angekündigt. Bei den sogenannten Ostermärschen protestieren Friedensaktivisten unter anderem gegen Waffenexporte in die Ukraine. Angesichts der russischen Invasion sei die Friedensbewegung regelrecht aus der Zeit gefallen, kritisiert der Politikwissenschaftler Albrecht von Lucke. „Wir haben es, anders als noch im Kalten Krieg, mit einem brutalen Eroberungskrieg zu tun“, sagt von Lucke, Redakteur der Fachzeitschrift „Blätter für deutsche und internationale Politik“. Von der Friedensbewegung wünscht er sich deshalb mehr Selbstkritik und eine Abkehr von einfachen Slogans. Es sei aber berechtigt, wenn die Friedensbewegung daran erinnere, dass Waffen allein keinen Frieden schaffen werden, so von Lucke (Tagesschau).
„Das Ganze hat eine Dimension, die alles übersteigt, was ich gesehen habe”
Die russische Offensive in der Ostukraine steht bevor. Ex-Nato-General Hans-Lothar Domröse befürchtet Szenarien wie in Grosny und Aleppo. Er sieht die Ukraine vor einer Mammutaufgabe. Angesichts der Ziele Putins hält er die Zweifel an Panzerlieferungen für fatal (Spiegel).
Ukraine beginnt im Norden mit Wiederaufbau
In den befreiten Gebieten im Norden der Ukraine beginnen die Behörden mit dem Wiederaufbau. Der Umfang der Arbeiten sei in den 918 betroffenen Orten und Städten unterschiedlicher Größe „wirklich enorm“, sagte Präsident Selenskyj in seiner nächtlichen Videobotschaft. Man führe Entminungsarbeiten durch, stelle die Versorgung der Orte mit Strom, Wasser und Gas wieder her. Auch die Polizei, Post und lokale Behörden nähmen ihre Arbeit wieder auf, Zugverbindungen würden wiedereingerichtet (n-tv).
15. April 2022
Lagebericht
Seit nunmehr zwei Wochen hat Russland den Fokus seines Militärs auf den Osten gelenkt. Allerdings kam es bislang noch nicht zur erwarteten Großoffensive. Die Mobilisierung der für die Offensive erforderlichen russischen Truppen sei noch immer nicht abgeschlossen. Es brauche Zeit, die Verluste an Material und Soldaten aufzufrischen und auch neue Kräfte aus den Tiefen des russischen Raums heranzuziehen, analysiert der österreichische Generalmajor Günter Hofbauer die aktuelle Lage. Außerdem versuche die russische Armee unter ihrem neuen Oberbefehlshaber Alexander Dwornikow, ein erfahrener General aus dem Syrienkrieg, die Offensive im Osten überlegter anzugehen und besser vorzubereiten als bei ihrer Offensive im Norden in der ersten Kriegsphase.
Russland setze nun im Osten zunächst Drohnen oder andere Aufklärungsmittel ein, um festzustellen, wo sich die ukrainischen Verteidiger befinden, so Hofbauer weiter. Anschließend würden sie entweder mit Artillerie oder aus der Luft angreifen, um das ukrainische Militär zu schwächen. In einem weiteren Schritt folgten dann die Bodentruppen, um Gelände in Besitz zu nehmen. Solche Kampfhandlungen am Boden würden erfahrungsgemäß sehr lange dauern. Demnach ist zu erwarten, dass sich der Krieg noch einige Zeit hinziehen wird.
So wurden auch in den vergangenen Tagen wieder Luftangriffe auf etliche Städte und Regionen im Osten und Südosten geflogen. Ziele waren die Region Luhansk, Saporischschja sowie das südliche Cherson und Charkiw im Nordosten. Das ukrainische Militär konnte die russischen Angriffe in Luhansk erfolgreich abwehren, heißt es im Lagebericht des ukrainischen Generalstabs. Gerade in diesem Gebiet hat die Ukraine besonders starke Truppen stationiert, die seit 2014 die Front gegen die von Russland unterstützten Separatistenrepubliken Donezk und Luhansk halten.
Es wurden aber auch vereinzelte Explosionen aus anderen Regionen des Landes gemeldet. So kam es zu Explosionen in Kiew und in Iwano-Frankiwsk im Westen.
Mittlerweile dauert der Krieg in der Ukraine 50 Tage an. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat seinen Landsleuten für ihren Widerstand gegen Russland gedankt. „Wir haben den größten Teil unseres Landes verteidigt”, sagte Selenskyj in einer Videobotschaft. „50 Tage unserer Verteidigung sind eine Leistung. Eine Leistung von Millionen von Ukrainern.” Viele hätten der Ukraine zu Anfang nicht zugetraut, gegen die russischen Angreifer zu bestehen. Das ukrainische Volk hätte jedoch bewiesen, wie mutig es sei und wie sehr es seine Freiheit schätze. Selenskyj dankte ferner allen Unterstützern der Ukraine. Er habe viele politische Führer auf eine andere Art erlebt. Er habe „große Großzügigkeit” bei denen gesehen, die nicht reich seien oder Entschlossenheit bei jenen, die von anderen nicht ernst genommen worden seien. Er habe aber auch Politiker gesehen, die sich so verhielten, als hätten sie keine Macht.
Flüchtlinge: Mittlerweile haben seit Kriegsbeginn laut dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR 4,7 Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Zusätzlich befinden sich nach Schätzungen weitere rund 7 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz seit Kriegsbeginn 2,7 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 716.000, nach Ungarn 440.000, in die Republik Moldau 417.000, in die Slowakei 326.000 und nach Tschechien eine ähnlich hohe Anzahl. Deutschland hat bislang rund 340.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die tatsächliche Zahl eingereister Menschen dürfte jedoch mittlerweile weit darüber liegen. Insgesamt seien seit Beginn des Krieges am 24. Februar 652.000 Menschen in die Ukraine eingereist, wie der polnische Grenzschutz mitteilte. Größtenteils handle es sich dabei um ukrainische Staatsbürger, die in Gebiete zurückwollten, die die ukrainische Armee wieder befreien konnten.
Evakuierungen: Gestern konnten über 2.500 Zivilisten aus den umkämpften Gebieten in der Ukraine evakuiert werden, wie Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk mitteilte. Russische Einheiten hätten dabei jedoch „ständig” die eingerichtete Feuerpause gebrochen. Auch am heutigen Tag wurden mehr als 2.800 Menschen aus besonders umkämpften Gebieten im Osten des Landes in Sicherheit gebracht.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Am frühen Morgen wurden aus der Region Kiew Explosionen in einer Kleinstadt gemeldet. Offenbar sei ein Tanklager angegriffen worden. Laut ukrainischen Medien soll es zu zeitweisen Stromausfällen in Teilen der Hauptstadt Kiew gekommen sein. Aus Moskau hingegen hieß es, die Fabrik „Wisar” nahe der Stadtgrenze von Kiew sei mit Raketen beschossen worden. In der Fabrik sollen Raketen für das Flugabwehrsystem S-300 hergestellt worden sein. Zuvor hatte der russische Generalmajor Igor Konaschenkow in einer Ansprache mit (weiteren) Angriffen auf die ukrainische Hauptstadt Kiew gedroht. Im Visier seien Kommandozentralen. „Sabotageversuchen und Angriffen ukrainischer Truppen auf Objekte im Hoheitsgebiet der Russischen Föderation“ seien Anlass für diese Warnung. Die russischen Behörden hatten ukrainische Truppen Luftangriffe auf Wohngebäude in einer russischen Grenzregion zur Ukraine vorgeworfen.
Ungeachtet dessen soll die Hauptstadt Kiew wieder mit internationalen Buslinien angefahren werden können. Laut einer Mitteilung des ukrainischen Regierungsportals zum Zustand der Transport-Infrastruktur im Land würden die Hauptstadt und auch eine Reihe anderer ukrainischer Städte wieder angefahren. So nehme etwa der Busbetreiber FlixBus nach Angaben aus Kiew wieder Verbindungen auf. Frankreich hat ferner mitgeteilt, seine Botschaft in der Ukraine „sehr bald“ wieder aus Lwiw im Westen der Ukraine in die Hauptstadt Kiew zurückzuverlegen. Die Atmosphäre in Kiew beschreibt ADR-Korrespondent Jo Angerer als weiterhin angespannt. Auch wenn die Russen in dem Gebiet abgezogen seien, bleibe der Krieg nah. Die Angst der Menschen sei spürbar.
In der Region Charkiw im Nordosten des Landes sind seit Beginn des russischen Einmarschs nach ukrainischen Angaben mehr als 500 Zivilisten getötet worden, darunter 24 Kinder, so der Regionalgouverneur. Russische Truppen hätten nach eigenen Angaben in der Nacht auch das Dorf Isjumske nahe Charkiw angegriffen. Dabei seien bis zu 30 polnische Söldner getötet worden, die für die ukrainischen Streitkräfte gekämpft haben sollen.
In den vergangenen 24 Stunden habe es in der Region im Osten 34 russische Angriffe gegeben, so der ukrainische Generalstab. In Luhansk würden nach ukrainischen Angaben derzeit vorrangig die Städte Popasna und Rubischne attackiert. Sie konnten sich jedoch erfolgreich verteidigen.
Die russische Armee versuche weiterhin, die Hafenstadt Mariupol vollständig unter ihre Kontrolle zu bekommen. Da der Versuch, die gesamte Stadt auf einmal einzunehmen gescheitert sei, versuchten die russischen Streitkräfte nun Straße um Straße, Wohnblock um Wohnblock zu erobern, so der österreichische Generalmajor Günter Hofbauer. Doch der Widerstand der ukrainischen Soldaten ist nach wie vor groß. Bislang ist es dem russischen Militär nach eigenen Angaben gelungen, den Hafen von Mariupol zu besetzen. Auch das Stahlwerk „Iljitsch” habe Russland demnach unter seine Kontrolle gebracht. Der Sprecher des ukrainischen Verteidigungsministerums erklärte hingegen heute, es gebe heftige Kämpfe unter anderem im Hafengebiet und um das Stahlwerk. Er betonte, dass Mariupol von russischen Truppen nicht vollständig eingenommen worden sei. Russland soll ferner nach Angaben der ukrainischen Regierung auch Überschallbomber im Einsatz haben. Aus Langstreckenbombern des Typs Tu-22M3 seien Bomben auf Mariupol abgeworfen worden, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums am Freitag in Kiew. Der Chef des Welternährungsprogramms (WFP) erklärte indes, in der seit Wochen belagerten Stadt Mariupol drohten Menschen zu verhungern: „Es ist die eine Sache, wenn die Menschen unter den Verwüstungen des Krieges leiden. Es ist eine andere Sache, wenn sie dem Verhungern preisgegeben werden."
In der südlich gelegen Region Cherson wurde in der Nacht ebenfalls von Explosionen berichtet.
Bezüglich des vor der südlichen Küstenregion gelegenen russischen Flaggschiffs „Moskwa" hat Russland inzwischen den Untergang gemeldet. Das Schiff sei während eines Sturms untergegangen, als es an sein Ziel geschleppt werden sollte, heißt es aus dem russischen Verteidigungsministerium. Der Raketenkreuzer sei Dreh- und Angelpunkt der Luftverteidigung der Schwarzmeerflotte gewesen, beurteilen Militärexperten den Verlust des Schiffes.
Aktuelle Berichte:
Scholz: Mehr als eine Milliarde Militärhilfe für die Ukraine
Bundeskanzler Olaf Scholz hat angekündigt, insgesamt zwei Milliarden Euro an weiteren Militärhilfen bereitzustellen. Davon sollen deutlich mehr als eine Milliarde Euro direkt an die Ukraine gehen. Die Ukrainer könnten sich damit die Waffen kaufen, die sie haben wollen, in Abstimmung mit den USA und anderen Partnern.
Zuletzt war der Druck auf die Bundesregierung groß, die Ukraine stärker zu unterstützen (Tagesschau).
CIA warnt vor möglichem Einsatz kleinerer Atomwaffen
Der US-Geheimdienst CIA hat davor gewarnt, dass Russland im Krieg gegen die Ukraine kleinere Atomwaffen einsetzen könnte. Angesichts einer „möglichen Verzweiflung” über militärische „Rückschläge” könnte der russische Präsident Wladimir Putin den Einsatz „taktischer Atomwaffen oder Atomwaffen mit geringer Reichweite” anordnen, sagte CIA-Direktor William Burns. Gleichzeitig betonte er, dass es bislang „nicht viele praktische Beweise” für Vorbereitungen auf den Einsatz solcher Waffen gebe. Taktische Atomwaffen könnten seitens Russland theoretisch als wirkmächtige Alternative zu herkömmlichen Waffen eingesetzt werden (n-tv).
„Eine neue Qualität des Kampfes steht bevor”
Seit Tagen wird mit einem russischen Großangriff auf die Ostukraine gerechnet. Die Mobilisierung der Truppen hierfür sei jedoch noch immer nicht abgeschlossen. Mit dem neuen Oberbefehlshaber der russischen Armee könnte „eine neue Qualität des Kampfes” bevorstehen, so der österreichische Generalmajor Günter Hofbauer im Interview (n-tv).
Nawalny fordert „Informationsfront” gegen russische Propaganda
Die Regierung von Präsident Putin führt mit der Unterdrückung unabhängiger Medien und öffentlicher Kritik einen Informationskrieg. Nun hat der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny Internetkonzerne und westliche Regierungen aufgefordert, eine „Informationsfront“ in Russland zu eröffnen. In einer Botschaft an zahlreiche westliche Spitzenpolitiker und Meta-Chef Mark Zuckerberg schrieb Nawalny auf Twitter, sie sollten die „Propaganda” von Präsident Wladimir Putin „mit Hilfe von Werbemöglichkeiten in den sozialen Medien zerschlagen”. Er forderte: „Wir brauchen Werbung, viel Werbung” (n-tv).
Putin sucht Nähe zur orthodoxen Kirche
Russlands Präsident Putin sucht die Nähe zum Patriarchen der orthodoxen Kirche Kyrill I. Dieser predigt statt Friedensbotschaften Loyalität gegenüber Putin und Hass auf den Westen. Kyrill legitimiert den Angriff Russlands auf die Ukraine religiös – als einen „metaphysischen Kampf” des Guten gegen das Böse, sagt Regina Elsner vom Zentrum für Osteuropa und internationale Studien in Berlin: „Das ist die Vorstellung, dass hier das Böse, der böse Westen mit seinen verkommenen Werten, mit Liberalität und Säkularität diese traditionelle Welt angreift.” Auch in den eigenen Reihen wird der Patriarch dafür kritisiert (Tagesschau).
14. April 2022
Lagebericht
Am Donnerstag stellt sich die militärische Gesamtsituation in der Ukraine im Vergleich zum Vortag nahezu unverändert dar. Aus dem Osten und Südosten der Ukraine werden auch weiterhin russische Angriffe gemeldet. So sollen nach Angaben des Regionalgouverneurs von Charkiw vier Zivilisten in der ostukrainischen Großstadt durch russische Luftangriffe ums Leben gekommen sein. Der ukrainische Präsident Selenskyj sprach in seiner nächtlichen Videobotschaft von unvermindert fortgesetzten russischen Raketen-, Bomben- und Artillerieangriffen. Auch würden sich immer mehr russische Militärkonvois auf den Weg in die Südostukraine begeben. Der ukrainische Präsident berichtete zudem vom Versuch der Russen, ukrainische Bewohner aus den besetzten Gebieten Donezk und Luhansk für die russische Seite zu rekrutieren. Nach wie vor ist die Ukraine außerdem darum bemüht, sich gegen den erwarteten russischen Großangriff in den ostukrainischen Gebieten zu wappnen. Der Politikwissenschaftler Gustav Gressel nannte gegenüber der ARD eine Zahl von 60.000 zusätzlichen russischen Soldaten, die derzeit auf dem Weg in die Ukraine seien. Da der russische Aufmarsch in der Ostukraine weit fortgeschritten sei, müsse im Prinzip jederzeit mit einem Beginn der russischen Offensive gerechnet werden.
Der britische Militärgeheimdienst geht davon aus, dass größere russische Angriffe auf die ostukrainischen Städte Kramatorsk und Kostjantyniwka erfolgen werden. Im Osten der Ukraine könne weiterhin eine Konzentration russischer Truppen beobachtet werden. Allerdings sei eine erhebliche Zahl russischer Soldaten und russischen Kriegsgeräts derzeit noch wegen der anhaltenden Kämpfe um die Hafenstadt Mariupol gebunden.
Unterdessen konnten beide Kriegsparteien militärische Erfolge vermelden. Die russische Armee gab in der Nacht die vollständige Eroberung des Hafens von Mariupol bekannt. Die noch verbliebenen ukrainischen Truppen seien eingekesselt und von allen potenziellen Fluchtwegen abgeschnitten worden. Bereits am Vortag hatte Moskau die Kapitulation von 1.000 ukrainischen Soldaten in Mariupol verkündet – von der Ukraine war diese Meldung jedoch dementiert worden. Auch von russischer Seite offiziell bestätigt wurde am Abend, dass das wichtigste Schiff der russischen Schwarzmeerflotte nach einer Explosion gesunken ist. Nach Darstellung Moskaus ist der Raketenkreuzer, der den Namen Moskwa trägt infolge eines Brandes, der zur Explosion von an Bord gelagerter Munition geführt habe, gesunken. Die Ukraine reklamierte die Zerstörung des russischen Flagschiffes hingegen als Erfolg der eigenen Streitkräfte. Der Gouverneur der Region Odessa erklärte, man habe die Moskwa mit mit ukrainischen Raketen vom Typ "Neptun" beschossen.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Laut einem ukrainischen Unterhändler gibt es in den Gesprächen mit Russland wohl auch weiterhin erhebliche Differenzen. Für die Ukraine sei es von großer Bedeutung, dass sich eine möglichst hohe Anzahl an Staaten an Sicherheitsgarantien beteilige. Russland stemme sich allerdings dagegen, der Ukraine dies zuzugestehen.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres hält eine landesweite Waffenruhe in der Ukraine derzeit für nicht möglich. Auf Bitten von Guterres war zuvor UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths zu Gesprächen nach Moskau und Kiew gereist, um die Möglichkeit eines „humanitären Waffenstillstands“ auszuloten.
Flüchtlinge: In Polen haben sich seit Kriegsbeginn insgesamt 2,73 Millionen Menschen aus der Ukraine in Sicherheit gebracht. Alleine gestern wurden vom polnischen Grenzschutz 24.700 Geflüchtete gezählt. Wie die polnische Behörde via Twitter bekannt gab, sollen seit Beginn der russischen Invasion umgekehrt auch 629.000 Menschen in die Ukraine eingereist sein. Beim Großteil handle es sich um ukrainische Staatsbürger, die in Gebiete zurückkehrten, die von der ukrainischen Armee zurückerobert wurden.
Evakuierungen: Nachdem man sich mit der russischen Seite gestern nicht auf die Einrichtung von Sicherheitskorridoren habe einigen können, soll es nach Angaben der stellvertretenden ukrainischen Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk heute wieder neun Fluchtkorridore für Zivilisten in umkämpften Gebieten geben. Erneut soll eine Route aus Mariupol Zivilisten die Flucht aus der belagerten Hafenstadt ermöglichen. Weitere Korridore sind für die Städte Berdjansk, Tokmak und Enerhodar geplant.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Im Norden der Ukraine haben russische Truppen nach Angaben von Präsident Selenskyj große Mengen an nicht detonierten Sprengvorrichtungen zurückgelassen. Zehntausende Minen und Granaten befänden sich noch in dem Gebiet. Bürgerinnen und Bürger, die in die Gebiete zurückkehren möchten, rief er zur Vorsicht auf, da die vollständige Minenräumung noch einige Zeit in Anspruch nehmen werde.
Im nordukrainischen Gebiet Sumy wurden nach dem Abzug russischer Truppen über 100 Leichen gefunden. Dies teilte der Gouverneur des Gebiets, Dmytro Schywyzkyj, gegenüber Journalisten mit. Leider würde sich die Zahl der gefundenen Leichen mit jedem Tag noch weiter erhöhen. Schywyzkyj berichtete von toten Körpern mit gefesselten Händen, Folterspuren und Kopfschüssen. Die Russen hätten bei ihrem Einmarsch wild um sich geschossen und „Terror und Schrecken“ verbreitet.
In der ostukrainischen Großstadt Charkiw sind nach einem russischen Luftangriff offenbar vier Zivilisten ums Leben gekommen. Mindestens zehn weitere Menschen sollen verletzt worden sein. Dies teilte Regionalgouverneur Oleg Synegubow über den Nachrichtendienst Telegram mit. Der russische Angriff habe einem Wohnviertel gegolten.
Die russische Armee hat nach eigenen Angaben einen Flugplatz in der ostukrainischen Stadt Dnipro beschossen. Dabei habe man ein Kampfflugzeug, einen Kampfhubschrauber und eine Drohne zerstört, so ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau. Auch zwei Waffenlager in den Regionen Donezk und Odessa habe man unter Beschuss genommen.
In der südrussischen Provinz Brjansk sollen Wohnhäuser von ukrainischen Streitkräften beschossen worden sein. Der Gouverneur der Provinz berichtete, dass beim Beschuss im Ort Klimowo auch Zivilisten verletzt worden seien.
Aktuelle Berichte:
Flagschiff der russischen Schwarzmeerflotte nach Explosion gesunken
Das russische Kriegsschiff „Moskwa“, das als Flagschiff der russischen Schwarzmeerflotte gilt, ist nach einer Explosion gesunken. Inzwischen wurde diese Information auch von russischer Seite bestätigt. Noch am Nachmittag hatte es von russischer Seite geheißen, das Schiff sei lediglich schwer beschädigt und würde nun abgeschleppt. Die Ukraine reklamierte das Versenken des Raketenkreuzers für sich. Maxym Martschenko, Gouverneur der ukrainischen Region Odessa, erklärte, ukrainische Soldaten hätten das Schiff mit Raketen angegriffen und erheblich beschädigt. Moskau bestreitet hingegen, dass das Schiff aufgrund eines ukrainischen Angriffes gesunken ist. Ursache sei ein Brand, der zu einer Explosion von an Bord gelagerter Munition geführt habe (Tagesschau).
Finnland und Schweden vor raschem NATO-Beitritt?
Finnland und Schweden könnten schon in wenigen Monaten der NATO beitreten. Seit der russischen Invasion ist die Bedrohungswahrnehmung in den beiden skandinavischen Staaten erheblich gestiegen. Zwar gibt es bislang noch keinen offiziellen Beitrittsantrag, man befinde sich jedoch in einem guten Dialog, ließ NATO-Generalsekretär Stoltenberg wissen. Voraussetzung für die Aufnahme wäre ein einstimmiger Beschluss der 30 NATO-Mitglieder. Daran, dass ein solcher zustandekommen würde, gibt es allerdings kaum Zweifel. Sorgen bereitet hingegen eine etwaige Reaktion Russlands. Dieses hatte bereits angekündigt, eine Erweiterung der NATO nicht unbeantwortet zu lassen (Tagesschau).
Medwedew droht NATO im Falle der Aufnahme Finnlands und Schwedens mit Konsequenzen
Dmitri Medwedew, Vizesekretär des russischen Sicherheitsrates und ehemaliger russischer Präsident, hat der NATO mit Konsequenzen gedroht, falls das westliche Verteidigungsbündnis Finnland und Schweden als neue Mitglieder aufnehmen sollte. In diesem Fall werde Russland seine Verteidigungspolitik stärken. Gespräche über ein atomwaffenfreies Baltikum seien dann nicht mehr denkbar. Finnland und Schweden bescheinigte Medwedew, nun „offiziell Gegner Russlands“ zu sein. (Der Spiegel).
„Nicht alle Männer sind Kämpfer“ — Expertin über Geschlechterrollen im Krieg
Die ukrainische Genderforscherin Marta Havryshko spricht über Geschlechterrollen im Krieg. „Diejenigen Männer, die laut sagen, dass es allen Menschen erlaubt sein sollte, zu fliehen, sind in der Ukraine harscher Kritik ausgesetzt. [...] Niemand fragt Frauen, warum sie nicht bei den Streitkräften sind. In dieser Hinsicht unterscheidet sich die Ukraine allerdings kaum von anderen Ländern. Das ist globale patriarchale Kultur“ (taz)
13. April 2022
Lagebericht
Auch am Mittwoch gibt es vereinzelte Meldungen über russische Angriffe. So sollen etwa Mariupol und Charkiw in der Nacht erneut beschossen worden sein. Eine nennenswerte Veränderung der militärischen Lage hat sich in den vergangenen 24 Stunden allerdings nicht ergeben. Diese vermeintliche Ruhe darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass sowohl die Ukraine als auch internationale Beobachter nach wie vor mit einer großen russischen Offensive im Osten des Landes rechnen. Die Frage scheint also eher zu sein, wann die russische Offensive beginnt, nicht ob sie erfolgt. Aktuell scheint Russland immer mehr Truppen in die Ostukraine zu verlagern. Am Abend veröffentlichte die ukrainische Armee auf Facebook die Meldung, dass sich die russischen Streitkräfte nun formiert hätten und für Angriffe auf die Regionen Donezk und Cherson bereitstünden.
Laut ukrainischen Regierungsangaben besteht zudem auch weiterhin ein hohes Risiko eines Chemiewaffeneinsatzes durch Russland. Derzeit werde noch geprüft, ob derartige Waffen in Mariupol womöglich bereits eingesetzt wurden. Der ukrainische Präsident Selenskyj warf Russland in einer Videoansprache vor dem estnischen Parlament überdies den Einsatz von Phosphorbomben vor.
Bereits am Wochenende war bekannt geworden, dass der russische Präsident Putin General Alexander Dwornikow zum obersten militärischen Befehlshaber der russischen Truppen in der Ukraine ernannt hat. Der britische Militärgeheimdienst bezeichnete diesen Schritt nun als russische Bemühung, um das Kommando und die Kontrolle über Russlands Streitkräfte in der Ukraine zu zentralisieren. Bislang habe mangelnde Koordination die russische Invasion erheblich behindert. An der Ernennung Dwornikows zeige sich, dass Russland gewissermaßen dazu gezwungen sei, seine bislang ineffektiven Einsätze zu überdenken. Dwornikow war Kommandeur des russischen Einsatzes in Syrien und hat sich dort aufgrund seiner erbarmungslosen Kriegsführung einen zweifelhaften Ruf erarbeitet.
Nachdem sich die russischen Truppen aus der Region um Kiew mittlerweile größtenteils zurückgezogen haben, wird in den ehemals besetzten Orten das Ausmaß der gegen die Zivilbevölkerung gerichteten Gewalt immer ersichtlicher. In den vergangenen Tagen wurden immer mehr und neue Details zu Kriegsverbrechen bekannt, die mutmaßlich von russischen Kräften begangen wurden. Allein in den Vororten Kiews konnten nach Angaben des ukrainischen Innenministeriums bislang 720 Leichen identifiziert werden.
Das russische Verteidigungsministerium meldete am Mittwoch außerdem, dass sich in der belagerten Hafenstadt Mariupol mehr als 1.000 ukrainische Soldaten ergeben hätten. Eine unabhängige Bestätigung dieser Information steht allerdings noch aus. Am Montag hatte die 36. Marinebrigage der ukrainischen Truppen in Mariupol erklärt, sie bereite sich auf die „letzte Schlacht“ vor.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Die Staatspräsidenten von Polen, Estland, Lettland und Litauen reisen heute nach Kiew, wo ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj geplant ist. Ursprünglich hatte auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier beabsicht, gemeinsam mit den anderen Staatsoberhäuptern in die ukrainische Hauptstadt zu reisen. Wie gestern bekannt wurde, war ein Besuch Steinmeiers allerdings von ukrainischer Seite abgelehnt worden.
Evakuierungen: Die Ukraine sieht für den heutigen Tag keine Möglichkeit zur Einrichtung von Fluchtkorridoren, über die die Zivilbevölkerung belagerte Städte in der Ostukraine oder auch die Stadt Mariupol verlassen könnte. Grund dafür sei die Verletzung der vereinbarten Waffenruhe durch russische Besatzungstruppen, die außerdem auch Busse blockiert hätten, die zur Evakuierung genutzt werden sollten. Die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk teilte auf Telegram mit, dass man jedoch daran arbeite, so schnell wie möglich wieder Fluchtkorridore bereitstellen zu können. In Mariupol warten nach Angaben des örtlichen Bürgermeisters 100.000 Menschen auf ihre Evakuierung.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
In den Vororten der ukrainischen Hauptstadt Kiew sollen über 700 Zivilisten ihr Leben verloren haben. 200 weitere gelten als vermisst. Allein in der Stadt Butscha wurden nach Angaben des örtlichen Bürgermeisters bislang 403 Leichen gefunden – eine Zahl, die sich weiter erhöhen könnte, wenn Minensucher das Gebiet durchkämmt haben.
Der Chefermittler des Internationalen Strafgerichtshof Kharim Khan ist im Rahmen der Ermittlungen zu möglichen Kriegsverbrechen in den Kiewer Vorort Butscha gereist. Dort sollen mit einem Forensiker-Team unabhängige Untersuchungen erfolgen. Khan bezeichnete die gesamte Ukraine als „Tatort“: „Wir sind hier, weil wir Grund zur Annahme haben, dass Verbrechen begangen werden, die in den Zuständigkeitsbereich des Gerichts fallen.“
Die seit Wochen belagerte Hafenstadt Mariupol ist in der Nacht erneut zum Ziel russischer Luftangriffe geworden. Das ukrainische Militär berichtete von Angriffen auf den Hafen und das Stahlwerk Asowtal. In der großflächigen Industrieanlage halten sich weiterhin ukrainische Streitkräfte verschanzt.
Auch die ostukrainische Großstadt Charkiw ist nach unbestätigten Berichten erneut von russischer Artillerie beschossen worden. Laut dem Regionalgouverneur sind im gleichnamigen Gebiet binnen eines Tages mindestens 27 Menschen durch Angriffe zu Tode gekommen. 53 russische Artillerie- oder Raketenangriffe seien in den vergangenen 24 Stunden gezählt worden. Von einer bedeutsamen Veränderung der dortigen Lage ist nach jetzigem Stand aber nicht auszugehen. Allerdings wird in den kommenden Tagen oder Wochen eine große russische Offensive im Osten des Landes erwartet, die auch Charkiw treffen könnte.
Auch zwei Wochen nach dem Abzug russischer Truppen sind die ukrainischen Behörden nach eigenen Angaben weiterhin nicht dazu in der Lage, die Überwachung der radioaktiven Strahlung im Sperrgebiet um die Atomruine Tschernobyl wiederherzustellen. Die Server, die die technischen Informationen verarbeiteten, seien verschwunden. Die Stromversorgung sei nach wie vor unsicher. Daher könne zum jetzigen Zeitpunkt auch noch nicht ermittelt werden, welche Schäden durch die Besatzung entstanden seien.
Aktuelle Berichte:
US-Präsident Biden: Russland begeht Völkermord in der Ukraine
Der amerikanische Präsident Biden hat Russland vorgeworfen, für einen Völkermord in der Ukraine verantwortlich zu sein. Zwar liege die Entscheidung darüber, ob tatsächlich von einem Genozid die Rede sein könne, letztlich bei Juristen, doch für ihn sehe es mehr und mehr danach aus. Bereits nach Bekanntwerden der in Butscha von russischen Kräften verübten Gräueltaten hatte Biden von Kriegsverbrechen gesprochen (ZDF).
Nach ukrainischer Absage an Steinmeier-Besuch: Deutschland in der Zwickmühle
Die Ukraine hat einer Reise des deutschen Bundespräsidenten nach Kiew eine Absage erteilt. Frank-Walter Steinmeier sei in Kiew derzeit nicht willkommen. Von ukrainischer Seite werden Steinmeier offenbar enge Kontakte nach Russland vorgehalten, die dieser in unterschiedlichen Positionen über viele Jahre gepflegt hatte. Allerdings hatte Steinmeier den russischen Angriffskrieg immer wieder scharf kritisiert und zuletzt auch eigene Fehler im Umgang mit Russland eingestanden. Für Deutschland stellt sich nun neben der Frage nach der Lieferung schwerer Waffen auch die Frage, wie man auf die Ausladung Steinmeiers reagiert. Reist an seiner Stelle Bundeskanzler Scholz nach Kiew, düpiert er damit den eben ausgeladenen Bundespräsidenten. Reist er nicht, lautet das Signal: Deutschland lässt die Ukraine im Stich (Tagesschau).
Ausladung des Bundespräsidenten belastet deutsch-ukrainische Beziehungen
Politikerinnen und Politiker der Ampel-Koalition haben mit Unverständniss auf die Ausladung von Bundespräsident Steinmeier durch die Ukraine reagiert. Am Dienstagabend war bekannt geworden, dass der deutsche Bundespräsident in Kiew offenbar nicht willkommen ist. Jürgen Trittin, außenpolitischer Sprecher der Grünen, sprach von einem „großartigen Propagandaerfolg Putins“: Das gerade erst wiedergewählte deutsche Staatsoberhaupt zur unerwünschten Person zu erklären, sei höchst unglücklich. Wenn man die Europäer spalten wolle, dann müsse man es so machen wie der ukrainische Präsident. Die SPD-Abgeordnete Aydan Özoguz äußerte via Twitter: „Dass die ukrainische Regierung so ziemlich alles von uns fordert, den Bundespräsidenten aber nicht sehen möchte, finde ich mindestens irritierend.“ Angesprochen auf einen etwaigen Ukraine-Besuch von Bundeskanzler Scholz antwortete FDP-Vize Wolfgang Kubicki: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Kanzler einer von der FDP mitgetragenen Regierung in ein Land reist, das das Staatsoberhaupt unseres Landes zur unerwünschten Person erklärt“ (Tagesspiegel).
Selenskyj schlägt Austausch von Putin-Vertrautem gegen Kriegsgefangene vor
Erst gestern hatte die Ukraine die Festnahme des Oligarchen Viktor Medwedtschuk bekannt gegeben. Der Großunternehmer und Politiker gilt als enger Vertrauter des russischen Präsidenten. Putin soll Patenonkel von Medwedtschuks jüngster Tochter sein. Der ukrainische Präsident Selenskyj äußerte nun den Vorschlag, Medwedtschuk gegen von Russland gefangengehaltene Soldatinnen und Soldaten auszutauschen (Der Spiegel).
Abgeordnete der Regierungsfraktionen fordern rasches Öl-Embargo
Nach ihrem gestrigen Besuch in der Westukraine haben sich die Bundestagsabgeordneten Michael Roth (SPD), Anton Hofreiter (Grüne) und Marie-Agnes Strack-Zimmermann (FDP) für ein schnellstmögliches Öl-Embargo gegen Russland ausgesprochen. Ein solches Embargo sei innerhalb weniger Wochen umsetzbar. Ebenfalls einig waren sich die Abgeordneten in ihrer Forderung, der Ukraine auch schwere Kriegswaffen zu liefern. Roth, Hofreiter und Strack-Zimmermann stehen im Bundestag den Ausschüssen für Auswärtiges, Europa und Verteidigung vor. Es sind die hochrangigsten deutschen Politiker, die die Ukraine seit Kriegsbeginn besucht haben (Tagesschau).
General Alexander Dwornikow übernimmt Kommando der russischen Streitkräfte
Nach US-amerikanischen Informationen hat Russlands Präsident Putin den Viersternegeneral Alexander Dwornikow zum Oberbefehlshaber für die Invasion in der Ukraine ernannt. Dwornikow zeichnete sich bereits in Syrien fürr den Aufbau der russischen Militäroperation zur Unterstützung des syrischen Diktators Bashar al-Asad verantwortlich. Seit dieser Zeit eilt ihm der Ruf eines erbarmungslosen Generals voraus. Experten des amerikanischen Institute for the Study of War (ISW) sehen allerdings einen anderen Hauptgrund für seine Ernennung: Dwornikow stand bislang dem direkt an die Ukraine angrenzenden südlichen Militärdistrikt vor und befehligte bereits die an der Grenze zu den ostukrainischen Separatistengebieten stationierten russischen Truppen (Neue Zürcher Zeitung).
12. April 2022
Lagebericht
Am 48. Kriegstag wachsen die Sorgen vor möglichen Chemiewaffenangriffen durch Russland. Nachdem der prorussische Separatistenführer Denis Puschilin gestern gegenüber russischen Medien erklärt hatte, einen Einsatz chemischer Waffen gegen die letzten ukrainischen Verteidiger von Mariupol zu erwägen, äußerte heute der ukrainische Präsident Selenskyj seine Besorgnis darüber, dass Angriffe mit chemischen Waffen erfolgen könnten. Die ukrainische Abgeordnete Iwanna Klympusch berichtete via Twitter, Russland habe in Mariupol eine „unbekannte chemische Substanz“ eingesetzt. Die Menschen vor Ort litten unter Atemnot. Großbritannien bemüht sich derzeit darum, die Berichte über einen möglichen russischen Gasangriff auf Mariupol zu verifizieren. Man sei im Austausch mit internationalen Partnern, um diese Berichte zu überprüfen, so die britische Außenministerin Liz Truss auf Twitter. Die in Mariupol kämpfenden prorussischen Separatisten bestreiten den Einsatz von Chemiewaffen.
Der eigentliche Fokus der russischen Streitkräfte gilt nach amerikanischen Berichten allerdings dem ostukrainischen Gebiet Donbass. Dort gibt es nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums Anzeichen, dass die russischen Truppen ihre Stellungen südwestlich von Donezk verstärkten. Auch sollen sich russische Truppen, die sich zuvor im Norden des Landes aufhielten, vermehrt in Richtung Donbass bewegen. Der ukrainische Generalstab geht davon aus, dass Russland beabsichtigt, mit einer bevorstehenden Offensive bis an die Verwaltungsgrenzen des ostukrainischen Gebiets Donezk vorzudringen. Russland werde versuchen, Mariupol und die im Gebiet Luhansk gelegene Kleinstadt Propasna einzunehmen, um dann auf die Stadt Kurachowe vorzurücken. Aktuell könne zudem beobachtet werden, dass die Russen ihre Truppenverlegung in die grenznahen russischen Gebiete Belgorod und Woronesch wohl nahezu abgeschlossen hätten. Der britische Militärgeheimdienst rechnet damit, dass es in den nächsten zwei bis drei Wochen zu verstärkten Kämpfen in der Ostukraine kommt. Russland konzentriere seine Angriffe weiter auf ukrainische Stellungen bei Donezk und Luhansk. Aber auch bei den Städten Cherson und Mykolajiw werde es weitere Kämpfe geben, so das britische Verteidigungsministerium. Die Briten gehen außerdem davon aus, dass Russland einen erneuten Vorstoß in Richtung Kramatorsk beabsichtigt.
Das russische Verteidigungsministerium gab am Dienstag die Tötung von 50 ukrainischen Soldaten bekannt, die versucht hatten, aus ihrem Rückzugsort in Mariupol zu fliehen. Weitere ukrainische Streitkräfte hielten sich noch immer in einem Stahlwerk verschanzt. Russland habe in der vergangenen Nacht zudem 32 militärische Objekte in der Ukraine beschossen. Dabei habe man ein Luftabwehrraketensystem sowie ein Munitionslager und eine Flugzeughalle mit Luftwaffentechnik zerstört.
Wladimir Putin bezog am Dienstag erstmals Stellung zu den Vorwürfen russischer Kriegsverbrechen in Butscha und anderen ukrainischen Orten. Dabei zog der russische Präsident eine Parallele zu den vermeintlichen Beweisen über Chemiewaffen im Irak, welche die USA einst als Vorwand für die Invasion im Irak genutzt hätten, und bezeichnete die Berichte über russische Gräueltaten in Butscha als „Fake“ und als „Provokation“. Zugleich kündigte er die „planmäßige“ Fortsetzung des Militäreinsatzes an.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Die Friedensverhandlungen mit der Ukraine befinden sich nach Ansicht von Wladimir Putin in einer Sackgasse. Die Schuld dafür trage die Ukraine, die von Vereinbarungen abgewichen sei, welche bei den Friedensverhandlungen in Istanbuld vereinbart worden wären. Dies teilte der russische Präsident gegenüber der staatlichen Nachrichtenagentur RIA mit.
Trotzdem gehen die Verhandlungen weiter. Dass die Gespräche, welche derzeit im Online-Format geführt werden, sehr schwierig sind, bestätigte heute auch der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. Die ukrainische Seite arbeite dabei weiter transparent und im „pro-ukrainischen“ Rahmen.
Flüchtlinge: In Deutschland wurden mittlerweile 335.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Dies teilte das Bundesinnenministerium via Twitter mit. Da es an der deutsch-polnischen Grenze keine festen Grenzkontrollen gibt und sich Menschen mit ukrainischem Pass für 90 Tage frei in der EU bewegen können, dürfte die tatsächliche Zahl allerdings um einiges höher liegen. Die deutsche Kultusministerkonferenz gab am Dienstag bekannt, dass an deutschen Schulen mittlerweile fast 60.000 ukrainische Kinder und Jugendliche angemeldet wurden.
Nach Angaben von UNICEF sind seit Beginn der russischen Invasion fast zwei Drittel aller ukrainischen Kinder aus ihrem Zuhause geflohen. 2,8 Millionen Kinder seien innerhalb der Ukraine auf der Flucht, weitere zwei Millionen befänden sich jetzt in anderen Ländern. Die UN dokumentierte bisher den Tod von 142 Kindern, wies zugleich aber darauf hin, dass die tatsächliche Zahl wesentlich höher liegen dürfte. Nach Informationen des ukrainischen UN-Botschafters soll Russland außerdem 121.000 Kinder außer Landes gebracht haben. Gleichzeitig bereite Russland ein Gesetz vor, das Adoptionsverfahren bei Waisen und selbst solchen Kindern, die Eltern und andere Angehörige haben, vereinfachen und beschleunigen soll.
Evakuierungen: Die Ukraine hat heute nach eigenen Angaben 2671 Zivilisten aus Frontregionen evakuiert — darunter auch 208 Menschen aus Mariupol. Für den heutigen Dienstag waren neun Fluchtkorridore für umkämpfte Gebiete vereinbart worden.
Gestern konnten 4.354 Menschen aus belagerten Städten evakuiert werden – darunter auch 556 Menschen aus Mariupol. Dies teilte die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin Irina Wereschtschuk mit.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten
Nachdem sich die russischen Truppen weitgehend aus der Region um die ukrainische Hauptstadt Kiew zurückgezogen haben, kehrt dort ein Stück weit Normalität zurück. Allerdings werden auch immer wieder Funde toter Zivilisten aus umliegenden Orten Kiews gemeldet, die zuvor von russischen Streitkräften besetzt waren. Heute sind im Keller eines Gebäudes in einem Vorort der Hauptstadt die Leichen von sechs erschossenen Zivilisten gefunden worden. Dies teilte die Staatsanwaltschaft von Kiew am Mittag mit. Bereits in den vergangenen Tagen waren nach Angaben ukrainischer Behörden mehrere hundert Leichen getöteter Zivilisten in den Ortschaften rund um Kiew gefunden worden.
Die ukrainischen Behörden in Charkiw warnen die örtliche Bevölkerung vor Landminen, die nordöstlich der Stadt abgeworfen worden seien. Bereits am Montag waren Teile der Stadt vom örtlichen Sicherheitsrat gesperrt worden, um Sprengsätze in Wohnstraßen zu beseitigen. Wie der Leiter der ukrainischen Minenräumungseinheit, Oberstleutnant Nikolaj Owtscharuk, mitteilte, soll es sich bei den Sprengsätzen um PTM-1M-Minen aus Plastik handeln, die mit Zeitzündern detonieren. PTM-1M-Minen sind nach dem Ottawa-Abkommen über Antipersonenminen wegen der Gefahr für die Zivilbevölkerung verboten.
Nach Darstellung des ukrainischen Präsidenten Selenskyj wäre die Befreiung der von russischen Kräften größtenteils besetzten Hafenstadt Mariupol möglich, wenn der Ukraine zusätzliche Waffen geliefert würden: „Wenn wir Flugzeuge und genug schwere gepanzerte Fahrzeuge und die nötige Artillerie hätten, könnten wir es schaffen“, so Selenskyj in einer Videoansprache. Solange die Ukraine nicht mehr Waffen erhielte, gehe nicht nur Zeit verloren, sondern auch das Leben von Ukrainerinnen und Ukrainern. Unterdessen ist weiter unklar, ob es tatsächlich einen russischen Angriff mit Chemiewaffen in der Stadt gegeben hat. Nach Schätzungen des Bürgermeistes von Mariupol sind in der südukrainischen Hafenstadt seit Kriegsbeginn rund 21.000 Menschen ums Leben gekommen.
In der ukrainischen Stadt Sewerodonezk, die nahe der Frontlinie und den von pro-russischen Separatisten gehaltenen Gebieten gelegen ist, hat es nach ukrainischen Angaben seit Kriegsbeginn 400 tote Zivilisten gegeben. Dies erklärte der Gouverneur der Region Luhansk, Serhij Gajdaj, im Online-Dienst Telegram.
Aktuelle Berichte:
Großbritannien prüft Berichte über russischen Giftgasangriff
In Mariupol hat es mehreren Berichten zufolge einen russischen Angriff mit Giftgas gegeben. Eine offizielle Bestätigung dieser Berichte steht allerdings noch aus. Die britische Außenministerin Liz Truss äußerte via Twitter ihre Besorgnis und kündigte an, die Berichte über den Einsatz chemischer Waffen schnell mit internationalen Partnern auf ihre Echtheit überprüfen zu wollen. Zuvor hatte bereits ein Sprecher des US-Verteidigungsministeriums von unbestätigten Berichten über einen russischen Chemiewaffenangriff in Mariupol gesprochen (Tagesschau).
Was ist über den angeblichen Chemiewaffenangriff auf Mariupol bisher bekannt?
In Mariupol soll gegen die ukrainischen Verteidiger der Stadt eine chemische Substanz eingesetzt worden sein. Wie ein Sprecher des US-Außenministeriums erklärte, konnten diese Informationen bislang allerdings nicht von unabhängiger Seite bestätigt werden. Berichte über einen erfolgten russischen Giftgasangriff waren zunächst vom rechtsextremistischen ukrainischen Asow-Bataillon verbreitet worden, das in Mariupol kämpft. Gleichwohl riefen die Berichte international große Besorgnis hervor. Bereits gestern hatten auch russische Kräfte wie der Separatistenführer Denis Puschilin einen Einsatz chemischer Waffen öffentlich in Erwägung gezogen (Tagesschau).
Ex-Merkel Berater warnt vor Lieferung schwerer Kriegswaffen
Der Ex-General Erich Vad, der auch als Berater der ehemaligen Bundeskanzlerin Merkel tätig war, hält die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine nicht für sinnvoll. Um einen Dritten Weltkrieg zu verhindern, sei es vielmehr notwendig, aus der Eskalationslogik auszubrechen und Verhandlungen aufzunehmen. So völkerrechtswidrig und furchtbar der Ukraine-Krieg auch sei, stehe er doch in einer Kette vergleichbarer Kriege jüngeren Datums. Der Militäranalyst geht davon aus, dass Russland von einem ukrainischen Regime-Change mittlerweile abgerückt sei – dafür spreche der weitgehende Abzug russischer Truppen aus der Region Kiew. Insofern stünden die Chancen für Verhandlungen eigentlich gar nicht so schlecht (ZDF).
Immer mehr Berichte über Gewalt gegen Frauen und Kinder
Je länger der Krieg dauert, desto mehr wird auch über die Gewalt bekannt, die sich gegen die ukrainische Zivilbevölkerung richtet. Wie eine ukrainische Aktivistin vor dem UN-Sicherheitsrat berichtete, würden Gewalt und Vergewaltigungen von den russischen Invasoren gezielt als Waffen eingesetzt. Sie berichtete von Frauen und Mädchen, die mehrfach vergewaltigt, verschleppt und auch getötet wurden. Im Visier der russischen Soldaten seien besonders Aktivistinnen, Journalistinnen und Funktionsträgerinnen (Tagesschau).
Putin: Einmarsch in die Ukraine war „alternativlos“
Nach Ansicht des russischen Präsidenten Wladimir Putin dient der Krieg in der Ukraine der Sicherheit Russlands. Die Ukraine sei in einen „antirussischen Brückenkopf“ verwandelt worden, in dem „Sprossen von Nationalismus und Neonazismus kultiviert“ worden seien. Daher habe man keine andere Wahl gehabt, als militärisch zu intervenieren. Zugleich gab sich der russische Präsident äußerst siegessicher: Die Ziele der „militärischen Spezialoperation“ würden erreicht – die westlichen Sanktionen bezeichnete er hingegen als wirkungslos (Tagesschau).
Deutsche Ausschussvorsitzende reisen in die Ukraine
Die Vorsitzenden der Bundestagsausschüsse für Verteidigung (Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP), Auswärtiges (Michael Roth, SPD) und Europa (Anton Hofreiter, Grüne) reisen in die Ukraine. Im Westen des Landes wollen sie mit ukrainischen Abgeordneten zusammentreffen. Damit folgen sie einer Einladung der ukrainischen Parlamentsabgeordneten Halyna Yanchenko. Mit der Reise soll ein Signal der Solidarität und Entschlossenheit gesendet werden (Der Spiegel).
11. April 2022
Lagebericht
Offenbar stehen russische Kräfte kurz vor der Eroberung der seit Wochen belagerten Hafenstadt Mariupol. Die verbleibenden ukrainischen Streitkräfte, die sich zuletzt immer weiter zurückgezogen hatten, rechnen damit, dass ihre Niederlage noch in der heutigen Nacht bevorsteht. Wie aus einem von der ukrainischen Marinebrigade auf Facebook veröffentlichen Post hervorgeht, sind die ukrainischen Streitkräfte in Mariupol wohl komplett von der Außenwelt und sämtlichen ihrer Nachschubwegen abgeschnitten. Die erwartete Niederlage wird darin mit den zur Neige gehenden Munitionsvorräten erklärt. 1.500 ukrainische Kämpfer sollen sich in zwei Stahlwerken verschanzt haben. Denis Puschilin, Anführer der prorussischen Separatisten, erwägt scheinbar den Einsatz chemischer Waffen, um gegen die letzten Verteidiger Mariupols vorzugehen.
Der Generalstab der ukrainischen Armee rechnet indes weiterhin mit einem baldigen Vorstoß russischer Truppen zur vollständigen Eroberung der Ostukraine. Man könne derzeit beobachten, wie neue Truppen aus Russland an die ukrainische Grenze herangeführt und zerschlagene russische Einheiten mit neuem Personal aufgefüllt werden. Die nächsten Schwerpunkte der bevorstehenden russischen Angriffe erwartet der Generalstab bei Charkiw und Slowansk. Auch der ukrainische Präsident Selenskyj warnte in einer nächtlichen Videoansprache vor noch größeren russischen Offensiven im Osten des Landes. Russland werde dort womöglich in noch größerem Ausmaß auf Raketen- und Luftangriffe setzen. Die stellvertretende ukrainische Verteidigungsministerin Hanna Maljar bewertete die mutmaßlich bevorstehenden russischen Offensive als Teil eines russischen „Minimalplans zur Eroberung der Ostukraine“. Angesichts der erwarteten russischen Großoffensive fliehen derzeit immer mehr Menschen in den Westen der Ukraine. Allerdings hält der ukrainische Generalstab mittlerweile auch einen zusätzlichen russischen Angriff im westlichen Landesteil für möglich. Es sei denkbar, dass Russland seine in Transnistrien stationierten Soldaten dazu einsetze, um von Westen in das Kriegsgeschehen einzugreifen. In diesem Fall würde ukrainischen Truppen eine Einkesselung drohen. Transnistrien ist eine Region, die völkerrechtlich zur Republik Moldau gehört, sich von dieser aber in den 1990er Jahren abgespalten hat und seither enge Beziehungen zu Moskau pflegt.
Der britische Militärgeheimdienst warnte unterdessen davor, dass Russland bei seinen Angriffen gegen die belagerte Hafenstadt Mariupol womöglich auch Phosphormunition einsetzen könnte. Da Russland derartige Munition bereits in der Region Donezk eingesetzt habe, sehen die Briten nun eine erhöhte Wahrscheinlichkeit dafür, dass diese auch andernorts zum Einsatz kommen könnte. Das Verteidigungsministerium in London berichtete außerdem von anhaltendem russischen Beschuss in den Regionen Donezk und Luhansk. Ukrainischen Truppen sei es allerdings gelungen, Angriffe in diesen Regionen abzuwehren. Dabei sollen auch russische Fahrzeuge, Panzer, Flugzeuge und Artillerieausrüstung zerstört worden sein. Wie das Ministerium ausführte, setzt Russland scheinbar weiterhin auf ungelenke Bomben. Dadurch mangele es russischen Angriffen an Präzision und es steige dadurch das Risiko ziviler Opfer.
Das russische Verteidigungsministerium gab am Montag die Zerstörung eines ukrainischen Systems zur Raketenabwehr nahe der Stadt Dnipro bekannt. Demnach soll eine Abschussvorrichtung des Flugabwehrraketensystems S-300 von russischen Raketen getroffen worden sein, die vom Meer aus abgefeuert worden seien. Zudem habe man nahe der ukrainischen Stadt Isjum zwei Kampfflugzeuge der Ukraine abgeschossen. Im Gebiet Cherson soll außerdem ein ukrainischer Kampfhubschrauber zerstört worden sein.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Der österreichische Bundeskanzler Karl Nehammer ist heute in Moskau mit dem russischen Präsidenten Putin zusammengetroffen. Bei dem rund einstündigen Gespräch soll es um die Möglichkeit eines baldigen Friedens und um die Einrichtung weiterer Fluchtkorridore für Zivilisten gegangen sein. Auch die von russischen Kräften in der Ukraine verübten Kriegsverbrechen sollen zur Sprache gebracht worden sein. Nehammer bezeichnete das Gespräch mit Putin im Anschluss als „sehr direkt, offen und hart“ — er habe „keinen optimistischen Eindruck”. Der österreichische Bundeskanzler ist der erste westliche Regierungschef, der Putin seit Kriegsbeginn besucht hat.
Die EU Außenminister haben heute in Luxemburg über weitere Maßnahmen beraten. Eine Entscheidung über das zur Diskussion stehende, und von Teilen der EU seit längerem geforderte, Öl-Embargo gegen Russland wurde allerdings noch nicht getroffen. Wie der EU Außenbeauftragte Borell nach dem Treffen mitteilte, sei ein solches Embargo damit allerdings noch nicht vom Tisch. Borell plädierte dafür, zwischen verschiedenen Energieträgern zu unterscheiden, und zunächst ein Embargo russischer Ölimporte ins Auge zu fassen. Der EU-Außenbeauftragte hatte außerdem angeregt, die EU-Militärhilfe für die Ukraine auf insgesamt 1,5 Milliarden Euro zu erhöhen.
Flüchtlinge: Seit Beginn der russischen Invasion haben sich 2,66 Millionen Menschen aus der Ukraine in Polen in Sicherheit gebracht. Dies teilte der polnische Grenzschutz am Montag auf Twitter mit. Allein am gestrigen Sonntag seien weitere 28.500 Menschen aus der Ukraine eingereist.
Evakuierungen: Am Montag sind neun weitere Fluchtkorridore geplant, um die Evakuierung von Zivilisten aus umkämpften Städten in der Ostukraine zu ermöglichen. Aus der seit Wochen belagerten Hafenstadt Mariupol soll es für Privatfahrzeuge einen Weg in Richtung Saporischschja geben. Gestern konnten nach ukrainischen Angaben 2.824 Menschen über humanitäre Korridore in Sicherheit gebracht werden – darunter auch 213 Einwohner aus Mariupol.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Beim Beschuss eines Wohnviertels in Charkiw hat es am Nachmittag mindestens fünf Tote gegeben, darunter auch ein Kind. Vor Ort befindliche Journalisten der Nachrichtenagentur AP konnten diese Informationen bestätigen. Bereits kurz zuvor hatte der Regionalgouverneur mitgeteilt, dass durch russischen Artilleriebeschuss in den vergangenen 24 Stunden elf Menschen getötet worden seien.
Russische Kräfte haben offenbar den Hafen von Mariupol unter ihre Kontrolle gebracht. Dies meldeten die russischen Agenturen Ria und Interfax unter Berufung auf den Donezker Separatistenführer Denis Puschilin. Die verbleibenden ukrainischen Verteidiger der Stadt in zwei Stahlwerken verschanz haben. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Selenskyj sind in der ukrainischen Hafenstadt seit Kriegsbeginn Zehntausende Menschen ums Leben gekommen. Dies berichtete der ukrainische Präsident in einer an das südkoreanische Parlament gerichteten Videobotschaft. Die Ukraine wirft Russland außerdem vor, ein Schiff im Hafen von Mariupol besetzt zu haben. 18 Matrosen sowie die Frau des Kapitäns sollen sich in russischer Gefangenschaft befinden. Am Mittag gab zudem die Hilfsorganisation Caritas bekannt, dass zwei ihrer Angestellten bei einem Raketenangriff auf Mariupol ums Leben gekommen sind. Auch während des Krieges seien derzeit rund 1.000 Helferinnen und Helfer der Organisation sowie viele weitere Freiwillige in der Ukraine im Einsatz, so ein Sprecher von Caritas.
Im nahe der Stadt Butscha gelegenen Dorf Busawa sollen weitere Belege für von russischen Kräften verübte Gräueltaten gefunden worden sein. Der Gemeindevorsteher berichtete gegenüber ukrainischen Medien vom Fund von Leichen, die Zeichen einer Exekution aufgewiesen hätten. Um wie viele Leichen es sich handelt, blieb unklar.
Aktuelle Berichte:
Ukrainische Truppen in Mariupol erwarten bevorstehende Niederlage
Der ukrainischen Marineinfanterie in der belagerten Hafenstadt Mariupol geht nach eigenen Angaben die Munition aus. Da alle Nachschubwege unterbrochen sind, steht die „letzte Schlacht“ der Verteidiger Mariupols scheinbar unmittelbar bevor. Bis zu 1.500 ukrainische Soldaten sollen sich in zwei Stahlwerken verschanzt haben. Ihre Gegner, prorussische Separatisten, drohen in russischen Medien nun mit einem chemischen Angriff (Die ZEIT).
Außenministerin Baerbock für Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine
Deutschlands Außenministerin Annalena Baerbock hat sich vor dem EU-Außenministertreffen in Luxemburg für die Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine ausgesprochen. Bisher hatte sich die Bundesregierung zurückhaltendend gezeigt, was die Lieferung schwerer militärischer Ausrüstung betrifft. Der angedeutete Kurswechsel kann auch als Reaktion auf die bekannt gewordenen russischen Kriegsverbrechen gedeutet werden. Finanziert werden könnten weitere Waffenlieferungen aus von der EU eigens bereitgestellten Geldern.
10. April 2022
Lagebericht
Die allseits erwartete russische Großoffensive auf den Donbass im Osten der Ukraine scheint bald bevor zu stehen. Noch scheint Russland jedoch dabei zu sein, seine militärische Kampfkraft hierfür weiter aufzubauen. Zu groß waren die Verluste an Einheiten, die Russland bei seiner Invasion im Norden der Ukraine hinnehmen musste. Beim Bemühen, neue Einheiten für die geplante Großoffensive im Osten der Ukraine zusammenzustellen, versuche Russland laut britischem Militärgeheimdienst, Soldaten zu rekrutieren, die seit 2012 aus dem Militärdienst entlassen worden waren. Ferner bemühe sich Russland auch, weitere Rekruten aus der von Russland gestützten Region Transnistrien im Osten der Republik Moldau zu gewinnen.
Auch was das Oberkommando für die russische „Spezialoperation” anbelangt, scheint sich Russland neu aufzustellen. So soll die russische Kriegsführung in der Ukraine umorganisiert und ein neuer Kommandeur an die Spitze gesetzt worden sein. Die Militäroperation werde nun von General Alexander Dwonikow geleitet, der für seinen Einsatz im Syrien-Krieg mit dem russischen „Heldenstatus“ ausgezeichnet wurde, so ein namentlich nicht genannter westlicher Regierungsvertreter. Nach seiner Ansicht sei in Folge eine „Verbesserung des allgemeinen Truppenkommandos und der Kontrolle” auf russischer Seite zu erwarten. Offiziell wurde der Kommandowechsel von Russland zunächst nicht bestätigt.
Angesichts der zu erwartenden neuen Offensive Russlands sprach der ukrainische Präsident Selenskyj von Vorbereitungen „für einen wichtigen - einige sagen: den entscheidenden Kampf im Osten unseres Staates”. Das werde eine schwere Schlacht. Gleichzeitig würdigte er die Besuche westlicher Politiker in Kiew. Gestern war neben dem österreichischen Bundeskanzler auch Premierminister Boris Johnson überraschend nach Kiew gereist. Selenskyj war sehr angetan von Johnsons Besuch und würdigte seine Führungsrolle bei der Unterstützung der Ukraine. Das Treffen mit Johnson zeige, dass es „keine Hindernisse für die Freiheit“ gebe, sagte der Präsident in einer Videobotschaft. „Die Führungsrolle Großbritanniens bei unserer Unterstützung, insbesondere im Bereich der Verteidigung, und auch die Führungsrolle in der Sanktionspolitik - sie werden für immer in die Geschichte eingehen.” Boris Johnson hat der Ukraine in Kiew weitere umfangreiche Waffenlieferungen und Rüstungsgüter zugesagt: „Wir steigern unsere militärische und wirtschaftliche Unterstützung und bringen eine weltweite Allianz zusammen, um diese Tragödie zu beenden.“ Es müsse sichergestellt werden, das „die Ukraine als freie und souveräne Nation überlebt und gedeiht”.
Indes rechnet Selenskyj nicht mit einer baldigen Lösung auf dem Wege der Verhandlungen. Zu einem zeitnahen Treffen mit Russlands Präsident Putin werde es nicht kommen können. Er werde erst in die Verhandlungen gehen, wenn es klare Positionen gebe in Bezug auf Sicherheitsgarantien für sein Land. Die Ukraine zahle in diesem Krieg einen hohen Preis, aber der Kampf um die Freiheit der Ukraine müsse so lange geführt werden, bis sich Russland von seinen imperialen Illusionen befreie. Wie lange dies dauern werde, spiele keine Rolle. Zunächst bereite sich das Land nun auf die Kämpfe im Donbass vor. Danach habe die Ukraine „eine stärkere Verhandlungsposition” für ein mögliches Präsidententreffen, zeigte sich Selenskyj optimistisch.
Deutschland rechtfertigte unterdessen einmal mehr seine zögerliche Haltung in Bezug auf Sanktionen, was ein Energieembargo anbelangt. CDU-Generalsekretär Mario Czaja formulierte, was in diesen Tagen viele als Begründung aus Sorge um den sozialen Frieden in Deutschland umtreibt: „Es geht nicht um die Frage, ob wir für den Frieden in der Ukraine ein bisschen frieren können”, sagte Czaja. „Es geht um die Frage, ob wir Millionen von Arbeitsplätzen erhalten, Existenzen von Bürgerinnen und Bürgern und damit auch den sozialen Frieden in unserem Land sichern”, fügte er hinzu. Auch der Verband der Chemischen Industrie warnte eindringlich vor einem Boykott der Gasimporte aus Russland. „Ein Gas-Lieferstopp hätte katastrophale Folgen für die Industrie in Deutschland und die Menschen in unserem Land”, sagt VCI-Vizepräsident Werner Baumann. Deutschland würde in diesem Fall „eine Welle der Arbeitslosigkeit drohen, wie wir sie seit vielen Jahren nicht gesehen haben”.
Papst Franziskus hat derweil zu einer Waffenruhe an Ostern aufgerufen, die zu Verhandlungen und Frieden führen soll: „Lasst eine Waffenruhe an Ostern beginnen. Aber nicht, um aufzurüsten und den Kampf wieder aufzunehmen, sondern eine Waffenruhe, um durch echte Verhandlungen Frieden zu schaffen.” Der russisch-orthodoxe Patrirach Kyrill I. hat seine Landsleute hingegen aufgerufen, sich hinter die Staatsführung zu stellen. Der Patriarch ist ein enger Verbündeter Putins und rechtfertigte im März den Krieg als „metaphysischen Kampf" des Guten gegen das Böse aus dem Westen.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Während in der Hauptstadt Kiew allmählich wieder der Alltag zurückkehrt, kommen aus den ursprünglich von Russland besetzten Vororten Kiews in diesen Tagen Meldungen über weitere Leichenfunde und Massengräber. So sei in dem Dorf Busowa ein Massengrab mit Dutzenden Leichen von Zivilisten entdeckt worden, sagte der Vorsteher der Gemeinde Dmytriwka, zu der Busowa und weitere umliegende Dörfer gehören. Die Leichen hätten in einem Graben in der Nähe einer Tankstelle gelegen. Um wie viele Tote es sich handele, sei noch nicht klar.
Im Osten der Ukraine gehen die Angriffe insbesondere auf die Region Luhansk verstärkt weiter. Der dortige Gouverneur hat den russischen Truppen einen wahllosen Beschuss mit allen vorhandenen Waffen vorgeworfen. Er rechne mit einer baldigen Offensive in der Ostukraine durch Moskau.
In der in Luhansk gelegenen Stadt Siewierodonezk sind am frühen Morgen eine Schule und ein Wohnhochhaus beschossen worden. Das teilte der Gouverneur von Luhansk, Serhij Gaidai mit. Glücklicherweise habe es keine Verletzte gegeben.
Auch im nordöstlichen Gebiet Charkiw habe die russische Artillerie Siedlungen beschossen, teilten ukrainische Behörden mit. Auch hier gab es Tote und Verletzte. Ebenso kam es in Donezk zu weiteren Angriffen. Durch russischen Beschuss sind nach ukrainischen Angaben weitere Tote und Verletzte zu beklagen.
Im Süden des Landes in der Region Mykolajiw habe das ukrainische Militär sieben Raketenangriffe der russischen Armee gezählt, hieß es.
Flüchtlinge: Mittlerweile sind nach Angaben der UN bereits mehr als 4,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,1 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz über 2,5 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 678.000, nach Ungarn 413.000, in die Republik Moldau 406.000, in die Slowakei 310.000 und nach Tschechien ebenfalls gut 300.000. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei über 320.000.
Russland meldet ferner, aus den Separatistengebieten Donezk und Luhansk sowie anderen Teilen der Ukraine seien seit dem 24. Februar mehr als 700.000 Menschen nach Russland in Sicherheit gebracht worden. Allein am Samstag hätten knapp 27.000 Menschen die umkämpften Regionen Richtung Russland verlassen, so das russische Verteidigungsministerium. Aus der seit Anfang März umkämpften südukrainischen Hafenstadt Mariupol seien insgesamt 134.000 Menschen gerettet worden. Russland wirft der Ukraine vor, eine Flucht für bedrängte Zivilisten nur auf ukrainisch kontrolliertes Gebiet zu ermöglichen, nicht aber nach Russland. Die Ukraine wiederum wirft Russland vor, Teile der ukrainischen Bevölkerung zwangsweise nach Russland zu überführen.
Evakuierungen: Gestern konnten mehr als 4.500 Zivilisten aus den Regionen Donezk, Luhansk und Saporischschja flüchten. Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk warf Russland vor, trotz einer Vereinbarung Busse für Flüchtende auf bestimmten Routen nicht passieren zu lassen. „Die Busse sind nach Saporischschja zurückgekehrt und werden am Sonntag erneut versuchen, die Städte zu erreichen, um unsere Bürger zu evakuieren”, sagte Wereschtschuk. Zur Evakuierung der ostukrainischen Region Luhansk stehen heute neun Züge bereit. Auch sollen weitere Fluchtkorridore für andere Regionen geöffnet werden.
Aktuelle Berichte:
Insgesamt mehr als 1200 Tote in Region Kiew entdeckt
In den Vororten rund um Kiew werden immer mehr Massengräber entdeckt. Laut Staatsanwaltschaft wurden in den vergangenen Tagen bereits 1200 Leichen geborgen. Insgesamt werde in 5600 Fällen wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen ermittelt, 500 Verdächtige seien identifiziert worden (Tagesschau).
Boris Johnson sichert dem ukrainische Präsident umfassende militärische Unterstützung zu
Großbritannien zählt bereits jetzt zu den wichtigsten Unterstützern der Ukraine und hat nun noch weitere Waffenlieferungen zugesagt. Die britische Regierung teilte mit, sie werde Rüstungsgüter im Wert von 100 Millionen Pfund (120 Millionen Euro) schicken. Zu diesem Paket zählen moderne Luftabwehrraketen vom Typ „Starstreak“, 800 Panzerabwehrwaffen sowie lenkbare Präzisionsmunition. Der britische Premierminister hat der Ukraine zur Abwehr des russischen Angriffs ferner 120 gepanzerte Fahrzeuge und Anti-Schiffsraketensysteme zugesagt. „Wir steigern unsere militärische und wirtschaftliche Unterstützung und bringen eine weltweite Allianz zusammen, um diese Tragödie zu beenden”, sagte Johnson nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj in Kiew (Der Tagesspiegel).
Ukraine: Deutschland sollte auch schwere Waffen liefern
Die Ukraine hat formuliert, welche Waffenlieferungen sie von Deutschland erwartet. In den ersten Kriegswochen waren es vergleichsweise leichte Waffen: Panzerfäuste und Ein-Mann-Flugabwehrsysteme. Jetzt werde mehr gebraucht, auch schwere Waffen: Panzer, Artillerie, weiterreichende Flugabwehr und möglichst auch Kampfjets. Was immer technisch möglich ist, müsse Deutschland liefern, kommentiert Thomas Wiegold (Deutschlandfunk).
Prorussische Demonstrationen in Deutschland
An diesem Wochenende finden erneut in mehreren Städten prorussische Demonstrationen statt, etwa in Stuttgart, Hannover und Frankfurt. Das Motto in Stuttgart lautete: „Gegen die Diskriminierung russischsprechender Menschen“. Die Demonstranten rufen „Stopp Russophobia“ und wenden sich „gegen die Diskriminierung russischsprachiger Kinder in den Schulen“. Deutschlands Innenpolitiker fordern, diese Demos genau zu beobachten und bei Verstößen hart einzugreifen. „Das Zeigen des ‚Z‘ verherrlicht Kriegsverbrechen und kann deshalb unserer Ansicht nach strafrechtlich verfolgt werden.“ „Was nicht geht, ist, dass die russische Invasion in die Ukraine, wo solch' furchtbare Kriegsverbrechen wie in Butscha geschehen, auf unseren Straßen gefeiert und verherrlicht wird", sagte etwa der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Sebastian Hartmann. Angesichts des Bildes von langen Autokolonnen, die mit vielen russischen Fahnen durch die Straßen rollen, geht der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk noch einen Schritt weiter und fordert ein Verbot russischer Fahnen und anderer staatlicher Symbole bei prorussischen Demonstrationen in Deutschland. „Das Tragen aller offiziellen Symbole eines Aggressorstaates – wie der russischen Fahne – müsste per Gesetz verboten werden, solange Russland diesen Vernichtungskrieg gegen die ukrainische Nation führt“, sagte Melnyk (Tagesschau).
Kritik vom Verband für Russlanddeutsche an prorussischen Autokorsos
Sowohl die ukrainische Community als auch der Verband für Russlanddeutsche üben Kritik an den prorussischen Autokorsos. „Wir verurteilen auf das Schärfste die kürzlich organisierten prorussischen Autokorsos und werden nicht dulden, dass die wenigen Fälle von Diskriminierung als Deckmantel für Putin-nahe, propagandistische Veranstaltungen ausgenutzt werden”, so in der Pressemitteilung der Interessengemeinschaft der Deutschen aus Russland in Hessen (IDRH). „Die Autokorsos in Berlin und Köln waren ein erschreckendes Bild der Geschmacklosigkeit, welches uns mit Wut und Fassungslosigkeit zurücklässt. Während uns täglich die Grausamkeiten und das Leid des Krieges aus der Ukraine erreichen, wird auf solchen Veranstaltungen unter einem Vorwand eine Opferrolle konstruiert. Die sich abzeichnende Tendenz zur weiteren Spaltung der Gesellschaft und der Manifestation von Parallelgesellschaften darf nicht ignoriert werden. Es ist an der Zeit, hinzusehen”, so heißt es weiter in der Mitteilung (t-online).
Deutsch-russische Städtepartnerschaften legen Kooperation auf Eis
Fast 100 deutsch-russische Städtepartnerschaften gibt es. Jede dritte davon wurde nun durch die deutschen Kommunen als Reaktion auf Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine auf Eis gelegt. 25 Kommunen haben ihre Kooperation offiziell eingefroren, wie eine Umfrage unter den 98 deutschen Städten ergab (Neue Zürcher Zeitung).
9. April 2022
Lagebericht
Um sich weiter für eine großangelegte Offensive im Osten der Ukraine zu rüsten, seien die russischen Streitkräfte dabei, ihre Einheiten mit neuem Material und Soldaten wiederaufzubauen, so das US-Verteidigungsministerium. Durch das Mobilisieren „Zehntausender Reservisten" versuche Russland die Zahl seiner Einheiten wieder hochzufahren und im Osten in Stellung zu bringen. Russland habe bereits eine große Anzahl zusätzlicher Soldaten nahe der Grenze zur ukrainischen Stadt Charkiw zusammengezogen. In der russischen Stadt Belgorod sei die Zahl der Bataillone von 30 auf inzwischen 40 angestiegen. Ein Bataillon besteht aus bis zu 1.000 Soldaten. Es gebe Hinweise, dass Russland hoffe, „mehr als 60.000 Soldaten” zu mobilisieren.
Bereits seit Tagen sind im in der Region Donbass im Osten der Ukraine verstärkte Angriffe zu beobachten. Es sei nun mit noch intensiveren Kämpfen zu rechnen. „Das könnte sehr blutig und sehr hässlich werden“, so ein Beamter des US-Verteidigungsministeriums. Aktuell konzentriere sich das russische Militär dabei auf den geografisch deutlich kleineren Bereich des östlichen Donbass. Laut ukrainischem Generalstab habe Russland zunächst vor, die Orte Rubischne, Nischne, Popasna und Nowobachmutiwka zu übernehmen und die volle Kontrolle über die Stadt Mariupol zu erlangen. Im Gebiet Luhansk sei starker russischer Beschuss zu beobachten, so der dortige Gouverneur. Immer mehr Siedlungen müssten evakuiert werden, um die Zivilbevölkerung in Sicherheit zu bringen. Die Regierung in Kiew forderte die Bevölkerung in den Gebieten Luhansk, Donezk und Charkiw dringend zur Flucht auf. „Bringen Sie sich in Sicherheit, solange es diese Möglichkeit noch gibt”, sagte die ukrainische Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk. „Das muss jetzt sein, denn später werden die Leute beschossen und ihnen droht der Tod. Sie können dann nichts mehr dagegen tun, und wir werden ihnen nicht helfen können.”
Mit dem gestrigen Beschuss eines Bahnhofs im östlichen Kramatorsk, bei dem über 50 Zivilsten getötet wurden, hat sich die Gewaltspirale abermals ein Stück weitergedreht. Hunderte Menschen hatten dort auf einen Zug zur Flucht in Richtung Westen gewartet. Russland hatte den Angriff umgehend dementiert. Laut US-Angaben handle es sich jedoch tatsächlich um einen russischen Angriff. Nach dem Angriff auf Kramatorsk forderte der ukrainische Präsident Selenskyj einmal mehr eine entsprechend „starke weltweite Antwort”, ein komplettes Energieembargo sowie einen kompletten Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungsverkehr.
Auch kommen in den ehemals von Russland besetzen Orten immer mehr Gräueltaten zutage. Im nahe bei Kiew gelegenen Makariw sind nach Angaben des dortigen Bürgermeisters 132 Leichen erschossener Zivilisten aufgefunden worden. In Borodjanka sei die Lage „noch beängstigender” als in Butscha, so der ukrainische Präsident. Und für Mariupol sei ebenfalls Schlimmes zu befürchten. Dort sei auf „fast jeder Straße” das zu erwarten, was die Welt nach dem Abzug der russischen Truppen in Butscha und anderen Orten um Kiew gesehen habe.
Angesichts dieser Nachrichten steigt die Unterstützung des Westens für die Ukraine weiter an. NATO-Generalsekretär Stoltenberg sagte, die NATO-Staaten seien bereit, die Ukraine über Jahre hinaus für den Kampf gegen Russland mit Waffen zu versorgen. „Die Alliierten sind bereit, mehr und auch modernere und schwerere Waffen zu liefern.” Und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat bei ihrem gestrigen Besuch in der Ukraine dem Land einen schnelleren EU-Beitritt in Aussicht gestellt.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Die Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland stehen angesichts der derzeitigen Entwicklungen des Krieges in diesen Tagen vor keinem guten Vorzeichen. Es ist nicht zu erwarten, dass über den Verhandlungsweg in naher Zukunft eine Lösung erzielt werden kann. Dennoch ist der ukrainische Präsident Selenskyj weiterhin bereit zu direkten Verhandlungen mit dem russischen Präsidenten Putin. Die Ukraine habe keinen anderen Ausweg, als sich an den Verhandlungstisch zu setzen. Nur Putin selber habe die Macht, den Krieg zu stoppen. Für Russland ist Belarus weiterhin ein zentraler Vermittler im Ukraine-Krieg, wie die russische Regierung gestern betonte. Der belarussische Präsident Lukaschenko hatte zuvor eine Teilnahme an den Gesprächen verlangt. Ohne sein Land sei keine Lösung möglich. Auch der russische Außenminister Lawrow machte sich für Belarus als Sicherheitsgarant der Ukraine stark. Aber auch andere Verhandlungsorte schloss er nicht aus. Zuletzt hatten die Treffen der Delegationen der Konfliktparteien in der Türkei stattgefunden. Die Türkei hat abermals ein Treffen in Istanbul angeboten. Ein Termin für die nächste Verhandlungsrunde stehe jedoch noch nicht fest.
Nachdem gestern die EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen die Ukraine besucht hat, macht sich als weiterer Spitzenpolitiker der EU Österreichs Kanzler Karl Nehammer auf den Weg nach Kiew. Am Samstag seien ein Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj sowie ein Besuch in Butscha geplant.Überraschend traf auch der britische Premierminister Boris Johnson in Kiew ein. Auch der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier plant einen baldigen Besuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
Flüchtlinge: Nach Angaben der UN sind mittlerweile bereits 4,35 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,1 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz über 2,5 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 671.000, nach Ungarn 408.000, in die Republik Moldau 404.000, in die Slowakei über 300.000 und nach Tschechien ebenfalls rund 300.000. In Deutschland liegt die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei über 320.000.
Evakuierungen: Nach den Bombardierungen des Bahnhofs in Kramatorsk gestalten sich die Evakuierungen noch schwieriger. Wenn selbst Zentren unter Beschuss geraten können, an denen sich Menschen zur Evakuierung versammeln, ist die potenzielle Gefahr nun noch größer, bei einem Fluchtversuch ums Leben zu kommen. Gestern konnten 6.500 Menschen aus umkämpften Gebieten in Sicherheit gebracht werden, Auch für heute sollen wieder zehn Fluchtkorridore geöffnet werden, darunter einer für die Hafenstadt Mariupol.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
In der seit vielen Wochen von Russland belagerten Stadt Tschernihiw im Norden der Ukraine sind nach Angaben des dortigen Bürgermeisters insgesamt 700 Menschen ums Leben gekommen. Von den einstmals knapp 300.000 Einwohnern würde sich derzeit nur noch ein Drittel in der Stadt befinden. 70 Prozent der Stadt sollen zerstört sein.
In Kiewer Vorort Butscha wurden in der Nähe einer Kirche 67 Leichen geborgen. Viele von ihnen hätten Schusswunden, teilte die ukrainische Generalstaatsanwältin mit. Bisher seien mindestens drei Orte entdeckt worden, an denen Massenerschießungen von Zivilsten stattgefunden hätten, so der Bürgermeister der Stadt. Es würden immer noch Leichen in Gärten, Parks und Plätzen gefunden. „90 Prozent der Zivilisten starben an Schusswunden und nicht durch Artillerie-Beschuss“, sagte er.
Im Kiewer Vorort Makariw sind nach Angaben des dortigen Bürgermeisters 132 Zivilisten erschossen aufgefunden worden. Die meisten Toten habe man in Massengräbern entdeckt. Das Dorf sei zu etwa 40 Prozent zerstört. Es gebe dort derzeit weder Strom- noch Gas-Versorgung.
In dem aktuell am stärksten unter Beschuss stehenden Osten der Ukraine sei laut ukrainischem Generalstab derzeit die Situation in den Städten Rubischne und Popasna am schwierigsten. Ein Teil der 50.000-Einwohner-Stadt Rubischne sei bereits von russischen Einheiten eingenommen worden. Heute wurde unweit der umkämpften ostukrainischen Stadt Rubischne offenbar ein Lager mit Salpetersäure getroffen, wie der Gouverneur des Gebiets Luhansk mitteilte. Er veröffentlichte ein Video mit einer dicken rötlichen Wolke, die von Salpetersäure stammen soll und forderte die Menschen auf, die Bombenschutzkeller nicht zu verlassen. Die prorussischen Separatisten von Luhansk machten dagegen ukrainische Kräfte für den Chemieunfall verantwortlich.
Die Verteidigungslinien nahe der Siedlung Nowotoschkiwske rund 50 Kilometer südlich von Rubischne konnten laut ukrainischen Angaben gehalten werden. Russische Truppen hätten einen „erfolglosen“ Versuch unternommen, sie zu durchbrechen.
Für den gestrigen Angriff auf den Bahnhof in Kramatorsk, bei dem über 50 Zivilisten ums Leben kamen, weist die russische Seite weiterhin die Verantwortung von sich. Ein britischer Militärexperte wirft Russland Kalkül vor. Es gehöre zum Standard des Kreml, nach Angriffen auf zivile Ziele für Verwirrung zu sorgen, sagte Justin Bronk vom Royal United Services Institute. Laut US-Angaben handle es sich jedoch tatsächlich um einen russischen Angriff. „Unsere Einschätzung ist es, dass das ein russischer Angriff war und dass sie eine ballistische Kurzstreckenrakete genutzt haben, um ihn auszuführen“, so der Pentagon-Sprecher.
Unweit der südostukrainischen Stadt Dnipro sei laut russischen Angaben in der Nacht zum Samstag ein Waffenlager mit Raketen beschossen worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. In Myrhorod im zentralukrainischen Poltawa richtete sich ein Angriff demnach gegen einen Flugplatz.
Moskau warnt indes vor einem angeblich bevorstehenden Chemiewaffeneinsatz in der südlich von Charkiw gelegenen Ortschaft Perwomajskyj. Die Ukraine plane eine „Provokation” mit chemischen Stoffen. Ukrainische Spezialkräfte hätten ein Lager mit 120 Tonnen Chlor in der ostukrainischen Stadt Perwomajskyj vermint, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. „Dieses Lager soll gesprengt werden, um Russland zu beschuldigen, angeblich eine chemische Katastrophe herbeigeleitet zu haben, die den Tod von Anwohnern verursacht.“ Auch dies gehöre zur Strategie der russischen Kriegsführung, der Gegenseite Provokationen vorzuwerfen, die sie selber durchführen wollten, so Militärexperten.
Laut russischen Angaben sei das Zentrum der seit Wochen umkämpften Hafenstadt Mariupol eingenommen worden. Rund 3.000 ukrainische Soldaten würden noch Widerstand leisten. Die ukrainische Seite hatte hingegen gestern vermeldet: „Mariupol hält sich“. Die Lage für die noch in der Stadt eingeschlossene Zivilbevölkerung ist weiterhin katastrophal. Rund 60.000 Menschen würden seit Wochen in Kellern ausharren. US-amerikanische Militärexperten gehen indes von einer wahrscheinlichen Eroberung der Stadt in den kommenden Tagen aus.
Im Süden in den ukrainischen Häfen sitzen unterdessen rund 1.000 Seeleute fest. Die mehr als hundert Schiffe dürften die ukrainischen Gewässer seit Beginn des Krieges nicht verlassen. Die UN forderte internationale Hilfsorganisationen auf, dringend Maßnahmen zu ergreifen, um bei der Versorgung der Schiffe mit Nahrung, Trinkwasser und Treibstoff zu helfen.
Aktuelle Berichte:
Hohe Kostenbeteiligung des Bundes bei Flüchtlingshilfe – Grundsicherung für Kriegsflüchtlinge
Bund und Länder haben sich auf eine Verteilung der Kosten für die Unterbringung und Versorgung von Ukraine-Flüchtlingen verständigt. Bislang erhalten Flüchtlinge aus der Ukraine Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz, welche allein die Länder schultern. Künftig werde sich der Bund stärker an den Kosten beteiligen, sagte Bundeskanzler Olaf Scholz nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten in Berlin. Die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine sollen ab dem 1. Juni in Deutschland Grundsicherung beziehen können und damit die gleichen Leistungen wie etwa Hartz-IV-Empfänger erhalten. Ferner werde der Bund zwei Milliarden Euro für Kommunen zur Verfügung zu stellen: 500 Millionen Euro zur Unterstützung bei den Kosten der Unterkunft, 500 Millionen Euro zur Abgeltung der Kosten, die im Bereich der Lebenshaltungskosten angefallen sind, sowie eine weitere Milliarde Euro für Kinderbetreuung und Beschulung. Die künftig zuständigen Grundsicherungssysteme werden somit zu einem großen Teil vom Bund finanziert (SWR).
Geldgeberkonferenz in Warschau: 10 Milliarden für die Ukraine
Im Rahmen der Spendenaktion „Stand Up For Ukraine“ sind auf der heutigen Geberkonferenz in Warschau Zusagen in Höhe rund Milliarden Euro zusammengekommen. „Wir möchten die ganze Welt versammeln, um den Flüchtlingen innerhalb und außerhalb der Ukraine helfen zu können“, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in der polnischen Hauptstadt. Die Gelder sollen etwa an Projekte der Vereinten Nationen und örtlicher Hilfsorganisationen gehen (Welt).
Russland verbietet internationale Organisationen
Russland hat die Arbeit von 15 ausländischen Organisationen wegen angeblicher „Verstöße gegen die geltende Gesetzgebung der Russischen Föderation“ verboten. Betroffen sind die Menschenrechtsorganisationen Amnesty International und Human Rights Watch sowie neun weitere Nichtregierungsorganisationen. Auch deutschen parteinahen Stiftungen wird die Arbeit verboten. Die neue Ausweisungswelle von zivilgesellschaftlichen Organisationen sei „ein weiterer Schritt vom Autoritarismus zum Totalitarismus“, so der Vorsitzende der Friedrich-Naumann-Stiftung Karl-Heinz Paqué (Tageschau).
EU-Kommissionspräsidentin will rasche EU-Mitgliedschaft der Ukraine vorantreiben
Kommissionspräsidentin von der Leyen hat der Ukraine bei ihrem gestrigen Besuch in Kiew Mut auf dem Weg in die Europäische Union gemacht: „Meine Botschaft lautet, dass die Ukraine zur europäischen Familie gehört“, so von der Leyen. Derzeit prüft die Kommission den ukrainischen Aufnahmeantrag, den das Land wenige Tage nach Beginn der russischen Invasion eingereicht hatte. Binnen einer Woche möchte die Ukraine den gestern von der EU Kommissionspräsidentin erhaltenen Fragebogen ausfüllen. Selbst wenn die Kommission den Antrag nun zeitnah positiv bewerten würde, könnte der eigentliche Start der Aufnahmeverhandlungen jedoch noch lange auf sich warten lassen, da alle EU-Staaten zustimmen müssen (Tagesschau).
Menschenhandel – Nachfrage nach Frauen und Kindern aus der Ukraine enorm angestiegen
Die NGO „International Justice Mission“ beobachtet einen enormen Anstieg beim Menschenhandel an den Grenzen zur Ukraine: „Die Nachfrage nach Frauen und Kindern aus der Ukraine ist enorm angestiegen“, so der Dietmar Roller, Deutschland-Vorsitzender von IJM. Männer warteten mit Kleinbussen und dubiosen Jobangeboten an den Grenzen oder fantasierten im Darknet von Privatbordellen mit ukrainischen Frauen (Spiegel).
8. April 2022
Lagebericht
Offenbar haben sich russische Truppen mittlerweile vollständig aus dem Norden der Ukraine zurückgezogen. Dies geht aus einer veröffentlichten Einschätzung des britischen Militärs hervor. Im Osten und Süden der Ukraine setze Russland seine Angriffe aber unvermindert fort. Die Briten betrachten es als das vorrangige Ziel Russlands, zunächst die Region Donbass zu erobern.
Auch das Ziel der Eroberung der Hafenstadt Mariupol steht offenbar weiterhin im Fokus der russischen Streitkräfte. Dies teilte der ukrainische Generalstab in seinem morgendlichen Lagebericht mit. Weitere Schwerpunkte der russischen Offensive gebe es rund um das von russischen Truppen besetzte Isjum im ostukrainischen Gebiet Charkiw. Dort beobachte man eine Konzentration russischer Truppen, die mutmaßlich dem Ziel dient, in Richtung der Stadt Slowansk im Gebiet Donezk vorzustoßen. Der ukrainische Generalstab berichtete zusätzlich von andauernden russischen Luftangriffen und Beschuss durch Raketenwerfer in mehreren Städten in den Gebieten von Luhansk und Donezk.
Militärexperten des US-Kriegsforschungsinstituts Institute for the Study of War (ISW) gehen in ihrer jüngst veröffentlichten Analyse indes davon aus, dass die vollständige Eroberung Mariupols durch russische Kräfte noch in den kommenden Tagen bevorsteht. Bereits gestern hatten prorussische Separatisten im russischen Staatsfernsehen mitgeteilt, dass sich große Teile der Stadt unter russischer Kontrolle befänden.
Das Verteidigungsministerium in Moskau gab unterdessen 81 nächtliche Angriffe auf Ziele in der Ukraine bekannt. Ein Sprecher des Ministeriums erklärte, es habe sich ausschließlich um militärische Ziele gehandelt, darunter Kommando- und Stützpunkte der ukrainischen Armee sowie Artilleriegeschütze und Mehrfachraketenwerfer im Donbass. Nahe des ukrainischen Ortes Staraja Sbrujewka seien zwei ukrainische Kampfhubschrauber abgeschossen worden. Außerdem habe man ein Sammel- und Ausbildungslager „ausländischer Söldner“ nahe Odessa vernichtet. Am Mittag verkündete Kreml-Sprecher Dmitri Peskow, Moskau halte ein baldiges Ende des Militäreinsatzes für möglich. Dies sei denkbar, da die russischen Ziele erreicht würden und sowohl das russische Militär als auch die russischen „Friedensvermittler“ ihrer Arbeit nachkommen würden.
Ein mutmaßlich russischer Angriff auf den Bahnhof von Kramatorsk in der Ostukraine rief am Nachmittag große internationale Bestürzung hervor. Beim Angriff auf den Bahnhof, der ein wichtiges Drehkreuz für die Evakuierung von Flüchtlingen aus den ostukrainischen Gebieten darstellt, sollen mehr als 50 Zivilisten ums Leben gekommen sein.
Die Weltgesundheitsorganisation WHO berichtete am Freitag von mittlerweile mehr als 100 Angriffen auf Einrichtungen der Gesundheitsversorgung in der Ukraine seit Beginn der russischen Invasion. Bei mindestens 103 Angriffen auf Krankenhäuser und andere Gesundheitseinrichtungen seien mindestens 73 Menschen getötet und 51 verletzt worden.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Der ukrainische Unterhändler Mychailo Podoljak betrachtet die Option einer zeitlich befristeten Feuerpause mit Skepsis. Denn damit würde die Fortsetzung des Krieges nur in die Zukunft verlagert. Er bestätigte zudem, dass die Gespräche mit Russland fortgesetzt würden, allerdings habe sich die Stimmung seit Bekanntwerden der mutmaßlich von russischen Kräften verübten Gräueltaten in Butscha verändert. Die russische Seite brachte heute Belarus in einer möglichen Vermittlerrolle ins Spiel. Der belarusische Machthaber Alexander Lukaschenko gilt als treuer Gefolgsmann Putins, weswegen die Ukraine Belarus nicht mehr als neutralen Vermittler betrachtet. Allerdings war Belarus auch bereits 2014 und 2015 Gastgeber der Verhandlungen um eine friedliche Lösung im Donbass.
Am Nachmittag gab ein türkischer Sprecher bekannt, dass Russland und die Ukraine ihre in der Türkei stattfindenden Verhandlungen über einen Waffenstillstand in den kommenden Tagen fortsetzen möchten. Von einer Einigung sei man derzeit allerdings noch weit entfernt. Vor allem der Status der Donbass-Region gilt als Streitpunkt.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist am Freitag mit dem Zug von Polen in die ukrainische Hauptstadt Kiew gereist. Dort traf sie sich mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und stattete auch dem durch mutmaßlich russische Kriegsverbrechen bekannt gewordenen Ort Butscha einen Besuch ab. Begleitet wird von der Leyen vom EU-Außenbeauftragten Josep Borell, dem slowakischen Ministerpräsidenten und mehreren EU-Parlamentariern. Von der Leyen ist die erste westliche Spitzenpolitikerin, die die Ukraine nach Ausbruch des Krieges besucht. Mit der Reise in die Ukraine möchte die EU-Delegation ein Zeichen der Solidarität senden. Schon während der Reise hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell verkündet, dass die EU-Vertretung in Kiew ab morgen wieder geöffnet sein soll. Von der Leyen selbst stellte der Ukraine einen vergleichsweise schnellen Weg für den Beitritt zur EU in Aussicht: Die Ukraine gehöre zur europäischen Familie.
Wie das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtete, erwägt offenbar auch Bundespräsident Steinmeier eine baldige Reise nach Kiew.
Flüchtlinge: Nach Angaben des Bundesinnenministeriums wurden in Deutschland seit Kriegsbeginn 320.231 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine registriert. Die Zahlen basieren auf Informationen der Bundespolizei. Da es an der deutsch-polnischen Grenze keine festen Grenzkontrollen gibt und sich Menschen mit ukrainischem Pass für 90 Tage frei innerhalb der EU bewegen dürfen, könnte die tatsächliche Zahl noch weit höher liegen. Die UN zählte in den sechs Wochen seit Kriegsbeginn 4,3 Millionen Geflüchtete und sprach von einer der schlimmsten Flüchtlingskrisen aller Zeiten.
Evakuierungen: Für den Freitag sind insgesamt zehn Fluchtkorridore für Zivilisten geplant. Dies teilte die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk mit. Vor allem in der Ostukraine, wo weitere russische Offensiven befürchtet werden, intensiviere man die Bemühungen zur Evakuierung von Zivilisten. Einwohner der Stadt Berdjansk sollen mit Bussen abgeholt werden; die Flucht aus Mariupol kann hingegen weiterhin nur über Privatautos erfolgen. Außerdem soll es fünf Korridore geben, die von umkämpften Gebieten in der Region Luhansk nach Bachmut führten. Nach Angaben der Vizeministerpräsidentin konnten über Fluchtkorridore gestern 4.500 Menschen evakuiert werden.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Die russischen Streitkräfte haben sich offenbar aus der Region Sumy im Nordosten der Ukraine zurückgezogen. Es befänden sich keine russischen Einheiten mehr in diesem Territorium, teilte der Chef der Gebietsverwaltung mit. Allerdings sei weiterhin Vorsicht geboten, da es viele verminte und noch nicht auf Gefahren abgesuchte Gebiete gebe.
Der Gouverneur der ukrainischen Region Luhansk warnte am Freitag vor einer russischen Truppenkonzentration. Russland wolle seine Kräfte für einen Angriff auf die Region bündeln. Noch halte die Verteidigung den Angriffen allerdings stand.
In Kramatorsk im Osten der Ukraine sollen zwei russische Raketen einen von der ukrainischen Staatsbahn betriebenen Bahnhof getroffen haben. Dabei soll es nach Angaben der Staatsbahn mindestens 50 Todesopfer gegeben haben, über 100 Menschen seien verletzt worden. Mit den in Kramatorsk startenden Zügen werden Bewohner aus ostukrainischen Gebieten evakuiert.
Wie die ARD am Freitagnachmittag berichtete, versuchen russische Kräfte offenbar die ostukrainische Großstadt Charkiw einzukesseln.
Aus Odessa wurden in der Nacht weitere russische Angriffe gemeldet. Bei einem vom Meer aus erfolgten russischen Raketenangriff sollen nach Angaben des Stadtrats von Odessa Infrastruktureinrichtungen getroffen worden sein.
Die Ukraine hat Russland vorgeworfen, bis zu 170 Mitarbeiter des ehemaligen Atomkraftwerks Tschernobyl verschleppt zu haben. Die Belegschaft sei zunächst für fast einen Monat als Geiseln im Keller des Gebäudes gefangen gehalten worden, ehe man sie nach Russland verbracht habe. Eine unabhängige Bestätigung für die Vorwürfe steht noch aus.
Aktuelle Berichte:
Raketen treffen Flüchtlinge am Bahnhof von Kramatorsk
Der Bahnhof in Kramatorsk ist ein wichtiger Knotenpunkt für die Evakuierung von Zivilisten aus den ostukrainischen Gebieten. Nun wurden bei einem Raketenangriff auf den Bahnhof über 50 Menschen getötet und viele weitere verletzt. Ukrainische Behörden und prorussische Kräfte werfen sich gegenseitig vor, für den Raketenangriff verantwortlich zu sein (Der Spiegel).
NATO sichert Ukraine jahrelange Unterstützung zu
Die NATO ist nach Angaben ihres Generalsekretärs Jens Stoltenberg dazu bereit, die Ukraine auf Jahre hinaus mit Waffen zu versorgen. Auch die Lieferung schwerer und moderner Kriegswaffen stelle mittlerweile kein Tabu mehr dar (Der Spiegel).
Borodjanka: Situation womöglich noch schlimmer als in Butscha
Nach dem Abzug russischer Truppen bietet sich den ukrainischen Soldaten und Rettungskräften in der Stadt Borodjanka ein Bild des Schreckens. Der ukrainische Präsident bezeichnete die Lage vor Ort als „noch viel schrecklicher“ als im kürzlich zurückeroberten Butscha. Die ukrainische Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa sprach vom Fund Dutzender Leichen in Wohngebieten. Allein in den Trümmern von zwei Wohnblocks seien 26 tote Zivilisten gefunden worden. Wenediktowa warf Russland in diesem Zusammenhang Kriegsverbrechen vor. Es gebe in der Stadt keine militärischen Einrichtungen. Das einzige Ziel der russischen Truppen seien Zivilisten gewesen. Von ukrainischer Seite wird zudem befürchtet, dass die Lage in anderen von Russland besetzten Städten ähnlich verheerend sein könnte (Der Spiegel).
Finnland womöglich schon bald Mitglied der NATO
Nach Einschätzung des finnischen Präsidenten Sauli Niinistö steht Finnland kurz vor dem Beitritt zur NATO. Das skandinavische Land hatte jahrzehntelang seine Neutralität betont und war einem NATO-Beitritt mehrheitlich skeptisch gegenübergestanden. Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine ist allerdings ein Stimmungswandel zu beobachten. Die Entscheidung über einen förmlichen Beitrittsantrag soll nach Angaben der finnischen Ministerpräsidentin Sanna Marin noch vor Juni fallen. Die NATO hatte Finnland und Schweden in der vergangenen Woche zu einem Aufnahmeantrag ermuntert (Tageschau.de).
7. April 2022
Lagebericht
In dieser Phase des Krieges erhöht Russland weiter den Druck auf die östlichen Gebiete im Donbass. Die Angriffe auf Ortschaften in Luhansk und Donezk nehmen deutlich zu. Aufgrund dessen hatte die ukrainische Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk gestern auch die Bewohner dieser Gebiete angesichts einer befürchteten neuen russischen Offensive inständig aufgefordert, die Region zu verlassen.
Russland setzt zudem weiterhin auf die Vernichtung ukrainischer Militärstützpunkte, Ausrüstung und Depots. Nach Angaben aus Moskau haben russische Truppen weitere 29 Militärobjekte in der Ukraine bombardiert. Dabei seien Luftabwehrsysteme, Artilleriegeschütze, mehrere Kommando- und Stützpunkte der ukrainischen Streitkräfte sowie Munitions- und Treibstofflager vernichtet worden, sagte der russische Militärsprecher Igor Konaschenkow.
Ferner werden nach den Gräueltaten in Butscha auch aus anderen Orten mutmaßliche Kriegsverbrechen an der Bevölkerung gemeldet. In den Kiewer Vororten Hostomel und Irpin wurden ebenfalls getötete Zivilisten gefunden, einige Hunderte gelten als vermisst. Es wird befürchtet, dass im Zuge der Begehung der von Russland einstmals besetzten Orte noch weitere Kriegsverbrechen zu Tage kommen werden. So zeichnet sich im Ort Borodjanka nach dem Rückzug der russischen Truppen dieser Tage ein ähnlich schlimmes Bild ab.
Auf der Suche nach Beweisen für die Vorgänge in Butscha soll laut einem „Spiegel”-Bericht der Bundesnachrichtendienst (BND) Funksprüche russischer Militärs abgefangen haben, die neue Erkenntnisse zu den Gräueltaten enthalten. In der abgehörten Kommunikation würden Morde an Zivilisten in Butscha besprochen. Einzelne Funksprüche sollen sich auch fotografierten Leichen zuordnen lassen. Die Aufnahmen legten den Schluss nahe, dass es sich bei den Gräueltaten weder um Zufallstaten handele noch um Aktionen einzelner „aus dem Ruder“ gelaufener Soldaten. Morde an Zivilsten seien vielmehr zum Teil des üblichen Handelns der russischen Militärs geworden, möglicherweise gar Teil einer Strategie.
Auch in Mariupol im Süden der Ukraine geht Präsident Wolodymyr Selenskyj davon aus, dass viele Todesopfer bekannt würden, sobald der Zugang zur Stadt erst einmal hergestellt sei. Er hat Russland vorgeworfen, den humanitären Zugang zu der seit Wochen belagerten Stadt Mariupol zu blockieren, um „Tausende” Opfer zu verschleiern. „Ich denke, dass sie Angst haben, dass die Welt sieht, was dort vor sich geht, solange nicht alles von russischen Soldaten ‚gesäubert‘ wurde”, sagte Selenskyj. Er spricht von einem Taktikwechsel, nach dem die Russen nun dazu übergehen würden, getötete Menschen zu verschleppen, um Hinweise auf Kriegsverbrechen zu vertuschen. Die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denissowa, berichtete zudem unter Berufung auf Zeugenaussagen, dass die russischen Truppen über „mobile Verbrennungsöfen” und „Zerkleinerungsgeräte” verfügten, um Leichen zu beseitigen. Von unabhängiger Seite lassen sich diese Angaben derzeit nicht überprüfen. Auf Dauer jedoch könnten die russischen Streitkräfte die Zahl der Opfer nicht verheimlichen. Bereits jetzt wisse man von Tausenden Vermissten. Für deren Verbleib gebe es nur zwei Möglichkeiten: Sie seien entweder nach Russland deportiert oder getötet worden, so Selenskyj. Auch Ex-NATO-General Erhard Bühler äußerte in einem Interview die Befürchtung, dass es demnächst aus Mariupol ähnliche Bilder geben könnte wie aus den Vororten im Norden von Kiews. Präsident Selenskyj bezeichnete die komplette russische Führung als Kriegsverbrecher. „Ich finde, dass die russische Armee, die russische politische Führung, alle, die diese Operation ausgearbeitet haben, alle die Befehle gaben, alle, die diese Befehle ausführten – alle sind Kriegsverbrecher.”
Die verschärften Sanktionen der westlichen Länder hat der ukrainische Präsident gestern zwar begrüßt, sie jedoch nach wie vor für unzureichend erklärt. Man könne sie kaum als angemessen bezeichnen angesichts dessen, was die Welt in Butscha gesehen habe. Er forderte erneut ein Öl-Embargo sowie einen vollständigen Ausschluss des russischen Bankensystems vom internationalen Finanzwesen. Sollte es kein „wirklich schmerzhaftes Sanktionspaket” gegen Russland und keine Lieferungen der von Kiew geforderten Waffen an die Ukraine geben, werde dies von Russland als „Erlaubnis zum Vormarsch” gesehen.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat der Ukraine bei dem gestern begonnenen zweitägigen Treffen der NATO-Außenminister in Brüssel weitere Waffen in Aussicht gestellt. Dabei sollen auch Angriffswaffen zur Sprache kommen, was eine neue Stufe der Unterstützung bedeuten würde. Heute stehen unter anderem die Planungen für eine verstärkte Abschreckung Russlands als Reaktion auf den Ukrainekrieg und die Arbeiten an einem neuen strategischen Konzept der NATO auf dem Programm. Die Ukraine hatte Deutschland und andere Verbündete wiederholt zu mehr Waffenlieferungen gedrängt. Ferner hatte die NATO zuvor bekannt gegeben, mit ihren Bemühungen um eine Verstärkung der Ostflanke voranzukommen. Vier neue multinationale Gefechtsverbände (Battlegroups) in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Slowakei hätten die erste Stufe der Einsatzbereitschaft erreicht.
Ferner beraten sich heute in Deutschland Bund und Länder in Flüchtlingsfragen. Zu klären ist, wie die Verteilung der Geflüchteten auf die Bundesländer erfolgen und nach welchem Schlüssel sich der Bund an den Kosten für die Aufnahme und die Versorgung der Flüchtlinge beteiligen soll.
Außerdem werden die Vereinten Nationen heute in der UN-Vollversammlung über die Suspendierung Russlands aus dem UN-Menschenrechtsrat abstimmen. Eine Zweidrittelmehrheit unter den 193 Mitgliedern wäre für einen erfolgreichen Ausschluss Russlands erforderlich.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wird am Freitag laut Angaben aus Brüssel gemeinsam mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zu Gesprächen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach Kiew reisen.
Flüchtlinge: Nach Angaben der UN sind mittlerweile bereits 4,3 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,1 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Insgesamt ist somit mehr als ein Viertel der ukrainischen Bevölkerung auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz über 2,5 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 662.000, nach Ungarn 404.000, in die Republik Moldau 401.000, in die Slowakei über 300.000 und nach Tschechien ebenfalls rund 300.000. In Deutschland dürfte die Zahl der aus der Ukraine gekommenen registrierten Flüchtlinge mittlerweile bei rund 320.000 liegen. Die tägliche Anzahl der in Deutschland neu ankommenden Flüchtlingen aus der Ukraine hat sich indes etwas verringert.
Evakuierungen: Knapp 5.000 Zivilisten ist ukrainischen Angaben zufolge am Mittwoch die Flucht aus besonders umkämpften Gebieten gelungen. Darunter hätten mehr als 1.100 Menschen in privaten Autos die Stadt in Richtung Saporischschja verlassen können. Rund 2.500 Menschen seien aus anderen Städten nach Saporischschja geflohen. Im ostukrainischen Gebiet Luhansk wurden mehr als 1.200 Bewohner evakuiert. Die ukrainische Regierung hat für heute landesweit elf Fluchtkorridore angekündigt.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
In Kiew kehrt langsam wieder der Alltag zurück. Die Hauptstadt scheint sich seit Anfang April merklich zu erholen. Auf den Straßen sind wieder mehr Menschen und Autos zu sehen, Restaurants und Cafés öffnen wieder, in den Supermärkten füllen sich die Regale. Auch der Schulbetrieb soll wieder starten. Viele Einwohner kehren in ihre Häuser zurück, wenngleich die Stadtverwaltung warnt, die militärische Bedrohung sei noch nicht gebannt. In der Region Kiew bestehe noch immer die Gefahr von Bombardierungen.
In einer Garage im Kiewer Vorort Hostomel sind nach ukrainischen Angaben elf Leichen gefunden worden, bei denen es sich nach ukrainischen Angaben um von russischen Soldaten getötete Zivilisten handeln soll. Insgesamt gelten derzeit 400 Einwohner in Hostomel als vermisst. Erst vor wenigen Tagen haben ukrainische Truppen den Ort wieder unter ihre Kontrolle gebracht, ebenso wie die Nachbarorte Butscha und Irpin.
Auch aus Irpin berichtet der dortige Bürgermeister von schweren Kriegsverbrechen. Russische Truppen hätten die Männer von Frauen und Kindern getrennt. „Diejenigen, die ihnen nicht gefielen - und das sind Fakten, es gibt Zeugen -, haben sie erschossen. Diejenigen, die nicht gehorchten, haben sie erschossen.” Die Toten seien dann absichtlich von Panzern überrollt worden. „Wir haben die Leichen mit Schaufeln vom Asphalt gekratzt.” Die russischen Soldaten hätten außerdem Frauen gedemütigt, vergewaltigt und getötet.
Der Bürgermeister von Charkiw versucht, seine Einwohner zu beruhigen. Weder er noch das Militär hielten es momentan für notwendig, eine zentralisierte Evakuierung aus der zweitgrößten Stadt des Landes durchzuführen. Die Stadt Charkiw sei gut mit Waffen ausgestattet und zur Verteidigung bereit. Allerdings bleibt die Großstadt Charkiw weiter Ziel heftiger russischer Attacken. Innerhalb eines Tages hätten die russischen Truppen die Stadt 48 Mal mit Raketenwerfern, Artillerie und Mörsern beschossen, schreibt der Gouverneur des gleichnamigen Gebiets.
Der Aufruf zu einer Evakuierung treffe aber auf die südlich von Charkiw gelegenen Bezirke Losowa und Barwinkowe zu, sagte er weiter. Die Kleinstadt Losowa ist gestern von russischen Truppen mit Raketen beschossen worden, teilte der dortige Bürgermeister mit.
Ebenso stehe die Kleinstadt Popasna im Gebiet Luhansk im Osten der Ukraine laut ukrainischen Angaben unter Beschuss. Dort würden russische Truppen die ukrainischen Einheiten ins Visier nehmen, teilte der ukrainische Generalstab in seinem Bericht mit. Die russischen Truppen wollten so ihre Offensiven auf die Städte Rubischne und Nischnje, nördlich und südlich der Großstadt Sjewjerodonezk im Gebiet Luhansk, wiederaufnehmen.
Bei dem sich ebenfalls im Gebiet Luhansk befindlichen Ort Nowotoschkiwske hätten russische Truppen „erfolglos“ versucht, die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen.
Nachdem gestern in der ostukrainischen Stadt Sjewjerodonezk durch Artilleriebeschuss mehr als zehn Hochhäuser zerstört wurden und weitere Privathäuser, eine Schule und ein Einkaufszentrum brannten, forderte der Gouverneur des Gebiets Luhansk die verbliebenen Bewohner zur Flucht auf.
Für die rund 100.000 noch im südlichen Mariupol ausharrenden Menschen hat der ukrainische Präsident eindringlich um Hilfe gebeten. „Seit dem Zweiten Weltkrieg haben wir es in der europäischen Geschichte nicht mehr erlebt, dass eine Stadt in Schutt und Asche gelegt wird”, sagte er. „Die Menschen dort sterben an Hunger und Durst. Wir müssen jene retten, die in Mariupol noch am Leben sind". Selenykj befürchtet eine Verschleierung von Verbrechen, Russland würde versuchen getötete Zivilisten zu verschleppen, damit das Ausmaß nicht ans Tageslicht gelange.Russische Einheiten führten außerdem eine „Zwangsumsiedlung” der Bevölkerung in von ihnen besetzte Gebiete der Region Donezk durch, wie der ukrainische Generalstab berichtet. Seit Tagen kommt die Evakuierung der Einwohner nur sehr schleppend voran, da die russische Armee die Fluchtkorridore kaum durchgängig macht. Koordinierte, größer angelegte Evakuierungen sind bislang gescheitert, die Lage in der Stadt ist nach wir vor katastrophal.
Auch die im Südosten gelegene Stadt Dnipro wird vermehrt von russischen Raketen getroffen. Der Bürgermeister ruft Frauen, Kinder und Ältere dazu auf, die Großstadt zu verlassen, da mit einer Verschärfung der Kämpfe zu rechnen sei.Die Stadt blieb bislang von heftigen Kämpfen und Beschuss weitgehend verschont.
Aktuelle Berichte:
UN-Menschenrechtsrat: Russlands Mitgliedschaft ausgesetzt
Auf der heutigen UN-Vollversammlung in New York wurde eine Resolution verabschiedet, mit der Russlands Mitgliedschaft im Menschenrechtsrat ausgesetzt wird. Begründet wurde die Entscheidung mit den groben und systematischen Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine. Der Antrag wurde mit 93 Stimmen angenommen, 24 Mitglieder votierten dagegen, 58 enthielten sich. Die Suspendierung bedeutet, dass Russland fortan nicht mehr an den Sitzungen des Menschenrechtsrats teilnehmen darf. Bis zum Ende der Amtszeit wird Russland zwar Mitglied bleiben, aber seine Rechte verlieren (Tagesschau).
NATO befürchtet langen Krieg in der Ukraine
Nach Ansicht von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg gebe es keine Anzeichen dafür, dass Wladimir Putin seine Ambitionen aufgegeben habe, die komplette Ukraine zu kontrollieren, sagte Stoltenberg während des Treffens der NATO-Außenminister in Brüssel. Man müsse sich bewusst darüber werden, dass der Krieg noch „viele Monate oder sogar Jahre" andauern könne. Die NATO müsse sich auf einen langen Weg vorbereiten: „Wir müssen die Ukraine unterstützen, unsere Sanktionen aufrechterhalten, unsere Verteidigung und unsere Abschreckung stärken", so Stoltenberg (Spiegel).
BND-Informationen: Butscha-Massaker ist Strategie Russlands
Einem „Spiegel”-Bericht zufolge hat der BND russische Funksprüche mitgeschnitten, die nahelegen, dass das Töten von Zivilisten, wie in Butscha geschehen, nicht auf Aktionen einzelner „aus dem Ruder“ gelaufener Soldaten zurückzuführen sei, sondern vermutlich auf eine klare Strategie. Aus BND-Kreisen hieß es, die russischen Soldaten unterhielten sich in den Funksprüchen über die Gräueltaten wie über ihren Alltag. Einzelne Aufnahmen ließen sich auch speziellen Orten zuordnen. So sei in einem Funkspruch ein Soldat zu hören, der einem anderen erzähle, wie er einen Fahrradfahrer erschossen habe. Das Foto einer Leiche neben einem Fahrrad zählt zu den bekanntesten aus Butscha (n-tv).
Russland geht gegen Google und YouTube vor
Russland baut seine Kontrolle über die Medien weiter aus und kündigt Strafmaßnahmen gegen Google an. Die zuständige Behörde wirft der Google-Tochter YouTube vor, die Video-Plattform sei zu einer Hauptquelle von Falschinformationen über die militärische „Spezialoperation“ in der Ukraine geworden. So würden die Streitkräfte der Russischen Föderation diskreditiert (DiePresse).
UN-Welternährungsprogramm: Bis zu 47 Millionen mehr Hungernde
Wegen des Ukraine-Kriegs rechnet das Welternährungsprogramm mit einer deutlichen Verschärfung der globalen Ernährungssituation. „Je nach Dauer des Krieges könnten zwischen 33 und 47 Millionen Menschen zusätzlich in Hunger und Armut abrutschen”, sagte der Direktor des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen, Martin Frick. Die Zahl der akut Hungernden betrug bereits vor Beginn des Krieges 276 Millionen Menschen. Die in Folge des Krieges in der Ukraine gestiegenen Preise bei Kraftstoff, Grundnahrungsmitteln oder Dünger befeuerten diese Entwicklung. Die Ukraine und Russland gehören international zu den wichtigsten Getreideexporteuren (Traunsteiner Tagblatt).
6. April 2022
Lagebericht
Auch am 42. Kriegstag setzt Russland seine Angriffe auf die ukrainische Hauptstadtregion fort. Bereits gestern waren durch diese Angriffe nach Angaben der ukrainischen Generalstaatsanwaltschaft zwölf Menschen in den umliegenden Dörfern Welyka Dymerka und Bogdanikowa ums Leben gekommen. Am Nachmittag warnte die ukrainische Regierung vor einem bevorstehenden Großangriff in der Ostukraine.
Das russische Verteidigungsministerium vermeldete am Mittwoch, dass russische Truppen ihre Luftangriffe auf Ziele in der Ukraine fortsetzten. Ein Flugabwehrraketensystem, fünf Munitions- und Treibstofflager sowie elf Militärstützpunkte der ukrainischen Armee sollen dabei zerstört worden sein. Insgesamt seien 24 Ziele in der Ukraine getroffen worden. Die Ukraine bestätigte Raketeneinschläge in den Gebieten Lwiw, Winnyzja und Dnipro. Zusätzlich zu den Luftangriffen kündigte das Ministerium in Moskau neue Angriffe auf ukrainische Streitkräfte in der von Russland belagerten Stadt Mariupol an. Ein Sprecher des Ministeriums warf der Ukraine in diesem Zusammenhang vor, das „Regime“ in Kiew ignoriere die Aufforderungen zur Einstellung der Kämpfe.
Den Fokus seiner militärischen Aggressionen legt Russland aber offenbar weiterhin auf die Ostukraine. Die Ukraine beobachte, dass Russland Verstärkung für seine geplante Offensive im Osten zusammenziehe, berichtete der ukrainische Präsident Selenskyj am Morgen. Am schwierigsten gestalte sich die Lage im Donbass und im Gebiet Charkiw. Ein weiteres russisches Vorrücken habe allerdings bislang durch das ukrainische Militär verhindert werden können.
Am Nachmittag rief Kiew die Bewohner der Ostukraine dann dazu auf, die Region wegen einer zu befürchtenden russischen Großoffensive zu verlassen. Nach Darstellung von Vize-Regierungschefin Iryna Wereschtschuk bestehe eine große Dringlichkeit zur unverzüglichen Evakuierung.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Die russische Regierung ist unzufrieden mit dem Verlauf der Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine. Man komme nicht so schnell und energisch voran, wie Russland sich das wünsche, teilte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow gegenüber Journalisten mit. Man arbeite daran, neue Gesprächsrunden auf den Weg zu bringen – bis ernsthafte Fortschritte erzielt seien, erwarte man allerdings noch einen langen Weg.
Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban hat den russischen Präsidenten Putin eingeladen, in Ungarn mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj zu verhandeln. Nach den Plänen Ungarns sollen an den Gesprächen auch Bundeskanzler Scholz und der französische Präsident Macron teilnehmen. Aus ungarischen Kreisen heißt es, Putin habe auf den Vorschlag positiv reagiert, allerdings auch Bedingungen gestellt.
Unterdessen rechnet auch die Türkei mit einer Fortsetzung der in der Türkei geführten Verhandlungen über einen Waffenstillstand. Man erwarte weitere Treffen in der Türkei — womöglich zunächst zwischen Verhandlungsdelegationen, und im Anschluss daran zwischen den Außenministern Russlands und der Ukraine. Dies teilte der türkische Außenminister Cavusoglu am Rande eines NATO-Treffens in Brüssel mit. Zugleich räumte er ein, dass die mutmaßlich von Russland verübten Kriegsverbrechen in der ukrainischen Stadt Butscha die Atmosphäre bei den Verhandlungen belaste.
Bereits am Dienstagabend war der UN-Sicherheitsrat zu einer erneuten Sondersitzung zusammengekommen. Hintergrund des Treffens waren die russischen Gräueltaten im ukrainischen Butscha. Auf Einladung Großbritanniens durfte auch Wolodymyr Selenskyj vor den Vertretern des Sicherheitsrates sprechen. Diese Gelegenheit nutzte der ukrainische Präsident zu einer Abrechnung mit dem Gremium in Bezug auf dessen momentane Handlungsunfähigkeit. Angesichts der russischen Kriegsverbrechen sei ein sofortiges Handeln der Vereinten Nationen zwingend geboten — dies scheitere allerdings am Veto Russlands. Aus Sicht des ukrainischen Präsidenten folgten aus dieser Problematik drei Möglichkeiten: eine Reform des Gremiums, ein sofortiger Ausschluss Russlands oder die Auflösung des Sicherheitsrates.
Der Botschafter Russlands nutzte die Bühne des UN-Sicherheitsrates indes zur wiederholten Darstellung des russischen Narrativs, wonach ukrainische Soldaten Zivilisten erschossen hätten, um die russischen Truppen in Misskredit zu bringen. An Selenskyj gerichtet erhob er zudem den Vorwurf, die Ukraine gegen Russland gewendet zu haben.
Am morgigen Donnerstag soll die UN Generalversammlung auf Antrag der USA über einen Ausschluss Russlands aus dem UN-Menschenrechtsrat entscheiden. Dies erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters aus Diplomatenkreisen. Für einen erfolgreichen Ausschluss Russlands wäre eine Zwei-Drittel-Mehrheit unter den 193 Mitgliedern erforderlich.
Flüchtlinge: Nach Angaben der UN sind innerhalb der vergangenen 24 Stunden knapp 35.000 weitere Menschen aus der Ukraine geflohen. Insgesamt sind bereits 4,2 Millionen Menschen aus der Ukraine geflüchtet. Weitere 7,1 Millionen Menschen befinden sich innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Insgesamt ist somit mehr als ein Viertel der ukrainischen Bevölkerung auf der Flucht.
Knapp sechs Wochen nach Kriegsbeginn wurden in Deutschland 313.200 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Dies teilte das Bundesinnenministerium am Mittwoch mit. Da an der deutsch-polnischen Grenzen keine Kontrollen stattfinden, und Menschen mit ukrainischem Pass eine 90-tägige Visafreiheit innerhalb der EU genießen, könnte die tatsächliche Zahl noch weit höher liegen. Nach Angaben der Kultusministerkonferenz haben inzwischen 40.000 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine den Unterricht an deutschen Schulen aufgenommen.
Evakuierungen: Für Mittwoch plant die Ukraine elf weitere Fluchtkorridore für die Evakuierung von Zivilisten aus umkämpften Städten. Die ukrainische Vize-Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk teilte zudem mit, dass Zivilisten aus Mariupol nun mit Privatautos aus der belagerten Stadt fliehen müssten, nachdem die Entsendung von Bussen mehrfach an russischen Blockaden gescheitert sei. Am Mittag vermeldete das Komitee des Internationalen Roten Kreuzes, dass ungefähr 500 Zivilisten mit privaten Fahrzeugen die Flucht aus Mariupol gelungen sei.
Nach ukrainischen Angaben sollen am Dienstag mehr als 3.800 Menschen aus umkämpften Gebieten evakuiert worden sein. Rund 2.200 Menschen seien aus dem heftig umkämpften Mariupol und dem nahegelegenen Berdjansk nach Saporischschja gebracht worden. Ein aus sieben Bussen bestehender Konvoi, der ebenfalls Menschen aus Mariupol evakuieren sollte, habe allerdings wieder umkehren müssen, nachdem er von russischen Truppen bei der Ortschaft Manhusch kurzzeitig festgehalten worden sei. Auf dem Rückweg habe der Konvoi, der von Mitarbeitern des Roten Kreuzes begleitet wurde, zumindest einige Menschen aus Mariupol und Umgebung mitnehmen können. Zusätzlich sollen auch in der Region Luhansk mehr als 1.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden sein.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Im Kiewer Vorort Hostomel werden nach 35 Tagen unter russischer Besatzung 400 Einwohner vermisst. Dies teilte der Chef der lokalen Militärverwaltung, Taras Dumenko, gegenüber einem lokalen Radiosender mit.
Ukrainische Medien berichteten am Mittwoch von Explosionen in den Gebieten Lwiw im Westen der Ukraine sowie in Dnipropetrowsk im südöstlichen Landesteil. Der Chef der Militärverwaltung von Lwiw, Maxym Kosyzkyj, berichtete via Telegram von einer Explosion nahe der Stadt Radechiw, die rund 70 Kilometer nordöstlich von Lwiw gelegen ist. Zugleich forderte er die Menschen in der Region dazu auf, in den Schutzräumen zu bleiben.
In der westukrainischen Region Ternopil im Westen der Ukraine wurden bei einem russischen Raketenangriff offenbar Düngemittelbehälter getroffen. Dies teilte der örtliche Gouverneur mit. Aus den sechs beschädigten Tanks sei daraufhin Ammoniak ins Grundwasser und in den Fluss Ikwa ausgetreten. Eine Nutzung von Brunnenanlagen ist daher ebenso wie die Fischerei im betroffenen Gebiet bis auf weiteres nicht möglich. Der Gouverneur rechnet allerdings damit, dass sich die ökologische Lage in den kommenden Tagen wieder stabilisieren dürfte.
Russische Streitkräfte haben in der Nacht ein ukrainisches Treibstoffdepot und eine Fabrik in der Region Dnipro angegriffen. Das Treibstofflager soll bei dem Angriff zerstört worden sein. Über die Zahl etwaiger Opfer ist noch nichts bekannt.
Die ostukrainische Großstadt Charkiw ist in der Nacht offenbar erneut Ziel russischer Angriffe gewesen. Der Gouverneur der Stadt berichtete auf dem Nachrichtendienst Telegram von 27 Angriffen. Auch bei der Stadt Isjum soll es wieder Kämpfe gegeben haben.
Die in der Region Luhansk gelegene Stadt Rubischne gerät scheinbar zunehmend unter russische Kontrolle. Wie der ukrainische Gouverneur Serhiy Gaidai mitteilte, befänden sich bereits 60 Prozent des Stadtgebiets in russischer Hand.
In Siewierodonezk, nordwestlich der Stadt Luhansk, stehen laut dem örtlichen Bezirksgouverneur zehn Hochhäuser in Flammen, nachdem sie von russischen Kräften beschossen worden waren. Siewierodonezk ist der Sitz der ukrainischen Bezirksverwaltung von Luhansk — die Hauptstadt des gleichnamigen Verwaltungsbezirks befindet sich seit 2014 in der Hand pro-russischer Separatisten.
In der eingekesselten südukrainischen Hafenstadt Mariupol dauern die schweren Kämpfe und russischen Luftangriffe nach britischen Angaben noch immer an. Das Verteidigungsministerium in London berichtete zudem von einer weiteren Verschlechterung der humanitären Lage. Die noch in der Stadt verharrenden Einwohner müssten ohne Licht, Kommunikationsmöglichkeiten, medizinische Versorgung, Heizung und Wasser auskommen. Nach Einschätzung des Ministeriums blockierten die russischen Streitkräfte humanitäre Hilfen, um damit weiteren Druck auf die Verteidiger zu erzeugen. Ziel ist es, die Verteidiger zu einer Kapitulation zu bewegen. Rund 160.000 Menschen sollen sich noch immer in der stark zerstörten Stadt befinden. Am Mittwoch äußerte der Bürgermeister Mariupols den an Russland gerichteten Vorwurf, zur Vertuschung von Kriegsverbrechen Leichen in mobilen Krematorien zu verbrennen. „Dies sei ein neues Ausschwitz und Mjdanek.“ Bereits zuvor hatten ukrainische Behörden und Medien über den Einsatz mobiler Krematorien durch russische Einheiten berichtet. Zunächst hatte es allerdings gehießen, dass diese dafür genutzt würden, um die Leichen eigener Soldaten zu verbrennen.
Aktuelle Berichte:
Neue Sanktionen: USA wollen jegliche neuen Investitionen in Russland verbieten
In Reaktion auf die Ermordung hunderter ukrainischer Zivilisten im Kiewer Vorort Butscha haben die USA eine Verschärfung der gegenüber Russland verhängten Sanktionen angekündigt. Ein neues – mit der EU und den G7-Staaten abgestimmtes – Sanktionspaket soll am Mittwoch verkündet werden. Zusätzlich zu einer Verschärfung bereits verhängter Sanktionen gegen russische Banken und Unternehmen möchten die USA „alle neuen Investitionen“ in Russland verbieten (Der Spiegel).
USA verhängen neue Sanktionen
Am Mittwochabend mitteleuropäischer Zeit verkündete die US-Administration neue gegen Russland verhängte Sanktionen. Diese richten sich u.a. gegen zwei große russische Banken und gegen russische Eliten — wovon etwa auch Putins erwachsene Töchter betroffen sind. Außerdem wurden russische Staatsunternehmen mit Strafmaßnahmen belegt. Neben dem Einfrieren von Vermögenswerten beinhalten diese auch das Verbot, mit betreffenden Unternehmen Handel zu treiben.
NATO befürchtet jahrelangen Krieg in der Ukraine
Nach Ansicht von NATO-Generalsekretär Stoltenberg könnte der Krieg in der Ukraine noch Jahre dauern. Man sehe keine Anzeichen dafür, dass Putin von seinen Ambitionen abgerückt sei, die gesamte Ukraine zu kontrollieren. Die daraus zu ziehende Konsequenz sei, sich auf einen sehr langen Weg vorzubereiten. Es gelte, die Ukraine zu unterstützen, die Sanktionen aufrechtzuerhalten und die Verteidigung und Abschreckung auszubauen.
Ukraine veröffentlicht Namen mutmaßlicher russischer Kriegsverbrecher
Nach der Ermordung hunderter Zivilisten im Kiewer Vorort Butscha, hat das ukrainische Verteidigungsministerium eine Liste mit Namen und Geburtsdaten russischer Soldaten veröffentlicht, die an den Gräueltaten unmittelbar beteiligt gewesen sein sollen. Weitere Einzelheiten gehen aus der veröffentlichen Liste nicht hervor. Laut der New York Times lassen sich einzelne Tötungen aber inzwischen bereits russischen Truppen zuordnen. Grundlage der neuen Erkenntnisse ist die Auswertung von Videos. Expertinnen sind weiterhin damit beschäftigt, die Vorkommnisse zu untersuchen, und die Tathergänge der Morde zu rekonstruieren. (Der Spiegel).
Russland zahlt Staatsschulden erstmals in Rubel
Da Russland aufgrund der westlichen Blockade der russischen Devisenreserven keinen Zugriff auf sein Dollarvermögen hat, konnte es Auslandsschulen erstmals nur in Rubel statt in Dollar begleichen — und möchte dies auch künftig so handhaben. In formalrechtlicher Hinsicht droht Russland somit das Szenario eines Zahlungsausfalls bei Auslandsschulden. Russland steht damit vor der Entscheidung, das inländisch gehaltene Dollarvermögen entweder für die Finanzierung des Krieges, oder zur Begleichung internationaler Schulden einzusetzen. Sollte Russland seinen Zahlungsverpflichtungen nicht nachkommen, würde dies den Zugang zu internationalen Märkten über viele Jahre hinaus deutlich erschweren. (Der Spiegel).
Russlands Verachtung der Vereinten Nationen
Aufgrund der Vetomächte Russland und China erweist sich der UN-Sicherheitsrat nicht nur im gegenwärtigen Konflikt als handlungsunfähig. Es stellte sich in den vergangenen Jahren als problematisch heraus, dass die außenpolitisch zunehmend aggressiv agierenden Machtzentren in Moskau und Peking den UN-Sicherheitsrat in Fragen von Krieg und Frieden nach Belieben blockieren können. Vor dem Hintergrund des Krieges gegen die Ukraine demonstriert nun vor allem Russland seine Verachtung gegenüber den Vereinten Nationen, die nach dem Zweiten Weltkrieg mit dem Ziel gegründet wurden, dauerhaft Frieden zu sichern. Mit der Verbreitung von Desinformation und Propaganda auf der Bühne der Vereinten Nationen desavouiert Russland die Ideen des Multilateralismus und der diplomatischen Verständigung mit einer klaren Absicht, die der russische Außenminister bereits im März unmissverständlich darlegte: „Es geht nicht so sehr um die Ukraine, sondern um die Weltordnung […] und wie diese Weltordnung aussehen wird“ (ZDF).
5. April 2022
Lagebericht
Nachdem sich mittlerweile laut US-Angaben zwei Drittel der russischen Streitkräfte aus dem Norden der Ukraine zurückgezogen haben, zeigen sich nun Anzeichen für die Vorbereitung einer russischen Offensive im Osten der Ukraine. Wie der Gouverneur von Luhansk berichtet, liefere Russland neue Ausrüstung und Treibstoff in die Region. Auch die dortigen russischen Truppen würden verstärkt. Die russischen Streitkräfte bereiteten einen „massiven Angriff” auf die Region Luhansk vor. „Die Bombardements werden immer dichter”, sagte er, und forderte die Bewohner auf, die Region so schnell wie möglich zu verlassen: „Wartet nicht darauf, dass eure Häuser zerbombt werden”, rief er die Menschen auf. Hunderte Menschen hatten sich gestern auf die Flucht Richtung Westen aufgemacht. Auch in anderen Gebieten im Osten der Ukraine erhielten russische Truppen demnach Verstärkung.
Das ukrainische Verteidigungsministerium rechnet zudem mit weiteren russischen Angriffen auf die belagerte Millionenstadt Charkiw im Osten der Ukraine. Russische Truppen bereiten sich darauf vor, die Stadt zu erobern, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums. Auch in anderen Städten des Landes wie Kiew, Lwiw (Lemberg) und Odessa sei mit weiteren Luft- und Raketenangriffen zu rechnen.
Nach dem Teilrückzug russischer Truppen aus dem Norden spielten sich laut der ukrainischen Generalstaatsanwältin Iryna Wenediktowa auch in anderen Orten „ähnliche humanitäre Situationen” ab wie in der Kleinstadt Butscha. Dazu gehörten Gegenden rund um die Städte Sumy und Tschernihiw. Die Lage im weiter von Kiew entfernten Ort Borodjanka sei womöglich sogar noch schlimmer. Was dort vorgefallen sein soll, erläuterte die Generalstaatsanwältin zunächst nicht, sagte aber: „Die schlimmste Situation im Hinblick auf die Opfer” gebe es dort.
Die USA und Großbritannien fordern aufgrund der offengelegten Kriegsverbrechen die „Suspendierung" Russlands aus dem UN-Menschenrechtsrat. „Wir können nicht zulassen, dass ein Mitgliedstaat, der dabei ist, alle Prinzipien zu untergraben, die uns am Herzen liegen, am UN-Menschenrechtsrat teilnimmt”, erklärte die US-Botschafterin bei der UN, Linda Thomas-Greenfield. „Die Bilder von Butscha und die Verwüstung in der gesamten Ukraine zwingen uns nun, unseren Worten Taten folgen zu lassen.” Russland wies den Vorstoß zurück. „Dies ist wieder einmal beispiellos und wird die Friedensgespräche zwischen Russland und der Ukraine weder erleichtern noch fördern noch unterstützen”, so der russische UN-Botschafter Nebensja.
Das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte (OHCHR) sieht zunehmend Hinweise darauf, dass in Kiews Vorort Butscha Zivilisten tatsächlich „gezielt" getötet wurden. Die Vereinten Nationen wollen die Tötung von Zivilisten von eigenen Menschenrechtsexperten vor Ort untersuchen lassen. Das kündigte eine Sprecherin des UN-Menschenrechtsbüros in Genf an.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Vertreter Russlands und der Ukraine setzen nach einem russischen Medienbericht zufolge intensive Gespräche per Videoschalte fort. Der ukrainische Präsident Selenskyj hat indes die Zusammensetzung einer Delegation gebilligt, die Verhandlungen mit Russland über Sicherheitsgarantien für die Ukraine führen soll. Selenskyj hat auch ein entsprechendes Dekret veröffentlicht. Unter Gewährung von Sicherheitsgarantien sei Kiew bereit, einen Vertrag über einen neutralen, block- und atomwaffenfreien Status der Ukraine zu schließen. Nach dem Vorbild der NATO-Militärallianz soll es diese harten Garantien von den ständigen Mitgliedern des UN-Sicherheitsrats wie den USA, Frankreich, Großbritannien, China oder Russland geben.
Weiterhin wird am heutigen Dienstag der UN-Sicherheitsrat abermals zu einer Sondersitzung zusammenkommen. Auf dem Treffen möchte der ukrainische Präsident Selenskyj sprechen und die internationale Staatengemeinschaft angesichts der von Russland begangenen Kriegsverbrechen in Butscha und anderen Orten zu einer „möglichst vollständigen und transparenten Untersuchung” auffordern.
Ferner wollen EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen und der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell noch in dieser Woche zu einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj nach Kiew reisen, wie ein EU-Sprecher mitteilte.
Flüchtlinge: Laut dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR haben seit Kriegsbeginn über 4,2 Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Zusätzlich befinden sich nach Schätzungen weitere 7,1 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz rund 2,5 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 643.000, in die Republik Moldau 394.000, nach Ungarn 390.000, in die Slowakei 300.000 und nach Tschechien ebenfalls rund 300.000. Auch Deutschland hat bislang 310.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die tatsächliche Zahl eingereister Menschen dürfte jedoch höher liegen. Die tägliche Anzahl der in Deutschland neu ankommenden Flüchtlingen aus der Ukraine hat sich indes verringert. Waren es vor drei Wochen noch rund 15.000 Menschen, zählt der Bund derzeit zwischen 5.000 und 7.000 Flüchtlinge pro Tag.
Evakuierungen: Mindestens 3.376 Menschen konnten nach ukrainischen Angaben gestern aus den Städten Mariupol und Berdyansk aus der Südostukraine in die Region Saporischschja evakuiert werden. 405 Menschen sollen mit eigenen Mitteln aus Mariupol und Berdyansk nach Zaporiya gereist sein. 1.553 von ihnen kamen aus Mariupol. 805 Menschen kamen auch aus anderen Städten der Region Saporischschja: aus Polohy, Wasyliwka, Berdyansk und Melitopol. Die Ukraine hat angekündigt, für heute insgesamt sieben Fluchtkorridore einzurichten.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten
Der Bürgermeister der Hauptstadt Kiew, Vitali Klitschko, hat die geflohenen Bewohner der Kiewer Vororte davor gewarnt, bereits jetzt in die Region zurückzukehren. Er forderte sie auf, mit der Rückkehr „noch mindestens eine Woche” zu warten. Zunächst gelte in mehreren Bezirken des Kiewer Gebiets noch rund um die Uhr eine Ausgangssperre. Außerdem hätten die Behörden nach dem Abzug russischer Truppen „zahlreiche Sprengsätze gefunden, die eine große Gefahr darstellen können”. Schließlich warnte Klitschko auch vor weiteren Raketenangriffen.
Die im östlichen Donezk gelegene Großstadt Kramatorsk wurde in der Nacht zu Dienstag von der russischen Armee bombardiert. Bei den Raketenangriffen wurde unter anderem eine Schule im Stadtzentrum zerstört, die sich neben einem Gebäude der Polizei befindet. Da sich zum Zeitpunkt des Angriffes niemand in der Schule aufhielt, gab es nach Angaben von Anwohnern offenbar keine Opfer. Auch in anderen östlichen Regionen werden nun im Zuge der angekündigten Großoffensive Angriffe der russischen Armee befürchtet.
In der umkämpften Hafenstadt Mariupol forderte Russland indes die ukrainischen Streitkräfte erneut auf, ihre Waffen niederzulegen. Die Bataillone der ukrainischen Streitkräfte und die ausländischen Söldner sollten an diesem Morgen über einen Korridor sicher die Stadt in Richtung der von Kiew kontrollierten Gebiete verlassen können, sagte der Generalmajor Michail Misinzew vom russischen Verteidigungsministerium. „Allen, die ihre Waffen niederlegen, wird das Leben garantiert”, sagte er. Ebenfalls solle heute erneut versucht werden, auch Zivilisten und ausländische Bürger aus der Stadt in Sicherheit zu bringen. Gestern war es rund 1.500 Einwohnern aus Mariupol gelungen, der Stadt zu entfliehen. Manche reisten mit Privatfahrzeugen. Auch ein Konvoi von sieben Bussen konnte gestern entlang der vereinbarten Route die Stadt verlassen, begleitet von einer Delegation des Internationalen Roten Kreuzes.
Im Hafen der belagerten Stadt Mariupol haben russische Streitkräfte nach ukrainischen Angaben einen zivilen Frachter beschossen. Im Maschinenraum des Schiffes unter dominikanischer Flagge sei ein Feuer ausgebrochen, nachdem es von See aus beschossen worden sei. Der Frachter sinke. Die Mannschaft sei gerettet worden.
Bei russischen Angriffen auf die südukrainische Stadt Mykolajiw sind nach Angaben des dortigen Bürgermeisters Wohnhäuser, Krankenhäuser, Kindergärten, Schulen sowie ein Waisenhaus beschossen worden. Es soll 11 Tote und viele Verletzte gegeben haben. 120 Menschen hätten die Stadt gestern mit Evakuierungsbussen verlassen.
Aktuelle Berichte:
USA sammeln Beweise für Anklage gegen Russland
Die USA tragen Beweismaterial zusammen, um Russland und Präsident Wladimir Putin wegen Kriegsverbrechen vor den Internationalen Strafgerichtshof oder ein anderes Gericht zu bringen. Noch gebe es keine Beweise, dass die Gräuel in der ukrainischen Stadt Butscha als Völkermord einzustufen seien, so der nationale Sicherheitsberater der USA, Jake Sullivan. Die USA hätten sich aber an vier Stellen gewandt, um die Beweise für ein Verfahren zu bekommen. Dazu gehörten unter anderem Geheimdienstinformationen und Erkenntnisse von internationalen Organisationen wie den Vereinten Nationen (Tagesschau).
Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats – Selenskyj wird erstmals sprechen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj soll am Dienstag erstmals seit dem russischen Einmarsch in seinem Land vor dem UN-Sicherheitsrat sprechen. Er verwies im Vorfeld auf die mutmaßlich von russischen Truppen getöteten Zivilisten in dem Kiewer Vorort Butscha: „Die Zeit wird kommen, wenn jeder Russe die ganze Wahrheit darüber erfährt, wer von ihren Landsleuten getötet hat. Wer die Befehle gegeben hat.” Selenskyj fordert eine vollständige und transparente Untersuchung. Die Ergebnisse müssten der gesamten internationalen Gemeinschaft bekanntgegeben und erläutert werden. Es sei wichtig, dass Journalisten aus aller Welt nach Butscha und in andere Orte reisten, um die Ermordung von Zivilisten vor Ort zu dokumentieren. Die britische UN-Vertretung, die derzeit den Vorsitz innehat, teilte indes auf Twitter mit, sie werde „dafür sorgen, dass die Wahrheit über Russlands Kriegsverbrechen ans Licht kommt”. Großbritannien werde „Putins Krieg als das entlarven, was er wirklich ist”. Russlands UN-Botschafter hingegen nennt die Bilder aus Butscha eine „inszenierte Provokation" und will dafür auch Beweise vorlegen (Stern).
Neue NATO-Truppen an Ostflanke einsatzbereit
Die NATO meldet, mit ihren Bemühungen um eine Verstärkung der Ostflanke voranzukommen. Vier neue multinationale Gefechtsverbände in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Slowakei hätten die erste Stufe der Einsatzbereitschaft erreicht. Erst vor einigen Wochen war ihr Aufbau angekündigt worden. Zur genauen Zusammenstellung und Größe der sogenannten Battlegroups äußerte sich die NATO zunächst nicht. Dauerhaft hatte die NATO bislang nur in den baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen sowie in Polen multinationale Verbände stationiert. Angesichts des russischen Kriegs gegen die Ukraine sollen die neuen Gefechtsverbände die Abschreckung und die Verteidigungsfähigkeiten weiter erhöhen (n-tv).
NATO-Treffen der Außenminister
Die NATO-Außenminister werden am 6. und 7. April in Brüssel zusammenkommen, um über eine verstärkte Abschreckung Russlands in Reaktion auf den Ukraine-Krieg zu diskutieren. NATO-Generalsekretär Stoltenberg äußert sich zuvor in einer Pressekonferenz über die aktuelle Lage sowie die Themen des Treffens. Den Ländern, die sich durch Russland bedroht fühlten, sagte Stoltenberg Unterstützung zu. Das Staatenbündnis werde Schritte unternehmen, um andere Länder vor russischen Aggressionen zu schützen. Als Beispiele nannte er Georgien und Bosnien-Herzegowina (n-tv).
4. April 2022
Lagebericht
Nachdem sich die russischen Truppen aus Gebieten im Norden der Ukraine zurückgezogen hatten, bot sich den ukrainischen Befreiern gestern in den ursprünglich von Russland besetzten Ortschaften in der Region nördlich von Kiew ein Bild des Grauens. International ist das Entsetzen groß. Insgesamt sollen bislang die Leichen von 410 Bewohnern gefunden worden sein. Am Sonntag habe man zunächst nur in die Orte Butscha, Irmin und Hostomel gelangen können. Der ukrainische Präsident Selenskyj befürchtet, in weiteren noch von Russland kontrollierten Regionen könnten noch mehr Tote und Misshandlungen bekannt werden. Allein im Ort Butscha seien bislang 340 Leichen geborgen worden. Ein Satellitenbild soll einen knapp 14 Meter langen Graben auf dem Gelände einer Kirche in Butscha zeigen, in dem die Leichen von Zivilisten begraben sein sollen. Selenskyj hat die Gräueltaten als „Völkermord” bezeichnet. Die Bürger der Ukraine wollten sich nicht der Politik der Russischen Föderation unterwerfen. „Das ist der Grund, warum wir zerstört und ausgerottet werden”, so Selenskyj.
Der Westen fordert eine lückenlose Aufklärung der Verbrechen und berät über ein neuerliches Sanktionspaket gegen Russland. Die ehemalige Chefanklägerin Carla Del Ponte hatte bereits die Ausstellung eines internationalen Haftbefehls gegen Russlands Präsident Putin gefordert. Nun ergeht auch von der Vizepräsidentin des Europaparlaments die Forderung nach einem „Sonderkriegsverbrecher-Tribunal ähnlich wie bei den Jugoslawien-Kriegen”. Es handle sich um „schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit, das sind Kriegsverbrechen“.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland fragt angesichts der Enthüllung von Kriegsverbrechen in Richtung Bundesregierung: „Was soll noch passieren, damit man die härtesten Sanktionen auf den Tisch legt?“ Wann sei die rote Linie überschritten, um nicht doch den Schritt eines Gas- und Ölboykotts gegen Wladimir Putin zu erwägen? Es gehe auch um die deutsche Staatsräson des „Nie wieder“, betonten Analysten am Sonntag, nach der man eigentlich nicht sehenden Auges bei Kriegsverbrechen zuschauen dürfe. Die deutsche Politik ringt um eine gemeinsame Linie und steckt offensichtlich in einem strategischen Dilemma. Wirtschaftsminister Habeck spricht sich aufgrund der erwartbaren immensen Folgen für die hiesige Wirtschaft weiterhin gegen einen sofortigen Boykott aus. Ein sofortiges Embargo mit einem Stopp von Gaslieferungen würde die deutsche Wirtschaft deutlich mehr schädigen als dies Putins Wirtschaft schade. Verteidigungsministerin Lambrecht forderte hingegen, im Kreise der EU-Minister müsse ein Stopp russischer Gaslieferungen „miteinander besprochen werden”. Der Vorsitzende des Europa-Ausschusses des Bundestages Anton Hofreiter hat ebenfalls ein Energie-Embargo gegen Russland gefordert. Der Grünen-Politiker sagte, es entstehe der Eindruck, dass die Bundesrepublik den russischen Krieg gegen die Ukraine finanziere, indem sie weiter Gas und Erdöl von Russland kaufe.
Moskau hat indes jede Verantwortung für die zivilen Todesopfer in Butscha zurückgewiesen und unterstellt der Ukraine gezielte Falschinformationen. Angesichts des Vorwurfs von Kriegsverbrechen fordert Russland seinerseits eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats.
Was die aktuelle Strategie des russischen Militärs anbelangt, sieht diese nach dem Truppenabzug aus dem Norden nun eine Fokussierung auf den Osten und Süden der Ukraine vor. Die russischen Streitkräfte konsolidierten und reorganisierten sich weiter, während sie ihre Offensive in der Donbass-Region neu ausrichteten, so die Einschätzung des britischen Geheimdienstes. Russische Truppen würden ebenso in das Gebiet verlegt wie Söldner der privaten „Gruppe Wagner“. Der ukrainische Generalstab beobachtete nach eigenen Angaben die Bewegungen russischer Truppen, die aus dem Umland der ukrainischen Hauptstadt Kiew nach Belarus im Norden abgezogen worden seien. Von dort würden die Einheiten weiter in Richtung Russland transportiert, hieß es. Mutmaßliches Ziel sei es, die Truppen in Kämpfen in der Ostukraine wieder einzusetzen.
Neben der kompletten Eroberung der ostukrainischen Gebiete Luhansk und Donezk im Donbass setze Russland nun insbesondere auf die vollständige Einnahme der Hafenstadt Mariupol. Die Stadt sei höchstwahrscheinlich ein Schlüsselziel, hieß es in der Nacht unter Berufung auf Geheimdienstinformationen. Mit ihrer Einnahme könnte Russland eine direkte Landverbindung zwischen Russland und der Halbinsel Krim herstellen.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Die seit Wochen größtenteils im Online-Format laufenden Verhandlungen scheinen aktuell nicht weiter voranzukommen. Die neuen Meldungen über mutmaßlich von Russland begangene Kriegsverbrechen überschatten die Gespräche. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums Maria Sacharowa hat der Ukraine vorgeworfen, mit Berichten über möglichen Kriegsverbrechen in Butscha die Friedensverhandlungen stören zu wollen. „Die Idee hinter dem nächsten Verbrechen des ‚Regimes von Kiew? ist die Störung der Friedensverhandlungen und eine Eskalation der Gewalt”, so Sacharowa. Die russische Seite ist zudem grundsätzlich der Ansicht, die Verhandlungspositionen hätten noch keinen Stand erreicht, der ein direktes Treffen der Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin ermögliche.
Flüchtlinge: Laut dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR haben seit Kriegsbeginn über 4,2 Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Zusätzlich befinden sich nach Schätzungen weitere 6,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz rund 2,5 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 635.000, in die Republik Moldau 392.000, nach Ungarn 385.000, in die Slowakei knapp 300.000 und nach Tschechien ebenfalls 300.000. Auch Deutschland hat bislang rund 300.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die tatsächliche Zahl eingereister Menschen dürfte jedoch höher liegen. Die tägliche Anzahl der in Deutschland ankommenden Flüchtlingen aus der Ukraine hat sich indes verringert. Waren es vor drei Wochen noch rund 15.000 Menschen, zählt der Bund derzeit zwischen 5.000 und 7.000 Flüchtlinge pro Tag.
Evakuierungen: Gestern ist knapp 2.700 Menschen die Flucht aus umkämpften Gebieten gelungen. 1.500 Menschen seien aus der Region Luhansk gerettet worden. Aus Mariupol und Berdjnsk konnten sich gestern 500 Einwohnern in eigenen Fahrzeugen aus der Stadt in Sicherheit bringen. Auch sieben vom Roten Kreuz begleitete Busse sind aus Mariupol nach Mangusch gefahren. Auch heute werde wieder ein Versuch zur Evakuierung von Einwohnern aus umkämpften Gebieten unternommen. In der Region um Charkiw hätten russische Truppen laut dortigem Gouverneur auf einen Konvoi aus Bussen gefeuert, der Krankenhauspatienten in Sicherheit bringen sollte.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten
In den Gebieten um Kiew, aus denen sich die russischen Truppen in den letzten Tagen zurückgezogen haben, konnten die ukrainischen Truppen bislang in die Orte Butscha, Irmin und Hostomel gelangen. Nach und nach dringen russische Einheiten zu weiteren ursprünglich von Russland besetzten Orten vor. Die in der Hauptstadt verbliebenen Einwohner versuchen allmählich wieder, sich im alltäglichen Leben einzufinden. Einige tausend Menschen sind bereits wieder nach Kiew und in andere Regionen der Ukraine aus dem Ausland zurückgekehrt.
Das ukrainische Militär hat auch einige Orten in der Region um die ebenfalls im Norden gelegene Großstadt Tschernihiw zurückerobert. Die Straße zwischen Kiew und Tschernihiw soll im Laufe des Montags für den Verkehr teilweise wieder geöffnet werden. In den vergangenen Kriegswochen habe unablässiger russischer Beschuss 70 Prozent der Stadt zerstört. Die Stadt war zeitweise von der Versorgung abgeschnitten.
Auch aus der nordöstlich gelegenen Region um Sumy hätten die russischen Truppen begonnen, sich zurückzuziehen. Es sei aber noch zu früh, um von einer Befreiung der Region zu sprechen, sagte der Gebietsverwalter.
Auf die noch weiter im Nordosten gelegene Großstadt Charkiw wurde hingegen wieder ein Angriff gestartet. Ein Wohnviertel sei beschossen und dabei zehn Häuser und ein Busdepot beschädigt worden.
Weiterhin heftig umkämpft bleibt auch die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol im Süden des Landes. Nach Ansicht der britischen Militäraufklärung bleibe die Stadt weiterhin Ziel „intensiver und wahlloser" Angriffe. Die ukrainische Hafenstadt Mariupol ist nach Angaben des Bürgermeisters Wadym Boitschenko fast vollständig zerstört. „Die traurige Nachricht ist, dass 90 Prozent der Infrastruktur in der Stadt zerstört sind und 40 Prozent nicht wiederhergestellt werden können”, so Boitschenko. Gestern konnten sich rund 500 Einwohner aus der Stadt in Sicherheit bringen. Offenbar konnten auch sieben vom Roten Kreuz begleitete Busse aus Mariupol nach Mangusch fahren. Eine großangelegte Evakuierungsaktion der noch in der Stadt verbliebenen rund 130.000 Menschen ließen die russischen Truppen weiterhin nicht zu.
Russische Truppen haben ferner die südukrainische Hafenstadt Odessa nach Angaben der Regionalverwaltung in der Nacht zum Montag erneut mit Raketen angegriffen. Bei den heftigen Angriffen kam es zu „Bränden innerhalb des gesamten Stadtgebiets”.
In der im Westen in der Nähe von Lwiw (Lemberg) gelegenen Stadt Ternopil soll es einen Luftangriff gegeben haben. In der Stadt sei eine Explosion zu hören gewesen. Nähere Angaben werden noch erwartet.
Aktuelle Berichte:
Was über die Gräuel in Butscha bekannt ist
Es sind schreckliche Bilder Hunderter getöteter Zivilisten, die aus dem ukrainischen Butscha um die Welt gehen. Was ist über das Massaker bekannt? Was sagen Russland und die Ukraine dazu? Ein Überblick (Tagesschau).
Gezielte Gewalt gegen Frauen und Mädchen
Ukrainische Politiker werfen den russischen Truppen gezielte Gewalt gegen Frauen und Mädchen vor. Der Parlamentsabgeordnete Olexij Gontscharenko berichtete von nackten Frauenleichen, die unweit von Kiew am Straßenrand gefunden worden seien. Die Russen hätten versucht, die Leichen der Frauen zu verbrennen, sagte Gontscharenko weiter. Das ließ sich zunächst nicht überprüfen. Im Ort Irpin unweit von Kiew seien Frauen und Mädchen erschossen worden, sagte Bürgermeister Olexander Markuschyn. „Dann sind sie mit Panzern überfahren worden.” Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch dokumentiert in ihrem gestern veröffentlichten Bericht über russische Kriegsverbrechen in der Ukraine neben Fällen von Hinrichtungen und Plünderungen auch Vergewaltigungen (n-tv).
Moskau bestreitet Gräueltaten und fordert Sitzung des UN-Sicherheitsrats
Während viele Politiker ihr Entsetzen über die Verbrechen in Butscha zum Ausdruck bringen und Rufe nach einem „Sonderkriegsverbrecher-Tribunal“ laut werden, bestreitet Moskau die Vorgänge vehement. „Während der Zeit, in der diese Ortschaft unter der Kontrolle der russischen Streitkräfte stand, ist kein einziger Einwohner Opfer von Gewalttaten geworden“, erklärte das Verteidigungsministerium in Moskau am Sonntag. Die Fotos und Videos von Leichen in den Straßen von Butscha bezeichnete das russische Verteidigungsministerium als „eine weitere Produktion des Kiewer Regimes für die westlichen Medien“. Erneut in diesem Krieg fordert Russland seinerseits eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats. Moskau habe die Sitzung wegen der „abscheulichen Provokationen ukrainischer Radikaler“ beantragt, erklärte der stellvertretende russische UN-Botschafter Dmitri Poljanskij (Kölner Stadt-Anzeiger).
Massaker in Ukraine: EU bereitet Sanktionspaket gegen Russland vor
Als Reaktion auf die mutmaßliche Entdeckung von Massengräbern und „hingerichteten“ Zivilisten in der Nähe von Kiew arbeitet die EU derzeit an einem weiteren Sanktionspaket. Der polnische Ministerpräsident Morawieck forderte die Einberufung eines außerordentlichen Treffens der EU-Staats- und Regierungschefs, damit ein weiteres Sanktionspaket schnellstmöglich verabschiedet werden kann. Alle Handelsbeziehungen mit Russland „müssen unverzüglich abgebrochen werden“, forderte er. Polen drängt bereits seit Längerem darauf, die russischen Energielieferungen auf die Sanktionsliste der EU zu setzen und wirft Deutschland eine Blockade in Bezug auf einen Lieferstopp gegen Russland vor. Deutschland sprich sich bislang gegen einen Importstopp von russischen Energielieferungen aus. Begründet wird dies insbesondere mit den wirtschaftlichen Auswirkungen auf Deutschland. Erst vergangenes Wochenende hatten die baltischen Staaten bereits einen Stopp der russischen Energielieferungen verkündet (EURACTIV).
Ukraine-Krieg spaltet deutsche Rechtsextreme
Rechtsextremen Organisationen in Deutschland gelingt es offenbar nicht, eine einheitliche Haltung zu Russlands Einmarsch in die Ukraine zu finden. Einige Gruppen würden den autoritären russischen Staatsführer und seine Ablehnung der NATO unterstützen, andere erklärten sich mit dem rechtsextremen Asow-Bataillon in der Ukraine solidarisch. Eine knappe Mehrheit der deutschen Neonazis neige der ukrainischen Seite zu, sagt Nicholas Potter, Journalist und Forscher bei der Amadeu Antonio Stiftung (Deutsche Welle).
Bundesregierung warnt russischstämmige Menschen vor Kremlpropaganda
Die Bundesregierung hat in Deutschland lebende Menschen mit russischen Wurzeln aufgefordert, sich aus unabhängigen Quellen Informationen über den Krieg in der Ukraine und andere politische Vorgänge zu verschaffen. „Niemand sollte der Desinformationskampagne der russischen Staatsmedien mit ihren zynischen und verharmlosenden Darstellungen Glauben schenken“, sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner in Berlin. Am Sonntag hatten etwa 900 Menschen in Berlin an einer prorussischen Demo teilgenommen. In einem Autokorso fuhren sie mit russischen Fahnen durch die Hauptstadt. Das Bundesinnenministerium rief zudem dazu auf, den aktuellen Konflikt „nicht auf dem Rücken" von Russen und Ukrainern in Deutschland auszutragen (Spiegel).
Bundespräsident Steinmeier zu Russland-Politik: „Ich habe mich geirrt"
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat erstmals eigene Fehler und Irrtümer in der Politik gegenüber Russland eingeräumt. „Wir haben an Brücken festgehalten, an die Russland nicht mehr geglaubt hat und vor denen unsere Partner uns gewarnt haben“, sagte er in Berlin. Das Festhalten an „Nord Stream 2“ sei eindeutig ein Fehler gewesen (Tagesschau).
3. April 2022
Lagebericht
Der ukrainische Generalstab meldet, die Intensität der russischen Luft- und Raketenschläge nehme insgesamt ab. Weitere russische Einheiten zögen sich aus dem Norden der Ukraine zurück. Nachdem die Region um Kiew bereits als vollständig befreit gilt, rückten die ukrainischen Truppen weiter in den Norden vor und verfolgten die nördlich von Kiew und bei Tschernihiw zurückweichenden russischen Truppen. Teilweise zögen sich die russischen Soldaten aus eigenen Stücken zurück, teilweise würden sie durch Kämpfe verdrängt. Allerdings hätten die russischen Streitkräfte bei ihrem Rückzug aus dem Norden nach ukrainischen Angaben Minen auf Straßen und in einigen Siedlungen verlegt.
Anstatt im Norden sei nun mit verstärkten russischen Angriffen im Osten und Süden der Ukraine zu rechnen. „Sie wollen sowohl den Donbass als auch den Süden der Ukraine erobern“, sagte Selenskyj. Um den russischen Plänen entgegenzuwirken, werde die Abwehr der ukrainischen Streitkräfte in östlicher Richtung verstärkt, kündigte Selenskyj in der Nacht an. „Und das wohlwissend, dass der Feind Reserven hat, um den Druck zu verstärken.“ US-Geheimdienstexperten vermuten, dass Russlands Präsident Putin einen Erfolg im Osten der Ukraine bis spätestens Anfang Mai anstrebe. Er wolle bei den jährlichen Feiern zum Ende des Zweiten Weltkriegs auf der Siegesparade am 9. Mai öffentlichkeitswirksam auch eine erfolgreiche Bilanz in Bezug auf die „Befreiung des Donbass“ verkünden.
Nachdem sich die russischen Truppen aus den besetzten Orten zurückziehen, zeigt sich nun das ganze Ausmaß der Zerstörung und Verbrechen an der Bevölkerung. So sei der Kiewer Vorort Butscha durch die Kämpfe stark zerstört, und die Straßen seien mit Leichen übersät, so der dortige Bürgermeister. Die Zivilisten seien von russischen Soldaten ohne erkennbare Provokation getötet worden, berichteten die Anwohner. „Sie waren nicht beim Militär, sie hatten keine Waffen, sie stellten keine Bedrohung dar“, so der ukrainische Präsidentenberater Podoljak. Er fragt sich: „Wie viele derartige Fälle ereignen sich gerade in den besetzen Gebieten?“ Nach Behördenangaben sind fast 300 Menschen dort in Massengräbern beerdigt worden.
Gestern hatte die frühere Chefanklägerin Carla Del Ponte aufgrund dieser Kriegsverbrechen die Ausstellung eines internationalen Haftbefehls gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin gefordert. Besonders schockiert sei sie über die Massengräber im russischen Krieg gegen die Ukraine. Auch der ukrainische Präsident Selenskyj und Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko haben den russischen Truppen angesichts der Gräueltaten gegen Zivilisten Kriegsverbrechen und Völkermord vorgeworfen.
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch hat einen Bericht veröffentlicht, in welchem sie der russischen Armee vorwirft, Kriegsverbrechen in der Ukraine begangen zu haben. Es werden konkrete Fälle in der Umgebung der Städte Kiew, Charkiw und Tschernihiw genannt. Grundlage dafür ist nach Angaben der Menschenrechtler die Befragung von zehn Augenzeugen, Opfern und Bewohnern. „Die von uns dokumentierten Fälle stellen unsägliche bewusste Akte der Grausamkeit und Gewalt an der ukrainischen Zivilbevölkerung dar”, erklärte der Europa-Direktor von HRW, Hugh Williamson. „Vergewaltigung, Mord und andere gewaltsame Akte gegen Menschen in der Gewalt russischer Truppen sollten als Kriegsverbrechen untersucht werden.”
Auch NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich entsetzt über die Verbrechen in der Kiewer Vorstadt Butscha gezeigt: „Es ist eine Brutalität gegen Zivilisten, wie wir sie in Europa seit Jahrzehnten nicht gesehen haben". Ebenso bestürzt zeigte sich die EU. Alle Kriegsverbrechen in der Ukraine müssten
aufgeklärt und vor den Internationalen Gerichtshof gebracht werden. Im Kreise der EU-Minister müsse ein Stopp russischer Gaslieferungen „miteinander besprochen werden”, forderte Verteidigungsministerin Christine Lambrecht. „Solche Verbrechen dürfen nicht unbeantwortet bleiben”, es müsse eine Reaktion geben. Bundeskanzler Scholz und Außenministerin Baerbock sprachen von hemmungsloser Gewalt im Ort Butscha und kündigten härtere Sanktionen an.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Über die seit Wochen größtenteils im Online-Format laufenden Verhandlungen scheinen unterschiedliche Einschätzungen vorzuliegen. Der zum ukrainischen Verhandlungsteam gehörende David Arachamia hatte angedeutet, dass man bei den Dokumenten für den Entwurf eines Friedensvertrages so weit vorangekommen sei, dass dies direkte Konsultationen der Präsidenten beider Länder erlaube. Russland habe die Position der Ukraine grundsätzlich akzeptiert, mit Ausnahme zur Krim, hieß es. Die russische Seite allerdings dämpfte die Hoffnung und ist der Ansicht, die Friedenverhandlungen zwischen der Ukraine und Russland hätten noch keinen Stand erreicht, der ein direktes Treffen der Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Wladimir Putin ermögliche. Dies teilte der russische Chefunterhändler Wladimir Medinski mit. „Ich wiederhole es wieder und wieder: Russlands Haltung zur Krim und zum Donbass bleiben UNVERÄNDERT“, schrieb er auf Telegram.
Evakuierungen: Nach ukrainischen Angaben ist gestern ein paar Tausend Menschen die Flucht aus umkämpften Gebieten gelungen. Aus Mariupol konnten sich gestern 765 Einwohnern in eigenen Fahrzeugen aus der Stadt in Sicherheit bringen. Fast 500 Menschen seien aus der Stadt Berdjansk geflohen. Sie seien in der nordwestlich gelegenen Stadt Saporischschja angekommen. Auch heute werde wieder ein Versuch zur Evakuierung von Einwohnern aus Mariupol unternommen. Mit sieben Bussen versuche man, näher an Mariupol heranzukommen. Die Busse würden vom Internationalem Komitee des Roten Kreuzes begleitet. Insgesamt würden 17 Busse für Evakuierungen aus Mariupol und Berdyansk vorbereitet.
Ferner kündigte das russische Militär für heute die Öffnung von Fluchtkorridoren für Ausländer in den Hafenstädten Mariupol und Berdjansk an. Auch die in der besetzten Hafenstadt Berdjansk lebenden ausländischen Staatsbürger dürften das Gebiet verlassen: entweder auf dem Landweg über die Krim oder zu den ukrainisch kontrollierten Gebieten. Es handle sich überwiegend um Besatzungsmitglieder von Frachtschiffen, die in den beiden Häfen seit Kriegsbeginn blockiert sind. Die ukrainische Führung wurde aufgefordert, die Sicherheit der Fluchtkorridore zu garantieren.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten
Nachdem die Ukraine die Gebiete rund um Kiew zurückerobert haben, beruhigt sich die Lage in der Region. Die Ukraine habe das Gebiet um Kiew wieder vollständig unter Kontrolle. Auch die Lage in der Hauptstadt Kiew hat sich derzeit entspannt.
In dem in der östlichen Zentralukraine gelegenen Gebiet um Poltawa hat das russische Militär nach eigener Darstellung einen Militärflugplatz angegriffen. Neben der Zerstörung von Hubschraubern und Flugzeugen habe man auch Depots für Treibstoff und Waffen beschossen. Bereits zuvor habe eine russische „Iskander“-Rakete einen Militärstützpunkt in der Stadt Charkiw im Nordosten getroffen.
Im Süden der Ukraine ist heute erneut ein Konvoi in Richtung der Hafenstadt Mariupol gestartet, um von dort Menschen in Sicherheit zu bringen. Um die 100.000 Menschen sollen in der Stadt noch ausharren und auf eine Evakuierung warten. Da die Stadt und die Infrastruktur nahezu vollständig zerstört sind und es auch keine Versorgung mehr gibt, müssten dringend sämtliche Einwohner evakuiert werden. Gestern war es über 700 Einwohnern gelungen, in Privatautos der Stadt zu entfliehen.
In der ebenfalls im Süden gelegenen Stadt Enerhodar in der Nähe des Kernkraftwerks Saporischschja wurde ebenfalls von einer Reihe von Explosionen berichtet. Sowohl die Stadt als auch die Atomanlage befinden sich seit dem 4. März unter russischer Kontrolle. Die ukrainische Atombehörde Energoatom berichtete von lauten Detonationen und fliegenden Trümmerteilen in Enerhodar. Die Behörde erklärte ferner, russische Streitkräfte hätten damit begonnen, die Telefon- und Internetkommunikation in Enerhodar zu stören. In einem weiteren Beitrag hieß es, Explosionen und Mörserbeschuss seien in der Umgebung eines Kulturzentrums zu hören gewesen, in dem eine Kundgebung zur Unterstützung der Ukraine abgehalten worden sei. „Als sich die Demonstranten zu zerstreuen begannen, kamen die Invasoren in Polizeifahrzeugen an und begannen, Anwohner in sie hinein zu zwingen“, hieß es.
In der südlichen Hafenstadt Odessa hat es mehrere Luftangriffe gegeben. Zudem waren mindestens drei schwarze Rauchsäulen vermutlich über einem Industriegebiet zu sehen. Die Metropole ist der größte Hafen der Ukraine und zentral für die Wirtschaft des gesamten Landes. Ob es sich um Beschuss durch russische Kampfflugzeuge oder um andere Raketen handle, sei bislang unklar. Ein Teil der Raketen sei von der ukrainischen Luftabwehr abgeschossen worden. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, Treibstofflager bei der Hafenstadt Odessa seien mit Raketenangriffen zerstört worden. Der Treibstoff diene der Versorgung ukrainischer Truppen im Gebiet der Stadt Mykolaiw. Nach Angaben der Stadtverwaltung in Odessa wurde ein wichtiger Teil der „Infrastruktur” getroffen.
Einen Angriff russischer Truppen über See hält der britische Geheimdienst indes für unwahrscheinlich. Die russischen Seestreitkräfte würden sich bei einer Landung einem hohen Risiko aussetzen, da die ukrainische Armee genügend Zeit zur Vorbereitung gehabt habe. Der Geheimdienst warnte jedoch vor Minen im Schwarzen Meer und im Asowschen Meer. Diese seien wahrscheinlich russischen Ursprungs.
Aktuelle Berichte:
Human Rights Watch: „Unsägliche bewusste Akte der Grausamkeit"
Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch verurteilt die russische Armee scharf für die im Krieg gegen die Ukraine begangenen Verbrechen.
„Die von uns dokumentierten Fälle stellen unsägliche bewusste Akte der Grausamkeit und Gewalt an der ukrainischen Zivilbevölkerung dar", erklärte der Europa-Direktor von HRW, Hugh Williamson. „Vergewaltigung, Mord und andere gewaltsame Akte gegen Menschen in der Gewalt russischer Truppen
sollten als Kriegsverbrechen untersucht werden” (ZDF).
Horrorberichte von Kriegsverbrechen in Butscha
In dem von den ukrainischen Truppen zurückeroberten Ort Butscha nordwestlich von Kiew bietet sich den ukrainischen Befreiern offenbar ein Bild des Grauens. Leichen liegen auf den Straßen, in Autos, Häusern und in Massengräbern. In dem wochenlang umkämpften Ort sind offenbar schwere Verbrechen geschehen. Das ukrainische Verteidigungsministerium spricht von einem „neuen Srebrenica” und stellt das russische Vorgehen damit auf eine Stufe mit dem Massaker an Tausenden Bosniern im Rahmen des serbischen Völkermords im ehemaligen Jugoslawien (n-tv).
OECD erwartet 1,5 Prozentpunkte weniger Wachstum in Europa
Nach Einschätzung der OECD könnte der russische Angriffskrieg in der Ukraine zu einem Rückgang des Wirtschaftswachstums in Europa um ein bis eineinhalb Prozentpunkte führen. Die Inflation könnte je nach Dauer des Krieges „um zwei bis zweieinhalb Prozentpunkte“ steigen, sagte die Chefvolkswirtin der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung Laurence Boone (ORF).
Polen wäre offen für Stationierung von Atomwaffen
Polens Vize-Regierungschef Kaczynski möchte auf nukleare Abschreckung setzen, um sich gegen einen möglichen Angriff Russlands zu wappnen. Nach seiner Ansicht spricht nichts dagegen, dass die Vereinigten Staaten Atomwaffen in Polen stationieren. „Wenn die Amerikaner uns bitten würden, US-Atomwaffen in Polen einzulagern, so wären wir dafür aufgeschlossen”, so Kaczynski. Im Moment stelle sich diese Frage nicht, „aber das kann sich bald ändern”. Die Initiative müsste von den Amerikanern ausgehen, sagte er. Aber grundsätzlich ergebe es Sinn, die nukleare Teilhabe auf die NATO-Ostflanke auszuweiten (n-tv).
2. April 2022
Lagebericht
Nachdem es im Norden der Ukraine um Kiew zu einem Teilabzug der russischen Truppen gekommen ist, geht die Ukraine nun von einem neuerlichen Aufmarsch Russlands im Donbass aus. Ex-NATO-General Hans-Lothar Domröse sieht in dieser Phase des Krieges bereits eine „Vorbereitung Richtung Kriegsende“: „Es geht jetzt ganz offensichtlich darum, dass jede Seite noch einmal versucht, eine gute Ausgangslage zu finden für Verhandlungen, die ja zwangsläufig kommen und glücklicherweise in Istanbul begonnen haben.“ Die russische Seite hatte in den letzten Tagen mehrfach verlautbaren lassen, eine erste Etappe des Krieges sei erfolgreich beendet worden. Darum könne man sich nun aus einigen Gebieten zurückziehen. Putin müsse, aus seiner Sicht, von einer solchen „erfolgreichen Mission” sprechen. Der Angreifer, der Aggressor brauche ja einen Erfolg, nach dem dann ein Rückzug gerechtfertigt sei. Wahrscheinlich habe der ukrainische Präsident jedoch Recht, wenn er sage, in Wirklichkeit hätten die Ukrainer die Russen um Kiew vertrieben, so Domröse.
Russland werde sich nun auf den Donbass konzentrieren, da Putin von Anfang des Kriegs an ohnehin stets die vermeintliche „Befreiung des Donbass“ im Auge gehabt habe. Nun müsse er die Region auch nehmen und besetzen. Und da er um Kiew gescheitert sei und auch im Süden rings um Odessa keine großen Erfolge aufweisen könne, müsse er nun im Osten sowie im Südosten um Mariupol Land gewinnen, damit er in eine aus seiner Sicht erfolgversprechende Verhandlungsposition kommen könne: „Er hatte ohnehin schon Einfluss auf die sogenannten „unabhängigen Republiken“, diese sind aber kleiner als der Donbass. Also wenn er den ganzen Donbass will, dann will er noch ein Stückchen mehr vom Kuchen, von der Ukraine. Und er will, das ist meine Befürchtung, die Landbrücke rings um Mariupol, um den Donbass auf Landseite zu verbinden mit der Krim. Und das ist ein schmerzlicher Verlust der Küste, wenn es dazu kommt. Diese Ausgangsposition will er einnehmen, bevor er in Verhandlungen geht, das ist meine Einschätzung.“
Einige russische Einheiten, so die Einschätzung der Geheimdienste, haben sich nach schweren Verlusten nach Belarus und Russland zurückgezogen, um Nachschub zu organisieren und sich neu aufzustellen. Man rechnet damit, dass Moskau seine geschwächte Kampfstärke am Boden mit verstärkten Raketenangriffen kompensieren werde. Diese Einschätzung teilt auch Domröse: „Die abgenutzten Truppen, die dort jetzt zurückgehen, wenn das alles richtig ist, die können sie nicht mehr einsetzen. Die sind demoralisiert, die sind kaputt und nicht mehr kampffähig. Sie können das ausgleichen natürlich durch Artillerie und Luftwaffe und weitreichende Raketen, völlig klar. Das wird auch so gehen, bis diese Verhandlungsposition erreicht ist.“
Diese Einschätzung deckt sich auch mit Selenskyjs Darstellung. Der ukrainische Präsident rechnet in der nächsten Zeit mit heftigen russischen Angriffen im Osten des Landes. „Russische Soldaten werden in den Donbass geholt. Genauso in Richtung Charkiw“, so der Staatschef in seiner nächtlichen Videoansprache. Der ukrainische Generalstab teilte ferner mit, dass russische Truppen aus den angrenzenden Gebieten zu Belarus und rund um das Atomkraftwerk Tschernobyl abgezogen und augenscheinlich in das russische Gebiet Belgorod verlegt worden seien, von wo aus der Vorstoß nach Charkiw erfolgen werde.
Die Luftangriffe, die weiterhin auch noch im Norden auf die Region Kiew und im Süden auf die Region Odessa zu beobachten sind, erfolgen vermutlich, um die ukrainischen Truppen weiterhin dort zu binden und ihre Verlegung in den Donbass zu verhindern. Nachdem russische Truppen einzelne Regionen etwa um Kiew verlassen hätten, würde die russische Luftwaffe gerade diese Gebiete nun ins Visier nehmen und bombardieren. Mit der Blockade und dem fortwährenden Beschuss der Großstädte Tschernihiw und Charkiw versuche Russland, die Städte in ein zweites Mariupol zu verwandeln, so der ukrainische Präsidentenberater.
Die ehemalige Cheanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs forderte angesichts all der Kriegsverbrechen, die Russland in den ukrainischen Städte mit dem Beschuss ziviler Ziele begehe, einen Strafbefehl gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Der ukrainische Präsident Selenskyj wirft den russischen Truppen ferner vor, bei ihrem Rückzug Minen zu hinterlassen. „Sie verminen dieses Territorium. Häuser werden vermint, Ausrüstung wird vermint, sogar Leichen”, so Selenskyj.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Die fortlaufenden Friedensverhandlungen im Online-Format haben erneut zu einem Gefangenenaustausch geführt. Russland habe 86 ukrainische Soldatinnen und Soldaten aus der Kriegsgefangenschaft entlassen. Wie viele Gefangene die Ukraine im Gegenzug freiließ, ist bislang nicht bekannt. Die Verhandlungen sollen täglich fortgeführt werden. Der türkische Präsident hatte angeboten, ein erneutes Treffen in Istanbul durchzuführen, auf dem der russische und ukrainische Präsident zusammenkommen sollen. Putin lehnt dies bislang noch ab. Die Verhandlungen werden jüngst auch erschwert, da die russische Seite vorgibt, ukrainische Hubschrauber hätten ein Treibstofflager in der russischen Stadt Belgorod nahe der Grenze beschossen, welches in Folge in Flammen aufging. Die ukrainische Seite dementiert, für den Angriff verantwortlich zu sein.
Flüchtlinge: Laut dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR haben seit Kriegsbeginn 4,1 Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Zusätzlich befinden sich nach Schätzungen weitere 6,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz seit Kriegsbeginn 2,4 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 623.000, in die Republik Moldau 390.000, nach Ungarn 379.000, in die Slowakei 292.000 und nach Tschechien über 230.000. Deutschland hat bislang knapp 300.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die tatsächliche Zahl eingereister Menschen dürfte jedoch mittlerweile weit darüber liegen.
Evakuierungen: Nachdem einige Tage keine Evakuierungen mehr aus Mariupol möglich gewesen waren, konnten sich gestern nun zumindest gut 3.000 Menschen aus der südukrainischen Stadt in Sicherheit bringen. Ursprünglich hatte sich 42 Busse aus Wereschtshuk nach Mariupol aufgemacht, 30 von ihnen konnten dann tatsächlich Menschen aus Mariupol an Bord nehmen und nach Saporischschja fahren. Der Hilfskonvoi des Roten Kreuzes musste jedoch wieder umkehren, da es die Umstände unmöglich gemacht hätten, die Stadt zu erreichen. Insgesamt hat es gestern in drei Regionen humanitäre Korridore gegeben: In Donezk, Luhansk und Saporischschja, es sei gelungen, 6.266 Menschen zu retten, so Selenskyj. Einige Menschen haben sich offenbar auch ohne koordinierte Hilfe auf die Flucht begeben. Vize-Regierungschefin Wereschtschuk berichtete von 1.431 Menschen aus Berdjansk und Melitopol, die auf eigene Faust nach Saporischschja geflohen seien. Von ihnen kamen demnach 771 ursprünglich aus Mariupol. Nach Aussagen der stellvertretenden Ministerpräsidentin der Ukraine, Iryna Wereschtschuk, sind für diesen Samstag sieben humanitäre Korridore geplant, um Menschen aus den belagerten Regionen zu evakuieren.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten
Auch nachdem ein Teil der russischen Truppen sich aus den Regionen um Kiew zurückgezogen haben und die ukrainischen Einheiten eine Vielzahl an Orten um Kiew zurückerobern konnten, kommt es dennoch weiterhin zu Luftangriffen. Die Bombardierung von Satellitenstädten nahe der Hauptstadt halte nach ukrainischen Angaben weiter an. Er könne „Tag und Nacht nonstop” Explosionen hören, so Kiews Bürgermeister Klitschko. Städte nordwestlich von Kiew – wie Irpin, Borodjanka und Hostomel – würden ins Visier genommen, nachdem ukrainische Kämpfer russische Truppen dort zurückgedrängt hätten. Auch in Browary östlich von Kiew dauerten die Kämpfe an, so Klitschko.
In Tschernobyl möchte die Ukraine, nachdem ein Großteil der Truppen in der dortigen Region abgezogen ist, die Lage im Atomkraftwerk vor Ort prüfen. Russische Soldaten hätten sich im Laufe der mehr als vier Wochen langen Besetzung des Geländes unverantwortlich verhalten und hätten unter anderem Gräben in radioaktiv kontaminiertem Gelände ausgehoben.
In dem mittlerweile komplett von der Außenwelt abgeschnittenen Mariupol ist die Lage weiterhin dramatisch. „Wir finden keine Adjektive mehr, um den Schrecken zu beschreiben, unter dem die Bewohner von Mariupol leiden“, sagte der Sprecher des Internationalen Roten Kreuzes. Die Situation sei entsetzlich und verschlechtere sich weiter. Gestern ist es zwar gelungen, über 3.000 Menschen aus der Stadt in Sicherheit zu bringen. Über 100.000 Menschen müssten weiterhin ohne Versorgung in der Stadt ausharren. Die in die Stadt geschickten Konvois konnten gestern wieder keine Hilfsgüter liefern. Die russische Seite lasse trotz Ankündigung keinen echten Willen erkennen, es Bewohnern zu ermöglichen, sich aus dem Gebiet in Sicherheit zu bringen, so die Stadtverwaltung. Dennoch soll ein weiterer Evakuierungsversuch am heutigen Samstag versucht werden, teilte das Rote Kreuz mit.
Um das Territorium der Separatistengebiete auszuweiten, versuchten die russischen Kräfte neben Mariupol auch die im Donbass gelegenen Städte Popasna und Rubischne einzunehmen, so der ukrainische Generalstab. Meldungen der von Russland unterstützten Separatisten zufolge ist der Bürgermeister von Rubischne nun offenbar zu den Separatisten im Gebiet Luhansk übergelaufen. Bürgermeister Serhij Chortyw habe die ukrainischen Truppen aufgerufen, die Waffen niederzulegen, meldeten die Separatisten. In einem Video wiederholte Chortyw die Moskauer These, die Ukraine begehe Völkermord an ihrer russischsprachigen Bevölkerung. Die Stadt war bislang nicht in der Hand der Separatisten. Kiewer Politiker drohten Chortyw Vergeltung an.
Nach ukrainischen Angaben seien ferner mehrere Großstädte im Süden des Landes beschossen worden. In der Stadt Dnipro seien zwei oder drei schwere Explosionen zu hören gewesen, meldete die Gebietsverwaltung. Auch die Umgebung der Stadt Krywyj Rih wurde demnach mit Raketenwerfern beschossen. Dabei sei eine Tankstelle in Brand geraten, teilte der Chef der örtlichen Militärverwaltung mit. In der Region um Odessa sollen in einem Wohngebet drei Raketen eingeschlagen haben.
Ebenso habe es auf die Städte Poltawa und Krementschuk in der Zentralukraine Raketenangriffe gegeben.
Aktuelle Berichte:
Frühere Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs fordert Haftbefehl gegen Putin
„Putin ist ein Kriegsverbrecher”, sagt die frühere Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs Carla Del Ponte und fordert die Ausstellung eines internationalen Haftbefehls gegen den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Die Attacken auf Zivilisten, die Zerstörung von Privatgebäuden und ganzen Städten sei ein Kriegsverbrechen. Besonders schockiert sei sie über die Nutzung von Massengräbern im russischen Krieg gegen die Ukraine. Sie habe gehofft, nie wieder ein Massengrab zu sehen. „Diese Toten haben Angehörige, die nicht wissen, was aus ihnen geworden ist. Das ist inakzeptabel“, sagte sie. Del Ponte hatte die Ermittlungen der Vereinten Nationen zu Kriegsverbrechen in Ruanda und dem früheren Jugoslawien geleitet. Die Untersuchung zur Ukraine werde leichter sein als die zum früheren Jugoslawien, weil die Ukraine selbst eine Untersuchung durch den Strafgerichtshof erbeten habe, so Del Ponte (Rheinische Post).
USA stocken Militärhilfe um weitere 300 Mio. Dollar auf
Das US-Verteidigungsministerium will der Ukraine weitere Waffen im Wert von 270 Millionen Euro liefern, wie das Pentagon mitteilte. Das neue Paket soll unter anderem verschiedene Drohnen, Raketensysteme, gepanzerte Fahrzeuge, Munition, Nachtsichtgeräte, sichere Kommunikationssysteme, Maschinengewehre, medizinische Güter und die Bereitstellung von kommerziellen Satellitenbildern umfassen. Ferner teilte das Pentagon mit, dass es auf einen geplanten Raketentest verzichten werde, um die Spannungen mit Russland nicht weiter zu verschärfen (Tagesschau).
Ukraine dementiert Angriff auf russisches Treibstoffdepot
Moskau hatte gestern einen Luftangriff auf das Öldepot im russischen Belgorod gemeldet und ukrainische Hubschrauber dafür verantwortlich gemacht. Der Sekretär des nationalen Sicherheitsrats der Ukraine hat dementiert, dass sein Land für einen gemeldeten Angriff auf ein Treibstoffdepot in Russland verantwortlich sei. „Aus irgendeinem Grund sagen sie, dass wir das getan haben, aber tatsächlich stimmt das nicht mit der Realität überein“, sagte er im Fernsehen.
Indes hat Russland ein Strafverfahren wegen eines Terroranschlags gegen das ukrainische Militär eingeleitet. Zwei mit schweren Angriffswaffen ausgestattete ukrainische Kampfhubschrauber seien illegal in den russischen Luftraum eingedrungen und hätten dann mindestens vier Luftschläge gegen den Kraftstoffkomplex verübt, hieß es in einer Mitteilung. Die russischen Ermittler seien nun angewiesen, alle an dem Terroranschlag Beteiligten zu finden und nach dem Strafrecht zur Verantwortung zu ziehen, hieß es. Der Sprecher des Verteidigungsministeriums in Kiew, Olexander Motusjanyk erwiderte daraufhin, die Ukraine könne nicht „für alle Katastrophen und alle Ereignisse in Russland” verantwortlich gemacht werden (Tagesschau).
Abzug der Russen aus Tschernobyl: Die Folgen radioaktiver Strahlung
Einige russische Soldaten hätten in der Zeit, in der Moskau die Kontrolle über die Atomruine inne hatte, Gräben im sogenannten Roten Wald ausgehoben, wie der staatliche Energieversorger Energoatom berichtete. Dieses Gebiet sei immer noch eines der am stärksten radioaktiv verseuchten Gebiete der Welt. Soldaten, die angeblich keine Schutzkleidung trugen, sollen radioaktiven Staub eingeatmet haben, wie Kraftwerksmitarbeiter berichteten. Dies kann zu schweren gesundheitlichen Schäden führen (Deutsche Welle).
Deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine: Verteidigungsministerin Lambrecht gerät unter Druck
Zu langsam, zu wenig, schlecht abgestimmt und dann auch noch nutzlos: So lauten die Vorwürfe, mit denen sich die deutsche Bundesregierung, besonders aber Verteidigungsministerin Christine Lambrecht, mit Blick auf deutsche Waffenlieferungen an die Ukraine konfrontiert sieht (Neue Züricher Zeitung).
Steigende Kosten bringen Menschen zunhemend in Existenznot
Während die Löhne und Gehälter in Deutschland im Vorjahresvergleich zuletzt um 3,6 Prozent gestiegen seien, erhöhten sich die Lebenshaltungskosten um 7,3 Prozent. „Die Einkommen können mit der allgemeinen Teuerung kaum schritthalten“, analysierte Postbank-Chefvolkswirt Marco Bargel die Ergebnisse einer jüngsten Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov im Auftrag der Postbank. Demnach kann jeder siebte Erwachsene in Deutschland (15,2 %) nach eigenen Angaben kaum noch seine Lebenshaltungskosten bestreiten. Von den Befragten aus Haushalten mit einem monatlichen Nettoeinkommen von unter 2.500 Euro gibt inzwischen fast ein Viertel (23,6 %) an, sie seien wegen gestiegener Preise kaum noch in der Lage, die regelmäßigen Ausgaben zu stemmen. Im Januar sagten dies noch 17 Prozent aus dieser Gruppe (Spiegel).
1. April 2022
Lagebericht
Im Norden der Ukraine scheint sich die Lage derzeit etwas zu entspannen. Nördlich von Kiew sowie rund um die Städte Tschernihiw und Sumy sollen etliche russische Soldaten abgezogen worden sein. Der ukrainische Präsident Selenskyj warnte in einer nächtlichen Fernsehansprache allerdings davor, im Teilabzug russischer Truppen schon einen Sieg zu sehen. Es sei vielmehr zu erwarten, dass Russland seine militärische Schlagkraft nun auf den Osten und Südosten des Landes konzentriere. Die Verteidigung der ukrainischen Gebiete könne sich dort als noch schwieriger erweisen. Die Lage im Süden der Ukraine und im Donbass bezeichnete Selenskyj als extrem schwierig. Zudem teilte er mit, dass Russland seine Streitkräfte nahe der belagerten Hafenstadt Mariupol aufstocke.
Der ukrainische Generalstab geht davon aus, dass Russland seine militärische Präsenz in der Ost- und Südukraine aufrechterhalten oder erweitern möchte. Er berichtete in der Nacht von russischen Versuchen, eine Verwaltung in den besetzten Regionen der Gebiete Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson aufzubauen. In den Regionen sei mit weiteren Kampfhandlungen zu rechnen.
Ebenfalls in der vergangenen Nacht verkündete das britische Verteidigungsministerium neue Erkenntnisse seiner Geheimdienste. Demnach verstärkt die russische Militärführung ihre Kräfte in der Ukraine mit frischen Kräften aus Georgien. Aus den 1.200 bis 2.000 russischen Soldaten, die bislang in den abtrünnigen Gebieten Abchasien und Südossetien stationiert waren, sollen offenbar drei taktische Bataillonsgruppen gebildet werden. Das britische Ministerium bezeichnete den russischen Schritt als ungewöhnlich und wertete ihn als Anzeichen für die aus russischer Sicht unerwartet hohen Verluste.
Zudem vermeldete der britische Militärgeheimdienst ukrainische Geländegewinne entlang der Hauptversorgungsrouten zwischen der Hauptstadt Kiew und der ebenfalls im Norden gelegenen Großstadt Tschernihiw. So soll der ukrainischen Armee südlich von Tschernihiw die Rückeroberung der Dörfer Sloboda und Lukaschiwka gelungen sein. Aus dem Osten und Nordosten von Kiew berichtete der Geheimdienst überdies von „erfolgreichen, aber begrenzten“ ukrainischen Gegenangriffen.
Die russische Armee gab am Freitag bekannt, in der Ukraine fünf große Munitionslager und ein weiteres Kraftstoffdepot zerstört zu haben. Mit Luftangriffen seien insgesamt 52 militärische Objekte in der Ukraine zerstört worden, teilte ein Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums mit. Im Gebiet Luhansk habe man bei Gefechten außerdem 40 ukrainische „Nationalisten“ getötet. Erstmals seit Kriegsbeginn hat Russland zudem der Ukraine Angriffe auf russisches Gebiet vorgeworfen. Nach Angaben eines russischen Regionalgouverneurs sollen ukrainische Kampfhubschrauber ein Treibstofflager in der Grenzstadt Belgorod beschossen haben. Zwei Arbeiter sollen bei einer durch die Angriffe verursachten Explosion verletzt worden sein. Teile Belgorods seien evakuiert worden. Die Ukraine wies die russische Darstellung zurück. Mit dem Brand im russischen Treibstofflager habe man nichts zu tun, so der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungrates der Ukraine.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Der russische Außenminister Lawrow sprach am Freitag von Fortschritten bei den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine. Derzeit bereite die Regierung in Moskau ihre Antwort auf die ukrainischen Vorschläge vor. Lawrow fügte an, die Gespräche müssten noch weitergehen, aber die Ukraine verstehe die Situation auf der Krim-Halbinsel und im Donbass sowie die Notwendigkeit eines neutralen Statuts nun besser.
Am Freitag hat es weitere Gespräche zwischen den Verhandlungsdelegationen der Ukraine und Russlands gegeben, die im Online-Modus stattfanden. Der ukrainische Verhandlungsführer David Arachamija teilte mit, man habe Russland bei den jüngsten Verhandlungen in der Türkei erneut ein direktes Treffen der Präsidenten beider Staaten vorgeschlagen. Die russische Delegation soll daraufhin geantwortet haben, dass zunächst ein abgestimmter Vertragsentwurf Vorbedingung für ein solches Treffen sei. Der türkische Präsident Erdogan hat sich am Freitag erneut als möglicher Gastgeber für ein Treffen zwischen den Präsidenten der Konfliktparteien angeboten.
Vor dem am Freitag beginnenden EU-China-Gipfel teilte ein Sprecher des chinesischen Außenamts mit, China werde sich im Ukraine-Konflikt nicht auf die Seite der Europäischen Union stellen. „Niemand sollte andere zwingen, sich für eine Seite zu entscheiden. Einen simplistischen Ansatz von Freund und Feind zu wählen, ist unklug. Und eine Mentalität des Kalten Krieges und der Konfrontation der Blöcke sollte abgelehnt werden.“ China verfolge eine „unabhängige Außenpolitik“, so der Ministeriumssprecher. Man arbeite aber daran, die Lage in der Ukraine zu entspannen und fördere die Friedensgespräche „auf unsere Weise.“
Flüchtlinge: Über 2,4 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine haben sich seit Kriegsbeginn im Nachbarland Polen in Sicherheit gebracht. Dies teilte der polnische Grenzschutz via Twitter mit. Allein am Donnerstag seien 23.000 Menschen aus der Ukraine eingereist. Es gibt keine Angaben darüber, wie viele dieser Menschen in Polen bleiben oder in andere Staaten weiterreisen. In Deutschland wurden bis zum Freitag knapp 295.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert, wie das Innenministerium am Morgen mitteilte. Da es zwischen Polen und Deutschland keine Grenzkontrollen gibt und sich ukrainische Staatsbürger für 90 Tage frei in der EU bewegen dürfen, dürfte die tatsächliche Zahl noch deutlich höher liegen. Seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar haben nach Angaben der UN-Flüchtlingsorganisation UNHCR 4,06 Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer ihr Land verlassen.
Evakuierungen: Entgegen zunächst anders lautenden Meldungen, ist die geplante Evakuierungsaktion von Mariupol doch gescheitert. Der Konvoi des Internationalen Roten Kreuzes kehrte wieder um. Die Lage lasse es nicht zu, mit dem Hilfseinsatz fortzufahren, heißt es in einer Stellungnahme. Ursprünglich hatte das russische Verteidigungsministerium angekündigt, es solle ab 9.00 Uhr MESZ eine Feuerpause geben, um die Evakuierung von Zivilisten zu ermöglichen. Mit Unterstützung durch das Rote Kreuz und das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen sollten Menschen aus der Stadt herausgebracht werden. Am Morgen hatten sich die Behörden in Mariupol aufgrund der blockierten Fluchtwege bereits skeptisch gezeigt. Lediglich in der nahegelegenen, von russischen Truppen besetzten Stadt Berdjansk sollen Evakuierungen möglich gewesen sein.
Am Donnerstag war eine großangelegte Evakuierungsaktion aus Mariupol nach ukrainischen Angaben noch an einer russischen Blockade gescheitert. Laut der ukrainischen Vizeministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk soll ein Konvoi mit 45 Bussen von russischen Soldaten aufgehalten und nicht in die Stadt vorgelassen worden sein. Zudem sollen zwölf mit Hilfsgütern beladene ukrainische Busse auf dem Weg nach Mariupol gestoppt worden sein. Die geladenen 14 Tonnen Lebensmittel und Medikamente seien von russischen Soldaten beschlagnahmt worden.
Rund 100.000 der ehemals 430.000 Einwohner sollen sich noch immer in der belagerten Stadt befinden. Zehntausenden sei in den vergangenen Wochen über sichere Korridore die Flucht gelungen. Der ukrainischen Vizeministerpräsidentin zufolge sollen aber auch rund 45.000 ehemalige Bewohner gegen ihren Willen in die ostukrainischen Separatistengebiete und nach Russland verschleppt worden sein.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten
Am Freitag Nachmittag berichtete Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko von heftigen Kämpfen nördlich und östlich der ukrainischen Hauptstadt. Wie der ukrainische Generalstab dann am Abend bekannt gab, sei die Rückeroberung von 29 Siedlungen in den Regionen Kiew und Tschernihiw gelungen. Noch am Morgen war aus Kiew zunächst eine Entspannung der Lage gemeldet worden. Der Stadtkommandant der ukrainischen Hauptstadt, Mykola Schyrnow, sprach von einer spürbaren Verbesserung der Situation. Zwar werde in den Außenbezirken auch weiterhin gekämpft, in der Metropole werde nun aber die zivile Infrastruktur wiederhergestellt. Dies betreffe Unternehmen sowie Handels- und Dienstleistungseinrichtungen. Zugleich seien Militär und Rettungsdienste damit beschäftigt, die befreiten Gebiete zu säubern und zu entminen. An die Bevölkerung gerichtet mahnte Schyrnow, trotz dieser Fortschritte weiter Vorsicht walten zu lassen.
Nach Angaben des Gouverneurs von Tschernihiw ziehen sich russische Truppen aus der nordwestukrainischen Region zurück. Die Truppen seien auf dem Weg in Richtung Belarus. Trotzdem befänden sich einige russische Soldaten auch weiterhin in der Region, weswegen Achtsamkeit geboten sei. Die Gefahr weiterer Raketenangriffe sei noch nicht gebannt. Am Abend meldete der ukrainische Generalstab die Rückeroberung von Siedlungen in der Region. Die Großstadt Tschernihiw selbst stehe aber weiterhin unter russischer Blockade und unter Beschuss.
Ukrainischen Truppen ist es nach eigenen Angaben gelungen, elf Siedlungen im südukrainischen Gebiet Cherson zurückzuerobern. Der Erfolg ermögliche eine Versorgung der Zivilbevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten. Beim Vorrücken sei der ukrainischen Armee auch schwere russische Militärtechnik in die Hände gefallen, teilte das ukrainische Verteidigungsministerium mit.
Der andauernde Beschuss der seit Wochen heftig umkämpften Hafenstadt Mariupol hat nach Angaben der örtlichen Stadtverwaltung bislang Schäden in Höhe von rund 10 Milliarden Dollar verursacht. Der Bürgermeister der Stadt rief dazu auf, „jedes Verbrechen, jeden Mord und jeden Akt der Zerstörung zu dokumentieren und an den Internationalen Gerichtshof weiterzuleiten.“ Am Abend war es russischen Truppen nach Angaben der Stadtverwaltung zudem gelungen, die südukrainische Stadt von der Umgebung abzuschneiden.
In der Sperrzone um die Atomruine Tschernobyl halten sich nach Angaben der ukrainischen Atombehörde weiterhin einige russische Soldaten auf. Auch wenn sie die Anlage selbst inzwischen verlassen hätten, seien im Umfeld noch russische Soldaten zu sehen gewesen. Am Nachmittag verkündete der ukrainische Außenminister, in Zusammenarbeit mit der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA eine Bestandsaufnahme der Vorgänge während der russischen Besetzung des Kraftwerks vorzunehmen. Russische Soldaten hätten sich während der mehr als vier Wochen andauernden Besetzung unverantwortlich verhalten und zum Teil auch selbst „erhebliche Strahlendosen“ abbekommen. Die IAEA kündigte an, in den kommenden Tagen Experten zum ehemaligen Atomkraftwerk zu entsenden. Auch für andere Atomanlagen des Landes werde man Expertise und sicherheitsrelevante Ausrüstung bereitstellen.
Aktuelle Berichte:
Russische Umfrage: 81 Prozent befürworten Krieg gegen die Ukraine
Nach einer repräsentativen Umfrage des Lewada-Zentrums, dem einzigen unabhängigen Meinungsforschungsinstituts Russlands, bekannten sich 81 Prozent der Befragten dazu, das Vorgehen der russischen Streitkräfte in der Ukraine „definitiv“ oder „eher“ zu befürworten. Lediglich 14 Prozent lehnten eine Unterstützung ab, sechs Prozent zeigten sich unentschlossen. Am größten ist die Unterstützung für den Krieg in der älteren Generation und der Landbevölkerung. Eine ablehnende Haltung zum Krieg ist am stärksten unter jungen Menschen verbreitet — und doch auch hier in der Minderheit: 20 Prozent der Befragten zwischen 18 und 24 Jahren lehnen den Krieg ab, 71 Prozent stimmen ihm zu. In diesem Zusammenhang ist allerdings darauf hinzuweisen, dass es in Russland keine freie Medienlandschaft gibt, über die sich die Bürgerinnen und Bürger mit unabhängigen Informationen versorgen können. (Der Spiegel)
EU-China-Gipfel: Auf welcher Seite steht Peking?
Wenn am Freitag EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, der Präsident des Europäischen Rates Charles Michel und der EU-Außenbeauftragte Joseph Borrell zu virtuellen Gesprächen mit Chinas Präsidenten Xi Jinping und dem Ministerpräsidenten Li Keqiang zusammenkommen, wird der Krieg in der Ukraine zentrales Thema sein. Peking weigert sich bis heute, den russischen Angriffskrieg zu verurteilen. Zu bedeutsam scheint den chinesischen Machthabern die strategische Partnerschaft mit Putins Russland zu sein. Trotzdem haben die Europäer noch Hoffnung, China könnte seine guten Beziehungen zu Russland nutzen, um Putin zu einem Ende der Kriegshandlungen zu bewegen. Das europäische Kalkül: Chinas Wohlstand liegt zu weit größeren Teilen in funktionierenden Handelsbeziehungen mit Europa begründet als in den Verbindungen nach Russland (tagesschau.de)
Amnesty International: Beweise für den Einsatz von Streumunition
Amnesty International hat Russland Kriegsverbrechen in der Ukraine vorgeworfen. Gegenstand der Vorwürfe ist der Einsatz verbotener Streumunition durch russische Kräfte. Streubomben setzen Hunderte kleinere Sprengsätze frei, von denen viele nicht sofort explodieren. Sie können also noch lange nach ihrem Abwurf Menschen töten oder verletzen. Die Organisation berichtete außerdem von zahlreichen willkürlichen Angriffen gegen die Zivilbevölkerung. (ZDF).
Ukrainischer Präsident Selenskyj entlässt hochrangige Sicherheitsbeamte
Bislang hatte die Ukraine im Krieg gegen die russischen Invasoren große Geschlossenheit demonstriert. Nun aber teilte Präsident Selenskyj die Entlassung von zwei hochrangigen Mitgliedern des Sicherheitsdienstes mit. Bei diesen handelt es sich um den Gesamtleiter der Inneren Sicherheit sowie den Leiter der Zweigstelle der Behörde in der Region Cherson. Die beiden Männer bezeichnete der ukrainische Präsident als Verräter, die den Eid, die Ukraine zu verteidigen, gebrochen hätten. Beide würden für ihre nicht näher genannten Vergehen bestraft werden (Der Spiegel).
Bundesregierung genehmigt Lieferung von Schützenpanzern an die Ukraine
Der Bundessicherheitsrat hat eine Lieferung von 58 Schützenpanzern an die Ukraine genehmigt. Die mit Kanonen und Maschinengewehren ausgerüsteten Panzerkampfwafen stammen ursprünglich aus Beständen der Nationalen Volksarmee der DDR. Nach der Wiedervereinigung gelangten sie in den Besitz der Bundeswehr, die sie später weiterveräußerte. (Der Spiegel)
UNESCO: Über 50 Kulturstätten beschädigt oder zerstört
Wie die UNESCO mitteilte, sind seit Beginn der russischen Invasion mindestens 53 Kulturstätten in der Ukraine beschädigt und teilweise zerstört worden. Betroffen sind 29 Kirchen, 16 historische Bauten, vier Museen und vier Monumente. Besonders stark hat die Zerstörung das Gebiet um die nordostukrainische Stadt Charkiw getroffen. Neben dem Holocaust-Mahnmal sei dort auch das staatliche Theater für Oper und Ballett, sowie das Kunstmuseum von russischen Bomben getroffen worden, berichtete UNESCO-Generaldirektor Ernesto Ottone Ramirez in Paris. (ORF).
März 2022
März 2022
31. März 2022
Lagebericht
Einigen Berichten der vergangenen Tage zufolge konzentriert sich das russische Militär in dieser Phase des Krieges auf den Osten der Ukraine. Wie es die russische Führung selbst formuliert hat, strebe sie eine „Befreiung des Donbass” an, um letztendlich womöglich die Ukraine zu teilen. Der ukrainische Generalstab konnte nur ein Teilabzug russischer Truppen aus der Umgebung von Kiew und Tschernihiw bestätigen. Von einem wirklichen Abzug rund um Kiew könne nicht die Rede sein. Vielmehr handle es sich um eine Umgruppierung, um sich stärker auf den Osten der Ukraine konzentrieren zu können. In diesem Zusammenhang spricht der ukrainische Generalstab von einer gezielten Täuschung der russischen Militärführung. Es solle der falsche Eindruck erweckt werden, dass die russische Armee den Versuch aufgegeben habe, Kiew zu blockieren. Zwar ließen die russischen Angriffe rund um Kiew und Tschernihiw derzeit etwas nach, dies sei jedoch kein Grund für Entwarnung. Das ukrainische Militär bereite sich nun verstärkt auf eine russische Offensive im Donbass vor.
Was die Bedrohungslage für Kiew anbelangt, habe sich diese laut dem US-Verteidigungsministerium infolge der russischen Ankündigung eines Truppenabzugs nicht bedeutend verändert. Die große Mehrheit der bei Kiew versammelten russischen Kräfte seien noch immer dort. Vermutlich auch, um weiterhin die ukrainischen Truppen zu binden und die ukrainischen Militärs davon abzuhalten, die Truppen um Kiew zur weiteren Unterstützung in den Osten der Ukraine zu schicken. Auch die NATO hat heute bestätigt, die russischen Truppen würden sich nicht wie angekündigt aus Teilen der Ukraine zurückziehen, sondern sich neu formieren. Russland statte die Truppen auch neu aus, sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Zum einen solle dabei die Offensive auf den Donbass verstärkt werden, zugleich halte Russland den Druck auf Kiew und andere Städte hoch. „Wir können also zusätzliche Offensiven mit noch mehr Leid erwarten”, so Stoltenberg.
Der Chef des britischen Geheimdienstes Jeremy Fleming hat indes von erheblichen Schwierigkeiten in den Reihen der russischen Streitkräfte berichtet. Demoralisierte Soldaten weigerten sich, Befehle auszuführen, sabotierten ihre eigene Ausrüstung und hätten schon versehentlich ihr eigenes Flugzeug abgeschossen. Nach Einschätzung sowohl des Geheimdienstes als auch der US-Regierung werde jedoch Russlands Präsident Putin über das reale Geschehen und die Situation seiner Truppen nicht richtig informiert. Seine Berater lieferten ihm keine ehrliche Beschreibung der Lage im Ukraine-Krieg. Auch der Sicherheitsexperte Markus Kaim von der Stiftung Wissenschaft und Politik ist der Ansicht, Putin befinde sich in einer Blase und sei nur von „Jasagern” umgeben, was zu einer gefährlichen Isolation führen könne. Er verspricht sich nicht viel von den derzeitigen Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine in Richtung einer baldigen Beendigung des Krieges. Während die zunächst naheliegenden Schritte zur Lösung der humanitären Problematik noch gar nicht thematisiert würden, werde vielmehr über politische Schritte diskutiert, die sehr weitreichend seien und für die schwerlich zum jetzigen Zeitpunkt eine Lösung gefunden werden könne. Er glaube nicht daran, dass in den nächsten Tagen Fortschritte zu sehen sein werden: „Es ist eher berechtigt zu befürchten, dass wir ein Wiederaufflammen der Kämpfe in veränderter Form sehen werden.”
Der Kreml hat indes westliche Geheimdiensterkenntnisse zurückgewiesen, wonach Russlands Präsident Wladimir Putin falsch über die Lage in der Ukraine informiert worden sein soll. „Es zeigt sich, dass weder das Außenministerium (der USA) noch das Pentagon echte Informationen darüber haben, was im Kreml passiert”, sagte Kreml-Sprecher Peskow. „Sie verstehen Präsident Putin nicht. Sie verstehen den Mechanismus von Entscheidungen nicht. Sie verstehen den Stil unserer Arbeit nicht.” Peskow fügte hinzu: „Das ist nicht einfach nur schade. Das macht uns Sorgen. Denn so ein völliges Missverständnis führt nur zu Fehlentscheidungen, zu leichtsinnigen Entscheidungen, die sehr schlimme Folgen haben.”
Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Der ukrainische Präsident Selenskyj dämpfte die Hoffnungen auf einen baldigen Durchbruch bei Gesprächen mit Russland. Er sehe noch keine wirklichen Ergebnisse der Gespräche. Es gebe zwar einen Verhandlungsprozess, der fortgesetzt werde, aber bislang habe sich noch nichts Konkretes ergeben. Der ukrainische Verhandlungsführer hat weitere Gespräche mit der russischen Delegation für den 1. April im Online-Format angekündigt. Die ukrainische Führung traut den in den Verhandlungen mit der Türkei geäußerten Verlautbarungen Russlands nicht, insbesondere auch nicht in Bezug auf den angekündigten Rückzug Russlands aus Kiew und Tschernihiw. Vertreter der EU und der USA haben ferner ihren strategischen Dialog über Russland aufgenommen. Bei ihrem gestrigen Treffen stand in Washington unter anderem die Koordination der Politik zur Beendigung des Ukrainekriegs im Fokus. Der frühere Box-Weltmeister Wladimir Klitschko ist indes überraschend nach Deutschland gereist, um bei deutschen Politikern um Unterstützung zu werben.
Flüchtlinge: Mittlerweile haben laut dem UN-Flüchtlingswerk UNHCR seit Kriegsbeginn über vier Millionen Menschen die Ukraine verlassen. Zusätzlich befinden sich nach Schätzungen weitere 6,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut dortigem Grenzschutz seit Kriegsbeginn fast 2,4 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben, nach Rumänien 616.000, in die Republik Moldau 388.000, nach Ungarn 368.000, in die Slowakei 283.000 und nach Tschechien über 230.000. Deutschland hat bislang 288.00 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die tatsächliche Zahl eingereister Menschen dürfte jedoch mittlerweile bei weit über 300.000 liegen.
Evakuierungen: In den vergangenen Tagen war mehrfach vergeblich versucht worden, humanitäre Fluchtkorridore für Mariupol einzurichten. Für heute hatte Russland nun eine erneute Feuerpause und eine große Evakuierungs-Aktion angekündigt. Kiew hatte 45 Busse nach Mariupol geschickt. Die russische Seite hat indes mitgeteilt, die Evakuierung würde erst morgen beginnen. Die Ukraine weiterhin misstrauisch und bezeichnet die Ankündigung der Feuerpause als weitere russische „Manipulation". Zusätzlich waren für heute zwei humanitäre Fluchtkorridore in die ebenfalls von russischen Truppen besetzten Städte Melitopol und Enerhodar im Gebiet Saporischschja vereinbart worden.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten: US-Angaben zufolge hat Russland etwa 20 Prozent seiner Truppen rund um die ukrainische Hauptstadt Kiew abgezogen. Einige dieser Soldaten seien nach Belarus verlagert worden. Laut dem britischen Verteidigungsministerium hielten die russischen Streitkräfte weiterhin Stellungen östlich und westlich von Kiew. Wahrscheinlich werde es in den kommenden Tagen zu schweren Kämpfen in den Vororten der Stadt kommen, so das Ministerium.
Trotz des von Russland angekündigten Rückzugs aus der im Norden gelegenen Stadt Tschernihiw hätten die russischen Streitkräfte laut dem britischen Verteidigungsministerium weiterhin erhebliche russische Granaten- und Raketenangriffe durchgeführt.
In der von ukrainischen Truppen jüngst zurückeroberten Stadt Irpin nahe Kiew teilte der dortige Bürgermeister mit, dass „50 Prozent der Stadt zerstört sind“. Vor der Stadt werde noch immer gekämpft.
Die Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine meldete unterdessen einen russischen Luftangriff auf das Dorf Sloboschanske.
Aus Tschernobyl wurde vermeldet, dass die meisten russischen Truppen die Zone um das frühere Atomkraftwerk verlassen haben. Das berichtet die staatliche Betreiberfirma der ukrainischen Atomkraftwerke, Energoatom. Auf dem Gelände des Kraftwerks seien nur wenige Soldaten, die anderen hätten sich in zwei Kolonnen Richtung belarussisch-ukrainische Grenze aufgemacht. Auch aus der Stadt Slawutytsch, in der die Arbeiter von Tschernobyl leben, haben sich die russischen Streitkräfte den Angaben zufolge zurückgezogen.
Die von Russland für heute angekündigte Evakuierung aus der südukrainische Hafenstadt Mariupol hat nicht stattgefunden. Die Akton soll stattdessen offenbar morgen erfolgen. „Damit diese humanitäre Operation erfolgreich ist, schlagen wir eine direkte Beteiligung von Vertretern des UNO-Hochkommissars für Flüchtlinge und des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz vor”, hieß es in einer russischen Erklärung. Der Fluchtkorridor soll demnach über die unter russischer Kontrolle stehende Stadt Berdjansk ins 250 Kilometer entfernte Saporischschja führen. Die ukrainische Führung ist misstrauisch und spricht von einer russischen „Manipulation“. Russische Truppen würden sich indes für weitere Angriffe auf den Donbass formieren, in der auch die Stadt Mariupol liege. Der ukrainische Nachrichtensender Hromadske veröffentlichte Luftaufnahmen von der zerbombten Stadt. Das seit Wochen heftig umkämpfte Mariupol sei fast vollständig zerstört.
In der südlich gelegenen Industriestadt Dnipro ist bei einem Raketenangriff nach ukrainischen Angaben ein mit Treibstoff gefülltes Öldepot zerstört worden. Trümmer einer Rakete hätten zudem zwei Tanklastwagen beschädigt. In Nowomoskowsk nordöstlich von Dnipro schlug am Mittwoch ukrainischen Angaben zufolge eine Rakete in eine Fabrik ein.
In der von Russland schon länger eroberten Großstadt Cherson im Süden bereite Russland nach Angaben des ukrainischen Generalstabs ein „Referendum” über die Errichtung einer moskaufreundlichen „Volksrepublik” vor. Damit versuche die russische Armee, die Gebiete im Süden der Ukraine mit „zivil-militärischen Verwaltungen” zu kontrollieren, teilte der Generalstab mit. Das Muster würde den Separatistengebieten Donezk und Luhansk in der Ostukraine ähneln, die mittlerweile von Russland als unabhängig anerkannten wurden.
Im Südosten des Landes ist es der Ukraine nach Angaben des ukrainischen Generalstabs gelungen, drei weitere Orte zurückzuerobern. Es handle sich um Orlowe, Zahradiwka und Koschubeyiwka. Zudem hätten russische Angriffe in den Gebieten Popasna, Rubizhne, Nowobahmutiwka, Marinka und Zolota Niva abgewehrt werden können.
Laut ukrainischen Angaben setzte die russische Armee in der ukrainischen Kleinstadt Marinka im Gebiet Donezk im Osten des Landes erneut Phosphorwaffen ein. Dabei seien „ein Dutzend Brände” verursacht worden. Auch die Orte Heorhijiwka, Nowokalinowo und Otscheretyne seien bombardiert worden.
Aktuelle Berichte:
Gaszahlung nur noch mit russischem Konto
Nachdem Kreml-Sprecher Peskow gestern angekündigt hatte, Russland werde doch nicht sofort die Zahlungen der Gaslieferungen auf Rubel umstellen, hat sich Russlands Präsident Putin am heutigen Donnerstag mit Vertretern des staatlichen Energiekonzerns Gazprom und der russischen Zentralbank Gespräche beraten. Putin hat nach eigenen Angaben daraufhin ein Dekret unterzeichnet, das ausländische Käufer zwingt, ein Konto bei der russischen Gazprombank zu eröffnen, um weiter Gas zu kaufen. Die praktischen Auswirkungen scheinen allerdings gering zu sein. Denn die Zahlungen dürften weiter in Euro und Dollar nach Russland gehen und würden dort in die russische Währung umgewandelt. Dies würde allerdings den Rubel aufwerten und die westlichen Sanktionen angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine unterlaufen. Wirtschaftsminister Robert Habeck hatte aus Sorge vor möglichen Einschränkungen gestern die erste von drei Krisenstufen des sogenannten Notfallplans Gas in Kraft gesetzt. Die westlichen Staaten pochen darauf, weiter in Euro und Dollar zu zahlen. In einem Telefonat mit Putin hatte Bundeskanzler Scholz erkennen lassen, dass auch Deutschland seine Lieferungen vorerst weiter in Euro über die Gazprom-Bank begleichen werde (Deutschlandfunk).
USA will Ölreserven freigeben – Ölpreise fallen deutlich
Der Preis für Rohöl hatte sich innerhalb eines Jahres fast verdoppelt. Nun will die US-Regierung offenbar intervenieren und die Ölreserven seines Landes nutzen, um die hohen Treibstoffpreise unter Kontrolle zu bringen. US-Präsident Biden hat angekündigt, die Freigabe von einer Million Barrel pro Tag aus den US-Ölreserven über einen Zeitraum von mehreren Monaten in Erwägung zu ziehen. In Reaktion auf diese Ankündigung sind die Ölpreise auf den Weltmärkten stark gefallen. Der Preis für ein Barrel (159 Liter) der US-Sorte WTI fiel um mehr als fünf Prozent und lag am frühen Morgen bei 102,20 Dollar (91,55 Euro). Die Nordsee-Sorte Brent fiel um mehr als vier Prozent auf 108,65 Dollar (Spiegel).
Geheimdienste: Putin wird vermutlich nicht korrekt über den Krieg informiert
Nach Einschätzungen der US-Regierung und des britischen Geheimdienstes bekommt Russlands Präsident Wladimir Putin von seinen Beratern keine ehrliche Beschreibung der Lage im Ukraine-Krieg. Unter Berufung auf Geheimdienstinformationen sagte die Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses, Kate Bedingfield: „Wir glauben, dass er von seinen Beratern nicht richtig darüber informiert wird, wie schlecht das russische Militär agiert und wie die russische Wirtschaft durch die Sanktionen gelähmt wird.“ Putins hochrangige Berater hätten „zu viel Angst, ihm die Wahrheit zu sagen“ (Tagesschau).
Wladimir Klitschko reist überraschend nach Berlin
Wladimir Klitschko hat Kiew verlassen, um nach Deutschland zu reisen und bei deutschen Politikern um Unterstützung zu werben. Der frühere Box-Weltmeister plane Treffen mit hochrangigen Politikern, teilte sein Bruder Vitali Klitschko, der Bürgermeister von Kiew, mit. Es gehe dabei um wirtschaftliche, humanitäre und militärische Hilfe für den von Russland angegriffenen Staat (n-tv).
Südossetien will über Beitritt zu Russland abstimmen
Seit 2008 erkennt Moskau die von Georgien abtrünnige Region als eigenständigen Staat an. Machthaber Bibilow strebt nun mit einem Referendum den Beitritt zu Russland an. „Ich glaube, dass eine Vereinigung mit Russland unser strategisches Ziel ist”, so Bibilow. In der vergangenen Woche hat Südossetien nach eigenen Angaben Truppen zur Unterstützung des Verbündeten Russland dorthin entsandt. „Unsere Jungs werden ihre Pflicht mit stolz erhobener Fahne erfüllen”, verkündete er damals. Die Mission diene der Verteidigung Russlands und Südossetiens. Die ebenfalls abtrünnige Region Abchasien plane allerdings keinen Beitritt zu Russland, sagte der Sprecher des dortigen Parlaments (Deutsche Welle).
30. März 2022
Lagebericht
Nach aktuellen Einschätzungen des britischen Militärgeheimdienstes könnte Russland auf die erlittenen Bodenverluste mit starkem Artilleriebeschuss und dem vermehrten Abfeuern von Raketen reagieren. Außerdem seien russische Einheiten, die schwere Verluste erlitten hätten, mittlerweile nach Russland oder Belarus zurückgekehrt, um sich dort neu zu organisieren und ausrüsten zu lassen. Das Verteidigungsministerium in London sprach in diesem Zusammenhang von angeschlagener russischer Logistik und einem daraus resultierenden zunehmenden Druck auf Russland.
Die russische Offensive zur Einkesselung Kiews betrachtet der britische Geheimdienst als gescheitert. Nach Einschätzung von Militärexperten aus Großbritannien sei das wahrscheinlichste Szenario, dass Russland seine militärischen Einheiten nun aus dem Norden der Ukraine in den Südosten des Landes verlege. Dort könnten sie zur Unterstützung der russischen Offensive in der Region Luhansk und Donezk eingesetzt werden. Nach direkten Gesprächen zwischen russischen und ukrainischen Verhandlungsdelegationen hatte Russlands Vizeverteidigungsminister Alexander Formin am Dienstagabend verlauten lassen, dass das russische Militär seine Aktivitäten in der Region Kiew „radikal“ reduzieren werde.
Der ukrainische Präsident Selenskyj begegnete den russischen Ankündigungen mit Misstrauen. Es habe bei den Gesprächen zwischen russischer und ukrainischer Seite zwar positive Signale gegeben, bestätigte Selenskyj in einer Videoansprache am Dienstagabend – allerdings schätze man Russland gegenwärtig nicht als vertrauenswürdigen Verhandlungspartner ein. Der ukrainische Präsident betonte, es sei den „mutigen und effektiven“ Maßnahmen des ukrainischen Militärs zu verdanken, dass sich Russland nun gezwungen sehe, seinen Einsatz um Kiew und Tschernihiw zu reduzieren. Hinsichtlich der ukrainischen Souveränität und territorialen Integrität werde die ukrainische Verhandlungsdelegation auch in Zukunft keine Kompromisse eingehen. Auch von den Regierungen in Washington und in London war die russische Ankündigung eines Abzugs aus der Region um Kiew zunächst mit Skepsis aufgenommen worden.
Das US-Verteidigungsministerium und die ukrainische Militärführung gehen davon aus, dass es sich beim vermeintlichen Abzug russischer Truppen nördlich von Kiew vielmehr um eine Umgruppierung handelt. Der ukrainische Generalstab teilte in der Nacht mit, der „sogenannte Truppenabzug“ sei in Wirklichkeit eine Rotation von Einheiten. Damit solle das Narrativ des angeblich eingestellten Planes einer Einkesselung Kiews weiter gefüttert werden. Auch der ukrainische Generalstab rechnet damit, dass diese Truppen vermehrt in der Ostukraine zum Einsatz kommen könnten. Dort erwartet die Ukraine den russischen Versuch, ukrainische Truppen einzukesseln, teilte ein Berater des Präsidenten im Fernsehen mit. Um verhindern zu können, dass die Ukraine ihrerseits Truppen in den Osten des Landes bewege, blieben jedoch einige russische Einheiten weiter um Kiew stationiert. Aus den umliegenden Städten der Hauptstadt meldete die ukrainische Militärverwaltung auch heute wieder russischen Beschuss. Es habe 30 Beschüsse von Wohngebieten und ziviler Infrastruktur in den Regionen Butscha, Browari und Wyschhorod um die Hauptstadt gegeben. Nach Einschätzungen des ukrainischen Generalstabs habe Russland das Ziel einer Blockade oder Eroberung Kiews nur vorrübergehend aufgegeben. Am Abend bestätigte das russische Verteidigungsministerium die von ukrainischer Seite zuvor bereits vermutete Umgruppierung seiner Truppen bei Kiew und Tschernihiw. Hauptziel sei nun die „vollständige Befreiung“ des Donbass im Osten der Ukraine.
Am Nachmittag hatte die Ukraine mitgeteilt, dass sich das russische Militär auf eine Wiederaufnahme von Offensiven vorbereite. Insbesondere werde mit russischen Vorstößen im Osten des Landes gerechnet, um die dort stationierten ukrainischen Einheiten einzukesseln. Ein nennenswerter Abzug russischer Truppen aus der Umgebung von Kiew oder Tschernihiw sei indes weiterhin nicht zu erkennen.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Der ukrainische Unterhändler Mychailo Podljak äußerte sich am Nachmittag verhalten optimistisch zum Stand der Verhandlungen. Der Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine sei allerdings zunächst Voraussetzung für eine etwaige Volksabstimmung über eine Friedensvereinbarung mit Russland. Nach russischen Angaben habe die Ukraine signalisiert, auf die Kernforderungen Moskaus einzugehen. Russlands Haltung zum Donbass und der annektierten Krim bliebe jedoch unverändert, wie Russlands Verhandlungsführer mitteilte.
Am Mittag hatte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow noch mitgeteilt, es habe es bei den Gesprächen zwischen russischen und ukrainischen Verhandlungsdelegationen in Istanbul keinen Durchbruch gegeben. Es könne im Moment nichts „sehr Vielversprechendes“ vermeldet werden, so der Sprecher von Präsident Putin. Als positiv bezeichnete er es, dass die Ukraine „zumindest damit begonnen habe, konkrete Vorschläge zu formulieren und schriftlich festzuhalten“.
Die russische und ukrainische Verhandlungsdelegation hatten nach ihren Verhandlungen in Istanbul beschlossen, vorerst zu Konsultationen in ihre Heimatländer zurückzukehren. Ursprünglich war für den heutigen Mittwoch ein weiterer Verhandlungstag angesetzt. Wie der türkische Außenministr Cavusoglu mitteilte, wollten die Unterhändler die erarbeiteten Vorschläge nun zunächst in ihren jeweiligen Hauptstädten vorstellen. Der Leiter der russischen Delegation, Wladimir Medinski, hatte sich nach den Gesprächen ungleich positiver geäußert, als später Kreml-Sprecher Peskow: Man werde die Vorschläge aus den „substantiellen Gesprächen“ mit der Ukraine dem russischen Präsidenten Putin unterbreiten. Dann werde es aus Moskau eine Reaktion geben. Die Ukraine hatte sich in den in Istanbul stattfindenden Gesprächen prinzipiell dazu bereit erklärt, einen neutralen Status anzunehmen.
Flüchtlinge: Mehr als vier Millionen Menschen sind seit Beginn der russischen Invasion aus der Ukraine geflohen. Dies meldete das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Zusätzlich befinden sich nach UN-Schätzungen weitere 6,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Nach Polen haben sich laut polnischem Grenzschutz seit Kriegsbeginn fast 2,37 Millionen Menschen aus der Ukraine begeben. Allein am Dienstag seien noch einmal 22.400 Menschen in Polen angekommen. Das Bundesinnenministerium meldete am Mittwoch 283.365 in Deutschland registrierte Kriegsflüchtlinge. Da es an der deutsch-polnischen Grenze keine Kontrollen gibt und sich Menschen mit ukrainischem Pass für 90 Tage frei in der EU bewegen dürfen, liegt die tatsächliche Zahl eingereister Menschen vermutlich noch weit höher. Gleichwohl war in der vergangenen Woche ein Rückgang der Zahl der in Deutschland ankommenden Kriegsflüchtlinge zu beobachten.
Ungefähr die Hälfte aller Kriegsflüchtlinge sind Kinder. Nach Angaben von UNICEF befinden sich unter den Geflüchteten aus der Ukraine rund zwei Millionen Kinder. Weitere 2,5 Millionen Kindern seien innerhalb der Ukraine vor dem Krieg auf der Flucht. Mehr als jedes zweite Kind in der Ukraine sei somit nicht mehr in seinem bisherigen Zuhause. An deutschen Schulen wurden nach Angaben der Kultusministerkonferenz bis zum 25. März schon mehr als 20.000 Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine aufgenommen. Da die Daten aus Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Sachsen-Anhalt und Hamburg in dieser Zahl noch nicht enthalten sind, dürfte auch hier die tatsächliche Zahl um einiges höher liegen.
Evakuierungen: Für Mittwoch sind drei Fluchtkorridore angekündigt. Dies teilte die stellvertretende Ministerpräsidentin der Ukraine, Iryna Wereschtschuk, mit.
Todesfälle und Verluste: Nach Angaben des ukrainischen UN-Botschafters Sergij Kyslyzja hat Russland im Krieg gegen die Ukraine hohe Verluste erlitten. Kyslyzja sprach im UN-Sicherheitsrat von 17.000 russischen Soldaten, die im Krieg gegen die Ukraine ihr Leben verloren hätten. Hinzu käme die Zerstörung von 1.700 gepanzerten Fahrzeugen, 600 Panzern, 300 Artilleriesystemen, 127 Flugzeugen und sieben Schiffen.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Nach der Ankündigung Russlands, seine militärischen Aktivitäten um Kiew drastisch zu reduzieren, berichtet das US-Verteidigungsministerium von einer kleinen Zahl russischer Soldaten, die sich aus Stellungen nahe der ukrainischen Hauptstadt wegbewegt hätten. Das Pentagon rechnet jedoch nicht mit einem wirklichen Abzug, sondern geht von einer Neupositionierung russischer Truppen aus. Wahrscheinlich seien verstärkte Offensiven in anderen Landesteilen. Auch für Kiew sei die Bedrohung längst nicht gebannt. Derzeit gestalte sich die Lage in Kiew aber vergleichsweise ruhig, teilte der stellvertretende Bürgermeister der Metropole mit. Außerhalb der Stadt sei Beschuss gewesen zu hören – Kiew selbst sei in der Nacht aber von Angriffen verschont geblieben.
Entgegen der russischen Ankündigung, die militärischen Aktivitäten auch in der ukrainischen Stadt Tschernihiw zu reduzieren, steht die Stadt nach Angaben ihres Gouverneurs weiterhin unter Beschuss. Die ganze Nacht über sei Tschernihiw das Ziel russischer Angriffe gewesen. Zudem habe es Luftangriffe auf das nahegelegene Nischyn gegeben.
Im norwestukrainisch gelegenen Irpin haben seit Kriegsbeginn mindestens 200 bis 300 Menschen ihr Leben verloren. Dies teilte der Bürgermeister der nahe zu Kiew gelegenen Stadt am Mittwoch mit.
In der westukrainischen Region Chmelnitskji sind nach Angaben des örtlichen Gouverneurs drei Industrieanlagen zum Ziel russischer Angriffe geworden. Es habe Brände gegeben. Über etwaige Opfer ist noch nichts bekannt.
Aus der Region Luhansk berichtete der dortige Gouverneur Serhij Gaidai via Telegram von schwerem Artilleriebeschuss auf Wohngebiete des Ortes Lysytschansk. Viele Gebäude seien daraufhin eingestürzt. Rettungskräfte hätten bereits mit der Suche nach Überlebenden begonnen; Informationen über Opfer liegen noch nicht vor.
Aus dem ebenfalls in der Ostukraine gelegenen Donezk meldete der Gouverneur Pawlo Kyrylenko großflächige russische Angriffe. Beinahe alle an der Demarkationslinie gelegenen Städte befänden sich unter russischem Beschuss. Im ukrainischen Fernsehen warnte der Gouverneur, die Lage könne sich durch die von Russland angekündigte Fokussierung auf die ostukrainischen Gebiete noch weiter verschärfen. Die Demarkationslinie trennt die unter ukrainischer Kontrolle befindlichen Gebiete von dem Territorium, das von prorussischen Separatisten kontrolliert wird. Das russische Militär gab am Mittwoch bekannt, zwei in der Region Donezk gelegene Munitionslager zerstört zu haben. Im Ort Kamjanka habe die ukrainische Armee Munition für ihre Raketenartillerie gelagert, so ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Moskau. Binnen 24 Stunden seien 64 militärische Objekte der Ukraine zerstört worden – darunter auch ein Stab ukrainischer Spezialkräfte im Gebiet Mykolajiw.
In der gleichnamigen südukrainischen Stadt Mykolajiw sind nach ukrainischen Angaben bei einem russischen Angriff auf die ansässige Regionalverwaltung 15 Menschen getötet und 34 weitere verletzt worden.
Laut ukrainischen Behörden sind aus einer Entbindungsstation in der belagerten Stadt Mariupol mehr als 70 Menschen gewaltsam nach Russland verschleppt worden – darunter viele Frauen und medizinisches Personal. Via Telegram erklärte die Stadtverwaltung, es seien insgesamt bereits mehr als 20.000 Menschen aus Mariupol gegen ihren Willen nach Russland verschleppt worden. Am Mittwoch meldete die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmyla Denoswa, in der Hafenstadt sei ein Gebäude des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) zum Ziel russischer Luftangriffe geworden.
Die ukrainische Regierung sorgt sich weiter um die Lage an der Atomruine in Tschernobyl. Man fürchte Explosionen russischer Munition am stillgelegten Kraftwerk, teilte die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk mit. Dies verband sie mit der Forderung eines Abzugs russischer Truppen rund um das Sperrgebiet.
Aktuelle Berichte:
Deutschland erwägt Beteiligung an Sicherheitsgarantien für die Ukraine
Deutschland zeigt sich grundsätzlich dazu bereit, gemeinsam mit anderen Ländern eine Rolle als Garant für die Sicherheit der Ukraine zu spielen. Entscheidende Voraussetzung dafür sei aber zunächst ein Friedensabkommen zwischen der Ukraine und Russland, teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit in Berlin mit. Er betonte, die Bundesregierung bleibe zudem bei ihrer strikten Haltung, nicht zur militärischen Konfliktpartei zu werden. Der ukrainische Präsident soll sich zuvor mehrfach bei Bundeskanzler Scholz erkundigt haben, ob Deutschland zur Beteiligung an internationalen Sicherheitsgarantien für die Ukraine bereit wäre (Der Spiegel).
Wirtschaftsminister Habeck ruft Frühwarnstufe der Gasversorgung aus
Deutschland bereitet sich auf ein Ende der Erdgaslieferungen durch Russland vor. Wirtschaftsminister Habeck hat die Vorwarnstufe in einem Notfallplan für die Gasversorgung gestartet. Hintergrund dieses Schrittes ist das von Russland wiederholt formulierte Ultimatum, Zahlungen für Energielieferungen ab April nur noch in der russischen Landeswährung Rubel zu akzeptieren. Zahlungen in Euro und Dollar würden von Russland dann nicht mehr akzeptiert. Die G7-Staaten hatten die russische Forderung am Montagabend erneut zurückgewiesen. Russland drohte daraufhin mit einem sofortigen Ende der Gasexporte. Auch wenn noch nicht klar ist, ob Russland seine Gaslieferungen im Falle der Zuwiderhandlung tatsächlich einstellt, werde man sich mit Ausrufung der Frühwarnstufe nun auf ein Ausbleiben russischer Gasimporte einstellen. Weitere Schritte des Notfallplans sehen eine Priorisierung der Gasversorgung vor: Während Haushalte weiterhin mit Gas versorgt werden sollen, könnten einzelne industrielle Großkunden dann deutlich reduzierte Gasmengen erhalten (Der Spiegel).
Energieversorgung in Deutschland: So funktioniert der Notfallplan Gas
Die Bundesregierung bereitet sich aufgrund des Ukraine-Kriegs und russischer Drohungen, Gaslieferungen nach Europa einzustellen, auf eine mögliche Verschlechterung der Gasversorgung vor. Die nun ausgerufene Frühwarnstufe bedeutet laut Wirtschaftsminister Habeck, dass im Wirtschaftsministerium nun täglich ein aus Behörden und Energieversorgern bestehender Krisenstab zusammenkommen soll. Dessen Aufgabe wird es sein, die aktuelle Versorgungslage zu analysieren und zu bewerten. Zusätzlich soll die Bundesnetzagentur ab kommendem Donnerstag einen täglichen Sachstandsbericht veröffentlichen. Der Notfallplan Gas sieht drei Eskalationsstufen vor. Allerdings würde der Staat erst in der höchsten der insgesamt drei Stufen eine Priorisierung bei der Gasversorgung vornehmen (ZDF).
Russland stellt Gaszahlungen nicht sofort auf Rubel um
Wie der Kreml bekannt gab, wird Russland nicht sofort verlangen, dass andere Länder ihre Gaslieferungen in Rubel bezahlen. Als ein Entgegenkommen ist die Mitteilung indes nicht zu verstehen. Stattdessen soll es eine allmähliche Umstellung für russische Exportgüter geben. Auch Lieferungen von Öl, Getreide, Metallen, Düngemitteln, Kohle und Holz müssten dann in der russischen Landeswährung beglichen werden. Der Chef des russischen Parlaments Wjatscheslaw Wolodin schob dem die an die EU gerichtete Warnung hinterher, dass sie künftige Gaslieferungen in Rubel zu bezahlen habe, wenn sie weiter russisches Gas wolle (Der Spiegel).
Russland und China rücken zusammen
Erstmals seit Kriegsbeginn sind der russische Außenminister Lawrow und sein chinesischer Amtskollege Wang Yi in der südostchinesischen Provinz Anhui zu einem persönlichen Treffen zusammengekommen. Anlass des Treffens sind Gespräche über die Entwicklung Afghanistans, zu denen Gastgeber China eingeladen hatte. Auch Vertreter der USA und der afghanischen Taliban-Regierung zählten zu den Teilnehmern des Gipfels. Aufhorchen ließ die Vereinbarung einer „strategischen Partnerschaft“ zwischen Russland und China in einer „schwierigen internationalen Situation“. Künftig wolle man sich außenpolitisch noch enger abstimmen und in internationalen Angelegenheiten mit einer Stimme sprechen, ließ das Außenministerium in Moskau nach Abschluss der Gespräche wissen (Süddeutsche Zeitung).
29. März 2022
Lagebericht
Der ukrainische Präsident Selenskyj schätzt die Situation in seinem Land trotz einiger militärischer Erfolge weiter als angespannt ein. In seiner nächtlichen Videoansprache bezeichnete er die Lage sowohl im Norden als auch im Osten und Süden des Landes als „sehr schwierig“. Russische Truppen hielten den Norden des Kiewer Gebiets unter ihrer Kontrolle, verfügten weiterhin über Ressourcen und Kräfte und versuchten, zerschlagene Einheiten wiederaufzubauen, so Selenskyj. Auch in den weiteren im Norden gelegenen Gebieten bei Tschernihiw, Sumy und Charkiw sowie im gesamten Donbass-Gebiet im Osten bis hinunter zum südlichen Mariupol dauerten die Kämpfe weiter an.
Laut Bericht des ukrainischen Generalstabs versuchten die ukrainischen Streitkräfte derzeit an mehreren Orten im Donbass, Angriffe russischer Einheiten abzuwehren. So sei man dabei, den russischen Vormarsch auf die Großstadt Slowjansk im Gebiet Donezk im Südosten des Landes sowie auf die Kleinstadt Barwinkowe im Gebiet Charkiw zu stoppen. Auch im Gebiet Luhansk versuche man die Eindämmung russischer Angriffe. Ebenso sei man in der Region Tschernihiw im Norden des Landes dabei, den russischen Vormarsch einzudämmen. Rund um Kiew kämpften die für die Verteidigung der Hauptstadt zuständigen Kräfte weiter und kontrollierten die Situation in einigen Vororten Kiews. Die westlich von Kiew gelegene Stadt Irpin hätten die ukrainischen Streitkräfte von russischen Truppen befreit. Die russischen Einheiten seien geschwächt und „orientierungslos“. Ein großer Teil der Truppen sei von der Logistik und den Hauptstreitkräften abgeschnitten, heißt es im Lagebericht des Generalstabs. Gleichzeitig hielten die ukrainischen Truppen im Süden die Rundumverteidigung der umkämpften Hafenstadt Mariupol aufrecht.
Um das ukrainische Militär zu schwächen, nimmt Russland nach wie vor ukrainische Militärstützpunkte und Treibstofflager unter Beschuss. Nachdem gestern in der nordwestukrainischen Region Riwne ein Öldepot getroffen wurde, sind nun nach Dubno, Luzk, Lwiw, Mykolajiw und weiteren Lagern in der Nähe der Hauptstadt Kiew rund ein Dutzend Kraftstofflager schwer beschädigt worden. Durch russische Luftangriffe seien allein seit Montag 68 ukrainische Militärobjekte zerstört worden, sagte der ukrainische Verteidigungsminister, darunter unter anderem Flugabwehrraketensysteme, zwei Munitionsdepots und drei Treibstofflager.
Zur weiteren Unterstützung will Russland laut britischem Verteidigungsministerium nun offenbar neben Kämpfern aus Syrien, Tschetschenien und Südossetien auch russische Söldner der „Gruppe Wagner“ im Osten der Ukraine einsetzen. Schätzungen zufolge könnten mehr als 1.000 Söldner für Kampfeinsätze in die Ukraine entsandt werden. Die „Wagner-Gruppe“ gilt als Russlands „Schattenarmee" und wird mit Krisenregionen wie Syrien, Libyen und zuletzt auch Mali in Zusammenhang gebracht. Den Söldnern werden schwere Verstöße gegen Menschenrechte vorgeworfen, darunter Folter und gezielte Tötungen. Der Kreml bestreitet jegliche Verbindung zur „Wagner-Gruppe“.
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International wirft Russland in ihrem jüngst veröffentlichten Jahresbericht Kriegsverbrechen vor. Die Organisation kritisiert ferner, die internationale Staatengemeinschaft reagiere nur unzureichend auf die weltweiten Krisen. Sie lastet internationalen Institutionen wie dem UN-Sicherheitsrat eine „beschämende Untätigkeit“ an. Dieser solle besser als „Unsicherheitsrat“ betitelt werden.
Indes hat die UN eine Initiative zu sofortigen Sondierungen für eine mögliche „humanitäre Waffenruhe" in der Ukraine gestartet. Über eine Resolution habe die UN-Vollversammlung im März bereits zwei Mal eine sofortige Einstellung der Waffenruhe gefordert. Jetzt sei der Moment für die Vereinten Nationen gekommen, tatsächlich die Initiative zu ergreifen. UN-Generalsekretär António Guterres hat seinen Nothilfekoordinator Martin Griffiths darum gebeten, die Möglichkeit eines „humanitären Waffenstillstands” im Ukraine-Krieg auszuloten. Auch starten heute die Friedensverhandlungen zwischen russischen und ukrainischen Vertretern in der Türkei. Die ukrainische Seite dämpfte jedoch bereits im Vorfeld die Erwartungen.
Was Spekulationen über einen möglichen Einsatz nuklearer Waffen durch Russland anbelangt, ist Kreml-Sprecher Dimitri Peskow diesen Gedanken nun energisch entgegengetreten. „Niemand in Russland denkt an den Einsatz oder auch nur an die Idee eines Einsatzes von Atomwaffen“, sagte er im Gespräch mit einem amerikanischen Fernsehsender. Wie auch immer die „spezielle Militäroperation“ ausgehe, werde dies kein Grund für den Einsatz nuklearer Waffen sein. Russland werde sein Atomwaffenarsenal nur bei einer „Bedrohung der Existenz Russlands“ einsetzen. Die staatliche Existenz Russlands und die Ereignisse in der Ukraine hätten „nichts miteinander zu tun“.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie: Heute wurden nach drei Wochen Pause die Verhandlungen zwischen russischen und ukrainischen Vertretern in der Türkei fortgesetzt. Die russische Seite sprach von konstruktiven Gesprächen, die ukrainische Seite von Fortschritten. Die Vorschläge der Ukraine würden nun geprüft, so der russische Unterhändler. Ein Treffen Putins mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj sei möglich, wenn zuvor eine Vereinbarung zwischen den Außenministern beider Länder erzielt worden sei. Die Ukraine hat bei den Verhandlungen ein neues System für Sicherheitsgarantien vorgeschlagen. Wenn ein solches System stehe, werde die Ukraine einem neutralen Status zustimmen. Die Ukraine warte nun auf die russischen Antworten. Man sei zudem der Ansicht, dass es genug Fortschritte für ein Treffen der Präsidenten Putin und Selenskyj gegeben habe. Für die Fortführung der Gespräche nannte die Ukraine einen Zeitraum von zwei Wochen. Indes möchten die UN über ihren Nothilfekoordinator die Initiative ergreifen, um eine „humanitäre Waffenruhe" zu erwirken.
Flüchtlinge: Nachdem gestern bereits eine Gesamtzahl von 3,9 Millionen Menschen gemeldet wurden, die seit Kriegsbeginn aus der Ukraine ins Ausland geflohen sind, dürfte heute die 4-Millionen-Marke erreicht werden. Weitere 6,5 Millionen Menschen sollen innerhalb der Ukraine auf der Flucht sein. Stand gestern sind laut Grenzschutz bislang rund 2,35 Millionen Menschen aus der Ukraine nach Polen geflüchtet, 595.000 nach Rumänien und 383.000 in die Republik Moldau, 354.000 nach Ungarn, 275.000 in die Slowakei und eine ähnlich hohe Anzahl nach Tschechien. In Deutschland sollen mittlerweile laut der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung mehr als 300.000 Kriegsflüchtlinge registriert worden sein.
Evakuierungen: Die stellvertretende ukrainische Ministerpräsidentin erklärte, sie hoffe, dass am heutigen Dienstag drei Fluchtkorridore aus umkämpften Gebieten geöffnet werden können, unter anderem auch für Mariupol. Dort hoffe man auf einen Fluchtkorridor für Menschen in Privatautos. Zwei weitere Korridore seien im Gebiet Saporischschja für die Atomkraftwerksstadt Enerhodar und die Großstadt Melitopol vereinbart worden. Busse des Zivilschutzes seien unterwegs. In den letzten Tagen waren wenig bis keine Evakuierungen aus umkämpften Städten mehr möglich.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
In der Region um Kiew verteidigen die ukrainischen Streitkräfte laut eigenen Angaben weiterhin die Stellungen. In den Orten Motyschyn, Lisne, Kapitaniwka und Dmytrivka im Westen Kiews sei die Situation unter Kontrolle. Aus dem westlich gelegenen Irpin konnten die russischen Soldaten vertrieben werden, so der dortige Bürgermeister. In Kiew sind Bürgermeister Vitali Klitschko zufolge seit Beginn der russischen Invasion mehr als 100 Menschen ums Leben gekommen.
Die ukrainische Armee ist es eigenen Angaben zufolge gelungen, russische Truppen vor der Großstadt Krywyj Rih zurückzudrängen. „Die Besatzer befinden sich nicht näher als 40 Kilometer von der Stadt entfernt“, sagte der Chef der Militärverwaltung der Stadt. Krywyj Rih ist die im Süden gelegene Heimatstadt von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Vor dem Krieg lebten dort etwa 600.000 Menschen. Den russischen Streitkräften war es zwischenzeitlich gelungen, bis etwa zehn Kilometer an die Industriestadt heranzukommen. Die russische Armee hat im Ukraine-Krieg nach Angaben der örtlichen Behörden ein Regierungsgebäude beschossen.
In der südukrainischen Stadt Mykolajiw wurde das Gebäude der Regionalverwaltung unter Beschuss genommen. Die Hälfte des Gebäudes sei bei dem Angriff zerstört worden. Zuletzt hatten die Angriffe auf Mykolajiw nachgelassen.
In der stark umkämpften Hafenstadt Mariupol versuche die ukrainische Armee, die Rundumverteidigung aufrecht zu erhalten. Nach Angaben des britischen Militärgeheimdienstes halte die Ukraine weiter das Zentrum der umkämpften südöstlichen Hafenstadt Mariupol. Der dortige Bürgermeister sagte hingegen in einem Fernsehinterview, nicht alles sei mehr in seiner Macht. „Leider sind wir hier jetzt in der Hand der Besatzer.“ Allerdings wurde nicht klar, inwieweit sich dies auf die Kontrolle des Stadtgebiets bezog. Möglicherweise zielte er vor allem auf die Situation in den Fluchtkorridoren ab. Diese würden praktisch komplett von den russischen Invasoren kontrolliert. In einem heutigen Telefonat Präsident Putins mit dem französischen Präsidenten Macron hat dieser geäußert, daß die „ukrainischen nationalistischen Kämpfer den Widerstand aufgeben und die Waffen niederlegen sollten”. Die Situation in Mariupol ist jedenfalls nach wie vor katastrophal. Das Leben in der Stadt sei unerträglich geworden, es gebe keinen Strom, kein Wasser, keine Heizung, so der Bürgermeister. Heute setzt Mariupol die Hoffnung auf einen Fluchtkorridor, über den Menschen zumindest versuchen könnten, die Stadt zu verlassen.
Im Süden geht offenbar weiterhin eine Gefahr von frei im Meer schwimmenden Seeminen aus. Die Minen hätten sich von ihren Verankerungen gelöst und würden vor den Küsten der Anrainerstaaten treiben, so das russische Verteidigungsministerium. Das türkische Verteidigungsministerium hatte bereits mitgeteilt, Seeminen in ihren Gewässern entdeckt und unschädlich gemacht zu haben. Russland und die Ukraine werfen sich gegenseitig vor, das Schwarze Meer vermint zu haben.
Aktuelle Berichte:
Fortschritte bei den Verhandlungen der Ukraine und Russland in der Türkei
Bei dem vierstündigen Gespräch in Istanbul konnten Fortschritte erzielt werden, so die Einschätzung beider Parteien. Der russische Unterhändler Wladimir Medinsky hat die Verhandlungen in der Türkei als konstruktiv bezeichnet. Die Vorschläge der Ukraine würden nun geprüft und dann Präsident Putin übermittelt, sagte Medinsky. Ein Treffen Putins mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj sei nur möglich, wenn zuvor eine Vereinbarung zwischen den Außenministern beider Länder erzielt worden sei. Russland wolle nach Angaben des Verteidigungsministeriums seine „militärischen Aktivitäten" in der Ukraine bei Kiew und Tschernihiw nun deutlich reduzieren. Diese militärische Deeskalation würde jedoch keine Feuerpause bedeuten.
Die Ukraine hat bei den Verhandlungen nach eigenen Angaben ein neues System für Sicherheitsgarantien vorgeschlagen. Wenn ein solches System stehe, werde die Ukraine einem neutralen Status zustimmen. Das würde auch umfassen, dass es keinen ausländischen Militärstützpunkt auf ukrainischem Gebiet geben werde. Grundvoraussetzung sei aber ein Referendum über die Bedingungen eines Abkommens mit Russland. Zudem müsse vor Inkrafttreten eines finalen Abkommens auf dem gesamten Gebiet der Ukraine wieder Frieden herrschen. Die Ukraine warte nun auf die russischen Antworten. Man sei zudem der Ansicht, dass es genug Fortschritte für ein Treffen der Präsidenten Putin und Selenskyj gegeben habe. Sobald ein vertretbarer Kompromiss gefunden worden sei, könne ein möglicher Vertrag zwischen beiden Staaten schnell unterzeichnet werden, so die russischen Unterhändler (Tagesschau).
Amnesty International wirft Russland Kriegsverbrechen vor
Amnesty International hat Russland „eine eklatante Verletzung des Völkerrechts" in der Ukraine vorgeworfen. „Wahllose Angriffe auf Krankenhäuser, Wohngebiete und Kindergärten sowie der Einsatz verbotener Streumunition" seien belegt worden, erklärte der Generalsekretär von AI in Deutschland anlässlich der Vorstellung des Jahresberichts der Organisation. Dabei handle es sich um Kriegsverbrechen. Der internationalen Staatengemeinschaft wirft Amnesty in dem Jahresbericht weltweit eine unzureichende Reaktion auf Konflikte vor. Es herrsche ein Klima, „in dem Verletzungen des humanitären Völkerrechts und schwerste Menschenrechtsverletzungen nicht durch ein konsequentes Eintreten der internationalen Staatengemeinschaft sanktioniert wurden“. Der russische Angriff auf die Ukraine sei nur die Spitze des Eisbergs (Tagesschau).
Importierte Energie im Februar fast 130 Prozent teurer als im Vorjahresmonat
Bei den Energiepreisen hat es im Februar auf allen Wirtschaftsstufen einen enormen Anstieg gegeben – und dies, obwohl die aktuelle Preisentwicklung nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine in den Ergebnissen noch nicht enthalten sei. Laut Statistischem Bundesamt war importierte Energie im Februar mit einem Plus von 129,5 Prozent mehr als doppelt so teuer wie im Vorjahresmonat. Demnach trugen „die Unsicherheiten auf den Energiemärkten und die angespannte Versorgungslage mit Erdgas vor dem Angriff Russlands auf die Ukraine“ zu den hohen Energiepreissteigerungen bei. Im Inland erzeugte Energie kostete 68,0 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Verbraucher mussten für Haushaltsenergie und Kraftstoffe 22,5 Prozent mehr zahlen als im Februar 2021 (arte).
Russland erwägt Gaslieferstopp: „Sind keine Wohltäter”
Die EU und die G7-Staaten haben die jüngste Forderung Russlands nach einer Bezahlung von Gaslieferungen in Rubel weitgehend abgelehnt. Russland droht nun seinerseits mit einem Lieferstopp: „Keine Bezahlung – kein Gas”, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow. Man wolle die endgültige Antwort der EU abwarten und dann die nächsten Schritte festlegen. „Wir beabsichtigen aber auf keinen Fall, uns als Wohltäter zu zeigen und Westeuropa kostenloses Gas zu liefern“, betonte Peskow (Tagesschau).
28. März 2022
Lagebericht
Nachdem das russische Militär derzeit keine großen Offensiven in Richtung weiterer Geländegewinne startet und hauptsächlich versucht, die momentanen Stellungen zu verteidigen, setzt es seine Strategie fort, die belagerten Städte weiter unter Druck zu setzen. Vor allem über die Luft führt das russische Militär Angriffe gegen ukrainische Städte weiter fort. In der Nacht wurden unter anderem die Hauptstadt Kiew, Charkiw sowie Luzk und Riwne von mehreren schweren Explosionen erschüttert. Mit der „partiellen oder totalen Blockade von humanitären Korridoren“ zur Evakuierung der Bevölkerung aus den umkämpften Städten wirft die ukrainische Führung dem russischen Militär eine „unmenschliche Taktik" vor.
Nach der Ankündigung Russlands, sich auf die Befreiung der Donbass-Region im Osten der Ukraine konzentrieren zu wollen, befürchtet die ukrainische Regierung insbesondere eine weitere Verschlechterung der ohnehin katastrophalen Lage der Stadt Mariupol, die im Süden des Donbass gelegen ist. Russland würde mit allen Mitteln versuchen, diese Stadt vollends zu zerstören und einzunehmen. Nachdem Russland angegeben hat, hauptsächlich die „Befreiung” des Ostens zum Ziel zu haben, scheint eine Teilung der Ukraine aus Sicht Russlands ein realistisches Szenario zu sein, so Militärexperte Thomas Wiegold.
Russland versucht indes weiterhin, militärische Ziele in der Ukraine anzugreifen und Kriegsgerät und Depots unter Beschuss zu nehmen. So wurde gestern in Luzk im Nordwesten der Ukraine ein großes Treibstoffdepot getroffen. Ferner sind in der von russischen Streitkräften besetzten Sperrzone um die Atomruine Tschernobyl nach Angaben der ukrainischen Behörden erneut neue, schwer löschbare Brände ausgebrochen, die ernste Folgen haben könnten.
Im Süden an der ukrainischen Schwarzmeerküste halte Russland weiterhin seine Blockade aufrecht und isoliere somit die Ukraine effektiv vom internationalen Seehandel, so der britische Geheimdienst. Sporadisch gebe es weiterhin Angriffe der russischen Seekräfte auf Ziele in der Ukraine. Die Zerstörung eines russischen Landungsschiffes, das vor einigen Tagen an der Küste angelegt hatte, dürfte die russische Marine indes wohl zögern lassen, künftig Einsätze aus nächster Nähe der Küste durchzuführen.
Aber auch die ukrainischen Streitkräfte setzen ihre Strategie fort, mit Gegenoffensiven die russischen Einheiten zum Rückzug zu zwingen. So wurden im Nordosten in der Umgebung von Charkiw russische Truppen aus mehreren Ortschaften verdrängt: „Wir treiben die Besatzer in Richtung Grenze zurück“, so der regionale Militärchef. Auch in der Region Kiew gab es nach ukrainischen Angaben Landgewinne. Ferner versucht das ukrainische Militär weiterhin, russische Logistikkonvois zu überfallen, um dem Nachschub an Ausrüstung und Personal zu unterbinden.
Indes setzt Russland seine Bemühungen fort, weitere Truppen zu mobilisieren. Derzeit würden zusätzliche Militäreinheiten an die ukrainische Grenze verlegt, so der ukrainische Generalstab. Ferner bringe Russland zur Vorbereitung weiterer Angriffe auf die Ukraine neue Raketen nach Belarus. Die sich in Belarus befindlichen russischen Abschussrampen würden mit neuen Projektilen versorgt. Diese mobilen Abschussbasen könnten sowohl Kurzstreckenraketen als auch Marschflugkörper abfeuern. Zuletzt hatten Experten festgestellt, dass die Projektile auch Täuschkörper freisetzten, um Radar oder Abfangraketen zu verwirren.
Heute hat das ukrainische Wirtschaftsministerium aktuelle Zahlen über die bislang durch den aktuellen Krieg verursachten Schäden bekannt gegeben. Sie beliefen sich auch ein Volumen von 564,9 Milliarden Dollar. Mit eingerechnet seien darin unter anderem Schäden an der Infrastruktur, Verluste bei der Wirtschaftsleistung und andere Faktoren, sagte die Wirtschaftsministerin. 8.000 Kilometer Straßen und 10 Millionen Quadratmeter Wohnfläche seien beschädigt oder zerstört.
Verhandlungen — internationale Krisendiplomatie: Ab morgen sollen die neuen Verhandlungen zwischen russischen und ukrainischen Vertretern in der Türkei beginnen. In einem gestrigen Interview mit mehreren unabhängigen russischen Medien betonte der ukrainische Präsident Selenskyj, wirksame Sicherheitsgarantien für die Ukraine seien ein Muss. Die Territoriale Integrität und Souveränität seines Landes müsse gewahrt bleiben. In der Frage über eine Neutralität der Ukraine sowie die Zukunft des Donbass sei er zu Kompromissen bereit.
Flüchtlinge: Nahezu 3,9 Millionen Menschen sind nach UN-Angaben mittlerweile aus der Ukraine ins Ausland geflohen. Weitere 6,5 Millionen Menschen sind demnach innerhalb der Ukraine auf der Flucht. Rund 2,3 Millionen Menschen sind laut Grenzschutz bislang aus der Ukraine nach Polen geflüchtet, 595.000 nach Rumänien und 383.000 in die Republik Moldau, 354.000 nach Ungarn, 275.000 in die Slowakei und eine ähnlich hohe Anzahl nach Tschechien. In Deutschland sollen mittlerweile laut der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung über 300.000 Kriegsflüchtlinge angekommen sein. Bundeskanzler Olaf Scholz erklärte: „Aber das wird nur der Anfang sein.” Je länger der Krieg andauere, umso mehr Menschen würden Schutz suchen müssen. „Und sie werden diesen Schutz bei uns auch finden.”
Seit Beginn des Krieges sind laut offiziellen Angaben aus Kiew über 500.000 Menschen wieder in die Ukraine zurückgekehrt.Demnach seien bis zu 80 Prozent der Einreisenden Männer. Die Grenzpolizei geht davon aus, dass die meisten militärisch oder nicht-militärisch zur Landesverteidigung beitragen wollten.
Evakuierungen: Gestern war es nur gut 1.000 Menschen gelungen, sich aus umkämpften Städten in Sicherheit zu bringen. Da Russland die Fluchtwege und Evakuierungen zu einem großen Teil blockiert, ist es nunmehr sehr schwer, über die geplanten Fluchtkorridore Menschen aus der Stadt zu bringen. Dennoch wird versucht, täglich neue Fluchtrouten mit der russischen Seite zu vereinbaren. Allerdings konnten offenbar für den heutigen Montag aufgrund der Bedrohung durch russische Truppen keine Fluchtkorridore eingerichtet werden. Es gebe Geheimdienstinformationen über mögliche „Provokationen“ auf den Routen, heißt es aus Kiew.
Todesfälle: Nach ukrainischen Angaben hat der am 24.Februar begonnene Krieg insgesamt auf beiden Seiten bereits um die 20.000 Kriegstote gefordert. Zum Vergleich: Bei dem Krieg in der Ukraine, der sich nach den Euromajdan-Protesten 2013 in den Folgejahren entwickelte, kamen auf Seiten der ukrainischen Truppen und den von Russland unterstützen Separatisten nach UN-Angaben mehr als 13.000 Menschen ums Leben.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
In der Region um die Hauptstadt Kiew wird einerseits von ukrainischen Rückeroberungen von Ortschaften berichtet, andererseits gibt es auch Meldungen über neuerliche Versuche Russlands, die Verteidigungsanlagen im Umkreis von Kiew zu durchbrechen und weiter in Richtung der Hauptstadt vorstoßen. Die ukrainische Armee konnte die Versuche offenbar abwehren. Am Morgen wurde in der Region um Kiew von Raketeneinschlägen berichtet sowie von Kämpfen entlang der strategisch wichtigen Autobahn. Die russische Seite berichtet ferner von einer neuerlichen Panzerkolonne, die 40 Kilometer von Kiew entfernt den Ort Salissja verlassen haben und auf der Fernstraße E95 in Richtung Kiew unterwegs sein soll. Eine größere Offensive auf die Hauptstadt scheint derzeit weiter wenig wahrscheinlich. Zu weit entfernt ist der Großteil der russischen Truppen. Der Druck auf die Hauptstadt könnte im Zuge der neuerlichen Mobilisierungsaktivitäten Russlands künftig jedoch wieder stärker zunehmen.
In der nördlich von Kiew gelegenen Stadt Tschernihiw konnten ukrainische Soldaten nach eigenen Angaben in der vergangenen Nacht russische Angriffe abwehren. Auch das östlich von Kiew gelegenen Schytomyr sei mit Raketen und Bomben beschossen worden.
Ebenso stand abermals die im Norden gelegene Stadt Charkiw unter starkem Beschuss. Binnen 24 Stunden hätten die russischen Truppen Charkiw fast sechzig Mal mit Artillerie und Mörsern beschossen. Seit Beginn der russischen Angriffe seien nach ukrainischen Angaben fast 1.180 mehrgeschossige Wohnhäuser zerstört worden. Außerdem seien mehr als 50 Kindergärten, fast 70 Schulen und 15 Krankenhäuser vernichtet worden, sagte der Bürgermeister von Charkiw. Rund 30 Prozent der Bevölkerung hätten die Stadt verlassen.
In der im Nordwesten gelegenen Stadt Luzk steht nach einem Beschuss ein großes Treibstoffdepot in Flammen. Der Bürgermeister der Stadt forderte die Bewohner auf, in den Schutzbunkern zu bleiben und keine Fotos oder Videos über die Explosionen zu veröffentlichen. Auch aus der nordwestukrainischen Region Riwne hat es laut dem dortigen Gouverneur einen russischen Raketenangriff auf ein Öldepot gegeben. Der Zivilschutz sei bereits vor Ort. Aufgrund des weiter geltenden Luftalarms sollen die Bürger weiter in den Schutzkellern bleiben.
In der von russischen Streitkräften besetzten Zone um die Atomruine Tschernobyl im Norden der Ukraine sind nach Angaben der ukrainischen Behörden neue Brände ausgebrochen, die wegen der russischen Truppen schwer zu kontrollieren und zu löschen seien.
Im stark umkämpften Mariupol wird befürchtet, dass sich die Lage noch weiter verschlechtern könnte. Russland setze seine „totalen Raketenangriffe" gegen ukrainische Städte fort und decke dabei insbesondere auch die Hafenstadt Mariupol mit „Bombenteppichen” ein, so der ukrainische Präsidentenberater. Die derzeitige Konzentration Russlands auf den Donbass bedeute „eine potenzielle oder starke Verschlechterung rund um Mariupol”. Bereits jetzt, so der ukrainische Präsident Selenskyj, liege in Mariupol mehr in Schutt und Asche als im tschetschenischen Grosny. Die lokalen Behörden geben die Zahl der Toten iin Mariupol mittlerweile mit 5000 an. Die Versorgunsglage ist katastrophalst.Für heute konnten offenbar keine sicheren Fluchtkorridore aus der Stadt vereinbart werden. Es gebe Angaben über russische Provokationen zur Verhinderung der Evakuierungen. Der Bürgermeister von Mariupol rief zur vollständigen Evakuierung der Stadt auf. Rund 50 Prozent der Bevölkerung hätten die Stadt seit Kriegsbeginn verlassen können, 160.000 Einwohner seien jedoch nach wie vor in der Stadt eingeschlossen. Indes laufen die Planungen unter der Führung Frankreichs für eine groß angelegte Evakuierungsaktion für die weiter in der Stadt ausharrenden Menschen weiter.
Die Hafenstadt Odessa bereitet sich derweil weiter auf eine mögliche Großoffensive auf die Hafenstadt vor. Sollte Russland die Kontrolle über den dortigen Hafen bekommen, wäre dies ein schwerer Schlag im Hinblick auf die Versorgungslage der Ukraine. Derzeit scheint die Gefahr für eine Offensive auf die Stadt allerdings weder von der See als auch von Land aus wenig wahrscheinlich. Am Sonntag hat sich die Kampflinie von der Stadt Mykolajiw nach ukrainischen Angaben etwas entfernt. Die Bombenangriffe auf die seit Wochen von der russischen Armee belagerte Stadt haben offenbar nachgelassen. Mykolajiw befindet sich gut 100 Kilometer nordöstlich der Stadt Odessa und gilt als strategisch wichtig. Sollte es der Ukraine gelingen, diese Stadt weiterhin zu halten, ist ein russischer Bodenangriff von Seiten des Landes auf Odessa unwahrscheinlich.
Aktuelle Meldungen:
Verhandlungen zwischen Ukraine und Russland gehen in die nächste Runde
Nachdem es zunächst hieß, die Verhandlungen würden bereits heute starten, sollen die Gespräche nun doch erst morgen beginnen. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan und der russische Staatschef Wladimir Putin hatten sich in einem Telefonat zuvor darauf verständigt, dass die neue Runde der Verhandlungen, die zuletzt per Videokonferenz geführt wurden, in Istanbul stattfinden soll. In Bezug auf einen möglichen neutralen Status der Ukraine erklärte Selenskyj, die Forderung Russlands „gründlich" prüfen zu wollen. Er habe Verständnis für diese Forderung der Gegenseite. Gleichzeitig betonte Selenskyj, die Sicherheitsgarantien für die Ukraine und die territoriale Integrität und Souveränität seines Landes müssten gewährleistet werden. In der Frage um den Donbass im Osten der Ukraine strebt Selenskyj eine Lösung an, nach welcher sich die russischen Truppen in die von prorussischen Separatisten kontrollierten Gebiete im Osten „zurückziehen“. Von dort aus könne versucht werden, die Donbass-Frage weiter zu lösen. Er betonte weiter: „Wir verstehen, dass es unmöglich ist, das Gebiet vollständig zu befreien.” Eine Rückeroberung der Gebiete würde „den Dritten Weltkrieg” auslösen (Tagesschau).
EU will Aufnahme von Flüchtlingen koordinieren
Mittlerweile sind über 3,8 Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine in benachbarten Ländern angekommen sind. Und die Zahl der Flüchtlinge, die nach Europa wollen, steigt weiterhin an. Bislang waren sich die EU-Staaten nicht einig, wie die Verteilung der Flüchtlinge geregelt werden soll. Die Innenminister der 27 EU-Staaten berieten heute in Brüssel über ein gemeinsames Vorgehen. Am Ende der Beratungen haben sich die EU-Innenminister auf einen Zehn-Punkte-Plan verständigt, um die Geflüchteten zu verteilen und Aufnahmeländern finanziell zu helfen. Über eine jüngst von der EU-Kommission eingerichtete Solidaritätsplattform soll die Verteilung der Schutzsuchenden organisiert werden Eine verbindliche Quotenregelung werde es nicht geben (Welt).
Rund 200 Straftaten pro Woche gegen russisch- und ukrainischstämmige Menschen
Vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine haben nach Angaben des Bundeskriminalamts in Deutschland Straftaten gegen russisch- und ukrainischstämmige Menschen deutlich zugenommen. Man zähle derzeit gut 200 Fälle pro Woche; davon sei die Mehrzahl antirussisch motiviert, sagte BKA-Chef Münch. Die Taten reichten von Beleidigungen und Bedrohungen bis hin zu körperlichen Übergriffen. Es gebe auch Sachbeschädigungen wie Farbschmierereien mit entsprechendem Inhalt (Deutschlandfunk).
Vereinigte Arabische Emirate halten am OPEC-Bündnis fest: Russisches Öl unverzichtbar
Russisches Öl ist nach Einschätzung der Vereinigten Arabischen Emirate für den Energiemarkt unverzichtbar. Es werde gebraucht, kein Ölförderland könne es ersetzen, so der Energieminister Suhail al-Masruei. Am Bündnis der OPEC mit Russland werde festgehalten. Russland sei ein wichtiges Mitglied der Gruppe. Sein Land werde zusammen mit den anderen Ölstaaten im OPEC+-Verbund daran arbeiten, den Markt stabil zu halten. Politische Fragen müssten dabei außen vor gelassen werden. So schnell wie möglich müsse die Ukraine-Krise auf diplomatischem Weg gelöst werden und nicht durch den Zufluss von immer mehr Waffen. Das Bündnis halte sich an seinen Plan zur allmählichen Steigerung der Ölfördermenge (Handelsblatt).
G7-Staaten lehnen Gaszahlungen in Rubel ab
Die Energieminister der G7-Staaten sind nicht bereit, russische Gasrechnungen in Rubel zu begleichen. In einer virtuellen Besprechung waren sich heute die G7-Minister einig, dass die russischen Forderungen nach einer Zahlung in Rubel „ein einseitiger und klarer Bruch der bestehenden Verträge" seien, so Energie- und Wirtschaftsminister Habeck. Deutschland hat derzeit den Vorsitz im Kreis der Staatengruppe. Auf die Frage nach Vorbereitungen für den Fall, dass Russland Gaslieferungen einstelle, sagte Habeck: „Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet.“ Für die unmittelbare Finanzierung des russischen Kriegs gegen die Ukraine seien die Zahlungen aus dem Westen für Energielieferungen nicht maßgeblich. Die Armee finanzieren, Soldaten versorgen, Treibstoffe für Panzer liefern oder Kriegswaffen bauen könne Putin weitgehend im eigenen Land. „Dazu braucht er Rubel. Die Rubel kann er drucken”, sagte Habeck (Tagesschau).
Neue Brände in Tschernobyl-Sperrzone: Forderung nach Maßnahmen des UN-Sicherheitsrats
In der von russischen Streitkräften besetzten Zone um die Atomruine Tschernobyl sind nach Angaben der ukrainischen Behörden neue große Brände ausgebrochen, die „sehr ernste Folgen haben können“, so die stellvertretende ukrainische Regierungschefin am Sonntagabend. Wegen der russischen Truppen sei es im Moment unmöglich, die Brände vollständig zu kontrollieren und zu löschen. Sie forderte vom UN-Sicherheitsrat „sofortige Maßnahmen” zur „Entmilitarisierung” des Gebiets rund um die Atomruine (n-tv).
27. März 2022
Lagebericht
Nach Informationen des britischen Verteidigungsministeriums beschießen russische Luft- und Raketenstreitkräfte auch weiterhin Ziele in der gesamten Ukraine. Auch dicht besiedelte Gebiete würden zum Ziel der russischen Angriffe. Bei seinen Angriffen setze Russland auf sogenannte Abstandsmunition, die aus dem eigenen Luftraum abgeschossen wird. Auf diese Weise seien russische Flugzeuge nicht dem Risiko ausgesetzt, von der ukrainischen Luftabwehr getroffen zu werden. Allerdings sind diese Waffen laut US-Berichten nicht sonderlich effektiv. In bis zu 60 Prozent der Fälle sollen die eingesetzten Waffen nicht richtig funktionieren oder ihre Ziele verfehlen. Dies könnte Russland dazu veranlassen, auf weniger hochentwickelte Raketen zurückzugreifen oder seine Flugzeuge einem höheren Risiko auszusetzen.
Das britische Verteidigungsministerium geht zudem davon aus, dass sich russische Truppen derzeit darauf konzentrierten, ukrainische Streitkräfte im Osten des Landes einzukesseln. Aus Richtung Charkiw im Norden und aus Mariupol im Süden seien entsprechende Truppenbewegungen zu beobachten. Die Front in der Nordukraine bleibe indes weitgehend statisch.
Die selbsternannte und von Russland unterstützte „Volksrepublik“ Luhansk im Osten der Ukraine plant offenbar ein zeitnahes Referendum über einen Anschluss an Russland. Der Anführer der Separatisten, Leonid Passetschnik, teilte mit, ein entsprechendes Referendum könne es schon in naher Zukunft geben. „Die Menschen werden von ihrem letztendlich verfassungsmäßigen Recht Gebrauch machen und ihre Meinung über den Beitritt zur Russischen Föderation zum Ausdruck bringen.“ Die Ukraine teilte über einen Sprecher des Außenministeriums mit, ein solches Referendum nicht anerkennen zu werden. „Alle gefälschten Referenden in den vorübergehend besetzten Gebieten sind null und nichtig und werden keine Rechtsgültigkeit haben", so der Sprecher.
Die Äußerungen von Separatistenführern über die Möglichkeit eines baldigen Referendums, sowie die russische Ankündigung vom Freitag, sich künftig auf die „Befreiung" der Donbass-Region in der Ostukraine konzentrieren zu wollen, nähren Spekulationen über einen vorläufigen Strategiewechsel Russlands. Der ukrainische Geheimdienstchef Kyrylo Budanow äußerte via Facebook die Befürchtung, Putin könne eine Teilung der Ukraine — nach nordkoreanischem Vorbild — ins Auge fassen.
Am Sonntag meldete die Ukraine zudem gezielte russische Versuche, Treibstoff- und Lebensmittellager zu zerstören. Vorräte müssten daher zukünftig großflächiger verteilt werden. Man beobachte außerdem einen russischen Truppenaustausch in der Grenzregion. Dies könne darauf hindeuten, dass Russland einen neuen Anlauf unternehmen möchte, um den Feldzug gegen die Ukraine voranzutreiben. Nach ukrainischen Einschätzungen unternehme Russland derzeit den Versuch, sich aufgrund der erlittenen schweren Verluste umzugruppieren. Ziel des Vorhabens sei es, dezimierte Verbände abzulösen, und Nachschub an Lebensmitteln, Treibstoff und Munition zu liefern.
Verhandlungen — internationale Krisendiplomatie: Vertreter der russischen und der ukrainischen Verhandlungsdelegation werden sich in der kommenden Woche vom 28. bis zum 30. März zu Verhandlungen in der Türkei treffen. Dies wurde bei den heutigen Verhandlungen vereinbart, die im Format einer Videokonferenz stattfanden. Der ukrainische Unterhändler David Arachamia unterstrich auf Facebook, dass sich die bisherigen Verhandlungen äußerst schwierig gestaltet hätten.
Die Türkei plädierte als Gastgeberland der kommenden Gespräche dafür, den Gesprächsfaden zu Russland nicht abreißen zu lassen. Es müsste weiterhin auf Gespräche mit Russland gesetzt werden, so der Sprecher des türkischen Präsidialamts Ibrahim Kalin. Es gelte, die Ukraine mit allen Mitteln zu unterstützen, doch sei es für eine Beendigung des Konflikts notwendig, auch die russische Seite anzuhören.
Evakuierungen: Mehr als 5.200 Menschen ist es am Samstag gelungen, umkämpfte Städte über Fluchtkorridore zu verlassen. Wie ein ukrainischer Regierungsvertreter erklärte, sei 4.300 Menschen die Flucht aus der seit Wochen umkämpften Hafenstadt Mariupol gelungen. In der südukrainischen Stadt spitzt sich die humanitäre Lage immer weiter zu. Für Sonntag sind zwei weitere Fluchtkorridore vereinbart worden – einer davon auch in Mariupol.
Die Ukraine wirft Russland vor, unter dem Vorwand von Evakuierungen tausende Menschen gegen deren Willen nach Russland verschleppt zu haben. Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses im ukrainischen Parlament, Mychailo Raduzkji, wandte sich daher mit der Forderung an das das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), auf die Eröffnung eines Büros im russischen Rostow zu verzichten. Damit würde der Entführung und Zwangsdeportation von Menschen aus der Ukraine Vorschub geleistet. Der Präsident des IKRK, Peter Maurer, hatte am Donnerstag bei einem Besuch in Moskau mitgeteilt, dass eine Einigung zwischen russischen und ukrainischen Streitkräften notwendig sei, um Zivilisten aus umkämpften Gebieten evakuieren zu können. Laut russischen Medien beabsichtige das Internationale Rote Kreuz in diesem Zusammenhang die Eröffnung eines Büros in Rostow.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Für die ukrainische Hauptstadt Kiew hatte Bürgermeister Vitali Klitschko für die Nacht auf Sonntag erneut eine Sperrstunde zwischen 20:00 und 7:00 Uhr Ortszeit angeordnet.
Im ostukrainischen Charkiw soll abermals ein nukleares Forschungszentrum von russischen Truppen beschossen worden sein. Wie die ukrainische Atomaufsichtsbehörde mitteilte, sei das Gebäude nun ohne Strom — erhöhte Strahlung sei jedoch nicht gemessen worden. Das russische Militär erhob den Vorwurf, ukrainische Kräfte hätten ein Gebäude des Forschungszentrums beabsichtigt gesprengt, um „Nuklearforschung zu verbergen“.
Der ukrainischen Armee ist es nach eigenen Angaben gelungen, sieben Angriffe in den östlichen Regionen Donezk und Luhansk zurückzuschlagen. Mehrere russische Panzer und gepanzerte Fahrzeuge sollen dabei zerstört worden sein.
Auch aus Sumy im Nordosten der Ukraine vermeldet die ukrainische Armee Erfolge. Es sei gelungen, russische Truppen aus der Stadt Trostjanez nahe Sumy zu vertreiben. Dabei hätten diese Waffen, Munition und weitere Ausrüstung zurücklassen müssen.
Wie das Verteidigungsministerium in Moskau am Sonntag erklärte, habe Russland militärische Ziele im westukrainischen Lwiw mit Marschflugkörpern angegriffen. Bereits gestern habe man ein von den ukrainischen Streitkräften genutztes Treibstofflager attackiert und zerstört.
Der Bürgermeister Mariupols, Wadym Bojtschenko, erhebt in einem Gespräch mit der Agentur „Unian“ schwere Vorwürfe gegen die russische Armee. Diese würde mit großer Rücksichtslosigkeit gegen die Zivilbevölkerung der stark zerstörten Stadt vorzugehen. Davon betroffen seien auch ethnische Russen, die von den Attacken in keinster Weise ausgenommen seien. Die russischen Streitkräfte verfolgten den Auftrag, die Stadt mitsamt ihren Bewohnern auszuradieren. Bojtschenko bezeichnete das russische Vorgehen als „Völkermord". Zugleich bekräftigte er, die Stadt befinde sich weiterhin unter ukrainischer Kontrolle. Auch habe mittlerweile die Hälfte der ursprünglich 440.000 Einwohner evakuiert werden können.
Aktuelle Berichte:
Biden: „Putin darf nicht an der Macht bleiben"
In seiner im Vorfeld als historisch angekündigten Rede stellte US-Präsident Joe Biden zum Ende seines Besuchs in Polen die Herrschaft Wladimir Putins offen in Frage: „Um Gottes Willen, dieser Mann darf nicht an der Macht bleiben“, so Biden zum Abschluss seiner Rede. Rasch bemühte sich das Weiße Haus, den entstandenen Eindruck zu relativieren, die USA strebe einen Regime Change an. In seiner Rede warb Biden außerdem für die Verteidigung der Demokratie gegen Autokraten und bekräftigte erneut, die NATO werde jeden Zentimeter ihres Bündnisgebiets verteidigen. An das russische Volk gerichtet appellierte der US-Präsident, sich von Putins Krieg zu distanzieren (zdf.de).
Teilung der Ukraine als neues mögliches Ziel Russlands
Nach der Ankündigung Russlands, sich künftig auf die „Befreiung" des ostukrainischen Donbass konzentrieren zu wollen, teilte heute der Anführer der Separatisten in der selbsternannten „Republik Luhansk" mit, ein baldiges Referendum über einen möglichen Anschluss an Russland zu erwägen. Beide Aussagen fügen sich nun zu einem größeren Bild zusammen. Der Chef des ukrainischen Geheimdienstes fürchtet, Russland könne eine Teilung der Ukraine nach nordkoreanischem Vorbild erzwingen wollen.
Bundesregierung prüft Errichtung eines Raketenschutzschilds
Die Bundesregierung prüft laut Zeitungsberichten die Errichtung eines Raketenschutzschilds nach Vorbild des in Israel eingesetzten „Iron Dome“. Es werde über den Kauf des israelischen Raketenabwehrsystems „Arrow 3“ beraten. Die Anschaffung könnte im Rahmen des geplanten 100-Milliarden-Euro-Sondervermögens für die Bundeswehr erfolgen. Der durch das Waffensystem errichtete Schutzschirm könnte neben Deutschland auch Polen, Rumänien und das Baltikum abdecken. Hintergrund der Überlegungen ist die wachsende Bedrohung durch Russland (br24).
Liefert Polen nun doch Kampfjets an die Ukraine?
Im ukrainischen Ringen um die Lieferung von Kampfflugzeugen deutet sich womöglich eine Kehrtwende an. Der Vorstoß Polens, eigene Flugzeuge indirekt an die Ukraine zu übergeben, war von den USA bislang abgelehnt worden. Der Plan sah vor, polnische MiG-29-Flugzeuge zunächst an die in Deutschland stationierten US-Streitkräfte zu überstellen. Die USA hatten Bedenken geäußert, durch ein solches Vorgehen in einen direkten militärischen Konflikt mit Russland verwickelt werden zu können. Nach Angaben des ukrainischen Außenministers seien derartige Zweifel inzwischen ausgeräumt. Somit „liege der Ball nun im Spielfeld der Polen“ (n-tv.de).
26. März 2022
Lagebericht
In dieser Phase des Krieges konzentrieren sich die russischen Streitkräfte hauptsächlich auf das Gebiet Donbass im Osten der Ukraine. Es wird von heftigen Kämpfen insbesondere um die Großstadt Charkiw und Sumy berichtet. Russische Einheiten versuchten, diese zu blockieren. Bei diesen Offensiven erleidet die russische Armee jedoch auch hohe Verluste. Laut ukrainischen Angaben sollen sich russische Einheiten nach dem Verlust von mehr als der Hälfte ihres Personals teils wieder hinter die Grenze zurückgezogen haben. Den Truppen gelinge es offenbar nicht, die Nachschubrouten an die Front in Ukraine ausreichend zu sichern. Auch die Moral der russischen Soldaten sei allmählich an einem Tiefpunkt angelangt. Auf ihrer Suche nach Unterstützung und neuen Kräften plant Russland offenbar nun, auch Truppen aus der abtrünnigen georgischen Region Südossetien einzusetzen. Südossetien hat nach eigenen Angaben bereits Truppen zur Unterstützung ihres Verbündeten Russland in die Ukraine entsandt. „Unsere Jungs werden ihre militärische Pflicht mit stolz erhobener Fahne erfüllen”, erklärte der Machthaber Südossetiens Anatoli Bibilow. „Sie verstehen genau, dass sie Russland verteidigen werden, dass sie auch Ossetien verteidigen werden”. Ferner sollen auch Kämpfer aus Syrien und Tschetschenien bereits in der Ukraine sein, um die russischen Truppen zu unterstützen. Darüber hinaus wird Russland der Rekrutierung neuer Kräfte aus dem eigenen Land entgegensehen. Am 1. April beginnt die neue Einberufungswelle in Russland. Mehr als 100.000 neue Wehrpflichtige werden ihren Dienst antreten.
Wie aus dem neuesten Lagebericht des britischen Verteidigungsministeriums ferner hervorgeht, werde Russland in urbanen Gebieten der Ukraine weiterhin auf „schwere Feuerkraft“ setzen. „Die russischen Streitkräfte zögern, sich an großangelegten Infanterieoperationen in Städten zu beteiligen, und ziehen es vor, sich auf den wahllosen Einsatz von Luft- und Artilleriebeschuss zu verlassen, um die Verteidigungskräfte zu demoralisieren“, heißt es in diesem Bericht. Das russische Militär belagere derzeit die Städte Mariupol, Charkiw und Tschernihiw, Heftig umkämpft ist neuerdings auch wieder die südlich gelegene Großstadt Cherson, die die russischen Streitkräfte bereits zu Anfang des Monats eingenommen hatten. Die Ukrainer versuchen, die Stadt wieder zurückzuerobern.
Auch rund um die Hauptstadt Kiew hatten die ukrainischen Streitkräfte jüngst Erfolge zu vermelden. Nachdem es ihnen gelungen ist, die russischen Streitkräfte zurückzudrängen und mehrere Stellungen und Ortschaften zurückzuerobern, scheint eine Einnahme der Hauptstadt derzeit wenig wahrscheinlich.
Auch die drohende Gefahr seitens der See bekämpfen die ukrainischen Streitkräfte zunehmend offensiv. Nachdem bereits das erste in Berdjansk angelegte russische Landungsschiff zerstört wurde, folgten weitere Angriffe auf russische Kampfschiffe. Insgesamt hat Russland 14 Schiffe vor der ukrainischen Küste stationiert.
Einen erfolgreichen Angriff meldet hingegen das russische Militär für den Westen der Ukraine. Dort sei das Hauptquartier der ukrainischen Luftwaffe in Winnyzia beschossen worden. Russland versucht seit Wochen, die militärische Infrastruktur der Ukraine anzugreifen und zu schwächen, indem die Armee Flughäfen und Militärstützpunkte unter Beschuss nimmt.
Seitens des ukrainischen Geheimdienstes GUR wird ferner berichtet, die Ukraine würde hinter den russischen Linien einen Guerillakrieg führen. Bereits im November habe die Ukraine von den Plänen des Kremls erfahren, eine Invasion vorzubereiten. Demnach hat sie nicht nur Informanten im russischen Militär, sondern auch in hohen politischen Kreisen. Die Situation seit dennoch weiterhin „sehr schwierig“. Eine große Anzahl an Streitkräften sei nach wie vor auf ukrainischem Territorium, einige Städte seien eingekesselt.
Indes warnt die Ukraine umgekehrt auch vor Spionage seitens Russlands. Das ukrainische Verteidigungsministerium rät von vorschnellen und unkontrollierten Berichten über Waffenlieferungen oder militärische Aktionen ab. Diese würden nur der russischen Seite helfen, „Aktionen genauer auszurichten“. Es sei bereits vorgekommen, dass „gut gemeinte oder aus Dankbarkeit veröffentlichte Berichte“ über Waffenkäufe oder -lieferungen dazu geführt hätten, dass entweder Verträge gekündigt oder Lieferungen verhindert worden seien.
Verhandlungen – internationale Krisendiplomatie:
In den Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gibt es weiterhin keine Fortschritte. Russland nennt als eine Bedingung in den Verhandlungen Gebietsverzichte. Diese Forderung hat Präsident Selenskyj abermals zurückgewiesen. Man sei zu Gesprächen bereit, werde aber kein Territorium aufgeben. Russland hat der Ukraine ferner vorgeworfen, die Verhandlungen über ein Kriegsende weiter absichtlich in die Länge zu ziehen. „Sie haben es nicht eilig, sie glauben, dass die Zeit auf ihrer Seite ist“, sagte der russische Delegationsleiter. Die ukrainische Seite handle darüber hinaus nicht unabhängig, deshalb „stimme der aktuelle Stand der Dinge nicht optimistisch.“ Moskau wirft Kiew vor, auf Anweisung Washingtons zu handeln.
US-Präsident Joe Biden war gestern nach Polen gereist und hält am heutigen Samstag in Warschau eine Rede zum russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Zuvor hatte Biden in Polen den Einsatz des Landes für ukrainische Kriegsflüchtlinge gewürdigt. Heute möchte er in Polen auch Geflüchtete treffen.
Flüchtlinge: Nach UN-Angaben sind mittlerweile mehr als 3,7 Millionen Menschen aus der Ukraine ins Ausland geflohen. Allein 2,2 Millionen Menschen aus der Ukraine sind nach Polen geflüchtet, 572.000 nach Rumänien und 376.000 in die Republik Moldau, 263.000 in die Slowakei und 226.00 nach Tschechien. In Deutschland sind mittlerweile laut der Integrationsbeauftragten der Bundesregierung über 300.000 Kriegsflüchtlinge angekommen.
Evakuierungen: Für den heutigen Samstag sind wieder zehn humanitäre Korridore eingeplant, über die Menschen aus den umkämpften Städten in Sicherheit gebracht werden sollen. Die Korridore betreffen demnach vier Städte aus der Region um die Hauptstadt Kiew und sechs Städte aus dem Gebiet um Luhansk. Von den Korridoren offensichtlich nicht betroffen ist die Hafenstadt Mariupol. Dort verschlechtern sich die Zustände von Tag zu Tag. Die Berichte über Menschen, die verhungern, häufen sich. Frankreich hat zusammen mit der Türkei und Griechenland eine humanitäre Aktion in Planung, um kurzfristig Menschen aus Mariupol zu evakuieren. Die Ukraine wirft Russland vor, die Hilfslieferungen in die Stadt und Evakuierungen aus der Stadt zu blockieren.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Nachdem es den ukrainischen Truppen gelungen war, in der Umgebung der Hauptstadt Kiew mehrere Stellungen und Ortschaften zurückzuerobern, ziehe der Gegner weiterhin starke Kräfte zusammen, so der Heeresstabschef der Ukraine. Man müsse noch immer mit einer künftigen Offensive rechnen. Einzelne Vororte um Kiew sind indes weiter in Bedrängnis, da sie von russischen Einheiten umzingelt wurden oder ein Einschluss droht.
Die nördlich von Kiew gelegene Stadt Tschernihiw steht nach Angaben ihres Bürgermeisters unter schwerem Beschuss. „Die Stadt ist komplett verwüstet“, sagte er am Samstag. In den vergangenen Wochen seien in der Stadt, die nahe der russischen und der belarussischen Grenze liegt, mehr als 200 Zivilisten getötet worden.
Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben die Kontrolle über die Kleinstadt Slawutytsch übernommen, den Wohnort des Personals der Atomruine von Tschernobyl. Wie die Militärverwaltung der Region Kiew am Samstag mitteilte, drangen russische Soldaten in die Stadt ein, besetzten das städtische Krankenhaus und nahmen den Bürgermeister gefangen. Aus Protest gegen die Besatzer seien Einwohner auf die Straßen gegangen und mit einer riesigen ukrainischen Flagge Richtung Krankenhaus gezogen. Das russische Militär habe Warnschüsse abgegeben und die Demonstranten mit Blendgranaten beworfen.
Das Hauptquartier der ukrainischen Luftwaffe in Winnyzja im Westen des Landes ist mit mehreren russischen Marschflugkörpern beschossen worden. Ein Teil der sechs Raketen sei im Anflug abgeschossen worden, die übrigen trafen das Gebäude, teilte die Luftwaffenführung mit. Dabei sei „erheblicher Schaden” an der Infrastruktur entstanden. Ein Arsenal mit Waffen und Militärtechnik sei zerstört worden. Vier Raketen vom Typ „Kaliber“ seien von einem Kriegsschiff im Schwarzen Meer abgefeuert und in dem Depot eingeschlagen, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Das Gelände befindet sich rund ein 120 Kilometer westlich von Kiew nahe der wichtigen Industriestadt Schytomyr.
Ferner wurde die westukrainische Metropole Lwiw (Lemberg) heute nach Angaben des Bürgermeisters aus der Luft angegriffen. Zuvor wurden drei starke Explosionen am östlichen Rand der Stadt vermeldet. Ziel des Angriffs war offenbar ein Tanklager, in dem sich die ukrainische Armee versorgt, das Gelände ging in Flammen auf. Die Menschen wurden aufgerufen, in Schutzräumen zu bleiben. In Lwiw kommt ein Großteil der ukrainischen Flüchtlinge an, um Zuflucht vor den russischen Angriffen zu finden. Viele von ihnen begeben sich von dort aus weiter in die benachbarten Länder.
In der südlich gelegenen Stadt Cherson kämpfen die ukrainischen Streitkräfte nach eigenen Angaben darum, die wichtige südliche Stadt Cherson von den Russen zurückzuerobern. Das russische Militär habe keine so feste Kontrolle mehr über die Stadt wie zuvor, weswegen Cherson nun wieder als „umkämpftes Gebiet“ zu bewerten sei, sagt der Vertreter des Pentagons. Sollte es den Ukrainern gelingen, die strategisch wichtige Hafenstadt zurückzuerobern, würde dies eine mögliche Bodenoffensive auf die Städte Mykolajiw und Odessa erschweren. Wegen der Kämpfe südlich von Mykolajiw sei das russische Militär derzeit dort blockiert.
Die Lage in der Hafenstadt Mariupol sei weiterhin „absolut dramatisch”, so Präsident Selenskyj. Er wirft Russland vor, die Hilfe für die dort eingeschlossenen Einwohner zu blockieren. Bislang sei es 26.000 Zivilisten gelungen, sich aus der Stadt in Sicherheit zu bringen. Nach wie vor harren viele aus und warten auf Evakuierung. Wie Frankreichs Präsident Macron am Freitagabend ankündigte, plant Frankreich zusammen mit der Türkei und Griechenland eine humanitäre Aktion, um kurzfristig Menschen aus der schwer umkämpften Stadt zu evakuieren. Es gebe bereits konkrete Gespräche mit dem Bürgermeister von Mariupol sowie eine Abstimmung mit dem ukrainischen Präsidenten. Nun sei noch eine Absprache mit Russland erforderlich. Auch heute wird in Mariupol wieder heftig gekämpft. Die russische Armee beschieße aus der Luft und mit Artillerie zivile und militärische Objekte, teilte der ukrainische Generalstab mit. Am Boden versuchten russische Kräfte, in das Stadtzentrum vorzudringen, russische und ukrainische Soldaten liefern sich Straßenkämpfe.
Aktuelle Berichte:
Biden in Polen: Mit Spannung erwartete Rede
Mit Spannung wird die heutige Rede des US-Präsidenten Biden in Warschau um 18 Uhr Ortszeit erwartet. Das Verhältnis der beiden Länder war zuletzt nicht einfach, nicht zuletzt wegen des Streits über die Gaspipeline „Nord Stream 2“ und wegen der Differenzen über die Frage der Rechtsstaatlichkeit in Polen. Beim gestrigen Ortstermin nahe der ukrainischen Grenze war Biden voll des Lobes für Polen. Polen hofft bei der Rede Bidens heute auf einen historischen Moment, ähnlich den Auftritten Kennedys und Reagans in Berlin (Tagesschau).
Russland will Westflanke wegen NATO-Aktivitäten verstärken
Nachdem die NATO-Staaten auf ihrem jüngsten Gipfel beschlossen hatten, massiv aufzurüsten und die NATO-Ostflanke zu stärken, möchte nun Russland seinerseits mit einer Stärkung seiner Westflanke reagieren. An der Ostflanke habe sich eine gewaltige Gruppierung gebildet, „eine mächtige militärische Infrastruktur, eine Verteidigungsstruktur der NATO”, sagte Kremlsprecher Peskow. „Nicht wir haben uns in die Richtung der NATO bewegt, sondern die NATO hat sich in unsere Richtung bewegt und dadurch eine Gefahr für uns erzeugt, die unsere Besorgnis auslöst”, sagte Peskow mit Blick auf die vergangenen Jahre - noch vor dem Beginn des russischen Krieges gegen die Ukraine am 24. Februar (n-tv).
Ukrainischer Regierungschef bittet weltweit um Hilfen für späteren Wideraufbau
Der ukrainische Regierungschef Denys Schmyhal appellierte an alle internationalen Partner, den späteren Wiederaufbau seines Landes zu unterstützen. Er wendet sich mit dieser Bitte nicht nur an die befreundeten Regierungen, sondern auch an die Bürgermeister europäischer und anderer Städte in der Welt: „Wir appellieren an Sie: Erneuern Sie die Tradition der Partnerstädte”, sagte Schmyhal. „Unterstützen Sie die ukrainischen Städte mit humanitärer Hilfe und Mitteln zum Wiederaufbau. Zurzeit zerstört Russland unsere Städte und Dörfer, wie es die Nazis vor 80 Jahren taten” (Handelsblatt).
Lawrow: Westen hat Russland „totalen hybriden Krieg" erklärt
Mit den gegen Russland gerichteten westlichen Sanktionen und der Isolierung hätten die westlichen Politiker Russland „einen echten hybriden Krieg erklärt, den totalen Krieg”. „Diesen Begriff, der in Hitler-Deutschland verwendet wurde, sprechen jetzt europäische Politiker aus, wenn sie davon sprechen, was sie mit der Russischen Föderation tun wollen.“ Ziel sei, Russland zu „zerstören, brechen, vernichten, erdrosseln” (Stuttgarter Nachrichten).
Mobilisiert für Guerillakrieg: Ukraine profitiert von Spionen
Nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsgeheimdienstes GUR ist die russische Armee durchsetzt von Informanten und hat sich verschiedene „Fehleinschätzungen” geleistet. Eine „sehr große Anzahl von Menschen” sei mobilisiert worden, um hinter den russischen Linien einen Guerillakrieg zu führen, sagte GUR-Chef Budanow. Die Ukraine setze währenddessen Informanten effektiv ein. „Wir haben viele Informanten in der russischen Armee, nicht nur in der russischen Armee, sondern auch in ihren politischen Kreisen und ihrer Führung”, sagte Budanow. „Im November wussten wir bereits über die Absichten der Russen Bescheid.” Auch in den Reihen der Tschetschenen seien viele Informanten (n-tv).
25. März 2022
Lagebericht
Das britische Verteidigungsministerium veröffentlichte am Freitag Erkenntnisse, nach denen es ukrainischen Streitkräften gelungen sei, Städte und Verteidigungsstellungen bis 35 Kilometer östlich von Kiew zurückzuerobern. Russische Truppen hätten sich aufgrund einer Überdehnung ihrer Nachschublinien zurückfallen lassen müssen. Das Verteidigungsministerium Russlands hatte am Morgen die Zerstörung eines großen ukrainischen Treibstofflagers nahe der ukrainischen Hauptstadt verkündet. Britische Geheimdienste gehen aber gleichwohl davon aus, dass die ukrainische Armee weiterhin logistische Einrichtungen in den von Russland besetzten Gebieten angreifen werde. Dadurch seien die russischen Kräfte gezwungen, der Verteidigung ihrer Versorgungsketten Priorität einzuräumen. Die russischen Fähigkeiten zur Durchführung eigener Offensivoperationen seien dadurch stark eingeschränkt.
Auch im Nordosten der Ukraine sollen sich russische Truppen zurückgezogen haben, nachdem sie zuvor schwere Verluste erlitten hatten. Dies berichtete der ukrainische Generalstab in seinem nächtlichen Lagebericht. Es könne ein Rückzug bestimmter russischer Einheiten hinter die russische Grenze beobachtet werden. Die im Nordosten der Ukraine gelegene Stadt Charkiw werde aber weiterhin von russischen Streitkräften blockiert. Auch gelinge es russischen Truppen, Landgebiete zwischen der annektierten Krim und dem russischen Rostow zu halten.
Aus dem Süden des Landes vermeldete die ukrainische Armee die Zerstörung mehrerer russischer Kriegsschiffe im Hafen von Berdjansk. Amerikanische Satellitenfotos stützen die ukrainischen Angaben, wonach ein russisches Landungsschiff zerstört worden sei. Am Mittag meldete das ukrainische Verteidigungsministerium, dass es russischen Truppen zum Teil gelungen sei, eine Landbrücke von der Region Donezk bis zur annektierten Halbinsel Krim zu schaffen.
Nach Einschätzung der USA könnte Russland den Schwerpunkt seines militärischen Engagements von Kiew in Richtung Donbass verlagern. Im Donbass könnten es die Russen darauf abgesehen haben, die dortigen ukrainischen Truppen vom Rest des Landes abzuschneiden, um somit die eigene Verhandlungsposition im Bezug auf den künftigen Status der ostukrainischen Gebiete zu stärken. Zu dieser Vermutung passt auch eine Äußerung des stellvertretenden Generalstabschefs der russischen Armee, Sergej Rudskoj. Demnach wolle sich Russland künftig auf die „Befreiung" des Donbass in der Ostukraine konzentrieren. Laut US-Militärs versuche Russland zudem, Verstärkung aus Georgien in die Ukraine zu entsenden.
Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine gestalten sich offenbar weiterhin schleppend. Dies bestätigte Wladimir Medinski, Mitglied der russischen Verhandlungsdelegation. Zwar gebe es Annäherungen bei zweitrangigen Themen — was die Kernfragen betrifft, bewege man sich allerdings weiterhin auf der Stelle. Die Gespräche sollen am Samstag fortgesetzt werden.
Der türkische Präsident Erdogan äußerte am Freitagvormittag die Einschätzung, dass sich Russland und die Ukraine in ihren Gesprächen bei vier von sechs Hauptthemen einig werden könnten. Dissens bestehe aber weiterhin bei territorialen Fragen, insbesondere zum Status der von Russland annektierten Krim und dem ostukrainischen Donbass. Die Türkei tritt im Konflikt als Vermittler auf.
Mit großer Mehrheit stimmte die UN-Vollversammlung in der Nacht von Donnerstag auf Freitag für eine humanitäre Resolution. Kernforderungen sind ein sofortiger Waffenstillstand und der Abzug russischer Truppen aus der Ukraine. 140 Nationen schlossen sich der Resolution an. Neben Russland stimmten nur vier weitere Staaten gegen die Resolution. Resolutionen der UN-Vollversammlung sind völkerrechtlich allerdings nicht bindend.
Flüchtlinge: In Deutschland hat die Bundespolizei seit Kriegsbeginn die Ankunft von mehr als 250.000 Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine festgestellt. Dies teilte das Bundesinnenministerium am Freitag mit. Integrationsstaatsministerin Reem Alabali-Radovan sprach in einem Interview mit der Osnabrücker-Zeitung sogar von über 300.000 ukrainischen Geflüchteten. In Polen sind nach Angaben des polnischen Grenzschutzes seit Beginn der russischen Invasion bereits 2,24 Millionen Menschen aus der Ukraine eingereist. Allein am Donnerstag seien über 32.000 Menschen aus der Ukraine nach Polen gekommen. Darüber, wie viele dieser Menschen sich noch in Polen aufhalten und wie viele in andere europäische Länder weitergereist sind, ist nichts bekannt. Das UN-Flüchtlingskommissariat zählte seit Beginn der russischen Aggressionen insgesamt über 3.7 Millionen Geflüchtete aus der Ukraine.
Evakuierungen aus umkämpften Gebieten: Mehr als 3.300 Menschen konnten nach Angaben der ukrainischen Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk am Donnerstag aus umkämpften Städten evakuiert werden. 2.700 Personen wurden aus der heftig umkämpften Hafenstadt Mariupol mit privaten Transportmitteln nach Saporischschja gebracht. Weitere 500 Menschen seien aus Dörfern in der Nähe von Kiew evakuiert worden. Wereschtschuk teilte mit, man hoffe zudem, auch am heutigen Freitag wieder einen Fluchtkorridor aus dem belagerten Mariupol einrichten zu können. Über diesen sollen Zivilisten die Hafenstadt mit Privatfahrzeugen verlassen können.
Todesfälle: Nach ukrainischen Angaben wurden seit Kriegsbeginn bereits 135 Kinder getötet, 180 seien verletzt worden. Bei der Mehrzahl handle es sich um Kinder und Jugendliche aus der Region um Kiew sowie aus den ostukrainischen Regionen Charkiw und Donezk, die in dem Krieg ihr Leben lassen mussten. Eine unabhängige Überprüfung dieser Angaben ist aktuell nicht möglich.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Die ostukrainische Metropole Charkiw soll laut Berichten zum Ziel von Raketenangriffen durch die russische Schwarzmeerflotte geworden sein. Bei einem Raketenangriff auf ein Krankenhaus sollen vier Menschen getötet worden sein. Bei der Klinik habe es sich um ein Zentrum für humanitäre Hilfe gehandelt, teilte die örtliche Polizei mit. Der ukrainische Generalstab berichtete überdies von Erkenntnissen, wonach sich russische Streitkräfte nahe der Stadt Isjum auf eine neue Offensive vorbereiteten. Isjum liegt ungefähr 125 Kilometer südöstlich von Charkiw.
Auch aus Dnipro, der ebenfalls im Osten gelegenen viertgrößten Stadt der Ukraine, meldeten örtliche Rettungsdienste einen russischen Raketenangriff. Dieser soll sich gegen eine ukrainische Militäreinheit gerichtet haben. Dabei seien aber auch Gebäude zerstört und Brände verursacht worden. Die Zahl der Toten und Verletzten werde noch ermittelt.
Die nordukrainische Stadt Tschernihiw wurde von russischen Truppen eingekesselt und von der Umgebung abgeschnitten. Dies teilte der Gouverneur Tschernihiws, Wiatscheslaw Tschaus, in einer Fernsehansprache mit. Die Stadt sei von Feinden umzingelt und werde von Artillerie und russischen Kampfflugzeugen beschossen.
Nachdem aus dem Sperrgebiet um die Atomruine von Tschernobyl in den vergangenen Tagen der Ausbruch mehrerer Brände gemeldet wurde, gibt es neue Sorgen aufgrund russischer Angriffe auf nahegelegene Orte. Am Mittag vermeldeten lokale Behörden, die Stadt Slawutytsch sei von russischen Truppen eingekesselt worden, und stehe unter Beschuss. In Kiew sorgt man sich um die Häuser und Familien des Betriebspersonals, das die nukleare und radioaktive Sicherheit des ehemaligen Kraftwerks gewährleistet, teilte die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) mit. Sie verwies dabei auf Informationen der ukrainischen Atomaufsichtsbehörde.
Der von den Menschen in Mariupol sehnlichst erwartete humanitäre Hilfskonvoi ist laut ukrainischen Angaben noch immer blockiert. Der Konvoi war von russischen Kräften bereits vor drei Tagen festgesetzt worden. Er soll dringend benötigte Hilfsgüter für die in der belagerten Hafenstadt verharrenden Zivilisten liefern. Wie die Stadtverwaltung von Mariupol heute mitteilte, gehe man außerdem davon aus, dass sich unter den Trümmern des von russischen Raketen zerstörten Theaters noch bis zu 300 Tote befinden. Zivilisten, darunter auch Kinder, hatten in dem Gebäude Zuflucht gesucht. UN-Beobachter berichten indes von Hinweisen auf Massengräbern in Mariupol. In einem der Gräber sollen sich bis zu 200 Tote befinden. Über 1.035 Zivilisten hätten in der Stadt bereits ihr Leben verloren. Die am Asowschen Meer gelegene Stadt ist seit Wochen heftig umkämpft. Nach Angaben des Gouverneurs der Region Donezk, Pawlo Kyrylenko, befindet sich die belagerte Metropole aber noch immer in der Hand ukrainischer Truppen. 65.000 Menschen der ehemals 440.000 Einwohner seien mittlerweile aus der Stadt geflohen.
Aktuelle Berichte:
Teilrückzug russischer Truppen beobachtet
Nach Angaben des ukrainischen Militärs sollen sich russische Truppen im Nordosten der Ukraine teilweise zurückgezogen haben, nachdem sie zuvor schwere Verluste erlitten hatten. Aufgrund von Problemen der russischen Seite, ihren Nachschub zu organisieren, sei die Frontlinie gegenwärtig praktisch eingefroren. Gleichzeitig gibt es Berichte darüber, dass sich russische Streitkräfte bei Isjum im Gebiet Charkiw auf eine neue Offensive vorbereiteten (tagesschau.de).
Verschiebt Russland seinen militärischen Schwerpunkt in den Donbass?
Es deutet sich ein Strategiewechsel der russischen Armee an. Statt einer Eroberung Kiews sollen sich die Bemühungen der russischen Truppen auf die „Befreiung" der ostukrainischen Region Donbass richten. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau befinden sich bereits 93 Prozent des Regierungsbezirks Luhansk und 54 Prozent des Bezirks Donezk unter russischer Kontrolle. Mit einer vollständigen Eroberung der ostukrainischen Gebiete befände sich Russland in Verhandlungen über deren zukünftigen Status in einer starken Position (tagesschau.de).
Große Mehrheit für humanitäre Resolution in UN-Vollversammlung
Mit einer deutlichen Mehrheit von 140 Ja-Stimmen bei lediglich 5 Nein-Stimmen und 38 Enthaltungen verabschiedete die UN-Vollversammlung in der Nacht auf Freitag eine gegen die russischen Aggressionen gerichtete Resolution. Kernforderungen sind ein sofortiger Waffenstillstand, der Abzug russischer Truppen aus der Ukraine und eine Beendigung von Angriffen auf zivile Ziele wie Schulen oder Krankenhäuser. In der Resolution wird zudem die Sorge vor einer globalen Hungerkatastrophe zum Ausdruck gebracht, die mit den aus dem Krieg resultierenden Ausfällen von Ernteexporten in Verbindung steht. Im Gegensatz zu Resolutionen des UN-Sicherheitsrats sind Resolutionen der Vollversammlung im Sinne des Völkerrechts jedoch nicht bindend (tagesschau.de).
EU beschließt Solidaritätsfonds für die Ukraine
Die Staaten der Europäischen Union haben sich auf die Einrichtung eines Solidaritätsfonds für die Ukraine geeinigt. Die finanzielle Unterstützung soll der Ukraine beim Kampf gegen Russland und beim anschließenden Wiederaufbau helfen. Langfristiges Ziel könnte es dann sein, die Ukraine durch hohe Investitionen wirtschaftlich fest im Westen zu verankern (Der Spiegel).
Neues Gerichtsverfahren gegen russische Journalistin Owsjannikowa
Die TV-Journalistin Marina Owsjannikowa hatte durch ihren Protest gegen den Krieg in der Ukraine während einer Live-Sendung international Aufmerksamkeit erregt. Nun wurde von einem Moskauer Bezirksgericht ein neues Gerichtsverfahren gegen sie eröffnet. Owsjannikowa muss sich nun wegen eines Verstoßes gegen das erst kürzlich eingeführte Gesetz gegen die Verbreitung (vermeintlicher) Falschnachrichten verantworten. Darauf steht eine Geldstrafe, die sich zwischen umgerechnet 280 bis 475 Euro bewegt. Die gerichtliche Verhandlung wurde für den 14. April terminiert (Der Spiegel).
Hohe Verluste für Russland: Wird die russische Invasion zum Fiasko?
In einem aktuellen Lagebericht schätzt die NATO die Verluste unter den russischen Truppen auf zwischen 30.000 bis 40.000 russische Soldaten. 7.000 bis 15.000 Soldaten sollen ums Leben gekommen sein, Tausende weitere seien kampfunfähig. Auch beim eingesetzten militärischen Material gibt es offenbar erhebliche Mängel und Verluste. In einem von der „New York Times“ veröffentlichten Artikel berichten Militäranalysten von zunehmender Nervosität in Putins Umfeld und von daraus resultierenden Rissen in der russischen Führung (Merkur.de).
24. März 2022
Lagebericht
Schon bald nach Beginn des Krieges hatte sich gezeigt, dass Russlands Vorhaben, die Ukraine in wenigen Tagen einzunehmen, gescheitert war. Vier Wochen nach dem russischen Einmarsch sei nun festzustellen, dass Russland seine militärischen Ziele „in keiner Weise erreicht” habe, so Militärexperte Franz-Stefan Gady. Die russischen Streitkräfte hätten offensichtlich nicht erwartet, dass sie einen hochintensiven Krieg gegen die ukrainischen Streitkräfte führen müssen, die enormen Widerstand leisten. Im Moment gibt es nach Einschätzung von Experten nur noch in wenigen Regionen operative Bewegungen an der Front. Die russische Armee konzentriere sich inzwischen verstärkt auf die prorussischen Separatistengebiete Luhansk und Donezk. Dort seien die ukrainischen Einheiten unter starkem Beschuss. Russische Truppen wollten dort weitere Orte besetzen und vor allem die strategisch wichtige Großstadt Mariupol im Süden einnehmen, um den russischen Korridor zwischen dem Donbass und der Krim vollends zu schließen.
Im Norden hingegen würde es den ukrainischen Streitkräften gelingen, die russische Armee weiter zurückzudrängen. Vor allem um Kiew herum wären russische Einheiten gezwungen, sich zurückzuziehen anstatt weiter vorwärts zu kommen. Die Einnahme der Hauptstadt scheint derzeit unwahrscheinlich. Die russischen Einschließungsringe um ukrainische Städte sind offenbar verwundbar und reißen aufgrund des starken Widerstands bzw. Gegenoffensiven der Ukrainer in Teilen auf. Der Beschuss der belagerten Städte mittels Artillerie hält jedoch weiterhin an. Das ukrainische Militär meldet ferner verstärkte Luftangriffe. Binnen 24 Stunden habe man mehr als 250 Einsätze registriert. Hauptziele seien weiterhin Einrichtungen der militärischen und zivilen Infrastruktur in den Gebieten um die Großstädte Kiew, Tschernihiw und Charkiw. In Richtung der Hafenstadt Odessa seien jedoch keine weitere Offensiven seitens Russland zu vermelden.
Da die Ukrainer intensive Unterstützung aus dem Westen bekommen – Waffen und Logistik, aber auch finanzielle und humanitäre Hilfe –, werde es ihnen vermutlich gelingen, noch eine ganze Weile durchzuhalten, so die Einschätzung des Sicherheitsexperten Wolfgang Richter. Es sei gut vorstellbar, dass das Ganze vollends in einen Abnutzungskrieg übergehe, in dem sich die Fronten kaum noch bewegten. Sowohl nach Einschätzung der Ukraine selbst als auch nach Meinung von Experten könnte der Krieg voraussichtlich noch ein paar Wochen andauern.
Aufgrund der relativ hohen Verluste an Material und Soldaten – die NATO geht von bis zu 15.000 russischen Gefallenen aus – werden die russischen Streitkräfte versuchen, sich zu reorganisieren und neue Soldaten zu rekrutieren. In einer Woche, am 1. April, beginnt die nächste Einberufungswelle in Russland. Zweimal im Jahr werden dabei zwischen 120.000 und 150.000 Russen eingezogen. Zudem wird Russland versuchen, frühere Wehrpflichtige als Vertragssoldaten anzuwerben, die dann ebenfalls in die Ukraine geschickt werden könnten. Es ist demnach davon auszugehen, dass Russland im April versuchen wird, neue größere Offensiven zu starten
Ein Eingreifen des belarussischen Militärs an der Seite Russlands hält die ukrainische Führung derzeit für noch wenig wahrscheinlich. Obwohl der belarussische Präsident Lukaschenko ein enger Verbündeter des russischen Präsidenten Wladimir Putin ist, beteilige sich Belarus trotz wiederholten Drängens aus Moskau nicht aktiv am Krieg. Nach ukrainischen Erkenntnissen lehnten rund 60 Prozent der belarussischen Soldaten eine Beteiligung am Krieg im Nachbarland ab.
Ob die russische Seite neben den bislang offenbar zum Einsatz gekommen besonderen Waffen in Form von Hyperschallraketen bei weiteren Eskalationen eventuell auch noch den Einsatz russischer Atomwaffen in Erwägung ziehen könnte, bleibt spekulativ. In einem Interview hat Kreml-Sprecher Dmitri Peskow jüngst den Einsatz russischer Atomwaffen nicht ausgeschlossen. Dies würde allerdings nur im Fall einer „existenziellen Bedrohung“ Russlands geschehen, erklärte er. So sehe es auch die russische Sicherheitsstrategie vor.
Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Am heutigen Donnerstag wird der Sitzungsmarathon der internationalen Staatengemeinschaft fortgeführt. Es stehen Gipfel auf Ebene der NATO, der EU und der G7-Staaten in Brüssel an. Dazu ist auch US-Präsident Biden angereist. Der Staatschef der Ukraine wird beim historischen Dreifachgipfel per Videoschalte in Brüssel auftreten. Zusammen möchte man sich über die nächsten Schritte in Bezug auf den Krieg in der Ukraine beraten und sich auf eine gemeinsame Strategie verständigen. Bei dem Treffen der NATO-Länder soll die Stationierung von vier weiteren sogenannten „Battlegroups“ in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Slowakei genehmigt werden. Die G7-Staaten und die EU werden ferner über verschärfte Sanktionen beraten.
Flüchtlinge: Laut UNHCR liegt die Zahl der Menschen, die sich in der Ukraine auf die Flucht begeben haben, mittlerweile bei rund 10 Millionen. Davon haben über 3,6 Millionen bereits die Ukraine in Nachbarländer verlassen; rund 2,2 Millionen sind in Polen angekommen. Tausende ukrainische Flüchtlinge würden offenbar gegen ihren Willen auch nach Russland gebracht. Weitere 6 bis 7 Millionen befinden sich derzeit innerhalb der Ukraine auf der Flucht. In Deutschland sind mittlerweile rund 250.000 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine angekommen. Nach Angaben aus Moskau würden immer mehr Menschen versuchen, aus der Ukraine nach Russland auszureisen. Rund 350.000 Menschen hätten bislang die Grenze nach Russland überquert, hieß es.
Evakuierungen aus umkämpften Städten: Am Mittwoch wurden rund 4.500 Personen aus umkämpften Gebieten evakuiert, darunter 3.000 Einwohner aus Mariupol und weitere aus dem Gebiet Luhansk und aus Vororten Kiews. Auch für heute hofft die Ukraine auf die Öffnung weiterer Fluchtkorridore. Die Evakuierungen aus den Städten gehen in den letzten Tagen nur schleppend voran. Jeweils nur ein paar Tausend Menschen können pro Tag in Sicherheit gebracht werden.
Todesfälle: Die Zahl der im Krieg in der Ukraine bislang ums Leben gekommenen Menschen lässt sich schwer schätzen. UN-Schätzungen gehen derzeit von rund 3.000 ukrainischen Todesopfern und 20.000 verletzten Zivilisten aus. Allerdings dürften die tatsächlichen Zahlen höher liegen, da schon allein die Stadt Mariupol an die 2.500 Todesopfer gemeldet hat. Die NATO bezifferte die Verluste seitens Russland seit Kriegsbeginn auf bis zu 15.000 gefallene Soldaten. Aufgrund historischer Erfahrungen zum Verhältnis zwischen Toten, Gefangenen und Verwundeten könne die Gesamtzahl der russischen Ausfälle auf 30.000 bis 40.000 geschätzt werden. Russland hingegen beziffert seine Opferzahlen auf nur einen Bruchteil dessen. Über die Zahl der gefallenen oder verletzten ukrainischen Soldaten ist wenig bekannt. Sie dürfte mittlerweile aber ebenfalls einige Tausend betragen.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Der ukrainischen Armee ist es nach US-Angaben offenbar gelungen, die russischen Truppen im Osten der Hauptstadt Kiew deutlich zurückzudrängen. Die russischen Streitkräfte hätten sich dort mehr als 30 Kilometer weit zurückgezogen, so ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums. Dort würden sie beginnen, sich zu verschanzen und neue Verteidigungspositionen aufbauen. So stünde die russische Armee derzeit 55 Kilometer vor Kiew. Vor Kurzem waren sie bereits bis auf 20 Kilometer vorgerückt. Auch die Ukraine meldet, sie habe die russischen Einheiten nahe Kiew am Vorrücken gehindert. Allerdings gebe es weiter teils massiven Beschuss.
Ferner sei es den ukrainischen Streitkräften offenbar gelungen, die nordwestlich der Hauptstadt gelegenen Orte Makariw und Moschun zurückzuerobern, erklärte der britische Militärgeheimdienst. „Es besteht die realistische Möglichkeit, dass die ukrainischen Streitkräfte nun in der Lage sind, russische Einheiten in Butscha und Irpin einzukesseln.” Außerdem habe man dadurch die Kontrolle über eine Autobahn zurückerlangt und die russischen Truppen daran gehindert, Kiew von Nordwesten her einzukesseln.
Auch in der nördlich von Kiew gelegenen Großstadt Tschernihiw würden die russischen Streitkräfte nicht weiter vorankommen. Die russischen Soldaten säßen zehn Kilometer vom Zentrum entfernt fest. In einigen Bereichen seien die russischen Einheiten zuletzt zurückgewichen.
Im schwer umkämpften Charkiw im Osten der Ukraine seien die russischen Truppen weiterhin mit starken Widerstand der Ukrainer konfrontiert. Dort konnten die ukrainischen Streitkräfte einen Angriff abwehren. Die russischen Streitkräfte stünden 15 bis 20 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt.
Dramatisch bleibt die Lage in der von russischen Truppen eingekesselten Stadt Mariupol am Asowschen Meer. Die Versorgungslage ist nach wie vor katastrophal. Die Versorgung von Verletzten in Krankenhäusern kann nur noch eingeschränkt und unter schwersten Bedingungen erfolgen. Im größten Krankenhaus der Stadt würden die Patienten im Keller bei Kerzenlicht behandelt. Nur für komplizierte Operationen kämen die Dieselgeneratoren zum Einsatz. Nach Angaben der ukrainischen Regierung sind nach wie vor rund 100.000 Menschen in der Stadt gefangen.
Kaum Veränderungen seien in der Umgebung der Schwarzmeer-Metropole Odessa auszumachen. Anders als zu Wochenbeginn seien in den vergangenen 48 Stunden keine Raketen mehr von russischen Schiffen aus in Richtung der Hafenstadt abgefeuert worden.
Weiterhin meldete die ukrainische Marine die Zerstörung des größten russischen Landungsschiffs „Orsk”, das nahe der Hafenstadt Berdjansk kürzlich angelegt hatte.
In Richtung Westen ist keine Offensive erkennbar. Bisher ist die Region um die Stadt Lwiw mit „einzelnen Nadelstichen” davongekommen. Die Stadt in der nordwestlichen Ukraine ist eine große Durchgangsstation für Geflüchtete in Richtung der westlichen Nachbarländer.
Aktuelle Berichte:
Ukraine-Gipfel der NATO, G7 und EU in Brüssel mit US-Präsident Biden
US-Präsident Biden berät heute mit der NATO, den G7 und der EU über die Strategie des Westen im Hinblick auf den Krieg in der Ukraine. Neben schärferen Sanktionen und der Stärkung der NATO-Ostflanke geht es auch um die Symbolik: Die USA an der Seite Europas. Die USA und ihre Verbündeten wollen beraten, was sie im nächsten Schritt gegen den russischen Überfall auf die Ukraine unternehmen werden (Tagesschau).
NATO will aufrüsten und die Ostflanke dauerhaft stärken
Die NATO-Staaten haben auf dem heutigen Gipfel beschlossen, sich mit einer massiver Aufrüstung auf die neue Bedrohungslage zu reagieren und ihre Truppen an der Ostflanke dauerhaft zu stärken. Vier NATO-Gefechtseinheiten sollen in die Slowakei, nach Ungarn, Bulgarien und Rumänien entsendet werden. Zusätzlich zu den Einheiten, die bereits in den baltischen Staaten und Polen stationiert sind. Angesichts „der seit Jahrzehnten schwerwiegendsten Bedrohung für die euro-atlantische Sicherheit” werde man das Abschreckungs- und Verteidigungsdispositiv erheblich stärken und das gesamte Spektrum an einsatzbereiten Streitkräften und Fähigkeiten weiterentwickeln, hieß es in der gemeinsamen Gipfelerklärung. Diese Schritte würden durch „erweiterte Übungen" mit dem Schwerpunkt kollektive Verteidigung und der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Streitkräfte ergänzt. Besondere Sorge bereitet den Nato-Staaten der mögliche Einsatz von Massenvernichtungswaffen durch Russland (Bayerischer Rundfunk).
Selenskyj ruft Bürger weltweit zu Demonstrationen auf
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat anlässlich des Kriegsbeginns vor einem Monat Menschen auf der ganzen Welt aufgerufen, am Donnerstag öffentlich zu protestieren. „Kommen Sie aus Ihren Büros, Ihren Wohnungen, Ihren Schulen und Universitäten”, sagte Selenskyj in einer Videoansprache. „Kommen Sie im Namen des Friedens, kommen Sie mit ukrainischen Symbolen, um die Ukraine, die Freiheit und das Leben zu unterstützen” (Greenpeace-Magazin).
UN-Vollversammlung verlangt Kriegsende
Bei den gestrigen Verhandlungen war es nicht gelungen, sich auf einen Text zu einigen. Die UN-Vollversammlung hat heute über eine neuen Entwurf einer Resolution zur humanitären Situation in der Ukraine abgestimmt. Die Resolution verlangt unter anderem „die sofortige Einstellung der Feindseligkeiten der Russischen Föderation gegen die Ukraine”, insbesondere alle Angriffe auf Zivilisten. Moskau müsse seine Streitkräfte unverzüglich aus der Ukraine zurückziehen. Angriffe auf Schulen und Krankenhäuser müssten aufhören. Die Delegierten votierten mit 140 zu 5 Stimmen für die Entschließung; gemeinsam mit Russland sprach sich lediglich Belarus, Syrien, Nordkorea und Eritrea gegen den Text aus. Südafrika brachte noch einen Gegenentwurf zu dieser Resolution ein. Darin wird Russland nicht beschuldigt. (n-tv).
EU-Kommission lehnt Quote zur Verteilung von Geflüchteten ab
Forderungen nach einem verpflichtenden Schlüssel zur Verteilung von Geflüchteten aus der Ukraine über die einzelnen EU-Staaten hat die EU-Kommission eine Absage erteilt. „Wir werden keine verbindlichen Quoten oder ähnliches machen”, sagte Innenkommissarin Ylva Johansson. Die Menschen, die unter der Richtlinie für einen Massenzustrom Vertriebener Schutz suchten, sollten sich frei in der EU bewegen dürfen. Man werde nicht entscheiden, wo sie sich niederlassen sollten. Johansson verwies jedoch auf eine neu geschaffene „Solidaritätsplattform”, auf der sich die EU-Staaten über die Verteilung der Geflüchteten austauschen könnten. Länder könnten dort Überlastungen melden, andere Länder könnten Hilfe anbieten (Die ZEIT).
Russland scheidet im Herbst aus Menschenrechtskonvention aus
Infolge des Ausschlusses der Russischen Föderation aus dem Europarat am 16. März 2022 scheidet Russland zum 16. September 2022 als Vertragspartei aus der Europäischen Menschenrechtskonvention aus. Mutmaßliche Verstöße der Russischen Föderation gegen die Konvention, die bis September stattfinden, werden jedoch weiterhin Gegenstand der Untersuchungen sein (Europarat).
Weitere Waffenlieferungen aus Deutschland: 2.000 Panzerfäuste
Das Verteidigungsministerium will der Ukraine zur Verteidigung 2.000 weitere Panzerfäuste aus Beständen der Bundeswehr liefern. Dies beantragte das Ressort von Ministerin Christine Lambrecht beim Bundessicherheitsrat. Die ukrainischen Streitkräfte haben bereits 1.000 Panzerabwehrwaffen sowie 500 Boden-Luft-Raketen vom Typ „Stinger” aus Bundeswehrbeständen erhalten, zudem 500 von rund 2.700 „Strela“-Raketen aus Altbeständen (n-tv).
23. März 2022
Lagebericht
Der Generalstab der ukrainischen Truppen vermeldete am Morgen, dass die ukrainischen Streitkräfte ihre Stellungen trotz andauernder russischer Luftangriffe weiterhin halten würden. Der russische Vormarsch habe an mehreren Fronten gestoppt werden können.
Britische Geheimdienste gehen indes davon aus, dass sich die russischen Truppen im Norden der Ukraine derzeit neu organisierten, um großangelegte Angriffe vorzubereiten. In der Ostukraine verfolgten die russischen Streitkräfte weiterhin das Ziel, die ukrainische Armee einzukesseln. Das britische Verteidigungsministerium rechnet außerdem mit dem Versuch russischer Truppen, die im Süden gelegene Stadt Mokolajiw zu umgehen, um dann auf die weiter westlich gelegene Großstadt Odessa vorzurücken.
Nach Einschätzung von Experten gibt es derzeit kaum noch Boden- oder Geländegewinne. Der Krieg könnte also zunehmend in einen Abnutzungs- und Stellungskrieg übergehen. Trotzdem werden über russische Artilleriegeschosse große Schäden verursacht.
Die NATO beabsichtigt zur Abschreckung Russlands eine weitere Stärkung ihrer Ostflanke, teilte NATO-Generalsekretär Stoltenberg in Brüssel mit. Standorte der NATO-Battlegroups könnte es in Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Slowakei geben. Außerdem werde erwogen, die Luftverteidigung sowie die Präsenz auf See auszubauen. Zugleich bekräftigte Kanzler Scholz im Bundestag die Haltung, dass die NATO nicht auf militärischem Wege intervenieren werde. Dieses Versprechen bedeutet auch eine Absage an den ukrainischen Präsidenten Selenskyj, der für ein stärkeres Engagement der NATO geworben hatte. Am Abend vermeldete die NATO, dass nach Schätzungen bereits zwischen 7.000 und 15.000 russische Soldaten ums Leben gekommen seien.
Evakuierungen aus umkämpften Städten: Für den heutigen Mittwoch wurden laut ukrainischen Angaben neun Fluchtkorridore vereinbart, über die Zivilisten umkämpfte Gebiete verlassen können. Drei Routen sind nordöstlich von Kiew geplant, eine weitere ist nordwestlich der Hauptstadt vorgesehen. Für Luhansk konnte eine Feuerpause ab 9.00 Uhr Ortszeit verhandelt werden. Zivilisten soll dadurch über zwei Fluchtkorridore die Möglichkeit zur Flucht gegeben werden. Auch für das stark umkämpfte Stadtzentraum von Mariupol soll ein Fluchtkorridor eingerichtet werden.
Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnete die Verhandlungen mit Russland als „sehr schwierig“. Trotzdem bewege man sich Schritt für Schritt vorwärts, verkündete Selenskyj in einer Videoansprache. Unterhändler seien hierzu „unermüdlich im Einsatz“. Neben einem Ende der Kämpfe fordert die Ukraine den Abzug russischer Truppen. Russland pocht auf die Anerkennung der in der Ostukraine gelegenen Separatistengebiete als unabhängige Staaten. Außerdem müsse die Krim als Teil des russischen Herrschaftsgebiets anerkannt werden. Die Moskauer Delegation sprach ihrerseits von schleppenden Gesprächen. Der russische Außenminister Lawrow beschuldigte die USA, die Gespräche in die Länge ziehen zu wollen. Verhandelt wurde anfänglich in Belarus. Aktuell finden die Verhandlungen über Videokonferenzen statt.
US-Präsident Biden reist heute nach Brüssel, um sich auf Gipfeltreffen von EU, NATO und G7 mit internationalen Verbündeten zum Krieg in der Ukraine zu beraten. Aus amerikanischen Regierungskreisen wurde zudem bekannt, dass zusätzliche Sanktionen gegen Abgeordnete des russischen Parlaments vorbereitet werden. Diese sollen am Donnerstag verkündet werden. Am Freitag reist Biden weiter nach Polen. Am heutigen Mittwoch ist zudem die Vollversammlung der UN zur Beratung einer gegen Russland gerichteten Resolution zusammengekommen. Zentrale Forderung der Resolution ist die sofortige Einstellung der russischen Feindseeligkeiten. Mit einem Ergebnis wird am späten Mittwochabend gerechnet.
Lagebericht aus einzelnen Regionen und Städten:
Am Nachmittag wurde die ukrainische Hauptstadt Kiew erneut von russischen Truppen unter Beschuss genommen. Aus den westlichen Außenbezirken der Stadt wurden Gefechte berichtet, um mehrere Vororte unter Kontrolle der russischen Soldaten zu bringen. Ein Einkaufszentrum und mehrere weitere Gebiete wurden nach Angaben der Stadtverwaltung von Granaten getroffen. Am Abend vermeldete Kiews Bürgermeister Klitschko, dass russische Truppen nahe der Hauptstadt zurückgedrängt werden konnten. Die Kleinstädte Irpin und Makariw befänden sich somit nun wieder fast vollständig unter ukrainischer Kontrolle.
In der von russischen Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol ereignen sich weiterhin schwere Gefechte. Laut Berichten sind zudem zwei schwere Bomben in der Stadt eingeschlagen. Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Selenskyj befinden sich noch immer rund 100.000 der ehemals 430.000 Menschen in der Stadt. Die humanitäre Lage ist äußerst angespannt. Es mangelt an Nahrung, Wasser und Medizin. Selenskyj beklagte zudem die Blockade eines Hilfskonvois durch russische Truppen. Mehrere Busfahrer und Rettungshelfer seien von russischer Seite gefangen genommen worden. Auch habe es während einer Evakuierungsoperation Angriffe durch russische Bomben gegeben.
Ein Berater Wladimir Putins bekräftigte unterdessen das Vorhaben, mit einer Eroberung Mariupols eine sichere Landverbindung zur 2014 annektierten Halbinsel Krim zu schaffen. Dies würde für die Russen neue Transportkorridore zwischen Krim und den ostukrainischen Separatistengebieten Donezk und Luhansk ermöglichen.
In Irpin, einer umkämpften Vorstadt Kiews, hat die örtliche Polizei ihre Arbeit wiederaufgenommen. Der ukrainische Polizeichef Klymenko teilte mit, die Polizei gehe in der Gegend nun gegen russische Saboteure vor. Vorrangiges Ziel sei jedoch die Unterstützung von Zivilisten und die Wiederherstellung von Ordnung in der Stadt.
Für die ostukrainische Stadt Luhansk konnte am Vormittag eine Feuerpause vereinbart werden. Diese gilt ab 9.00 Uhr Ortszeit und soll Zivilisten die Möglichkeit geben, sich in Sicherheit zu bringen.
Im ebenfalls in der Ostukraine gelegenen Charkiw ist es unterdessen erneut zu heftigen Kämpfen gekommen. Dabei ist es der ukrainischen Armee nach eigenen Angaben gelungen, russische Angriffe abzuwehren.
Hochproblematisch gestaltet sich die Lage auch im umkämpften Isjum. Nach ukrainischer Darstellung gibt es derzeit keine Verbindungen mehr in die Stadt. Auch seien sämtliche Bemühungen um die Einrichtung humanitärer Korridore von russischer Seite zurückgewiesen worden.
Aktuelle Berichte:
Russland akzeptiert Bezahlung von Gaslieferungen nur noch in Rubel
Russland gab heute bekannt, die Bezahlung von Gaslieferungen an „unfreundliche Staaten“ künftig nur noch in der russischen Landeswährung zu erlauben. Betroffen sind Staaten, die von Russland auf eine schwarze Liste gesetzt wurden. Darunter Deutschland, weitere EU Staaten, Großbritannien, die USA und Kanada. Die Ankündigung kann als russische Vergeltungsmaßnahme in Reaktion auf die von vielen Staaten gegen Russland verhängten Wirtschaftssanktionen verstanden werden. Ökonomen sprechen vor einer neuen Eskalationsstufe im Wirtschaftskrieg. Bundeswirtschaftsminister Habeck bezeichnete das russische Vorgehen als „Bruch der Verträge“. Bereits die Ankündigung führte zudem zu Kursgewinnen der russischen Währung. (Tagesschau.de).
Kreml: Einsatz von Atomwaffen nur bei „existentieller Bedrohung“
Die russische Staatsführung hat sich öffentlich zu ihrer Atomwaffenstrategie geäußert. In einem CNN-Interview verwies Kreml-Sprecher Dmitri Peskow auf das russische Konzept für innere Sicherheit und erklärte: „Wenn es also eine existenzielle Bedrohung für unser Land gibt, dann kann sie (die Atombombe) in Übereinstimmung mit unserem Konzept genutzt werden.” Zudem äußerte Peskow, der russische Militäreinsatz verlaufe aus Sicht des Kremls „streng nach Plan“ (Der Spiegel).
China lehnt Ausschluss Russlands aus G20 ab
China hat Forderungen nach einem Ausschluss Russlands aus der Gruppe der G20 eine Absage erteilt. Polen hatte in Reaktion auf die russischen Aggressionen gegenüber der Ukraine gefordert, Russland aus der Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer auszuschließen. Deutschland und die USA hatten erklärt, mit ihren internationalen Partnern über Konsequenzen für die russische G20-Mitgliedschaft beraten zu wollen. Russland selbst bekräftigte unterdessen das Vorhaben Putins, am nächsten G20-Gipfel im Oktober in Indonesien teilzunehmen. (Der Spiegel).
Verhandlungen: Nachkriegsordnung muss russische Bedrohung dauerhaft eindämmen
Wie könnte es eine diplomatische Annäherung zwischen zur absoluten Zerstörung bereiten russischen Aggressoren und der angegriffenen Ukraine geben? Die Bemühungen zur Einigung auf diplomatischem Parkett gestalten sich auch deshalb so schwierig, weil das Russland Putins auch dann eine dauerhafte Bedrohung bliebe, wenn es sich auf einen wie auch immer gearteten Friedensvertrag einließe. Eine stabile politische Nachkriegsordnung scheint daher nur ohne den aktuellen russischen Präsidenten möglich (Die ZEIT).
22. März 2022
Lagebericht
Laut Einschätzungen von Experten fokussiere Russland aufgrund des starken ukrainische Widerstands seine Aktivitäten in dieser Phase des Krieges auf Angriffe aus der Luft und im Süden der Ukraine zu Wasser. Der Kreml versuche, seine Kampfdynamik zu erhöhen. Demnach feuere Russland vor allem Luft-Boden-Raketen aus dem russischen oder belarussischen Luftraum auf ukrainische Ziele ab. Innerhalb der vergangenen 24 Stunden seien bis zu 300 Angriffe geflogen worden. Vor allem aus Kiew, Charkiw, Mariupol, Odessa und Mykolajiw sind Angriffe gemeldet worden. Die russischen Kampfjets blieben nie lange im ukrainischen Luftraum, da die ukrainischen Streitkräfte Flugabwehrsysteme und Drohnen einsetzen würden, um die Angriffe abzuwehren. Der neuerliche russische Einsatz von Hyperschallraketen diene eher der Demonstration der Stärke des russischen Militärs. Militärisch gesehen mache der Einsatz wenig Sinn. Die Angriffe hätten auch mit anderen Waffen erfolgen können, so Experten.
Russische Einheiten hätten nach Angaben des ukrainischen Generalstabes weiter Probleme mit der Sicherung ihres Nachschubs. Vorliegenden Informationen zufolge hätten die in der Ukraine operierenden Einheiten Munitions- und Lebensmittelvorräte für höchstens drei Tage. Ähnlich sei die Lage bei der Versorgung mit Kraftstoff. Derweil geht die Regierung der Ukraine nach eigenen Angaben davon aus, dass die Kämpfe mit Russland innerhalb von zwei bis drei Wochen enden könnten.
Dem Kapitulationsaufruf Russlands erteilte die Ukraine gestern eine klare Absage. Sie werde Städte wie Mariupol, Charkiw und Kiew nicht kampflos übergeben, erklärte Präsident Selenskyj. Vielmehr rief Selenskyj sein Volk zum Widerstand und Durchhalten auf: „Um unser Volk zu retten. Kämpft. Kämpft. Kämpft und helft. Damit die Ukraine lebt, und wir alle gemeinsam mit ihr, frei und in Frieden.“ Indes berichtet die ukrainische Spionageabwehr, sie habe ein mögliches Attentat auf Präsident Wolodymyr Selenskyj verhindert. Zudem sei eine Gruppe von russischen Saboteuren festgenommen habe.
Die EU und die USA haben der Ukraine für Ihren Verteidigungskampf gegen die russischen Angriffe große Summen für Waffenlieferungen bereitgestellt. Da zur Luft und zur See kaum noch Lieferungen an die Ukraine möglich sind, müssen diese auf dem Landweg über die Westgrenze der Ukraine ins Land kommen. Um diese Lieferungen zu verhindern, werde nun zunehmend auch die Westukraine in Russlands strategischem Fokus stehen. Von Nordwesten her wird eine russische Offensive erwartet, möglicherweise gemeinsam mit belarussischen Streitkräften.
Im nördlichen Schwarzen Meer zeige Russland mit dem Einsatz mehrerer Kriegsschiffe „verstärkte Marineaktivitäten” vor den Küstenregionen. Mit einem ihrer Landungsschiffe haben die russischen Streitkräfte gestern in der unweit von Mariupol gelegenen Stadt Berdjansk angelegt. Die russische Armee dürfte über diesen Weg ihren Nachschub mit Ausrüstung und Munition sichern wollen. Umgekehrt betrachtet ist für die Ukraine der Zugang von der See aus mittlerweile nun so gut wie dicht. Aufgrund des zunehmenden Gefahrenpotenzials hat die Ukraine vorübergehend ihrerseits die ukrainischen Häfen am Asowschem und Schwarzem Meer geschlossen.
Was die strategisch wichtigen Städte anbelangt, versucht die russische Armee weiter, die Ringe um die Städte komplett zu schließen und mit Soldaten einzudringen. Teils zeigt sich in den Städten bereits ein Straßenkampf, wie etwa in Mariupol. Die Versorgungslage in den Städten ist katastrophal. Die Gefahren für Hunderttausende in den Städten eingekesselte Bewohner ist groß, da Russlands Angriffe auch zivile Ziele treffen.
Flüchtlinge: Laut UNHCR liegt die Zahl der Menschen, die sich in der Ukraine auf die Flucht begeben haben, mittlerweile bei rund 10 Millionen. Davon haben knapp 3,5 Millionen bereits die Ukraine in Nachbarländer verlassen; über 2,1 Millionen sind in Polen angekommen. Tausende der ukrainischen Flüchtlinge würden offenbar gegen ihren Willen auch nach Russland gebracht. Weitere 6 bis 7 Millionen befinden sich derzeit innerhalb der Ukraine auf der Flucht. In Deutschland sind mittlerweile mehr als 230.000 Schutzsuchende aus der Ukraine eingereist. Nach Angaben aus Moskau würden immer mehr Menschen versuchen, aus der Ukraine nach Russland auszureisen. Fast 348.000 Menschen hätten bislang die Grenze nach Russland überquert, hieß es.
Evakuierungen aus umkämpften Städten: Die Evakuierungen über humanitäre Korridore verlaufen weiterhin nur schleppend. Ein paar Tausend Menschen pro Tag gelingt derzeit die Flucht über humanitäre Korridore. Gestern konnten 3.300 Menschen aus Mariupol evakuiert werden. 1.600 Menschen wurden aus dem Dorf Bobrik nahe Kiew evakuiert. Für den heutigen Tag wurden wieder Fluchtkorridore geplant, um Menschen aus umkämpften Städten in Sicherheit zu bringen, darunter drei Fluchtkorridore für Mariupol. Allerdings scheint es heute wieder Schwierigkeiten gegeben zu haben, die Hilfskonvois wurden vor der Stadt gestoppt. Die Menschen sitzen in Mariupol fest und warten weiterhin auf ihre Evakuierung. Seit Kriegsbeginn konnten insgesamt gut 200.000 Menschen evakuiert werden.
Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: In Vorbereitung auf die am Donnerstag stattfindenden Gipfel der EU, NATO und G7 hat sich US-Präsident Biden in einer Schaltkonferenz mit westlichen Verbündeten über eine koordinierte Antwort auf den russischen Angriffskrieg beraten. An den Beratungen nahm auch Bundeskanzler Olaf Scholz teil. Die Verhandlungen zwischen der russischen und ukrainischen Delegation erbrachten weiterhin keinen Durchbruch. Indes hat der ukrainische Präsident Selenskyj Russland einen Kompromiss angeboten, nach welchem die Ukraine bereit sei, auf eine NATO-Mitgliedschaft zu verzichten. Kiew sei auch bereit, über den Status der von Russland annektierten Halbinsel Krim und über den von prorussischen Separatisten gehaltenen Donbass in der Ostukraine zu sprechen. Voraussetzung sei eine Feuerpause sowie Schritte zu Sicherheitsgarantien für die Ukraine. „Es ist ein Kompromiss für alle: für den Westen, der in Bezug auf die NATO nicht weiß, was er mit uns machen soll; für die Ukraine, die Sicherheitsgarantien will; und für Russland, das keine weitere NATO-Expansion will”, so Selenskyj. Ferner hat Selenskyj angekündigt, über mögliche in Verhandlungen erzielte Kompromisse die Bevölkerung über einen Volksentscheid abstimmen zu lassen. Indes hat Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert und über die Bedingungen für einen Waffenstillstand mit der Ukraine sowie um „Sicherheitsvoraussetzungen für substanzielle Themen” gesprochen.
Lage in einzelnen Regionen und Städten:
Seit Wochen versucht die russische Armee, die ukrainische Hauptstadt Kiew vollständig zu umzingeln. Selenskyjs Sicherheitsberater hat den Angriff auf Kiew nun als „im Großen und Ganzen gescheitert” bezeichnet. Der Versuch, die Hauptstadt weiter einzukreisen, sei nicht gelungen. Größtenteils in einer Entfernung von 25 Kilometern haben sich die russischen Truppen offenbar in Gräben verschanzt. Die Vororte von Kiew sind heftig umkämpft. Die ukrainische Armee konnte die russischen Truppen offenbar aus dem nordwestlich gelegenen strategisch wichtigen Vorort Makariw verdrängen. Einige abgelegene Dörfer um Kiew wurden hingegen von russischen Streitkräften fast völlig abgeschnitten. Dort droht eine humanitäre Katastrophe. In der 30 Kilometer von Kiew entfernten Kleinstadt Boryspil hat der Bürgermeister alle Bewohner zum Verlassen des Ortes aufgerufen. Es gebe keinen Grund, in der Stadt zu bleiben, in der Umgebung werde bereits gekämpft. Boryspil liegt nahe dem gleichnamigen internationalen Flughafen Kiews. In der Hauptstadt selbst ist immer wieder Luftalarm zu hören. Bislang wurden einzelne Wohngebäude und ein Einkaufszentrum getroffen.
Im Sperrgebiet um das ehemalige Atomkraftwerk Tschernobyl sind nach Angaben des ukrainischen Parlaments mehrere Brände ausgebrochen. Insgesamt soll bereits eine Fläche von mehr als zwei Quadratkilometern in Flammen stehen. Russische Truppen hatten das Gelände um das Atomkraftwerk vor rund einem Monat unter ihre Kontrolle gebracht. Die Feuer seien „wahrscheinlich durch die bewaffnete Aggression der Russischen Föderation verursacht worden – nämlich durch Beschuss oder Brandstiftung”, teilte Kiew mit. Allerdings kam es dort in der Vergangenheit immer wieder zu Wald- und Flächenbränden.
In der Ostukraine ist die russische Armee nach eigenen Angaben weitere vier Kilometer in ukrainisches Gebiet vorgerückt. Es werde um die Eroberung dreier Dörfer in der Nähe der Stadt Donezk gekämpft. Südwestlich davon sei das Dorf Uroschajne eingenommen worden.
„Ärzte ohne Grenzen“ berichten von der dramatischen Lage in der belagerten Hafenstadt Mariupol. Es fehle an Ausrüstung, Medikamenten, Strom und Wasser. Die in den Straßen liegenden Leichen könnten nicht mehr weggebracht werden, da dies zu gefährlich sei. Nach ukrainischen Angaben seien in der Stadt heute zwei „extrem starke Bomben” eingeschlagen. „Es ist klar, dass die Belagerer sich nicht für die Stadt interessieren, sie wollen sie auslöschen, zu Asche reduzieren”, erklärte die Stadtverwaltung. Die beiden besonders starken Bomben seien demnach eingeschlagen, als gerade Zivilisten evakuiert werden sollten. 3.000 Menschen konnten gestern aus der Stadt in Sicherheit gebracht werden, trotz Beschusses während der Evakuierung. Probleme gab es aber auch heute wieder was die Hilfskonvois für Mariupol anbelangt. Unweit der belagerten ukrainischen Hafenstadt Mariupol haben prorussische Separatisten Angaben aus Kiew zufolge einen Konvoimit Hilfslieferungen festgesetzt. Mehrere Mitarbeiter des ukrainischen Zivilschutzes seien als „Geiseln” genommen worden. Die festgesetzten Menschen hätten Busse gefahren, in denen Zivilisten aus Mariupol hätten evakuiert werden sollen.. Die Fluchtroute sei mit dem Internationalen Roten Kreuz abgesprochen gewesen. Mehr als 100.000 Menschen warten demnach auf eine Evakuierung, sitzen aber in der Stadt fest. Der Anführer der prorussischen Separatisten in Donezk äußerte indes die Vermutung, dass die Kämpfe in der Hafenstadt Mariupol noch einige Zeit andauern werden. Nach Angaben des Bürgermeisters der Hafenstadt starben in Mariupol bereits mehr als 3000 Zivilisten.
In Odessa gab es gestern den ersten großen Angriff der russischen Marine, bei dem Wohnhäuser getroffen wurden. Die Stadt bereitet sich schon lange auf einen Angriff vor und errichtet überall Barrikaden. Es wird befürchtet, dass auch die russische Armee weiter in Richtung Odessa vorrücken könnte, so dass Gefahr zu Land und zu Wasser drohen würde. Die Bewohner befürchten, ein ähnliches Szenario wie in Mariupol könnte auch Odessa bevorstehen.
Weiterhin befinden sich 14 russische Marineschiffe vor der Schwarzmeerküste. Die russischen Streitkräfte werden versuchen, früher oder später auch mit Landungsschiffen an der Küste vor Odessa anzulegen, um die Schwarzmeerküste vollständig unter ihre Kontrolle zu bringe, die Nachschubwege für die Ukraine über das Meer komplett zu blockieren und in Odessa einzurücken.
Aktuelle Berichte:
Ukrainische Spionageabwehr verhindert möglichen Anschlag auf Selenskyj
Laut der ukrainischen Spionageabwehr wurde im Westen des Landes ein russischer Sabotagetrupp festgenommen, der einen Anschlag auf Selenskyj geplant haben soll. Die von einem Geheimdienstler angeführte Gruppe soll nach ukrainischen Angaben in der Stadt Uschgorod im Dreiländereck zwischen der Ukraine, der Slowakei und Ungarn festgenommen worden sein. Zum Auftrag der etwa 25 Männer habe neben dem Anschlag auf Selenskyj in Kiew auch die Ausführung einer Reihe von Sabotageakten im Regierungsviertel sowie in anderen Landesteilen der Ukraine gehört. Sie wollten sich als Angehörige der Territorialeinheiten der Ukraine ausgeben und auf diese Weise nach Kiew gelangen (t-online).
UN-Vollversammlung bereitet Resolution vor
Die UN-Vollversammlung wird morgen über eine weitere Resolution im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg beraten und entscheiden. Für die Beschlussvorlage mit dem Namen „humanitäre Folgen der Aggression gegen die Ukraine“ wird abermals mit einer breiten Zustimmung gerechnet. Bei der letzten Resolution Anfang März wurden 141 Ja-Stimmen erreicht. Der damalige Beschluss hatte Russlands Krieg verurteilt (Redaktionsnetzwerk Deutschland).
Russland: Beziehungen zu USA am Rande des Abbruchs
Russlands Vize-Außenminister Sergej Rjabkow sieht die Beziehungen zu den USA wegen des Ukraine-Krieges vor dem Abbruch. Russland hat den US-Botschafter in Moskau einbestellt und ihm eine Protestnote übergeben. Zugleich stellte er Bedingungen für eine Fortsetzung der Gespräche zwischen Moskau und Washington: Die USA müssten ihre Eskalation stoppen - verbal und bei der Lieferung von Waffen an die Ukraine. „Sie müssen aufhören, Drohungen gegen Russland auszusprechen.“ Die Äußerungen des amerikanischen Präsidenten, in denen er den russischen Präsidenten Putin als einen „Kriegsverbrecher“ und „mörderischen Diktator“ bezeichnete, seien „eines Staatsmannes von solch hohem Rang unwürdig und bringen die russisch-amerikanischen Beziehungen an den Rand des Abbruchs” (Tagesspiegel).
Biden warnt: Russland erwägt Einsatz chemischer Kampfstoffe
US-Präsident Joe Biden hat seine Warnung bekräftigt, wonach Russland in der Ukraine auch chemische Kampfstoffe einsetzen könnte. Russland hatte der Ukraine jüngst vorgeworfen, über biologische und chemische Waffen zu verfügen. Aus dem russischen Verteidigungsministerium hieß es, die Regierung in Kiew wolle die eigene Bevölkerung mit Chemiewaffen angreifen – und diesen Angriff dann den russischen Truppen anlasten. Aus Sicht Bidens ist dies ein klares Indiz dafür, dass Putin nur einen Vorwand sucht, um selbst chemische Waffen einzusetzen. „Das ist ein klares Zeichen dafür, dass er den Einsatz beider Waffen in Erwägung zieht” (BR24).
Selenskyj wünscht sich Papst Franziskus als Vermittler
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat Papst Franziskus als Vermittler im Konflikt mit Russland vorgeschlagen. „Wir würden eine Vermittler-Rolle des Heiligen Stuhls schätzen, um das menschliche Leid zu beenden.“ Das Oberhaupt der katholischen Kirche hatte kürzlich bereits gefordert, Russlands „inakzeptable bewaffnete Aggression“ müsse gestoppt werden, „bevor sie Städte in Friedhöfe verwandelt“. Der Papst forderte auch ein Ende des „Massakers“ an Zivilisten (Berliner Zeitung).
21. März 2022
Lagebericht
Der Frontverlauf im Krieg mit Russland ist nach ukrainischen Angaben „praktisch eingefroren”. Sowohl die russische als auch die ukrainische Seite hätten nicht genug Kraft, um die Situation in die eine oder andere Richtung zu drehen, sagte der Berater des Büroleiters von Präsident Wolodymyr Selenskyj. Die russische Armee erziele allenfalls kleine Geländegewinne im Osten und Süden. Laut dem „Institute for the Study of War" aus den USA befänden sich die Kämpfe insgesamt in einer „Pattsituation". Russland habe nicht das Gerät und Personal, um große Städte wie Kiew, Charkiw und Odessa tatsächlich einnehmen zu können, schreibt das Institut in einer Lageanalyse. Sie deckt sich mit den Einschätzungen anderer Experten aus den vergangenen Tagen.
Allerdings rechnet der Generalstab der ukrainischen Armee mit weiteren Offensiven in den kommenden Tagen. Im Nordwesten des Landes wird ein baldiger belarussischer Angriff erwartet. Lange schon wurde befürchtet, die belarussischen Streitkräfte könnten zur Unterstützung der russischen Armee in den Krieg mit eintreten. Aus russischer Sicht könnte diese Offensive dazu dienen, die Westgrenze dicht zu machen, über die der Westen die Ukraine mit Nachschub versorgt. Dies würde die ohnehin schon dramatische Lage in der Ukraine weiter verschärfen. Auch im Süden bei Odessa stellen sich die Streitkräfte auf eine zu erwartende Offensive ein.
Indes gehen die Angriffe auf die bereits seit Wochen hart umkämpften Städte wie Mariupol und Charkiw weiter. Russland hat Mariupol nun zur Kapitulation aufgefordert, was die Ukraine umgehend ablehnte. Weiterhin versucht Russland mit dem Einsatz von Hyperschallraketen ein weiteres Zeichen militärischer Stärke zu setzen. Dabei nehmen die russischen Streitkräfte zunehmend Militärstützpunkte ins Visier, um das ukrainische Militär zu schwächen. Doch auch die ukrainische Armee versucht mit vereinzelten Offensiven gegenzuhalten und wehrt sich nach wie vor mit allen Kräften. In mehr als drei Wochen Krieg soll die russische Armee mehrere Dutzend hochrangige russische Offiziere sowie fünf ihrer zwanzig Majorgeneräle verloren haben. Erst gestern haben die russischen Behörden den Tod eines weiteren hochrangigen Militärs bestätigt. Der stellvertretende Kommandant der Schwarzmeerflotte, Andrei Paly, sei in Mariupol erschossen worden.
Flüchtlinge: Was die Zahl der Menschen anbelangt, die sich in der Ukraine auf die Flucht begeben haben, liegt diese laut UNHCR mittlerweile bei rund 10 Millionen. Davon haben 3,3 Millionen bereits die Ukraine in Nachbarländer verlassen, über zwei Millionen sind in Polen angekommen. Tausende der ukrainischen Flüchtlinge würden offenbar gegen ihren Willen auch nach Russland gebracht. Weitere 6 bis 7 Millionen befinden sich derzeit innerhalb der Ukraine auf der Flucht. In Deutschland sollen bislang mehr als 225.000 Schutzsuchende aus der Ukraine eingereist sein.
Evakuierungen aus Städten: Die Evakuierungen über humanitäre Korridore verlaufen weiterhin nur schleppend. Ein paar Tausend Menschen pro Tag gelingt derzeit die Flucht über humanitäre Korridore. Für den heutigen Tag seien wieder acht Fluchtkorridore geplant, um Menschen aus umkämpften Städten in Sicherheit zu bringen. Gestern konnten rund 7.300 Menschen aus den umkämpften Städten evakuiert werden. Seit Kriegsbeginn konnten insgesamt rund 200.000 Menschen evakuiert werden.
Todesfälle: Die Zahl der im Krieg in der Ukraine bislang ums Leben gekommenen Menschen lässt sich schwer schätzen. Ukrainischen Angaben zufolge werden es mittlerweile einige Tausend Zivilisten sein, die ihr Leben verloren haben. Allein in Mariupol sollen laut dortigen Behörden ungefähr 2.500 Menschen getötet worden sein. Auch die Anzahl der getöteten ukrainischen Soldaten dürfte sich in einer ähnlichen Größenordnung bewegen. Die Zahl der ums Leben gekommenen russischen Soldaten soll nach ukrainischen Angaben bereits um die 15.000 betragen. Die „Washington Post" schreibt unter Berufung auf Schätzungen von Geheimdiensten, dass Russland bis zu 1.000 Tote pro Tag zu beklagen habe. Russland hingegen beziffert seine Opferzahlen auf nur einen Bruchteil dessen.
Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Die im Online-Format stattfindenden Verhandlungen zwischen den russischen und ukrainischen Delegationen gingen am heutigen Montag in eine weitere Runde. Die ukrainische Seite zeigt sich zuvor skeptisch, was den Fortschritt der Verhandlungen anbelangt. Die Türkei, die eine Vermittlerrolle eingenommen hat, teilte indes mit, die Verhandlungen stünden kurz vor einer Einigung. Einzelheiten wollte man aber nicht preisgeben. Ferner wird der Sitzungsmarathon der internationalen Staatengemeinschaft in dieser Woche fortgeführt. Es stehen Gipfel auf Ebene der NATO, der EU und der G7-Staaten in Brüssel an. Dazu wird auch US-Präsident Biden anreisen.
Lage in einzelnen Regionen und Städten:
Rund um die Hauptstadt Kiew haben sich an den Frontlinien keine wesentlichen Veränderungen ergeben. Der Großteil der Truppen sei weiterhin mehr als 25 Kilometer vom Zentrum der Hauptstadt entfernt. Nachdem die russische Armee in den vergangenen Tagen Gräben rund um Kiew ausgehoben hat, richtet sie sich offenbar für einen Stellungskrieg ein. Weiterhin versucht das russische Militär, die Stadt mittels Artillerie aus der Entfernung zu beschießen. So gibt es auch vereinzelt Einschläge in Wohnhäuser. Gestern wurde ein zehnstöckiges Wohngebäude im nordwestlichen Bezirk Swjatoschyn von einer Granate getroffen. Bürgermeister Klitschko sprach von Angriffen auf mehrere Wohnhäuser im Stadtteil Podil sowie von einem Einschlag in ein Einkaufszentrum der Stadt. Russland rechtfertigt die Bombardierung mit dem Vorwurf, die Ukraine würden das Shoppingcenter als Waffendepot nutzen. In dem leerstehenden Einkaufszentrum seien Mehrfachraketenwerfersysteme und Munition gelagert worden, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. Kiews Bürgermeister hat eine weitere längere Ausgangssperre von heute 20 Uhr Ortszeit bis Mittwochmorgen 7 Uhr.angekündigt.Teile der Stadt würden immer wieder von russischen Truppen angegriffen. Im Nordwesten und Osten der Stadt liefern sich die ukrainischen und russischen Streitkräfte sporadische Gefechte. Eine Gruppe von Dörfern am nordwestlichen Stadtrand von Kiew steht am Rande einer humanitären Katastrophe. Butscha und andere abgelegene Dörfer seien von den russischen Streitkräften fast völlig abgeschnitten worden.
Im Nordwesten hat die russische Luftwaffe nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau eine Einrichtung des ukrainischen Militärs in der Region Riwne mit Raketen beschossen. „Hoch präzise luftgestützte Marschflugkörper haben ein Ausbildungszentrum für ausländische Söldner und ukrainische nationalistische Einheiten getroffen”, sagte der Sprecher des Ministeriums. Dabei seien mehr als 80 Kämpfer getötet worden. Der ukrainische Generalstab hatte zuvor bereits vor neuerlichen Angriffsplänen Russlands im Nordwesten des Landes gewarnt. In der an Belarus angrenzenden nordwestlichen Region Wolyn werde in den kommenden Tagen eine Offensive erwartet, möglicherweise unter Beteiligung belarussischer Streitkräfte.
In der Ostukraine ist die russische Armee nach eigenen Angaben um 12 Kilometer weiter vorgerückt. Die Grenze der Siedlung Nikolske nordwestlich der Stadt Mariupol sei erreicht worden. Auch der ukrainische Generalstab berichtete von russischen Mobilisierungsmaßnahmen in den von Russland eingenommenen Gebieten der Region Luhansk und Donezk.
Nahe der im Nordosten gelegenen Stadt Sumy sei bei einem Angriff eine Chemiefabrik offenbar hochgiftiges Ammoniak ausgetreten. In der Sumychimprom-Anlage in Nowoselyzja sei ein „Ammoniak-Leck” aufgetreten, teilte der Gouverneur der Region Sumy mit. „Ammoniak ist leichter als Luft, daher sollten Schutzräume, Keller und untere Stockwerke zum Schutz aufgesucht werden”, erging zunächst die Warnung seitens der Behörden. Die betroffene Stelle soll mittlerweile abgedichtet worden sein. Es bestehe keine Gefahr für die Bevölkerung.
Russland hat gestern die besonders umkämpfte Hafenstadt Mariupol im Süden der Ukraine zur Kapitulation aufgefordert. Das russische Militär hat die ukrainischen Streitkräfte in einem Ultimatum aufgefordert, in der Stadt die Waffen bis Montagmorgen niederzulegen. Bereits in der Nacht hat die ukrainische Regierung die Kapitulation abgelehnt: „Es wird keine Kapitulation, kein Niederlegen der Waffen geben”, sagte Vize-Regierungschefin Irina Wereschtschuk am frühen Morgen. Seit Kriegsbeginn sind laut den Behörden in Mariupol ungefähr 2.500 Menschen ums Leben gekommen. Zu dem erfolgten Angriff auf die Kunstschule am Samstag, in der 400 Menschen Schutz gesucht haben, seien noch keine Opferzahlen ermittelbar. Aus dem vor einigen Tagen getroffenen Theater konnten bislang 300 Menschen gerettet werden. Weitere sollen noch immer im Luftschutzbunker verschüttet sein. Die Ukraine forderte die Öffnung von weiteren Fluchtwegen für die notleidenden Zivilisten. Am Sonntag hätten rund 4.000 Menschen die Stadt verlassen können. Die Ukraine möchte heute versuchen, 50 Busse nach Mariupol zu schicken, um weitere Menschen aus der Stadt zu retten. Die Lage in Mariupol ist weiterhin katastrophal. Die Versorgung ist zusammengebrochen, 80 Prozent der Gebäude sind zerstört.
Cherson ist die bisher einzige ukrainische Großstadt, die das russische Militär vollständig erobert hat.Immer wieder kommt es zu Protesten gegen die Besatzer. Bei einer erneuten Demonstration sollen russische Soldaten auf friedliche Demonstranten geschossen haben. Das russische Militär solle Blendgranaten eingesetzt und das Feuer eröffnet haben. Demnach gab es mehrere Verletzte. In den sozialen Netzwerken kursieren Videos, die Schüsse auf Demonstranten zeigen sollen.
Vor der 70 Kilometer südwestlich von Mariupol gelegenen Stadt Berdjansk sollen die russischen Streitkräfte eigenen Angaben zufolge heute mit einem großem Landungsschiff im Hafen von Berdjansk angelegt haben, . Russische Kräfte kontrollieren mittlerweile den Großteil der ukrainischen Küste am Asowschen Meer. Berdjansk ist strategisch wichtig. Die russische Armee dürfte über diesen Weg den Nachschub mit Ausrüstung und Munition sichern wollen. Aus dem Hafen der Stadt sind nach Berichten des ukrainischen Militärs offenbar fünf mit Getreide beladene Schiffe „verschwunden“.
Auch in Odessa rechnen die Bewohner jeden Tag mit dem Beginn einer Offensive auf die Hafenstadt. Vom Meer her rückt die Gefahr in Form von vor der Küste positionierten Kampfschiffen und Landungsschiffen näher. Auch zu Land versuchen die russischen Truppen, weiter in Richtung der Stadt vorzurücken. Gestern war bei einem kleineren Ort 100 Kilometer von Odessa entfernt eine Panzerkolonne angekommen. Die ukrainische Armee konnte ihr Weiterkommen verhindern, indem sie eine Brücke sprengte. Aktuelle Meldungen von heute Morgen berichten von einem ersten Angriff auf einen Vorort von Odessa. Ein Wohnhaus sei durch russischen Beschuss beschädigt worden.
Angesichts des zunehmenden Gefahrenpotenzials teilten die ukrainischen Behörden mit, die ukrainischen Häfen an Asowschem und Schwarzem Meer würden vorübergehend geschlossen. Betroffen seien unter anderem die Städte Mariupol und Berdjansk am Asowschen sowie Skadowsk und Cherson am Schwarzen Meer. Schiffe könnten hier weder ein- noch auslaufen.
Aktuelle Berichte:
Beschuss bei Sumy: Ammoniak im Chemiewerk ausgetreten
In einer Chemiefabrik nahe der umkämpften Großstadt Sumy ist Ammoniak ausgetreten sein. Der regionale Militärchef appellierte an alle Bewohner im Umkreis von fünf Kilometern um die Anlage, möglichst Keller oder Wohnungen im Erdgeschoss aufzusuchen. Der staatliche Zivilschutz sprach von einem „leichten Ammoniak-Austritt", es gebe daher aktuell keine Gefahr für die Bevölkerung. Durch Beschuss sei ein Tank beschädigt worden. Die betroffene Stelle soll abgedichtet worden sein. Moskau hatte Kiew wiederholt beschuldigt, Angriffe mit improvisierten Chemiewaffen vorzubereiten. Dem russischen Verteidigungsministerium zufolge hätten „Nationalisten” die Ammoniak- und Chlorgaslager der Sumychimprom-Anlage „vermint”. Ziel sei eine „Massenvergiftung der Bewohner der Region Sumy im Falle des Eintreffens von Einheiten der russischen Streitkräfte in der Stadt (Zeit).
Verhandlungen zwischen Ukraine und Russland: Keine Voraussetzungen für Präsidententreffen
Unterhändler der Ukraine und Russlands haben am heutigen Montag erneut per Videoschalte miteinander verhandelt. Nach Meinung des ukrainischen Präsidentenberaters Podoljak könnten die Verhandlungen mit Moskau über ein Ende des Kriegs noch „mehrere Wochen” dauern. Nach russischen Angaben sind die Gespräche mit der Ukraine über einen Waffenstillstand bislang ohne größeren Durchbruch geblieben. Es müssten noch erhebliche Fortschritte erzielt werden, bevor es eine Basis für ein Treffen zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem ukrainischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj geben könne, sagt der Sprecher des Präsidialamtes in Moskau, Dmitri Peskow. Selenskyj wirft der russischen Delegation vor, einen inakzeptablen Ansatz zu verfolgen: „Wir stellen ein Ultimatum, hier sind die Punkte, Sie erfüllen sie alle und dann beenden wir den Krieg", sagte Selenskyj. Auf diese Weise werde Moskau jedoch keine Ergebnisse erzielen. (Stuttgarter Nachrichten).
Selenskyj lehnt Kapitulation ab und kündigt Referendum über Verhandlungsergebnisse an
Die Ukraine wird sich nach den Worten ihres Staatschefs Wolodymyr Selenskyj nicht auf „russische Ultimaten” zur Beendigung des Krieges einlassen. Die Ukraine werde Städte wie Mariupol, Charkiw und Kiew nicht kampflos übergeben, erklärt Präsident Selenskyj.Falls es bei den Verhandlungen mit Russland zu Kompromissen kommen sollte, werde er das ukrainische Volk in einem Referendum darüber abstimmen lassen, kündigte Selenskyj an. Die Inhalte eines möglichen Abkommens könnten „historische“ Veränderungen bedeuten, sagte der Staatschef (BR24).
Türkei sieht Kriegsverhandlungen der Parteien „kurz vor Einigung“
Die Türkei tritt als Vermittler zwischen Russland und der Ukraine auf. Die Einschätzung der Türkei sieht positiver aus. Nach ihrer Ansicht würden die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine über ein Ende des Krieges vorankommen: „Wir sehen, dass die Parteien kurz vor einer Einigung stehen.“ Der Präsidentensprecher Ibrahim Kalin gab bekannt, dass die beiden Seiten über sechs Punkte verhandeln würden: die Neutralität der Ukraine, Abrüstung und Sicherheitsgarantien, die „Entnazifizierung“, die Beseitigung von Hindernissen für den Gebrauch der russischen Sprache in der Ukraine, den Status der abtrünnigen Region Donbass und den Status der 2014 von Russland annektierten Krim (Stuttgarter Nachrichten).
Gipfel der NATO, EU und G7 – Biden wird nach Europa reisen
In Brüssel stehen in dieser Woche drei große Gipfel an, zu denen die beteiligten Staats- und Regierungschefs erwartet werden. Die Sitzungen werden am Donnerstag stattfinden. Auch US-Präsident Biden wird anreisen. Er plant ferner einen Besuch in Polen. Eine Reise in die Ukraine sei nicht geplant. Die Reise Bidens „wird sich darauf konzentrieren, die Welt weiterhin für die Unterstützung des ukrainischen Volkes und gegen Präsident Putins Invasion in der Ukraine zu mobilisieren“, erklärte Psaki, die Pressesprecherin des Weißen Hauses (Tagesspiegel).
Stragetischer Kompass: EU bekommt neue militärische Eingreiftruppe
Der sogenannte Strategische Kompass“, so heißt das Dokument offiziell, wurde beim heutigen Treffen von den europäischen Außen- und Verteidigungsministern in Brüssel angenommen. Er soll das Signal in die Welt senden, dass Europa bereit ist, aufzurüsten. Die Europäische Union will nun auch zur Militärmacht werden
und bekommt eine bis zu 5000 Soldaten starke neue militärische Eingreiftruppe. Deutschland will den Kern der Truppe stellen. Das neue sicherheitspolitische Konzept legt unter anderem fest, welche Fähigkeiten die EU im Bereich des Krisenmanagements haben muss. Ein endgültiger Beschluss ergeht beim EU-Gipfel in Brüssel am Donnerstag und Freitag (Deutschlandfunk).
EU: Militärhilfe an Ukraine verdoppeln - Weitere Sanktionen im Energiebereich
„In Mariupol spielen sich massive Kriegsverbrechen ab”, sagt der EU-Außenbeauftragte Borrell. Mit Blick auf den EU-Gipfel am Donnerstag fordert er eine weitere Verschärfung der Sanktionen gegen Russland, vor allem im Energiebereich. Ferner soll die EU-Militärhilfe für die Ukraine auf eine Milliarde Euro verdoppelt werden (n-tv).
20. März 2022
Lagebericht
Die russischen Streitkräfte setzen ihre Angriffe auf ukrainische Städte fort. In vielen Städten des Landes hätte es Luftalarm gegeben, in der Hauptstadt Kiew ebenso wie etwa in Mykolajiw, Lwiw, Sumy und Odessa. Insbesondere aber in Mariupol, Charkiw und Tschernihiw ist der Druck besonders hoch. Ziel der russischen Streitkräfte ist es, nach Cherson nun auch weitere Städte vollständig zu besetzen und unter Kontrolle zu bringen. Da die russische Armee weiter kaum Boden gutmachen könne, verfolge Putin in dieser neuen Phase seines Angriffskrieges nach Meinung von Experten dabei den Plan, die Städte zu zermürben und auszuhungern. Die Bevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen, gehöre mit zum Kalkül. Die Strategie der Flächenbombardements von Städten halte aus Sicht Russlands die eigenen Verluste in Grenzen. Das Geschehen bewege sich in Richtung der Szenarien in Grosny (1994/95) und Aleppo (2016). Dass der Internationale Gerichtshof und die westliche Staatengemeinschaft Russland der Kriegsverbrechen bezichtigen und US-Präsident Biden sowie weitere westliche Politiker den russischen Präsidenten als „Kriegsverbrecher" bezeichnen, lässt Putin unbeeindruckt.
Seitens des Westens sind Waffenlieferungen zur Zeit der einzige Weg, die Ukraine militärisch zu unterstützen. Der Westen scheut sich aus guten Gründen in Sorge vor einer Ausweitung der Eskalation und dem Ausbruch eines Dritten Weltkrieges davor, eine Flugverbotszone zu verhängen und damit direkt in den Krieg einzugreifen. US-Präsident Biden hatte vor einigen Tagen nochmals betont: „Wir werden in der Ukraine keinen Krieg mit Russland führen. Eine direkte Konfrontation zwischen der NATO und Russland ist der Dritte Weltkrieg – und etwas, das zu verhindern wir uns bemühen müssen.“ Vereinzelt werden dennoch Stimmen nach einer Flugverbotszone laut. Insbesondere Polen scheint gewillt, in dieser Richtung weitere Maßnahmen des Westens zu befürworten und forderte etwa die Einrichtung einer „NATO-Friedensmission" in der Ukraine. Auch die baltischen Staaten forderten jüngst eine Flugverbotszone über der Ukraine. Die große Mehrheit der westlichen Staaten ist jedoch nach wie vor in dieser Hinsicht gegen ein Eingreifen der NATO. Somit scheint tragischerweise die humanitäre Katastrophe in den eingekesselten Städten weiter ihren Lauf zu nehmen, ohne dass dem Morden an der Zivilbevölkerung ein Ende bereitet werden könnte.
Die ukrainische Abwehr selbst scheint den intensiven Angriffswellen auf die eingeschlossenen Städte kaum mehr etwas entgegensetzen zu können. Städte wie Mariupol und Charkiw befinden sich unter konstantem Beschuss der russischen Artillerie und Luftwaffe. Ansonsten funktioniere die ukrainische Luftabwehr jedoch in weiten Teilen des Landes noch und die ukrainischen Streitkräfte setzen zunehmend zu Gegenwehr und Gegenoffensiven an. Teilweise gelingt es der Ukraine, den russischen Truppen die Logistik abzuschneiden, die Angriffe zum Erliegen zu bringen und auch gegnerisches Militärgerät abzuschießen.
Flüchtlinge: Was die Zahl der Menschen anbelangt, die sich in der Ukraine auf die Flucht begeben haben, liegt diese laut UNHCR mittlerweile bei rund 10 Millionen. Davon haben 3,2 Millionen bereits die Ukraine in Nachbarländer verlassen, über zwei Millionen sind in Polen angekommen. Tausende der ukrainischen Flüchtlinge würden offenbar gegen ihren Willen auch nach Russland gebracht. Weitere 6-7 Millionen befinden sich derzeit innerhalb der Ukraine auf der Flucht. In Deutschland sollen bislang rund 220.000 Schutzsuchende aus der Ukraine eingereist sein.
Evakuierungen aus Städten: Die Evakuierungen über humanitäre Korridore verlaufen weiterhin nur schleppend. Gestern konnten 6.600 Menschen über Fluchtkorridore vor den Kämpfen in den Städten in Sicherheit gebracht werden, davon gut 4.000 Menschen aus der belagerten Hafenstadt Mariupol. Weitere knapp 2.000 Menschen verließen die Hauptstadt Kiew über Fluchtkorridore. Seit Kriegsbeginn konnten insgesamt rund 200.000 Menschen evakuiert werden. Für den heutigen Tag seien wieder sieben Fluchtkorridore geplant, um Menschen aus umkämpften Städten in Sicherheit zu bringen.
Verhandlungen – Internationale Krisendiplomatie: Die Verhandlungen zwischen den russischen und ukrainischen Delegationen laufen täglich weiter. Es mehrt sich unter Beobachtern jedoch die Vermutung, dass seitens Russlands kein ernsthaftes Interesse bestehen würde, auf diesem Wege Fortschritte zu erzielen. Vielmehr würde Russland damit nur Zeit gewinnen wollen und den guten Willen vortäuschen, für eine Lösung auf Verhandlungswege bereit zu stehen, während die militärischen Ziele planmäßig weiterverfolgt würden.
Lage in einzelen Regionen und Städten:
Um die Hauptstadt Kiew herum ist es der russischen Armee noch nicht gelungen, den Kreis vollends zu schließen. Mit der Errichtung von Gräben rund um Kiew bereite sich die russische Armee offenbar auf Gegenangriffe seitens der Ukraine vor. Laut Angaben der US-Armee hätten die Befestigungsanlagen vor allem die Aufgabe, die eigenen Truppen vor Angriffen aus der Hauptstadt Kiew zu schützen. Indes werden die Luftangriffe auf die Stadt fortgesetzt. Immer wieder ertönt in der Hauptstadt Luftalarm.
In der nordukrainischen Stadt Tschenihiw hat der Bürgermeister auf die prekäre Lage in der von russischen Truppen eingekesselten Stadt hingewiesen. Der Artilleriebeschuss der Wohngebiete dauere an. Die Stadt erlebe eine humanitäre Katastrophe. Es gebe keine Stromversorgung, kein Wasser und keine Heizungen. Auch das Krankenhaus werde wiederholt beschossen. Daher sei auch die medizinische Versorgung zusammengebrochen. Laut Atraschenko sei bisher kein Fluchtkorridor für die Stadt eingerichtet worden, in der 300.000 Menschen leben.
Auch die Stadt Charkiw im Nordosten wurde am Samstag erneut heftig bombardiert. Die von russischen Truppen belagerte Stadt, in der vor Kriegsbeginn 1,5 Millionen Menschen lebten, werde weiterhin mit Artillerie beschossen. Dabei seien am Samstagabend mehrere Wohnhäuser getroffen worden und in Brand geraten. Seit dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine wurden bei Kämpfen um die Stadt nach Angaben lokaler Behörden 266 Zivilisten getötet.
Die Hafenstadt Mariupol im Süden ist ebenfalls heftigsten Angriffen ausgesetzt. Täglich werden etwa 50 bis 100 Bomben auf die Stadt abgeworfen. 80 Prozent der Wohnungen seien zerstört, davon seien 30 Prozent nicht wiederaufzubauen. Nachdem das russische Militär jüngst ein Theater der Stadt bombardiert hatte, wurde nach Angaben des Stadtrats am Samstag nun aucheine Kunstschule bombardiert, in der 400 Menschen Schutz gesucht hatten. Es gebe noch keine Informationen über Opfer. In beiden Gebäuden hielten sich Hunderte Schutzsuchende auf. Das Gebäude der Kunstschule sei bei dem Angriff am Samstag zerstört worden. Auch das Theater liegt in Trümmern. Noch immer wird versucht, weitere Menschen aus dem verschütteten Luftschutzbunker zu bergen. Die Lage in Mariupol ist unter den belagerten Städten am katastrophalsten. Allein in Mariupol sollen seit Kriegsbeginn bislang 2.100 Menschen ums Leben gekommen sein. „Das einer friedlichen Stadt anzutun, was die Besatzer getan haben, ist ein Terror, an den man sich noch jahrhundertelang erinnern wird“, sagte Präsident Selenskyj am Sonntag in seiner nächtlichen Videoansprache an seine Nation. Mittlerweile sollen auch russische Panzer durch die Stadt fahren, wie „Al Jazeera“ berichtet. Auch soll es Straßenkämpfe in Mariupol geben. Weitere Meldungen berichten über die Zerstörung eines Stahlwerks in der Stadt.
Russische Streitkräfte haben nach Angaben Moskaus erneut Hyperschallraketen in der Ukraine eingesetzt. In der Region Mykolajiw im Süden sei mit „Kinschal“-Raketen ein Treibstofflager zerstört worden. Die Raketen seien nach Angaben Russlands vom Luftraum über der Halbinsel Krim abgefeuert worden. Zusätzlich seien auch Marschflugkörper des Typs „Kalibr“ vom Kaspischen Meer aus abgefeuert worden. Der Gouverneur der Region von Mykolajiw sagte, die Luftangriffe seien in kurzen Abständen erfolgt. Man habe keine Zeit gehabt, Alarm auszulösen. „Bis wir diesen Tornado ankündigen, ist er bereits da”, so der Gouverneur. Gestern wurde bereits berichtet, dass ein Bunker auf dem Militärgelände getroffen worden sei, in dem sich 200 Soldaten befunden hätten. Mindestens 50 Tote wurden bislang aus den Trümmern geborgen. Mykolajiw gilt als „Schutzschild" für die Hafenstadt Odessa, die rund 130 Kilometer weiter westlich liegt.
Im Süden wird auch die Gefahr vom Meer her größer. Die Lücke, über die seitens der Ukraine noch ein Zugang zum Meer besteht, wird immer kleiner. Die russischen Streitkräfte kontrollieren so gut wie die ganze Region von der See her. Wie Satellitenbilder zeigen, kreuzen 14 russische Marineschiffe vor der Schwarzmeerküste in Richtung Kurs auf die Hafenstadt Odessa, darunter auch fünf Landungsboote, die Panzer und Soldaten transportieren. Weiterhin wächst im nordwestlichen Schwarzen Meer vor der ukrainischen Küste offenbar auch die Gefahr durch im Meer treibende Seeminen.
Aktuelle Berichte:
Seeminen treiben durchs Schwarze Meer
Im Krieg um die Ukraine steigt nun auch die Gefahr auf hoher See. Im Schwarzen Meer sollen Seeminen treiben. Beide Seiten machen sich gegenseitig dafür verantwortlich. Laut ukrainischen Angaben habe die russische Schwarzmeerflotte die Seeminen auf der Route zwischen Odessa und dem Bosporus gelegt. Der russische Inlandsgeheimdienst FSB teilte hingegen mit, die ukrainische Marine habe die Häfen Odessa, Otschakiw, Tschornomorsk und Piwdenny vermint. Einige der mehr als 420 verankerten Seeminen hätten sich im Sturm aber losgerissen. Das bedrohe Schiffe auf dem Schwarzen Meer. Schlimmstenfalls könnten Minen durch die türkischen Meerengen ins Mittelmeer treiben, hieß es in der FSB-Mitteilung (n-tv).
Friedenskonzert am Brandenburger Tor in Berlin
Mia, Clueso, Peter Maffay und viele andere namhafte Künstler setzen am heutigen Sonntag ein Zeichen gegen Russlands Angriff auf die Ukraine. Mehrere Tausend Menschen sind zur Solidaritätskundgebung „Sound of Peace“ am Brandenburger Tor in Berlin zusammen gekommen. Natalia Klitschko, die Frau des Bürgermeisters von Kiew und Ex-Profiboxers Vitali Klitschko, hat sich auf der Bühne für die internationale Unterstützung bedankt: „Was meinem Land jetzt passiert ist furchtbar. Es ist wichtig, die Massen zu sehen, die hier zusammenkommen. Es ist wichtig zu sehen, dass die ganze Welt für die Ukraine steht", so Natalia Klitschko.Es gehe darum, den Krieg in ihrem Land so schnell wie möglich zu beenden. „Mit Zusammenhalt, wenn wir alle aufstehen, werden wir das erreichen.” Die Ukraine kämpfe derzeit für alle Menschen, „für Frieden in der ganzen Welt”, sagte Klitschko. „Nur zusammen schaffen wir Frieden” (rbb24).
Ukrainische Geflüchtete: Wie geht es in Bundesländern weiter? - Beispiel BaWü
Immer mehr Menschen fliehen aus der Ukraine nach Deutschland. Mittlerweile sollen über 200.000 Schutzsuchende aus der Ukraine in Deutschland angekommen und registriert sein. Länder und Städte stellt das vor große Herausforderungen. Gerade für die größeren Städte im Land, wo viele Flüchtende ankommen, sind die zu bewältigenden Aufgaben am größten. Vorrangig geht es darum, eine ausreichende Versorgung der Menschen zu gewährleisten. 6.100 Geflüchtete sind in den vergangenen Wochen nach Baden-Württemberg gekommen. Die Forderung des Stuttgarter Oberbürgermeisters Frank Nopper: „Wir müssen dafür sorgen, dass die Kriegsflüchtlinge im Land vernünftig verteilt werden und nicht nur in Stuttgart und anderen Großstädten untergebracht werden” (ZDF).
Geflüchtete in Deutschland: Polizisten zum Schutz für Ukrainerinnen
Geflüchtete Ukrainerinnen, die an deutschen Bahnhöfen ankommen, laufen Gefahr, bei ihrer Ankunft von Männern dubiose Angebote zu erhalten. Etliche Fälle sind inzwischen registriert. Nach dem Willen von Bundesinnenministerin Nancy Faeser sollen die ukrainischen Frauen mit einer hohen Polizeipräsenz vor Menschenhändlern und Sexualstraftätern geschützt werden. „Jeder, der es versucht, die Not der Geflüchteten auszunutzen, sollte wissen: Auf solche Taten reagieren wir mit aller Härte des Gesetzes”, sagte Nancy Faeser (Tagesschau).
Wirtschaftsminister Habeck wirbt um Energiepartnerschaft mit Katar
Die Bundesregierung will unabhängiger von russischem Gas werden. Auf der Suche nach Alternativen berät Wirtschaftsminister Habeck in Katar über Energielieferungen. Er sehe sich als „Türöffner” für deutsche Geschäfte, sagte er in Doha. Habeck geht es vor allem um den Aufbau einer langfristigen Energiepartnerschaft. Katar ist einer der weltweit größten Exporteure von Flüssigerdgas (LNG). Die Lieferungen gehen derzeit vor allem nach Asien. In Deutschland sollen eigene LNG-Terminals gebaut werden. Dafür könnten langfristige Lieferverträge mit LNG aus Katar geschlossen werden. Angesichts des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine ist es das Ziel, die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Gas zu verringern und die Lieferstruktur auf eine breitere Basis zu stellen (Tagesschau).
19. März 2022
Lagebericht
Den russischen Truppen gelinge es am Boden nicht wie gewünscht vorzurücken, Russland setze derzeit verstärkt auf Angriffe aus der Luft und der Entfernung, so Militärexperten. Nach US-Angaben habe Russland jedoch noch immer nicht die Luftüberlegenheit über die Ukraine erlangt. Die Luftabwehr der Ukraine funktioniere in weiten Teilen noch. Wie ukrainischen Militärs berichten, gelinge es ihrer Abwehr, einen großen Teil der Angriffe abzufangen, auch eine beträchtliche Zahl an Flugzeugen und Hubschraubern sei abgeschossen worden. Ebenso würden sie zunehmend Gegenoffensiven starten, wie am frühen Morgen auf den von Russland besetzten Flughafen in Cherson.
In weitere Gebiete vorzudringen gelinge den russischen Truppen derzeit kaum. Sie würden vielmehr versuchen, die besetzen Gebiete zu halten und zu sichern. Über Angriffe mittels Artillerie und aus der Luft nehmen die russischen Truppen allerdings die eingekesselten Städte unter anhaltenden Beschuss. Diesen Flächenbombardements fallen immer mehr Zivilisten zum Opfer. Der russische Parlamentschef hat die USA und die NATO-Staaten jüngst aufgefordert, die Ukraine nicht weiter zu bewaffnen, „wenn sie baldigst Frieden wollen”.
Den russischen Truppen ist es noch nicht gelungen, den Ring um Kiew zu schließen. Rund um Kiew kommt die russische Armee offenbar weiterhin nicht voran. Nördlich und nordwestlich der Hauptstadt würden die russischen Soldaten weiter keine nennenswerten Vorstöße auf die Stadt machen. Östlich von Kiew beobachte man ebenfalls keine Bewegung. Satellitenbilder würden zudem zeigen, dass sich das russische Militär nordwestlich von Kiew eingrabe und Erdwälle um seine militärische Ausrüstung aufschütte. Die Bilder zeigen die Schutzwälle um russisches Militärgerät in der Nähe von Osera und dem Luftwaffenstützpunkt Antonov. Zusätzliche russische Militärausrüstung und einige ähnliche Aufschüttungen seien auch in den Dörfern Zdvyschivka und Berestjanka weiter nordwestlich zu sehen. Dies könne darauf hindeuten, dass sich die russische Armee auf einen Stellungskrieg einstelle. Die Luftabwehr in der Region Kiew funktioniere indes noch gut. Die Stadt steht unter ständigem Luftalarm, ein großer Teil der Beschüsse könne offenbar abgewehrt werden. Dennoch wurden auch bereits einige Wohnhäuser getroffen.
Im ostukrainischen Verwaltungsgebiet Luhansk hält die russische Armee nach eigenen Angaben 90 Prozent des Gebietes unter Kontrolle. Dort kämpfen die Kräfte der „Volksrepublik” Luhansk mit Unterstützung der russischen Streitkräfte. Gemeinsam zögen die nach eigenen Angaben den Ring um die Hafenstadt Mariupol enger. Im Stadtzentrum würden ukrainische Truppen bekämpft, der russische General sprach von „Nationalisten”.
Die russische Luftwaffe hat nach Angaben aus Moskau erstmals eine Hyperschallrakete „Kinschal“ („Dolch“) eingesetzt. Mit ihr sei ein Raketenarsenal im Südwesten der Ukraine zerstört worden. Das unterirdische Munitionsdepot der ukrainischen Luftwaffe in Deljatyn sei am Freitag durch die ballistische Rakete vernichtet worden. Hyperschallraketen übertreffen die Schallgeschwindigkeit um ein Mehrfaches und können Ziele bis in 2.000 Kilometer Entfernung treffen.
Bei einem russischen Luftangriff auf eine Militärkaserne im südukrainischen Mykolajiw sollen Dutzende ukrainische Soldaten getötet worden sein. 200 Soldaten sollen sich in den Baracken befunden haben, mindestens 50 Leichen wurden bereits aus den Trümmern geborgen. Wie viele noch dort noch liegen, wisse man nicht. Sollte Mykolaiew fallen, wächst der Druck auf Odessa.
Im Süden der Ukraine halten die russischen Streitkräfte die Seewege weitgehend unter Kontrolle. Damit blockieren sie die Nachschubwege in die Ukraine und führen Angriffe von der See aus auf Küstenstädte wie Odessa durch.
Bei Mariupol hat die Ukraine nach Angaben des ukrainischen Generalstabs „vorübergehend“ den Zugang zum Asowschen Meer im Zuge der russischen Belagerung der Hafenstadt verloren. Russische Truppen versuchten weiter, die Stadt selbst zu stürmen. Die Kämpfe dauerten an, hieß es weiter. Mariupol ist ein wichtiger Handelshafen am Asowschen Meer. Die Stadt ist Schauplatz einer humanitären Katastrophe. Der Beschuss hält an und die Versorgung mit Lebensmittel und Trinkwasser ist weiterhin nicht gegeben, da der Hilfskonvoi noch immer nicht in die Stadt gelangen konnte. Nach dem Angriff auf das Theater konnten bislang noch immer nicht alle Menschen gerettet werden. Der Zugang zum Luftschutzbunker ist teilweise noch durch Trümmer verwehrt. Auch Retter und Bergungskräfte würden unter Angriffen leiden. Offenbar konnten noch nicht alle Menschen aus dem verschütteten Luftschutzbunker herausgeholt werden.
Nahe der ebenfalls im Süden gelegenen und von russischen Truppen besetzten Stadt Cherson startete die ukrainische Armee erneut eine Gegenoffensive. Der nahe gelegene Flughafen Tschornobajewka steht nach ukrainischer Darstellung weiterhin im Mittelpunkt erbitterter Kämpfe. „Wir haben sie dort schon wieder getroffen“, hieß es am frühen Morgen. Mehrere Male hätten sie das russische Militär an diesem Flughafen bereits überfallen und dem Gegner schwere Verluste zugefügt. In einer Serie von lokalen Gegenangriffen und Attacken mit Kampfdrohnen seien seit Ende Februar mehrere Dutzend russische Kampfhubschrauber sowie zuletzt auch ein Gefechtsstand mit ranghohen Offizieren zerstört worden.
Was die humanitären Fluchtkorridore anbelangt, bemühen sich die ukrainischen Behörden weiterhin um die Evakuierung der meistgefährdeten Brennpunkte. Es sei schwierig, sich täglich neu mit Russland auf weitere humanitäre Fluchtkorridore zu einigen. Bislang konnten seit Beginn der russischen Invasion 190.000 Zivilisten aus Frontgebieten über Fluchtkorridore evakuiert werden. Doch noch immer müssen Hunderttausende Menschen in den belagerten Städten ausharren. Für heute sind nach Angaben der Kiewer Führung zehn Fluchtkorridore eingerichtet worden. Einer führe aus der seit Tagen besonders schwer umkämpften Stadt Mariupol in Richtung der zentralukrainischen Stadt Saporischschja. Die Fluchtroute funktioniere jedoch nur zum Teil. Einige Busse würden feststecken. Noch dazu scheinen die Geflüchteten auch an ihrem Ziel nicht in Sicherheit. Aufgrund der russischen Angriffe wurde in der Stadt Saporischschja eine anderthalbtägige Ausgangssperre bis Montagmorgen verhängt.
Russland hat offenbar Hyperschallrakete eingesetzt
Die russische Luftwaffe hat in ihrem Krieg gegen die Ukraine laut eigenen Angaben erstmals eine Hyperschallrakete „Kinschal“ („Dolch“) eingesetzt. Mit dieser Rakete sei ein Raketenarsenal im Südwesten der Ukraine zerstört worden. Hyperschallraketen übertreffen die Schallgeschwindigkeit um ein Mehrfaches und können Ziele bis in 2.000 Kilometer Entfernung treffen. Ein Kampfflugzeug bringt die ballistischen Raketen in die Luft, wo sie dann zünden und ihrem Ziel entgegensteuern. Sie könnten auch mit Atomsprengköpfen bestückt werden. Somit könnten die Raketen, von Moskau aus gesehen, in nur wenigen Minuten West- und Mitteleuropa erreichen. Russland zufolge können sie auch die in Europa stationierte US-Flugabwehr überwinden. „Ich deute das auch als klares politisches Signal. Die russischen Luft- und Bodenstreitkräfte haben in den letzten Wochen schlecht abgeschnitten. Putin könnte mit dem „Kinschal“-Einsatz dem Westen zeigen wollen: Wir haben die Hochtechnologie im russischen Arsenal und wir können sie auch einsetzen“, so der Politologe Frank Sauer von der Universität der Bundeswehr (ZDF).
Putin lässt Top-General verhaften
Russlands Präsident Putin soll einen ranghohen Kriegsgeneral verhaften haben lassen, weil er brisante Informationen weitergegeben habe. Seine Einheiten sollen die ukrainische Invasion angeführt, aber herbe Verluste erlitten haben. Russischen Staatsmedien zufolge sei Gawrilow nicht verhaftet, sondern lediglich aus dem Dienst entlassen worden. Der Westen sieht darin seine Annahme bestätigt: Putin ist unzufrieden mit dem Kriegsverlauf in der Ukraine. Die Verhaftung des russischen Generals ist offenbar kein Einzelfall. Bereits vor einer Woche hatten Medien berichtet, dass Putin acht Generäle entlassen habe. Mitarbeiter des Geheimdienstes soll der Kremlchef zuletzt in Hausarrest versetzt haben (Redaktionsnetzwerk Deutschland).
Belarus: Machthaber Lukaschenko will keine russischen Atomwaffen stationieren
Zu Anfang des Krieges hatte der belarussische Machthaber Russland noch angeboten, russische Atomwaffen in Belarus zu stationieren. Nun kommt die öffentliche Kehrtwende. „Ich habe nicht vor, hier Atomwaffen aufzustellen, hier Atomwaffen zu produzieren, Atomwaffen zu bauen oder gegen irgendjemanden einzusetzen“, sagte Lukaschenko (Redaktionsnetzwerk Deutschland).
Bundesverteidigungsministerin: Weitere Waffenlieferungen für die Ukraine in Vorbereitung
Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht stellt der Ukraine weitere Waffenlieferungen Deutschlands in Aussicht. Da aus Beständen der Bundeswehr jedoch nur noch wenig abgegeben werden könne, liefen in der Bundesregierung Gespräche über einen Waffenkauf für die Ukraine. „Die Möglichkeiten über die Bundeswehr sind erschöpft“, versicherte die Verteidigungsministerin. „Wir loten aus, welche Möglichkeiten es darüber hinaus gibt” (Deutschlandfunk).
UNICEF appelliert an Putin: „Kinder können nichts für Krieg”
Die Direktorin des UN-Kinderhilfswerks UNICEF, Catherine Russell, appelliert angesichts der humanitären Notlage in der Ukraine an den russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Angriffe seiner Armee sofort zu beenden. „Sie müssen diesen Krieg stoppen! Er ist furchtbar. Seine Auswirkungen auf Kinder sind inakzeptabel und abscheulich”, sagte Russell. Die Menschen vor Ort und die fliehenden Frauen und Kinder seien „vollkommen unschuldig” und hätten mit dem Konflikt nichts zu tun, sagte Russell. „Sie haben das nicht verdient” (UNICEF).
UNHCR: 13 Millionen Menschen in Ukraine benötigen humanitäre Hilfe
Zusätzlich zu den Menschen, die bereits aus der Ukraine geflohen sind, und zusätzlich zu den Binnenflüchtlingen, die sich auf den Weg gemacht haben, würden rund 13 Millionen Menschen in den am stärksten vom Krieg betroffenen Gebieten der Ukraine humanitäre Hilfe und Schutz benötigen. Viele Menschen sitzen in den Gebieten, in denen der Konflikt eskaliert, fest. Sie sind aufgrund der unterbrochenen Versorgung nicht in der Lage, ihre Grundbedürfnisse wie Lebensmittel, Wasser und Medikamente zu decken. Die humanitären Berichte aus diesen Gebieten sind erschreckend. In Städten wie Mariupol und Sumy ist die Lage entsetzlich (UNHCR).
Geflüchtete Kinder: Lehrerpräsident Meidinger fordert rasche Hilfen für Schulen
Der Präsident des Deutschen Lehrerverbandes, Heinz-Peter Meidinger, fordert die Kultusminister zu schnellem Handeln auf, sonst drohe großes Chaos. „Es ist eine einfache Rechnung: Wenn wir einmal von 250.000 geflüchteten Kindern, die nach Deutschland kommen könnten, ausgehen, brauchen wir dafür 10.000 bis 15.000 Lehrer mehr. Mal abgesehen davon, dass wir für die Schulen in schnellster Zeit zusätzliche Räume beschaffen müssen – im Zweifel auch durch Lösungen mit modern ausgestatteten Containern”, so Meidinger (Redaktionsnetzwerk Deutschland).
18. März 2022
Lagebericht
Bereits in der Nacht hatte der ukrainische Präsident in einer Videobotschaft mitgeteilt, die ukrainische Armee halte weiterhin wichtige Schlüsselgebiete. Die Lage bezeichnete er als schwierig, aber kontrollierbar. Zwar sind die Vorstöße der russischen Streitkräfte mancherorts ins Stocken geraten, doch setzen sie ihre Angriffe auf belagerte Städte und zunehmend auch auf zivile Ziele mit unerbittlicher Härte fort.
Unterdessen mehren sich die Hinweise, dass die russische Offensive in Richtung Kiew vorerst zum Erliegen gekommen ist. Außenbezirke der ukrainischen Hauptstadt sind aber nach wie vor umkämpft. Die russischen Truppen befinden sich derzeit rund zehn Kilometer vom östlichen Stadtrand entfernt. Im Vorort Browary stehen Stellungen der ukrainischen Streitkräfte unter russischem Artilleriebeschuss. Die Nachrichtenagentur Reuters meldete einen russischen Angriff auf ein Wohnhaus im Norden Kiews. Dabei habe es einen Toten gegeben. Der Kiewer Bürgermeister Klitschko sprach zudem von 19 Verletzten. Er beschuldigte russische Truppen, Wohnhäuser, Kindergärten und eine Schule beschossen zu haben. Die Stadtverwaltung von Kiew meldete heute die Zahl von 222 Toten, die es in Kiew seit Kriegsbeginn gegeben habe.
In den frühen Morgenstunden wurden schwere Explosionen auf dem Gelände des Flughafens von Lwiw gemeldet. Feuer und Rauchsäulen waren bis an den Stadtrand der westukrainischen Großstadt zu sehen. Der Bürgermeister Lwiws berichtete von mehreren russischen Raketen, die ein Werk für Flugzeugwartungen zerstörten. Der Flughafen selbst ist aber unbeschadet. Lwiw liegt nur 80 Kilometer von der polnischen Grenze entfernt.
Am Freitagvormittag verkündete die ukrainische Regierung neun geplante Fluchtkorridore für die Zivilbevölkerung an besonders umkämpften Orten. So solle etwa den Menschen aus der Hafenstadt Mariupol die Flucht ins nordwestlich gelegene Saporischschja ermöglicht werden. Auch in anderen Landesteilen sind Fluchtkorridore geplant. Am Nachmittag warf der ukrainische Präsident Selenskyj Russland vor, Fluchtkorridore nach Mariupol zu blockieren.
Das ostukrainische Verwaltungsgebiet Luhansk befände sich mittlerweile zu 90 Prozent unter russischer Kontrolle, vermeldete das Verteidigungsministerium in Moskau. Auch in der „Volksrepublik Donezk” gebe es Geländegewinne.
In den unter Beschuss stehenden Orten wird die Lage für die Bevölkerung immer katastrophaler. So sind in Mariupol inzwischen 80 Prozent des Wohnraums zerstört. 35.000 Menschen waren in den vergangenen zwei Tagen aus der Stadt geflohen, doch noch immer halten sich hier schätzungsweise 350.000 Menschen auf, die in Kellern und Bunkern Zuflucht suchen. Unklar ist weiterhin die Lage beim von einer russischen Bombe zerstörten Theater von Mariupol. Am Donnerstag war vermeldet worden, dass 130 Zivilisten aus dem Theater gerettet werden konnten. Womöglich haben sich im Keller des Gebäudes aber noch viel mehr Menschen befunden. Laut Präsident Selenskyj sollen sich unter den Trümmern noch Hunderte Menschen befinden. Die Kämpfe erschweren die Bergungsarbeiten massiv. Wie bereits im Falle der Bombardierung der Geburtsklinik in Mariupol, wies Russland die Verantwortung für die Bombardierung zurück. Nach eigenen Angaben ist die russische Armee mittlerweile ins Zentrum von Mariupol vorgerückt und kämpft dort um die Kontrolle der Stadt. Durch die Belagerung und Kämpfe in Mariupol spitzt sich die humanitäre Situation zunehmend zu. Ein Sprecher des Welternährungsprogramms WFP warnte in Genf, dass die letzten Reserven an Nahrung und Wasser bald aufgebraucht seien. Auch Medikamente fehlten. Noch immer ist es für Hilfskonvois nicht möglich, die umkämpfte Stadt zu erreichen.
Auch die von russischen Truppen belagerte Stadt Tschernihiw steht weiterhin unter starkem Beschuss. Berichte über die humanitäre Lage zeichnen ein erschreckendes Bild. Aus der nahe zu Russland und Belarus gelegenen Stadt im Norden der Ukraine waren bereits am Vortag 50 tote Zivilisten durch russische Angriffe gemeldet worden.
Verhandlungen Russland Ukraine: Moskau sieht Annäherung – Kiew nicht
Russlands Verhandlungsführer sieht Fortschritte bei den täglichen Verhandlungen. Bei den Gesprächen mit Vertretern der Ukraine über ein Ende der Kämpfe habe man sich in der Frage einer Neutralität und eines Verzichts der Ukraine auf eine NATO-Mitgliedschaft am meisten angenähert, so der russische Verhandlungsführer. Geredet werde über Nuancen bei Sicherheitsgarantien für die Ukraine, sollte diese nicht NATO-Mitglied werden. Bei der von Russland geforderten Entmilitarisierung der Ukraine sei man auf halbem Weg. Die Ukraine dagegen beklagte, dass sich Russland bei den Verhandlungen nicht bewegt habe (news.at).
Putins Rede zum achten Jahrestag der Krim-Annexion
Heute beging Russland den achten Jahrestag der Krim-Annexion. In seiner Rede hat Kremlchef Putin die „militärische Spezialoperation" in der Ukraine als „heldenhaften" Einsatz der russischen Armee gelobt. Es würden alle Pläne umgesetzt, sagte er im Moskauer Luschniki-Stadion vor Zehntausenden jubelnden Besuchern mit Blick auf den Krieg in dem Nachbarland. Im Stadion schwenkten die Menschen die russischen Staatsflaggen und Fahnen mit dem Buchstaben Z, der als Symbol für die „Spezialoperation" steht. Die Menschen riefen: „Für Russland. Für den Sieg.“ Über der Bühne, auf der Putin auftrat, stand: „Für eine Welt ohne Nazismus“. Wenige Minuten nach Beginn der Ansprache wurde die Übertragung plötzlich unterbrochen. Eine technische Panne, hieß es. Es bleibt Raum für Spekulationen (n-tv).
Telefonat: US-Präsident Biden warnt Chinas Staatschef Xi Jinping
Zwei Stunden haben die beiden Staatschefs heute miteinander telefoniert. Staatschef Xi Jinping verurteilte die militärischen Feindseligkeiten. Solche Konflikte zwischen Staaten seien „in niemandes Interesse“. Jedoch weigert sich China nach wie vor, das Vorgehen des russischen Präsidenten zu verurteilen oder die Invasion als Krieg zu bezeichnen. Andererseist steht China unter starkem Druck seitens der USA und seiner europäischen Verbündeten, sich von Moskau zu distanzieren. Die USA warnten China wiederholt davor, die Auswirkungen der westlichen Sanktionen gegen Russland durch eigene Lieferungen abzufedern (n-tv).
Telefonat: Scholz fordert Putin zu Waffenstillstand auf
Bundeskanzler Olaf Scholz habe darauf gedrungen, dass es so schnell wie möglich zu einem Waffenstillstand zu einer Verbesserung der humanitären Lage und zu Fortschritten bei der Suche nach einer diplomatischen Lösung des Konflikts komme. Doch der russische Präsident machte weiterhin die Ukraine für das Blutvergießen verantwortlich. Das Telefonat zwischen den beiden Staatsschefs dauerte eine Stunde. Fortschritte wurden jedoch nicht erzielt (n-tv).
UN fordern Untersuchung von Angriffen auf Zivilisten
Aufgrund der vielen zivilen Todesopfer haben die Vereinten Nationen nun eine Untersuchung zu Opfern in der Ukraine gefordert. In einer Dringlichkeitssitzung des Sicherheitsrates hieß es, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Das Völkerrecht verbiete direkte Angriffe auf Zivilisten bei Militäreinsätzen. In der Ukraine würden aber offenbar wahllos auch Wohngebiete beschossen.
WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom Ghebreyesus berichtete im UN-Sicherheitsrat von 43 Angriffen auf Krankenhäuser und andere medizinische Einrichtungen in der Ukraine. Der Kreml kündigte indes an, bei der kommenden Sitzung des Sicherheitsrats werde Putin persönlich sprechen. Russland werde aber vorerst darauf verzichten, eine Resolution zur humanitären Lage in der Ukraine zur Abstimmung zu stellen (Vereinte Nationen).
200.000 Geflüchtete aus der Ukraine in Deutschland angekommen
Knapp 200.000 geflüchtete Menschen aus der Ukraine wurden seit Kriegsbeginn von deutschen Behörden gemeldet. Da es an der deutsch-polnischen Grenze keine Kontrollen gibt, könnte die tatsächliche Zahl sogar noch weit höher liegen. Die vor dem Krieg geflohenen Menschen sollen gleichmäßig auf die Bundesländer verteilt werden. Außerdem peilen Bund und Länder eine schnelle und unkomplizierte Registrierung der Geflüchteten an (Spiegel).
17. März 2022
Lagebericht
Die russischen Einheiten würden versuchen, die umkämpften Städte in der Ukraine weiter einzukesseln und zu blockieren. Sie konzentrierten sich auf die Sicherung ihrer Geländegewinne, teilte der ukrainische Generalstab mit. Mit Luftschlägen versuchten die russischen Streitkräfte, Infrastruktur, Flughäfen und militärisches Geräte der Ukraine zu zerstören. Dabei seien auch zunehmend zivile Gebäude das Ziel. Die russische Armee müsste bei ihren Angriffen jedoch große Verluste hinnehmen. Die Ukraine habe ihrerseits mit kleineren Gegenoffensiven begonnen.
Der Internationale Gerichtshof in Den Haag hat angeordnet, dass Russland die militärische Gewalt in der Ukraine sofort beenden muss. Da das Gericht jedoch keine Machtmittel besitzt, das Urteil durchzusetzen, ist davon auszugehen, dass Russland den Krieg weiter fortsetzen wird. Die westlichen Staaten haben wegen der sich zuspitzenden Lage in der Ukraine und der zunehmenden Angriffe Russlands auf zivile Ziele für heute eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats beantragt. Der ukrainische Präsident Selenskyj wird heute zur Sitzung des Deutschen Bundestags zugeschaltet. In seiner Ansprache an die Abgeordneten wird er um weitere Unterstützung bitten.
Die Zahl der zivilen Opfer in der Ukraine kann derzeit nicht genau beziffert werden. Mittlerweile werden vermutlich mehrere Tausend Menschen ihr Leben verloren haben. Auch viele Wohngebäude wurden seit Kriegsbeginn zerstört. Die ukrainische Staatsführung hat allen Bürgern versprochen, ihre im Krieg zerstörten Häuser und Wohnungen wiederaufzubauen. Programme zum Wiederaufbau seien bereits in Arbeit.
Die Evakuierungen über Fluchtkorridore gehen an manchen Orten weiter. Aus Mariupol konnten gestern 11.000 Einwohner die Stadt verlassen. Dabei gebe es keine Feuerpause. Sie müssten sich unter dem Risiko des Beschusses auf die Flucht machen. Aus Sumy gelang die Evakuierung über 100 Busse. Die ukrainischen Behörden hoffen, Zivilisten auch heute wieder die Flucht über insgesamt neun Korridore aus umkämpften Gebieten ermöglichen zu können.
Die russische Armee befindet sich von Nordwesten her weiterhin in einer Entfernung von 15 bis 20 Kilometern vor der Hauptstadt Kiew. Von Osten her sollen es 20 bis 30 Kilometer sein. Mit Beschüssen auf Wohnviertel versucht die russische Armee, aus der Entfernung die Stadt ins Visier zu nehmen. Auch gestern wurden wieder Wohngebäude getroffen. Im Zentrum Kiews seien Granatsplitter einer Artilleriegranate in ein Wohnhaus eingeschlagen.
Die humanitäre Lage in der von der russischen Armee belagerten Stadt Isjum im Nordosten des Landes gilt als katastrophal. Südlich der Stadt hätten russische Truppen versucht, weiter vorzudringen, wohl um eine Offensive in Richtung Slowjansk fortzusetzen. Auch hier versuchen Menschen, die Stadt über humanitäre Korridore zu verlassen.
Ebenso kritisch ist die Lage in der im Nordosten gelegenen Großstadt Charkiw, die ebenfalls unter ständigem Beschuss steht. Seit Kriegsbeginn sind nach ukrainischen Behördenangaben mindestens 500 Bewohner getötet worden.
Die nordukrainische Stadt Tschernihiw habe unter schwerem Bombardement durch russische Artillerie und Luftangriffe „kolossale Verluste und Zerstörungen" erlitten. Die Lage sei dramatisch. Die Zivilbevölkerung verstecke sich in Kellern und Unterkünften ohne Zugang zu Versorgungseinrichtungen. Die Zahl der Todesopfer steigt nach Angaben des Regionalgouverneurs immer weiter an. Allein gestern seien 53 Menschen getötet worden.
In Mariupol ist die Lage weiterhin „apokalyptisch", wie es das Rote Kreuz beschreibt. Die Stadt steht weiter unter Beschuss und die Hilfskonvois gelangen weiterhin nicht in die Stadt. Die Versorgungslage ist höchst dramatisch. Die lebensnotwendige Wasserversorgung ist zusammengebrochen. Da die Heizungen ohnehin nicht mehr funktionierten, entnähmen manche Wasser aus den Heizungsrohren, um es zu trinken. Manche würden auch aus Pfützen oder Flüssen trinken. 80 bis 90 Prozent der Gebäude in Mariupol seien mittlerweile bombardiert worden. Immerhin gelingt einigen Menschen mit Pkw die Flucht aus der Stadt. In den vergangenen zwei Tagen sollen 6.500 Autos die Stadt verlassen haben, ohne dass es jedoch eine Feuerpause gegeben hätte. Meldungen über den gestrigen Beschuss eines Theaters, in dem Hunderte Zivilisten Schutz gesucht haben sollen, sorgten für Entsetzen. Heute konnten die Trümmer vor dem Eingang entfernt werden. Die gute Nachricht: Der Luftschutzkeller des Gebäudes habe standgehalten. „Die Menschen kommen lebend heraus!", so die Meldung heute Morgen.
Russlands Aktivitäten gelten ferner der strategisch wichtigen Küstenregion im Süden. Die russischen Streitkräfte haben eine Seeblockade vor der ukrainischen Schwarzmeerküste installiert und schneiden die Ukraine so vom internationalen Seehandel und von Nachschubwegen ab. Es kam auch bereits zu von Schiffen aus initiierten Luftangriffen. Russland werde in den kommenden Wochen versuchen, über Landeoperationen von der See aus weiter in Küstengebiete vorzudringen.
Russische Streitkräfte haben nach russischen Angaben ein Militärdepot im Westen der Ukraine mit Raketen beschossen. Dabei seien Raketen- und Munitionslager zerstört worden. Das Depot befindet sich demnach in der Stadt Sarny, etwa 300 Kilometer westlich der ukrainischen Hauptstadt Kiew.
G7-Erklärung: „Kriegsverbrecher zur Rechenschaft ziehen“
Die Außenminister der G7-Staaten haben die „wahllosen Angriffe auf Zivilisten“ durch russische Truppen in der Ukraine scharf verurteilt. Alle für Kriegsverbrechen Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen, warnten sie am Donnerstag nach einer Videokonferenz. Wegen des Krieges von Russlands Staatschef Putin seien Millionen von Menschen zur Flucht gezwungen. Auch die Zerstörung von Infrastruktur, Krankenhäusern, Theatern und Schulen gehe weiter. Die G7 Staaten fordern Russland auf, umgehend Zugang für humanitäre Hilfe in von russischen Truppen belagerten Städten zuzulassen (Deutschlandfunk).
Putin: „Schlussstrich ziehen unter die globale Dominanz des Westens“
Während sowohl ukrainische als auch russische Stimmen in den vergangenen Tagen positiv über die laufenden Ukraine-Verhandlungen sprachen, hat Putin in einer vom russischen Fernsehen übertragenen Ansprache klargestellt, dass die Operation „bis zum Ende durchgeführt“ werde. „Das derzeitige Format ist das einzig mögliche.” Er erhob schwere Vorwürfe gegen den „kollektiven Westen“. Ziel sei es, „einen Schlussstrich unter die globale Dominanz des Westens“ zu ziehen. Der Westen wolle die russische Gesellschaft spalten, spekuliere auf militärische Verluste und sozioökonomische Folgen und provoziere eine zivile Konfrontation in Russland, um ein Ziel zu erreichen: „die Zerstörung Russlands“. Dies werde nicht gelingen, erklärte Putin. Damit erteilte er der Hoffnung auf eine baldige diplomatische Lösung im Ukraine-Krieg abermals einen Dämpfer. Den Krieg in der Ukraine nannte er erneut eine „Sonderoperation zur Demilitarisierung und Entnazifizierung der Ukraine“, die sich „erfolgreich entwickeln“ würde (Tagesspiegel).
Russland lehnt Ukraine-Anordnung des Internationalen Gerichtshofs ab
Russland lehnt die Anordnung des Internationalen Gerichtshofs der Vereinten Nationen ab, die militärische Gewalt in der Ukraine sofort zu beenden. „Wir können keine Rücksicht auf diese Entscheidung nehmen”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. „Am Internationalen Gerichtshof gibt es das Konzept des Einvernehmens zwischen den Parteien. Hier kann es keinerlei Einvernehmen geben” (Tagesspiegel).
Selenskyj sprach im Deutschen Bundestag: „Zerstören Sie diese Mauer"
Der ukrainische Präsident Selenskyj wurde heute Morgen zur Sitzung des Deutschen Bundestags zugeschaltet und richtete mahnende Worte an die deutsche Regierung. Nach drei Wochen Krieg zeige sich, dass es zwar manche Hilfe gebe, so Selenskyj, aber es sei offenbar wieder eine Mauer entstanden, eine zwischen seinem Land und dem Westen, der nicht alles tue, um die Ukraine zu retten. In mahnenden Worten sprach er von einer „Mauer" auch zwischen Deutschland und der Ukraine, die nicht größer werden dürfe und eingerissen werden müsse. Eine Mauer aufgrund nicht getroffener Entscheidungen, aufgrund nicht geleisteter Hilfeleistungen, die dem Sterben in der Ukraine eine Ende setzen könnten, eine Mauer, die entstehen würde, da wirtschaftliche Interessen einen höheren Wert hätten als die Rettung von Menschenleben. Deutschland habe nicht genug getan, um den Krieg zu verhindern. Deutschland habe daran mitgewirkt, eine Mauer zu errichten, um die Ukraine zu isolieren und Russland auszuliefern. Bundestagsvizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt war nach Selenskyjs Rede zur Tagesordnung übergangen und gratulierte zwei Abgeordneten zum Geburtstag - begleitet von Zwischenrufen wie „unwürdig“. Die Koalition hat nach der Videoansprache des ukrainischen Präsidenten eine Aussprache des Parlaments über den Ukraine-Krieg abgelehnt. Die Unionsfraktion hatte eine 68-minütige Aussprache beantragt. Es mutete in der Tat seltsam an, dass der Bundestag nach der Rede nahtlos zur Tagesordnung überging. (Deutsche Welle).
Verhandlungen zwischen Russland und Ukraine gegen weiter
Nachdem es laut der ukrainischen und russischen Delegation in den vergangenen Tagen kleine Fortschritte gegeben habe, gehen die Gespräche heute weiter. In einer Videokonferenz werde über militärische, politische und humanitäre Fragen gesprochen. Die Verhandlungen zwischen Kiew und Moskau über ein Kriegsende würden konkreter. Es würden Dokumente ausgearbeitet für mögliche direkte Gespräche zwischen Staatschef Wolodymyr Selenskyj und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak. Nach Informationen der „Financial Times” werde an einem 15-Punkte-Plan gearbeitet. Podoljak bestätigte zwar die Existenz des Entwurfs, teilte aber mit, das Papier gebe nur die russischen Forderungen wieder, „mehr nicht“ (Welt).
Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats
Großbritannien, die USA, Frankreich und weitere europäische Staaten haben wegen der sich zuspitzenden Lage in der Ukraine und den dort von Russland begangenen Kriegsverbrechen für heute eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats beantragt. „Russland begeht Kriegsverbrechen und nimmt Zivilisten ins Visier", erklärte die UN-Vertretung Großbritanniens. „Russlands illegaler Krieg in der Ukraine ist eine Gefahr für uns alle”, hieß es dort weiter. Tags zuvor hatte Russland seinerseits einen Vorschlag für eine Resolution zur humanitären Lage in der Ukraine eingebracht. Moskau fordert in der Beschlussvorlage, dass der Sicherheitsrat Angriffe auf Zivilisten verurteilen solle und ruft zu einem „verhandelten Waffenstillstand” auf. Die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward bezeichnet die russische Initiative angesichts Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine als „zynischen Schachzug” und „Beleidigung” (msn).
Bundesinnenministerium startet Online-Portal für Geflüchtete aus der Ukraine
Das Bundesinnenministerium will mit einem neuen Online-Portal die Hilfe für Geflüchtete aus der Ukraine verbessern und koordinieren. Die Internetseite „Germany4Ukraine“ solle „eine vertrauenswürdige, sichere und digitale Anlaufstelle mit den wichtigsten ersten Infos nach ihrer Ankunft in Deutschland” sein, teilte das Ministerium zum Start des Portals mit. Die Informationen sind auf Ukrainisch, Russisch, Englisch und Deutsch verfügbar. Zu finden sind unter anderem Informationen zu Unterbringung, medizinischer Versorgung, Arbeitserlaubnis, Aufenthaltsrecht, Schulbesuch und Studium sowie zahlreiche weitere Antworten auf häufige Fragen von Geflüchteten (Bundesinnenministerium).
16. März 2022
Lagebericht
Die ukrainischen Streitkräfte haben russische Angriffe nach eigenen Angaben an mehreren Fronten abwehren können. Sie würden nun auch kleinere Gegenoffensiven starten. Sowohl in der Region um Kiew als auch in der Ostukraine seien Vorstöße der russischen Armee zurückgeschlagen worden. Die russischen Bodentruppen machten in der Ukraine nach Einschätzung der US-Regierung kaum Fortschritte und würden versuchen, über Bombardierungen aus der Ferne Ziele zu attackieren. So werde etwa auch die Hauptstadt Kiew weiter aus großer Entfernung bombardiert. Dabei würden immer öfter auch zivile Ziele wie Wohngebiete getroffen. Das Interesse der russischen Streitkräfte gilt ferner weiterhin den Städten der Küstenregion im Süden des Landes. Im Westen des Landes seien keine neuen Angriffe zu vermelden.
Aufgrund anhaltendem Personalverlust würde Russlands Militär nach Verstärkung aus dem ganzen Land rufen. Von den zu Anfang um die 100.000 Soldaten starken einmarschierten Einheiten sollen nach Angaben des ukrainischen Generalstabs mittlerweile 40 Prozent kampfunfähig gemacht worden sein. Nun versuche Russland, zusätzliche Truppen aufzustellen, da die russischen Streitkräfte zunehmend Schwierigkeiten hätten, offensive Operationen durchzuführen. Auch die als Putins Privatarmee geltende „Söldnergruppe Wagner", die sich aus ehemaligen Militärangehörigen zusammensetzt und auch weltweit operiert, soll nun im Krieg gegen die Ukraine unterstützen. Ebenso kommt Verstärkung über die Spezialeinheiten der russischen Teilrepublik Tschetschenien, die unter ihrem Anführer Kadyrow insgesamt über 70.000 Kämpfer verfügen. Was eine Beteiligung von Belarus am Kriegsgeschehen in der Ukraine angehe, gebe es weiterhin keine Hinweise darauf, dass das Land Truppen in die Ukraine verlege oder dies vorbereite.
Über Fluchtkorridore konnten gestern weitere 30.000 Menschen aus umkämpften Gebieten die Stadt verlassen. In Mariupol gelang die Flucht in Pkw, in Sumy konnten die Menschen in rund 100 Bussen der Stadt entfliehen. Auch für heute wurden seitens der Ukraine wieder Fluchtkorridore gefordert. Nachdem am Morgen zunächst keine Fluchtkorridore vereinbart werden konnten, ist es im Laufe des Tages doch gelungen, weitere 11.000 Menschen aus Mariupol zu evakuieren.
Die im Online-Format stattfindenden Verhandlungen zwischen russischen und ukrainischen Delegationen sollen heute weiter fortgesetzt werden. Sie seien „schwierig und zäh", aber auch „konstruktiver". Die russischen Forderungen würden „realistischer", so der ukrainische Präsident Selenskyj. Aus Polen kommt indes der Ruf nach einer „NATO-Friedensmission“ in der Ukraine. Diese müsse versuchen, humanitäre und friedliche Hilfe zu leisten, solle aber auch in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen, so Polens Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski. Derweil hat die NATO hunderttausend Soldaten aus den Bündnisstaaten in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt.
Laut Berichten soll es in der Hauptstadt Kiew in der Nacht erneut Explosionen Nähe gegeben haben. Die russischen Streitkräfte hätten die Angriffe in den Vororten von Kiew verstärkt. Am frühen Morgen seien im Westen Kiews drei Detonationen zu hören gewesen. Im Zentrum Kiews seien Granatsplitter einer Artilleriegranate in ein Wohnhaus eingeschlagen. Die Stadt befindet sich derzeit in einer 36-stündigen Ausgangssperre. Der russischen Armee gelingt es jedoch nur langsam, weiter in Richtung Stadtgebiet vorzurücken. Nördlich von Kiew sei es den russischen Streitkräften nicht gelungen, die Verteidigungsstellungen zu durchbrechen. Auch die westlich der Hauptstadt gelegene Stadt Makariw hätten Angreifer nicht einnehmen können. Schätzungen nach seien die russischen Truppen im Nordwesten nach wir vor etwa 15 bis 20 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Im Osten seien es zwischen 20 und 30 Kilometer.
Nach ukrainischen Behördenangaben sind in der im Nordosten gelegenen Großstadt Charkiw seit Kriegsbeginn mindestens 500 Bewohner getötet worden. Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben jüngst die Angriffe auf Charkiw verstärkt.
Die nordukrainische Stadt Tschernihiw sei weiter isoliert. Auch hier kam es zu weiteren Bombardements. Die Stadt steht seit Kriegsbeginn unter Beschuss.
Heftig umkämpft bleibt weiter die Stadt Mariupol im Süden am Asowschen Meer. Die Stadt sei weiterhin eingekesselt. Die russische Armee versuche, die Stadt am westlichen und östlichen Rand zu blockieren, erleide dabei aber erhebliche Verluste, so der Generalstab der Ukraine. Russische Truppen haben nach ukrainischen Angaben heute Morgen ein Krankenhaus unter ihre Kontrolle gebracht. Die Soldaten hätten auf dem Klinikgelände Artillerie in Stellung gebracht und würden Schüsse abfeuern, sagte die stellvertretende Regierungschefin. 400 Patienten und Mitarbeiter würden als Geiseln gehalten – offenbar um sich vor ukrainischen Gegenangriffen zu schützen. Am Abend kam die Meldung, dass offenbar auch ein Theater der Stadt bombardiert worden sei, in dem sich Hunderte Menschen aufgehalten haben sollen. Das Gebäude sei vollständig zerstört. Die Versorgungslage in der Stadt ist weiterhin dramatisch. Es fehlt an Lebensnotwendigem. Doch noch immer konnte der Hilfskonvoi mit Lebensmitteln, Wasser, Kleidung und Medikamenten nicht in die Stadt gelangen. Bislang sollen laut Schätzungen über 2.300 Menschen in der Stadt ums Leben gekommen sein. Gestern war es immerhin 20.000 Zivilisten in Pkw gelungen, die Stadt über einen Fluchtkorridor zu verlassen, heute konnten sich weitere 11.000 Menschen aus der Stadt in Sicherheit bringen.
Russische Truppen haben nach ukrainischen Angaben die im Süden des Landes gelegene Stadt Saporischschja angegriffen, in der sich neben den Einwohnern auch Tausende Flüchtlinge aus dem belagerten Mariupol aufhalten. Bisher war Saporischschja von den Kämpfen weitgehend ausgenommen. Bislang war die Stadt ein erster sicherer Anlaufpunkt für Menschen, die aus der von russischen Truppen belagerten Hafenstadt Mariupol flüchteten, um weiter in Richtung Westen der Ukraine und Polen zu gelangen.
Satellitenfotos belegen offenbar einen mutmaßlichen ukrainischen Angriff auf den von Russland gehaltenen Flughafen und Luftwaffenstützpunkt Cherson. Mindestens drei russische Militärhubschrauber sollen auf dem Flughafen zerstört und in Flammen aufgegangen sein. Das ukrainische Militär hatte gemeldet, nun auch kleinere Gegenoffensiven zu starten. Was die Versorgungslage in Cherson anbelangt bahnt sich auch hier eine humanitäre Katastrophe an. Wegen der Besatzung fehle es den Menschen in den Siedlungen, vor allem den kleineren, an Medikamenten und teilweise an Nahrungsmitteln. Es sei nicht möglich, Waren aus anderen Regionen der Ukraine zu liefern. Zudem gebe es Probleme bei der Strom-, Gas- und Wasserversorgung.
In der Region Odessa sei nach ukrainischen Angaben die Küste von russischen Schiffen beschossen worden. Es habe aber keinen Landungsversuch gegeben.
Abstimmung im UN-Sicherheitsrat zu Russlands Ukraine-Resolution
Der UN-Sicherheitsrat soll am Donnerstag über eine von Russland eingebrachte Resolution zur humanitären Lage in der Ukraine abstimmen. Moskau fordert in der Beschlussvorlage, dass der Sicherheitsrat Angriffe auf Zivilisten verurteilen solle und ruft zu einem „verhandelten Waffenstillstand” auf. Die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward bezeichnet die russische Initiative angesichts Moskaus Angriffskrieg in der Ukraine als „zynischen Schachzug” und „Beleidigung”. Es scheint wahrscheinlich, dass Russland nicht die für eine Annahme nötigen neun Stimmen des 15-köpfigen Rates erhält (Handelsblatt).
Internationaler Gerichtshof: Russland muss Krieg in Ukraine stoppen
Das höchste UN-Gericht, der Internationale Gerichtshof in Den Haag, hat angeordnet, dass Russland sofort die militärische Gewalt in der Ukraine beenden muss. Damit gaben die Richter einer Klage der Ukraine gegen Russland statt, wonach Russland Völkermord an den ukrainischen Bewohnern des Landes begehe und damit die Völkermord-Konvention von 1948 verletze. Experten bezweifeln, dass Russland sich an die Anordnung halten wird. Von dem Urteil kann aber internationale Signalwirkung ausgehen. Das Gericht besitzt keine Machtmittel, um einen unterlegenen Staat zu zwingen, ein Urteil umzusetzen. Es könnte den UN-Sicherheitsrat anrufen, doch dort kann Russland jede Entscheidung mit seinem Veto blockieren (ZDF).
Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine
Die Verhandlungen der vergangenen Tage wurden heute fortgesetzt. Es solle kleine Fortschritte gegeben haben. Die Ukraine fordert nach wie vor ein Ende des Krieges und einen Abzug der russischen Truppen. Moskau verlangt unter anderem, dass Kiew die annektierte Schwarzmeer-Halbinsel Krim als russisch sowie die ukrainischen Separatistengebiete als unabhängige Staaten anerkennt. Der Kreml halte eine Neutralität des Nachbarlandes nach dem Vorbild Schwedens und Österreichs für möglich. Die Kiewer Führung hat russischen Äußerungen zu einer möglichen Neutralität der Ukraine nach schwedischem Vorbild widersprochen. Selenskyj unterstrich seine Forderung nach Sicherheitsgarantien von Partnern, die Waffen liefern, wenn das nötig sei, und den Himmel über der Ukraine schließen, wenn das Land aus der Luft angegriffen werde. In den Verhandlungen bestünden weiterhin „fundamentale Gegensätze”, erklärte der ukrainische Präsidentenberater Podoljak. Einen Kompromiss hielt er dennoch für möglich. Der ukrainische Präsident Selenskyj bezeichnete den Stand der Verhandlungen mit Russland als „inzwischen realistischer” und zeigte sich vorsichtig optimistisch (Tagesschau).
Nach Informationen der „Financial Times” werde an einem 15-Punkte-Plan gearbeitet. An erster Stelle stünden die von Russland geforderte Neutralität und Entmilitarisierung der Ukraine sowie der von Kiew verlangte Abzug russischer Truppen. Territoriale Streitfragen sollten demnach erst später diskutiert werden (n-tv).
EU-Regierungschefs zu Besuch in Kiew – „Zeichen der Unterstützung"
Die Regierungschefs von Polen, Tschechien und Slowenien haben Ukraines Präsident bei einem Treffen in Kiew ihre Unterstützung zugesagt. Als Zeichen der Solidarität mit der Ukraine waren die Regierungschefs der drei Länder demonstrativ mit dem Zug in die umkämpfte Hauptstadt Kiew gereist. „Wir bewundern euren mutigen Kampf. Ihr seid nicht allein. Unsere Länder stehen an Eurer Seite“, erklärte Tschechiens Ministerpräsident Fiala. Selenskyj brachte seine Wertschätzung über den Besuch zum Ausdruck. In einer Zeit, in der viele ausländische Botschaften wegen des russischen Einmarschs die Ukraine verlassen hätten, würden „diese Führer unabhängiger europäischer Staaten“ zeigen, dass sie keine Angst hätten. „Ich bin sicher, dass wir mit solchen Freunden, mit solchen Ländern, Nachbarn und Partnern wirklich gewinnen können“, so Selenskyj weiter (ZDF).
Sondersitzung der NATO-Verteidigungsminister – Aufrüstung statt Einmischung
Auf der heutigen Krisensitzung in Brüssel haben die NATO-Staaten über Konsequenzen beraten, die der Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine für das NATO-Bündnis haben könnte. Man werde die Truppenpräsenz und die Verteidigungsstrategie überdenken, so Stoltenberg. Nicht nur aufgrund der russischen Invasion, sondern auch „im Lichte der Zusammenlegung russischer und belarussischer Streitkräfte”. Aus westlicher Sicht sei das eine neue Bedrohungslage. Die Militärplaner der Allianz sollen nun den Auftrag bekommen, eine Antwort auszuarbeiten. Im Bündnis werde eine künftige dauerhafte Verstärkung der Ostflanke erwogen, so Stoltenberg. Dazu könne gehören, substanziell mehr Streitkräfte im östlichen Teil der Allianz zu stationieren und dort mehr Ausrüstung vorzuhalten. Eine Einmischung in den Krieg gilt weiterhin als nahezu ausgeschlossen. Die NATO selbst werde keine Truppen in die Ukraine schicken, auch sei weiterhin eine Flugverbotszone über der Ukraine ausgeschlossen. (Tagesschau).
In Reaktion auf den Krieg Russlands seien mehrere Hunderttausend NATO-Soldaten in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt worden. Darunter befänden sich rund 100.000 US-Soldaten in Europa und rund 40.000 Soldaten unter direktem NATO-Kommando (n-tv).
Aus Polen kommt indes im Vorfeld der Ruf nach einer NATO-„Friedensmission”. Nach den Vorstellungen des polnischen Vizeregierungschef Jaroslaw Kaczynski sollte eine NATO-Mission mit „Zustimmung des ukrainischen Präsidenten” auf „ukrainischem Territorium agieren” und „humanitäre und friedliche Hilfe” leisten. Dabei solle sie allerdings „von Streitkräften geschützt” werden und „in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen”. Der Vorschlag fand keine Zustimmung bei den anderen NATO-Staaten. Erst müsse es einen Waffenstillstand geben. Zudem müsse Russland seine Truppen abziehen und es müsse irgendeine Art von Abkommen zwischen der Ukraine und Russland geben (Spiegel).
Russland tritt aus dem Europarat aus
Am Dienstagabend hatte die Parlamentarische Versammlung des Europarats aufgrund der Aggressionen Russlands im Krieg gegen die Ukraine für den Ausschluss Russlands gestimmt. Nun ist Russland seinem Ausschluss aus dem Europarat zuvorgekommen und hat gestern am späten Abend in einer formellen Mitteilung seinerseits den Austritt erklärt. Das Ministerkomitee des Europarats gab bekannt, dass die Russische Föderation nach 26 Jahren Mitgliedschaft kein Mitglied der Organisation mehr sei. (Tageschau).
Protestaktion im russischen Staatsfernsehen zeigt Wirkung
Nachdem die Mitarbeiterin des russischen Staatsfernsehens Marina Owssjannikowa mit ihrem Anti-Kriegsplakat für eine Unterbrechung der Nachrichtensendung gesorgt hatte, zieht die Aktion weitere Kreise. Die Russland-Expertin Daria Khrushcheva sieht in dem Protest von Owssjannikowa eine Tendenz, dass sich russische Journalisten vermehrt gegen Wladimir Putin stellen würden. „Das ist ein gutes Zeichen“, sagte Daria Khrushcheva. Die Aktion zeige, dass Journalisten, die für staatliche Medien in Russland arbeiten, etwas unternähmen. Auch die prominente Moderatorin Lilia Gildeeva sei aus Russland geflohen und habe aus Protest über die russische Propaganda in den Medien gekündigt. Die Aktion habe „Schockwellen durch die russische Gesellschaft“ geschickt, so Yakov Kronrod, ein US-Amerikaner mit russischen Wurzeln, der sich zurzeit in Moskau aufhält. Sogar staatstreue Medien wie das Portal „Yandex News“ würden nun über den Protest berichten. Auf ihrer Facebook-Seite seien Tausende Kommentare eingegangen, so Kronrod. „Das könnte sehr gut der Start einer ganzen Welle an Protesten sein.“ Indes steht das Urteil gegen die TV-Journalistin fest: Marina Owssjannikowa wurde zu einer Geldstrafe von 30.000 Rubel (226 Euro) verurteilt (Frankfurter Rundschau).
Ukraine-Krieg kann Weltwirtschafsordnung fundamental ändern
Der Krieg in der Ukraine und die erfolgten Sanktionen könnten dem Internationalen Währungsfonds zufolge die globale Wirtschaftsordnung grundlegend verändern. Neben kurzfristigen Folgen wie einer steigenden Inflation bei nachlassendem Wachstum seien längerfristige Auswirkungen denkbar. „Der Krieg kann die weltweite wirtschaftliche und geopolitische Ordnung grundlegend verändern, wenn sich der Energiehandel verschiebt, sich Lieferketten verändern, Zahlungsnetzwerke zerfallen und Länder neu über ihre Währungsreserven nachdenken", erklärte der IWF (n-tv).
UN-Entwicklungsprogramm: Auf den Krieg folgt die Armut
Das Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen hat einen Bericht veröffentlicht, in dem der Versuch unternommen wurde, in verschiedenen Szenarien einzuschätzen, wie viele Menschen infolge des Krieges unter die Armutsgrenze fallen. „Wenn dieser Konflikt weitergeht, könnte im Laufe des nächsten Jahres eine Situation entstehen, wo bis zu 90 Prozent der ukrainischen Bevölkerung unter die Armutsgrenze fallen" (Tagesschau).
15. März 2022
Lagebericht
Die russischen Streitkräfte haben ihre Angriffe auf mehrere Städte und Regionen in der Ukraine fortgesetzt. So wurden Attacken unter anderem aus Kiew, Charkiw und Mariupol gemeldet. Der Ring um Kiew zieht sich weiter zu. Nur im Süden sei noch eine Lücke, um die Stadt zu verlassen. Allerdings mache die russische Armee nach Einschätzung der US-Regierung nur langsam Fortschritte beim Vorstoß auf die Hauptstadt. Nach wie vor verharrt die Hälfte der einst drei Millionen Einwohner in der Stadt und ist bereit für die Verteidigung Kiews. Der Widerstandswille im Land ist nach wie vor ungebrochen. Präsident Selenskyj strebt nun eine Verlängerung des in der Ukraine geltenden Kriegsrechts bis zum 24. April an. Männer zwischen 18 und 60 Jahren sollen weiterhin im Land bleiben, um gegen die russischen Angreifer kämpfen zu können.
Die gestern unterbrochenen Verhandlungen zwischen Vertretern der russischen und ukrainischen Delegation werden heute fortgesetzt. Im Ringen um eine Verhandlungslösung hatten sich beide Seiten im Vorfeld zurückhaltend optimistisch geäußert. Es gebe Fortschritte bei den Verhandlungen. „Wenn wir die Positionen der beiden Delegationen heute mit denen zu Beginn vergleichen, werden wir deutliche Fortschritte feststellen“, hatte sich der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki geäußert. Ukraines Präsident Selenskyj drängt auf ein direktes Gespräch mit Präsident Putin. Die Ukraine bestehe weiterhin auf einem Waffenstillstand, bevor es Gespräche über die künftigen Beziehungen geben könne.
Nachdem die Evakuierungen aus umkämpften Städten in den vergangenen Tagen nur schleppend vorankamen, ist es heute 20.000 Menschen aus Mariupol über einen Fluchtkorridor gelungen, die Stadt in PKWs zu verlassen. Mehr als 100 Busse mit Zivilisten konnnten die belagerte Stadt Sumy verlassen. Insgesamt waren heute neun Fluchtkorridore für verschiedene Städte geöffnet.
Der russischen Armee gelingt nur langsam ein Vorrücken in Richtung Kiew. Nach US-Angaben seien die Soldaten stellenweise weiterhin rund 15 Kilometer vom Stadtzentrum entfernt. Ein kilometerlanger, ins Stocken geratener russischer Militärkonvoi sei auch nicht wirklich vorangekommen. Jedoch verstärkt die russische Armee nun ihre Artillerieangriffe auf das Stadtgebiet. Am frühen Dienstagmorgen hat eine Reihe heftiger Explosionen die Hauptstadt erschüttert. Zu hören waren mindestens drei starke Detonationen. Eine Rauchsäule sei über der Stadt aufgestiegen. Vier Wohnhäuser seien schwer getroffen worden.
Die nordukrainische Stadt Tschernihiw sei im Wesentlichen isoliert. Aber auch dort gibt es dem Pentagon zufolge kaum Fortschritte des russischen Militärs.
Die russische Armee hat nach ukrainischen Angaben die Angriffe auf Charkiw, die zweitgrößte Stadt des Landes, verstärkt. Der Leiter der Regionalbehörde sprach von mehr als 60 nächtlichen Angriffen. „Feuer wüten in der Stadt und es gibt nicht genügend Löschkräfte.” Bereits seit Kriegsbeginn ist Charkiw vielen Angriffen ausgesetzt. Nahezu ohne Unterbrechung hätten Beschüsse Wohngebiete, Infrastruktur und auch Krankenhäuser zerstört.
Die Situation in Mariupol sei weiterhin katastrophal, so Vizeregierungschefin Wereschtschuk: „Die Menschen kämpfen um Essen und Wasser, dort spielt sich ein Albtraum ab.“ Die humanitäre Fracht sei noch immer nicht in Mariupol angekommen. Sie sei noch in der 70 Kilometer entfernten Stadt Berdjansk. Nach Angaben örtlicher Behörden wurden in Mariupol seit Beginn des russischen Angriffskriegs 2.357 Menschen getötet. Ein Berater des Bürgermeisters von Mariupol nannte die Lage in der Stadt „unmenschlich“: „Kein Essen, kein Wasser, kein Licht, keine Wärme.“ Er befürchte viel mehr Tote. Mit zunehmender Intensität der Angriffe könnte die Zahl der Opfer bis zu 20.000 betragen. Zudem gab der Chef der Republik Tschetschenien, Ramsan Kadyrow, jüngst bekannt, tschetschenische Kämpfer führten einen russischen Angriff auf Mariupol an. Die Kämpfer seien etwa 1,5 Kilometer weit in die Stadt vorgedrungen. Immerhin ist heute einer großen Anzahl an Einwohner die Flucht aus der Stadt gelungen. Rund 20.000 Menschen konnten Mariupol über einen Fluchtkorridor in PKWs verlassen.
Im Süden nähern sich russische Truppen weiterhin der Stadt Odessa. Neben Kiew und Charkiw hat auch die Hafenstadt Odessa große wirtschaftliche und militärische Bedeutung. Die Stadt wappnet sich für eine russische Großoffensive.
Die russische Armee habe nach eigenen Angaben das komplette Gebiet Cherson im Süden des Landes unter ihre Kontrolle gebracht. In dem Gebiet in der Schwarzmeerregion leben rund eine Million Menschen. Zuvor hatte Russland schon die Kontrolle über die Gebietshauptstadt Cherson übernommen.
Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine konstruktiver
Die gestern begonnenen Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine wurden heute fortgesetzt. Die Pause sollte zusätzlichen Gesprächen in den Arbeitsuntergruppen und zur Klärung einzelner Definitionen dienen. Die heutigen Verhandlungen gestalteten sich schwierig und wurden erneut unterbrochen und vertagt. Ein Berater Selenskyjs machte bei den Gesprächen mit Russland jedoch eine Änderung des Tonfalls der gegnerischen Seite aus. Die Verhandlungen zwischen Vertretern Russlands und der Ukraine seien konstruktiver geworden, meinte er. Das russische Lager verlange nicht mehr, dass sich die Ukraine im Krieg ergebe, wie es das in vorherigen Gesprächsphasen getan habe. Die ukrainische Sicherheitsberater sehen diese Gespräche als Vorbereitungsgespräche für eigentliche Verhandlungen, die auf Präsidentenebene stattfinden müssten, um „wirklich greifbare Sicherheitsgarantien zu erzielen für die Ukraine”. Als sofortiges Ergebnis der Verhandlungen fordern sie einen Waffenstillstand. Weiter gäbe es russische Forderungen, die „absolut inakzeptabel” seien, wie beispielsweise „einige territoriale Forderungen” (Redaktionsnetzwerk Deutschland).
Hauptstadt Kiew Ziel von Angriffen
Die Hauptstadt Kiew ist Ziel von Angriffen der russischen Truppen geworden. Eine Reihe russischer Angriffe traf Wohngebäude in mehreren Stadtteilen. Häuser und Straßen sollen verwüstet sein. Es soll Tote und Verletzte gegeben haben. Einer der Angriffe habe ein 16-stöckiges Wohnhaus im Stadtteil Swjatoschyn im Westen Kiews getroffen. Offenbar gab es auch Einschläge im Stadtteil Podil. Auch im Viertel Osokorky im Südosten von Kiew sei ein Wohnhaus getroffen worden. Bürgermeister Vitali Klitschko hat eine 36-stündige Ausgangssperre angekündigt. Von Dienstagabend, 19.00 Uhr, bis Donnerstagfrüh, 6.00 Uhr, dürften die Einwohner ihre Häuser nur verlassen, um sich in Schutzräumen und Bunkern in Sicherheit zu bringen (ZDF).
Regierungschefs Polens, Tschechiens und Sloweniens besuchen Selenskyj in Kiew
Nachdem die drei Regierungschefs heute mit dem Zug in die Ukraine gereist sind, hat sie der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew begrüßt. Mit der Reise von Polens Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und seinen Amtskollegen Petr Fiala aus Tschechien und Janez Janša aus Slowenien soll die Unterstützung der Europäischen Union für die Ukraine ausgedrückt werden. Man wolle ein breites Paket der Unterstützung für das Land präsentieren, hieß es. Die Politiker reisen als „Vertreter des Europäischen Rates" nach Kiew. Die Reise sei gemeinsam mit EU-Ratspräsident Charles Michel und EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen organisiert worden. „Ziel des Besuchs ist es, die unmissverständliche Unterstützung der gesamten Europäischen Union für die Souveränität und Unabhängigkeit der Ukraine zu bekräftigen und ein breites Hilfspaket für den ukrainischen Staat und die ukrainische Gesellschaft vorzustellen”, hieß es in einer gemeinsamen Erklärung. „Ihr Besuch in Kiew in dieser für die Ukraine schwierigen Zeit ist ein starkes Zeichen der Unterstützung. Wir wissen das wirklich zu schätzen", sagte Selenskyj. (Tagesschau).
Selenskyj appelliert an russische Soldaten: „Ich weiß, dass ihr überleben wollt"
Der ukrainische Präsident Selenskyj wendete sich in einer neuen Videobotschaft nicht nur an sein Volk, sondern auch an die russischen Soldaten. Auf russischer Seite setze sich die Erkenntnis durch, dass man mit dem Krieg nichts erreiche. Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine habe die russische Armee höhere Verluste erlitten als während der beiden Tschetschenienkriege zusammen, so Selenskyj. Man wisse aus abgehörten Telefonaten, was viele der russischen Soldaten tatsächlich über den Krieg dächten. Selenskyj appellierte an sie, sie mögen nicht weiter bei diesem sinnlosen Krieg mitmachen, an dem sie ihr Leben verlieren könnten: „Ich weiß, dass ihr überleben wollt.” (n-tv).
Kriegsprotest im russischen Staatsfernsehen
Mit lauten Rufen und einem Plakat gegen Russlands Angriff auf die Ukraine hat die Mitarbeiterin des russischen Staatsfernsehens Marina Owsjannikowa für die Unterbrechung einer Hauptnachrichtensendung gesorgt. Hinter der Nachrichtensprecherin hielt sie plötzlich ein Plakat hoch mit der Aufschrift „Stoppt den Krieg. Glaubt der Propaganda nicht. Hier werdet ihr belogen." Sie wurde umgehend festgenommen. In einem zuvor aufgezeichneten und online gestellten Video sagte sie: „Was gerade in der Ukraine passiert, ist ein Verbrechen. Russland ist ein Aggressorland. Die Verantwortung für diese Aggression liegt bei einem einzigen Menschen. Dieser Mensch ist Wladimir Putin. (…) Leider habe ich in den letzten Jahren beim ersten Kanal gearbeitet und war mit der Kreml-Propaganda beschäftigt. Ich schäme mich, dass ich es zugelassen habe, dass die Lügen aus dem Bildschirm kommen. (…) Wir sind intelligente russische Menschen. Es liegt in unseren Kräften, diesen Wahnsinn zu stoppen. Kommt zu den Demos, fürchtet euch vor nichts. Sie können uns nicht alle in den Knast stecken.” (Tagesschau).
Russland verhängt Einreiseverbot für Biden und Blinken
Russland verhängt als Reaktion auf US-Sanktionen nun seinerseits Einreiseverbote gegen US-Präsident Joe Biden und andere US-Regierungsmitglieder. Das Außenministerium veröffentlichte eine „schwarze Liste" mit 13 Namen, darunter auch Außenminister Antony Blinken und Verteidigungsminister Lloyd Austin. Es ist das erste Mal, dass Russland eine Liste betroffener Personen veröffentlicht (n-tv).
China: Keine Partei im Konflikt
Chinas Außenminister Wang Yi sieht sein Land „nicht als Partei" im Konflikt um die russische Invasion in die Ukraine. Seine Regierung „will nicht, dass die Sanktionen China treffen", sagte der Außenminister. China lehne die Verhängung von Sanktionen grundsätzlich ab. Wang Yi nannte den Krieg das Ergebnis einer „Ansammlung und Verschärfung der Widersprüche über die Jahre” in der europäischen Sicherheitsarchitektur (n-tv).
UN warnt vor „Wirbelsturm des Hungers”
Die Vereinten Nationen sehen die Lebensmittelversorgung einiger der ärmsten Länder weltweit durch den Krieg in der Ukraine gefährdet. UN-Generalsekretär António Guterres hat vor einem „Wirbelsturm des Hungers” weltweit gewarnt. Die internationale Gemeinschaft müsse handeln, um einen „Zusammenbruch des globalen Nahrungssystems" zu verhindern. Aus der Ukraine kämen mehr als die Hälfte der Weizenlieferungen des Welternährungsprogramms. Die am wenigsten entwickelten Länder der Welt würden mindestens ein Drittel ihres Weizens aus der Ukraine oder Russland importieren (ZDF).
Kriegsflüchtlinge – Bundesinnenministerin Nancy Faeser: „Es geht um gerechte Verteilung“
Bereits vor einigen Tagen hatte der Bund angekündigt, die Aufnahme der Ukraine-Flüchtlinge besser koordinieren zu wollen. Die Geflüchteten sollen nach dem sogenannten Königsteiner Schlüssel auf die Bundesländer verteilt werden. Da bisher vor allem die Metropolen stark vom Flüchtlingszuzug betroffen sind, werde alles getan, um die Menschen gerecht zu verteilen. Wie wird Deutschland den Zuzug meistern? Warum hat es mit der Verteilung so lange gedauert? Mit wieviel Flüchtlingen rechnet der Bund in den nächsten Wochen? Nancy Faeser im Interview (Deutschlandfunk).
Bundesverband des Lebensmittelhandels – Deutsche sollen nicht hamstern
Trotz Meldungen über Engpässe und Teuerungen bei Öl und Getreide wegen des Ukraine-Krieges appelliert der Bundesverbands des Deutschen Lebensmittelhandels , keine Hamsterkäufe zu tätigen. Die Kunden sollten „untereinander solidarisch verhalten und Produkte nur in haushaltsüblichen Mengen einkaufen” (Tagesschau).
14. März 2022
Lagebericht
Die russische Armee sei nach Angaben des ukrainischen Generalstabs dabei, mehrere Offensiven im Land vorzubereiten. Die Einheiten versuchten, sich an bisher von ihnen eingenommenen Punkten festzusetzen, für Nachschub zu sorgen und sich neu zu gruppieren. Sobald dies geschehen sei, erwarte man neue Angriffe etwa auf die Städte Charkiw im Osten, Sumy im Nordosten oder auch den Kiewer Vorort Browari. In der Nacht hatte Russland die Angriffe in mehreren Teilen des Landes fortgesetzt. In vielen Städten und Regionen, darunter Kiew, Lwiw und Odessa, gab es heute am frühen Morgen Luftalarm.
Angesichts der Ausweitung der russischen Angriffe in Richtung Westen der Ukraine und der Beschüsse auf die Militärbasis nahe der polnischen Grenze fordert der ukrainische Präsident erneut eine Flugverbotszone über der Ukraine: „Wenn Sie unseren Himmel nicht abriegeln, ist es nur eine Frage der Zeit, bis russische Raketen auf Ihr Territorium, auf das Territorium der NATO und auf die Häuser von NATO-Bürgern fallen werden.“
Für heute sind neue Verhandlungen der russischen und ukrainischen Delegation per Videokonferenz geplant. Vertreter von Moskau und Kiew haben sich vorsichtig optimistisch geäußert. Eventuell könne man sich schon in den nächsten Tagen auf eine Position verständigen, so der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki. Der ukrainische Präsident Selenskyj drängt auf ein baldiges direktes Treffen mit Präsident Putin.
Die Evakuierung aus umkämpften Städten konnte auch gestern nur teilweise erfolgen. In Mariupol ist der gestrige Versuch erneut gescheitert, Menschen in Sicherheit zu bringen. An anderen Orten seien Fluchtkorridore hingegen erfolgreich gewesen. Unter anderem aus Sjewjerodonezk und Lyssytschansk im ostukrainischen Gebiet Luhansk sowie aus Irpin und Butscha nordwestlich der Hauptstadt Kiew wurden insgesamt 7.000 Menschen evakuiert. Für heute sind nach Angaben der ukrainischen Regierung zehn Fluchtkorridore vereinbart, darunter abermals auch für Mariupol. Wie am Nachmittag berichtet wurde, konnten einige Zivilisten heute die belagerte Hafenstadt verlassen. Rund 160 Autos haben sich in Richtung der Stadt Saporischschja aufgemacht. Russland gab einem Bericht zufolge den Beginn einer Massenevakuierung der belagerten Stadt Mariupol bekannt.
Die Hauptstadt Kiew bereitet sich auf einen bevorstehenden Großangriff und eine lange Blockade vor. Für die Stadt wurden Vorräte für zwei Wochen angelegt. Kiew stehe kurz vor der Einkesselung. Am Sonntag waren nur noch die Straßen nach Süden offen. Die Stadt werde nun auch von Osten her blockiert. Russische Einheiten hätten die Fernstraße E95 in Richtung der Vororte Browary und Boryspil überquert. Nordwestlich und nordöstlich der Stadt sammelten die Angreifer ihre Kräfte für einen Vorstoß. Ferner versuchten russische Flugzeuge in der Nacht, ukrainische Verteidigungsstellungen in der Region um Kiew zu zerstören. Verstärkung für ihren Angriff auf die Hauptstadt kommt offenbar auch aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien. Spezialeinheiten unter dem Anführer Ramsan Kadyrow seien einem Medienbericht Grosnys zufolge in die Ukraine gereist. Kadyrow soll in Planungen einer Militäroperation involviert sein, die sieben Kilometer von der ukrainischen Hauptstadt Kiew entfernt stattgefunden haben soll.
Im Gebiet Luhansk im Osten des Landes konzentriere sich Russland vor allem auf den Vormarsch in Richtung der Stadt Sjewjerodonetsk. Kämpfer der von Russland unterstützen Separatisten hätten nach russischen Angaben den östlichen und südlichen Teil der Stadt blockiert. In den Orten Topolske und Schpakiwka in der Region Charkiw habe der Gegner nach ukrainischen Angaben hingegen Verluste erlitten und sich zurückgezogen.
Seit einigen Tagen hat Russland auch den Westen der Ukraine ins Visier genommen. Der gestrige Angriff auf eine Militärbasis in Jaworiw unweit der polnischen Grenze, bei dem offenbar 38 Soldaten getötet wurden, hatte aus Sicht Russlands sicherlich die Zerstörung der militärischen Infrastruktur und des Nachschubs der Ukraine zum Ziel. Zum andern wird es aber auch eine Botschaft an die NATO, an den Westen, gewesen sein, sich nicht weiter einzumischen, fanden doch auf diesem Militärstützpunkt auch gemeinsame Ausbildungen mit US-amerikanischen und kanadischen Soldaten statt. Auch ist die Basis aktuell Drehscheibe der westlichen Unterstützung für die Ukraine, über die militärisches Gerät und ausländische freiwillige Soldaten von Polen über die Grenze in die Ukraine gelangen.
Im Süden der Ukraine ist erneut ein Versuch gescheitert, Menschen aus der belagerten Hafenstadt Mariupol in Sicherheit zu bringen. Es sei nicht gelungen, Mariupol zu erreichen. Der Hilfskonvoi sei in der Stadt Berdjansk geblieben, weil es Luftangriffe auf Mariupol gegeben habe. Das Ausmaß der Verzweiflung unter den 400.000 in der Stadt eingekesselten Einwohnern ist groß. Rund 2.500 Menschen sollen bislang ums Leben gekommen sein. Die Versorgungslage ist katastrophal. Es gelingt nicht, die Stadt mit Nachschub zu versorgen. Nachdem seit Tagen eine Evakuierung von Menschen gescheitert war, scheinen nun erste Evakuierungen erfolgreich gewesen zu sein. Allerdings konnten bislang erst 160 PKWs mit Zivilisten die Stadt verlassen. Der Konvoi mit Hilfsgütern konnte auch heute wegen anhaltenden Beschusses nicht bis in die Stadt vordringen.
Im Süden des Landes soll es Russland offenbar gelungen sein, den strategisch wichtigen Landkorridor zu sichern. Der Donbass und die annektierte Halbinsel Krim sollen nach russischen Angaben nun durch einen Korridor verbunden sein: „Die Autostraße von der Krim bis Mariupol wurde unter Kontrolle genommen.“ Eine Bestätigung seitens der Ukraine gibt es nicht.
Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine
Heute haben Delegationen aus Russland und der Ukraine erneut mit Gespräche begonnen. Die Verhandlungen werden im Online-Format durchgeführt und seien nach einigen Stunden der Beratung nun unterbrochen worden, so ein ukrainischer Unterhändler. Bei den Gesprächen werde eine „technische Pause” eingelegt, um Details in den Arbeitsgruppen zu klären. Am Dienstag würden die Gespräche fortgesetzt. Sie konzentrierten sich nach ukrainischen Angaben auf einen Waffenstillstand, einen Abzug der russischen Truppen und Sicherheitsgarantieren für die Ukraine. Ein wichtiges Ziel der Verhandlungen sieht der ukrainische Präsident Selenskyj in der Organisation eines baldigen Treffens der Staatschefs der beiden Länder. Kremlsprecher Dmitri Peskow hatte am Sonntag ein Treffen von Putin mit Selenskyj zumindest nicht ausgeschlossen. Im Ringen um eine Verhandlungslösung haben sich beide Seiten im Vorfeld zurückhaltend optimistisch geäußert. „Wenn wir die Positionen der beiden Delegationen heute mit denen zu Beginn vergleichen, werden wir deutliche Fortschritte feststellen“, sagte der russische Außenpolitiker Leonid Sluzki. Eventuell könne man sich schon in den nächsten Tagen auf eine Position verständigen und dies in entsprechenden Dokumenten unterzeichnen, so Sluzki (Tagesspiegel).
USA warnen Russland vor Angriff auf NATO-Gebiet
Der Angriff auf die Militärbasis im äußersten Westen der Ukraine veranlasste die US-Regierung zu einer erneuten Warnung an Moskau. Jegliche Attacke auf NATO-Mitgliedstaaten würde eine Reaktion des Westens nach sich ziehen. Der attackierte Truppenübungsplatz Jaworiw liegt weniger als 25 Kilometer vom nächsten Grenzpunkt zu Polen entfernt. Er hat immense Symbolkraft, da er seit langem für die Schulung von ukrainischem Militärpersonal und für internationale NATO-Manöver genutzt worden war. Ausbilder aus den USA und anderen NATO-Ländern waren dort schon zu Gange. Zudem gelangt über Polen in diesen Tagen westliche Militärhilfe in die Ukraine. Erst kürzlich hatte Moskau gewarnt, dass es solche Lieferungen als ein legitimes Angriffsziel betrachte. Der US-amerikanische Sicherheitsberater Jake Sullivan warnte Russland eindringlich vor jeglichen Angriffen auf ein NATO-Land. US-Präsident Joe Biden habe wiederholt klargestellt, dass die USA gemeinsam mit ihren Verbündeten „jeden Zentimeter des NATO-Territoriums verteidigen“ würde. Wird Moskau, wie angekündigt, weiterhin Waffenlieferungen des Westens auf diesem Militärstützpunkt ins Visier nehmen, dann wird es zwangsläufig auch zu weiteren Beschüssen nahe der NATO-Ostgrenze kommen. Dabei besteht auch immer die Gefahr, dass ein von Russland abgegebener Schuss versehentlich NATO-Territorium trifft. Auch in diesem Fall werde es eine Antwort geben, warnte Sullivan (Redaktionsnetzwerk Deutschland).
USA warnen China vor Unterstützung Russlands
Der amerikanische Berater für nationale Sicherheit, Jake Sullivan, will sich heute mit Chinas Top-Diplomat Yang Jiechi in Rom treffen, um über den Ukraine-Krieg zu reden. Die USA treibe die Sorge um, inwieweit China Russland materiell oder wirtschaftlich unterstütze. Man werde nicht tatenlos zusehen und irgendeinem Land gestatten, Russland für die Verluste aus den internationalen Wirtschaftssanktionen zu kompensieren, sagte Sullivan. Präsidialamtssprecher Dmitri Peskow hat indes vermeldet. Russland habe China nicht um militärische Unterstützung gebeten. Russland verfüge über genügend eigene Schlagkraft, um seine Ziele in der Ukraine im Zeitrahmen und vollständig zu erfüllen. Weiterhin dürfte es in dem heutigen Gespräch auch erneut um die Frage gehen, ob die chinesische Regierung einen Beitrag leisten kann, um den Konflikt zu entschärfen. Dabei steht China vor einem diplomatischen Spagat. Auf der einen Seite will Chinas Regierung fest an der Seite des „strategischen Partners“ Russlands stehen, andererseits wird Peking trotz seiner Parteinahme für Russland das Verhältnis zur EU nicht allzu sehr beschädigen und auch die Tür zu den USA noch einen Spaltbreit offen halten wollen (Neue Züricher Zeitung).
„Cold Response“ – In Norwegen beginnt großes NATO-Manöver
In Norwegen startet die NATO ein Manöver namens „Cold Response“ mit dem Ziel, die Verteidigung Norwegens zu trainieren. „Dies ist eine defensive Übung", sagte der leitende NATO-Kommandeur. Das Manöver soll bis zum 1. April andauern und sei laut NATO schon lange vor Russlands Invasion in der Ukraine geplant gewesen. Die russische Regierung sei ausführlich über die geplante Übung informiert und auch eingeladen worden, Beobachter zu schicken, habe dies aber abgelehnt. An dem Manöver nehmen rund 30.000 Soldaten aus 27 Nationen teil, darüber hinaus 200 Flugzeuge und 50 Schiffe. Auch Norwegens Nachbarn und enge Partner der NATO, Schweden und Finnland, beteiligen sich an der Übung. Mit dem Kriegsschiff „Berlin“ und seiner 200-köpfigen Besatzung ist auch Deutschland vertreten (Deutschlandfunk).
Russland beschränkt Getreideexporte
Russland schränkt die Ausfuhr von unter anderem Weizen, Gerste und Roggen von morgen an bis zum 30. Juni ein. Ausnahmen soll es für Exporte in die von Russland dominierte Eurasische Wirtschaftsunion sowie in die „Volksrepubliken” Donezk und Luhansk geben. Russland ist der größte Weizenexporteur der Welt. Auch die benachbarte Ukraine ist ein wichtiger Produzent. Störungen der Getreideausfuhr beider Länder können nach Einschätzung von Experten zu massiven Preissteigerungen auf dem Weltagrarmarkt führen (Süddeutsche).
Bundesregierung will Bürger entlasten
Angesichts der infolge des Krieges in der Ukraine und den Sanktionsmaßnahmen stark angestiegenen Kosten für Benzin, Strom und Heizen kündigt Wirtschaftsminister Habeck ein neues Entlastungspaket an. So müsse es erstens bei Strom, Wärme und Mobilität Erleichterungen geben, sagte der Minister. Gerade die hohen Heizkosten würden zahlreiche Familien „erdrücken“. Zweitens brauche es auch Energieeffizienz und Einsparungen, etwa eine Minderung des Verbrauchs beim Autofahren oder einen Austausch von Gasheizungen, sagte Habeck. Drittens seien weiter marktwirtschaftliche Impulse nötig (Tagesschau).
Geflüchtete aus der Ukraine – Landkreise und Kommunen bitten um Hilfe
Deutschland hat bisher fast 150.000 Geflüchtete aus der Ukraine registriert. Die tatsächlichen Zahlen dürften deutlich höher liegen. Landkreise und Kommunen bitten nun um Unterstützung bei der Verteilung und Versorgung der Geflüchteten. Der Landkreistag verlangt eine gleichmäßige Verteilung der Kriegsflüchtlinge im gesamten Bundesgebiet, um eine Überlastung einzelner Landkreise und Städte zu verhindern (Tagesschau).
13. März 2022
Lagebericht
Russische Truppen setzen ihre Angriffe in vielen Teilen des Landes fort. Sie versuchen, strategisch wichtige Städte weiter einzukesseln, deren Vororte einzunehmen und teils auch ganze Stadtgebiete zu besetzen. Dabei richten die russischen Streitkräfte ihre Angriffe verstärkt auch auf zivile Ziele. Ferner habe die russische Armee den Befehl erhalten, in der Ukraine „auf Selbstversorgung“ umzusteigen, berichtet das ukrainische Verteidigungsministerium. Dies bedeutet, dass russische Soldaten zunehmend Geschäfte, Banken und Häuser plündern. Sogar ukrainische Hilfskonvois werden auf ihrem Weg in die belagerten Städte ausgeraubt, wie im Falle Mariupols geschehen. Die Not der in den Städten eingekesselten Menschen wird immer größer. NATO-Generalsekretär Stoltenberg erwartet eine weitere Verschärfung der Kämpfe und der humanitären Notlage in der Ukraine: „Wir sehen mit Schrecken die steigende Zahl ziviler Opfer und die sinnlose Zerstörung."
Auf der anderen Seite hätten die russischen Truppen nach ukrainischen Angaben viele Verluste an Soldaten und Ausrüstung zu verzeichnen. Der ukrainische Präsident Selenskyj gibt an, 31 russische Bataillone seinen bislang außer Gefecht gesetzt, 12.000 russische Soldaten seien gefallen. Die ukrainische Armee habe der russischen Armee die größten Verluste seit Jahrzehnten zugefügt.
Die Evakuierung von Menschen über humanitäre Korridore geht weiter nur schleppend voran. Gestern konnten nur 13.000 Menschen ihre Heimatorte über Fluchtkorridore verlassen. Der Großteil davon kam aus der Stadt Sumy im Nordosten. Von den 14 vereinbarten Korridoren seinen nur neun passierbar gewesen.
Der militärische Druck auf Kiew wird größer. Die russischen Truppen sind bis auf 25 Kilometer nördlich von Kiew vorgerückt, Artilleriegeschütze wurden in Stellung gebracht. Auch von Osten her werde versucht, die Stadt zu blockieren. Die Hauptstadt bereitet sich auf ihre Einkesselung und eine mögliche vollständige Blockade durch russische Truppen vor. Man habe Vorräte an Lebensmitteln und Medikamenten angelegt, um zwei Millionen Menschen zwei Wochen lang zu versorgen, ließ der Kiewer Bürgermeister Klitschko wissen.
Eine russische Offensive stehe im Osten zudem der Stadt Sjewjerodonezk mit 100.000 Einwohnern im Gebiet Luhansk bevor.
Auch den Westen des Landes starten die russischen Streitkräfte seit kurzem Angriffe. Acht Raketen sollen nordwestlich von Lwiw im Ort Jaworiw unweit der polnischen Grenze im „Zentrum für Internationale Friedenssicherung und Sicherheit" eingeschlagen haben. Dort befindet sich ein Militärstützpunkt, auf dem unter anderem auch ausländische Soldaten und von der NATO geliefertes militärisches Gerät von Polen über die Grenze in die Ukraine gelangen. Russland möchte damit die Nachschubwege unterbinden. In Lwiw wurde erneut Luftalarm ausgelöst. Die Stadt versucht sich auf weitere Angriffe vorzubereiten.
Im Süden steht die Stadt Mariupol weiterhin unter Beschuss. Die Stadt ist vollständig von russischen Truppen umschlossen. Östlich gelegene Randbezirke seien bereits erobert worden. Die Einwohner sind weiterhin ohne Wasser, Lebensmittel und Medikamente. Die Lage wird immer dramatischer. Über 2000 Menschen seien bislang bei den Angriffen ums Leben gekommen. Auch der gestern abermals in Richtung der Stadt losgeschickte Hilfskonvoi konnte sein Ziel nicht erreichen. Der Konvoi mit Lebensmitteln, Wasser, Kleidung und Medikamenten wurde an den Kontrollpunkten aufgehalten, die Hilfsgüter wurden beschlagnahmt.
Auch auf die südukrainische Großstadt Mykolajiw wurden wieder Angriffe gestartet. Die Stadt mit knapp 500.000 Einwohnern ist seit Tagen heftig umkämpft. Sollten russische Truppen es schaffen, Mykolajiw zu umgehen oder einzunehmen, stünde ihnen der Landweg in die wichtige südwestukrainische Hafenstadt Odessa offen.
Ferner bereiten russische Truppen offenbar einen Angriff auf die ebenfalls im Süden gelegene Stadt Krywyj Rih vor, die Heimatstadt des ukrainischen Präsidenten Selenskyj. Sie hat mehr als 600.000 Einwohnern. Außerdem sei in der Südukraine laut ukrainischen Behördenangaben erneut ein Bürgermeister von russischen Truppen verschleppt worden: Der Bürgermeister von Dniprorudne Jewhenij Matwjejew. Dniprorudne ist eine Kleinstadt mit knapp 20.000 Einwohnern am Fluss Dnipro.
Russland trägt den Krieg vor die Haustür der NATO
Bei einem Angriff auf den nahe der polnischen Grenze gelegenen ukrainischen Militärstützpunkt bei Jaworiw sind viele Soldaten ums Leben gekommen. Der Stützpunkt ist Ausbildungszentrum sowohl für ukrainische als auch ausländische Soldaten, die in der Ukraine ankommen, um die Ukrainer im Kampf gegen die russischen Invasoren zu unterstützen. Auch kommt von der NATO geliefertes militärisches Gerät an diesem Stützpunkt an. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, auf dem Gelände hätten sich Waffen befunden, die der Ukraine vom Ausland geliefert worden seien. Man habe „bis zu 180 ausländische Söldner” getötet. Diese Angriffe werde man fortsetzen. Der Beschuss des grenznahen Militärstützpunkts ist als weitere Eskalationsstufe zu betrachten, soll es sich doch um eine Drehscheibe der westlichen Unterstützung für die Ukraine handeln. Der Krieg rückt damit nahe an die NATO heran (FAZ).
Kiew warnt vor inszenierten Referenden und Pseudorepubliken
Laut ukrainischen Angaben will Russland in der besetzten Hafenstadt Cherson eine Bürgerabstimmung inszenieren, um eine weitere Ausrufung einer „Volksrepublik” einzuleiten. Russland versuche nach ukrainischer Einschätzung nicht nur militärisch, Gewinne in der Ukraine zu erzielen. Russische Kräfte arbeiteten in der eingenommenen Großstadt Cherson an einem inszenierten Referendum. Die Bevölkerung Chersons geht auf die Straßen, um für ihre Zugehörigkeit zur Ukraine zu demonstrieren. (Spiegel).
Bundesweiter Protest gegen den Ukraine-Krieg
Zu einem großen Demonstrationszug durch Berlin werden am heutigen Sonntag 100.000 Menschen erwartet, um für Frieden in der Ukraine eintreten, Start war um 12 Uhr am Alexanderplatz. Das Motto: „Stoppt den Krieg. Frieden und Solidarität für die Menschen in der Ukraine.” Auch in Hamburg, Frankfurt, Stuttgart und Leipzig finden Proteste statt (Tagesschau).
Krieg spaltet Russlanddeutsche
Ein Riss geht durch die große russischstämmige Community in Deutschland. Der Krieg in der Ukraine spaltet sie in zwei Lager: Die Jüngeren sehen Putins Krieg überwiegend nicht als den ihren an, die Älteren jubeln dem Regime in Russland überwiegend zu. Russlanddeutsche sehen sich zunehmend Anfeindungen ausgesetzt. Viele sehen sich als gut integriert in Deutschland. Durch den Angriffskrieg scheint das ins Wanken zu geraten (ZDF).
USA: Weitere 200 Millionen für Waffenlieferungen an Ukraine
US Präsident Joe Biden hat weitere 200 Millionen Dollar für zusätzliche Waffenlieferungen an die Ukraine genehmigt. Dabei soll es sich vor allem um Panzerabwehrraketen und „Stinger“-Flugabwehrraketen handeln, deren Zahl sich damit auf 17.000 aus US- und NATO-Beständen erhöht. Innerhalb eines Jahres hätten die USA der Ukraine mit dieser vierten Lieferung insgesamt Waffen im Wert von 1,2 Milliarden Dollar zur Verfügung gestellt (Tagesschau).
12. März 2022
Lagebericht
Nachdem die russische Armee sich in den letzten Tagen neu formatiert und für Nachschub gesorgt hat, verstärkt sie nun zusehends den Druck auf die Ukraine. Dabei ist eine Verstärkung der Luftangriffe zu beobachten, die aus allen Landesteilen gemeldet werden. Neuerdings stehen auch Regionen in der Westukraine unter Beschuss. Auch in den Regionen um Kiew nehmen die Angriffe zu und die russische Armee rückt immer näher an die Hauptstadt heran, die sich inzwischen ebenfalls in einem Belagerungszustand befinde. Zudem wächst die Sorge vor einem belarussischen Eingreifen in den Krieg.
Da Russland offensichtlich gezielt Infrastrukturen und auch Wohngebäude und zivile Einrichtungen wie Schulen und Krankenhäuser bombardiere, nimmt die Zahl unter den zivilen Opfern immer mehr zu. Nach Meinung von Experten sei dies Teil der psychologischen Kriegsführung Russlands. Man wolle die ukrainische Bevölkerung zermürben und mit Schreckensbildern von zerstörten Städten wie in Mariupol in Angst und Schrecken versetzen. Indes kommen die Evakuierungen nur sehr schleppend voran. Gestern konnten nur rund 7000 Menschen aus umkämpften Städten in Sicherheit gebracht werden, vor allem aus den um Kiew gelegenen Vororten. Hunderttausende harren noch in den belagerten Städten aus. Auch heute sollen wieder Fluchtkorridore geöffnet werden, um möglichst viele Menschen aus den belagerten Städten in Sicherheit zu bringen. Insgesamt sind mittlerweile über 2.5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen, hinzu kommen rund 2 Millionen Binnenflüchtlinge. Über 120.000 Geflüchtete sind bislang in Deutschland angekommen. Die Ukraine gab bereits vor ein paar Tagen bekannt, seit Kriegsbeginn seien über 2000 ukrainische Zivilisten ums Leben gekommen. Heute teilte sie mit, dass zudem ungefähr 1300 ukrainische Soldaten getötet wurden.
Auch für Kiew vermeldet die Ukraine mittlerweile einen „Belagerungszustand”, knapp zwei Millionen Menschen befinden sich derzeit noch in der Hauptstadt, viele wollen bleiben, um bei der Verteidigung der Stadt mitzuhelfen. Der Druck auf Kiew verstärke sich vor allem an der nördlichen Stadtgrenze bei Sasymja, von Nordosten her sowie auch aus südlicher Richtung bei Wyschenky. Heftig umkämpft ist die strategisch wichtige Autobahn bei Welyka Dymerka, die nach Kiew führt. Die russische Armee versuche, die Verteidigung in den Regionen westlich von Kiew auszuschalten und rücke von vielen Seiten immer näher an die Hauptstadt heran, wie Satellitenbilder belegen. Noch ist der Ring um Kiew nicht ganz schlossen, es ist jedoch davon auszugehen, dass die Einkesselung nur noch eine Frage der Zeit sein wird. Auch in Kiew wird die Versorgungslage nun immer schlechter.
Die Stadt Tschernihiw im Nordosten gerät ebenfalls zunehmend unter Druck. Russische Einheiten versuchten, Vororte einzunehmen, um die Stadt aus südwestlicher Richtung zu blockieren. Eine wichtige Wasserleitung sei durch Beschuss beschädigt worden, die Großstadt mit 250.000 Einwohnern sei nun ohne Wasser.
Im Osten des Landes seien ukrainischen Angaben zufolge mittlerweile 70 Prozent des Gebietes Luhansk von russischen Truppen besetzt. Gleichzeitig kämen keine Fluchtkorridore für Menschen aus der Region zustande.
Die russischen Streitkräfte nehmen nun auch die Zentralukraine und den Westen des Landes ins Visier. Neben den gestrigen Angriffen auf Dnipro habe es auch Angriffe auf die Städte Luzk und Iwano-Frankiwsk gegeben. Diese befinden sich nördlich und südlich der Stadt Lwiw unweit der polnischen Grenze, in welche seit Kriegsbeginn Hundertausende Menschen geflüchtet sind vor den Angriffen. Somit muss sich nun auch Lwiw auf Angriffe der russischen Armee einstellen und die Geflüchteten sind auch dort nicht mehr sicher. Es gab bereits ersten Fliegeralarm.
Auch in der Südukraine setzt die russische Armee ihre Angriffe fort. Die Lage in Mariupol ist nach wie vor katastrophal, eine Evakuierung der Menschen konnte bislang nicht erfolgen. 300.000 Menschen sind in der Stadt eingeschlossen ohne jegliche Versorgung. Auch heute hat sich ein Hilfskonvoi aus Saporischschja mit mehr als zehn Bussen voller Lebensmittel und Medikamente wieder auf dem Weg nach Mariupol gemacht. Ungewiss ist, ob es dieses Mal gelingen wird, die Hilfsgüter in die völlig umzingelte Stadt zu bringen und auf dem Rückweg Menschen aus der Stadt zu evakuieren. Mariupol stand auch heute wieder unter Beschuss, nach ukrainischen Angaben soll es unter anderem auch Beschüsse neben der Moschee gegeben haben, das Gebäude selbst sei aber nicht getroffen worden. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenzen" warnt vor einer „unvorstellbaren Tragödie". Bereits jetzt sind 1500 Menschen dort ums Leben gekommen, die Toten könnten nicht einmal mehr begraben werden.
In der Stadt Mykolajiw soll die russische Armee eine Krebsklinik beschossen haben. In der besetzten Stadt Melitopol soll der Bürgermeister von russischen Soldaten entführt worden sein.
Schulz und Macron telefonierten mit Putin
Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben nach Angaben in einem Telefonat mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin einen sofortigen Waffenstillstand in der Ukraine gefordert. Das Gespräch mit Putin war nach Angaben aus Paris „sehr offen und auch schwierig". Der Kremlchef habe keinen Hinweis darauf gegeben, dass er beabsichtige, die Kämpfe in der Ukraine einzustellen (Tagesschau).
Ukraine befürchtet Lukaschenkos Kriegseintritt
Die ukrainische Armee meldet den Beschuss von grenznahen belarussischen Dörfern. Sie wirft Russland vor, mit Luftangriffen auf belarussische Dörfer einen Kriegseintritt des Nachbarlandes provozieren zu wollen. Russische Kampfflugzeuge sollen demnach von der Ukraine aus das Feuer auf belarussische Dörfer eröffnet haben. Russland versuche alles, um Belarus in den Krieg hineinzuziehen, sagte der stellvertretende ukrainische Innenminister. Das ukrainische Zentrum für Strategische Kommunikation erklärte, es könne nicht ausschließen, dass Belarus in Kürze einen Angriff starten werde. Laut US-Angaben gebe es allerdings derzeit keine Hinweise auf Bewegungen, die auf eine unmittelbar bevorstehende Beteiligung der belarussischen Streitkräfte schließen lassen (n-tv).
Bürgermeister der Stadt Melitopol von Russen entführt
Ukrainischen Angaben zufolge haben russische Soldaten den Bürgermeister der besetzten südukrainischen Stadt Melitopol, Iwan Fedorow, entführt. Iwan Fedorow sei am Freitag bei einem Besuch des Krisenzentrums von Melitopol von russischen Besatzern verschleppt worden, als er sich um Versorgungsfragen kümmern wollte, teilte das ukrainische Parlament mit. Er habe sich geweigert „mit dem Feind zu kooperieren". Das Büro der Staatsanwaltschaft in der von Moskau unterstützten Separatistenregion Luhansk teilte indes auf seiner Webseite mit, dass eine Strafsache gegen Federow vorliege. Zur Last gelegt würden ihm „terroristische Aktivitäten” und die Finanzierung einer nationalistischen Miliz namens Rechter Sektor, um „Terrorakte gegen Zivilisten im Donbass zu verüben”. Es werde nach Federow gefahndet, erklärte das Büro. Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die sofortige Freilassung des Bürgermeisters gefordert (Tagesschau).
Biden: Müssen Dritten Weltkrieg verhindern
Die USA und ihre Partner wollen eine direkte Konfrontation mit russischen Truppen um jeden Preis vermeiden. Präsident Biden schrieb auf twitter: „Wir werden in der Ukraine keinen Krieg mit Russland führen. Eine direkte Konfrontation zwischen der NATO und Russland ist der Dritte Weltkrieg - und etwas, das zu verhindern, wir uns bemühen müssen". Es dürfe keine Situation geben, in der die USA Flugzeuge oder Panzer mit amerikanischer Besatzung in die Ukraine schickten, sagte Biden. „Das muss man verstehen, da darf man sich nichts vormachen, egal was alle sagen - das heißt dann Dritter Weltkrieg”, sagte der Präsident (n-tv).
11. März 2022
Lagebericht
Die Stimmen von Militärexperten mehren sich, wonach die Angriffe der russischen Streitkräfte teilweise ins Stocken geraten. Da Russland die militärische Operation nur für wenige Tage angedacht habe, und nicht etwa für zwei Wochen oder gar mehr, gebe es nun vermehrt Probleme in Sachen Nachschub an Treibstoff, Verpflegung und Munition, so Ex-General Wolf-Dieter Langheld. Auch habe Russland nicht mit so vielen Verlusten gerechnet. Seit zwei, drei Tagen sei die russische Armee deshalb dabei, sich neu zu formieren und Nachschub zu besorgen. An mehreren Orten des Landes ist es der ukrainischen Armee nach eigenen Angaben gelungen, Angriffe der russischen Armee zurückzuhalten und auszubremsen. Aus anderen Regionen wiederum werden aber auch weitere Gebietseroberungen der russischen Armee vermeldet. So soll die Stadt Wolnowacha eingenommen worden sein. Aus Sicht Langhelds würden die russischen Truppen zwar sicher den einen oder anderen Erfolg noch verbuchen können, insgesamt gesehen würden sie diesen Krieg militärisch aber nicht mehr gewinnen, so seine Meinung. Andere Experten weisen hingegen auf die nach wie vor grundsätzliche Überlegenheit der russischen Armee hin, infolge derer Russland den Krieg früher oder später gewinnen werde.
Was die Evakuierung von Menschen über Fluchtkorridore anbelangt, seien diese in der vergangenen zwei Tagen in einigen Städten erfolgreich eingerichtet worden. Insgesamt wurden 100.000 Menschen aus umkämpften Gebieten in Sicherheit gebracht. Die meisten aus den Vororten Kiews sowie den Städten Sumy im Nordosten und Isjum im Osten. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, dass „humanitäre Korridore für die Russische Föderation von nun an einseitig jeden Tag geöffnet werden”. Die Menschen könnten entweder nach Russland oder in andere Städte der Ukraine reisen. Dabei gehe es um die Hauptstadt Kiew, Sumy, Charkiw, Mariupol und Tschernihiw.
In der Region um Kiew hat die Waffenruhe für die Evakuierung von Menschen weitgehend gehalten. In der Hauptstadt ist die Versorgungslage vergleichsweise noch besser als in anderen umkämpften Städten. Der russischen Armee ist es noch nicht gelungen, den Ring um Kiew zu schließen. Die erwartete Großoffensive blieb bislang aus. Der 60 Kilometer lange Militärkonvoi nordwestlich vor Kiew soll nun jedoch offenbar weitgehend aufgelöst und verlagert worden sein. Panzer und gepanzerte Fahrzeuge seien teilweise in Orte rund um den Antonow-Flughafen nördlich von Kiew oder in die umliegenden Wälder gefahren. Artilleriegeschütze (Haubitzen) seien in Stellung gegangen, um das Feuer zu eröffnen. Sie erzielen eine Reichweite von bis zu 40 Kilometern. Ziel der russischen Armee sei es nun laut ukrainischem Generalstab, die Verteidigungsanlagen bei Kuchari, 90 Kilometer nordwestlich von Kiew gelegen, sowie bei Demidow, 40 Kilometer nördlich der Stadt, zu durchbrechen.
Im Norden des Landes seien russische Truppen dabei gestoppt worden, in die Stadt Tschernihiw vorzudringen. Rund um die Stadt Charkiw im Nordosten des Landes habe Russland seine Versuche fortgesetzt, die Stadt von Norden her zu blockieren, was jedoch nicht gelungen sei. Charkiw leide nach ukrainischen Angaben unter Dauerbeschuss.
Im Osten des Landes hätten die von Russland unterstützen Separatisten nach Militärangaben aus Moskau die seit Tagen eingekesselte Stadt Wolnowacha unter ihre Kontrolle gebracht. Eine Bestätigung von ukrainischer Seite gab es zunächst nicht. Die Truppen der „Volksrepublik Donezk” hätten zudem vier weitere Ortschaften eingenommen und seien insgesamt sechs Kilometer weit in ukrainisches Gebiet vorgedrungen, sagte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums.
Die russische Armee hat nun auch Angriffe in der Zentralukraine gestartet. In der Stadt Dnipro seien bei drei Luftangriffen am frühen Morgen unter anderem auch ein Kindergarten, ein Wohnhaus und eine Schuhfabrik getroffen worden. Die Stadt mit etwa einer Million Einwohnern war bislang von größeren russischen Angriffen verschont geblieben.
Im südlich gelegenen Mariupol ist die Einrichtung eines Fluchtkorridors abermals gescheitert. Der fortwährende Beschuss der Stadt habe erneut einen Hilfstransport daran gehindert, dringend benötigte Güter zu den eingeschlossenen Einwohnern bringen zu können. Die Lage ist weiterhin dramatisch, die Versorgungslage komplett zusammengebrochen. Die Hafenstadt wird nach ukrainischen Angaben unaufhörlich von russischer Seite beschossen.
Im Süden des Landes hätten die russischen Streitkräfte versucht, an den von ihnen erreichten Punkten weiter Fuß zu fassen, die Kontrolle über die Stadt Mykolayiw zu erlangen und eine Offensive in Richtung Saporischschja und Krywyj Rih zu entwickeln, heißt es in einem ukrainischen Bericht. Die russischen Truppen seien jedoch gestoppt worden.
UN: Rund zwei Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht
Neben den 2,5 Millionen Menschen, die bislang bereits aus der Ukraine geflüchtet sind, haben nach Schätzung der Vereinten Nationen weitere rund 2 Millionen wegen des Krieges ihre Wohnorte verlassen. Die meisten dieser Binnenvertriebenen bewegten sich weg von den Kampfgebieten in Richtung der Stadt Lwiw, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric. Bisher sei es den Vereinten Nationen und ihren Partner gelungen, mehr als 500.000 Menschen mit Essen, Decken und Medikamenten zu versorgen. Das Welternährungsprogramm habe gut 3 Millionen Menschen zu unterstützen, sagte Dujarric.
Sorge um weltweite Ernährungssicherheit infolge des Krieges
Der Krieg in der Ukraine hat die Getreide-Preise in Rekordhöhen getrieben. Weizen-Exporte im Wert von etwa 35 Millionen Tonnen könnten wegfallen. Fast 30 Prozent der weltweiten Weizen-Exporte stammten bisher aus der Ukraine und Russland. Hinzu kommen hohe Weltmarktanteile bei Gerste, Mais und Sonnenblumenöl. Sofern der Krieg nicht in einer Woche zu Ende sei, könnte die Aussaat in der Ukraine nicht erfolgen und die Ernte falle aus, so der ukrainische Agrarminister. Heute beraten sich deshalb die Agrarminister der G7-Staaten, unter anderem auch Bundeslandwirtschaftsminister Özdemir, sowie die Ukraine über die globale Ernährungssicherheit angesichts des russischen Angriffs. Auch die Vereinten Nationen warnen vor dramatischen Folgen im Hinblick auf die weltweite Ernährungssituation, Millionen Menschen in den Entwicklungsländern drohe Unterernährung (Deutschlandfunk).
EU-Gipfel zur Ukraine in Versailles
Auf dem gestrigen EU-Gipfel sagte die EU der Ukraine weitere 500 Millionen Euro für Waffen und humanitäre Hilfen zu. Die Staats- und Regierungschefs sind sich ferner grundsätzlich einig, ihre Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland verringern zu wollen. Die Ansichten gehen allerdings auseinander, wie schnell dies erfolgen kann. Auch bei der Frage nach einer gemeinsamen Verschuldung, um die Verteidigungsbereitschaft oder die Umstellung auf erneuerbare Energien zu bezahlen, gingen die Meinungen auseinander. Kiews Hoffnungen auf einen schnellen EU-Beitritt der Ukraine wurden gedämpft. Ein Eilverfahren gibt es nicht, sagte der niederländische Regierungschef Mark Rutte: „Das ist jetzt im Prozess, und wir haben das beschleunigt. Aber das wird Monate, wenn nicht Jahre dauern, bis man etwas erreicht.“ Jedoch sollen die Bindungen weiter gestärkt und die Partnerschaft vertieft werden, um die Ukraine auf ihrem europäischen Weg zu unterstützen. „Die Ukraine gehört zu unserer europäischen Familie”, heißt es in der Abschlusserklärung (Tagesschau).
Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats: Vorwürfe zu Chemiewaffen
Auf Anfrage Russland findet heute eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats in New York statt. Erörtert werden sollen auf Antrag Russlands „die militärisch-biologischen Aktivitäten der USA auf dem Territorium der Ukraine", Die Vereinigten Staaten sehen die russischen Behauptungen als „Propaganda" und möglichen Vorwand, selbst Massenvernichtungswaffen im Ukraine-Krieg einzusetzen.
Großbritannien hat der Führung in Moskau bei der heutigen Sitzung den Missbrauch des UN-Sicherheitsrats vorgeworfen: „Wir sitzen nicht in diesem Saal, um ein Publikum für russische innenpolitische Propaganda zu sein", sagte die britische UN-Botschafterin Barbara Woodward. „Wir sollten nicht zulassen, dass Russland seinen ständigen Sitz missbraucht, um Desinformationen und Lügen zu verbreiten und den Zweck des Sicherheitsrats zu verfälschen." Es gebe keinen Hauch glaubwürdiger Beweise dafür, dass die Ukraine ein Biowaffenprogramm besitze (Tagesschau).
Putin will „freiwillige” Kämpfer in die Ukraine entsenden
Laut Putin wollen angeblich 16.000 „freiwillige" Kämpfer aus dem Nahen Osten für Moskau in den Kampf ziehen und die russische
Armee unterstützen. Der russische Präsident Putin hat angeordnet, die Entsendung dieser Kämpfern in die Ukraine zu erleichtern.
„Wenn man sieht, dass es Menschen gibt, die auf freiwilliger Basis helfen wollen, dann muss man ihnen auf halbem Weg entgegenkommen und ihnen helfen, in die Kampfgebiete zu ziehen", sagte Putin (Spiegel).
USA: 14 Milliarden Dollar für Ukraine-Hilfen
Nach dem US-Repräsentantenhaus billigte auch der Senat den Etat der Regierung für das verbleibende Haushaltsjahr inklusive humanitärer und militärischer Hilfe für die Ukraine. Für die Ausgaben im restlichen Haushaltsjahr sind fast 14 Milliarden Dollar an direkten Hilfen für die Ukraine sowie Maßnahmen zur Bewältigung der Auswirkungen des Konflikts vorgesehen. Das Paket „wird Nahrungsmittel, Medikamente, Unterkünfte, Unterstützung für die mehr als zwei Millionen Flüchtlinge und Ressourcen für die zerstörte ukrainische Wirtschaft bereitstellen”. Auch weitere Waffenlieferungen an die ukrainischen Streitkräfte wie Raketenwerfer seien enthalten (n-tv).
Facebook und Instagram tolerieren Gewaltaufrufe gegen russisches Militär
Der US-Konzern Meta ändert vorübergehend die Regeln für Hassrede auf Facebook und Instagram. Vorübergehend nicht mehr sanktioniert werden Aufrufe zur Gewalt gegen russische Soldaten. Aufrufe wie „Tod den russischen Eindringlingen“ würden nicht gesperrt, heißt es in einem Beispiel. Aufrufe zur Gewalt gegen russische Zivilisten seien aber weiter untersagt. Die Regeländerungen sind vorübergehend und gelten lediglich für Nutzer in Armenien, Aserbaidschan, Estland, Georgien, Ungarn, Lettland, Litauen, Polen, Rumänien, der Slowakei, der Ukraine und auch Russland (heise).
Youtube sperrt Leugner der russischen Invasion
Youtube sperrt fortan Kanäle, in denen der Angriff Russlands auf die Ukraine geleugnet wird. „Unser Gemeinschaftsrichtlinien verbieten Inhalte, die gut dokumentierte gewalttätige Ereignisse leugnen, verharmlosen oder trivialisieren", sagte ein Youtube-Sprecher der Deutschen Presse-Agentur. Deshalb entferne man Inhalte über die russische Invasion in der Ukraine, die gegen diese Richtlinien verstoßen. „Im Einklang damit sperren wir ab sofort auch Youtube-Kanäle, die mit russischen staatlich finanzierten Medien in Verbindung stehen - und zwar weltweit” (Tagesschau).
10. März 2022
Lagebericht
Die Kämpfe in der Ukraine gehen unvermindert weiter. Ukrainische Behörden meldeten den Beschuss mehrerer Städte. Die russische Armee konzentriere sich auf zwei Schwerpunkte: auf den Süden des Landes und auf die Region um die Hauptstadt Kiew, da militärisch betrachtet die Kräfte für eine Gesamtbesetzung der Ukraine nicht ausreichen würden, so der frühere Bundeswehrgeneral Erich Vad. Im Süden werde die Schwarzmeerküste mittlerweile nahezu komplett von der russischen Armee kontrolliert. Sie stehe kurz vor Odessa. Außerdem sei es den russischen Streitkräften gelungen, eine Landverbindung aus der Krim in den Donbass herzustellen. Im Norden rückten die Russen derzeit von zwei Seiten aus mit Marschkolonnen in Richtung Kiew vor. Die Russen würden weiter auf Zeit spielen, so Vad, und ließen damit auch zu, dass Zivilisten die Großstädte über Fluchtkorridore verlassen könnten, da sie auch innenpolitisch Druck hätten. Viele Russen würden in den Ukrainern ein Brudervolk sehen. Nach wie vor mehren sich die Meldungen über russischen Beschuss von Wohngebieten und zivilen Einrichtungen. Gestern hatte der Angriff auf eine Geburtsklinik weltweit Entsetzen ausgelöst.
Mindestens 35.000 Zivilisten seien gestern aus von russischen Truppen belagerten Städten über Fluchtkorridore in Sicherheit gebracht worden, so Präsident Selenskyj. Drei humanitäre Korridore hätten es den Bewohnern ermöglicht, die Städte Sumy im Nordosten, Enerhodar im Südosten und Gebiete um die Hauptstadt Kiew zu verlassen. Heute sollen offenbar sieben Fluchtkorridore geöffnet werden.
Aus Kiew konnten gestern rund 18.000 Einwohner die Stadt verlassen. Seit Beginn der Eskalationen haben knapp zwei Millionen Bewohner die Hauptstadt verlassen. Derweil rücken die russischen Streitkräfte näher an die Stadt heran. Neben dem nördlich von Kiew positionierten Militärkonvoi ist ein weiterer Konvoi hinzugekommen, der sich von Osten her auf Kiew zubewegt. Binnen weniger Tage habe sich die Frontlinie rund um die ukrainische Hauptstadt deutlich verschoben.
In nördlich gelegenen Sumy kam es in der Nacht weiter zu Angriffen. Russische Flugzeuge hätten die Umgebung der nordostukrainischen Großstadt Sumy bombardiert. Auch in der Stadt Ochtyrka südlich von Sumy seien erneut Wohngebiete beschossen worden. Immerhin konnten gestern wieder einige Tausend Einwohner über Fluchtkorridore die Stadt verlassen.
Die Situation in Mariupol im Süden ist weiter dramatisch. Die Stadt bleibt von russischen Truppen eingekesselt. Die über 400.000 Einwohner der Stadt sind eingeschlossen. Die Versorgungslage ist extrem kritisch. Mehrere Evakuierungsversuche sind zuletzt gescheitert. Weltweites Entsetzen hatte der gestrige Beschuss einer Geburtsklinik ausgelöst. Der Bürgermeister gab bekannt, dass bislang 1.200 Menschen in Mariupol getötet worden seien. Im Zuge der heute geöffneten Fluchtkorridore sollten auch Menschen aus Mariupol in Sicherheit gebracht werden. Allerdings musste der Hilfskonvoi wegen anhaltendem Beschuss abermals umkehren.
Auch die russischen Einheiten rund um die südukrainische Großstadt Mykolajiw würden verstärkt. Der Bürgermeister berichtete von Beschüssen aus nördlicher Richtung. Angriffe gebe es zudem in der Region um die Großstadt Charkiw im Osten des Landes. Auch auf die Stadt Isjum und die nahen Dörfer Petrivke und Hruschuwacha wurden Beschüsse gemeldet.
Weltweites Entsetzen nach Angriff auf Klinik
Ein russischer Luftangriff auf eine Entbindungsklinik in der belagerten ukrainischen Stadt Mariupol hat weltweit Entrüstung ausgelöst. UN-Generalsekretär António Guterres sprach von einer „entsetzlichen” Tat und forderte, die sinnlose Gewalt müsse aufhören. Auch die Europäische Union hat den russischen Bombenangriff auf die Klinik als „schreckliches Kriegsverbrechen” verurteilt. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sagte in einer Videobotschaft: „Was für ein Land ist das, die Russische Föderation, die Angst hat vor Krankenhäusern, Angst hat vor Entbindungskliniken und sie zerstört?” Nach Zählung der Weltgesundheitsorganisation sind seit Beginn des Kriegs in der Ukraine mindestens 18 Kliniken, andere Gesundheitseinrichtungen oder Krankenwagen angegriffen worden (Tagesschau).
Verhandlungen in der Türkei – Kein Fortschritt
Die Außenminister Russlands und der Ukraine, Sergej Lawrow und Dmytro Kuleba, sind zu Verhandlungen in der Türkei zusammengekommen. Seit Kriegsbeginn ist es das erste hochrangige Treffen auf Regierungsebene. Bisher waren nur Unterhändler der Ukraine und Russlands im Dialog. Bei dem Gespräch gab es nach Angaben beider Seiten aber keine Fortschritte. Es konnte keine Waffenruhe vereinbart werden, die Bemühungen sollen aber weitergehen. Moskau werde „von der Ukraine keine Kapitulation bekommen", so Kuleba. Sein Eindruck sei, dass Russland derzeit nicht in der Position sei, eine Waffenruhe herzustellen. Russland werde seine Aggression fortsetzen, bis die Ukraine die Forderungen erfüllt habe. Über eventuelle weitere hochrangige Treffen werde im Rahmen der Verhandlungen in Belarus beraten, so Lawrow. Russland habe der Ukraine Vorschläge unterbreitet, nun warte er auf eine Antwort. Ferner warf Lawrow dem Westen gefährliches Verhalten vor: Die Ukraine werde mit tödlichen Waffen versorgt, und es sei unklar, wem die gelieferten Raketenwerfer in die Hände fallen könnten. „Wir sehen, wie gefährlich unsere westlichen Kollegen, einschließlich der Europäischen Union, jetzt handeln.” (Tagesschau)
Aktuell vertreten die Länder folgende Positionen: Präsident Selenskyj bietet einen Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft, die Unabhängigkeit des Donbass, die Zuschreibung der Krim zu Russland und die Neutralität der Ukraine an. Gleichzeitig fordert er die Souveränität der Ukraine und Sicherheitsgarantien des Westens. Präsident Putin fordert die Neutralität und den Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt, die Anerkennung der Krim und der Separatistengebiete durch die Ukraine und vor allem die Kapitulation der Ukraine (ZDF).
Russland verhängt Exportverbot für Hunderte Produkte – Öl und Gas sollen weiter fließen
Russland hat als Reaktion auf die westlichen Sanktionen ein Exportverbot für mehr als 200 Produkte verhängt, teilte die Regierung in Moskau mit. Das Verbot betrifft den Angaben zufolge Bereiche wie Telekommunikation und Medizin, Fahrzeuge, Landwirtschaftsmaschinen und elektrische Geräte. Auch Lokomotiven, Turbinen oder Bildschirme stehen auf der Verbotsliste. Zudem dürften auch eine Reihe von Hölzern nicht mehr in „unfreundliche” Staaten exportiert werden. Wichtige russische Exportgüter sind nicht von der Regelung betroffen, etwa Erdöl und Gas (ZEIT).
Russland beendet Arbeit im Europarat
Als Reaktion auf die Suspendierung Russlands aus dem Europarat kündigt das Land die Arbeit in dem Gremium auf. Dies teilte das russische Außenministerium in Moskau mit. Der Kreml wirft der NATO und den EU-Staaten vor, den Sinn des Europarats auszuhöhlen. „Russland wird sich nicht an der Umwandlung der ältesten Organisation Europas durch die NATO und die ihr gehorsam folgende EU in eine weitere Plattform für westliche Vorherrschaft und Narzissmus beteiligen. Sie sollen Spaß an der Kommunikation untereinander haben, ohne Russland”, hieß es in einer Mitteilung. Derzeit gehören der 1949 gegründeten Organisation 47 Länder an, darunter auch Russland und die Ukraine. Russland wurde jedoch wegen des Angriffskriegs in der Ukraine am 25.2.2022 suspendiert (n-tv).
USA verlegen „Patriot”-Abwehrraketen von Deutschland nach Polen
Die USA haben vorsorglich zwei „Patriot”-Raketensysteme von Deutschland nach Polen verlegt. Sie seien in Polen positioniert worden. Pentagon-Sprecher John Kirby betonte, dass die Verlegung nicht durch ein bestimmtes Ereignis oder eine bestimmte Handlung seitens der Russen ausgelöst worden sei. Aber angesichts des Kriegs in der Ukraine - Polens Nachbarland – seien die „Patriots” am besten geeignet, NATO-Gebiet zu verteidigen. „Patriots” können Flugzeuge, Hubschrauber und Raketen auch in großer Höhe ausschalten (Tagesschau).
USA warnen vor russischem Einsatz von Massenvernichtungswaffen
Die US-Regierung warnt in klaren Worten vor einer neuen Eskalationsstufe im russischen Angriffskrieg auf die Ukraine. Die Rede ist von einem möglichen russischen Einsatz chemischer oder biologischer Waffen. Mit der Verbreitung von Falschinformationen wolle Russland den Weg dafür bereiten, den ungerechtfertigten Angriffskrieg in der Ukraine weiter zu eskalieren. Dabei folge Russland einem klaren Verhaltensmuster – entweder um selbst Massenvernichtungswaffen einzusetzen, oder um einen Angriff durch die Ukrainer vorzutäuschen (Spiegel).
Wirtschaftsminister Habeck warnt vor dramatischen Folgen bei sofortigem Ölverzicht
Ein breites Bündnis aus Experten und Aktivisten verlangt das Ende von Gas-, Öl- und Kohlelieferungen aus Russland in die Europäische Union. Wirtschaftsminister Robert Habeck erklärte, warum eine solche Entscheidung in Deutschland nicht so leicht zu treffen ist. „Wir können nur Maßnahmen beschließen – und ich kann sie nur verantworten –, von denen ich weiß, dass wir sie auch durchhalten und dass sie nicht zu schweren wirtschaftlichen Schäden in Deutschland führen. Und das wäre der Fall, wenn wir Öl, Kohle, Gas sofort nicht mehr ins Land lassen würden.” Er sei „emotional bei allen Menschen” – aber: „Mein Job ist im Moment nicht, emotional zu handeln, sondern abgewogen, informiert und so umsichtig, dass dieses Land diese schwere Zeit überstehen kann, um dann auch der Ukraine immer wieder helfen zu können” (ZDF).
Gauck: „Wir können auch einmal frieren für die Freiheit”
Der frühere Bundespräsident Joachim Gauck sprach sich in der Sendung „Maischberger. Die Woche” für einen Stopp russischer Energie-Importe angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine aus. „Also, ich kann mir das sehr gut vorstellen”, sagte Gauck. Die Verluste an Wohlstand seien zu ertragen. „Wir können auch einmal frieren für die Freiheit. Und wir können auch einmal ein paar Jahre ertragen, dass wir weniger an Lebensglück und Lebensfreude haben" (n-tv).
Bundesinnenministerium: Bislang 200.000 Unterkünfte für Ukraine-Flüchtlinge
Für die Geflüchteten aus der Ukraine stehen der Bundesregierung zufolge bisher insgesamt 200.000 private und öffentliche Unterkünfte in Deutschland zur Verfügung. „Wir sind dabei, diese Angebote auf einer digitalen Plattform zugänglich zu machen. Diese wird sehr bald verfügbar sein”, so das Innenministerium. Fragen und Antworten zur Einreise aus der Ukraine (Bundesinnenministerium).
9. März 2022
Lagebericht
Während die russische Armee weiterhin die Belagerungsringe um die Hauptstadt Kiew und weitere große Städte zuzieht und die Bombardements weitergehen, sind seit gestern für erste Städte humanitäre Korridore geöffnet worden, um zumindest einen Teil der Einwohner in Sicherheit bringen zu können. Bislang funktionierten die Fluchtkorridore nur für die nördlich von Kiew gelegenen Städten Sumy und Irpin. Mehrere Tausend Menschen konnten die Städte verlassen. Sie wurden in das zentralukrainische Poltawa etwa 170 Kilometer südlich gebracht, in eine Region, die bisher weitgehend vom Krieg verschont wurde. Allerdings kamen auf der Flucht auch Zivilisten zu Tode, da die russische Seite offenbar teilweise trotz Feuerpause die Fluchtkorridore beschossen hat. Für heute hat Russland erneut Fluchtkorridore für sechs ukrainischen Städte geöffnet. Präsident Selenskyj teilte mit, derzeit würden rund 18.000 Menschen aus der Hauptstadt Kiew und den umkämpften Städten in deren Nähe evakuiert.
Die Belagerung um die ukrainische Hauptstadt Kiew schreitet weiter voran. War es in der Stadt selbst in den letzten Tagen etwas ruhiger geworden, hat es heute am Morgen wieder Luftalarm gegeben. Die Einwohner sollten sich in die Schutzräume begeben, es bestehe die Gefahr von Raketenangriffen. Soweit die Lage es zulässt, nutzt Kiew die Zeit, sich weiter für den erwarteten Großangriff zu rüsten. Auch hat ebenfalls in der Haupstadt die Evakuierung von Einwohnern begonnen.
In der nordöstlich von Kiew gelegenen Stadt Sumy wurde der gestern gestartete humanitäre Korridor zur Evakuierung von Einwohnern auch heute aufrecht erhalten. Gestern hätten etwa 5.000 Menschen in Bussen über den Korridor die im Nordosten gelegene Stadt verlassen. Außerdem hätten sich etwa 1.000 Autos auf den Weg in die ukrainische Stadt Poltawa gemacht, teilte ein Regionalgouverneur mit.
Auch in Irpin besteht für Einwohner heute wieder eine Möglichkeit, sich über einen Fluchtkorridor aus der Stadt in Sicherheit zu bringen. Über eine improvisierte Brücke konnten gestern 3.000 Menschen die Stadt verlassen.
Die Lage im südlichen Mariupol ist indes katastrophal. Internationale Beobachter sprechen von einer humanitären Katastrophe. In der belagerten Großstadt herrscht Hunger, es gibt kaum noch Lebensmittel und Trinkwasser. Menschen brechen auf der Suche nach Essbarem in Geschäfte ein, einige schmelzen Schnee, um Wasser zu haben. Tausende drängen sich in Kellern, um Schutz vor den Granaten zu finden. Heute wurde nach Angaben des Stadtrats nun auch noch ein Geburtskrankenhaus durch russische Luftangriffe zerstört.
Die Stadt mit rund 430.000 Einwohnern ist eingekreist. Versuche, Zivilisten zu evakuieren und dringend benötigte Medizin, Nahrung und Wasser nach Mariupol zu bringen, sind bislang weitgehend gescheitert. Ukrainische Regierungsbeamte erklärten, russische Streitkräfte hätten den Hilfskonvoi beschossen, der sich auf dem Weg in die Stadt befand, um auf dem Rückweg Einwohner aus der Stadt in Sicherheit zu bringen.
Die bereits vor einigen Tagen eingenommene Seehafenstadt Cherson meldet erste Festnahmen von Demonstranten. Nach Angaben des ukrainischen Militärs haben Mitglieder der russischen Nationalgarde mehr als 400 Demonstranten in der ukrainischen Region Cherson festgenommen. Die Menschen hätten gegen die Besetzung ihrer Heimatorte protestiert. „Aufgrund des wütenden Widerstands der Bewohner von Cherson versuchen die Besatzer, eine von der Polizei geführte Verwaltung einzurichten", hieß es in einer Erklärung des ukrainischen Militäroberkommandos.
Verhandlungspositionen: Welche Forderungen stellen die Ukraine und Russland?
Präsident Selenksyj bietet einen Verzicht auf eine NATO-Mitgliedschaft, die Unabhängigkeit des Donbass, die Zuschreibung der Krim zu Russland und die Neutralität der Ukraine an. Gleichzeitig fordert er die Souveränität der Ukraine und Sicherheitsgarantien des Westens. Präsident Putin fordert die Neutralität und den Verzicht der Ukraine auf einen NATO-Beitritt, die Anerkennung der Krim und der Separatisten-Gebiete durch die Ukraine und vor allem die Kapitulation der Ukraine (ZDF).
Russisches Außenministerium: Ziel ist es nicht, die ukrainische Regierung zu stürzen
Nach Angaben des russischen Außenministeriums strebt Russland nicht den Sturz der ukrainischen Regierung an. In den Verhandlungen mit Vertretern der ukrainischen Regierung über eine Beilegung des Konflikts seien „einige Fortschritte erzielt worden”, sagte die Sprecherin des Außenministeriums Maria Sacharowa am Mittwoch. Die russischen Truppen hätten nicht den Auftrag, „die aktuelle Regierung zu stürzen” (Der Tagesspiegel).
Über 20.000 ausländische Kämpfer unterstützen ukrainische Armee
Den rund 200.000 ukrainischen Soldaten haben sich mittlerweile rund 22.000 ausländische Kämpfer angeschlossen, die die ukrainische Armee in ihrem Verteidigungskampf unterstützen wollen. Ukraines Präsident Selenskyj hatte schon zu Anfang des Krieges dazu aufgerufen, die Ukraine zu unterstützen und eine internationale Armee zu bilden. Auch Hunderte Bundesbürger haben sich einem Medienbericht zufolge als freiwillige Kämpfer bei der ukrainischen Armee gemeldet. Aktuell sollen knapp 1.000 Deutsche in der Ukraine im Einsatz sein. Ansonsten kämen die vorwiegend jungen Männer zu großen Teilen aus Osteuropa (Berliner Zeitung).
USA lehnen polnisches Kampfjet-Angebot ab
Das polnische Außenministerium hatte gestern erklärt, die Regierung sei bereit, alle Kampfflugzeuge vom Typ MiG-29 auf den US-Luftwaffenstützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz zu verlegen und die Maschinen den USA zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig ersuche man die USA, dem Land gebrauchte Flugzeuge mit entsprechender Einsatzfähigkeit zu überlassen, hieß es. Über diesen Umweg hätten die Kampfflugzeuge der Ukraine zur Verfügung gestellt werden können. Das US-Pentagon lehnte den Vorschlag aber als „nicht haltbar” ab. Die Vorstellung, dass Kampfflugzeuge, die dem US-Militär übergeben worden seien, im Krieg mit Russland von einem US- beziehungsweise NATO-Stützpunkt in Deutschland in den umkämpften ukrainischen Luftraum flögen, werfe „ernsthafte Bedenken für das gesamte NATO-Bündnis auf”. Die NATO lehnt das polnische Angebot ebenso ab wie die Deutsche Bundesregierung (Tagesschau).
Ukraines Präsident Selenskyj: Sicherheitsgarantien statt NATO-Beitritt
Da die Allianz nicht bereit sei, die Ukraine im Verlauf der nächsten mindestens 15 Jahre aufzunehmen, sei es daher an der Zeit, bis zu einer Aufnahme in die NATO über Sicherheitsgarantien zu sprechen. Russland müsse zweifelsfrei bestätigen, dass es die ukrainische Staatlichkeit anerkenne und garantieren, „dass es unseren Staat nicht bedrohen wird“. Garantiestaaten könnten die USA, die Türkei und die Nachbarstaaten der Ukraine werden, so Selenskyj. Gesprächsbereit zeigten sich Selenskyj und seine Partei auch bei der Frage nach dem zukünftigen Status der Separatistengebiete im Donbass sowie der russisch besetzten Krim (Tagesschau).
DIW-Präsident: Staatspleite Russlands sehr wahrscheinlich
Der Präsident des Berliner DIW-Instituts, Marcel Fratzscher, hält eine Staatsschuldenpleite Russlands in den kommenden Monaten für sehr wahrscheinlich. Aufgrund der westlichen Sanktionen wegen des Kriegs gegen die Ukraine bestehe ein hohes Risiko, dass Russland seine Schulden bei internationalen Investoren nicht bediene, sagte Fratzscher. Bei einem Zahlungsausfall könne es zu Verwerfungen auf den Finanzmärkten kommen. Durch die Sanktionen bestehe kein freier Zugriff mehr auf die Geldreserven. „Ich befürchte eine Ausweitung des Konflikts auf das globale Finanzsystem, bei dem Russland und seine Partner versuchen werden, Verwerfungen zu verursachen, um der Wirtschaft des Westens zu schaden” (ZDF).
Neue EU-Sanktionen gegen Russland und Belarus
Als Reaktion auf Russlands militärische Aggression gegen die Ukraine werde die EU die Sanktionen weiter ausbauen, so EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Dazu gehöre eine weitere Auflistung von Personen, deren Vermögenswerte in der EU eingefroren werden, ein Verbot für die Ausfuhr von Schifffahrtsausrüstung sowie der Ausschluss dreier belarusischer Banken aus dem Bankenkommunikationssystem SWIFT (Tagesschau).
8. März 2022
Lagebericht
Dem ukrainischen Generalstab zufolge zieht Russland weiterhin Soldaten und militärische Ausrüstung an den Fronten um Kiew im Norden, um Mariupol im Süden und Charkiw im Nordosten zusammen. Nach US-Angaben ist Russland inzwischen mit nahezu allen für den Einmarsch in die Ukraine vorgesehenen Truppen in das Land eingerückt. Das entspricht rund 150.000 Soldaten, die vor Kriegsbeginn an den Grenzen zur Ukraine aufmarschiert waren. Nach ukrainischen Angaben seien bislang rund 11.000 russische Soldaten getötet worden, darunter offenbar auch zwei russische Generäle. Ferner meldet die ukrainische Armee, sie habe um die 200 Panzer, über 800 Militärfahrzeuge sowie 50 Flugzeuge und Hubschrauber zerstört. Aus unabhängigen Quellen sind die Zahlen jedoch nicht zu bestätigen. Laut US-Angaben belaufe sich die Zahl der Opfer in der ukrainischen Armee auf rund 1.500 Soldaten. Nach Angaben aus Kiew seien ferner um die 2.000 ukrainische Zivilisten getötet worden, nahezu ebenso viele Verletzte kämen hinzu, darunter auch viele Frauen und Kinder. Auf rund 10 Milliarden US-Dollar schätzt der ukrainische Infrastrukturminister bislang die Schäden am Verkehrssystem im Land aufgrund des russischen Angriffs. Betroffen seien etwa Brücken, Eisenbahn und Flughäfen.
Bei der gestrigen Sitzung des UN-Sicherheitsrats sowie auch in der dritten Verhandlungsrunde zwischen den russischen und ukrainischen Delegationen in Belarus wurde weiter über eine Feuerpause verhandelt, um Menschen evakuieren zu können. Die bereits für gestern geplante Schaffung humanitärer Korridore für mehrere Städte in der Ukraine soll heute erfolgen. Russland halte am Dienstagmorgen in der Ukraine eine Feuerpause ein, so der UN-Botschafter.
Es würden Fluchtkorridore geöffnet, die aus den Städten Kiew, Charkiw, Mariupol, Sumy und Tschernihiw führten, sagte Nebensja am Montag vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Ukraines Präsident Selenskyj zeigte sich skeptisch über die Ernsthaftigkeit der Ankündigung Russlands. Wie das russische Verteidigungsministerium mitteilte, sei sie Feuerpause heute früh in Kraft getreten und die Fluchtkorridore seien geöffnet worden. Jedoch konnte bislang nur die Evakuierung einiger Tausend Menschen aus Sumy und Irpin durchgeführt werden. Die Fluchtroute aus der Stadt Mariupol sei vermint gewesen.
Kiew bereitet sich weiter auf die erwartete Großoffensive Russlands auf die Hauptstadt vor. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj will trotz der Kämpfe um Kiew die Stadt weiterhin nicht verlassen; ebenso der Bürgermeister Vitali Klitschko. Russische Truppen stehen nordwestlich von Kiew und versuchen nun, neben dem Vorrücken aus dem Norden auch von Westen aus in Richtung Hauptstadt voranzukommen.
Auch Sumy im Nordosten der Ukraine mit seinen 250.000 Einwohnern ist seit mehreren Tagen Schauplatz heftiger Kämpfe. Heute Vormitttag wurde damit begonnen, Einwohner über die eingerichteten Korridore in Sicherheit zu bringen. Einige Tausend Menschen aus Sumy konnten die Stadt verlassen.
Aus der Stadt Irpin konnten nach Behördenangaben bisher etwa 3.000 Menschen in Sicherheit gebracht worden. Wie der ukrainische Katastrophenschutz mitteilte, dauere die Evakuierung der Stadt weiter an.
In der von Russland belagerten Hafenstadt Mariupol im Süden spitzte sich die Lage in den vergangenen Tagen ebenfalls weiter zu. „Es gibt keine Straße ohne kaputte Fenster, zerstörte Wohnungen oder Häuser”, so der Stadtrat. Die Stadt sei ohne Strom, Wasser und Gas. Die Stadt bereitet sich auf die angekündigte Evakuierung vor. Acht Lastwagen und 30 Busse seien in Richtung Mariupol unterwegs, um humanitäre Hilfe in die Stadt zu liefern und auf dem Rückweg Zivilisten nach Saporischschja in Sicherheit zu bringen, teilte der Sprecher des Außenministeriums mit. Doch abermals sei die Evakuierung aus Mariupol gescheitert; die Fluchtroute aus der Stadt sei vermint gewesen.
In der ebenfalls heftig umkämpften Stadt Charkiw im Nordosten wird die Versorgungslage ebenfalls immer schlimmer. Die Bewohner trauen sich kaum mehr aus den Häusern, um Lebensmittel zu besorgen. Die Regierung hat die Bevölkerung angewiesen, angesichts des Beschusses möglichst in ihren Häusern zu bleiben. Ohnehin haben immer mehr Läden geschlossen. Grundnahrungsmittel werden immer knapper, es gebe kaum noch Brot oder Mehl.
Die westukrainische Stadt Lwiw sei zu einem Zufluchtsort für etwa 200.000 Menschen geworden, die vor Bombeneinschlägen und Raketenangriffen geflohen seien, sagte Bürgermeister Andrij Sadowij. Er hat internationale Organisationen um Unterstützung bei der Unterbringung von Kriegsflüchtlingen gebeten.
Evakuierungen in Sumy und Irpin
In der Ukraine sind nach Angaben der Regierung erste Fluchtwege für Zivilisten aus umkämpften Städten geöffnet worden. Evakuierungen seien in der nordöstlichen Stadt Sumy und in Irpin nahe der Hauptstadt Kiew im Gange, teilte ein Vertreter des ukrainischen Präsidialamts mit. Von Sumy aus führe die Route über Holubiwka, Lochwyzja und Lubny in die 170 Kilometer entfernte zentralukrainische Großstadt Poltawa. Allerdings liege die Stadt Sumy weiterhin unter Beschuss der russischen Armee. Eine Familie sei bereits getötet worden. Die Menschen fliehen unter der Angst, jederzeit von der russischen Armee getroffen zu werden.
UN: Mehr als zwei Millionen Flüchtlinge aus Ukraine
Nach Angaben der Vereinten Nationen sind seit Beginn des russischen Einmarschs mehr als zwei Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen. Die meisten der Geflüchteten seien nach Polen sowie nach Ungarn, Rumänien, Moldau und in die Slowakei gegangen, allein in Polen seien bisher 1,2 Millionen Menschen angekommen. Die Bundespolizei stellte bislang über 64.000 Kriegsflüchtlinge in Deutschland fest (Die ZEIT).
UNICEF fordert mehr Schutz für Kinder in der Ukraine: „Moralische Gräueltat”
Die Leiterin des UN-Kinderhilfswerks UNICEF hat den Weltsicherheitsrat aufgefordert, alle Konfliktparteien in der Ukraine an deren rechtliche Verpflichtung zum Schutz junger Menschen zu erinnern. Was den 7,5 Millionen Kindern der Ukraine aktuell zustoße, sei eine „moralische Gräueltat”, sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Catherine Russell am Montag bei einer Sitzung des Sicherheitsrats in New York. Im Lauf der Kampfhandlungen seien Wohnhäuser sowie Schulen und Waisenhäuser angegriffen worden (Vereinte Nationen).
Ärzte ohne Grenzen: Medizinische Lage in Ukraine verschlechtert sich
Während im Krieg in der Ukraine die Zahl der Toten und Verletzten steigt, arbeitet „Ärzte ohne Grenzen“ daran, Personal und Ausrüstung in die von der russischen Militäroffensive am stärksten betroffenen Gebiete zu bringen. Die Hilfe für Verletzte wird zunehmend schwieriger. Die Versorgung der Krankenhäuser sei nicht mehr so gut gewährleistet wie vor Beginn der Kampfhandlungen, sagte der Geschäftsführer der Hilfsorganisation Christian Katzer. „Ärzte ohne Grenzen“ hat demnach mehrere Teams in der Ukraine, etwa in der Hauptstadt Kiew sowie in Mariupol und Odessa. Eine effektive Hilfe sei aber noch schwierig, sagte Katzer. „Im Moment ist die Lage in vielen Gebieten der Ukraine noch so unübersichtlich, dass ein Arbeiten nicht wirklich möglich ist" (Emergency Live).
USA verhängen Importstopp für russisches Öl
Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erlassen die USA ein Importverbot für Rohöl aus Russland. Das kündigte US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus an. Das sei ein gewaltiger Dämpfer für die Kriegsabsichten von Staatschef Wladimir Putin, sagte Biden. Gleichzeitig stimmte er seine Landsleute mit Blick auf die hohen Spritkosten auf schwere Zeiten ein. Die Verteidigung der Demokratie habe ihren Preis. Die Maßnahme sei mit den europäischen Verbündeten abgestimmt. Man wisse aber, „dass viele unserer europäischen Verbündeten und Partner möglicherweise nicht in der Lage sind, sich uns anzuschließen”, fügte er hinzu. „Wir können also diesen Schritt unternehmen, wenn andere es nicht können.” Auch Großbritannien kündigte ein Ende von Ölimporten aus Russland an (Tagesschau).
Habeck warnt vor „schwersten” Schäden
Ein Energie-Embargo gegen Russland hätte „schwerste“ wirtschaftliche und gesellschaftliche Folgen, warnt Wirtschaftsminister Habeck. Die FDP fordert einen sofortigen Stopp der Importe von Gas und Öl aus Russland (Tagesschau).
Was ein russisches Öl-Embargo für Deutschland bedeuten würde?(Deutschlandfunk)
EU-Kommission: Plan für Alternativen zu russischem Gas, Öl und Kohle
Als Reaktion auf den Krieg in der Ukraine will die EU-Kommission die Energiewende beschleunigen. Das soll die Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren. „Wir müssen uns aus der Abhängigkeit von Gas, Öl und Kohle aus Russland befreien”, sagte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Die EU-Kommission plant, die Einfuhren von russischem Gas bis Ende des Jahres um zwei Drittel zu reduzieren. Bis „deutlich vor 2030” soll die EU komplett unabhängig von russischen fossilen Brennstoffen sein. Darüber hinaus plant die EU-Kommission einen „Pakt für erneuerbare Energien“, um die Gasnutzung zu reduzieren und den Ausbau von Solarenergie, Wind- und Wasserkraft anzukurbeln (ZDF).
7. März 2022
Lagebericht
Die russische Armee geht weiterhin entschieden vor und versucht im Norden, Osten und Süden des Landes weitere Gebiete und Städte unter ihre Kontrolle zu bringen. Russland fühle sich sehr sicher in der aktuellen Lage und verfolge die Strategie, die großen urbanen Zentren in der Ukraine einzukesseln, die Gebiete regelrecht auszutrocknen und viele Flüchtende hinauszulassen, so Ex-General Erich Vad, sofern sie denn gehen möchten. „Viele können da aber gar nicht raus, wollen da auch gar nicht raus." Nach Einschätzung von Experten sei Russland offenbar bereit, wie bereits im Krieg in Syrien und Tschetschenien geschehen, ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung vorzugehen, um seine Interessen durchzusetzen. Der Einsatz des russischen Militärs in der Ukraine könne in den kommenden Tagen deutlich gewalttätiger werden. Auch der französische Präsident Macron sagte nach seinem jüngsten Telefonat mit dem russischen Präsidenten, Putin werde seine Ziele verfolgen, bis er sie erreicht habe, entweder auf dem Verhandlungsweg oder mit militärischem Einsatz.
Nachdem sich Russland mit einem Großangriff auf die Hauptstadt Kiew bislang noch zurückgehalten hatte und nur ein Vorrücken in die Vororte versuchte, ist die russische Armee laut der ukrainischen Armee nun dabei, ihre Kräfte zu sammeln, um die Hauptstadt anzugreifen. Eine Waffenruhe für mehrere Städte zur Evakuierung von Zivilisten scheint abermals gescheitert zu sein.
Die für heute angekündigte Feuerpause für mehrere Städte sei auf Bitten des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zustande gekommen, der am Sonntag erneut mit Wladimir Putin telefoniert hatte. Humanitäre Korridore solle es für die Hauptstadt Kiew, die Hafenstadt Mariupol sowie Charkiw und Sumy geben, hatte das russische Militär mitgeteilt. Die geplanten Evakuierungen der Städte scheinen jedoch abermals nicht zustande zu kommen. Russland hatte sechs Fluchtrouten vorgeschlagen, die fast alle entweder Russland selbst oder das verbündete Belarus als Ziel hatten. Die Ukraine lehnte dies ab und sprach von einem inakzeptablen Vorschlag.
„Wir gehen davon aus, dass der Kampf um Kiew die Schlüsselschlacht der nächsten Tage ist", so ein Berater des ukrainischen Innenministeriums. Auf Anfahrtswegen nach Kiew habe sich eine recht große Menge an russischer Ausrüstung und Truppen angesammelt. Russische Truppen versuchten, die volle Kontrolle über die kurz vor Kiew liegenden Städte Irpin und Butscha zu erlangen. Zudem wollten sich russische Einheiten einen taktischen Vorteil verschaffen, indem sie die östlichen Außenbezirke Kiews über die Bezirke Browary und Boryspil erreichten, hieß es weiter.
Nach dem erneuten Scheitern einer Waffenruhe verschärfte sich unterdessen die Lage in Mariupol weiter. Etwa 440.000 Menschen sind weiterhin in Mariupol eingeschlossen. Es gibt viele verletzte und auch tote Zivilisten. Die Versorgungslage ist sehr schlecht, die Stromversorgung ist unterbrochen, Lebensmittel und Trinkwasser sind knapp. Geschätzt 200.000 Menschen warten auf ihre Evakuierung aus der Stadt und hoffen, dass die heutige Feuerpause eingehalten wird.
In Charkiw sieht die Lage ähnlich aus. Die Stadt und die Bevölkerung hat unter den fortwährenden russischen Angriffen stark gelitten. Vieles ist zerstört, die Versorgungslage schlecht. Auch in Charkiw hofft die Bevölkerung auf eine Feuerpause.
Russland hat ferner weitere Geländegewinne in der Ostukraine gemeldet. Russische Truppen hätten fünf Siedlungen an der Grenze der Gebiete Donezk und Saporischschja eingenommen, teilte das Verteidigungsministerium mit.
Dritte Verhandlungsrunde zwischen Russland und Ukraine
Die dritte Verhandlungsrunde zwischen ukrainischen und russischen Vertretern ist ohne große Fortschritte zu Ende gegangen. Der ukrainische Unterhändler erklärt in einem Video, es gebe zwar gewisse kleinere Fortschritte bei der Logistik für die Evakuierung von Zivilisten. Es sei jedoch keine Übereinkunft erzielt worden, die zur einer nennenswerten Verbesserung der allgemeinen Lage führen werde. Die Gespräche über eine Feuerpause sollten fortgesetzt werden. Es soll wohl einen weiteren Waffenstillstand geben, um Fluchtkorridore zu ermöglichen. Der russische Unterhändler sagte, es gebe keine positiven Entwicklungen zu berichten. Er hoffe, beim nächsten Treffen käme man „einen größeren Schritt weiter" (Spiegel).
Weitere Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zur humanitären Situation in der Ukraine
Der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen berät sich am heutigen Abend insbesondere über die humanitäre Situation in der Ukraine. In dem vorliegenden Resolutionsentwurf soll unter anderem die Einstellung der Kampfhandlungen gefordert werden. Die Annahme der Resolution gilt als unwahrscheinlich, da das ständige Ratsmitglied Russland ein Vetorecht hat. Die USA erwarten einen lange andauernden Konflikt in der Ukraine. „Wir sind besorgt, dass die Welt auf einen sehr langen und sehr schwierigen Weg vorbereitet werden muss”, sagte die amerikanische UN-Botschafterin Linda Thomas-Greenfield. Russlands Präsident Wladimir Putin sei „eindeutig bereit, das Leben Tausender russischer Soldaten zu opfern, um seine persönlichen Ambitionen zu verwirklichen.”
Weiterhin wird sich das oberste Rechtsorgan der UN, der Internationale Gerichtshof in Den Haag, von heute an mit möglichen russischen Menschenrechtsverbrechen beim Einmarsch in die Ukraine befassen. Es gehe um den „Verdacht des Völkermords” (Deutschlandfunk).
Letzte OSZE-Beobachter verlassen die Ukraine
Die vorübergehende Evakuierung aller internationalen OSZE-Beobachter in der Ukraine ist nahezu abgeschlossen. Die letzte verbliebene Gruppe - der Leiter und das Führungsteam - würden nun ebenfalls die Ukraine verlassen. Vor ein paar Tagen war eine ukrainische OSZE-Mitarbeiterin beim Beschuss von Charkiw ums Leben gekommen, als sie Vorräte für ihre Familie besorgen wollte (Spiegel).
Moskau warnt vor Waffenlieferungen in Ukraine und „globalem Kollaps”
Das russische Außenministerium hat erneut vor westlichen Waffenlieferungen in die Ukraine und Folgen für die NATO gewarnt. Die Lieferung von Waffen oder Flugzeugen sowie die Entsendung von Söldnern könnten die humanitäre Lage in der Ukraine nicht verbessern, sagte Ministeriumssprecherin Maria Sacharowa. Im Gegenteil würde das eine „katastrophale Entwicklung der Situation nicht nur in der Ukraine, sondern auch in den NATO-Ländern provozieren”, betonte sie. Sacharowa warnte vor einem „globalen Kollaps”, sollten westliche Waffen in die Hände von Kämpfenden gelangen (n-tv).
Russland droht mit Gas-Lieferstopp durch Nord Stream 1
Russland hat nach Beginn des Krieges gegen die Ukraine erstmals offen mit einem Gas-Lieferstopp durch die Ostsee-Pipeline Nord Stream 1 gedroht. „Wir haben das volle Recht, eine ‚spiegelgerechte‘ Entscheidung zu treffen und ein Embargo zu erlassen auf die Durchleitung des Gases durch die Pipeline Nord Stream 1, die heute maximal mit 100 Prozent ausgelastet ist”, sagte Vize-Regierungschef Alexander Nowak (Bayerischer Rundfunk).
China gibt Russland Rückendeckung
Chinas Außenminister Wang Yi hat Russland den Rücken gestärkt. Auf eine Frage nach den internationalen Sanktionen als Reaktion auf den Krieg sagte Wang Yi auf einer Pressekonferenz aus Anlass der Jahrestagung des chinesischen Volkskongresses in Peking: „Egal, wie tückisch der internationale Sturm ist, China und Russland werden ihre strategische Entschlossenheit aufrechterhalten und die umfassende kooperative Partnerschaft in der neuen Ära vorantreiben.” Die Freundschaft zwischen den beiden Völkern sei „unanfechtbar”. Beide Länder seien enge Nachbarn und strategische Partner. Ihr Verhältnis zähle „zu den wichtigsten bilateralen Beziehungen in der Welt”. Die Kooperation sei nicht nur von Nutzen für die Völker beider Länder, „sondern trägt auch zu Frieden, Stabilität und Entwicklung in der Welt bei” (Spiegel).
EU leitet Prüfung von ukrainischem Beitrittsantrag ein
Die Europäische Kommission soll eine Einschätzung zum möglichen EU-Beitritt der Ukraine, Moldau und Georgien abgeben. Darauf einigten sich Vertreter der 27 EU-Länder am Montag. Die drei Länder hatten in der vergangenen Woche offizielle Anträge auf eine EU-Mitgliedschaft beim Rat eingereicht. Mit der Weiterleitung an die Kommission erfolgt ein erster Schritt auf dem Weg zu offiziellen Beitrittsverhandlungen. Nach Angaben eines EU-Vertreters dauert eine solche Einschätzung in der Regel ein bis anderthalb Jahre. Der Chef des Europäischen Rates Charles Michel sagte, die EU wolle in den nächsten Tagen über den jüngst gestellten Beitrittsantrag der Ukraine beraten. Über einen Beitritt zur Europäischen Union entscheiden schlussendlich die EU-Länder, sie müssen einstimmig dafür sein. Einen Beitritt im Schnellverfahren, wie vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj gefordert, wird es aber nicht geben können (ZDF).
Deutscher Journalistenverband fordert Evakuierung aller Auslandsreporter aus Russland
Der Deutsche Journalisten Verband (DJV) hat alle deutschen Auslandsreporter in Russland aufgefordert, aus Sicherheitsgründen schnellstmöglich das Land zu verlassen. Die Bundesregierung müsse bei der Evakuierung helfen, sagte der DJV-Vorsitzende Frank Überall. Angesichts des neu erlassenen Mediengesetzes sei die freie Arbeit von Journalisten in Russland nicht mehr sicher, warnte Überall. Sie seien von drakonischen Strafen bedroht, wenn sie wahrheitsgemäß berichten (Stuttgarter Nachrichten).
Proteste gegen den Ukraine-Krieg in Russland
Bei neuen Anti-Kriegs-Demonstrationen am Wochenende sind in Russland nach Angaben der russischen Menschenrechtsorganisation OVD-Info mehr als 4.400 Menschen festgenommen worden. Zu den Protesten gegen den Krieg in der Ukraine hat der inhaftierte Kritiker der russischen Regierung, Alexej Nawalny, aufgerufen. Insgesamt sollen den Angaben zufolge seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine vor anderthalb Wochen etwa 13.000 Menschen bei den kremlkritischen Protesten in Russland festgenommen worden sein (Tagesschau).
Öpreis steigt auf Rekordniveau – Mögliches Ölembargo gegen Russland
Ein möglicher Importstopp für Öl aus Russland hat die Ölpreise zeitweise auf den höchsten Stand seit 2008 getrieben. Auf fast 140 Dollar ist der Preis für ein Fass Öl angestiegen. Er liegt damit in der Nähe des Rekordniveaus von fast 150 Dollar aus dem Jahr 2008, als die globale Finanz- und Wirtschaftskrise die Ölpreise nach oben schnellen ließ (Tagesschau).
6. März 2022
Lagebericht
Die russische Armee versucht weiterhin, große Städte wie Kiew und Charkiw einzukesseln und in die Außenbezirke einzudringen. In der bereits von Russland besetzten südukrainischen Gebietshauptstadt Cherson sollen russische Truppen eine große Militärbasis nahe der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht haben. In der Innenstadt kommt es derweil zu großen Demonstrationen der ukrainischen Bevölkerung gegen die russischen Besatzer. Für die Städte Mariupol und Wolnowacha, die seit Tagen fortwährenden Angriffen ausgesetzt sind, war sowohl für gestern als auch heute eine Feuerpause zwischen Russland und der Ukraine vereinbart worden, um die Bevölkerung über humanitäre Korridore in Sicherheit bringen zu können. Die Waffenruhe wurde jedoch beide Male gebrochen und die Evakuierung gestoppt. Die humanitäre Versorgungslage in den umkämpften Städten wird immer schwieriger, da die Bewohner teils vom Strom abgeschnitten sind und Lebensmittel und Trinkwasser knapp werden. Es sehe nach einer systematischen Zerstörung der Infrastruktur des Landes aus, Häfen Eisenbahn, Energieversorgung würden systematisch zerstört. Experten befürchten, es könnte, ebenso wie im Tschetschenienkrieg in Grosny geschehen, zur Zerstörung von Städten kommen.
Bürgermeister Vitali Klitschko beschreibt die Lage in der ukrainischen Hauptstadt Kiew als „schwierig, aber unter Kontrolle”. Es gibt Berichte über vereitelte Anschläge auf Präsident Selenskyj in Kiew. Beide wollen weiterhin in Kiew bleiben und die Hauptstadt verteidigen. Derweil hat die russische Armee versucht, von Südwesten näher in Richtung Hauptstadt Kiew vorzudringen. In der Nacht haben Einheiten versucht, in die südwestlichen Außenbezirke vorzustoßen. Zudem näherten sie sich der Autobahn von der Kiewer Vorstadt Browary nach Boryspil, wo der internationale Flughafen Kiews liegt. Der kilometerlange Militärkonvoi ungefähr 30 Kilometer vor Kiew verharrt weitgehend in seiner Position. Der Stillstand resultiere britischen Erkenntnissen zufolge aus „entschiedenem ukrainischen Widerstand, technischen Problemen und Stau”. Nach Einschätzung von Ex-General Erich Vad hätte das ukrainische Militär aber auch kaum Möglichkeiten den Konvoi anzugreifen, die russische Armee würde sich Zeit lassen, da sie sich sehr sicher fühle.
In den nördlich der Hauptstadt gelegenen Städten Irpin und Tschernihiw wurde von zahlreichen Angriffen berichtet. Im südwestlich von KIew gelegenen Winnyzja wurde der Flugplatz der ukrainischen Luftwaffe mit Langstrecken-Präzisionswaffen außer Gefecht gesetzt.
Auch im Osten der Ukraine sind die russische Armee und die von ihr unterstützten Separatisten weiter auf dem Vormarsch. Bei den Angriffen hätten sich die russischen Streitkräfte elf Kilometer weit ins Landesinnere bewegt und fünf weitere Ortschaften unter ihre Kontrolle gebracht, teilte das Ministerium in seinem täglichen Bulletin mit. Insgesamt seien nun in den Regionen Luhansk und Donezk elf Ortschaften unter ihre Kontrolle.
Weiterhin sollen im Nordosten des Landes die Städte Sumy und Lebedin von russischen Truppen beschossen worden sein.
Im Süden des Landes setzt die russische Armee ihre Angriffe ebenfalls fort. Nachdem die Waffenruhe zur Schaffung humanitärer Korridore in Mariupol und Wolnowacha gescheitert ist, setzt Russland die Offensive dort unvermindert fort. Im eingekesselten und unter Beschuss liegenden Mariupol wird die Lage immer schwieriger. Der Bürgermeister der Stadt berichtet von einer „humanitären Blockade”. Die Stadt sei ohne Strom, Heizung, Mobilfunk und Wasserversorgung. „Wir können nicht all die Leichen wegbringen, die auf der Straße liegen", sagte der stellvertretende Bürgermeister. Es sei unmöglich, die toten Zivilisten zu zählen. Die Zahl der Verletzten sei in die Tausende gestiegen. Das russische Militär greife nach Angaben des britischen Militärgeheimdienstes in der Ukraine besiedelte Gebiete in einer Weise an wie in Tschetschenien 1999 und in Syrien 2016. Ziele seien unter anderem die Städte Charkiw und Mariupol, heißt es im jüngsten Geheimdienstbericht.
In der bereits von Russland besetzten südukrainischen Gebietshauptstadt Cherson sollen russische Truppen eine große Militärbasis nahe der Stadt unter ihre Kontrolle gebracht haben. In der Stadt kommt es derweil zu großen Demonstrationen der ukrainischen Bevölkerung gegen die russischen Besatzer. Die Einwohner protestieren wütend gegen bewaffnete Soldaten und stellen sich teils auch gepanzerten Fahrzeugen in den Weg.
Im Süden des Landes arbeitet die russische Armee ferner weiterhin daran, eine Landbrücke zur annektierten Insel Krim zu schaffen. Ferner soll sie sich auf dem Vormarsch auf das im Süden gelegene Atomkraftwerk Juschnoukrajinsk befinden, warnt Präsident Selenskyj. Auch eine Bombardierung von Odessa stehe bevor.
Das russische Militär hat nach Angaben des ukrainischen Außenministers bislang im Krieg hohe Verluste zu verzeichnen. Dutzende Kampfflugzeuge, Hubschrauber und Hunderte Panzerfahrzeuge seien abgeschossen worden, mehr als 10.000 russische Soldaten seien getötet worden.
Putin hatte den Westen indes vor der Durchsetzung einer Flugverbotszone über der Ukraine gewarnt: „Jede Bewegung in diese Richtung wird von uns als Teilnahme des jeweiligen Landes an einem bewaffneten Konflikt betrachtet.”
Das UN-Welternährungsprogramm ist besorgt über die Versorgungslage der Zivilbevölkerung. Russland sei dabei, die Bevölkerung von der Versorgung mit Strom und Lebensmitteln abzuschneiden. Es warnte sowohl vor einer Zuspitzung der Lage in der Ukraine als auch vor zunehmendem Hunger weltweit.
Migrationsexperte: 10 Millionen Flüchtende „nicht unrealistisch"
Wegen des Ukraine-Kriegs könnten zehn Millionen Menschen zu Flüchtenden werden, sagt Migrationsforscher Gerald Knaus. Nach Schätzung des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind bislang rund 1,5 Millionen Menschen aus der Ukraine geflohen (ZDF).
Bemühungen um Deeskalation – Wer könnte vermitteln?
Die Bemühungen um ein Ende des Ukraine-Krieges werden fortgesetzt. Nachdem Israels Premier Bennett beim russischen Präsidenten war, sprachen auch die Regierungschefs Frankreichs und der Türkei mit Putin. Der Kreml erklärte anschließend, dass „eine Aussetzung der Spezialoperation (in der Ukraine) nur möglich ist, wenn Kiew seine Feindseligkeiten einstellt und die bekannten Bedingungen Russlands erfüllt”.
In der Frage nach der Vermittlerrolle hat sich der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell für China ausgesprochen. „Es gibt keine Alternative. Wir (Europäer) können nicht die Vermittler sein, das ist klar (...) Und es können auch nicht die USA sein. Wer sonst? Es muss China sein, ich vertraue darauf”, sagte Borrell (Tagesschau).
Ukrainischer Präsident hat USA um weitere Hilfe gebeten
Selenskyj hatte sich gestern in einem eindringlichen Appell an den US-Senat gerichtet, mehr Flugzeuge für die Ukraine zu beschaffen. Er sagte, die Ukraine würde den Kampf und das Fliegen übernehmen, aber er brauche die Flugzeuge. Die Ukraine müsse die Möglichkeit bekommen, ihren Luftraum zu sichern, entweder durch eine von der NATO durchgesetzte Flugverbotszone oder durch die Bereitstellung von mehr Kampfflugzeugen. Mitglieder des US-Kongresses haben ihm die Freigabe der vom Weißen Haus beantragten zehn Milliarden Dollar (neun Milliarden Euro) versprochen. Mit dem Geld soll nach Angaben des Weißen Hauses zusätzliche humanitäre, sicherheitstechnische und wirtschaftliche Unterstützung „in der Ukraine und der Nachbarregion“ finanziert werden. Weiterhin gab es ein Telefonat zwischen Biden und Selenskyj, in dem der US-amerikanische Präsident der Ukraine seine Unterstützung zusicherte (ORF).
Ukraine bittet erneut um Flugverbotszone
Präsident Selenskyj hat nochmals seine Bitte um eine Flugverbotszone über der Ukraine wiederholt. „Die Welt ist stark genug", um den ukrainischen Luftraum abzuriegeln, so Selesnkyj. Die USA und die NATO schließen dies jedoch nach wie vor aus Auch EU-Ratspräsident Charles Michel hat einer Flugverbotszone über der Ukraine eine Absage erteilt.
Russlands Präsident Putin warnt Nachbarländer der Ukraine
Putin hat die Nachbarländer der Ukraine vor einer Stationierung ukrainischer Kampfflugzeuge gewarnt: „Jede Bewegung in diese Richtung wird von uns als Teilnahme des jeweiligen Landes an einem bewaffneten Konflikt betrachtet”. Wenn ukrainische Flugzeuge von ihrem Territorium aus Kampfeinsätze starteten, könnte Moskau die Länder als Teil des Konflikts betrachten. Einige ukrainische Kampfflugzeuge seien bereits nach Rumänien und in andere Nachbarländer verlegt worden. Zuvor hatte Putin bereits vor der Durchsetzung einer Flugverbotszone über der Ukraine gewarnt (Redaktionsnetzwerk Deutschland).
Polen wird keine Kampfflugzeuge in die Ukraine schicken
Nach Aussage von US-Außenminister Antony Blinken würden die USA erwägen, Flugzeuge nach Polen zu entsenden, sofern Polen Kampfflugzeuge in die Ukraine liefern werde. Polen widerspricht jedoch Berichten, wonach das Land die Ukraine mit Kampfflugzeugen sowjetischer Bauart ausstatten will. „Polen wird seine Kampfjets nicht in die Ukraine schicken und auch nicht erlauben, seine Flughäfen zu nutzen" (Tagesspiegel).
Russland kündigt Ausweitung der Angriffe auf ukrainische Waffenindustrie an
Russland hat eine Ausweitung seiner Angriffe auf Gebäude der ukrainischen Waffenindustrie angekündigt. „Als Teil der Aufgabe, die Ukraine zu entmilitarisieren, werden die russischen Streitkräfte ukrainische Unternehmen des militärisch-industriellen Komplexes mit hochpräzisen Waffen bekämpfen”, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums (n-tv).
Selenskyj warnt vor Vormarsch auf drittes Atomkraftwerk
Nach Angaben des ukrainischen Präsidenten marschierten russische Truppen auf ein drittes Atomkraftwerk zu. Bedroht sei derzeit das Atomkraftwerk Juschnoukrajinsk im Süden des Landes, etwa 120 Kilometer nördlich von Mykolajiw. Russische Streitkräfte im Verlauf des Krieges bereits das ebenfalls im Süden gelegene Atomkraftwerke Saporischschjai unter ihre Kontrolle gebracht sowie die stillgelegte Anlage in Tschernobyl (Redaktionsnetzwerk Deutschland).
USA und EU beraten über Ölimport-Stopp
Die US-Regierung berät mit ihren europäischen Verbündeten nach Angaben von Außenminister Antony Blinken über einen möglichen Importstopp für Öl aus Russland. CDU-Außenpolitiker Röttgen appellierte an die Bundesregierung, die Gas- und Ölimporte „jetzt” zu stoppen: „Wir müssen alles, was in unserer Macht steht, tun, um die Ukraine in ihrem Kampf gegen Putin und für ihre Freiheit zu unterstützen” (Süddeutsche).
USA, Großbritannien und Kanada rufen Bürger zur Ausreise aus Russland auf
Die US-Regierung verschärft wegen des Ukraine-Kriegs ihre Reisewarnung weiter. Amerikaner sollen Russland „sofort“ verlassen. Auch Großbritannien empfiehlt Landsleuten, das Land zu verlassen. Auch Großbritannien empfiehlt Landsleuten, das Land zu verlassen. In der Nacht zum Sonntag schloss sich auch Kanada dem Aufruf an (t-online).
Auswärtiges Amt rät zu „äußerster Zurückhaltung” bei privater Russlandkritik oder Ausreise
Angesichts des verschärften russischen Mediengesetzes warnt das Auswärtige Amt: Auch private Äußerungen in sozialen Netzwerken könnten in Russland gefährlich sein. Das Gesetz ermöglicht willkürliche Strafen bis zu 15 Jahren Haft. Deutsche in Russland mahnte das Ministerium zu „äußerster Zurückhaltung” und riet „alternativ zur Ausreise” (Bayerischer Rundfunk).
5. März 2022
Lagebericht
Nachdem es aufgrund des massiven Widerstands der ukrainischen Streitkräfte sowie strategischer Fehler und logistischer Probleme der russischen Armee bislang aus Sicht Russlands nicht zu den geplanten Eroberungen von zentralen Städten und Gebieten kam, setzt Putins Armeen nun vermehrt auf Flächenbombardements. Die Offensive wird mit Luftunterstützung und dem Einsatz von Hochpräzisionswaffen fortgesetzt. Hauptziel sei es dabei, die Städte Kiew und Charkiw zu umzingeln und mit Bombardements zu zermürben. Wegen der anhaltenden Bombardierung wird die humanitäre Lage vor Ort immer schlechter. Die Ukraine forderte eine Feuerpause und die Schaffung humanitärer Korridore, um die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und medizinischer Hilfe zu gewährleisten. Offenbar hat Russland eine solche Feuerpause für humanitäre Korridore in Mariupol und für die Stadt Wolnowacha angeordnet. Die Einstellung des Feuers trete um 8.00 Uhr (MEZ) in Kraft, damit Zivilisten die eingekesselten Städte verlassen können, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Die Bevölkerung von Mariupol und Wolnowacha sollte während einer mehrstündigen Feuerpause die Städte verlassen können. Da die Gefechte jedoch weitergingen, stockt die Evakuierung. Das russische Militär setzte nach eigenen Angaben seine Angriffe auf Mariupol und Wolnowacha fort.
Die Hauptstadt Kiew ist weiter unter Beschuss. Jede Stunde gebe es einen Bombenalarm, während die russische Armee die Umzingelung der Stadt vorantreibt. Mittlerweile hätte rund die Hälfte der Bewohner Kiews die Hauptstadt verlassen. Das entspricht rund drei Millionen Einwohnern, so Kiews Bürgermeister Klitschko. Die ukrainischen Streitkräfte würden jedoch weiter gegen die russische Vereinnahmung ankämpfen. Ärzte in den Kliniken hoffen auf die Schaffung eines humanitären Korridors, um Menschen evakuieren zu können. Die über 60 Kilometer lange Militärkolonne vor Kiew kommt indes kaum weiter voran. Beschädigte und zerstörte Fahrzeuge behinderten die Weiterfahrt für die anderen, hieß es aus westlichen Regierungskreisen. Das ukrainische Militär habe den Konvoi mehrfach aus der Luft angegriffen. Für großangelegte Attacken habe es aber nicht die Kapazitäten, hieß es.
Auch die Bombardements auf die Stadt Charkiw im Nordosten geht unvermindert weiter. Die russische Armee versucht, wie in Kiew auch einen Ring um die Stadt zu ziehen.
Russische Truppen haben ferner mehrere Großstädte im Süden der Ukraine eingekesselt und blockiert, darunter die Hafenstadt Mariupol. Nach Angaben von Bürgermeister Wadym Boitschenko stehe der Hafen nach tagelangen „rücksichtslosen” Angriffen unter russischer „Blockade”. „Unsere Priorität ist die Herstellung eines Waffenstillstands, damit wir die lebenswichtige Infrastruktur wiederherstellen und einen humanitären Korridor einrichten können, um Lebensmittel und Medikamente in die Stadt zu bringen”, so der Bürgermeister. Das russische Verteidigungsministerium hat nach eigenen Angaben ab acht Uhr morgens eine Waffenruhe angeordnet, damit die Stadt evakuiert werden kann. Da die Gefechte weitegingen, wurde die Evakuierung jedoch abgebrochen.
Die strategisch wichtige südukrainische Hafenstadt Cherson ist mittlerweile vollständig in russischer Hand. Bereits gestern wurde eine weitgehende Einnahme gemeldet.
Russische Truppen versuchten zudem weiter, die administrativen Grenzen der Regionen Luhansk und Donezk zu erreichen, um so einen Landkorridor von der von Russland annektierten Halbinsel Krim zu den Separatistengebieten zu schaffen.
Putin: Westliche Sanktionen gleichen Kriegserklärung
Russlands Präsident Putin hat scharfe Kritik an westlichen Sanktionen gegen sein Land geübt. Diese glichen einer Kriegserklärung, sagte er. In einer im staatlichen Fernsehen übertragenen Rede vor Pilotinnen der staatlichen Fluggesellschaft Aeroflot warnte Putin außerdem vor einer Flugverbotszone über der Ukraine. „Jede Bewegung in diese Richtung wird von uns als Beteiligung des jeweiligen Landes an dem bewaffneten Konflikt betrachtet.” Es spiele dann auch keine Rolle, welcher Organisation diese Länder angehörten (Der Standard).
Feuerpause für humanitäre Korridore in Mariupol und Wolnowacha – Evakuierung abgebrochen
Das russische Verteidigungsministerium hat eine Feuerpause für Mariupol und Wolnowacha im Osten der Ukraine angeordnet, damit Zivilisten aus den von russischen Streitkräften belagerten Städten herausgeholt werden können. Russische Streitkräfte sollen am Vormittag aufhören zu schießen, so das russische Verteidigungsministerium. Dann sollen die humanitären Korridore für fünf Stunden für die Zivilisten geöffnet werden. „Die humanitären Korridore und Wege raus sind mit der ukrainischen Seite abgestimmt", teilte das Ministerium in Moskau mit. Da die Feuerpause gebrochen wurde, wurde die Evakuierung vorerst ausgesetzt – beide Seiten geben sich die Schuld dafür. Das russische Militär setzte nach eigenen Angaben seine Angriffe auf Mariupol und Wolnowacha fort (Welt).
UN-Welternährungsprogramm warnt vor Hunger in Ukraine und weltweit
Das Welternährungsprogramm (WFP) der Vereinten Nationen ist besorgt über die Versorgungslage der Zivilbevölkerung in der Ukraine. „Die Lage für die Menschen in der Ukraine hat sich durch die erbitterten Kämpfe dramatisch zugespitzt”, sagte Martin Frick, Direktor des WFP in Deutschland. Die Menschen würden in Kellern ausharren und könnten nur unter größter Gefahr Besorgungen machen. „Gerade aus Kiew und Charkiw erreichen uns Berichte, dass Nahrungsmittel ausgehen und Trinkwasser knapp wird”, sagte Frick. Die Priorität der UN-Organisation sei es jetzt, Versorgungswege nach Kiew und in die Epizentren des Konflikts zu etablieren, bevor die Kämpfe weiter eskalierten. Doch nicht nur in der Ukraine verschärft sich die Hungerkrise wegen des Kriegs. Zuletzt stark gestiegene Lebensmittelpreise könnten auch den globalen Hunger weiter befeuern. In einem Jahr, in dem die Welt bereits mit einem „noch nie dagewesenen Ausmaß an Hunger konfrontiert” sei, sei es besonders „tragisch”, wenn der Hunger nun ausgerechnet Europas Kornkammer erreiche, erklärte der Exekutivdirektor des Welternährungsprogramms (WFP), David Beasley (ZDF).
Bundesregierung will Verletzte aus Ukraine versorgen
Die Bundesregierung bereitet sich darauf vor, verletzte und kranke Ukraine-Flüchtlinge auf Krankenhäuser im gesamten Bundesgebiet zu verteilen. „Zu den Verwundeten des Krieges kommen noch diejenigen, die ihre medizinische Versorgung verlieren”, sagte Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Dazu zählten Krebspatienten oder Dialyse-Patienten. „Weil wir mit sehr vielen Fällen rechnen, werden wir die Menschen auf die Bundesländer verteilen. Das wäre sinnvoll nach demselben Kleeblatt-Prinzip, mit dem wir auch Covid-Patienten versorgt haben”, so der Minister (ZDF).
Neues russischen Mediengesetz: BBC, CNN, Bloomberg ARD und ZDF senden nicht mehr in Russland
Nachdem die britische BBC, der US-Sender CNN und die Agentur Bloomberg ihre Berichterstattung in Russland gestoppt haben, setzen nun auch ARD und ZDF ihre Berichtserstattung aus. Grund hierfür ist das neue Mediengesetz, das in Russland in Kraft getreten ist. Es sieht künftig bei Verbreitung kritischer Informationen über den Krieg in der Ukraine bis zu 15 Jahre Haft vor. Seit Jahren erleben Journalisten und Medienhäuser in Russland zunehmende Repression. Doch mit dem neuen Mediengesetz „fällt endgültig Dunkelheit über Russland, über Informationen und über Fakten”, sagt Katja Gloger von der Organisation „Reporter ohne Grenzen”. Das sei ein Zeichen, dass sich das autoritäre Putin-Regime zu einem diktatorischen wandle (Tagesspiegel).
Facebook und Twitter in Russland gesperrt
Nachdem zunächst die Sperrung des Online-Netzwerks Facebook angekündigt wurde, haben die russischen Behörden nun auch noch die Sperrung von Twitter angeordnet. Über die Plattformen haben sich bisher viele Menschen in Russland abseits der staatlichen Medien über den Einmarsch in die Ukraine informiert (ZDF).
Prorussische Demonstration: Putin wird in Belgrad gefeiert
Weltweit wird der russische Angriff auf die Ukraine verdammt. Doch in Serbien gehen Menschen auf die Straße und bejubeln Putins Feldzug. In der serbischen Hauptstadt Belgrad sind rund tausend prorussische Demonstranten auf die Straße gegangen, um ihrer Unterstützung für den russischen Einmarsch in die Ukraine Ausdruck zu verleihen. Mit russischen Flaggen und Bildern von Kremlchef Wladimir Putin zogen die Demonstranten am Freitagabend durch das Stadtzentrum. Viele skandierten dabei NATO-feindliche Parolen. „Die Ukraine wird derzeit von Neonazis befreit”, sagte ein junger Demonstrant (Spiegel).
Behörden verzeichnen Anfeindungen gegen Russen in Deutschland
Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auch auf die russische Community in Deutschland aus, wie Recherchen von Report Mainz zeigen. Es gab erste Angriffe gegen vermeintlich russischsprachige Menschen. Behörden rechnen mit weiteren Straftaten (Tagesschau).
4. März 2022
Lagebericht
Während die russische Armee ihre Angriffe auf Kiew und andere größere Städte in der Ukraine fortsetzt, weiter versucht, sie einzukesseln und die dortige Infrastruktur zu zerstören, kam es am frühen Morgen auch zu einem Angriff auf ein Gebäude des größten ukrainischen Atomkraftwerks bei Saporischschjaim Süden des Landes. Da ein Viertel der Energieversorgung der Ukraine von diesem Kraftwerk abhängt, ist es offenbar das Ziel Russlands, auch diese Versorgung zu unterbrechen. Der Angriff sei keine Drohung an den Westen, sagte Carlo Masala, Politikwissenschaftler der Universität der Bundeswehr in München: „Ich glaube, es ging darum, die Infrastruktur des Landes zu zerstören”. Allerdings könnte auch aufgrund eines längeren Stromausfalls im AKW eine gefährliche Situation entstehen, sofern das Kühlen der Brennstäbe nicht mehr ausreichend funktioniert, Durch die Angriffe auf das AKW werde die Ukraine unter Druck gesetzt, in den Verhandlungen weitere Zugeständnisse zu machen, so die Einschätzung von Cindy Wittke vom Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung, es handle sich um "eiskaltes Taktieren".
Auf dem Gelände wurde ein Gebäude für Ausbildungszwecke getroffen, die Reaktorblöcke waren nicht betroffen. Zunächst hatte Russland durch weiteren Beschuss die Löscharbeiten an dem dort ausgebrochenen Feuer verhindert, mittlerweile ist der Brand jedoch gelöscht. Es trete keine Strahlung aus, die Strahlungswerte seien normal. Das Atomkraftwerk werde sicher heruntergefahren. Die russische Armee hat nach Angaben Kiews das Gelände des ukrainischen Atomkraftwerks Saporischschja besetzt. „Das Betriebspersonal kontrolliert die Energieblöcke und gewährleistet deren Betrieb”, teilte die ukrainische Atomaufsichtsbehörde mit. Der Chef der internationalen Atomenergiebehörde Grossi möchte die Sicherheit der Anlage vor Ort überprüfen.
„Die Hauptanstrengungen der Besatzer konzentrieren sich auf die Einkreisung Kiews", heißt es im Morgenbericht der ukrainischen Armee. Russische Truppen setzen nach ukrainischen Armeeangaben ihren Vormarsch auf die Hauptstadt Kiew unvermindert fort. Die Stadt löste seit Mitternacht mehrfach Luftalarm aus. Laut ukrainischer Darstellung sollen sich russische Truppen von dem strategisch wichtigen Flugplatz Hostomel nordwestlich von Kiew zurückgezogen haben.
Die südukrainische Hafenstadt Mariupol sei inzwischen komplett eingeschlossen. „Der Feind hatte einen erheblichen technischen Vorteil", hieß es seitens der ukrainischen Armee. Zudem sei das Flugabwehrsystem an der Schwarzmeerküste angegriffen worden.
Auch die Stadt Charkiw im Nordosten der Ukraine ist zwar noch unter ukrainischer Kontrolle, steht aber massiv unter Beschuss und ist heftigst umkämpft.
Außenminister von NATO, G7 und EU beraten über Ukraine-Krieg
Angesichts des fortgesetzten Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine kommen die Außenminister der EU-Staaten heute erneut zu einem Sondertreffen in Brüssel zusammen. Ebenso wollen die Außenminister der 30 NATO-Länder über die Lage beraten sowie die G7.
NATO-Treffen der Außenminister:
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg stellte eine düstere Prognose: „Die nächsten Tage werden wahrscheinlich noch schlimmer werden”, sagte er nach Beratungen der NATO-Außenminister. Er appellierte an Russlands Präsident Wladimir Putin, den Krieg sofort und ohne Bedingungen zu beenden, die Truppen aus der Ukraine abzuziehen und an den Verhandlungstisch zu kommen. „Die NATO will keinen Krieg mit Russland.” Es müsse alles dafür getan werden, damit sich der Krieg nicht über die Ukraine hinaus ausweite. Die NATO werde dem ukrainischen Wunsch nach Durchsetzung einer Flugverbotszone über der Ukraine nicht nachkommen. Die Alliierten seien sich einig, dass NATO-Flugzeuge nicht im ukrainischen Luftraum operieren sollten. „Wir haben als NATO-Verbündete die Verantwortung, eine Eskalation dieses Krieges über die Ukraine hinaus zu verhindern, denn das wäre noch gefährlicher, verheerender und würde noch mehr menschliches Leid verursachen", sagte Stoltenberg (Auswärtiges Amt)
Welche Optionen hat die NATO in der aktuellen Lage? (Deutsche Welle)
Neues Gesetz in Russland: Bis zu 15 Jahre Haft für „Falschnachrichten"
Das russische Parlament hat ein neues Mediengesetz erlassen, das hohe Geldbußen und lange Haftstrafen bis zu 15 Jahren für die Veröffentlichung von „Falschnachrichten” über die russischen Streitkräfte vorsieht. Laut Gesetzestext stehen konkret das Verbreiten vermeintlicher Falschinformationen über russische Soldaten, das Diskreditieren russischer Streitkräfte und auch Aufrufe zu Sanktionen gegen Russland unter Strafe. Das Gesetz gelte auch für Ausländer. Die britische BBC hat als erstes Konsequenzen gezogen und stoppt jegliche Form von Berichterstattung auf dem Gebiet der Russischen Föderation. Seit Beginn der russischen Invasion ist es Medien in Russland verboten, in der Berichterstattung über den Krieg gegen die Ukraine Begriffe wie „Angriff”, „Invasion” und „Kriegserklärung” zu verwenden. Moskau bezeichnet den Krieg als militärische „Sonderoperation” (Tagesschau).
Heißer Draht zwischen USA und Russland – militärische Hotline eingerichtet
Die US-Regierung hat wegen des Kriegs in der Ukraine eigenen Angaben nach eine Hotline mit Russland eingerichtet, um militärische Zwischenfälle zu vermeiden. „Die Vereinigten Staaten verfügen über eine Reihe von Kanälen, um kritische Sicherheitsfragen mit den Russen im Falle eines Notfalls oder einer Notsituation zu besprechen“, hieß es auf Nachfrage aus dem Pentagon. Das Verteidigungsministerium habe am 1. März einen Kanal mit dem russischen Verteidigungsministerium eingerichtet, um Fehleinschätzungen, militärische Zwischenfälle und Eskalationen zu verhindern, hieß es weiter (Stuttgarter Zeitung).
Ukrainischer Präsident warnt vor Gefahr einer nuklearen Katastrophe
Nach dem russischen Angriff auf das Atomkraftwerk von Saporischschja hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj Russland „Nuklearterror" vorgeworfen. Kein anderes Land der Welt habe jemals Atomanlagen beschossen, sagte Selenskyj in einer in der Nacht zum Freitag veröffentlichten Videobotschaft. „Der Terroristen-Staat verlegt sich jetzt auf Nuklearterror.“ Selenskyj hat nach eigenen Angaben die Anführer der USA, Großbritanniens, der Europäischen Union und der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEA) über die ernste Gefahr einer nuklearen Katastrophe informiert. „Wenn es eine Explosion gibt - das ist das Ende für alle. Das Ende für Europa. Die Evakuierung von Europa", sagte er in der Nacht zum Freitag. Nur schnelles Handeln durch Europa könne die russischen Truppen stoppen. „Lassen Sie nicht den Tod Europas durch eine Katastrophe in einem Kernkraftwerk zu", erklärte er.
Ukrainischer Energieminister fordert NATO-Unterstützung
Der ukrainische Energieminister Herman Haluschtschenko forderte die NATO zum Eingreifen auf. Angesichts des Angriffs auf das AKW fordere man „nicht nur eine professionelle Einschätzung der Geschehnisse, sondern ein echtes Eingreifen mit den härtesten Maßnahmen, auch durch die NATO und die Länder, die Atomwaffen besitzen“, so Haluschtschenko. Er habe um eine Schließung des Luftraums über der Ukraine gebeten (Handelsblatt).
Ukrainische Botschaft bittet um deutsche Kampfpanzer und U-Boote
Die ukrainische Botschaft in Berlin bittet die Bundesregierung um Lieferung weiterer Waffensysteme für den Kampf gegen die russischen Angreifer, darunter Kampfpanzer, U-Boote und Kampfflugzeuge.
Kanzler Scholz warnte vor direkter Konfrontation mit Russland und schließt NATO-Beteiligung aus
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte am Abend zuvor von Russland eine Waffenruhe in der Ukraine gefordert und zugleich betont, dass es keine Konfrontation der Nato mit Russland geben dürfe. Er hat noch einmal klargestellt, dass die Nato sich nicht an dem Krieg um die Ukraine beteiligen wird.
CDU-Chef Friedrich Merzhält indes einen Eingriff der NATO in den Ukraine-Krieg für möglich, wenn es gezielte Angriffe auf Atomkraftwerke geben sollte. „Es kann eine Situation geben, in der dann auch die NATO Entscheidungen treffen muss, Putin zu stoppen”, sagte Merz am Freitag. So weit sei es aber nicht, betonte er. Wenn allerdings Atomkraftwerke angegriffen würden, „wenn möglicherweise sogar die Reaktorblöcke getroffen werden sollten, dann sind wir unmittelbar bedroht von den Auswirkungen dieses Krieges”. In diesem Fall müsse die NATO darüber nachdenken, ob das auch ein Angriff auf das eigene Territorium sei (Tagesschau).
Baerbock: Putin treibt auch „sein eigenes Land in den Ruin"
Außenministerin Annalena Baerbock hat dem ukrainischen Volk im Krieg gegen Russland Solidarität versichert. „In dieser Situation wollen wir auch heute in Brüssel, im Kreis der NATO ebenso wie in EU und G7, noch einmal unmissverständlich deutlich machen: Wir werden die Ukrainerinnen und Ukrainer niemals ihrem Schicksal überlassen.“ Baerbock weiter: „Mit seinem Krieg gegen die Ukraine treibt er auch sein eigenes Land in den Ruin“ (n-tv).
London fordert nach AKW-Angriff Sitzung des UN-Sicherheitsrats
Nach dem russischen Angriff auf das Atomkraftwerk Saporischschja in der Ukraine fordert Großbritannien eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats. Das „rücksichtslose" Verhalten von Russlands Präsident Wladimir Putin könne „direkt die Sicherheit von ganz Europa bedrohen", erklärte das Büro von Premierminister Boris Johnson in der Nacht zum Freitag.
Frankreich verlegt Flugzeugträger zur Aufklärung und Abschreckung
Frankreich hat seinen im Nahen Osten eingesetzten Flugzeugträger „Charles de Gaulle" im Mittelmeer für Aufklärungsflüge über den baltischen Staaten und Polen verlegt. Im Mittelmeer solle das Schiff eine Position erreichen, die es den Flugzeugen ermögliche, Aufklärungsmissionen durchzuführen. „Unsere Mission ist strikt abschreckend, wir haben keine kriegerischen Absichten", sagte die Ministerin. Als „Polizei des Himmels" sollten Rafale-Kampfjets und Aufklärungsflugzeuge von dem Flugzeugträger aus eingesetzt werden (Handelsblatt).
3. März 2022
Lagebericht
Russland hat seine Angriffe auf die großen Städte der Ukraine weiter fortgesetzt. In der Hauptstadt Kiew kam es zu mehreren schweren Explosionen. Mittlerweile ist Cherson und damit die erste Großstadt der Ukraine vollständig von der russischen Armee eingenommen, wie die ukrainischen Behörden bestätigten. Die Angriffe auf die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol laufen weiter, die kritische Infrastruktur wurde zerstört. Die ostukrainische Millionenstadt Charkiw erlebte ebenfalls erneut schwere Angriffe. Die Stadt fordert von Russland eine Feuerpause, um Zivilisten in Sicherheit bringen zu können. Das russische Militär versuche eine „systematische Zerstörung der kritischen Infrastruktur” in den Großstädten, sagt der Forschungsleiter für Sicherheitspolitik der Universität Bonn. Damit werde versucht, Kommunikationswege zu unterbrechen, um mit militärischem Druck den Widerstand der Bevölkerung zu brechen. Der Großteil der Zivilbevölkerung wolle aber nicht aus der Stadt, sondern kämpfen. Auch „sehr, sehr viele Frauen” hätten zu den Waffen gegriffen, weil sie ihre Stadt verteidigen wollen.
Was Opferzahlen anbelangt beruhen diese auf Angaben der Kriegsparteien und können derzeit nicht überprüft werden. Mittlerweile sollen nach Angaben der Ukraine insgesamt 2.000 Zivilisten getötet worden sein. Russland dementiert vehement, Zivilisten zu attackieren. Sobald die ukrainische Seite zur Schaffung eines humanitären Korridors bereit sei, werde Russland die sichere Ausreise sowohl nach Russland als auch in andere Länder gewährleisten. Was die Anzahl getöteter Soldaten anbelangt, beziffert Russland selbst seine Verluste mit knapp 500 Soldaten, die Ukraine hingegen spricht von 7.000 getöteten russischen Soldaten. Auf ukrainischer Seite habe es bislang 2870 getötete „Soldaten und Nationalisten” gegeben, gab das russische Verteidigungsministerium bekannt. Die ukrainischen Behörden machten bislang keine Angaben über die Anzahl getöteter Soldaten in den eigenen Reihen
In der Hauptstadt Kiew wurde Luftalarm ausgelöst, es kam es zu mehreren schweren Explosionen. Ein Einschlag wurde nahe des Hauptbahnhofs gemeldet, auch ein Radio- und Fernsehzentrum soll getroffen worden sein. Ukrainische Medien berichteten zudem über Kämpfe in Vororten der Millionenstadt. Der Kiewer Bürgermeister Vitali Klitschko schrieb:„Der Feind versucht, in die Hauptstadt durchzubrechen.“
Die bereits gestern heftig umkämpfte Hafenstadt Cherson im Süden soll mittlerweile vollständig in Händen der russischen Armee sein. Dies bestätigten die ukrainischen Behörden. Die russischen „Besatzer” seien in allen Stadtteilen und „sehr gefährlich”. Chersons Bürgermeister schrieb, er habe den Russen „keine Versprechungen gemacht” und sie „aufgefordert, nicht auf Menschen zu schießen”.
Auch die Hafenstadt Berdjansk wurde bereits von russischen Truppen erobert. Ein Angriff auf die strategisch wichtige Hafenstadt Mariupol läuft unvermindert weiter. Die Stadt sei über 14 Stunden ununterbrochen angegriffen worden, sagte der Bürgermeister. „Heute wollen sie uns einfach alle vernichten.” Auch Wohngebäude würden von der russischen Armee beschossen.
Die Stadt sei nach den jüngsten Angriffen ohne Licht, Wasser und Heizung. Die Stadtwerke würden darangehen, die kritische Infrastruktur wiederherzustellen. Die Versorgungslage sei kritisch, da die Stadt von drei verschiedenen Truppenbewegungen eingezwängt sei.
Die ostukrainische Stadt Charkiw erlebte ebenfalls erneut Angriffe. Dort schlugen zwei Raketen in ein Verwaltungsgebäude ein. Die Ukraine fordert Russland zu einer Feuerpause in den Regionen Charkiw und Sumy auf, um Zivilisten in Sicherheit bringen zu können. Ferner meldet das russische Verteidigungsministerium, die Einnahme der der Stadt Balaklija in der Nähe der von Charkiw.
Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine: Einigung auf humanitäre Korridore
Die erste Verhandlungsrunde zwischen den ukrainischen und russischen Delegationen an der Grenze zu Belarus war ergebnislos verlaufen. Die Gespräche an der russisch-belarussischen Grenze wurden heute fortgeführt. Die Parteien haben sich auf die Schaffung humanitärer Korridore verständigt, um Zivilisten aus besonders umkämpften Kriegsgebieten herausholen zu können. Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski sprach von einer „möglichen vorübergehenden Einstellung der Feindseligkeiten” in den entsprechenden Gebieten für den Zeitraum der Evakuierung. Der ukrainische Präsidentenberater Podoljak sagte, die „humanitären Korridore” sollten auch genutzt werden, um die Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten zu versorgen (Tagesschau).
Selenskyj fordert russische Reparationszahlungen für Wiederaufbau
Die Kriegsschäden in der Ukraine sind jetzt bereits groß. Weitere Zerstörung ist zu befürchten. Doch Präsident Selenskyj verspricht den vollständigen Wiederaufbau. Von Russland fordert er Reparationszahlungen: „Ihr werdet uns alles ersetzen, was ihr der Ukraine angetan habt. In vollem Umfang”, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj (n-tv).
Macron telefoniert erneut mit Putin
Heute hat Frankreichs Präsident Emmanuel Macron erneut mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert. Er wolle weiter mit Putin im Gespräch bleiben. „Ich habe mich entschlossen, mit Präsident Putin in Kontakt zu bleiben, so lange ich kann und so lange es nötig ist, (...) um eine Ausweitung des Konfliktes zu verhindern", sagte Macron in einer Fernsehansprache an seine Landsleute. Der Élysée verlautet, Macron tue das „in Abstimmung mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj und in enger Abstimmung mit den Verbündeten. Dem französischen Staatspräsidenten komme es darauf an, „Putin immer wieder Alternativen aufzuzeigen in jeder Situation, sodass dieser sehe, dass er Optionen habe und nicht auf Eskalation setzen müsse" (ZDF).
Eine Million Menschen aus Ukraine geflohen
In weniger als einer Woche seit dem russischen Einmarsch in die Ukraine sind bereits mehr als eine Million Menschen geflohen. Davon geht das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR aus. Es sei ein "Exodus", sagt das UNHCR. Dieser Umfang sei in diesem Jahrhundert ohne Beispiel. Aktuelle Daten, wie sich die Anzahl an Flüchtlingen derzeit in den verschiedenen Ländern aufteilt, gibt es beim Mediendienst Integration.
Internationaler Strafgerichtshof hat offizielle Ermittlungen zu Kriegsverbrechen eingeleitet
Der Internationale Strafgerichtshof hat offizielle Ermittlungen zu Kriegsverbrechen in der von Russland angegriffenen Ukraine eingeleitet.
Es sei anzunehmen, dass „sowohl Kriegsverbrechen als auch Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine begangen wurden“, so der Chefankläger. Das Ermittlungsverfahren starte „sofort“. Diese beziehen sich nun den Angaben zufolge zunächst auf mögliche Verbrechen, die vor der Invasion Russlands begangen wurden. Angesichts der Ausbreitung des Konflikts sollten die Ermittlungen seiner Ansicht nach aber erweitert werden (FAZ).
Internationale Atomenergiebehörde verurteilt russische Einnahme von AKW
Die Internationalen Atomenergiebehörde verurteilte Russlands militärische Einnahme von ukrainischen Atomanlagen. Eine entsprechende Resolution des IAEA-Gouverneursrates wurde laut Diplomaten nur von Russland und China abgelehnt. 26 stimmten dafür und fünf enthielten sich der Stimme. Die IAEA ruft Russland auf, Angriffe insbesondere auf Atomanlagen einzustellen. Durch mögliche atomare Vorfälle würde nicht nur die Bevölkerung der Ukraine sondern auch die der internationalen Gemeinschaft gefährdet (Handelsblatt).
Fast 7.000 russische Wissenschaftler wenden sich gegen Ukraine-Krieg
In Russland haben sich fast 7.000 Wissenschaftler und Akademiker bis Donnerstag gegen den Krieg in der Ukraine gewendet und einen offenen Brief an Präsident Putin unterzeichnet. „Wir, russische Wissenschaftler und Wissenschaftsjournalisten, protestieren aufs Schärfste gegen die militärische Invasion der Ukraine durch die russischen Streitkräfte", heißt es in dem Brief, der auf der Nachrichtenwebsite trv-science.ru veröffentlicht wurde. „Humanistische Werte sind das Fundament, auf dem die Wissenschaft aufgebaut ist", schreiben die Unterzeichner. Kein geopolitisches Interesse könne „diesen Tod und das Blutvergießen rechtfertigen". Ein Krieg werde nur „zum totalen Niedergang unseres Landes führen" (science).
Weitere Waffenlieferungen aus Deutschland
Deutschland will offenbar weitere Waffen an die Ukraine liefern. Das Wirtschaftsministerium genehmigte laut Medienberichten die Abgabe von 2.700 Flugabwehrraketen vom Typ „Strela“. Dabei soll es sich um Waffen sowjetischer Produktion aus ehemaligen Beständen der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR handeln. Die Ukraine hatte eine sehr lange Liste an die NATO geschickt und um weitere Waffen, Munition, Sanitätsmaterial und Transportfahrzeuge gebeten (Tagesschau).
Russland und Belarus von Paralympics in Peking ausgeschlossen
Das IPC beugt sich dem Druck seiner Mitgliedsverbände und lässt wegen des Ukraine-Kriegs nun doch keine russischen und belarussischen Aktiven bei den Winter-Paralympics in Peking starten. Zuvor war eine Teilnahme erlaubt worden (Tagesschau).
2. März 2022
Lagebericht
Sowohl die Luftangriffe Russlands auf die Ukraine als auch die Gefechte zwischen der russischen und ukrainischen Armee gehen unvermindert weiter. Die Kämpfe verlagern sich immer mehr um und in die Großstädte. Insbesondere Charkiw im Osten und Cherson im Süden des Landes waren in den letzten 24 Stunden schwer umkämpft. Es wird vermehrt von Angriffen auch auf Wohngebiete berichtet, weshalb auch viele zivile Opfer zu beklagen sind. Die Hauptstadt Kiew rüstet sich derweil gegen einen Großangriff. Russland ist dabei, neue Truppen und Material zusammenzuziehen und hat sich offenbar von der Strategie verabschiedet, nur militärische Ziele anzugreifen. Es wird immer wieder auch von Einschüssen in Wohngebiete berichtet. Der Militärhistoriker Sönke Neitzel geht davon aus, dass Russlands Präsident Putin nun bald eine militärische Entscheidung erzwingen wolle und „All-in” gehen werde.
Die Hauptstadt Kiew bereitet sich auf einen Großangriff vor. Der 64 Kilometer lange russische Militärkonvoi bewegt sich weiter auf die Hauptstadt Kiew zu, kommt jedoch derzeit nur wenig voran. Die Bürgerinnen und Bürger Kiews unternehmen alles, was in ihrer Macht steht, um den bevorstehenden Angriff etwas entgegenzusetzen. Sie errichten behelfsmäßige Barrikaden auf den Straßen, stellen massenweise Molotowcocktails her und knüpfen Tarnnetze aus Altkleidung. Eine ukrainische Brauerei hat von Bier auf die Herstellung von Molotowcocktails umgestellt.
Die ostukrainische Stadt Charkiw ist nach wie vor heftig umkämpft. Sie wurde in der Nacht wieder beschossen. Es soll auch direkte Kämpfe zwischen der ukrainischen und russischen Armee gegeben haben. Zudem sollen russische Luftlandetruppen in die Stadt eingedrungen sein. Ein militärmedizinisches Zentrum soll angegriffen worden sein. Auch die örtliche Zentrale der Polizei und des Geheimdienstes sollen teilweise zerstört worden sein. Es gebe praktisch kein Gebiet mehr in Charkiw, in dem noch keine Artilleriegranate eingeschlagen ist. Insgesamt gab es in Charkiw laut ukrainischen Angaben in den vergangenen 24 Stunden 21 Todesopfer und 112 Verletzte.
Im Süden der Ukraine hat Russland laut eigenen Angaben das Gebiet um das Kernkraftwerk „Süd-Ukraine” bei Saporischschjaunter seine Kontrolle gebracht. Laut einem Brief der russischen Botschaft an die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) sorgen die Mitarbeiter im nun eingenommenen AKW weiterhin für den sicheren Betrieb. Die Strahlenwerte seien normal. In der Ukraine sind 15 Kernreaktoren in vier Kraftwerken in Betrieb. IAEA-Chef Rafael Grossi hatte deshalb bereits vor der Gefahr eines schweren Atomunfalls im Zuge der Kampfhandlungen gewarnt. Am Mittwoch tagt der Gouverneursrat der IAEA, um die Lage zu besprechen.
Der russischen Armee ist es offenbar laut eigenen Angaben gelungen, die südukrainische Stadt Cherson einzunehmen. Die ukrainische Seite bestreitet das. Die Stadt an der Mündung des Flusses Dnjepr wurde von der russischen Armee zunächst eingekesselt, dann wurde der Hafen, der Bahnhof und Verwaltungsgebäude eingenommen. Die Rede ist von zahlreichen toten Zivilisten, die versuchten, Cherson unter anderem mit Molotowcocktails zu verteidigen. Auch unter den ukrainischen Soldaten soll es zahlreiche Tote und Verletzte gegeben haben.
Die 140 Kilometer westlich von Kiew gelegene Großstadt Schytomyr wurde von einem Luftangriff erschüttert. Der Angriff galt demnach der 95. Brigade der ukrainischen Armee. Vermutlich Marschflugkörper des russischen Typs „Kalibr“ hätten mehrere Gebäude beschädigt.
In der Hafenstadt Mariupol im Südosten der Ukraine habe sich die Situation zunächst gebessert, dann aber sei ein neuer Angriff erfolgt. Mariupol liegt nahe der sogenannten Kontaktlinie zwischen prorussischen Separatisten und ukrainischer Armee im Verwaltungsbezirk Donezk. Die Stadt hat strategisch große Bedeutung.
Auch im Osten der Ukraine wird weiter gekämpft. 40.000 Menschen sollen dort ohne Strom sein. Bewohner könnten wegen der ständigen Kämpfe die Gegend nicht verlassen. Es gebe kaum Wasser, wenige Lebensmittel, große Zerstörung.
Belarus verlegt weitere Truppen an Grenze
Belarus verkündet die Entsendung weiterer Militäreinheiten an die ukrainische Grenze. „Fünf taktische Bataillonsgruppen” sollen zusätzlich zum „Schutz” der Grenzregion im Süden entsandt werden. Kiew befürchtet schon seit längerem, dass Minsk an der Seite Putins in den Krieg eingreifen will. Präsident Lukaschenko versicherte jedoch, dass sich sein Land nicht an der Offensive in der Ukraine beteiligen werde. „Das ist nicht unsere Aufgabe”, bekräftigte er (n-tv).
UN-Vollversammlung verurteilt mit großer Mehrheit russischen Einmarsch in die Ukraine
Die UN-Vollversammlung hat den Angriff Russlands auf die Ukraine mit großer Mehrheit verurteilt und Russland zum Ende seiner Aggression aufgefordert. 141 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen stimmten in New York für eine entsprechende Resolution. 35 Länder enthielten sich, darunter China und Indien. Fünf Länder lehnten den Beschluss ab. Neben Russland auch Belarus, Nordkorea, Syrien und Eritrea. In der Geschichte der UN-Resolutionen hatte eine Resolution bislang maximal 117 Stimmen erhalten. Eine angenommene Resolution in der Vollversammlung ist, anders als Resolutionen des UN-Sicherheitsrats, völkerrechtlich nicht bindend (Tagesschau).
UN: Resolution ES-11/1 der Generalversammlung, verabschiedet am 2. März 2022
Ukraine meldet mehr als 2.000 tote Zivilisten
Bei der russischen Invasion in der Ukraine sind nach Angaben des ukrainischen Rettungsdienstes bislang mehr als 2.000 Zivilisten getötet worden. Hunderte Gebäude seien zerstört worden, darunter Krankenhäuser, Kindergärten und Wohngebäude, heißt es in einer Erklärung. „Jede Stunde verlieren Kinder, Frauen und Verteidigungskräfte ihr Leben“ (Tagesschau).
Bidens Rede zur Lage der Nation: „Putin hat sich verkalkuliert”
US-Präsident Joe Biden hat den russischen Staatschef Wladimir Putin in seiner Rede zur Lage der Nation wegen des Angriffskriegs auf die Ukraine scharf attackiert. Er bezeichnete ihn als „russischen Diktator”. Putin habe versucht, „die Grundfesten der freien Welt zu erschüttern”, sagte Biden. Er kündigte schwere Konsequenzen für die russische Invasion in der Ukraine an. „Er hat keine Ahnung, was auf ihn zukommt”, sagte er. Wenn Diktatoren für ihre Aggressionen keinen Preis zahlten, verursachten sie noch mehr Chaos. Das habe die Geschichte gezeigt (Tagesschau).
Kreml-Kritiker Nawalny ruft zu täglichen Protesten auf
Alexej Nawalny hat die Menschen aufgerufen, jeden Tag um 19.00 Uhr und am Wochenende um 14.00 Uhr gegen den Krieg zu protestieren, sagte seine Sprecherin Kira Jarmisch. „Lassen Sie uns wenigstens nicht zu einer Nation von verängstigten Schweigern werde. Von Feiglingen, die so tun, als würden sie den aggressiven Krieg gegen die Ukraine nicht bemerken, den unser offensichtlich wahnsinniger Zar entfesselt hat”, heißt es in einem bei Twitter veröffentlichten Aufruf (ZDF).
Bisher 5.300 Flüchtlinge in Deutschland eingetroffen
In Deutschland sind bisher mehr als 5.300 Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine eingetroffen. Da es keine regelmäßigen Kontrollen zu EU-Nachbarländern wie Polen mit direkten Grenzen zur Ukraine gebe, sei es aber „sehr gut möglich, dass schon wesentlich mehr Menschen Deutschland erreicht haben”, sagte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Eine verlässliche Prognose über die erwartete Zahl von Kriegsflüchtlingen sei angesichts der „sehr unübersichtlichen” Lage in der Ukraine derzeit noch nicht möglich. Bei den bisher Eingetroffenen handele es sich hauptsächlich um Frauen und Kinder, sagte der Sprecher. Der ganz überwiegende Teil habe die ukrainische Staatsbürgerschaft. Die Flüchtlinge bräuchten bei Vorlage eines biometrischen Reisepasses kein Visum, erläuterte der Sprecher. Mit einem am Donnerstag auf EU-Ebene erwarteten Beschluss zur Aktivierung einer Richtlinie aus dem Jahr 2001 könnten die Betroffenen bis zu drei Jahre in Deutschland bleiben (Stern).
Die meisten Flüchtlinge aus der Ukraine befinden sich derzeit in Polen. Wie viele Menschen aus der Ukraine sind bislang geflohen? In welchen Ländern sind sie angekommen? Wie ist ihre rechtliche Situation? Zahlen und Fakten vom Mediendienst Integration.
USA sperren Luftraum für russische Flugzeuge
Nach der Europäischen Union und Kanada schließen auch die USA ihren Luftraum für russische Flugzeuge. Dies werde Russland weiter isolieren, sagt US-Präsident Joe Biden in seiner ersten offiziellen Rede zur Lage der Nation (n-tv).
Weltbank und IWF: Milliardenhilfe für Ukraine
Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank wollen in den kommenden Wochen und Monaten zusätzliche Finanzmittel in Milliardenhöhe für die Ukraine bereitstellen. Der Krieg treibe die Rohstoffpreise in die Höhe, was die Inflation weiter anheizen könnte. Auch die Störungen auf den Finanzmärkten würden sich weiter verschärfen. Die verhängten Sanktionen würden erhebliche wirtschaftliche Auswirkungen haben (n-tv).
China setzt Handel und Finanzgeschäfte mit Russland fort
China will sich den Finanzsanktionen gegen Russland wegen des Kriegs in der Ukraine nicht anschließen. Peking werde den Handel und die Finanzgeschäfte mit allen betroffenen Parteien normal fortsetzen, teilte der Vorsitzende der Bankenaufsicht, Guo Shuqing, mit. „Wir lehnen die finanziellen Sanktionen ab, vor allem diejenigen, die einseitig verhängt wurden, weil sie kaum eine rechtliche Grundlage haben und keine guten Auswirkungen haben werden", sagte Guo. China ist ein wichtiger Abnehmer von russischem Öl und Gas und die einzige Weltmacht, die den Angriff Russlands auf die Ukraine bislang nicht verurteilt hat. Wird China die EU als Russlands Handelspartner ersetzen? (Deutsche Welle)
1. März 2022
Lagebericht
Besonders umkämpft sind nach wie vor die beiden Städte Kiew und Charkiv im Norden des Landes. In der Nacht soll es wieder mehrere Angriffe gegeben haben, die sich auch am Rag fortsetzten. Da nach Angaben von Experten das militärische Vorrücken Russlands in den letzten Tagen nicht wie geplant erfolgt und ins Stocken geraten sei, ist Russland offenbar dabei, neue Truppenverlegungen in die Wege zu leiten. Zum einen wird über neue Truppenverlegungen in Belarus berichtet, zum andern sei Russland dabei, seine Ost-Truppen näher an Europa heranzurücken. Den russischen Angriffen fallen zunehmend auch Zivilisten zum Opfer. Das russische Militär setzt zunehmend auf den Einsatz von Artillerie, was iin stark bewohnten Gebieten die Gefahr von Opfern unter den Zivilisten erhöht. Offenbar soll Russland nun auch Bomben zum Einsatz bringen, die weiter streuen und eine größere Explosionskraft haben wie etwa Streubomben und Vakuumbomben.
Die Hauptstadt Kiew kommt zunehmend in Bedrängnis. Ein 64 km langer Militärkonvoi mit Panzerfahrzeugen nähert sich weiter der Stadt. Sie erstrecke sich vom Flughafen Hostomel im Nordwesten Kiews bis zum Dorf Prybirsk, das zwischen Kiew und Tschernobyl liegt. Der Generalstab der ukrainischen Armee erklärte am Dienstag, dass sich die russischen Streitkräfte in den letzten 24 Stunden neu formiert und gepanzerte Fahrzeuge und Artilleriewaffen angehäuft hätten, „vor allem um Kiew und die anderen großen Städte der Ukraine einzukreisen und unter ihre Kontrolle zu bringen”. Die russische Armee hatte die Bevölkerung aufgefordert, Kiew auf einer bestimmten Schnellstraße zu verlassen. Die ukrainische Bevölkerung und Militärs hingegen leisten weiterhin Widerstand und bereiten sich auf einen erneuten russischen Angriff, unter anderem errichteten sie behelfsmäßige Barrikaden auf den Straßen. In Kiew werde die Versorgungslage zunehmend schlechter, berichtete ein ORF-Korrespondent. Die Zahl der Supermärkte werde weniger, es seien kaum noch Lebensmittel zu kaufen, die meisten Apotheken im Zentrum seien ebenfalls geschlossen, Nachschub komme kaum noch an, so der Korrespondent: „Die Versorgungslage wird in wenigen Tagen völlig katastrophal sein”.
Die russische Armee teilte mit, Angriffe auf Gebäude der ukrainischen Sicherheitsdienste in Kiew vorzubereiten, um „Cyberangriffe auf Russland zu stoppen”. Bewohner anliegender Gebäude sollten sich in Sicherheit zu bringen. Der Fernsehturm Kiews wurde getroffen, weshalb die Ausstrahlung von Fernsehprogrammen für eine gewisse Zeit unterbrochen war.
Auch um andere Gebietshauptstädte wie Charkiw ziehen sich die russischen Truppen zusammen. Eine gewaltige Explosion erfolgte nach einem Einschlag direkt im Zentrum der Stadt auf dem Freiheitsplatz neben dem Regierungsgebäude. Bei Angriffen werden offenbar zunehmend auch Zivilisten getroffen. Der Bürgermeister Charkiws, Ihor Terechow, sagte, es würden Wohnblöcke beschossen und Zivilisten getötet:"Das ist ein Vernichtungskrieg gegen die Zivilbevölkerung."
Im Süden setzt Russland seine Angriffe ebenfalls fort. Die ukrainische Hafenstadt Mariupol steht ihrem Bürgermeister zufolge unter ständigem Beschuss. Dabei sei Infrastruktur sowie Schulen und Häuser zerstört worden, sagt Wadym Boitschenko. „Es gibt viele Verletzte. Es wurden Frauen und Kinder getötet.” Wohngebiete würden seit fünf Tagen angegriffen. Russland hat die Bevölkerung aufgerufen, die Stadt zu verlassen.
Die russischen Streitkräfte haben nach Angaben aus Moskau offenbar ein wichtiges Küstengebiet im Südosten der Ukraine eingenommen. Die Armee habe "die Kontrolle über die Regionen der Ukraine entlang der Küste des Asowschen Meeres übernommen", erklärte der Sprecher des russischen Verteidigungsministeriums. Der Zugang zum Asowschen Meer gilt als strategisch wichtig. Die Ukraine hat damit den Zugang verloren und Russland hat eine Landverbindung zwischen seinem Kernland und der 2014 annektierten Halbinsel Krim geschaffen.
Da das militärische Vorrücken aus der Sicht Russlands in den vergangenen Tagen nicht wie gewünscht erfolgte und ins Stocken geriet, ist Russland offenbar dabei, neue Truppenverlegungen in die Wege zu leiten. Die USA veröffentlichten Bilder über neue Truppenverlegungen von Kampfhubschraubern und Fahrzeugen in Belarus, weniger als 30 Kilometer von der ukrainischen Grenze entfernt. Indes hat der belarussische Präsident Lukaschenko mitgeteilt, Belarus habe keine Pläne, sich an der russischen Militäroperation in der Ukraine zu beteiligen, Vorwürfe, russische Truppen griffen die Ukraine von belarussischem Territorium aus an, weist er zurück.
Ferner wird berichtet, Russland verlege Truppen aus dem äußeren Osten Russlands näher an Europa heran. Die militärischen Einheiten würden Übungen in der Provinz Astrachan im Südwesten an der Grenze des asiatischen und des europäischen Teils des Landes abhalten, zitierte die Agentur das zuständige Militärkommando. Die Truppen würden vor allem die Verlegung von militärischen Einheiten über große Entfernungen üben.
Offenbar soll Russland nun auch Bomben zum Einsatz bringen, die weiter streuen und eine größere Explosionskraft haben. Nach Darstellung der ukrainischen Botschafterin in den USA hat Russland am Montag auch eine sogenannte Vakuum-Bombe eingesetzt, was nach der Genfer Konvention verboten sei. Eine Aerosolbombe, umgangssprachlich Vakuum-Bombe genannt, verwendet Sauerstoff aus der Umgebungsluft, um eine Hochtemperaturexplosion zu erzeugen. „Die Verwüstung, die Russland der Ukraine zufügen will, ist groß”, so die ukrainische Botschafterin.
Auch Amnesty International hat Russland den Einsatz international geächteter Streumunition in der Ukraine vorgeworfen. Das Recherche-Netzwerk Bellingcat hat Kriegsvideos aus der Ukraine ausgewertet. Demnach nutzt die russische Armee auch Streubomben, die besonders oft zivile Opfer fordern.
Ukraine verklagt Russland vor dem Internationalen Gerichtshof wegen Völkermord
Ein Vorwand für die russische Invasion in der Ukraine ist ein angeblicher Völkermord, ein „Genozid", den die Ukraine an der in der Ukraine lebenden russischen Bevölkerung begehe. Den Vorwurf weist die Ukraine entschieden zurück und beschuldigt ihrerseits Russland, einen Völkermord zu planen. Die Ukraine hat deshalb beim höchsten UN-Gericht eine Völkermordklage gegen Russland eingereicht und fordert Sofortmaßnahmen gegen Russland. Der Chefankläger am Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag, Karim Ahmad Khan, will Ermittlungen wegen potenzieller Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit in der Ukraine aufnehmen. Dies solle „so schnell wie möglich” geschehen (Redaktionsnetzwerk Deutschland).
Lawrow-Rede im UN-Menschenrechtsrat
Per Video war der russische Außenminister Lawrow zugeschaltet und verlas eine lange Erklärung, in der er den Angriff auf die Ukraine mit Menschenrechtsverletzungen sowie Atom-Ambitionen auf ukrainischer Seite rechtfertigte. Aus Protest haben einige Diplomaten vor der Rede des russischen Außenministers Lawrow den Saal des UN-Menschenrechtsrats verlassen.
Putin teilte bekräftige indes seine Forderung, die Regierung in Kiew müsse die „Volksrepubliken” Luhansk und Donezk sowie Russlands Souveränität über die Schwarzmeer-Halbinsel Krim , teilte der Kreml mit. Zudem müsse die Ukraine entmilitarisiert und in einen neutralen Status überführt werden (RND).
UN: Finanzbedarf von 1,5 Milliarden für Ukraine-Hilfe
Das UN-Nothilfebüro Ocha teilte mit, die Vereinten Nationen bräuchten knapp 1,5 Milliarden Euro für humanitäre Hilfe im Ukraine-Krieg. Die Vereinten Nationen schätzen, dass zwölf Millionen Menschen innerhalb der Ukraine Hilfe und Schutz benötigen werden, während mehr als vier Millionen ukrainische Flüchtlinge in den kommenden Monaten in Nachbarländern versorgt werden könnten (Tagesschau).
EU-Sondersitzung im Europäischen Parlament: Selenskyj fordert Beweis für Unterstützung
Der Sondersitzung zugeschaltet war der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj, in einem eindringlichen Appell forderte er einen Beweis, dass die EU die Ukraine unterstützt und einen EU-Beitritt der Ukraine ermöglicht.EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat der Ukraine mindestens 500 Millionen Euro an humanitärer Hilfe in Aussicht gestellt. Die Mittel aus dem EU-Haushalt sollten sowohl im Land selbst als auch für die Flüchtlinge eingesetzt werden, sagte von der Leyen bei der Sondersitzung des Europaparlaments (Spiegel).
Mastercard und Visa sperren russische Finanzinstitute aus
Auch die Kreditkartenanbieter Mastercard und Visa setzen die Sanktionen gegen Russland rasch um. Sie schlossen eine Reihe russischer Geldhäuser aus ihrem Zahlungssystem aus - mit unmittelbaren Folgen für die Kunden (Tagesschau).
Keine Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine über ungarischem Hoheitsgebiet
Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban will es nicht zulassen, dass Waffenlieferungen des Westens an die Ukraine über ungarisches Hoheitsgebiet durchgeführt werden. „Es ist das Interesse der ungarischen Menschen, dass sich Ungarn aus diesem Krieg heraushält", so Orban. Aus diesem Grunde werde Ungarn weder Waffen noch Soldaten ins Kriegsgebiet schicken. In der EU hatte Orban die Sanktionsbeschlüsse gegen Russland sowie die Entscheidung, die Ukraine mit Waffen zu unterstützen, mitgetragen. Zugleich verurteilte er den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine eher halbherzig (Tagesschau).
Türkei verweigert russischen Kriegsschiffen Durchfahrt durch Bosporus
Die Türkei verweigert Kriegsschiffen die Durchfahrt durch den Bosporus und die Dardanellen. Die Regierung beruft sich dabei auf den Vertrag von Montreux. Im Krieg mit der Ukraine warten derzeit mindestens vier russische Kriegsschiffe auf die Erlaubnis zur Durchfahrt (Tagesschau).
Februar 2022 – Kriegsbeginn am 24.02.
Februar 2022 – Kriegsbeginn am 24.02.
28. Februar 2022
Lagebericht
Die russische Armee hat sich mit den ukrainischen Streitkräften weiter Kämpfe im Norden, Osten und Süden des Landes geliefert. Die strategisch wichtigsten Orte wie die Hauptstadt Kiew, die zweitgrößte Stadt Charkiw im Nordosten sowie wichtige Städte mit Zugang zum Schwarzen Meer im Süden wie Cherson und Mykolajiw konnten von ukrainischer Seite weiterhin gehalten werden. Von der Krim aus sollen jedoch russische Bomber und Jagdflugzeuge in Richtung Ukraine gestartet sein, um diese Ziele verstärkt zu attackieren. Mittlerweile soll Russland zwei Drittel seiner an den Grenzen der Ukraine positionierten Truppen auf dem Kriegsgebiet in der Ukraine im Einsatz haben. Gerüchten zufolge könnte neben Tschetschenien, das Russland bereits im Krieg unterstützt, nun auch noch Belarus in den Krieg vor Ort mit eingreifen.
Laut US-Informationen war es den ukrainischen Streitkräften in den vergangenen Tagen vorerst gelungen, den weiteren Vormarsch russischer Truppen auszubremsen. Sowohl die ukrainischen Militärs als auch die Zivilbevölkerung leisten erbitterten Widerstand, hinzu kommen Treibstoff- und Logistikengpässe auf Seiten der russischen Truppen.
Nachdem die Nacht in der Region Kiew zunächst verhältnismäßig ruhig verlief, wurde gegen Morgen wieder vereinzelt von Angriffen berichtet. In der Stadt kommt es weiterhin zu Straßenkämpfen. In Vororten soll es zu heftigen Kämpfen gekommen sein. Die russischen Truppen sollen mittlerweile 20 Kilometer vor Kiew positioniert sein. Satellitenbilder von US-Unternehmen meldeten, ein kilometerlanger russischer Konvoi, bestehend aus Truppen, Panzern und Versorgungsfahrzeugen, bewege sich auf Kiew zu. Bürgermeister Witali Klitschko hatte gewarnt, Kiew stehe am Rande einer humanitären Katastrophe. „Wir haben jetzt noch Strom und Wasser und Heizung in unseren Häusern”, sagte er, „aber die Infrastruktur ist zerstört, um Lebensmittel und Medikamente auszuliefern”. Auf die Frage, ob geplant werde, die Zivilbevölkerung zu evakuieren, sagte er: „Wir können das nicht machen, weil alle Wege blockiert sind. Wir sind jetzt umzingelt.”
Auch auf die zweitgrößte Stadt Kiews Charkiw im Nordosten des Landes sollen weitere Angriffe erfolgt sein. Die Ukraine hatte gestern meldet, die Offensive auf die Stadt konnte vorerst zurückgedrängt werden. In der Region im Süden ist es den russischen Streitkräften gelungen, die Stadt Berdjansk einzunehmen.
Einige Russische Oligarchen kritisieren den Kreml – andere wollen die EU-Sanktionen anfechten
Ungewöhnlich deutlich haben mehrere russische Oligarchen die Regierung in Moskau jetzt für den Einmarsch in der Ukraine kritisiert und ein Ende der Kämpfe gefordert. Wohl auch, weil sich die Sanktionen des Westens auch gegen sie richten. In einem nun veröffentlichten offenen Brief an Putin schrieb der Medienmogul Evgeny Lebedev: „Als Bürger Russlands bitte ich Sie, den Zustand zu beenden, in dem Russen ihre ukrainischen Brüder und Schwestern töten.“ Zuvor hatten auch die Milliardäre Oleg Deripaska und Oleg Tinkow deutliche Kritik am russischen Krieg in der Ukraine geübt.
Derweil hat sich der russische Oligarch Roman Abramowitsch nach eigenen Angaben im Ukraine-Krieg als Vermittler zwischen den Konfliktparteien angeboten. Abramowitsch sei von der ukrainischen Seite kontaktiert und bei den Bemühungen um eine friedliche Lösung um Hilfe gebeten worden.Zuvor hatte der Inhaber des englischen Fußballklubs FC Chelsea seine Führung des Clubs abgegeben.
Indes haben wiederum die russischen Milliardäre, Michail Fridman und Petr Aven angekündigt, die gegen sie erhobenen EU-Sanktionen anzufechten. Sie seien „zutiefst schockiert über die nachweislich falschen Behauptungen in der EU-Verordnung”, mit denen die Sanktionen gegen sie gerechtfertigt werden sollen, ließen die Geschäftsleute mitteilen. Die Vorwürfe seien „fadenscheinig und unbegründet”. Dagegen wollen sie „energisch und mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln” vorgehen.
Verhandlungen an der ukrainisch-belarussischen Grenze - Kein Durchbruch
Heute haben sich Delegationen aus Moskau und Kiew zu Friedensgesprächen an der ukrainisch-belarussischen Grenze getroffen. Das Treffen soll auf Vermittlung des belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko zustande gekommen sein, mit dem Selenskyj telefonierte. Die Teilnehmer der Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine kehren nach Angaben der Delegation aus Kiew zu Beratungen in ihre Heimatländer zurück. Beide Seiten hätten eine Reihe von Themen festgelegt, zu denen es Gesprächsbedarf gebe. Sie hätten eine zweite Gesprächsrunde vereinbart, teilte der ukrainische Unterhändler Mychailo Podoljak mit. Der russische Delegationsleiter Wladimir Medinski sagte, es sei vereinbart worden, die Verhandlungen fortzusetzen.
Präsident Putin bekräftigte derweil seine Bedingungen für ein Ende der Invasion: eine Entmilitarisierung der Ukraine und die Anerkennung der Krim.
UN-Vollversammlung - Dringlichkeitssitzung zu Ukraine hat begonnen
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen ist zu einer seltenen Dringlichkeitssitzung zusammengekommen, um sich mit dem Krieg Russlands gegen die Ukraine zu beschäftigen. Dringlichkeitssitzungen in dieser Form werden nur in selten einberufen, die Verhandlungen erstrecken sich in der Regel über mehrere Tage. Die UN-Resolution, die den Angriff Russlands auf die Ukraine verurteilen sollte, war im UN-Sicherheitsrat tags zuvor von Moskau blockiert worden. Mit großer Mehrheit hatte der UN-Sicherheitsrat dafür gestimmt, den Beschluss daraufhin weiter an die UN-Vollversammlung zu leiten. Der Westen hofft auf eine Isolation Russlands. Es ist erst die 11. Dringlichkeitssitzung überhaupt in der Geschichte der UN-Vollversammlungen.
Sondertreffen der EU-Energieminister wegen Ukraine-Krieg
Angesichts der russischen Invasion in die Ukraine kommen die EU-Energieminister heute zu einem Krisentreffen in Brüssel zusammen. Für Deutschland wird Wirtschaftsminister Robert Habeck in Brüssel zugegen sein. Thema der Gespräche soll die Energiesituation in Europa angesichts des russischen Einmarschs in die Ukraine sein. Vor allem die Frage, mit welchen Alternativen Europa möglichst bald die Abhängigkeit von russischem Gas reduzieren kann.
Russland sperrt Luftraum für Deutschland und 35 weitere Staaten
Als Reaktion auf die Luftraumsperrungen mehrerer Staaten für russische Maschinen dürfen künftig Flugzeuge aus Deutschland und 35 weiteren Staaten nicht mehr über Russland fliegen.
Belarus wird seinen nichtnuklearen und neutralen Status aufgeben
Berichten zufolge wird Belarus seinen Status als nichtnuklearer und neutraler Status aufgeben. In einem Referendum am Sonntag stimmten die Bürger von Belarus für eine Verfassungsänderung, die den Vorschlag zum Verzicht auf den Nichtnuklearstatus billigt. Das bedeutet, Belarus wird Russland erlauben, Atomwaffen in seinem Land zu stationieren, sofern Russland darum bitten sollte. Weiterhin wird davon ausgegangen, dass Belarus bald mit in den Krieg eingreifen und Russlands Armee mit belarussischen Streitkräften vor Ort in der Ukraine unterstützen könnte.
500.000 Menschen aus der Ukraine geflohen
Mehr als eine halbe Million Menschen sind laut UN bereits aus der Ukraine in benachbarte Länder geflohen, die meisten nach Polen. Nach Deutschland kamen bislang 1.800 Menschen. Außenministerin Baerbock betonte, die EU werde alle ukrainischen Flüchtlinge aufnehmen. Insgesamt rechnet die EU mit über sieben Millionen Flüchtlingen. Um ihnen schnell und unbürokratisch helfen zu können, will die EU eine „Massenzustrom“-Richtlinie aus dem Jahr 2001 aktivieren. Konkret könnte Vertriebenen, die wegen des russischen Krieges gegen die Ukraine in die EU kommen, ohne langes Asylverfahren unverzüglich vorübergehender Schutz mit bestimmten Mindeststandards gewährt werden. In allen Mitgliedstaaten soll das gleiche Verfahren gelten und die Flüchtlinge sollen bis zu drei Jahre Schutz in der EU erhalten.
Fast 6.000 Festnahmen in Russland
Laut der Menschenrechtsorganisation Amnesty International wurden bei Protesten in Russland gegen den Ukraine-Krieg bislang mehr als 5.900 Menschen festgenommen. Zudem kritisiert Amnesty die zunehmende Zensur der russischen Medien.
Mögliche EU-Mitgliedschaft der Ukraine: „Wir wollen sie drin haben“
Angesichts des Kriegs gegen die Ukraine fordern einige Politiker, das Land schnell zum Beitrittskandidaten zu machen. Auch der ukrainische Präsident Selenskyj hatte jüngst seine Bitte um eine Aufnahme in die EU wiederholt. Nach dem Willen der EU-Kommissionschefin soll die Ukraine zumindest perspektivisch Teil der Staatengemeinschaft werden. Dem Sender Euronews hatte sie am Sonntag auf die Frage einer Reporterin nach einer Aufnahme der Ukraine gesagt: „Im Laufe der Zeit gehören sie tatsächlich zu uns. Sie sind einer von uns und wir wollen sie drin haben.”
Indes hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nach ukrainischen Angaben ein offizielles EU-Beitrittsgesuch unterzeichnet.
EU finanziert mit 450 Millionen Waffenlieferungen
Unter dem Eindruck des russischen Krieges gegen die Ukraine wendet die EU sich von ihrer bisherigen Linie ab, keine Waffen an Kriegsparteien zu liefern. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte in Brüssel, erstmals in ihrer Geschichte werde die EU den Kauf und die Lieferung von Waffen und militärischer Ausrüstung „an ein angegriffenes Land” finanzieren. 450 Millionen Dollar wurden dafür freigegeben.
Russischer Rubel verliert mehr als 40 Prozent an Wert
Die westlichen Sanktionen gegen Russland machen sich bemerkbar. Die finanziellen Sanktionen gegen einzelne russische Banken greifen ab heute. Da somit wichtige Banken wie die russische Zentralbank an westlichen Finanzmärkten nicht mehr handeln darf, ist der Rubel auf ein historisches Tief gegenüber dem US-Dollar abgestürzt. Die russische Währung verlor massiv an Wert. Für einen Dollar mussten teilweise fast 120 Rubel gezahlt werden. Am Freitagabend waren es noch rund 84 Rubel gewesen. In Russland bilden sich Schlangen vor den Geldautomaten.
IOC: Russische Sportler weltweit ausschließen
Das Internationale Olympischen Komitee hat empfohlen, russische und belarussische Sportler und Funktionäre nicht mehr an internationalen Wettbewerben teilnehmen zu lassen. Fast zeitgleich schloss sich der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) den weltweiten Forderungen nach ebendiesen Maßnahmen an.
Auch die FIFA will Russland für die Fussball-WM suspendieren. Die UEFA hat sich der Suspendierung angeschlossen. Ersten russischen Athleten wurden auch bereits Hymnen und Flaggen bei Siegerehrungen verboten .
27. Februar 2022
Lagebericht
Die russische Armee hat sich mit den ukrainischen Streitkräften weiter heftige Kämpfe im Norden, Osten und Süden des Landes geliefert. Insgesamt gesehen treffen die russischen Truppen nach Angaben der US-Regierung auf einen aus ihrer Sicht unerwartet heftigen Widerstand der Ukrainer. 50 Prozent der entlang der ukrainischen Grenze zusammengezogenen russischen Streitkräfte seien bislang in die Ukraine eingedrungen. Die ukrainische Luftabwehr sei weiterhin einsatzbereit.
Stark umkämpft ist weiterhin die Region Kiew. Die Hauptstadt kann weiterhin gehalten werden, es gibt jedoch zahlreiche Angriffe und die russischen Streitkräfte rücken immer näher. Nach den Worten ihres Bürgermeisters Witali Klitschko am Samstagabend steht Kiew am Rande einer humanitären Katastrophe. „Wir haben jetzt noch Strom und Wasser und Heizung in unseren Häusern”, sagte er, „Aber die Infrastruktur ist zerstört, um Lebensmittel und Medikamente auszuliefern.” Auf die Frage, ob geplant werde, die Zivilbevölkerung zu evakuieren, sagte er: „Wir können das nicht machen, weil alle Wege blockiert sind. Wir sind jetzt umzingelt.” Offenbar wurde bei den Angriffen auch ein Lager mit radioaktiven Abfällen in der Region getroffen, was jedoch keine Auswirkungen auf die Bevölkerung außerhalb der Schutzzone habe. Ferner wird von einem Einschlag in ein Treibstoffdepot südlich von Kiew berichtet, was zu großen Bränden führte. Der strategisch wichtige Flughafen in Hostomel konnte von Russland nach heftigen Kämpfen eingenommen werden. Die Ukraine versucht aber mit Gegenangriffen zu verhindern, dass die russische Armee eine Luftbrücke installieren kann, der Flugplatz ist nur wenige Kilometer von Kiew entfernt. Vom nordwestlichen Rand der Region Kiew berichteten ukrainische Streitkräfte, eine tschetschenische Sondereinheit zerschlagen zu haben, die die russischen Streitkräfte bei ihrem Angriffskrieg unterstützt. Der Kommandeur General Magomed Tuschajew sei getötet sowie eine große Menge an Waffen erbeutet worden.
Auch die zweitgrößte Stadt Kiews Charkiw im Nordosten des Landes ist nach wie vor heftig umkämpft. Mittlerweile sollen die russischen Truppen vorgedrungen und mit leichten Militärfahrzeugen in die Stadt gelangt sein. Russische und ukrainische Truppen liefern sich Straßenkämpfe. Die Ukraine meldet die Verteidigung Charkiws, eine Offensive konnte offenbar zurückgedrängt werden. Bei den Kämpfen um Charkiw ist offenbar eine Erdgasleitung in Flammen aufgegangen.
Auch die Regionen im Süden in der Schwarzmeerregion sind heftig umkämpft. Die russischen Streitkräfte melden die „vollständige Blockade" der Städte Cherson und Berbjansk. Die Stadt Henitschek und ein Flughafen in der Nähe von Cherson sei eingenommen.
Russland verstetzt „Abschreckungskräfte” in Alarmbereitschaft
Russlands Präsident Putin versetzt die sogenannten Abschreckungskräfte des Landes in Alarmbereitschaft. Diese umfassen auch Atomwaffen. NATO-Mitglieder hätten „aggressive Erklärungen” abgegeben, erklärte Putin. Damit bezieht sich der Kreml-Chef offenbar auf die nach seinen Worten „illegalen Sanktionen” gegen Russland und ihn selbst. Die USA sprechen von einer „inakzeptablen Eskalation”. NATO-Generalsekretär Stoltenberg sagte: „Das zeigt, wie ernst die Lage ist und warum wir wirklich zusammenstehen müssen.”
Deutschland plant massive Aufrüstung der Bundeswehr
In einer Sondersitzung des Bundestages sprach Bundeskanzler Scholz von einer „Zeitenwende“. Zur Aufrüstung der deutschen Armee sollen 2022 zusätzliche 100 Milliarden Euro bereitgestellt werden. Außerdem werde Deutschland von nun an mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für den Verteidigungshaushalt aufbringen. Die Ankündigung markiert einen Wendepunkt in der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Deutschland stand der von der NATO geforderten Erhöhung des Wehretats bis zuletzt sehr kritisch gegenüber.
Hunderttausende bei Demonstration in Berlin
Zur heutigen Demonstration in Berlin waren 20.000 Menschen angemeldet. Zusammengekommen ist nach Schätzungen der Polizei eine Teilnehmerzahl im unteren sechsstelligen Bereich. „Stoppt Putin“, „Solidarität mit der Ukraine“, „Russians stand with Ukraine“ oder „Entwaffnet die Männer“ war auf den Schildern zu lesen. Überall wurden blau-gelbe Fahnen geschwenkt, die Flagge der Ukraine.
Ukraine will internationale Truppe mit Freiwilligen aus dem Ausland aufstellen
Die Ukraine hat die Gründung einer „internationalen” Legion für Ausländer angekündigt, die als Freiwillige den Kampf des Landes gegen den russischen Angriff unterstützen wollen. „Dies wird der wichtigste Beweis für Ihre Unterstützung unseres Landes sein”, sagte Präsident Wolodymyr Selenskyj in einer Erklärung über die neue „Fremdenlegion” der Ukraine.
Angaben zu Todesopfern
Im Krieg in der Ukraine hat Russland bislang keine Angaben über Verluste in den eigenen Reihen gemacht. Die ukrainischen Behörden geben an, Russland habe seit Kriegsbeginn 3.500 Soldaten durch Tod oder Verwundung verloren. Die Ukraine sprach bis zum Samstag von 198 getöteten ukrainischen Zivilisten, mehr als 1.100 seien verletzt. Was ukrainische Soldaten anbelangt, hatte der ukrainische Präsident in der Nacht zu Freitag von 137 getöteten Soldaten gesprochen. Es muss aber davon ausgegangen werden, dass die Zahl der Opfer inzwischen deutlich höher liegt.
Die Ukraine hat an das Rote Kreuz appelliert, dort im Kampf getötete russische Soldaten in deren Heimat zu überführen. Der ukrainische UN-Botschafter Sergij Kyslytsja sagte, Eltern in Russland sollten die Gelegenheit bekommen, „sie in Würde beizusetzen”. Es dürfe nicht zugelassen werden, dass der russische Präsident Wladimir Putin „das Ausmaß der Tragödie” verberge, forderte der UN-Botschafter.
Verschärfte Sanktionen: SWIFT-Ausschluss russischer Banken
Deutschland, die USA und andere westliche Verbündete haben einen Ausschluss russischer Finanzinstitute aus dem Bankenkommunikationsnetzwerk Swift beschlossen. Damit verschärfen die Bündnispartner ihre Sanktionen deutlich. Der Ausschuss aus dem Swift-System betrifft laut Regierungssprecher Hebestreit jene Banken, „die bereits von der internationalen Gemeinschaft sanktioniert sind” sowie weitere Banken, sollte dies „erforderlich" sein. „Damit sollen diese Institute von den internationalen Finanzströmen abgeklemmt werden, was ihr globales Agieren massiv einschränken wird", erklärte der Sprecher. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erklärt, man wolle Putin wirtschaftlich isolieren und an der „Finanzierung seines Krieges" hindern. Betroffen ist nicht der gesamte Zahlungsverkehr. Außenministerin Annalena Baerbock und Wirtschaftsminister Robert Habeck hatten sich für „eine gezielte und funktionale Einschränkung von Swift“ ausgesprochen.
Diese ersten Swift-Sanktionen würden jedoch ausgerechnet die Energiegeschäfte mit Russland ausnehmen, so „Business Insider". Allen bisherigen Sanktionen zum Trotz fließe unser Geld weiter nach Russland. Die jüngste Entscheidung, einige russische Banken vom Zahlungssystem Swift auszuschließen, ändere daran kaum etwas. Mit dem weiterhin betriebenen Handel mit Gas, Öl und Kohle könne Russland auch weiterhin seinen Krieg finanzieren.
China weiterhin gegen Russland-Sanktionen
In einer aktuellen Stellungnahme hat die chinesische Regierung unterstrichen, dass sie weiterhin den Einsatz von Sanktionen gegen Russland ablehnt. Außenminister Wang Yi sagte, China sei „gegen einseitige Sanktionen, die keine Grundlage in internationalem Recht haben”. Peking bezeichnet die Strafmaßnahmen als illegal.
EU-Staaten sperren Luftraum für russische Flugzeuge
Die baltischen Staaten sowie Polen, Tschechien und Bulgarien haben bereits ihren Luftraum für russische Maschinen gesperrt. Auch die Bundesregierung bereitet eine Sperrung des deutschen Luftraums vor.
26. Februar 2022:
Lagebericht
In der Nacht wurden wieder Ziele in der Region um Kiew ins Visier genommen. Russische Truppen beschossen eine Kaserne der ukrainischen Streitkräfte im Westen von Kiew. Das teilte die ukrainische Armee mit. Der Angriff sei zurückgeschlagen worden. Die Kaserne liegt etwa sieben Kilometer vom Zentrum der Millionenstadt entfernt. Russische Truppen versuchten zudem, das Heizkraftwerk Nr. 6 anzugreifen. Es liegt im äußersten Nordosten Kiews auf dem rechten Ufer des Flusses Dnipro. Ferner gab es Kämpfe um einen 40 kmvon Kiew gelegenen Luftwaffenstützpunkt bei Wassylkiw. Russische Truppen haben versucht, ihn mit Fallschirmjägern zu erobern. Auch vom Gebiet um das Zentrum Kiews sei Artilleriebeschuss zu hören gewesen. Unter anderem wurde auch ein Hochhaus im Zentrum getroffen. Die Behörden warnten die Bevölkerung vor Straßenkämpfen. Insgesamt gesehen sei die Lage in Kiew unter Kontrolle, es gebe derzeit keine größere russische Militärpräsenz in der Hauptstadt, so der Bürgermeister der Stadt Vitali Klitschko. Allerdings seien Gruppen von Saboteuren aktiv. Nach Angaben des ukrainischen Innenministers verteilen die Behörden in Kiew angesichts des erwarteten Großangriffs 25.000 Waffen an die Bevölkerung.
Im Süden des Landes wird ebenfalls von heftigen Kämpfen berichtet. Auch in der Nähe der Hafenmetropole Odessa im Südwesten des Landes wird laut ukrainischen Angaben gekämpft. Befürchtet wird, dass russische Truppen bald die strategisch wichtige Hafenstadt an der Schwarzmeerküste einnehmen könnten. Laut eigenen Angaben haben russische Streitkräfte die Stadt Melitopol in der Südost-Ukraine eingenommen.
Derweil hat sich der ukrainische Präsdient Selenkyjin einem Selfie-Video an die Bevölkerung gewandt: „Ukrainer, weil schon so viele Fakes im Umlauf sind, dass ich unsere Armee angewiesen hätte, sich zu ergeben - es ist so: Ich bin hier, wir legen die Waffen nicht nieder, wir werden unsere Verteidigung fortsetzen.”
NATO verlegt Kräfte der schnellen Eingreiftruppe NRF nach Rumänien
Zur Verstärkung der Ostflanke und zur Abschreckung Russlands verlegt die Nato Kräfte der schnellen Einsatztruppe NRF in das ukrainische Nachbarland Rumänien.
Geberkonferenz: 20 Länder liefern Waffen an die Ukraine
Immer mehr westliche Partner wollen der Ukraine mit Waffen aushelfen: Auf einer Geberkonferenz sollen mehr als 20 Zusagen zusammengekommen sein. Es geht um Flugabwehrraketen, Gewehre und Munition.
Deutschland liefert Waffen an die Ukraine
Bundeskanzler Olaf Scholz meldete via Twitter, Deutschland werde 1000 Panzerabwehrwaffen und 500 Boden-Luft-Raketen aus Bundeswehrbeständen an die Ukraine schicken. Zuvor wurde bekannt gegeben, dass Deutschland nun auch die Panzerfaust-Lieferungen an die Ukrainegenehmigen werde. Die Bundesregierung hat die Niederlande ermächtigt, 400 Panzerfäuste aus deutscher Produktion an die Ukraine zu liefern, um den Kampf gegen russische Angreifer zu unterstützen. Zudem sollen 14 gepanzerte Fahrzeuge ausgeführt werden.
Mehrere europäische Länder sperren Luftraum für russische Flugzeuge
Polen, Bulgarien und Tschechien haben den Luftraum für russische Flugzeuge gesperrt. Auch das Vereinigte Königreich ist diesen Schritt bereits gegangen.
„Stoppt Putin“: weltweite Proteste gegen russischen Krieg in der Ukraine
„Stoppt Putin“, „Kein Krieg“ oder „Helft Selenskyj“: Weltweit gleichen sich die Botschaften der Demonstrantinnen und Demonstranten. In zahlreichen Städten von London über Taipeh bis Tokio gingen am Samstag Tausende Menschen auf die Straße, um gegen den russischen Krieg in der Ukraine zu protestieren.
Hunderttausende auf der Flucht – 120.000 bereits in Nachbarländern angekommen
Mittlerweile sollen sich Hunderttausende Menschen aus der Ukraine auf der Flucht befinden. Laut UN haben bereits mehr als 120.000 Menschen das Land verlassen und sind in den Nachbarländern Polen, Ungarn, Rumänien und der Slowakei angekommen. An den Grenzen sollen sich teils tragische Szenen abspielen, da auch Männer über 18 Jahren versuchen würden, die Ukraine zu verlassen: Viele Männer seien kurz vor der Grenze aus den Zügen gezerrt worden, berichtete einer Kiewerin unter Tränen. Selbst Väter, die mit ihren Kindern unterwegs gewesen seien, hätten das Land nicht verlassen dürfen. Die Ulraine hatte eine Generalmobilmachung erlassen, wonach Männer zwischen 18 und 60 Jahren das Land nicht verlassen dürfen.
Russische Teilrepublik Tschetschenien unterstützt russische Militäroffensive
Die russische Teilrepublik Tschetschenien hatte Moskau ihre Unterstützung bei der Militäroffensive in der Ukraine angeboten. Republikchef Ramsan Kadyrow habe im Zentrum der Hauptstadt Grosny 15.000 Soldaten aufmarschieren lassen, um ihre Gefechtsbereitschaft zu überprüfen. Sie seien bereit, bei jedwedem Spezialeinsatz mitzuwirken, sollten sie gebraucht werden, hatte Kadyrow erklärt. Außerdem rief er den ukrainischen Präsidenten Selenskyj auf, sich beim russischen Staatschef Putin zu entschuldigen.
Laut Kadyrwo sind offenbar tschetschenische Spezialkräfte bereits in der Ukraine mit der Mission, gezielt Jagd auf ukrainische Politiker und die prominentesten Putin-Gegner zu machen, wie der „Stern“ berichtet. Laut US Geheimdiensten soll es eine Todesliste mit ukrainischen Politikern geben. Präsident Selenskyj hatte auf dem jüngsten EU-Gipfel in einer emotionalen Rede per Videoschalte ebenfalls Bezug auf die Todesliste genommen: „Ich weiß nicht, ob ich Sie wiedersehen werde, denn ich stehe auf der (russischen) Todesliste.”
Staatschef Ramsan Kadyrow regiert die russische Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus seit 2007 wie ein Diktator. Er präsentiert sich als treuer Putin-Soldat und gilt als russischer Statthalter in Tschetschenien.
UN-Sicherheitsrat: Resolution gegen Russland scheitert
Eine gegen Russlands Einmarsch in die Ukraine gerichtete Resolution ist im UN-Sicherheitsrat gescheitert. Moskau legte bei der Abstimmung im mächtigsten Gremium der Vereinten Nationen in New York wie erwartet ein Veto gegen den Text ein - China jedoch enthielt sich zusammen mit zwei weiteren Ländern.
Peking übt leise Kritik an Moskaus Vorgehen: „China ist zutiefst besorgt“
Bei der Abstimmung im UN-Sicherheitsrat gegen den russischen Einmarsch enthielt sich China, anstatt sich auf die Seite Moskaus zu stellen. Im Anschluss gab es sogar kritische Töne von Pekings Botschafter in Richtung des Kremls: „China ist zutiefst besorgt über die jüngsten Entwicklungen der Lage in der Ukraine. Jetzt sind wir an einem Punkt angelangt, den wir nicht sehen wollen”, sagte UN-Botschafter Zhang Jun am Freitag bei der Dringlichkeitssitzung im UN-Sicherheitsrat. „Wir glauben, dass die Souveränität und territoriale Integrität aller Staaten respektiert und die Ziele und Prinzipien der UN-Charta allesamt gewahrt werden sollten.” Man unterstütze Verhandlungen Russlands und der Ukraine bei der Lösung des Konflikts.
Ungarn bietet sich als Gastgeber für Verhandlungen an
Ungarn hat sich als Gastgeber für Verhandlungen zwischen der Ukraine und Russland angeboten. Budapest könne als sicherer Ort für die russische und ukrainische Verhandlungsdelegation dienen, sagte der ungarische Außenminister Peter Szijjarto. Russlands Außenminister Sergej Lawrow und der ukrainischen Präsidentenberater Andrij Jermak hätten nicht abgelehnt. Beide wären dankbar und denken darüber nach, so Szijjarto. Er fügte hinzu: „Ich hoffe aufrichtig, dass es innerhalb von Stunden oder Tagen eine Einigung über die Aufnahme von Gesprächen geben wird.” Das NATO- und EU-Mitglied Ungarn pflegt unter Ministerpräsident Viktor Orban enge Beziehung zu Russland und Präsident Wladimir Putin. Den russischen Einmarsch in die Ukraine verurteilte Orban jedoch.
25. Februar 2022:
NATO verlegt schnelle Eingreiftruppe zur Abschreckung
Die NATO verlegt zur Abschreckung Russlands Einheiten ihrer schnellen Einsatztruppe NRF. Das kündigte Generalsekretär Jens Stoltenberg am Freitag nach einer Videokonferenz der Staats- und Regierungschefs der 30 Bündnisstaaten an. Er sagte zunächst nicht, wohin die Einheiten verlegt werden sollen. Es sei das erste Mal, dass Teile der NRF im Zuge der Abschreckung und Verteidigung des Bündnisgebiets verlegt würden, sagte Stoltenberg. Die Maßnahmen seien „präventiv, verhältnismäßig und nicht eskalierend”.
Putin fordert Ukraines Armee zum Putsch auf
In einer neuerlichen Ansprache wendet sich Russlands Präsident Putin an die ukrainische Armee und fordert sie auf, die Macht in Kiew zu übernehmen und Präsident Wolodymyr Selenskyj und sein Umfeld zu stürzen: „Nehmt die Macht in Eure Hände. Mir scheint, Verhandlungen zwischen Euch und uns wären einfacher”, sagte er in einer an die ukrainischen Streitkräfte gerichteten Rede, die im russischen Fernsehen übertragen wurde.
Russland offenbar zu Verhandlungen mit Ukraine bereit - mit Bedingungen
In der Nacht hatte Ukraines Präsident Selenskyj Russlands Machthaber Putin zur Abwendung eines Krieges ein Gesprächsangebot gemacht. Er schlug Putin vor, über einen neutralen Status der Ukraine zu verhandeln. Nun hat der Kreml offenbar erklärt, Russland sei bereit zu Verhandlungen mit der Ukraine. Der Vorschlag sei als Schritt in die richtige Richtung aufgenommen worden, so Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag. Allerdings sollten die Verhandlungen in Belarus stattfinden. Moskau sei bereit, eine russische Delegation zu Gesprächen in die belarussische Hauptstadt Minsk zu schicken, sagte Peswok. Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko sei bereit, die Bedingungen für ein Treffen der russischen und der ukrainischen Delegation zu schaffen. Putin habe mit Lukaschenko darüber gesprochen, dass ein Ort mit Garantien für die Sicherheit der Verhandlungen nötig sei.
Allerdings würden die Verhandlungen offenbar nur stattfinden können, wenn die Ukraine die Waffen niederlege: „Wir sind jederzeit zu Verhandlungen bereit, sobald die ukrainischen Streitkräfte auf unsere Aufforderung reagieren und ihre Waffen niederlegen", so Russlands Außenminister Lawrow.
Über das Neutralitätsangebot Politikwissenschaftler Christian Hacke im Interview: „Vielleicht ein kleiner Funke Hoffnung”
Weitere Sanktionen: EU will Vermögen von Putin und Lawrow einfrieren
Die EU will auch den russischen Präsidenten Wladimir Putin und Außenminister Sergej Lawrow auf ihre Sanktionsliste setzen. Das bedeutet, dass sich auf Banken in der Europäischen Union befindliche Vermögenswerte eingefroren werden. Unklar ist ob auch ein Einreiseverbot gelten soll.
Ein Lagebericht - Ruf nach Waffenlieferungen
„Für die Ukraine geht es in den nächsten Tagen um die nationale Existenz", sagt der Kiewer Analyst Mykola Bielieskov im Interview. Er beschreibt die militärische Situation in der Hauptstadt und den ukrainischen Ruf nach Waffenlieferungen:
„Die Lage ist unter Kontrolle, würde ich sagen. Seit gestern greift Russland von drei Seiten Kiew an - die russischen Truppen konnten teils vorrücken, aber wurden auch gestoppt. Die ukrainischen Streitkräfte haben in hohem Ausmaß Panzerabwehrlenkwaffen aus eigener Produktion und aus den von den USA und Großbritannien gelieferten Beständen eingesetzt. Die ukrainische Artillerie funktioniert - jedenfalls gibt es sehr viele Aufnahmen von Schäden, die sie der russischen Artillerie zugefügt hat. (...) Die Streitkräfte, Nationalgarde, Grenzschutz, Geheimdienste - sie alle versuchen, kostbare Zeit für die Mobilmachung zu gewinnen. Was wir haben, ist „manpower“: Die Bevölkerung ist in weiten Teilen bereit, zu kämpfen und auch ihr Leben zu lassen – für sie ist es ein Krieg um die Existenz als Nation. Aber wir brauchen westliche Lieferungen von Panzerabwehrlenkwaffen, Kommunikationssystemen und anderen Systemen aus dem Westen. Die nächsten Tage können wir noch schaffen, aber dann würden wir Nachschub benötigen.”
Angriff auf Kiew
Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte gewarnt, seine Regierung habe Informationen, subversive Gruppen hätten vor, in die Stadt vorzudringen. Auch die US-Regierung befürchtet, die ukrainische Hauptstadt könne bald in russische Hand fallen, so US-Außenminister Blinken. Er gehe zudem davon aus, dass der russische Präsident Putin durch den Angriff auf die Ukraine die dortige Regierung stürzen und stattdessen eine Marionettenregierung installieren wolle.
Zunächst wurde von Raketenangriffen in Kiew berichtet. Daraufhin drang die russische Armee als ukrainisches Militär getarnt vereinzelt in die Hauptstadt Kiew vor. Es wurde von Häuserkämpfen berichtet. Mittlerweile sind offenbar auch russische Militärfahrzeuge in den Norden Kiews vorgedrungen. Das ukrainische Militär liefert sich im Großraum Kiew nach eigenen Angaben heftige Gefechte mit russischen Truppen.
Kiew rief alle Bürgerinnen und Bürger auf, sich möglichst in Luftschutzbunkern in Sicherheit zu bringen. Der ukrainische Präsident hat sich mit einem verzweifelten Appell an alle NATO-Staaten einzeln gewandt und um Unterstützung gebeten – niemand habe geantwortet, alle hätten Angst. Auch die Bevölkerung ist angesichts des raschen Vorrückens der russischen Armee überrascht und versucht verzweifelt, sich irgendwo in Sicherheit zu bringen.
Demonstrationen gegen Krieg: 1.700 Festnahmen in Russland
Tausende Menschen haben in Moskau und 50 weiteren Städten Russlands gegen den Angriff der russischen Armee auf die Ukraine protestiert. Sicherheitskräfte gingen gegen die Demonstrationen vor. Bürgerrechtler sprechen von mehr als 1.700 Festnahmen. Auch in anderen Städten Europas gab es Kundgebungen gegen den Krieg.
24. Februar 2022: Russland hat Angriffskrieg gegen Ukraine begonnen
Scholz in Rede an die Nation: „Putin wird nicht gewinnen”
Dieser Krieg, so Scholz, sei nicht der Krieg des russischen Volkes – „dieser Krieg ist Putins Krieg". Der russische Präsident wolle die Zeit zurückdrehen. „Aber es gibt kein Zurück in die Zeit des 19. Jahrhunderts, als Großmächte über die Köpfe kleinerer Staaten hinweg entschieden”, sagte Scholz. „Putin wird nicht gewinnen. Europas Völker wollen eine Zukunft in Frieden und Freiheit.”
EU-Krisengipfel: Umfangreiches Sanktionspaket beschlossen
Die 27 Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union haben heute in einer Sondersitzung in Brüssel ein umfangreiches Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Das Paket sieht Sanktionen in den Bereichen Energie, Finanzen und Transport, Exportkontrollen und Visabeschränkungen vor. Es sei wichtig, dass die EU weiter geschlossen und bestimmt handle, sagte EU-Ratspräsident Michel und verurteilte die „aggressiven Aktionen" Russlands. Diese verletzten das Völkerrecht sowie die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine. Zudem würden sie die europäische Sicherheitsordnung untergraben. Russland müsse für seine Handlungen zur Rechenschaft gezogen werden. Es gehe darum, die auf Regeln basierende internationale Ordnung zu schützen und die Ukraine und ihre Bevölkerung zu unterstützen, so Michel.
NATO-Sondersitzung: Verteidigungspläne aktiviert
Vertreter der 30 NATO-Staaten sind heute wegen des russischen Angriffs auf die Ukraine zu einer Krisensitzung des Nordatlantikrats in Brüssel zusammengekommen. Es wurde beschlossen, die Verteidigungspläne zu aktivieren, um eine schnelle Truppenbewegung zu ermöglichen. Damit kann die NATO-Führung nun zusätzliche Truppen und andere Einheiten anfordern. Im Notfall könne auch die Eingreiftruppe NATO Response Force (NRF) eingesetzt werden. Sie umfasst bis zu 40.000 Soldaten. Die Gefahr, dass sich der russische Krieg gegen die Ukraine auf das Bündnisgebiet ausweitet, sieht Stoltenberg aber nicht. „Solange Russland weiß, dass ein Angriff auf einen NATO-Verbündeten eine Antwort des gesamten Bündnisses auslöst, werden sie nicht angreifen.” Um die Abschreckung zu verstärken, werde man aber zusätzliche Truppen an die Ostflanke schicken, sagte Stoltenberg. Insbesondere in Estland, Lettland und Litauen ist die Sorge groß, dass Russland nicht nur die Ukraine, sondern auch sie angreifen könnte. Militärische Unterstützung für die Ukraine gilt unterdessen weiter als ausgeschlossen. Da die Ukraine kein Mitglied des Bündnisses ist, kann sie auch nicht nach Artikel 5 des Nordatlantikvertrags Beistand beantragen. Erklärung des Nordatlantikrats zum Angriff Russlands auf die Ukraine vom 24.02.2022
Auch wenn der NATO-Bündnisfall im Falle der Ukraine nicht greift, hat der ukrainische Präsident Selenskyj andere Staaten zur Verteidigungshilfe aufgerufen. Er fordert Hilfe bei dem Schutz des ukrainischen Luftraums.
Russland hat den Krieg begonnen - Ukraine ruft Kriegszustand und Generalmobilisierung aus
Russland hat einen flächendeckenden Angriff auf die Ukraine gestartet und mit Bombardierungen begonnen. Die Ukraine hat den Kriegszustand ausgerufen. Nach Angaben der russischen Regierung ist die Infrastruktur der Luftwaffenstützpunkte in der Ukraine bereits erfolgt. Zuvor hatte das russische Verteidigungsministerium angekündigt: „Die militärische Infrastruktur, Einrichtungen zur Luftverteidigung, Militärflugplätze und die Luftwaffe der ukrainischen Streitkräfte werden mit Hochpräzisionswaffen außer Gefecht gesetzt." Nach Angaben der Ukraine werde ihre Staatsgrenze auch aus Belarus angegriffen. Der ukrainische Grenzschutz berichtet vom Vordringen russischer Bodentruppen in verschiedene Gebieten in der Ukraine. In mehreren nördlichen Regionen und von der annektierten Halbinsel Krim aus habe die Armee mit Panzern und weiterem schweren Gerät die Grenze passiert und sei auf dem Vormarsch. Überall im Land wird von Explosionen berichtet. Die Bevölkerung in den Städten versucht, in ländliche Regionen zu gelangen oder in Richtung Westen zu gelangen, um das Land zu verlassen. Landesweit kommt es zu langen Staus auf den Straßen.
Putins Rede zur Lage:
In einer Fernsehansprache warnt Präsident Putin andere Staaten davor, sich Russland in den Weg zu stellen. Das würde Konsequenzen nach sich ziehen, wie sie sie noch nicht erlebt hätten. Die ukrainische Bevölkerung hat er aufgerufen, die Waffen niederzulegen.
Auszüge aus der Rede:
„Wir haben nicht vor, die ganze Ukraine zu besetzen, aber sie zu demilitarisieren. Das Ziel der russischen Spezialoperationen ist es, die Menschen zu schützen, die acht Jahre lang vom Kiewer Regime misshandelt und ermordet wurden. Zu diesem Zweck werden wir versuchen, die Ukraine zu entmilitarisieren und zu entnazifizieren und diejenigen vor Gericht zu bringen, die zahlreiche blutige Verbrechen gegen die Zivilbevölkerung, einschließlich russischer Bürger, begangen haben. Zusammenstöße zwischen Russland und nationalistischen Kräften in der Ukraine sind unvermeidlich. (...) Russland kann sich nicht sicher fühlen, sich nicht entwickeln und nicht existieren, wenn es ständig von der Ukraine bedroht wird. Die Aneignung der Ukraine durch das Nordatlantische Bündnis ist inakzeptabel. Die russische Politik basiert auf Freiheit, und dieses Recht sollte jeder genießen können, auch die Einwohner der Ukraine. (...)
Die Umstände verlangen von uns, dass wir entschlossen und sofort handeln. Die Volksrepubliken des Donbass haben Russland um Hilfe gebeten. In diesem Zusammenhang habe ich gemäß Artikel 51 Absatz 7 der UN-Charta, mit Genehmigung des Föderationsrates und in Übereinstimmung mit den von der Föderationsversammlung ratifizierten Freundschafts- und Beistandsverträgen mit der Donezker Volksrepublik und der Luhansker Volksrepublik beschlossen, eine besondere Militäroperation durchzuführen.
Liebe Kameraden! Ihre Väter, Großväter und Urgroßväter haben nicht gegen die Nazis gekämpft, um unser gemeinsames Vaterland zu verteidigen, damit die heutigen Neonazis die Macht in der Ukraine übernehmen können. Ich fordere euch auf, die kriminellen Befehle nicht auszuführen, die Waffen sofort niederzulegen und nach Hause zu gehen. (...)
Jetzt ein paar wichtige, sehr wichtige Worte für diejenigen, bei denen die Versuchung aufkommen könnte, sich von der Seite in das Geschehen einzumischen. Wer auch immer versucht, uns zu behindern, geschweige denn eine Bedrohung für unser Land und unser Volk zu schaffen, muss wissen, dass die Antwort Russlands sofort erfolgen und zu Konsequenzen führen wird, die Sie in Ihrer Geschichte noch nie erlebt haben. ”
Die volle Rede im Wortlaut
23. Februar 2022:
Landesweiter Ausnahmezustand in der Ukraine
Der ukrainische Sicherheitsrat hat die Ausrufung des Ausnahmezustands für das ganze Land angekündigt. Das ukrainische Parlament hat den landesweiten Ausnahmezustand daraufhin offiziell bestätigt. Das beziehe sich zunächst auf die kommenden 30 Tage. Möglich seien unter anderem Ausgangssperren. Auch verstärkte Polizeipräsenz und das Recht auf willkürliche Kontrollen von Personen und Autos wären nun zulässig.
Ukrainisches Parlament billigt Gesetzentwurf zum Tragen von Waffen für Privatpersonen
Ferner hat das ukrainische Parlament in erster Lesung einen Gesetzentwurf gebilligt, der Privatpersonen das Tragen von Schusswaffen und das Handeln zur Selbstverteidigung erlaubt. „Die Verabschiedung dieses Gesetzes liegt voll und ganz im Interesse des Staates und der Gesellschaft”, erklärten die Verfasser des Gesetzentwurfs. Aufgrund „bestehender Bedrohungen und Gefahren für die Bürger der Ukraine” sei das Gesetz sei erforderlich.
Teilmobilmachung: Ukrainische Reservisten werden einberufen
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat angesichts der Zuspitzung im Konflikt Reservisten einberufen. Eine Generalmobilmachung sei aber nicht nötig, sagte Selenskyj. Einberufen würden Mitglieder der operativen Reserve für eine bestimmte Zeit. Die ukrainischen Streitkräfte verfügen über 250.000 Soldaten. Außerdem gibt es rund 140.000 Reservisten. Die operative Reserve wird normalerweise bei anhaltenden Feindseligkeiten aktiviert.
22. Februar 2022:
EU und USA verhängen Sanktionen
Das Sanktionspaket der EU umfasst ein Handelsverbot für russische Staatsanleihen. Außerdem sollen mehrere Hundert Personen und Unternehmen auf die EU-Sanktionsliste gesetzt werden, darunter auch die rund 350 Abgeordnete des russischen Parlaments, die für die russische Anerkennung der selbst ernannten „Volksrepubliken“ Luhansk und Donezk in der Ostukraine gestimmt haben. Betroffen sind auch Banken, die in der Ostukraine Geschäfte machen. Von Personen, Organisationen und Unternehmen, die auf die EU-Sanktionsliste stehen, werden sämtliche in der EU vorhandenen Vermögenswerte eingefroren. Zudem dürfen gelistete Personen nicht mehr in die EU einreisen. Mit den Betroffenen dürfen auch keine Geschäfte mehr gemacht werden.
Auch US-Präsident Biden hat neue Sanktionen gegen Russland angekündigt, die sich gegen zwei große Banken, gegen den Handel mit russischen Staatsanleihen und gegen Unterstützer des russischen Präsidenten Wladimir Putin richten werden.
Russland-Sanktionen – Deutschland stoppt Nord Stream 2
Als Reaktion auf die russische Anerkennung der Separatistengebiete in der Ostukraine legt Bundeskanzler Olaf Scholz die Inbetriebnahme der Ostsee-Pipeline Nord Stream 2 auf Eis. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck betonte, auch wenn Nord Stream 2 auf Eis liege, sei die Versorgung Deutschlands mit Gas weiterhin gewährleistet. Er rechne allerdings durch die militärischen Spannungen in der Ukraine mit einem weiteren Anstieg der Gaspreise.
UN-Sicherheitsrat: Verstoß gegen die UN-Charta
Die Vereinten Nationen haben den Entsendungsbefehl von russischen Truppen in den Osten der Ukraine als Verstoß gegen die UN-Charta kritisiert. Bei der kurzfristig anberaumten Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrates in New York sagte die UN-Beauftragte für politische Angelegenheiten Rosemary DiCarlo: „Die nächsten Stunden und Tage werden entscheidend sein. Das Risiko eines größeren Konflikts ist real und muss um jeden Preis verhindert werden." Die USA bezeichneten den Entsendungsbefehl als ersten Schritt zum vollständigen Einmarsch.
21. Februar 2022:
EU-Rat beschließt 1,2 Milliarden Hilfspaket für Ukraine
Der Rat der Europäischen Union hat für die Ukraine ein Hilfspaket in Höhe von 1,2 Milliarden Euro genehmigt. Es handelt es sich um ein einjähriges Darlehen, das die Ukraine wirtschaftlich und finanziell stabilisieren soll.
EU und USA: „Eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht”
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Ratspräsident Charles Michel verurteilten die Entscheidung des russischen Präsidenten Wladimir Putin, die Separatistengebiete im Osten der Ukraine als unabhängige „Volksrepubliken” anzuerkennen, auf das Schärfste. „Die Anerkennung der beiden Separatistengebiete in der Ukraine ist ein eklatanter Verstoß gegen das Völkerrecht, die territoriale Integrität der Ukraine und die Vereinbarungen von Minsk", schrieben sie. „Die EU und ihre Partner werden geschlossen, entschlossen und bestimmt in Solidarität mit der Ukraine reagieren."
Putin erkennt prorussische Separatistenrepubliken als unabhängige Staaten an
Nach der heutigen Beratung im Nationalen Sicherheitsrat hat der russische Präsident Putin in einer TV-Ansprache an die Nation mitgeteilt, die Separatistengebiete Donezk und Luhansk im Osten der Ukraine als unabhängig anzuerkennen. Damit hat Putin mit den Vereinbarungen des Minsker Abkommens gebrochen. Dort ist geregelt, dass diese Gebiete schrittweise wieder in den ukrainischen Staat integriert werden sollen. Russland habe alles dafür getan, die territoriale Unversehrtheit der Ukraine zu bewahren und das Minsker Abkommen zu retten. „Alles vergeblich”, so Putin. Darum und wegen des anhaltenden „Genozids“ an der russischsprachigen Bevölkerung im Donbass halte er es für nötig, „die längst überfällige” Entscheidung zur Anerkennung der Volkrepubliken zu treffen. Zugleich möchte er mit den Vertretern der beiden Separatistenrepubliken einen Vertrag über „Freundschaft und Beistand” schließen. Zudem stellte Putin die Staatlichkeit der Ukraine infrage. Er erklärte: „Die Ukraine ist nicht einfach ein Nachbarland. Sie ist integraler Bestandteil unserer Geschichte, Kultur und unseres spirituellen Kontinuums." Damit spielt er auf den gemeinsamen Ursprung beider Länder in der „Kiewer Rus" an.
Putin ordnet Entsendung von Truppen in die Ostukraine an
Mit der Anerkennung der Separatistenrepubliken wird aus Russlands Sicht eine Stationierung russischer Soldaten in diesen Gebieten möglich. Tatsächlich hat Russlands Präsident Putin nun die Entsendung von Truppen in die Ostukraine angeordnet. Die Einheiten sollen in den von Moskau nun als unabhängige Staaten anerkannten „Volksrepubliken Luhansk und Donezk” für Frieden sorgen, Wann die Soldaten entsendet werden, war zunächst unklar.
Bei Treffen der EU-Außenminister fordert Ukraine sofortige Sanktionen gegen Russland
Die Ukraine fordert von der Europäischen Union mehr Druck auf Russland. Beim heutigen Treffen der EU-Außenminister in Brüssel hat der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sofortige Sanktionen gegen Russland gefordert. Man erwarte nicht nur politische Botschaften, sondern konkrete Maßnahmen: „Wir sind der Auffassung, dass es gute und legitime Gründe gibt, zumindest einige Sanktionen zu verhängen”, sagte Kuleba. Damit könne demonstriert werden, dass die EU nicht nur über Sanktionen spreche, sondern auch handele.
Erneutes Gipfeltreffen zwischen Biden und Putin?
US-Präsident Biden und Russlands Präsident Putin zeigten sich grundsätzlich offen für ein weiteres Gipfeltreffen, ein Termin dafür steht jedoch nicht fest. Russland hat konkrete Pläne Bidens für einen Gipfel als „verfrüht”" bezeichnet. Zunächst solle der Dialog auf Ebene der Außenminister fortgesetzt werden, ein Termin hierfür ist für Donnerstag angesetzt. Biden hatte erklärt, solange keine russischen Truppen die ukrainische Grenze überquerten, sei er bereit, sich mit Putin zu treffen. Eingesetzt für weitere Gespräche hatte sich Frankreichs Präsident Macron, der in einem Telefonat mit Putin für einen weiteren Dialog warb. Dem Kreml zufolge vereinbarten Macron und Putin in ihrem Telefonat „die Wiederherstellung des Waffenstillstands zu erleichtern und Fortschritte bei der Lösung des Konflikts zu gewährleisten”. Weiterhin schlug Macron im Anschluss an direkte Gespräche zwischen Biden und Putin ein Gipfeltreffen „mit allen Beteiligten” in dem Konflikt vor, bei dem es um die „Sicherheit und strategische Stabilität in Europa” gehen soll. Der Zeitpunkt und das Format für ein solches Gespräch stehe allerdings noch nicht fest.
18.–20. Februar 2022: Münchner Sicherheitskonferenz im Zeichen der Russland-Ukraine-Krise
Die Münchner Sicherheitskonferenz 2022 fand in diesem Jahr ganz im Zeichen der Krise um die Ukraine statt und machte die wachsenden Spannungen in Osteuropa zum Thema. Auch in diesem Jahr waren wieder eine Reihe hochrangiger Vertreterinnen und Vertreter der Bundesregierung, NATO, EU und UN zu Gast. Erstmals seit Jahren schickte jedoch Russland keine offizielle Delegation zur Sicherheitskonferenz.
UN-Generalsekretär António Guterres zeichnete zum Auftakt ein düsteres Bild und wies auf die Gefahr einer unkalkulierbaren Eskalation hin: „Oft werde ich gefragt, ob wir uns in einem neuen Kalten Krieg befinden. Meine Antwort ist, dass die Bedrohung der globalen Sicherheit nun komplexer und wohl wahrscheinlich größer ist als in jener Zeit”, sagte Guterres. Zudem habe es im Kalten Krieg Mechanismen zur Risikobewertung und informelle Wege der Prävention gegeben. „Heute existieren die meisten dieser Systeme nicht mehr und die darin geübten Menschen sind nicht mehr da", so Guterres weiter.
NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg richtete sich mit folgenden Worten in Richtung Russland: „Wenn es das Ziel des Kremls ist, weniger NATO an Russlands Grenzen zu haben, dann bekommen sie stattdessen mehr NATO. Und wenn sie die NATO spalten wollen, bekommen sie eine umso stärkere, geeinte NATO.”
Bundeskanzler Olaf Scholz sagte in seiner Rede: „In Europa droht wieder ein Krieg und das Risiko ist alles andere als gebannt.” Man müsse alle diplomatische Möglichkeiten zu nutzen, „und seien sie noch so klein“, um einen Krieg abzuwenden. Man sei bereit zu verhandeln, werde aber zwischen unhaltbaren Forderungen und legitimen Interessen zu unterscheiden haben. Zu den Prinzipien gehöre auch das Recht auf freie Bündniswahl. Das Recht auf ein Leben in Freiheit und Würde sei kein westlicher Anspruch, sondern ein universeller Wert. Europa werde nur friedlich bleiben, wenn Grenzen akzeptiert würden, wie sie sind. Wer in Geschichtsbüchern blättere, finde hundert Gründe für Aggressionen, aber das bringe nichts für eine friedliche Zukunft. Die derzeitige Sicherheitsordnung sei der Garant für ein friedliches Europa.
Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj appellierte in einer emotionalen Rede an Europas Staaten, einen Krieg in der Ukraine als einen Krieg in Europa zu verstehen. „Wir werden hier vergessen”, sagte Selenskyj. Es sei egal, ob dies aus Egoismus oder aus Arroganz geschehe. „Einige Länder begehen Verbrechen, andere bleiben indifferent – eine Haltung, die sie zu Komplizen macht.”
20.Februar 2022: Russische Truppen bleiben nach Militärmanöver offenbar in Belarus
Das am 10. Februar 2022 begonnene Militärmanöver von Russland und Belarus war bis zum 20, Februar angesetzt. Nun sollen die russischen Truppen offenbar weiter im Nachbarland Belarus bleiben und nicht abziehen. Das belarussische Verteidigungsministerium hatte erklärt, Präsident Lukaschenko und Präsident Putin hätten angesichts der „Eskalation des Konflikts” entschieden, ihr gemeinsames Militärmanöver fortzusetzen. Diese Darstellung „entspricht nicht den Äußerungen von Präsident Putin" teilte Frankreichs Präsident Macron mit, der indes mit Putin telefoniert hat.
19. Februar 2022: NATO: Russland plant „vollständigen Angriff” auf Ukraine
NATO-Chef Stoltenberg äußerte sich am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz zur aktuellen Situation um den Ukraine-Russland-Konflikt. Wie bereits US-Präsident Biden hält auch Stoltenberg einen russischen Angriff auf die Ukraine für wahrscheinlich. „Alle Zeichen deuten darauf hin, dass Russland einen vollständigen Angriff auf die Ukraine plant”, so Stoltenberg. Es sei ein „fortgesetzter militärischer Aufmarsch” Russlands an der Grenze zur Ukraine zu beobachten” „Es werden keine Truppen zurückgezogen, wie Russland das angibt, sondern es kommen neue Truppen hinzu.” Darüber hinaus gebe es Anzeichen, dass „Russland sich darauf vorbereitet, einen Vorwand für einen Angriff auf die Ukraine zu schaffen”.
In Bezug auf die Bitte der Ukraine, um eine Aufnahme in die NATO und Unterstützung äußerte sich Stoltenberg wie folgt: „Wir helfen der Ukraine, die Verteidigungsfähigkeit zu stärken. Wir bieten Ausbildung, Ausrüstung und helfen so zur euroatlantischen Integration zu finden.” Eine NATO-Mitgliedschaft sei möglich, aber letztlich die Entscheidung von 30 Alliierten. Es gehe momentan weniger um eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, sondern darum, „ob wir akzeptieren, dass eine Großmacht wie Russland versucht, einem anderen Land zu diktieren, was es tun kann und nicht tun kann - mit Gewalt.”
19. Februar 2022: Massive Zunahme der Kampfhandlungen in Ostukraine
Im ostukrainischen Konfliktgebiet Donbass haben die Kampfhandlungen jüngst massiv zugenommen. In der Region, wo sich die vom Westen aufgerüsteten ukrainischen Regierungstruppen und die von Russland unterstützten Separatisten gegenüberstehen, registrierte die Beobachtermission der OSZE Hunderte Explosionen: In Luhansk seien 648 Verstöße gegen die Waffenruhe festgestellt worden, darunter 519 Explosionen. Für die Region Donezk wurden 222 Verstöße gemeldet, darunter 135 Explosionen. Eine deutliche Zunahme im Vergleich zu den Wochen davor.
Separatistenführer ordnen „Generalmobilmachung” an
Die Rebellenführer in den selbsternannten „Volksrepubliken” Donezk und Luhansk in der Ostukraine haben eine vollständige militärische Mobilmachung angeordnet. Sie warnen vor einem drohenden Angriff durch ukrainische Regierungstruppen. Das ukrainische Militär hatte betont, keine Offensive gegen die Region zu planen. Der Separatistenführer in Donezk rief die Bürger, die Reservisten seien, auf, „in die Einschreibebüros des Militärs zu kommen”. „Ich appelliere an alle Männer der Republik, die in der Lage sind, eine Waffe in der Hand zu halten, sich für ihre Familien, ihre Kinder, ihre Frauen, ihre Mütter einzusetzen.”
19. Februar 2022: Biden erwartet russische Invasion: „Ich bin überzeugt, dass er die Entscheidung getroffen hat”
Der US-Präsident rechnet „in den kommenden Tagen" mit einem Angriff Russlands auf die Ukraine. „Ich bin überzeugt, dass er die Entscheidung getroffen hat”, sagte Joe Biden am Freitagabend. „Wir haben Grund, davon auszugehen.” Auch die ukrainische Hauptstadt Kiew würden die russischen Streitkräfte unter anderem zum Ziel nehmen, davon gingen die USA aus, so US-Präsident Biden in einer Fernsehansprache. Russland habe aber immer noch die Wahl zwischen einem „katastrophalen und sinnlosen Krieg” und der „Diplomatie”. Bis zum Beginn eines Einmarsches sei „Diplomatie immer eine Möglichkeit“.
18. Februar 2022: NATO erhöht Einsatzbereitschaft der Streitkräfte
Die NATO-Kräfte sind angesichts der Spannungen mit Russland in erhöhter Alarmbereitschaft. Die Bereitschaftszeiten für mehrere Zehntausend Bündnissoldaten wurden von 30 Tagen auf 7 Tage drastisch verkürzt. Hintergrund der Entscheidung des NATO-Oberbefehlshabers sind Befürchtungen, Russland könnte einen Einmarsch in sein Nachbarland Ukraine in Erwägung ziehen, was wiederum eine Ausweitung des Konflikts auf NATO-Staaten zur Folge haben könnte. Innerhalb von nur sieben Tagen wäre eine Verlegung der schnellen Eingreiftruppe NRF („NATO Response Force“) möglich, heißt es aus NATO-Kreisen. Die Gesamtgröße der NRF wurde von der NATO zuletzt mit rund 40.000 Soldaten angegeben. Für weitere Truppenteile gelte ab sofort eine sogenannte „Notice-to-Move“-Frist von 30 statt von 45 Tagen.
Das Bundesverteidigungsministerium bestätigte am Freitagabend, dass der Befehl auch für die deutschen Soldaten gelte. „Auf Antrag des Supreme Allied Commander Europe (Saceur), General Wolters, und in enger Abstimmung mit den Alliierten wird die Bundesregierung die Reaktionsfähigkeit der in die NATO Response Force (NFR) eingemeldeten Kräfte der Bundeswehr erhöhen”, teilte sie mit. Mit der Maßnahme gingen keinerlei Verlegungen einher. Eine tatsächliche Verlegung der Kräfte bedürfte letztendlich eines politischen Beschlusses des NATO-Rats.
18.2.2022: Neuer Aktenfund stützt russischen Vorwurf in Bezug auf NATO-Osterweiterung
Russland behauptet seit Jahrzehnten, mit der Osterweiterung habe die NATO gegen westliche Zusagen verstoßen, sich nicht weiter nach Osten auszudehen. Nun ist ein Dokument aufgetaucht, das diesen Vorwurf stützt. Auf Ebene der damaligen Außenminister Deutschlands und Russlands habe man sich darauf verständigt, die NATO nicht weiter nach Osten auszudehnen. Der deutsche Jürgen Chrobog, Intimus von Genscher, habe in einem Vermerk festgehalten: „Wir haben in den 2-plus-4-Verhandlungen deutlich gemacht, dass wir die NATO nicht über die Elbe (gemeint ist: die Oder, d. Red.) hinaus ausdehnen. Wir können daher Polen und den anderen keine NATO-Mitgliedschaft anbieten.“ Über diesen Vermerk berichtet der „Spiegel“. Die damaligen Staats- und Regierungschefs Helmut Kohl und George H. W. Bush hätten diese Vereinbarung später übergangen. Der Schweizer Historiker Christian Nünlist kommt nach Auswertung aller wesentlichen Studien zu folgendem Ergebnis: „Konkrete westliche Garantien bezogen sich 1990 nur auf die DDR; aber der Westen täuschte die Sowjetunion gleichzeitig mit vagen Versprechen einer kooperativen, inklusiven, europäischen Sicherheitsordnung, während die Bush-Regierung bewusst die exklusive NATO (ohne die UdSSR) ins Zentrum der neuen Sicherheitsstruktur Europas rückte.“
18. Februar 2022: EU-Kommission rechnet bei Eskalation mit vielen Flüchtlingen aus der Ukraine
Der Vizepräsident der EU-Kommission Margaritis Schinas warnt: Sollte sich die Sicherheitslage an der ukrainischen Grenze verschärfen, könnten Schätzungen zufolge bis zu einer Million Menschen in die Europäische Union fliehen. Es wird angenommen, dass Flüchtlinge sich zunächst vor allem nach Polen aufmachen werden. Das Land hat eine 535 Kilometer lange gemeinsame Grenze mit der Ukraine. Polen bereitet sich schon seit Tagen auf eine mögliche Flüchtlingswelle aus der Ukraine vor.
18. Februar 2022: Zivilbevölkerung aus Ostukraine wird nach Russland evakuiert
Wegen der angeblichen Gefahr einer militärischen Eskalation in der Ostukraine haben die von Russland unterstützten Separatisten Zivilisten zur Flucht in das Nachbarland Russland aufgefordert. In einer öffentlichen Ansprache sagte Denis Puschilin, Chef der Donezker Separatisten, zuerst sollten „Frauen, Kinder und ältere Leute" in Sicherheit gebracht werden. „Eine zeitweise Ausreise bewahrt Ihnen und Ihren Verwandten das Leben.” Dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj werfen sie vor, er plane „in nächster Zeit” in der Ostukraine eine Offensive. Die ukrainische Regierung hat das umgehend zurückgewiesen. Die Geheimdienste der USA hatten vorausgesagt, dass es zu derlei Versuchen kommen werde, Informationen über einen vermeintlichen Angriff auf die Ostukraine zu propagieren.
Unterdessen liefen die Evakuierungen der Regionen Luhansk und Donezk an. Insgesamt 700.000 Menschen sollen aus dem Gebiet Donezk in Sicherheit gebracht werden, wie die dortigen Behörden mitteilten. In der südrussischen Region Rostow kamen bereits Tausende Menschen an, Unterkünfte standen bereit. Russlands Präsident Putin wies die Regierung in Moskau an, den Flüchtlingen zu helfen. Pro Person sollten unter anderem 10.000 Rubel (rund 116 Euro) ausgezahlt werden.
18. Februar 2022: Russland kündigt Raketentests an
Russland hat für Samstag ein Manöver mit dem Einsatz ballistischer Raketen angekündigt. Nach Kreml-Angaben werden daran die Luftwaffe, Armeeeinheiten aus dem südlichen Militärbezirk sowie die Schwarzmeer- und die Nordmeer-Flotte beteiligt sein. Als Oberbefehlshaber der Streitkräfte werde Putin im Gefechtsstand dabei sein, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow. Das Manöver sei im Voraus geplant gewesen und habe zum Ziel, die Zuverlässigkeit der strategischen Nuklearwaffen zu testen. Abgefeuert werden sollen demnach ballistische Raketen und Marschflugkörper.
18. Februar 2022: Biden berät erneut mit Verbündeten
US-Präsident Biden möchte sich heute in einer Telefonschalte erneut mit den Staats- und Regierungschefs verbündeter Länder über die Ukraine-Krise beraten. Auch die Spitzen von EU und NATO sind beteiligt. US-Außenminister Blinken will sich nächste Woche mit seinem russischen Kollegen Lawrow treffen. Terminvorschläge Russlands für Ende nächster Woche seien unter der Bedingung akzeptiert worden, „dass es keine russische Invasion der Ukraine gibt”.
17. Februar 2022: Antwortschreiben an USA und NATO: Russland wird „zu Reaktionen gezwungen sein”
Das russische Außenministerium veröffentlichte nun sein Antwortschreiben auf die amerikanische Stellungnahme zu Russlands Forderungen in Bezug auf eine künftige Sicherheitsarchitektur in Europa. „Wir stellen fest, dass die amerikanische Seite keine konstruktive Antwort auf die grundlegenden Elemente des von der russischen Seite vorbereiteten Entwurfs eines Vertrags mit den USA über Sicherheit gegeben hat”, heißt zu Beginn des russischen Schreibens. Angesichts der fehlenden Bereitschaft der USA und ihrer Verbündeten, über juristisch verbindliche Sicherheitsgarantien zu reden, „wird Russland zu Reaktionen gezwungen sein, darunter auch zu Maßnahmen militärisch-technischen Charakters”. Weitere Gespräche über Rüstungskontrollen werde es nicht geben, wenn nicht auch die Forderungen nach einem Rückzug der Amerikaner und der NATO aus Osteuropa berücksichtigt würden, so Moskau. Russland hatte den Rückzug aller Truppen und militärischen Ausrüstung der Vereinigten Staaten im Baltikum, Ostmitteleuropa und Südosteuropa gefordert. Die wachsende militärische Aktivität der NATO und der USA unmittelbar an den russischen Grenzen sei alarmierend.
17. Februar 2022: OSZE beobachtet Gefechte in Ostukraine
Nach Darstellung der Beobachter der „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (OSZE) kam es In der Ostukraine zu neuen Verstößen gegen die geltende Waffenruhe. Es habe einen Artillerie-Beschuss gegeben, heißt es aus diplomatischen Kreisen unter Berufung auf die OSZE. Beide Parteien beschuldigen sich gegenseitig, angegriffen zu haben. Das ukrainische Militär berichtete, bei Luhansk sei aus dem Gebiet der prorussischen Separatisten auf eine Ortschaft geschossen worden. Die von Russland unterstützten Rebellen warfen ukrainischen Truppen dagegen vor, ihr Territorium angegriffen zu haben.
17. Februar 2022: Biden: Gefahr eines russischen Einmarsches „sehr hoch”
US-Präsident Biden schätzt die Gefahr eines russischen Einmarsches in die Ukraine als „sehr hoch” ein. Es gebe keine Pläne dafür, dass er mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefonieren werde, fügte er hinzu. Auch US-Außenminister Antony Blinken sagte, Russland bereite sich auf einen Angriff vor. Der Plan Russlands sei es, dafür einen Vorwand zu schaffen. „Dies könnte ein gewaltsames Ereignis sein, das Russland gegen die Ukraine vorbringen wird, oder eine unerhörte Anschuldigung, die Russland gegen die ukrainische Regierung erheben wird”, sagte er. Möglich wären etwa ein vermeintlicher Terroranschlag in Russland, die „erfundene Entdeckung eines Massengrabes” und Vorwürfe eines Völkermordes, ein inszenierter Drohnenangriff oder ein vorgetäuschter oder echter Angriff mit Chemiewaffen.
Die US-Regierung hat Moskau in der Krise um einen möglichen bewaffneten Konflikt zwischen Russland und der Ukraine Falschinformationen vorgeworfen. Anstatt des von Russland angekündigten Truppenabzugs geht sie von einem weiteren Ausbau der russischen Militärpräsenz aus. In den „zurückliegenden Tagen” habe Russland rund 7.000 zusätzliche Soldaten in die Nähe der ukrainischen Grenze gebracht, „und einige davon kamen erst heute an”, so ein ranghoher Beamter des Weißen Hauses am Mittwochabend in Washington.
16. Februar 2022: NATO: Truppenausbau in Osteuropa geplant
Die Verteidigungsminister der 30 NATO-Staaten haben sich in Brüssel über den Umgang mit Russland und die Zukunft der NATO beraten. Sie kamen überein, ihre Präsenz an der Ostflanke dauerhaft ausbauen zu wolle. Im Konflikt mit Russland spricht die NATO von einem „gefährlichen Moment für die europäische Sicherheit”. Derzeit bezweifelt das Bündnis Moskaus Aussage über einen Truppenabzug an der ukrainischen Grenze. In Zukunft sollen auch in südwestlich der Ukraine gelegenen NATO-Ländern wie Rumänien multinationale Kampftruppen stationiert werden. Diese sogenannten Battlegroups gibt es bislang nur in den baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland sowie in Polen. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, die Verteidigungsminister der Mitgliedsländer hätten der Militärführung ein Mandat zur Ausarbeitung der Pläne erteilt. Man sei bereit, das Abschreckungs- und Verteidigungsvorhaben weiter zu stärken, um auf alle Eventualitäten aus Richtung Russland vorbereitet zu sein, heißt es in einer von den Verteidigungsministern gemeinsam verabschiedeten Erklärung. Frankreich habe bereits angeboten, die neue multinationale Einheit in Rumänien führen zu wollen, sagte Stoltenberg. Um die neuen Einheiten tatsächlich entsenden zu können, ist wiederum ein einstimmiger Beschluss der 30 NATO-Länder nötig. auf dem Gipfeltreffen Ende Juni in Madrid, könnte dieser dem Vernehmen nach fallen.
Moskau hingegen hatte das Bündnis vor der Stationierung zusätzlicher Truppen in Osteuropa gewarnt. Nach Putins Vorstellung soll sich die NATO möglichst weit aus Osteuropa zurückziehen. Er forderte bereits Ende vergangenen Jahres eine Zurückführung der NATO auf den Stand von 1997.
15. Februar 2022: Russland kündigt Rückzug erster Soldaten an – Zeichen von Entspannung?
Laut Kreml-Angaben sind einige russische Soldaten nach Abschluss einer Militärübung von der ukrainischen Grenze zurück in ihre Heimatgarnisonen beordert worden. Wie viele genau, gab Russland nicht bekannt. Das Militärmanöver auf der Krim sei beendet, so meldete das russische Verteidigungsministerium. Die Einheiten hätten ihre „taktischen Übungen” abgeschlossen und kehrten zu ihren Heimatstandorten zurück, hieß es.
Dies könnte als ein Zeichen von Entspannung gedeutet werden. Die Ukraine und die NATO reagierten jedoch verhalten auf diese Mitteilungen. Moskau erzähle viel, so Außenminister Dmytro Kuleba : „Erst wenn wir einen Abzug sehen, dann glauben wir an eine Deeskalation.” Grundsätzlich habe der Druck des Westens geholfen, eine russische Invasion sei vorerst abgewandt. Die NATO beobachtet bislang noch keinen Rückzug russischer Streitkräfte und fordert überdies angesichts des russischen Truppenaufgebots von über 100.000 Soldaten einen umfangreichen Truppenabzug. Dennoch zeigte sich NATO-Generalsekretär Stoltenberg „vorsichtig optimistisch”.
15. Februar 2022: Russische Vorwürfe an Ukraine: Angeblicher Genozid in Ostukraine
Russlands Präsident Putin hat in der sich an das Gespräch mit Bundeskanzler Scholz anschließenden Pressekonferenz von einem Genozid in der Ukraine gesprochen. In der Region Donbass würden Zivilistinnen und Zivilisten „gefoltert und grausam getötet”. Damit greift er TV-Propaganda auf, die seit Langem in den russischen Staatsmedien kursiert, nach welcher Ukrainer als „Nazis” beschimpft und das Land als Feindstaat dargestellt wird. Jederzeit könne somit ein Vorwand für einen Einmarsch russischer Truppen geschaffen und gerechtfertigt werden, vermuten Fachleute.
15. Februar 2022: Putin im Gespräch mit Bundeskanzler Scholz: „Wir wollen keinen Krieg in Europa”
Im Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz im Kreml bekundete der russische Präsident Putin seine Bereitschaft, mit dem Westen weiter in der Frage der europäischen Sicherheit zusammenzuarbeiten. „Wir sind bereit, den Weg der Verhandlungen zu gehen”, sagte Putin. „Wir wollen keinen Krieg in Europa.“ Das sei der Grund dafür, warum Russland Sicherheitsgarantien des Westens fordere. Auf die Forderungen seines Landes gebe es aber bislang noch keine zufriedenstellende Antwort. „Es ist unsere verdammte Pflicht und Aufgabe, als Staats- und Regierungschefs zu verhindern, dass es in Europa zu einer kriegerischen Eskalation kommt”, betonte Scholz.
15. Februar 2022: Russisches Parlament spricht sich für Anerkennung der Separatistenregionen in Ukraine aus
Das russische Parlament hat sich für eine offizielle Anerkennung der Unabhängigkeit der selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk in der Ostukraine ausgesprochen. Ferner richtete das Parlament eine Aufforderung an Präsident Putin, er solle nun über die Anerkennung entscheiden. Der Kreml teilte mit, in der Sache gebe es noch keine Entscheidung. Ginge Putin tatsächlich auf die Forderung der Duma ein, würde dies wieder eine deutliche Verschärfung im Konflikt bedeuten. Die Ukraine warnte Russland vor solch einem Schritt. der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba sagte vor Journalisten in Kiew: „Im Falle der Anerkennung tritt Russland de facto und de jure aus den Minsker Vereinbarungen mit allen Begleiterscheinungen aus.“
Die Regionen im Donbass hatten ferner weitere Unterstützung gefordert, Russland möge russische Truppen und Waffen zur Unterstützung im Falle einer ukrainischen Offensive im Donbass schicken. Der Einfluss Russlands in Donezk und Luhansk ist groß. 720.000 Pässe hat Moskau in den vergangenen Jahren an die Menschen im Donbass ausgegeben. Das Dokument zahlt sich für die Inhaber aus, denn sie erhalten dann von Russland Sozialleistungen wie Renten, Kindergeld, oder Arbeitslosenunterstützung. Denis Kasanski, ukrainischer Experte für die Region, sagte gegenüber dem Sender „Radio Svoboda”, eine eigenständige und von Moskau losgelöste Politik gebe es in den Volksrepubliken nicht:„Das ist eine Besatzungsverwaltung pur”.
14. Februar 2022: Ukraine erklärt den 16. Februar zum Nationalfeiertag
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj reagierte auf das von US-Geheimdiensten kommunizierte mögliche Angriffsdatum mit einer ungewöhnlichen Maßnahme: Er hat den 16. Februar zu einem nationalen Feiertag gemacht und einem Dekret zufolge „Tag der Einheit" benannt. „Uns wird gesagt, dass der 16. Februar der Tag des Überfalls werde, wir machen ihn zum Tag der Einheit”, so der Staatschef. Am morgigen Mittwoch sind die ukrainischen Bürgerinnen und Bürger unter anderem aufgefordert, die Staatsflagge zu hissen und um zehn Uhr die ukrainische Nationalhymne zu singen. „Zeigen wir der ganzen Welt unsere Einigkeit”, so Selenskyj.
14. Februuar 2022: Russlands Außenminister: „Es gibt immer eine Chance“
Russland betonte im Ukraine-Konflikt weiter Verhandlungsbereitschaft. Allerdings dürften sich die Gespräche nicht ewig hinziehen, warnte Außenminister Lawrow. In einem vom Fernsehen übertragenen Treffen fragte Putin seinen Außenamtschef: „Gibt es eine Chance, mit unseren Partnern eine Einigung in wichtigen Punkten zu erlangen oder ist dies ein Versuch, uns in einen endlosen Verhandlungsprozess zu ziehen?“ „Unsere Möglichkeiten sind bei weitem noch nicht erschöpft", so Lawrow.
14. Februar 2022: Chef der Münchener Sicherheitskonferenz wirbt für Teilnahme Russlands
Vom 18.–20. Februar wird die alljährliche Münchner Sicherheitskonferenz stattfinden. Wolfgang Ischinger will sich weiter dafür einsetzen, dass auch ein autorisierter russischer Sprecher daran teilnehmen wird. Bislang habe Moskau abgesagt. Ischinger hält einen kriegerischen Angriff auf die Ukraine noch für abwendbar.
13. Februar 2022: Deutsche Bundesregierung erwägt Rüstungshilfe und sagt Ukraine weitere Wirtschaftshilfen zu
Bundeskanzler Olaf Scholz hatte der Ukraine vor seiner Reise nach Kiew weitere Rüstungshilfe in Aussicht gestellt. Die Bundesregierung prüfe eine ukrainische Wunschliste zur Lieferung militärischer Güter. Die klare Absage in Bezug auf die Lieferung tödlicher Waffen gelte nicht für sonstige Rüstungsgüter. Auf der von der Ukraine vorgelegten Wunschliste für militärische Ausrüstung sei „die eine oder andere”, was „man sich genauer anschauen kann”, hieß es aus deutschen Regierungskreisen. So wäre etwa die Lieferung von elektronischen Ortungssystemen, Minenräumgeräten, Schutzanzügen, digitalen Funkgeräten, Radarstationen oder Nachtsichtgeräten denkbar, sofern die Materialien auch tatsächlich verfügbar und nicht von der Bundeswehr selbst gebraucht würden. Nichts desto trotz hat der ukrainische Botschafter vor dem Besuch von Kanzler Scholz eindringlich an die Bundesregierung appelliert, seinem Land auch schwere Waffen zu liefern. Er bat um 12.000 Panzerabwehrraketen und 1.000 Luftabwehrraketen. Ein Krieg sei „immer unausweichlicher".
Bei seinem Besuch hat Scholz gegenüber Selensky dann insbesondere über weitere Finanzhilfen gesprochen. Das Land erhalte 150 Millionen Euro als neuen ungebundenen Finanzkredit. Aus einem bestehenden Kredit stünden zudem 150 Millionen Euro bereit, die noch nicht abgeflossen seien,
13. Februar 2022: OSZE will Beobachtermission in Ukraine fortsetzen
Ungeachtet der Warnungen und Ausreise-Aufrufe will die „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa“ (OSZE) ihre Arbeit in der Ukraine fortsetzen und auf zehn Städte im ganzen Land ausdehnen. Zuletzt waren rund 680 Beobachter aus 43 OSZE-Mitgliedsländern an der Sonderbeobachtermission in der Ukraine beteiligt.
Die ukrainische Regierung hat Russland zu einem Krisengespräch mit der OSZE aufgefordert, das innerhalb der nächsten zwei Tage stattfinden solle. Dabei solle die Lage in der Ukraine und auf der von Russland annektierten Krim erörtert werden sowie auch die Konzentration des russischen Militärs im Grenzgebiet. Um die Spannungen abzubauen und die Sicherheit für alle Seiten zu erhöhen, müsse Russland seiner Verpflichtung zu militärischer Transparenz nachkommen.
13. Februar 2022: Polen bereitet sich auf mögliche Flüchtlingswelle aus Ukraine vor
Polen befürchtet angesichts der sich zuspitzenden Situation einen Zustrom von ukrainischen Flüchtlingen. Die polnische Regierung hat die Kommunalverwaltungen aufgefordert, Gebäude aufzulisten, die als vorübergehende Flüchtlingslager dienen und in weniger als 48 Stunden zur Aufnahme von Flüchtlingen bereit sein könnten. Polen könne mit bis zu einer Million ukrainischer Flüchtlinge rechnen, so der stellvertretende Innenminister Maciej Wasik vergangenen Monat gegenüber dem Fernsehsender „Republika“.
12. Februar 2022: Invasion befürchtet – Wo Russlands Truppen stehen
Laut Geheimdienstinformationen soll eine Invasion der Ukraine angeblich in den nächsten Tagen beginnen. Ein Truppen- und Waffennachschub ist seit Wochen zu beobachten. Anfang Februar sprachen Nachrichtendienste noch von etwa 110.000 bis 120.000 nahe der Ukraine stationierten russischen Soldaten, darunter auch Einheiten des Sanitätsdienstes mit Blutreserven. Mittlerweile geht der norwegische Geheimdienst bereits von 150.000 Soldaten aus. In den abtrünnigen Gebieten Donezk und Luhansk gebe es zudem die separatistischen Gruppen, die auf eine Truppenstärke von etwa 32.000 geschätzt werden.
Was mögliche Angriffsszenarien anbelangt, halten westliche Geheimdienste unterschiedliche Optionen für möglich, von einer Vollinvasion oder auch nur der Einnahme der Hälfte des Staatsgebietes der Ukraine, über einen Korridor von der Halbinsel Krim Richtung Moldau und Rumänien, einen Einzug in den Donbass oder eine Umzingelung der Hauptstadt Kiew. Moskau dementiert nach wie vor jegliche Angriffspläne und wirft des Westen unbegründet Hysterie vor.
12. Februar 2022: Telefondiplomatie – Bemühungen in „Sackgasse"
Auch in den erneuten Gesprächen zur Deeskalation konnte kein Durchbruch erzielt werden. Im Gespräch mit US-Präsident Biden stellte der russische Staatschef Putin fest, die Bemühungen um eine Lösung der Krise befänden sich in einer „Sackgasse” und beklagt abermals, zentrale Forderungen Moskaus würden nicht erfüllt. Auch das des französischen Präsidenten Macron mit Putin brachte keinen Erfolg. Putin habe in Bezug auf die Verbreitung von Angriffsplänen Russlands auf die Ukraine von „provokativen Spekulationen” gesprochen. Und Russlands Außenminister Lawrow warf den USA eine „Propaganda-Kampagne” vor.
11. Februar 2022: „Lage sehr, sehr ernst” – CIA warnt vor baldigem russischen Angriff
US-Präsident Biden hat westliche Verbündete zu einer Schaltkonferenz zur Ukraine-Krise eingeladen. Die Lage werde von den Teilnehmern aus Europäischer Union und NATO als „sehr, sehr ernst” eingeschätzt.
US-Außenminister Blinken warnte vor „besorgniserregenden Zeichen einer russischen Eskalation”. Die US-Geheimdienste haben gegenüber den NATO-Alliierten dringlich wie nie zuvor vor einem unmittelbar bevorstehenden Angriff Russlands auf die Ukraine gewarnt. Aufgrund neuer Informationen fürchte man, der Angriff könnte bereits am 16. Februar erfolgen. Konkret seien Routen für die russische Invasion beschrieben worden. Die US-Darstellungen seien sehr detailliert und mit vielen Quellen untermauert. Es könne aber auch sein, dass die Nennung dieses Datums und weiterer Details Teil einer Desinformationskampagne Russlands sei. Insider halten es auch für möglich, dass die USA die Informationen bewusst gestreut hätten, um die russischen Angriffspläne zu torpedieren.
Der Vorsitzende des Geheimdienst-Kontrollgremiums des Deutschen Bundestags, Roderich Kiesewetter, nimmt die Warnungen der USA über einen möglichen bevorstehenden Angriff Russlands ernst und hält die Nachrichtendiensthinweise „für plausibel”.
Was ist Warnung, was ist Hysterie? Über die schwierige Unterscheidung von Fakten und Desinformationen im Tagesschau Faktenfinder.
11. Februar 2022: USA verlegen Kampfjets von Deutschland nach Rumänien
Angesichts der Zuspitzung der Lage verlegen die US-Streitkräfte Kampfjets vom Typ F-16 von Deutschland nach Rumänien. Bislang waren diese auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Spangdahlem in Rheinland-Pfalz stationiert.
Ferner kündigte das US-Verteidigungsministerium an, weitere US-Truppen an die NATO-Ostgrenze zu entsenden.
11. Februar 2022: USA und weitere Staaten fordern ihre Staatsbürger auf, Ukraine zu verlassen
US-Präsident Biden hat US-amerikanische Staatsbürger mit Nachdruck aufgefordert, die Ukraine schnell zu verlassen. Eine Evakuierungsaktion der US-Armee werde es im Kriegsfall nicht geben. Bereits im Januar hatte er die Abreise der Angehörigen von US-Diplomaten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew angeordnet. Die Aufforderung, die Ukraine zu verlassen, gilt nun ebenfalls für US-amerikanischen OSZE-Beobachter. Zuletzt waren rund 680 Beobachter aus 43 OSZE-Mitgliedsländern an der Sonderbeobachtermission in der Ukraine beteiligt.
Aus anderen westlichen Staaten erging ebenfalls die Aufforderung an ihre Staatsbürger, die Ukraine zu verlassen, darunter Kanada, Australien, Großbritannien, die Niederlande, Lettland und Estland, Spanien, Portugal. Auch die deutsche Bundesregierung hat ihre Staatsbürger mittlerweile aufgefordert, das Land zu verlassen.
10. Februar 2022: Russland und Belarus beginnen gemeinsames Militärmanöver
Vom 10. bis 20. Februar soll das gemeinsame Manöver namens „Unions-Entschlossenheit” in Belarus andauern. Russland hatte in den vergangenen Wochen bereits in großer Zahl militärisches Gerät und, laut NATO, rund 30.000 Soldaten in die Grenzregionen des Landes zur Ukraine und zu Polen geschafft, darunter auch atomar bestückbare Raketen. Zuletzt verlegte der Kreml zusätzlich noch Kampfjets ins Nachbarland. Das in dieser kritischen Phase des Konflikts stattfindende Manöver erhöht die Nervosität in der Region. Die Führungen in Moskau und Minsk betonen den defensiven Charakter der Militärübung. Der ukrainische Militärexperte Mykola Sunhurowskyj hegt jedoch Sorge vor einem Angriff, sein Land sei nun von fast allen Seiten umzingelt, sowohl von den Volksrepubliken Luhansk und Donezk, im Süden von Mariupol und im Norden von Belarus aus. Der russische Militärexperte der unabhängigen Zeitung „Nowaja Gaseta” Waleri Schirjajew sieht hingegen in der massiven Militärpräsenz Russlands und dem aktuellen Manöver vor allem eine Botschaft an den Westen: „Das ist ein echtes Manöver, um Druck auf die Verhandlungspartner bei der Frage der Nichterweiterung der NATO zu erhöhen.”
Deutschlands Unterstützung im Ukraine-Konflikt – Woche der Diplomatie
Nachdem Bundeskanzler Scholz in den letzten Wochen in die Kritik geraten war, zu wenig Initiative bei der Konflikt-Lösung beizutragen, startete Deutschland nun eine diplomatische Offensive. Zunächst reiste Bundeskanzler Scholz nach Washington zum Gespräch mit US-Präsident Biden. Anschließend empfing er Frankreichs Präsident Macron und Polens Staatschef Duda in Berlin zu einem Gipfel im Format „Weimarer Dreieck”. Tags darauf fand in Berlin ein Gespräch im Normandie-Format (auf Beraterebene) statt sowie ein Gipfeltreffen mit den baltischen Staaten. Weiterhin plant Scholz eine Reise nach Kiew und für den 15. Februar einen Besuch bei Russlands Präsident Putin. Außenministerin Baerbock reiste indes nach Kiew, versicherte der Ukraine nochmals die Unterstützung Deutschlands und machte sich ein Bild vor Ort in der Konfliktregion Donbass; zuvor hatte der ukrainische Präsident ein anberaumtes Treffen mit der Ministerin platzen lassen.
Was Waffenlieferungen an die Ukraineanbelangt,lehnt Deutschland diese ab, zumindest was die Lieferung tödlicher Waffen anbelangt. Die Ukraine hatte die Bundesregierung in einem Schreiben offiziell um Waffenlieferungen „defensiver Natur” gebeten. Mittlerweile erwägt die Bundesregierung eine Lieferung von Rüstungsgütern und gab an, die Wunschliste der Ukraine überprüfen zu wollen.
Zur Stärkung der NATO-Ostflanke wird Deutschland zudem weitere Bundeswehrsoldaten nach Litauen schicken, so Verteidigungsministerin Lambrecht. Bereits jetzt leiste Deutschland einen sehr wichtigen Beitrag in Litauen, als einziges Land der EU führe Deutschland dort eine Battlegroup und stelle etwa die Hälfte der 1200 Männer und Frauen der multinationalen Einheit. Grundsätzlich stünden weitere Truppen zur Verstärkung bereit, um 350 Soldatinnen und Soldaten soll die dortige Einheit nun aufgestockt werden.
9. Februar 2022: Russische Landungsschiffe nehmen Kurs auf Krim
Sechs russische Landungsschiffe der Nord- und der Ostseeflotte laufen ins Schwarze Meer ein. Sie könnten an einer Landungsoperation teilnehmen, sagt ein westlicher Geheimdienstler. Zunächst würden die Schiffe den Marinestützpunkt Sewastopol auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim anlaufen und dann mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Übung beginnen, so der Geheimdienstler. Das russische Verteidigungsministerium teilte mit, dass sie „an Übungen unter Leitung der Marine“ teilnähmen. Fachleute geben an, Russland habe seit Ende des Kalten Kriegs nicht mehr über so viele Landungsschiffe im Schwarzen Meer verfügt wie jetzt. Nachdem Russland im Norden in Belarus die militärische Präsenz bereits erhöht hat, verstärkt es nun auch die Präsenz südlich der Ukraine.
8. Februar 2022: Auch Selenskyj bereit zur Einhaltung des Minsker Abkommens
Nachdem Russlands Präsident Putin gegenüber Macron die Einhaltung des Minsker Friedensabkommens zugesagt hatte, zeigte sich nun auch Ukraines Präsident Selenskyj bereit, am Abkommen festzuhalten. Bei Gesprächen in Kiew hat Selenskyj Macron zugesagt, sich an die Vereinbarungen zu halten. Zugleich erwarte er in nächster Zeit ein Treffen im Normandie-Format auf Chefebene.
Welche Aussichten haben Verhandlungen im Normandie-Format?
7. Februar 2022: Macron bei Putin: Weg zum Frieden führt über Minsker Abkommen
Nach mehreren Krisentelefonaten trafen sich Präsidenten Putin und Macron persönlich in Moskau. Nach dem Gespräch zeigten sie sich zuversichtlich, „gemeinsame Schritte” gehen zu können. „Der Weg zum Frieden ist noch begehbar”, so Macron, Putin habe ihm die Zusicherung gegeben, den Konflikt aktuell nicht weiter zu eskalieren. Dafür müsse der Friedensplan für den Donbass - das sogenannte Minsker Abkommen - „strikt und komplett” umgesetzt werden, dies erfordere auch Schritte der Ukraine. Um Frieden und Sicherheit in Europa zu gewährleisten, könnten auf dem Fundament bestehender Vereinbarungen neue und innovative Lösungen für „konkrete Sicherheitsgarantien” geschaffen werden. Auch Kremlchef Putin bezeichnete das Gespräch als nützlich, substanziell und sachlich: „Ich halte es durchaus für möglich, dass eine Reihe seiner Ideen und Vorschläge (...) die Basis für unsere weiteren gemeinsamen Schritte bilden könnten.” Putin schätzt den französischen Staatschef seit Jahren als Vermittler im Ukraine-Konflikt, am Ende der Woche wollen die beiden Staatschefs wieder miteinander telefonieren. Macron führt die diplomatische Offensive europäischer Länder im aktuellen Konflikt an, nicht zuletzt auch deshalb, weil Frankreich in diesem Halbjahr die EU-Ratspräsidentschaft inne hat.
5. Februar 2022: US-Verstärkung in Polen eingetroffen
Die ersten der angekündigten US-Soldaten zur Verstärkung der NATO-Ostflanke an der Grenze zur Ukraine sind nun in Polen gelandet. Ferner sollen 1000 derzeit in Bayern stationierte US-Soldaten nach Rumänien verlegt werden. „Die derzeitige Lage macht es erforderlich, dass wir die Abschreckungs- und Verteidigungshaltung an der Ostflanke der NATO stärken”, sagte Pentagon-Sprecher John Kirby zur Begründung.
4. Februar 2022: China unterstützt Russland gegen NATO
Chinas Präsident Xi unterstützt die russischen Forderungen nach Sicherheitsgarantien. Dies versicherte er Präsident Putin im Rahmen seines Besuches der Olympischen Winterspiele. China setze sich für eine friedliche Lösung in der Ukraine ein, Russlands Sicherheitsinteressen sollten aber gewahrt werden, so Xi. Putin betonte bei seiner Ankunft in Peking: „Was unsere bilateralen Beziehungen betrifft, so entwickeln sie sich wirklich allmählich, im Geiste der Freundschaft und der strategischen Partnerschaft”. Und vom chinesischen Staatsfernsehen wird Putin folgendermaßen zitiert: „Als gute Freunde und Politiker, die viele gemeinsame Ansichten über die Lösung von Weltproblemen teilen, haben wir immer eine enge Kommunikation gepflegt”. Beide Machthaber nehmen die Olympischen Spiele als Gelegenheit, demonstrativ den Schulterschluss gegenüber der USA und dem Westen zu zelebrieren.
4. Februar 2022: Kulturprominente in offenem Brief: „No War!”
In einem offenen Brief fordern Persönlichkeiten aus aller Welt ein Ende der russischen Aggressionen im Ukraine-Konflikt. Unterschrieben haben den Appell rund 350 internationale Persönlichkeiten, zu den prominenten Unterzeichnern gehören Ai Weiwei, Herta Müller und Ian McEwan. Initiiert wurde das Schreiben unter anderem vom Künstler-Ehepaar Wolf Biermann und seiner Frau Pamela Man unterstütze den Dialog mit Russland, heißt es in dem Schreiben, fordere aber „den sofortigen und bedingungslosen Abzug der russischen Truppen von den Grenzen der Ukraine”. und appelliere an die politischen Verantwortlichen, „Putins Aggression entschieden entgegenzutreten”. Weiterhin heißt es in dem Schreiben: „Die Umzingelung der Ukraine mit russischen Truppen ist ein Angriff auf den Frieden in ganz Europa."
4. Februar 2022: USA: Propaganda-Vorwurf gegen Russland
Die USA halten es für möglich, dass Russland mit einem fingierten Szenario eines Angriffs auf sein Staatsgebiet einen Vorwand für einen Einmarsch in die Ukraine konstruieren wolle. Dafür habe der Kreml auch ein Propaganda-Video geplant, sagte Pentagon-Sprecher Kirby. Laut Hinweisen des US-Geheimdienstes gäbe es konkrete Planungen für eine sogenannte „False Flag Operation”, einen Angriff unter falscher Flagge. Als Beleg für diesen vermeintlichen Angriff der Ukraine wolle Russland ein gefälschtes Video produzieren, mit von Schauspielern produzierten Bildern von der Zerstörung durch die Ukraine und den Westen, so Kirby. Man gehe mit diesen Informationen nun an die Öffentlichkeit, um zu verhindern, dass es ein solches Szenario zur Umsetzung kommen werde.
3. Februar 2022: USA ändert Wortwahl im Ukraine-Konflikt: „Kein unmittelbar bevorstehender russischer Einmarsch”
Das Weiße Haus ändert die Art und Weise, wie über die Ukrainekrise gesprochen wird. Sprecherin Jen Psaki erklärte in Washington, man wolle nicht mehr von einem „unmittelbar bevorstehenden" russischen Einmarsch in das Nachbarland sprechen. Mit der Wende in den Formulierungen sei eine Botschaft verbunden, die nicht beabsichtigt sei – „nämlich, dass wir wissen, dass Präsident Putin eine Entscheidung getroffen hat”. Ob Wladimir Putin die Entscheidung über einen möglichen Einmarsch gefällt habe oder nicht, sei jedoch noch immer unklar.
2. Februar 2022: USA schicken Truppen nach Europa
Die USA machen Ernst mit der angekündigten zusätzlichen Verlegung von Truppen nach Europa. Schon in den nächsten Tagen sollen etwa 3000 Soldaten nach Rumänien, Polen und Deutschland verlegt werden. Pentagonsprecher John Kirby macht jedoch klar: In der Ukraine kämpfen werden keine amerikanischen Soldaten, sondern ihr Auftrag sei einzig, die NATO-Verbündeten zu schützen. Auch Frankreich wird Truppen verlegen.
1. Februar 2022: Tausende russische Intellektuelle starten Petition gegen Krieg
Über 100 prominente Persönlichkeiten, die sich für Menschenrechte, Wissenschaft, Medien und Politik in Russland stark machen, haben eine Petition formuliert und bislang schon ein paar Tausend Unterschriften erhalten. Sie fordern im Ukraine-Konflikt deeskalierende Maßnahmen einzuleiten und so einen „unmoralischen, verantwortungslosen und kriminellen” Krieg zu verhindern. Sie werfen der russischen Regierung vor, die Menschen in Russland mit der „Idee eines heiligen Kriegs gegen den Westen” zu täuschen.
1. Februar 2022: Putin zum Ukraine-Konflikt
Im Rahmen eines Besuchs des ungarischen Premier Viktor Orban in Moskau hat sich Russlands Präsident Putin zum Ukraine-Konflikt geäußert. Putin warnte vor einer Kriegsgefahr in Europa, sollte die Ukraine Mitglied der NATO werden und versuchen, sich die Schwarzmeer-Halbinsel Krim zurückzuholen. Er warnte diesbezüglich vor einem möglichen bewaffneten Konflikt des Militärblocks und der NATO um die Krim: „Stellen wir uns vor, die Ukraine ist ein NATO-Mitglied und beginnt diese militärischen Einsätze. Sollen wir gegen den NATO-Block in den Krieg ziehen?” Putin zeigte sich weiterhin bereit zum Dialog über die zur Debatte stehenden Sicherheitsfragen: „Ich hoffe, dass wir am Ende eine Lösung finden werden”.
1. Februar 2022: Russische Reaktion auf US-Schreiben
Laut US-Regierung hat Russland den USA ein Antwortschreiben auf deren schriftlichen Erklärungen zur Sicherheitspolitik eingereicht. Washington machte keine Angaben zum Inhalt. Der Kreml dementierte jedoch, schriftlich auf US-Vorschläge zur Verschärfung der Ukraine-Krise reagiert zu haben. Außenminister Lawrow habe zwar eine Nachricht an die USA verschickt, diese sei aber keine Antwort gewesen. Die russische Staatsagentur Ria Nowosti zitierte einen namentlich nicht genannten führenden Diplomaten im russischen Außenministerium mit der Aussage, Außenminister Sergej Lawrow habe lediglich eine Botschaft über das „Prinzip der Unteilbarkeit der Sicherheit” an seine Kollegen im Westen geschickt, darunter auch den US-Außenminister Antony Blinken. Ein Schreiben an die US-Seite werde erst noch vorbereitet.
Januar 2022
Januar 2022
31. Januar 2022: Ukraine-Konflikt im UN-Sicherheitsrat – Russisch-amerikanischer Schlagabtausch
Die USA haben hat den UN-Sicherheitsrat aufgefordert, sich wegen der „eindeutigen Bedrohung des internationalen Friedens und der Sicherheit” durch Russland in einer öffentlichen Sitzung mit dem Thema zu befassen. Eine Annäherung gab es nicht, im Wesentlichen wurden bereits bekannte Schuldzuweisungen vorgebracht, es kam zu einem offenen Schlagabtausch. Der anhaltende russische Truppenaufmarsch an den Grenzen zur Ukraine, so die USA, stelle eine klare Bedrohung dar. Nach US-Angaben seien zu den bereits rund 100.000 stationierten Soldaten noch weitere Ansammlungen von russischen Kampftruppen sowohl im westlichen Teil Russlands als auch in Belarus zu beobachten. Russland hatte versucht, das Treffen des Sicherheitsrates zu verhindern und warf den USA und dem Westen vor, den Krieg herbei reden zu wollen und „Kriegshysterie” zu verbreiten. Laut russischem UN-Botschafter Wassili Nebensja werde Russland auch dann keinen Krieg in der Ukraine beginnen, wenn die Forderungen nach Sicherheitsgarantien seitens der NATO und der USA scheitern sollten. „Ich kann das ausschließen”, sagte er der Agentur Interfax zufolge in New York. Lösungen konnte man von den Beratungen im UN-Sicherheitsrat nicht erwarten, da Russland als ständiges Mitglied ebenso wie die USA, Frankreich, Großbritannien und China ein Vetorecht hat.
30. Januar 2022: NATO plant keine Kampftruppen in Ukraine zu entsenden
Eine Verlegung von Truppen in osteuropäische NATO-Staaten werde erfolgen, es würden jedoch keine NATO-Kampftruppen direkt in die Ukraine entsandt, so NATO-Generalsekretär Stoltenberg, selbst im Falle einer russischen Invasion in die Ukraine nicht. Man konzentriere sich darauf, die Ukraine dabei zu unterstützen, „die Möglichkeiten zur Selbstverteidigung” zu verbessern. Es gebe einen Unterschied zwischen einem NATO-Mitglied und „einem starken und hochgeschätzten Partner wie der Ukraine”. Im Falle einer Invasion werde es aber harte Sanktionen gegenüber Russland geben. Und die NATO sei auch bereit, ihre Truppenstärke in Osteuropa erneut zu verstärken.
29. Januar 2022: NATO verstärkt Militärpräsenz in Osteuropa
Die USA werden wegen des Ukraine-Konflikts bald zusätzliche Truppen in osteuropäische NATO-Staaten verlegen. Es gehe dabei um „nicht zu viele” Soldaten, schränkte Biden ein. Auch weitere NATO-Mitgliedsstaaten wollen wie angekündigt etwa zusätzliche Schiffe in die Ostsee sowie Kampfflugzeuge in Länder wie Litauen, Rumänien und Bulgarien entsenden. In Litauen trafen bereits Kampfjets der dänischen Luftwaffe ein. Die deutsche Luftwaffe werde sich im Februar und März von Rumänien aus mit drei Eurofightern an der Sicherung des NATO-Luftraums beteiligen.
28. Januar 2022: Präsident der Ukraine warnt vor Panikmache
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor überzogenen Befürchtungen im Konflikt mit Russland gewarnt: „Ich halte die Lage jetzt nicht für angespannter als zuvor. Im Ausland herrscht der Eindruck, dass hier Krieg herrscht. Das ist nicht der Fall.” Er könne zwar eine Zuspitzung der Lage nicht ausschließen. Aber Panik sei fehl am Platz, so Selenskyj. Er machte die ausländische Presse dafür verantwortlich. Dem Weißen Haus warf er vor, die Bedrohung größer darzustellen, als sie sei: „Sie beteiligen sich an dieser Informationssituation, die an unseren Grenzen geschaffen wird, (sie) verstehen, dass es Risiken gibt, sie artikulieren das immer wieder, sie stellen es so akut und brennend wie möglich dar. Meiner Meinung nach ist das ein Fehler.”
28. Januar 2022: Lukaschenko: „Willst Du Frieden, bereite Dich auf Krieg vor”
Der belarusische Machthaber Lukaschenko hat Moskau im Ukraine-Konflikt in einer Rede an das belarusische Volk und die Nationalversammlung seine Unterstützung zugesichert. Im Falle einer Aggression würden laut Lukaschenko Hunderttausende russische und belarusische Soldaten Seite an Seite kämpfen. Belarus wolle keinen Krieg, betont er immer wieder. Das belarusische Volk habe in der Vergangenheit genug gelitten. Doch folge man in Minsk der Regel: „Willst Du Frieden, bereite Dich auf den Krieg vor.”
28. Januar 2022: Russland fordert auch von OSZE Anwort zu Sicherheitsfragen
Moskau hat nun auch von der OSZE Antworten auf Fragen zur Sicherheit in Europa gefordert. Konkret fordert Russland Erläuterungen zum Prinzip der „unteilbaren” Sicherheit in Europa. Ein Land – etwa die Ukraine – dürfe seine eigene Sicherheit nicht auf Kosten der Interessen eines anderen Staates – also Russland – festigen, so die Sichtweise Moskaus. Unter anderem damit begründet Russland seinen Widerstand gegen die Aufnahme der Ukraine in die NATO, da es sich wiederum durch das Vorrücken des Militärblocks bedroht sieht. Durch eine jahrhundertelange Geschichte sieht sich Russland mit Teilen der Ukraine verbunden und kritisiert, dass die USA und die NATO das Land zu ihrem Einflussbereich erklärt hätten – ohne Rücksicht auf Moskaus Interessen. „Wenn unsere Versuche, gegenseitig annehmbare Prinzipien einer Gewährleistung der Sicherheit in Europa zu vereinbaren, kein Ergebnis bringen, dann werden wir Maßnahmen als Antwort ergreifen”, so Russlands Außenminister Lawrow.
27. Januar 2022: Erste Reaktionen Russlands auf NATO-/USA-Antwort
Eine offizielle russische Reaktion auf die Antworten der USA und der NATO zu den russischen Forderungen steht noch aus. Russlands Außenminister Lawrow kritisierte insbesondere, es habe von Seiten der USA bisher keine positive Antwort auf die russische Hauptforderung nach Garantien bezüglich der NATO-Osterweiterung gegeben. Er sei aber weiterhin offen für Gespräche. Bald soll es ein erneutes Treffen auf Außenminister-Ebene in Genf geben. Auch das weitere Personal um Putin äußerte erwartungsgemäß seinen Unmut und macht sich Gedanken über mögliche weitere Schritte. Das russische Außenministerium werde Vorschläge erarbeiten und sie Putin vorlegen. Es wird über eine Aufrüstung der ostukrainischen „Volksrepubliken” Donezk und Luhansk nachgedacht. Von der Lieferung „bestimmter Arten von Waffen” ist die Rede, Soldaten der russischen Streitkräfte würden dabei nicht die Grenze überschreiten, sagte Jurij Schwytkin vom Duma-Verteidigungsausschuss. Er hob hervor, man ergreife alle nötigen Maßnahmen, um die „Bürger Russlands zu schützen”, auch diejenigen, die in den „Volksrepubliken” lebten, es handle sich um 800.000 Menschen. Auch eine Anerkennung der „Volksrepubliken” sei möglich.
26. Januar 2022: NATO und USA liefern Antwort auf Russlands Forderungen
In einer ausführlichen schriftlichen Antwort haben die NATO und die USA auf Russlands Vorschlag für neue Sicherheitsvereinbarungen reagiert. Das Papier ist noch nicht öffentlich, aber Diplomaten zufolge unterstreichen die USA und NATO darin ihre Linie der vergangenen Wochen und machen nochmals deutlich, dass die formulierten Kernforderungen Russlands – ein Stopp der NATO-Osterweiterung – für das Bündnis inakzeptabel sind. Im Papier werden jedoch Angebote für die Verbesserung der Beziehungen gemacht.
Russlands Außenminister ließ durchblicken, nach Eingang der Antwort würden er und andere ranghohe Regierungsvertreter Kremlchef Wladimir Putin Ratschläge zu den nächsten Schritten geben. Er warnte, man werde „alle notwendigen Maßnahmen” ergreifen, wenn man keine konstruktiven Antworten erhalte und der Westen seine „aggressive Politik” fortsetze.
26. Januar 2022: Kremlpartei fordert Waffenlieferungen für moskautreue Separatisten in Ukraine
Angesichts der wachsenden Spannungen werden nun auch in Russland Waffenlieferungen für die Separatisten diskutiert. Die moskautreuen Separatistengebiete in den ukrainischen Regionen Luhansk und Donezk sollen als Reaktion auf Waffenlieferungen seitens des Westens an die ukrainische Armee nun offiziell ebenfalls mit Militärgütern versorgt werden, so der Vorschlag der Kremlpartei Geeintes Russland.
26. Januar 2022: Treffen im Normandie-Format ohne Durchbruch
Es kommt Bewegung in das seit 2019 ruhende Normandie-Format, welches eine Abstimmung von Russland, der Ukraine, Frankreich und Deutschland vorsieht. Nachdem Moskau zunächst nicht mehr bereit war zum Dialog auf dieser Ebene, ist Russland nun doch einverstanden, die Ukraine-Krise im Normandie-Format weiter zu besprechen. Frankreichs Präsident Macron ist es gelungen, Russland wieder zurück an den Verhandlungstisch zu bringen. Das Treffen in Paris ergab noch keinen Durchbruch, aber immerhin hat man sich verständigt, die Gespräche in zwei Wochen in Berlin fortzusetzen. Welche Aussichten haben Verhandlungen im Normandie-Format?
24. Januar 2022: USA und Großbritannien ziehen Botschaftspersonal ab
Nachdem zunächst die USA damit begonnen haben, Mitarbeiter aus der Botschaft in der Ukraine abzuziehen, hat nun auch Großbritannien einige Beschäftigte und Angehörige aus der Botschaft zurückgerufen. Die EU sieht hingegen derzeit keinen Grund dafür, Personal zur Auseise aufzufordern. „Ich denke nicht, dass wir dramatisieren müssen", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borell. Auch Kiew kritisiert den Abzug von Botschaftspersonal als „übertriebene Vorsicht”.
24. Januar 2022: USA versetzen Soldaten in Transportbereitschaft
Die US-Regierung hat nach eigenen Angaben rund 8.500 Soldaten in den Vereinigten Staaten in erhöhte Bereitschaft versetzt. „Das ist ein klares Signal an Herrn Putin, dass wir unsere Verantwortung gegenüber der NATO ernst nehmen”, so Ministeriumssprecher John Kirby. Eine Entscheidung über eine Verlegung dieser Truppen nach Europa sei jedoch noch nicht getroffen worden, man sei in der Feinabstimmung der militärischen Pläne. Die Regierung in Washington spricht von der Option, die Länder an der Ostflanke der NATO „im Vorfeld einer Invasion” zu unterstützen. Laut einem Bericht der New York Times könnte das erst der Anfang sein, innerhalb kurzer Zeit könnten Truppenverbände mit bis zu 50.000 Soldaten in angrenzende NATO-Mitgliedsstaaten entsenden werden, zusätzlich zu den rund 10.000 NATO-Soldaten, die bereits in nahe an Russland gelegenen Ländern wie Polen, Rumänien und der Türkei stationiert seien.
24. Januar 2022: Nato plant Truppenstärke in Osteuropa zu vergrößern
Die NATO möchte die Truppenstärke in Osteuropa ausbauen und weitere Schiffe und Kampfflugzeuge in der Region stationieren. Die Streitkräfte würden in Bereitschaft gehalten und die Einsätze mit mehr Schiffen und Kampfflugzeugen verstärkt. „Ich begrüße es, dass die Verbündeten zusätzliche Kräfte zur Nato beisteuern”, sagte Stoltenberg in einer Erklärung. „Die NATO wird weiterhin alle notwendigen Maßnahmen ergreifen, um alle Verbündeten zu schützen und zu verteidigen, auch durch die Verstärkung des östlichen Teils des Bündnisses”, sagte Stoltenberg weiter. Staaten wie Dänemark und Spanien würden sich beteiligen, Frankreich würde eine Beteiligung in Erwägung ziehen.
22. Januar 2022: NATO kündigt Militärübung im Mittelmeer an
Die USA haben ein großes NATO-Manöver im Mittelmeer angekündigt. Die Übung mit dem Namen Neptune Strike 22 soll bis zum 4. Februar andauern. Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums John Kirby betonte, die Manöver hätten nichts mit den derzeitigen Befürchtungen vor einem russischen Einmarsch in der Ukraine zu tun und sei zudem schon seit langer Zeit geplant. „Die Übung ist nicht für die Art von Szenarien entworfen, die sich mit Blick auf die Ukraine abspielen könnten”, sagte der Pentagon-Sprecher.
22. Januar 2022: Eklat um deutschen Marinechef Schönbach
Der deutsche Marinechef Kay-Achim Schönbach sorgte mit umstrittenen Aussagen in einer Talkrunde eines Thinktanks in Indien für einen Eklat. „Hat Russland wirklich Interesse an einem kleinen Stück ukrainischen Bodens?”, fragte der Vizeadmiral und gab sich selbst die Antwort: „Nein, das ist Nonsens.” Putin habe also kein Interesse an einem Angriff, sondern wolle nur eins wirklich: „Respekt”, so Schönbach. Es sei einfach, Putin diesen Respekt zu erweisen, den er einfordert, und „wahrscheinlich auch verdient”, sagte der Marinechef bei einem Auftritt in Indien. Seine Aussagen sorgten für einen Eklat, in Folge ist Schönbach von seinem Posten zurückgetreten.
21. Januar 2022: Außenminister-Treffen in Genf
US-Außenminister Blinken und Russlands Außenminister Lawrow trafen sich in Genf, um sich weiter im Konflikt auszutauschen. Auch dieses Gespräch brachte keinen Durchbruch, beide Seiten zeigten sich jedoch weiterhin offen und seien sich über die Notwendigkeit eines „vernünftigen Dialogs” einig, so Lawrow. Die USA sollen nächste Woche schriftliche Antworten auf Forderungen Russlands zur Ukraine und NATO liefern, so Lawrow. Danach solle es weitere Gespräche auf Ebene der Außenminister geben.
20. Januar 2022: Russland kündigt Militärmanöver an
Russland hat großangelegte Marinemanöver in Atlantik, Arktis, Pazifik und Mittelmeer angekündigt. Für Januar und Februar plane das Land Übungen, an denen insgesamt mehr als 140 Schiffe, mehr als 60 Flugzeuge und etwa 1.000 Stück anderer militärischer Ausrüstung beteiligt seien, teilte das russische Verteidigungsministerium mit. Das Hauptziel sei es „die nationalen Interessen Russlands in den Ozeanen zu schützen und militärischen Bedrohungen Russlands aus den Meeren und Ozeanen zu begegnen”.
Waffenlieferungen an die Ukraine
Die USA haben Russland abermals mit massiven Konsequenzen im Falle eines Einmarsches in die Ukraine gedroht und der Ukraine neben den bereits erfolgten Waffenlieferungen zusätzliche 200 Millionen Dollar an Hilfen für die Verteidigung der Souveränität und territorialen Integrität des Landes zugesagt. Ferner bestätigt das US-Außenministerium, es habe Estland, Lettland, Litauen und Großbritannien die Genehmigung erteilt, in den USA produzierte Ausrüstung an die Ukraine zu senden. Bevor Staaten diese Ausrüstung an Drittländer weitergeben, müssen sie gemäß den Ausfuhrkontrollbestimmungen ein Genehmigung des US-Außenministeriums einholen.
Großbritannien, wie auch andere NATO-Staaten, planen somit, Waffen an die Ukraine zu liefern. Der britische Verteidigungsminister Ben Wallace sagte, es handele es sich nicht um „strategische Waffen”, sie dienten der Selbstverteidigung der Ukraine. In Deutschland ist die Debatte um Waffenlieferungen wieder in vollem Gange. Bislang sprach sich die Politik mehrheitlich gegen Waffenlieferungen an die Ukraine aus. In ihrem Koalitionsvertrag hat sich die Regierung auf eine restriktive Rüstungspolitik festgelegt, die keinerlei Waffenlieferungen in Krisenregionen zulässt.
Die Waffenlieferungen haben insgesamt aber wohl eher symbolische Wirkung, denn am Kräfteverhältnis mit Russland werden sie kurzfristig nichts ändern. da sind sich Experten sicher.
18. Januar 2022: Russische Truppen in Belarus – gemeinsame Militärmanöver geplant
Russland und Belarus planen gemeinsame Militärmanöver. Die „kontinuierliche Zunahme der Spannungen in Europa, insbesondere an den westlichen und südlichen Grenzen von Belarus” seien der Grund für diese Manöver. Erste russische Soldaten sowie Panzer und Lkw sind dafür in Belarus angekommen. In einer ersten Phase bis zum 9. Februar würden russische und belarusische Truppen in „bedrohte Gebiete” verlegt, so das belarusische Verteidigungsministerium. Die Militärübungen sollen in der Nähe der belarusischen Grenzen zur Ukraine und zu den NATO-Mitgliedern Polen und Litauen abgehalten werden. In einer zweiten Phase vom 10. bis zum 20. Februar sollen dann die eigentlichen Manöver auf verschiedenen belarusischen Militärstützpunkten erfolgen.
16. Januar 2022: „Völlig gegensätzliche Positionen”
Trotz der jüngsten diplomatischen Krisengespräche über den Ukraine-Konflikt vertreten Russland und der Westen nach Ansicht des Kreml weiterhin „völlig gegensätzliche” Positionen. In einem Interview mit dem US-Sender CNN bezeichnete Kreml-Sprecher Dmitri Peskow dies als „beunruhigend”. Auf die Frage nach einer möglichen russischen Invasion in der Ukraine sagte Peskow: „Niemand bedroht irgendjemanden mit einer Militäraktion. Dies wäre verrückt.” Wenn die NATO nicht auf die Forderungen Russlands eingehe, sei man aber „bereit, Vergeltungsmaßnahmen zu ergreifen”, sagte Peskow weiter. Der Westen befürchtet seit Monaten, Russland plane mit seinem massiven russischen Truppenaufmarschs an der Grenze zur Ukraine einen weiteren Einmarsch in das Land, nachdem 2014 bereits die Krim annektiert wurde. Der amerikanische Geheimdienst gab an, mutmaßlich sollen russische Agenten eine Spezialoperation im Osten der Ukraine planen, Moskau weist die Vorwürfe zurück.
13. Januar 2022: Sitzung der OSZE
Der Dialog um den Ukraine-Konflikt wird im Rahmen der „Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa” fortgesetzt, welche als Plattform für Gespräche über Abrüstung und militärische Entspannung dient. An dem Treffen nahmen sowohl die USA als auch Russland als Mitgliedstaaten teil. Der polnische Außenminister und Vorsitzende der OSZE Zbigniew Rau, sieht die Kriegsgefahr in Europa mit Blick auf die Ukraine-Krise und die Spannungen mit Russland derzeit so groß wie seit 30 Jahren nicht mehr. Russland drängte auch bei der OSZE abermals auf eine baldige Entscheidung bezüglich der geforderten Sicherheitsgarantien. Ein Verschleppen der Verhandlungen könnte zu einer „unvermeidlichen Verschlechterung der Sicherheitslage ausnahmslos aller Staaten” führen, sagte Russlands Ständiger OSZE-Vertreter Alexander Lukaschewitsch.
12. Januar 2022: NATO-Russland-Rat
Auch die Gespräche im NATO-Russland-Rat, an dem sich 30 NATO-Staaten und Russland beteiligten, konnte in den Streitpunkten um den Ukraine-Konflikt keine Fortschritte erzielen. Die NATO hat eine Serie von neuen Gesprächen vorgeschlagen, auch zur beiderseitigen Raketenstationierung in Europa. Der russische Unterhändler, Aleksandr Grushko, warf der NATO vor, sie sei auf Angebote zur Deeskalation nicht eingegangen. „Die NATO hält an der Taktik der Eindämmung Russlands aus dem Kalten Krieg fest. Eine weitere Verschlechterung der Situation kann zu unvorhersehbaren und ernsten Konsequenzen für die europäische Sicherheit führen”. Erneut erging seitens Russland die Forderung, die NATO dürfe keine neuen Mitglieder mehr aufnehmen und solle Truppen aus neuen östlichen Mitgliedsstaaten abziehen. Die NATO lehnte dies ab, forderte zum wiederholten Male Russland auf, seine geschätzt 100.000 Soldaten von der ukrainischen Grenze zurückzuziehen und erneuerte die Drohung, im Falle einer russischen Invasion in die Ukraine werde dies „signifikante Kosten und Konsequenzen für Russland haben”.
10. Januar 2022: USA-Russland-Gespräche in Genf
Das Treffen der amerikanischen und russischen Unterhändler in Genf konnte im festgefahrenen Konflikt um die Ukraine sowie Fragen bezüglich der NATO-Osterweiterung keinen Durchbruch erzielen. Beide Parteien bekräftigen ihre Positionen, zeigten sich jedoch weiterhin gesprächsbereit und offerierten Angebote zur Deeskalation. Die USA bieten Abrüstungsgespräche an, sofern Russland im gleichen Sinne dazu bereit sei. Die Forderung Russlands, eine NATO-Osterweiterung auszuschließen, wurde jedoch weiterhin zurückgewiesen. Von russischer Seite erging von Außenminister Sergej Rjabkow die Versicherung, Russland habe „keine Intentionen, die Ukraine anzugreifen”, und bezeichnete die Lage als „nicht hoffnungslos”.
17. Dezember: 2021 Russland stellt Forderungen an NATO
Die von Präsident Putin in den vergangen Tagen bereits vielfach geäußerten Forderungen an die NATO hat das russische Außenministerium nun in einem Dokument mit neun einzelnen Artikeln präzisiert. Laut dem Text sollen sich die Staaten der Nato verpflichten, auf dem Gebiet der Ukraine und anderer Staaten Osteuropas, des Südkaukasus und in Zentralasien militärische Handlungen zu unterlassen. Zudem fordert Russland die NATO auf, militärische Infrastruktur auf die Positionen von 1997 zurückziehen. Weiterhin sollten dem Dokument zufolge Russland und die Nato-Staaten auf die Stationierung von Kurz- und Mittelstreckenraketen an Punkten verzichten, die für die möglichen Unterzeichner eine Bedrohung darstellen können. Die Alliierten zeigten sich bereit, an der Stärkung vertrauensbildender Maßnahmen zu arbeiten, wenn Russland konkrete Schritte zum Abbau von Spannungen unternehmen werde.
16. Dezember 2021: EU-Gipfel: Warnung an Russland
Die Europäische Union droht Russland für den Fall eines Angriffs auf die Ukraine mit massiven Konsequenzen- Auf dem EU-Gipfel in Brüssel verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs eine entsprechende Erklärung. Moskau müsse dringend die Spannungen entschärfen, die durch den Truppenaufmarsch an der Grenze zur Ukraine verursacht worden seien. Jede weitere militärische Aggression werde massive Konsequenzen und hohe Kosten zur Folge haben. Genaue Strafmaßnahmen wurden noch nicht festgelegt. Diskutiert werden Sanktionen gegen Staatsunternehmen und Oligarchen, ein Ausschluss Russlands aus
dem Zahlungsverkehrssystem Swift und die Erdgas-Pipeline Nordstream 2.
15. Dezember 2021: Russland sucht Schulterschluss mit China
Russlands Präsident Putin und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping tauschten sich in einer Video-Schaltung über die Sicherheitslage aus. China unterstütze Russland bei seiner Politik gegenüber der Nato, die Osterweiterung zu verhindern, hieß es vonseiten des Kreml. Russland bekräftigte vor allem seine Forderung nach juristisch verbindlichen Sicherheitsgarantien, nach denen eine Aufnahme der Ukraine in das Militärbündnis nicht stattfinden wird. Außerdem lehnt Russland weitere militärische Infrastruktur und Waffensysteme der Nato vor seinen Grenzen ab. Die beiden Staatschefs schlagen für das neue Jahr ferner einen Gipfel der fünf ständigen Mitglieder des UNO-Sicherheitsrates vor, auf dem neben China und Russland auch die USA, Großbritannien und Frankreich teilnehmen sollen.
15. Dezember 2021: Belebung des Normandie-Formats
Frankreich und Deutschland wollen angesichts der Spannungen an der russisch-ukrainischen Grenze wieder intensiver im Ukraine-Konflikt vermitteln. Hierfür möchten sie ein altes Gesprächsformat wieder neu beleben, das Normandie-Format. Der Begriff Normandie-Format bezieht sich seit 2014 auf das Quartett auf Regierungs- und Außenministerebene zwischen Russland, der Ukraine, Deutschland und Frankreich zu Fragen des Ukraine-Konflikts. 2019 fand in diesem Vierer-Format zuletzt ein Treffen mit Putin und Selenskyi in Paris statt. Solange Putin allerdings aktuell nicht zu einem direkten Dialog mit der Ukraine bereit ist, soll es statt der Vierer-Runde zunächst Treffen zu dritt geben. Macron hatte am Abend zuvor mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert.
14. Dezember 2021: Erneut Debatte um Waffenlieferungen: Ukraines Präsident wirft Deutschland Blockade vor
Die Debatte um Waffenlieferungen an die Ukraine im Rahmen der NATO-Zusammenarbeit flammt im Ukraine-Konflikt immer wieder auf. Aktuell wirft die Ukraine Deutschland fehlende Unterstützung und eine Blockade von Waffenlieferungen vor: „Deutschland hat uns kürzlich daran gehindert, im Rahmen der NATO-Zusammenarbeit Lieferungen von Waffensystemen zur Verteidigung zu erhalten“, sagte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj. „Jeder demokratische Staat, der sich gegen eine Aggression schützt, muss das Recht haben, diese Art von Defensivwaffen zu erwerben", erklärte er weiter. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock verwies hingegen auf „das Gebot der Deeskalation" und betonte zugleich die Solidarität mit der Ukraine.
14. Dezember 2021: Kiews Bürgermeister Vitali Klitschko warnt vor russischen Invasion und bittet um Unterstützung
In der ganzen Ukraine bereite sich das Land darauf vor, dass Russlands Präsident Wladimir Putin den Kriegsbefehl geben könnte. Er bat dringend um „internationale Unterstützung und militärische Hilfe" und richtete dabei insbesondere einen Appell an Deutschland: "Die neue Bundesregierung muss verstehen, dass Hilfe für unser Land noch nie so wichtig war."
14. Dezember 2021: Treffen der EU-Außenminster
Die EU-Außenminister haben angesichts der Zuspitzung der Lage über neue Sanktionen gegen Russland beraten. Entscheidungen über Strafmaßnahmen wurden noch nicht gefällt, noch sei man im „Abschreckungsmodus“, so der EU-Außenbeauftragte Josep Borell. Debattiert werden Einreiseverbote gegen russische Politiker sowie das Einfrieren von Vermögenswerten in der EU. Ebenfalls könnte am Ende die Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland durch
die Ostsee nach Deutschland in einem neuen Sanktionspaket enthalten sein, sollte es soweit kommen, dass Russland tatsächlich einen Einmarsch von Truppen in die Ukraine anordnet.
11./12. Dezember 2021: G7-Gipfel
Auch der G7-Gipfel sendete ein klares Signal an Russland. Die sieben führenden Industrienationen haben auf dem Gipfel Russland eindringlich zur Deeskalation in der Ukraine-Krise aufgerufen. Für den Fall eines Einmarsches im Nachbarland drohen sie mit massiven Konsequenzen: „Jede Art der Gewaltanwendung zur Änderung von Grenzen ist nach internationalem Recht strikt verboten", so heißt es in der Erklärung. „Wir bekräftigen unser unerschütterliches Bekenntnis zur Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine sowie zum Recht eines jeden souveränen Staates, seine Zukunft selbst zu bestimmen."
Tags darauf verschärfte Russland seinerseits den Ton. Der stellvertretende Außenminister Sergej Ryabkow drohte mit militärischen Maßnahmen, sollten die USA und die Nato keine Sicherheitsgarantien abgeben, dass das Militärbündnis nicht weiter nach Osten expandieren und keine Waffensysteme nahe der russischen Grenze einrichten werde.
6. Dezember 2021:Putin-Biden Videogipfel zu Ukraine-Konflikt
Auf einem zweistündigen Videogipfel haben US-Präsident Biden und der russische Präsident Putin über den Ukraine-Konflikt gesprochen. Biden drohte Putin im Falle einer russischen Invasion erneut mit „starken wirtschaftlichen Sanktionen" der Vereinigten Staaten und ihrer europäischen Verbündeten. Weiterhin kündigte er an, die Ukraine noch weiter aufzurüsten und die NATO-Partner an der Ostflanke zu stärken, sollte Russland in die Ukraine einmarschieren. Putin warnte indessen vor einer NATO-Osterweiterung und forderte einen Stopp und verbindliche juristische Garantien, dass sich das westliche Militärbündnis nicht nach Osten ausweitet. Der Gipfel ergab keine Annäherung.
November 2021: Russische Streitkräfte konzentrieren sich erneut an der Grenze zur Ukraine.
Vor dem Hintergrund der Spannungen zwischen Moskau und der NATO löst die Bewegung russischer Truppen in den USA und in der EU Besorgnis aus. Die Nato fühlt sich provoziert und warnt Moskau vor militärischen Übergriffen an der Grenze zur Ukraine. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg rief Moskau auf, „alle weiteren Provokationen oder aggressiven Handlungen" zu unterlassen. " Die Nato stehe an der Seite der Ukraine, betonte Stoltenberg. Russlands Präsident wiederum moniert Militärübungen der Gegenseite.
Die Befürchtung, Russland könne eine Invasion planen sorgen international zunehmend für Besorgnis. Ruprecht Polenz von der Deutsche Gesellschaft für Osteuropastudien glaubt indes nicht, dass Russaland für einen großflächigen, militärischen Angriff aufrüste. Putin würde vor allem Taktieren und Kalkulieren und wolle ausloten, wieviel Unterstützung die Ukraine von der NATO bekomme. Er möchte verhindern, dass die NATO weitere Schritte unternimmt, die Ukraine in das Bündnis aufzunehmen. André Härtel. von der Stiftung Wissenschaft und Politik hingegen meint, die militärischen Aktivitäten Russlands seien mehr als nur eine Drohung. Der Westen sollte die Möglichkeit einer weiteren militärischen Intervention Russlands ernst nehmen.
14. Juli 2021: In einem von Putin veröffentlichten Artikel, in welchem er die Einheit des russischen und ukrainischen (wie auch des belarusischen) Volkes betonte (Rede im Volltext auf englisch), werden die Gebietsansprüche Russlands in der Ukraine deutlich. Die Zweistaatlichkeit sei ein Unfall der Geschichte. Der Artikel sei eine Grundlage zur Diskussion auch über die Grenzen innerhalb der GUS, bestätigte der Kreml-Sprecher. Der ukrainischen Führung wirft Putin Fremdsteuerung durch den Westen, Russophobie und eine Zwangsukrainisierung vor, die sich speziell gegen die russischsprachige Bevölkerung im Donbass richte. Die ständigen Verstöße gegen das Minsker Abkommen hätten ihn zu der Ansicht gebracht: „Kiew braucht den Donbass einfach nicht", so Putin. Politologen bewerten dies als Drohung: Sollte Kiew nicht die von Moskau gelenkten Separatistenregierungen Donezk und Luhansk zu vollwertigen Verhandlungspartnern aufwerten, werde Russland seine Politik in der Richtung wieder aktivieren. Ein Anschluss wie bei der Krim würden als Möglichkeiten im Raum stehen, so der Politologe und Russland-Korrespondent André Ballin aus Moskau.
16.Juni 2021: Biden-Putin-Gipfel
Auf dem Gipfel ging es unter anderem auch um die Lage in der Ukraine. Putin sagte, Russland sei jederzeit bereit, die Minsker Vereinbarungen zu erfüllen, sofern die Ukraine ihrerseits die Vereinbarungen umsetzen würde. Die Manöver Russlands hätten auf russischem Territorium stattgefunden. Putin sagte, dass Russland keine Manöver an der amerikanischen Grenze durchführen würde, während „unsere amerikanischen Partner“ dies getan hätten. Auch Biden sagte, dass das Minsker Übereinkommen die Grundlage für das weitere Vorgehen sei.
Mai 2021: Es gibt neue Hoffnung im Konflikt zwischen Russland und der Ukraine.US-Präsident Biden hat ein Treffen mit Präsident Putin am 16. Juni angeregt, zur Beilegung des Ukraine-Konflikts und anderer brennender Themen. Man habe Bidens Vorschlag "positiv aufgenommen", so Außenminister Sergej Lawrow im russischen Fernsehen. Das Treffen wird in Genf stattfinden.
Mai 2021: Offiziell sind die russischen Militärmanöver im Asowschen Meer seit April beendet - doch nach wie vor belauern sich hier russische und ukrainische Kriegsschiffe. "Während des vergangenen Monats wurde die Situation gefährlicher. Fünfzehn Schiffe verlegten die Russen aus dem Kaspischen Meer hierher, ins Asowsche Meer. Landungsschiffe und Kanonenboote", so Roman Hontscharenko, Kapitän eines Patrouillenboot der ukrainischen Marine.
24. April 2021: Russland kündigt an, Seegebiete im Schwarzen Meer zu sperren. Es seien nur russische Hoheitsgewässer betroffen, heißt es aus Moskau. Die EU, die Ukraine sowie die Nato kritisieren das Vorhaben als Provokation. Die Durchfahrt zu den Häfen der Ukraine wird für die ausländische Kriegsmarine in den nächsten Monaten schwieriger.
22. April 2021: Mit der Ankündigung des Abzugs von Truppensetzt Russland ein Zeichen der Entspannung. Der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu hat den Abzug angekündigt. Bei einem Besuch auf der Krim sagte er, dass das Militärmanöver beendet sei, die Ziele erreicht seien und die Truppen mit ihrem Abzug beginnen würden. Allerdings bleibt vorerst unklar, Ob damit alle neu verlegten Soldaten und Waffen die Gebiete nahe der Ukraine verlassen und alle neuen Militärläger abgebaut werden, bleibt noch unklar. Einige Waffensysteme sollen bis zum Manöver "West 2021" mit Belarus im Herbst auf dem Stützpunkt nahe Woronesch bleiben, so Schoigu.
17. April 2021:Russland hat 15 Kriegsschiffe ins Schwarze Meer geschickt. Sie hätten die Meerenge von Kertsch an der Halbinsel Krim passiert, teilte die Marine der russischen Agentur Interfax zufolge mit. Wie lange die Übungen des Militärmanövers dauern werden, wurde zunächst nicht gesagt. Zuvor hatten die USA nach Beschwerden Russlands die Entsendung zweier Kriegsschiffe ins Schwarze Meer türkischen Angaben zufolge abgesagt.
16. April 2021: Bei Ukraine-Gesprächen in Paris zwischen Deutschland, Frankreich und der Ukraine, Russland war nicht anwesend, wurde der Abzug russischer Truppen gefordert. Ziel sei eine Deeskalation. Der ukrainische Präsident Selenskyj sagte, er hoffe auf ein baldiges Gespräch mit seinem russischen Amtskollegen Putin und ruft ihn zu Gesprächen im sogenannten Normandie-Format auf. Dieses Format geht zurück auf ein Treffen von Frankreich, Deutschland, Russland und der Ukraine in der Normandie.
Selenskyj unterstreicht unterdessen seine Forderung nach einer raschen Aufnahme seines Landes in die NATO und die EU.
15. April 2021: Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk spricht von denmassivsten Truppenbewegungen Russlands seit dem Zweiten Weltkrieg: An der Grenze zur Ukraine spielten sich reale Kriegsvorbereitungen ab, sagte Melnyk im Deutschlandfunk. Nach Angaben der ukrainischen Nachrichtendienste seien sogar 90.000 Soldaten an die Grenze zur Ukraine verlegt worden, sagte der ukrainische Botschafter in Deutschland. Man gehe davon aus, dass sich die Zahl noch auf 110.000 erhöhen werde: „Das ist die Hälfte unserer Gesamtarmee“, betonte Melnyk. „Der Aufmarsch ist mehr als Säbelrasseln oder Kriegstrommeln, wie viele in Deutschland glauben.“ Es handele sich um sehr reale Vorbereitungen eines Angriffs auf die Ukraine.
13. April 2021: Die Außen- und Verteidigungsminister der NATO beraten sich über die angespannte Lage. Die Regierung in Kiew hatte die NATO zuvor um Unterstützung gebeten. Die USA hatten angekündigt Kriegsschiffe in die Region zu entsenden. Die NATO zeigt sich sehr besorgt über die Lage und forderte einen Abzug der russischen Truppen. Die beachtliche Konzentration der Streitkräfte sei ungerechtfertigt, ungeklärt und zutiefst beunruhigend. Die NATO möchte der Ukraine helfen, obwohl diese nicht Mitglied der NATO ist. NATO-Generalsekretär Stoltenberg versprach dem Land Unterstützung zu, die NATO stehe an der Seite der Ukraine.
Anfang April 2021: Angesichts der erneuten Eskalation der Lage im Grenzgebiet zur Ostukraine hat Russland ein großes Truppenaufgebot an der Grenze zur Ukraine und auf der annektierten Halbinsel Krim zusammen gezogen. Im Falle einer weiteren Zunahme von Kampfhandlungen hat Russland mit einem militärischen Eingreifen zum Schutz seiner Staatsbürger gedroht. Russland werde einer möglichen "menschlichen Katastrophe" nicht tatenlos zuschauen, machte Kremlsprecher Dmitri Peskow laut der Agentur Interfax in Moskau deutlich. Die Militärdoktrin des Landes lässt eine Intervention zum Schutz russischer Staatsbürger im Ausland zu.
Ende März 2021: Die Kämpfe im Donbass flammen wieder auf. Der militärische Konflikt im Osten der Ukraine dauert nunmehr seit fast sieben Jahren an. Ende März sind die Kämpfe wieder aufgeflammt – trotz Waffenruhe. Die Schuld an der Eskalation schieben sich die Konfliktparteien gegenseitig zu.
6. Oktober 2020: Auf dem EU-Ukraine-Gipfeltreffen bekräftigte die EU ihre unerschütterliche Unterstützung für die Unabhängigkeit, Souveränität und territoriale Unversehrtheit der Ukraine und verurteilte die rechtswidrige Annexion der Krim und Sewastopols durch Russland, die Militarisierung der Halbinsel und die gravierende Verschlechterung der Menschenrechtslage in Gebieten, die nicht unter der Kontrolle der ukrainischen Regierung stehen. Die EU erinnerte daran, dass beide Seiten die Minsker Vereinbarungen umsetzen sollten. Die Führungsspitzen forderten die Freilassung aller rechtswidrig festgesetzten und inhaftierten ukrainischen Staatsbürgerinnen und Staatsbürger auf der Krim und in Russland, einschließlich Aktivisten der Krimtataren. Die EU appellierte weiterhin an Russland, die ungehinderte und freie Durchfahrt in das Asowsche Meer und aus dem Asowschen Meer im Einklang mit dem Völkerrecht sicherzustellen.
7. September 2020: Nachdem bereits im April des Jahres ein weiterer Gefangenen austausch stattfand, erfolgte nun im Herbst ein weiterer Gefangenenaustausch.
27. Juli 2020: In den umkämpften Gebieten in der Ostukraine wurde ein erneute Waffenruhe vereinbart. Es gelte eine "völlige und allumfassende Feuereinstellung". Zuvor hatten das ukrainische Militär und die Vertreter der prorussischen Separatisten aus den Gebieten von Donezk und Luhansk erklärt, alles für die Einstellung der Kämpfe vorbereitet zu haben.
29. Dezember 2019: Es ist ein markantes Zeichen der Hoffnung in dem seit Jahren andauernden Konflikt: Die Ukraine und die pro-russischen Rebellen haben ihre Übereinkunft umgesetzt und über 200 Gefangene ausgetauscht. Die ukrainische Regierung gab bekannt, dass ihr 76 Menschen aus dem Gewahrsam der Rebellen übergeben wurden. Die von Russland unterstützten Separatisten vermeldeten ihrerseits die Rückkehr von 123 Gefangenen in die selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Luhansk. Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte wiederholt versprochen, alles für die Freilassung der ukrainischen Seeleute zu tun. Der Austausch der Gefangenen gilt daher als ein wichtiger Erfolg.
9. Dezember 2019: Im Dezember trafen sich die Regierungschefs der Ukraine, Russlands, Deutschlands und Frankreich in Paris. Der sogenannte „Normandie-Gipfel“ setzte wichtige Impulse für die Lösung des Konflikts. Die Teilnehmer vereinbarten eine Reihe von konkreten Schritten für die Menschen in der Ostukraine. Sie einigten sich unter anderem auf eine umfassende Umsetzung des Waffenstillstands, auf die Entwicklung und Durchführung eines Plans zum Minenräumen und weiteren Rückzug von Militärs sowie die Fortsetzung von Bemühungen für den Austausch von Gefangenen.
21. Juli 2023:Parlamentswahl in der Ukraine
Bei dieser Parlamentswahl tritt erstmals die Partei des neugewählten Präsidenten Wolodymyr Selenskyj "Sluha Narodu" an und erhält mit 43,2 Prozent der Stimmen die absolute Mehrheit der Sitze. Für die Vergabe der Sitze in der Werchowna Rada ("Oberster Rat") gilt eine Kombination von Verhältnis- und Mehrheitswahl. 225 Sitze werden nach Verhältniswahl vergeben. Ebenfalls im Parlament sind vertreten: Die prorussische "Oppositionsplattform", welche 13 Prozent der Stimmen erhält, die Partei Julija Tymoschenkos "Vaterland" mit 8,2 Prozent der Stimmen sowie jene des ehemaligen Präsidenten Petro Poroschenko "Europäische Solidarität" mit 8,1 Prozent der Stimmen.
20. Mai 2019: Der neue ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj löst als erste Amtshandlung das Parlament auf. Neuwahlen könne es schon in zwei Monaten geben, sagt der 41-Jährige in seiner Antrittsrede vor den Abgeordneten und internationalen Gästen in Kiew.
21. April 2019: Präsidentenwahl in der Ukraine - Zweiter Wahlgang:
Wolodymyr Selenskyj gewinnt die Stichwahl um das Präsidentenamt mit 73 Prozent der Stimmen, Petro Poroschenko erhält 24 Prozent der Stimmen.
31. März 2019: Präsidentenwahl in der Ukraine - Erster Wahlgang:
Der Schauspieler und Komiker Wolodymyr Selenskyj gewinnt die erste Runde der Präsidentenwahlen in der Ukraine. Der politische Neuling kommt nach Auszählung aller Stimmen auf 30,2 Prozent der Stimmen. Der Amtsinhaber Petro Poroschenko landet mit 15,9 Prozent auf Platz zwei. Julija Tymoschenko erhält 13,4 Prozent der Stimmen, weitere sieben Kandidaten waren angetreten. Damit müssen die beiden Erstplatzierten am 21. April in die Stichwahl.
Neue Eskalation im russisch-ukrainischen Konflikt: Die russische Küstenwache hatte am 25. November 2018 in der Meerenge von Kertsch vor der Halbinsel Krim Patrouillenbooten der ukrainischen Marine die Durchfahrt verweigert und eines der Schiffe gerammt.
Drei ukrainische Schiffe wurden beschlagnahmt. Dabei seien drei Angehörige der ukrainischen Marine angeschossen worden. Der russische Grenzschutz teilte mit, dass die ukrainischen Boote ohne eine vorherige Genehmigung einzuholen, "gefährliche Manöver" durchführten und nicht auf die Forderungen der russischen Behörden reagierten.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat angesichts des Konflikts mit Russland im Asowschen Meer das Kriegsrecht für die nächsten 30 Tage verhängt.
Die Regierung in Moskau reagierte auf die Schritte Kiews in der Nacht mit dem Antrag auf Einberufung einer Sondersitzung des Weltsicherheitsrates der Vereinten Nationen.
Hintergrund: Die Ukraine hat Häfen im Asow- und im Schwarzen Meer. Die Straße von Kertsch verbindet die Meere. Russland und die Ukraine hatten das Asowsche Meer 2003 in einem Vertrag zu einem gemeinsam genutzten Gewässer erklärt. Handels- und Kriegsschiffe beider Länder dürfen dem Vertrag zufolge das Asowsche Meer wie auch die Meerenge frei benutzen. Seit der Annexion der Krim erhebt Russland Anspruch auf die Meerenge. Inzwischen sperrte Russland die Durchfahrt durch die Meerenge von Kertsch ab.
Die Bundesregierung und die NATO haben Russland und die Ukraine zur Deeskalation aufgerufen.
Oktober 2016: Bei einem Ukraine-Gipfel in Berlin haben sich die Teilnehmer nach Angaben des ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko auf eine sogenannte Roadmap zu einer Friedenslösung geeinigt. Als Grundlage solle das Minsker Friedensabkommen dienen, sagte Poroschenko laut der Agentur Tass nach dem fünfstündigen Treffen. Die Außenminister Russlands, der Ukraine, Frankreichs und Deutschlands sollen das Dokument demnach bis spätestens Ende November ausarbeiten.
Juli 2016: Die Zahl der zivilen Opfer im Ostukraine-Konflikt zwischen prorussischen Separatisten und Regierungstruppen ist nach UN-Angaben im Sommer 2016 stark gestiegen. Im Juli seien acht Menschen getötet und 65 Menschen verletzt worden, teilte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte mit. Im Juni hätten zwölf Menschen ihr Leben verloren und 57 Menschen Verletzungen davongetragen. Die Opferzahlen für Juni seien die höchsten seit August 2015 und fast doppelt so hoch wie die Zahlen im Mai 2016. Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Seid Ra'ad al-Hussein, forderte die Konfliktparteien auf, Zivilisten zu schonen und die angespannte Lage nicht weiter eskalieren zu lassen.
November 2015
November 2015
Die Spannungen zwischen Kiew und Moskau wegen der von Russland annektierten Schwarzmeerhalbinsel Krim nehmen wieder zu.
Nach Sprengstoffanschlägen auf Stromleitungen in der Nacht zum 22. November in der Ukraine ist es auf der von Russland annektierten Halbinsel Krim zu einem massiven Energieausfall gekommen. Zwei der insgesamt vier Hochspannungsleitungen aus der Ukraine waren beschädigt worden. Urheber der Sprengung sind offenbar Krimtataren, die sich mit Aktivisten des ukrainisch-nationalistischen „Rechten Sektors“ zusammengetan haben. Sie blockieren die Reparatur der Leitungen. Zeitweise waren 1,6 Millionen Menschenauf der Krim ohne Strom. Die Behörden riefen den Notstand aus. Krankenhäuser und andere wichtige Gebäude werden nun durch Generatoren mit Strom versorgt. Daraufhin stoppte Moskau die Lieferung von Kohle an ukrainische Kraftwerke.
Die ukrainische Regierung kündigte am 23.11.2015 an, sämtliche Lieferungen auf die Halbinsel auszusetzen. Der russische Gaskonzern Gasprom kündigte am 25. November an, kein Gas mehr an die Ukraine zu liefern. Als Grund nennt das Staatsunternehmen Zahlungsrückstände. Erst im Oktober 2015 war der Gasstreit zwischen der Ukraine und Russland beigelegt worden. Die Ukraine erklärte, keine russischen Gaslieferungen mehr zu benötigen.
Juli 2015
Juli 2015
Lage im Osten verschlechtert sich - Konfliktparteien einigen sich auf entmilitarisierte Zone -OSZE-Mitarbeiter geraten unter Beschuss.
5. Juli: In der umkämpften Ostukraine hat die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) mit Nachdruck vor einer stetigen Verschlechterung der Lage gewarnt. Entlang der Front hätten Beobachter schweres Kriegsgerät wie Panzer und Haubitzen gesehen, zu deren Abzug sich die Konfliktparteien schon im Februar verpflichtet hätten, hieß es. In der vergangenen Woche habe sich die Lage deutlich verschlechtert.
15. Juli: Im Osten der Ukraine ist es zu heftigen Kämpfen zwischen prorussischen Rebellen und Regierungssoldaten gekommen. Der ukrainische Sicherheits- und Verteidigungsrat sprach von acht getöteten Soldaten binnen 24 Stunden und den "heftigsten Bombardements auf ukrainischem Gebiet seit der Unterzeichnung des Minsker Abkommens". Nach Angaben der Rebellen wurden zwei Aufständische sowie eine Zivilistin getötet.
22. Juli: Der ukraienisch Präsident Petro Poroschenko hat einer 30 Kilometer breiten entmilitarisierten Zone in der Kriegsregion Donbass zugestimmt. Alle Panzer sowie Artillerie sollten aus der Pufferzone abgezogen werden, befahl der Staatschef im Konfliktgebiet Luhansk. Der Schritt solle den "dauerhaften Beschuss" beenden. Die Konfliktparteien hatten sich unter Vermittlung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) und Russlands auf einen Abzug von Kriegsgerät geeinigt. Die prorussischen Separatisten in Donezk teilten mit, Waffen mit einem Kaliber von weniger als 100 Millimetern bereits drei Kilometer von der Front abgezogen zu haben.
27: Juli: Bei den von groben Verstößen begleiteten Nachwahlen in der nordukrainischen Großstadt Tschernihiw hat der Kandidat der Präsidentenpartei gewonnen. Nach Auszählung von fast allen abgegebenen Stimmen erhielt der 31-Jährige Sergej Beresenko rund 36 Prozent der Stimmen, so die Wahlleitung. Der 45-jährige Millionär Gennadi Korban wurde mit knapp 15 Prozent Zweiter. Berichte über mutmaßlichen Stimmenkauf durch die Bewerber hatten im Wahlkampf für Aufregung gesorgt. Das Parlamentsmandat muss neu vergeben werden, weil der bisherige Abgeordnete Waleri Kulitsch Ende März zum Gouverneur des Gebiets Tschernihiw ernannt worden war.
28. Juli: In der Ostukraine sind Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in den vergangenen Tagen mehrfach unter Beschuss geraten. Ein OSZE-Mitarbeiter wurde dabei leicht verletzt. Die OSZE prüft nun Änderungen an ihren Einsätzen in dem Gebiet.
Juni 2015
Juni 2015
Die Kämpfe gehen weiter- Sanktionen gegen Russland bis 2016 - Erneuter Aufruf zur Waffenruhe
1. Juni: In der Ostukraine flammen die Kämpfe wieder auf. Beide Seiten berichten von Opfern. Die prorussischen Separatisten werfen den Regierungseinheiten vor, beim Beschuss im Raum Donezk drei Zivilisten getötet zu haben. Fünf weitere Menschen seien verletzt worden, teilten die Aufständischen mit. Die Armeeführung spricht ihrerseits von zwei Toten und einem Verletzten in ihren Reihen durch Beschuss vonseiten der militanten Gruppen.
22. Juni: Die EU verlängert die Wirtschaftssanktionen gegen Russland bis zum 31. Januar 2016. So lange der Minsker Friedensplan zum Ukraine-Konflikt nicht umgesetzt sei, werde es keine Lockerung der Handels- und Investitionsbeschränkungen geben, machen die EU-Außenminister zu ihrem einstimmigen Beschluss klar. Einbußen für die europäische Wirtschaft nehme man in Kauf.
24. Juni: Bei ihrem Krisentreffen in Paris rufen die Außenminister Deutschlands, Frankreichs, Russlands und der Ukraine zu einer Waffenruhe auf. Der deutsche Ressortchef Steinmeier sagte, alle Konfliktparteien müssten dazu beitragen, dass die Lage nicht weiter außer Kontrolle gerate.
Mai 2015
Mai 2015
Festnahme russischer Soldaten - Ukraine in finanzieller Not
18. Mai: Die ukrainische Armee nimmt zwei russische Soldaten in der Ostukraine fest - und will offenbar ein Exempel statuieren. Die Männer sollen wegen Terrorismus vor Gericht gestellt werden.
23. Mai: Die Ukraine steht kurz vor dem Bankrott - jetzt hat Präsident Poroschenko ein Gesetz unterzeichnet, mit dem das Land die Rückzahlung der Auslandsschulden per Moratorium verhindern kann. Den Gläubigern drohen Milliardenverluste. Die Ukraine begründet das Gesetz mit dem "Schutz nationaler Interessen" sowie mit Forderungen des Internationalen Währungsfonds (IWF), die Schuldenlast zu senken.
April 2015
April 2015
Hilfe aus Deutschland und den USA - Fünftes Außenminister-Krisentreffen
1. April: Bundeskanzlerin Angela Merkel lobt die ukrainische Regierung für ihre "beachtlichen Reformschritte. Sie verspricht Premier Jazenjuk bei seinem Deutschlandbesuch weitere Hilfe beim wirtschaftlichen Aufbau der Ukraine. Von einem bereits in Aussicht gestellten Kreditrahmen aus Deutschland über 500 Millionen Euro sollten 300 Millionen Euro etwa für die Infrastruktur und das Gesundheitswesen eingesetzt werden. Konkrete Projekte seien noch festzulegen. Die restlichen 200 Millionen Euro sollen laut Jazenjuk dem ukrainischen Haushalt zugutekommen
13. April: Zum fünften Mal treffen sich die Außenminister der Ukraine, Russlands, Deutschlands und Frankreichs zum Ukraine-Konflikt. Sie einigen sich erstmals auf eine gemeinsame Erklärung zur Lage in der Ostukraine. Dabei fordern sie den Rückzug schwerer Waffen, einen sofortigen Stopp der wiederaufgeflammten Kämpfe, die Stärkung der OSZE-Beobachtermission in der Region, eine komplette Umsetzung des Gefangenenaustauschs und die Besetzung der Arbeitsgruppen zur Vorbereitung einer politischen Lösung. Das Treffen in Berlin wurde vor dem Hintergrund neuer Kämpfe in der Ostukraine mit mehreren Toten anberaumt.
21. April: Die USA unterstützen die Ukraine mit einem Hilfspaket im Umfang von 17, 7 Millionen US-Dollar (umgerechnet rund 16,4 Millionen Euro). Das kündigte das Weiße Haus nach einem Telefonat von US-Vizepräsident Joe Biden mit dem ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko an. Das Geld soll den Menschen in den Regionen helfen, in denen Regierungstruppen und prorussischen Kämpfer sich Gefechte liefern. Die Mittel sollen in Notunterkünfte, Essensgutscheine, Trinkwasser und sanitäre Einrichtungen fließen, hieß es.
März 2015
März 2015
Abzug schwerer Waffen - Weitere Sanktionen gegen Russland - Waffenruhe bleibt brüchig
10. März: Die ukrainische Regierung bescheinigt einen umfangreichen Abzug schwerer Waffen durch die prorussischen Separatisten von der Front im Osten des Landes. Sein Militär habe "den Löwenanteil" seiner Waffen abgezogen. Die von Russland unterstützen Kämpfer hätten ebenfalls eine signifikante Zahl zurückgezogen, sagte Präsident Petro Poroschenko im Fernsehen. Seit dem offiziellen Beginn der Waffenruhe mit den Separatisten in der Ostukraine am 15. Februar sind nach Angaben von Poroschenko 64 Soldaten getötet worden. Insgesamt seien in dem knapp elfmonatigen Konflikt bisher 1549 Soldaten getötet worden, so Poroschenko. Die Vereinten Nationen zählten bislang insgesamt mehr als 6000 Tote, vornehmlich Zivilisten.
11. März: Die USA unterstützen die Ukraine mit weiterer militärischer Ausrüstung. Außerdem weitet Washington die Sanktionsliste gegen Russland aus.
17. März: Die Oberste Rada in Kiew ändert ein Gesetz vom September über den geplanten Sonderstatus der Gebiete im Kriegsgebiet. Dabei wurden Gebietsgewinne der Separatisten seit Beschluss des Friedensplans im weißrussischen Minsk am 12. Februar nicht berücksichtigt. Die Regierung in Kiew bezeichnete die Maßnahme als nötigen Schritt bei der Umsetzung des Minsker Abkommens. Zudem beschlossen die Abgeordneten, vor Inkrafttreten des Sonderstatus erst Kommunalwahlen im Donbass nach ukrainischem Recht abzuhalten.
23. März: Moskau beschuldigt Kiew, das Minsker Abkommen verletzt zu haben. Ähnliche Vorwürfe macht die Ukraine den Rebellen.
In Kiew unterzeichnet Parlamentspräsident Wladimir Groisman derweil eine Verordnung, nach der die abtrünnigen Regionen Luhansk und Donezk zu "okkupierten" Gebieten erklärt werden.
Februar 2015
Februar 2015
Die Kämpfe reißen nicht ab- Neue Friedensverhandlungen in Minsk - Waffenruhe - Weiterhin Kämpfe
2. Februar: Es ist ein Blutvergießen, wie es seit Kriegsbeginn in der Ukraine nicht größer war. Bei den jüngsten Auseinandersetzungen zwischen pro-russischen Separatisten und Regierungstruppen in der Ukraine kamen Dutzende Zivilisten zu Tode. Die von Russland mit modernem Kriegsgerät unterstützten Separatisten haben zudem angekündigt, schon in der kommenden Woche bis zu 100.000 Kämpfer mobilisieren zu wollen. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International beklagt in der jüngsten Eskalation ein rücksichtsloses Blutvergießen.
7. Februar: Die USA und die Europäer debattieren über Waffenlieferungen an die Ukraine. Der ukrainische Präsident Poroschenko drängt den Westen auf der Münchner Sicherheitskonferenz zur Eile. Poroschenko rief die internationale Gemeinschaft dazu auf, der Ukraine im Kampf gegen die von Russland unterstützten Separatisten stärker zur Seite zu springen.
9. Februar: Nach einem Treffen im Weißen Haus drohen US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel der Regierung in Moskau mit weiteren Sanktionen, falls es keine konkreten Fortschritte auf dem Weg zu einem Frieden in der Ostukraine geben sollte. Am 11. Februar findet im weißrussischen Minsk ein Friedensgipfel statt. Dort will Bundeskanzlerin Merkel mit den Staatschefs von Frankreich, Russland und der Ukraine – François Hollande, Wladimir Putin und Petro Poroschenko – über eine Friedenslösung für die umkämpfte Ostukraine verhandeln. Neue Strafmaßnahmen, wie EU-Einreiseverbote und Vermögenssperren treten nach einem Beschluss der EU-Außenminister nur in Kraft, wenn es ins Minsk keine weitreichenden Fortschritte bei den Friedensverhandlungen sowie eine Waffenruhe gibt.
11. Februar: Beim Ukraine-Gipfel im weißrussischen Minsk vereinbaren Kremlchef Putin und der ukrainische Präsident Poroschenko unter dem Beisein von Frankreichs Staatschef Hollande und Kanzlerin Merkel eine Waffenruhe in der Ostukraine. Die Waffenruhesoll ab Sonntag, dem 15.2.2015, 0.00 Uhr (23.00 Uhr MEZ) gelten. Außerdem verständigten sich die Gipfelteilnehmer bei dem 17-stündigen Verhandlungsmarathon auf eine Verfassungsreform in der Ukraine. Die gesetzlichen Rechte der Menschen im Donezk-Gebiet müssten gewahrt werden, hieß es von Russlands Präsident Putin. Die Einigung sehe auch einen Sonderstatus für die Rebellengebiete, Bestimmungen zu Grenzkontrollen und humanitäre Angelegenheiten vor. Außerdem soll die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine garantiert werden. Alle ausländischen Militärs hätten ukrainisches Hoheitsgebiet zu verlassen. Bis zum Jahresende soll die Ukraine die vollständige Kontrolle über die Grenze zu Russland übernehmen. Derzeit werden weite Teile des Grenzverlaufs von Rebellen beherrscht. Die Abschlusserklärung sieht die Einrichtung einer entmilitarisierten Pufferzone vor. In einem Dokument der OSZE-Kontaktgruppe ist auch wieder die Rede vom Beginn eines "politischen Dialogs" durch die ukrainische Regierung.
2. Minsker Abkommen vom 12 Februar 2015
12. Februar: Trotz der ausgehandelten Waffenruhe für die Ostukraine wollen die Staats- und Regierungschefs der EU an ihren Strafen gegen Russland festhalten. Kanzlerin Merkel gab bekannt: Die beschlossenen Sanktionen treten in Kraft, neue könnten folgen.
13. Februar: Trotz des Friedensabkommens und kurz vor dem vereinbarten Waffenstillstand für die Ostukraine setzen die Kriegsparteien die Kämpfe weiter fort. Binnen 24 Stunden seien mindestens elf Armeeangehörige und zehn Zivilisten getötet worden, teilten die ukrainische Armee und die Rebellen mit.
14. Februar: Die im Minsker Abkommen ausgehandelte Waffenruhe zwischen Separatisten und ukrainischem Militär in Kraft. Sie wird von beiden Seiten vorerst eingehalten.
16. Februar: In der Stadt Debalzewe wird wieder gekämpft. Die ukrainische Armee will ihre schweren Waffen vorerst nicht aus dem Konfliktgebiet im Osten des Landes zurückholen. Der in den Verhandlungen von Minsk vereinbarte Beginn des Waffenabzugs von der Frontlinie stehe momentan nicht zur Debatte, sagte Armeesprecher Wladislaw Selesniow. Er begründete dies mit versuchten Panzerangriffen und anhaltendem Beschuss durch die prorussischen Rebellen. Abgemacht war, dass spätestens zwei Tage nach Inkrafttreten der Waffenruhe der Abzug aus einem 50 Kilometer breiten Korridor beginnt.
17. Februar: Trotz vereinbarter Waffenruhe haben die Separatisten den Großteil der Stadt Debalzewe eingenommen. Beim Abzug von rund 2.500 Regierungssoldaten aus der strategisch wichtigen Stadt seien mindestens sechs Militärangehörige von Separatisten getötet und mehr als 100 verletzt worden, so Präsident Poroschenko. Der UN-Sicherheitsrat hat die Konfliktparteien in der Ostukraine bei einer Sondersitzung zur sofortigen Einhaltung der Waffenruhe aufgefordert.
22. Februar: In der Nähe der Separatisten-Hochburg Lugansk werden mehr als 130 Soldaten und 50 Rebellen an die jeweils andere Seite übergeben. Die Aktion gilt als einer der erster Schritte zur Umsetzung der Waffenruhe.
23. Februar: Die ukrainischen Streitkräfte sagen den vereinbarten Abzug ihrer schweren Waffen ab. Sprecher verwiesen auf einen Beschuss von Armeestellungen in der Nacht.
24. Februar: Die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) soll für ihren Einsatz in der Ostukraine gestärkt werden. Darauf einigten sich Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier und seine Kollegen aus Frankreich, Russland und der Ukraine bei einem Gipfel in Paris. Das Mandat für den OSZE-Einsatz läuft planmäßig Ende März aus - und soll nun verlängert werden.
26. Februar: Die ukrainische Armee kündigt an, nun die schweren Waffen aus dem Konfliktgebiet im Osten des Landes abzuziehen. Der Schritt war im zweiten Abkommen von Minsk vom 12. Februar vereinbart worden. Er sollte eigentlich schon in der vergangenen Woche beginnen, wurde jedoch immer wieder verschoben.
Januar 2015
Januar 2015
Unruhen im Osten der Ukraine nehmen wieder zu - Raketenbeschuss auf Mariupol
12. Januar: Im Osten der Ukraine gibt es nach Nato-Angaben etwas weniger Kämpfe. "Es gibt Anzeichen für eine leichte Entspannung", sagte Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg der Zeitung Die Welt. Vor Ort sind laut Stoltenberg immer noch russische Militärangehörige, die die Separatisten unterstützen.
13. Januar: In der Ostukraine sind bei einem Raketeneinschlag in einen Bus mindestens elf Zivilisten getötet und 13 weitere verletzt worden. Nach Angaben der örtlichen Polizei hatten prorussische Separatisten das Geschoss auf einen Kontrollposten der Armee abgefeuert, dabei aber versehentlich den Bus getroffen.
18. Januar: Regierungstruppen starten einen Großangriff auf den umkämpften Flughafen der Stadt Donezk. Mit der Offensive sei es ihnen gelungen, das Gebiet weitgehend zurückzuerobern, sagte ein Militärsprecher in Kiew. Das Militär beklagte mehrere Tote und Verletzte. Die prorussischen Separatisten warfen den Regierungstruppen vor, mit Panzern und schwerer Artillerie zu schießen.
20. Januar: Die Regierung in Kiew beginnt an mit einer Teilmobilmachung, bei der 50.000 zusätzliche Reservisten bewaffnet werden sollen. Präsident Petro Poroschenko will dadurch die Truppen in der Ostukraine verstärken.
21. Januar: Die Ukraine und Russland haben sich bei ihren Verhandlungen über die Krise in der Ostukraine auf den Abzug schwerer Waffen verständigt. Das sagte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier in Berlin nach knapp dreistündigen Gesprächen. Der Rückzug solle von der bereits im September vereinbarten Demarkationslinie aus beginnen. Steinmeier sprach von "wahrnehmbaren Fortschritten", die aber keinen Durchbruch bedeuteten.
23. Januar: Der ostukrainische Separatistenführer Alexander Sachartschenko bemüht sich nach eigenen Worten nicht mehr um Waffenstillstandsgespräche mit der Regierung in Kiew. Stattdessen würden seine Kämpfer bis an die Grenze der Region Donezk vorrücken, zitierte die Nachrichtenagentur Interfax Sachartschenko.
24. Januar: Nach einem Raketenbeschuss auf die Hafenstadt Mariupol sterben mindestens 30 Zivilisten, es gibt 100 Verletzte. Untersuchungen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) zufolge kam der Beschuss aus dem Gebiet prorussischer Separatisten. Das ukrainische Militär und die Aufständischen gaben sich gegenseitig die Schuld für den Angriff.
Februar 2014
Februar 2014
Krawalle mit 80 Toten in Kiew - Amtsenthebung von Präsident Janukowitsch - Alexander Turtschinow wird neuer Übergangspräsident - Arsenik Jazenjuk wird Chef der Übergangsregierung - Mutmaßliche (pro-)russische Bewaffnete überfallen die Krim
Schon seit November 2013 protestieren zehntausende Menschen gegen die Politik von Präsident Viktor Janukowitsch, der auf Druck von Moskau die Vorbereitungen für ein Assoziierungsabkommen mit der EU abbricht. Die Proteste verlaufen vorerst friedlich.
Am 20. Februar2014 eröffnen in Kiew Scharfschützen das Feuer auf pro-europäische Demonstranten auf dem Maidan-Platz, fast 80 Menschen werden getötet. Wer die tödlichen Schüsse abgegeben hat, ist umstritten. Die Europäische Union beschließt darauf hin individuelle Sanktionen gegen Verantwortliche für die Gewalt und beauftragt die Außenminister Frankreichs, Polens und Deutschlands mit einer Vermittlungsmission.
Am 21. Februar unterzeichnen die ukrainischen Oppositionsführer und Präsident Viktor Janukowitsch auf Vermittlung der Außenminister von Deutschland, Frankreich und Polen, Frank-Walter Steinmeier, Laurent Fabius und Radoslaw Sikorski mit Rückendeckung eines russischen Sondergesandten einen Kompromisspapier. Demnach sollten
- die Präsidentschaftswahlen vorgezogen,
- die Verfassung geändert,
- die Opposition an der Regierung beteiligt werden und
- alle illegalen Kampftruppen sollten entwaffnet werden.
Teile der Protestbewegung akzeptieren die Vereinbarung nicht, sie wollen einen Neuanfang.
Das ukrainische Parlament beschließt die Rückkehr zur Verfassung des Jahres 2004 mit weniger Rechten für den Staatschef und enthebt am 22. Februar Präsident Janukowitsch des Amtes. Für den 25. Mai werden vorgezogene Wahlen angesetzt. Janukowitsch reist in den Osten der Ukraine und taucht unter.
Am 23. Februar wird Alexander Turtschinow vom Parlament zum Übergangspräsidenten gewählt, die USA und der internationale Währungsfonds stellen umgehend Finanzhilfen in Aussicht.
Am 26. Februar wird der proeuropäische Politiker Arsenik Jazenjuk vom Maidan-Rat zum Chef der Übergangsregierung nominiert. Kiew beantragt einen internationalen Haftbefehl gegen Janukowitsch. Der russische Präsident Wladimir Putin ordnet eine Militärübung an der Grenze zur Ukraine an. Auf der Krim kommt es zu Auseinandersetzungen zwischen Anhängern und Gegnern der neuen ukrainischen Führung.
Am 27. Februar wird Arsenik Jazenjuk vom ukrainischen Parlament als Regierungschef bestätigt.
Der Regierungssitz und das Parlament in der Krim-Hauptstadt Simferopol werden von prorussischen Milizen besetzt.
Am 28. Februar übernehmen Bewaffnete in Uniformen ohne nationale Erkennungszeichen die Kontrolle über zwei Flughäfen auf der Krim. Nach ukrainischen Angaben landen 2000 russische Soldaten auf einem Luftwaffenstützpunkt auf der Krim. US-Präsident Obama droht Russland mit ernsten Konsequenzen, sollte die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine verletzt werden.
März 2014
März 2014
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Russische Truppen werden in die Ukraine entsandt - Umstrittene Loslösung der Halbinsel Krim von der Ukraine - Sanktionen der EU und der USA gegen Russland - Finanzielle Hilfe für die Ukraine durch den IWF - Gespräche zwischen Russland und dem Westen über die Lage in der Ukraine
Am 1. März stimmt das Oberhaus des russischen Parlaments der Entsendung von Truppen in die Ukraine zu. Die Ukraine beschuldigt Russland, bereits 6.000 Soldaten und 30 Panzerfahrzeuge auf die Krim verlegt zu haben. Ein Referendum über den künftigen Status der autonomen Teilrepublik Krim wird auf den 30. März vorverlegt. Die ukrainische Armee wird in Alarmbereitschaft versetzt.
Am 2. März mobilisiert die Ukraine alle Reservisten, Übergangsregierungschef Jazenjuk wirft Russland eine "Kriegserklärung" vor. Prorussische Milizen setzen ukrainische Soldaten auf der Krim in ihren Kasernen fest. Der neu ernannte ukrainische Marinechef läuft in das Lager der prorussischen Regionalregierung der Krim über. Die G-7-Staaten legen die Vorbereitungen für den G-8-Gipfel im Juni im russischen Sotschi auf Eis.
Am 5. März stellt die EU-Kommission elf Milliarden Euro Hilfe für die Ukraine in Aussicht. Das auf mehrere Jahre angelegte Hilfspaket sei der Beitrag der Kommission zu dem am 6. März stattfindenden Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs zur Krise in dem Land, kündigte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso in Brüssel an. Das Geld soll aus dem Gemeinschaftshaushalt und von EU-Finanzorganisationen kommen.
Am 6. März verhängen die USA und die EU erste leichte Sanktionen gegen Russland. US-Präsident Barack Obama verfügte, dass die Vermögen all derjenigen eingefroren werden sollen, die direkt oder indirekt die ukrainische Sicherheit, Unabhängigkeit und territoriale Unversehrtheit bedrohten. Die Europäische Union setzt die Verhandlungen über Visa-Erleichterungen sowie über das neue Grundlagenabkommen aus.
Die Abgeordneten des Parlaments der Autonomen Republik Krim haben für einen Beitritt zur Russischen Föderation gestimmt. Die Entscheidung soll am 16. März durch eine Volksabstimmung bestätigt werden.
Am 10. März stellt auch die Weltbank der Ukraine finanzielle Hilfen von 2,2 Milliarden Euro in Aussicht. Mit dem Geld soll die Ukraine bei dringend notwendigen Reformen unterstützt werden.
Am 11. März stimmt das pro-russische Parlament auf der Krim für die Loslösung der Halbinsel Krim von der Ukraine. Die Abgeordneten nahmen mit großer Mehrheit eine "Unabhängigkeitserklärung der autonomen Republik Krim und der Stadt Sewastopol" an. Der Schritt soll die rechtliche Grundlage für einen Beitritt zu Russland als unabhängiger Staat nach dem Referendum am 16. März schaffen. Die nun erklärte Unabhängigkeit soll in Kraft treten, wenn sich die Bevölkerung für den Beitritt zur Russischen Föderation ausspricht.
Am 12. März verkündet Rustam Temirgaliew, der Vizepremier der Krim-Regierung, im russischen Fernsehen die Vorbereitung der Übernahme von ukrainischen Staatsunternehmen in den Besitz der autonomen Regionalregierung. Dabei soll es unter anderem um das Energieunternehmen Tschernomorneftegas und die ukrainische Eisenbahn gehen. Zuvor hatte Krim-Regierungschef Sergej Axjonow bereits angekündigt, die ukrainischen Kriegsschiffe im Hafen von Sewastopol beschlagnahmen zu wollen.
Die USA starten gemeinsam mit Bulgarien und Rumänienein Marinemanöver vor der Krim. Gleichzeitig finden in Polen, ebenfalls unter Beteiligung der USA, Luftwaffenmanöver statt. Zudem setzt die NATO Awacs-Flugzeuge zur Kontrolle des Luftraums rund um die Ukraine ein. Als Reaktion auf die Verlegung von US-Kampfjets nach Polen, reagiert der weißrussische Präsident Alexander Lukaschenko mit der Bitte um Stationierung von russischen Kampfflugzeugen in Weißrussland.
Die Regierungschefs der sieben führenden Industriestaaten (G7) warnen Russland vor einer Annexion der Krim und drohen mit "weiteren Maßnahmen - sowohl einzeln als auch gemeinsam".
Am 13. März drängt Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Regierungserklärung auf ein Einlenken Russlands in der Krim-Krise und droht mit einer weiteren Sanktionsstufe. Ein militärisches Eingreifen schliesst sie jedoch aus.
Am 16. März stimmen in einem Referendum 96,6 Prozent der Menschen auf der Krim für einen Anschluss der Halbinsel an Russland. Das ist der moskautreuen Regionalregierung zufolge das Ergebnis des umstrittenen Abstimmung. Insgesamt waren rund 1,8 Millionen Wahlberechtigte zur Teilnahme am Referendum aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag bei 80 Prozent.
Auf dem Wahlzettel standen zwei Alternativen zur Auswahl:
Den Anschluss ans Nachbarland Russland oder eine Rückkehr zur Krim-Verfassung von 1992, die der Region weiter reichende Autonomierechte einräumen würde, als die Krim sie heute innehat. Für die Beibehaltung des Status quo konnte man nicht stimmen.
Der Westen erkennt das Referendum nicht an. Die EU will nach der Abstimmung weitere Sanktionen gegen Russland beschließen. Auch die USA kündigen weitreichende Folgen für Russland an.
Am 17. März erkennt Russlands Präsident Wladimir Putin die Halbinsel offiziell als unabhängigen Staat an. Putin unterzeichnet einen Erlass, mit dem Russland die Halbinsel als souveränen und unabhängigen Staat anerkennt. Die Stadt Sewastopol, in der die russische Schwarzmeerflotte stationiert ist, genießt demnach einen "Sonderstatus". Zugleich verabschiedet die moskautreue Krim-Regierung einen Antrag auf Aufnahme in die Russische Föderation, sowie die Anpassung der Uhrzeit an die Moskauer Zeitzone. Die EU und die USA erlassen weitere Sanktionen gegen Russland. Auch Japan lässt Sanktionen folgen. Die EU-Außenminister einigen sich auf eine Liste von 21 Personen in Moskau und auf der Krim, gegen die Einreisevebote verhängt und deren Konten gesperrt werden. Dabei handelt es sich um 13 Russen und acht Spitzenpolitiker der Krim. Die USA erlassen ebenfalls Einreiseverbote und Kontensperrungen gegen sieben russische Regierungsbeamte, darunter enge Berater von Kreml Chef Wladimier Putin, sowie vier ukrainische Politiker, darunter den entmachteten Präsidenten Viktor Janukowitsch.
Am 18. März rechtfertigt Kremlchef Wladimir Putin in einer Rede an die Nation seinen harten Kurs und attackiert den Westen. Er nennt das Krim-Referendum über einen Beitritt "überzeugend". Es sei demokratisch und in Einklang mit internationalem Recht abgelaufen. Die Halbinsel sei ein "unabtrennbarer" Bestandteil Russlands. Westliche Partner wie die USA würden nur dem Recht des Stärkeren folgen.
Putin ordnet die Vereinigung der Republik Krim und der dortigen Hafenstadt Sewastopol mit der russischen Föderation an und unterzeichnet den entsprechenden Vertrag.
Der Westen erkennt die Annexion der Krim durch die Russische Föderation nicht an. Die EU und die USA sehen darin einen eklatanten Bruch des Völkerrechts. Sie wollen über weitere Sanktionen verhandeln und eine diplomatische Lösung finden.
Am 20. März verschärfen die EU und die USA ihre Sanktionen gegen Russland. Als Reaktion auf die angestrebte Eingliederung der ukrainischen Halbinsel Krim in die Russische Föderation werden Einreise- und Kontosperren ausgeweitet. Außerdem bereitet die Europäische Kommission den Weg für mögliche wirtschaftlichen Sanktionen vor. Die Bundesregierung stoppt ein Rüstungsgeschäft mit der russischen Armee. Auf der anderen Seite reagiert auch Russland mit Sanktionen in Form von Einreiseverboten gegen US-Politiker.
Unterdessen gehen Medienangaben zufolge pro-russische Einsatzkräfte weiter hart gegen die ukrainischen Streitkräfte auf der Krim vor.
Am 21. März droht Russland dem Westen mit weiteren Gegen-Sanktionen in Industrie und Wirtschaft.
Der ukrainische Übergangs-Ministerpräsident Arseni Jazenjuk bietet Russland eine Zusammenarbeit an, um weiteres Blutvergießen im Krim-Konflikt zu verhindern. In einem Zeitungsinterview schlägt er dafür eine Vierer-Kommission vor, der die Verteidigungsminister Großbritanniens, der USA, Russlands und der Ukraine angehören sollen.
Die EU-Staats- und Regierungschefs unterzeichnen mit der Ukraine ein Abkommen zur engeren West-Anbindung. Unterschrieben wird der politische Teil des Abkommens. Der wirtschaftliche Teil mit weitreichenden Regelungen zum Freihandel soll erst zu einem späteren Zeitpunkt besiegelt werden.
Der Ständige Rat der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) beschließt, eine Beobachtermission in die Ukraine zu entsenden. Die Experten sollen unparteiisch Informationen über die Sicherheitslage und den Schutz von Minderheiten vor Ort sammeln. Auch etwaige Menschenrechtsverstöße sollen untersucht werden. Die Krim bleibt von diesem Einsatz aber ausgeschlossen.
Am 23. März hat Russland auf der Krim nun auch militärisch die Kontrolle übernommen. Nach Moskauer Angaben weht die russische Fahne über 200 ukrainischen Militäreinrichtungen auf der Krim. Damit ist die militärische Eingliederung der Halbinsel offenbar abgeschlossen. An der Ostgrenze der Ukraine haben sich ebenfalls russische Truppen stationiert. Die Ukraine als auch die NATO befürchten deswegen einen weiteren russischen Einmarsch.
Am 24. März suchen die führenden Industriestaaten (G7) bei einem Krisengipfel in Den Haag ohne Russland nach einem Ausweg aus der Krim-Krise. Russland ist zum ersten Mal seit seinem Beitritt zur Runde 1998 nicht eingeladen, obwohl Moskau dieses Jahr die G-8-Präsidentschaft inne hat. Die G7 sagen den für Juni geplanten Gipfel im russischen Sotschi ab. Stattdessen ist ein G-7-Treffen ohne Russland in Brüssel geplant.
Russland hat inzwischen vollständig die Hoheit über die Krim inne. Der Rubel wird zusätzlich zur ukrainischen Landeswährung eingeführt.
Am 26. März löst die Ukraine innenpolitische Probleme: Der Verteidigungsminister wird ausgetauscht, ein Misstrauensantrag gegen Übergangspräsident Turtschinow scheitert. Ukrainische Soldaten ziehen von der Krim ab, ein Teil bleibt und schließt sich den Russen an.
Präsident Putin baut am 27. März seine Truppen in der Grenzregion zur Ukraine aus. Westlichen Sicherheitskreisen zufolge sind dort jetzt 30.000 russische Soldaten stationiert - 10.000 mehr als noch in der vergangenen Woche. Die USA wollen die Nato-Präsenz in Osteuropa nun erhöhen.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) stellt der Ukraine am 27. März einen Kredit von bis zu 18 Milliarden Dollar bereit. Im Gegenzug fordert die Organisation weitreichende Wirtschaftsreformen. Das ukrainische Parlament macht noch am selben Tag den Weg für die Hilfen frei. Die Abgeordneten in Kiew stimmen mehrheitlich für ein Gesetzespaket, das unter anderem Massenentlassungen, Steuererhöhungen und Subventionskürzungen vorsieht.
Die Vollversammlung der Vereinten Nationen in New York verurteilt die Krim-Annexion durch Russland. Die entsprechende Resolution findet die Zustimmung von 100 Staaten, nur elf stimmen dagegen, unter ihnen Bolivien, Venezuela und Nordkorea. 58 enthalten sich, darunter China. Mehrere westliche Staaten, darunter Deutschland, hatten die Resolution mit eingebracht. Der Text ähnelt einem Entwurf, der Mitte März im UN-Sicherheitsrat an einem Veto Russlands gescheitert war. Ein Veto gibt es in der Vollversammlung nicht, die Resolutionen sind allerdings auch nicht bindend.
Moskau möchte nun doch mit dem Westen über die Ukraine verhandeln. Der russische Präsident Wladimir Putin schlägt in einem Telefonat US-Präsident Barack Obama "mögliche Schritte" hin zu einer politischen Lösung für die Krim vor. Bei einem Treffen zwischen US-Außeniminister John Kerry und seinem russischen Kollegen Sergej Lawrow am 30. März kommen weitere Forderungen Russlands auf den Tisch: die Ukraine soll sich nicht der NATO anschließen und soll eine Föderation werden, in der auch die russischsprachige Bevolkerung im Osten und Süden angemessen vertreten ist.
Am 31. März berichtet Russlands Präsident Wladimir Putin bei einem Telefonat mit Bundeskanzlerin Angela Merkel, dass sich die russischen Soldaten teilweise von der Ostgrenze der Ukraine zurückgezogen hätten. Zuvor hatte die ukrainische Übergangsregierung gemeldet, ein Teil der russischen Truppen sei von der gemeinsamen Grenze abgezogen.
April 2014
April 2014
USA billigen finanzielle Hilfe für die Ukraine - Demonstrationen und gewaltsame Auseinandersetzungen im Osten der Ukraine -Genfer Krisentreffen bringt keine Besserung - OSZE-Beobachter werden von pro-russischen Separatisten als Geiseln genommen
Am 2. April billigt der US-Kongress die Finanzhilfen für die Ukraine. Nach dem Senat in der vergangenen Woche stimmte auch das Repräsentantenhaus mit großer Mehrheit für Kreditgarantien im Umfang von einer Milliarde Dollar (gut 725 Millionen Euro).
Wegen der Krim-Krise will die Nasa nur noch beim Betrieb der Internationalen Raumstation ISS mit Russland zusammenarbeiten. Ansonsten hat die US-Behörde die Kooperation mit Moskau im Weltall aufgekündigt.
Am 7. April kommt es bei Demonstrationen im russischsprachigen Osten der Ukraine zu massiven Ausschreitungen. Russlandtreue Aktivisten halten die Gebietsverwaltungen der Millionenstädte Charkiv und Donezk besetzt. Die Angreifer fordern ultimativ Referenden über eine Abspaltung von Kiew - nach dem international nicht anerkannten Vorbild auf der Schwarzmeerhalbinsel Krim.
Am 8. April vereinbaren die USA und Russland weitere Gespräche über die Lage in der Ukraine. Amerikas Außenminister John Kerry will sich mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow treffen.
Am 9. April schickt die EU Dutzende Beamte nach Kiew. Die Europäische Union will der Ukraine bei wichtigen Reformen künftig mit einer neuen "Unterstützungsgruppe" helfen. Nach Angaben der EU-Kommission soll die Gruppe von etwa 30 EU-Beamten die Regierung in Kiew unter anderem bei der Stabilisierung der wirtschaftlichen Lage beraten. Auch sollen Reformen für mehr Wachstum vorangetrieben werden. Zudem sollen die Experten der Ukraine helfen, die Voraussetzungen für Visaerleichterungen zu schaffen.
Am 12. April eskaliert die Lage im ostukrainischen Slawjansk. Bei einem Anti-Terror-Einsatz der Sicherheitskräfte gegen prorussische Gruppen werden mehrere Menschen getötet. Ukraines Innenminister Arsen Awakow beschuldigt die Separatisten, menschliche Schutzschilde einzusetzen.
Übergangspräsident Alexander Turtschinow wirft Moskau vor, Krieg gegen die Ukraine zu führen und Chaos im Osten des Landes zu stiften.
Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte zuletzt jegliche Beteiligung russischer Kräfte an den Besetzungen in der Ostukraine zurückgewiesen.
Am 14. April beschuldigen die USA Russland, für die blutigen Unruhen im Osten der Ukraine verantwortlich zu sein. Bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats stellt sich kein Staat auf die Seite Moskaus - auch China nicht.
Die Europäische Union verschärft ihre Sanktionen gegen Russland. Es sollen weitere Personen mit Kontosperren und Einreiseverboten belegt werden.
Der ukrainische Übergangspräsident Alexander Turtschinow bittet die Vereinten Nationen um Hilfe. Die Regierung in Kiew würde den Einsatz von Blauhelmen in der Ostukraine begrüßen, so Turtschinow in einem Telefonat mit Uno-Generalsekretär Ban Ki Moon.
Einheiten der ukrainischen Nationalgarden haben am 15. April die angekündigte Offensive gegen die pro-russischen Separatisten im Osten des Landes begonnen. Russlands Ministerpräsident Dmitrij Medwedew warnte indes vor einem Bürgerkrieg in der Ukraine.
Jetzt gibt es einen kleinen Hoffnungsschimmer: Beim Genfer Krisentreffen zur Ukraine am 17. April 2014 haben sich Vertreter der USA, Russlands, der Ukraine und der EU - John Kerry, Sergej Lawrow, Andrii Deshchytsia und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton - auf eine gemeinsame Erklärung geeinigt. Außenminister Lawrow verkündete eine Einigung auf eine schrittweise Deeskalation in der Ukraine. Die vier Parteien würden sich dafür einsetzen, dass ein "breiter nationaler Dialog in der Ukraine in Gang komme" und dass die "Rechte der Bürger geschützt werden". Dazu gehöre die "Entwaffnung illegaler bewaffneter Gruppen" in allen Regionen der Ukraine. Zudem müssten alle besetzten Gebäude verlassen und den rechtmäßigen Eigentümern zurückgegeben werden. Zugleich soll es eine Amnestie geben für Demonstranten, die ihre Waffen abgeben und besetzte Häuser räumen - außer in Fällen von Kapitalverbrechen.
Überprüft werden soll die Umsetzung der Vereinbarung von Beobachtern der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
Auch mehrere Tage nach der Vereinbarung hält sich keine Seite an die Beschlüsse: Pro-russische Separatisten halten nach wie vor in mehreren Orten der Region Verwaltungsgebäude besetzt, die ukrainische Regierung hat die über Ostern geltende Waffenruhe offiziell für beendet erklärt und neue Vorstöße gegen die Separatisten im Osten des Landes angekündigt.
Am 24. April spitzt sich die Lage in der Ostukraine zu. Spezialeinheiten der Regierung bekämpfen mit Panzern bewaffnete pro-russische Separatisten. Moskau reagiert mit einem großen Manöver direkt an der Grenze zur Ukraine.
Auch die Rhetorik verschärft sich. Außenminister Sergej Lawrow hat in Moskau die Übergangsregierung in Kiew scharf angegriffen: Sie führe "Krieg gegen ihr eigenes Volk" und werde für ihr „blutiges Verbrechen“ in der Ostukraine zur Rechenschaft gezogen. US-Außenminister John Kerry warnt Russland vor einem "schweren und teuren Fehler". Sollte Russland sein Nachbarland weiterhin destabilisieren, werde die internationale Gemeinschaft dafür sorgen, dass die "Kosten für Russland nur noch steigen". Moskau habe "nicht einen einzigen Schritt" zur Umsetzung der Vereinbarung von Genf getan.
Die pro-russischen Separatisten halten OSZE-Inspekteure als "Kriegsgefangene" fest, darunter auch Deutsche. Die Bemühungen um ihre Freilassung laufen auf Hochtouren. Die Regierung in Kiew wirft dem Kreml am 26. April vor, einen Krieg zu provozieren.
US-Präsident Obama ruft die Welt am 27. April zu Einigkeit bei neuen Sanktionen gegen Russland auf. Das sei der beste Weg, um Putin zum Einlenken in der Ukraine-Krise zu bewegen. Ein Verhandlungsteam bemüht sich in der Ukraine um die Freilassung der gefangenen OSZE-Beobachter.
Am 28. April sind immer noch sieben OSZE-Mitarbeiter in der Gewalt ostukrainischer Separatisten. Die Organisation fordert ihre sofortige Freilassung. Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier verurteilt die "Zurschaustellung" der Gefangenen vor der Presse.
Die USA verhängen Strafmaßnahmen gegen einige der engsten Vertrauten von Präsident Wladimir Putin, darunter führende Wirtschaftvertreter wie den Chef des staatlichen Ölkonzerns Rosneft. Die Europäische Union friert die Konten weiterer Personen ein. Russland wirft den USA eine Rückkehr in den Kalten Krieg vor.
Das russische Militär beendet seine Manöver an der Grenze zur Ukraine. Die an militärischen Übungen beteiligten russischen Truppen sind nach Angaben von Verteidigungsminister Sergej Schoigu in ihre Standorte zurückgekehrt.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) billigt am 30. April Kredithilfen für die Ukraine in Höhe von 17 Milliarden Dollar (rund 12,3 Milliarden Euro). Das Hilfsprogramm ist auf zwei Jahre ausgelegt, entschied der IWF-Exekutivrat.
Mai 2014
Mai 2014
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Die Lage im Osten der Ukraine verschlimmert sich - Es gibt zahlreiche Tote und Verletzte - Die OSZE-Geiseln kommen frei - Umstrittene Referenden in Donezk und Lugansk zur Abspaltung von der Ukraine - Runder Tisch in Kiew bringt keine Ergebnisse - Präsidentschaftswahlen: Petro Poroschenko wird neuer Präsident der Ukraine
Im Osten der Ukraine übernehmen prorussische Separatisten in immer mehr Städten die Macht. In Donezk stürmen Angreifer am 1. Mai das Gebäude der Staatsanwaltschaft. Die Regierung in Kiew gibt zu, dagegen hilflos zu sein - und führt die Wehrpflicht wieder ein.
2. Mai : Die ukrainische Regierung startet eine Offensive gegen prorussische Kräfte in den Städten Kramatorsk und Slawjansk, in der auch deutsche Geiseln gefangen sind. Es gibt heftige Gefechte.
In Odessa sterben 40 Menschen bei Kämpfen zwischen ukrainischen Nationalisten und prorussischen Aktivisten. Ein Gewerkschaftsgebäude, in dem sich moskaufreundliche Kräfte verschanzten, wurde angezündet, dabei kamen Dutzende prorussische Aktivisten ums Leben.
Am 3. Mai werden sieben OSZE-Beobachter, die in Slawjansk als Geiseln gehalten wurden, frei gelassen. Währenddessen weitet das ukrainische Militär seine Offensive in der Ostukraine aus. Das ostukrainische Kramatorsk bringen die ukrainischen Sicherheitskräfte wieder unter Kontrolle.
Am 4. Mai greifen prorussische Kräfte die Zentrale der Polizei in der südukrainischen Stadt Odessa an. Die Aktivisten befreien Gefangene aus einer Polizeizentrale.
In einem Krisentelefonat mit Kanzlerin Angela Merkel fordert Russlands Präsident Wladimir Putin nach Kreml-Angaben einen Dialog zwischen der Zentralmacht in Kiew und den Protestführern. Putin bekräftigt seine Haltung, wonach die prowestliche Führung in Kiew dringend das Gespräch mit den moskautreuen Protestführern im Südosten des Landes suchen müsse.
Bei einem Außenministertreffen in Wien am 6. Mai können sich die Vertreter der Ukraine und Russlands nicht auf die Voraussetzungen für eine neue Gesprächsrunde in Genf (Schweiz) einigen. Die Kiewer Übergangsregierung weist die Forderung Russlands zurück, die moskaunahen Rebellen aus dem Osten des Landes an Verhandlungen zu beteiligen.
Am 7. Mai fordert der russische Präsident Wladimir Putin die prorussischen Separatisten in der Ostukraine auf, ihr für den 11. Mai geplantes Referendum über eine Abspaltung der Donezker Region zu verschieben. Putin zufolge hat Moskau außerdem sein Militär von der Grenze zur Ukraine abgezogen.
Wegen unbezahlter Schulden in Milliardenhöhe liefert Russland der nahezu bankrotten Ukraine von Juni an Gas nur noch gegen Vorkasse. Am 7. Mai sei die Frist für die Begleichung der Schulden in Höhe von mittlerweile 3,508 Milliarden US-Dollar (2,53 Milliarden Euro) ausgelaufen, so der russische Energieminister Alexander Nowak. Seit März habe der ukrainische Versorger Naftogas keine einzige Rechnung bezahlt.
Am 11. Mai stimmen bei dem von pro-russischen Separatisten in der Ostukraine initiierten Referendum in der Region Donezk 89 Prozent der Teilnehmer für die Abspaltung von der Ukraine. Nur zehn Prozent der Teilnehmer hätten dagegen votiert, sagte der Chef der selbsternannten Wahlkommission von Donezk, Roman Ljagin. Auch in Lugansk findet ein Referendum statt. Die Zustimmung soll hier bis zu 98 Prozent betragen.
Wikipedia: Referendum im Osten der Ukraine 2014
Die Übergangsregierung in Kiew bezeichnet am 12. Mai die Referenden als kriminelle Farce. Die Europäischen Union und die USA wollen die Abstimmung nicht anerkennen.
Russlands Präsident Wladimir Putin hingegen erkennt die Wahlen in Donezk und Lugansk an.
Die Europäische Union verschärft ihre Sanktionen gegen Russland weiter.13 Verantwortliche, darunter führende Politiker und Aufständische auf der Krim, werden mit Einreiseverboten und Kontosperren in der EU belegt. Die Vermögen von zwei Unternehmen werden eingefroren. Die Konzerne sollen von der Annexion der ukrainischen Krim durch Russland profitiert haben.
Am 13. Mai sterben bei einem Angriff auf einen ukrainischen Militärkonvoi Medienangaben zufolge mindestens sieben Soldaten, sieben werden verletzt. Pro-russische Milizen sollen für die Tat verantwortlich sein. Unterdessen berichten die USA von neuen Luftaufnahmen, die Putins Panzer an der ukrainischen Grenze zeigen. Ein paar Tage vorher hatte Russlands Präsident behauptet, seine Truppen seien längst abgezogen von den ukrainischen Grenzen.
Am 14. Mai wird ein runder Tisch zur Krisenbewältigung in der Ukraine nach wenigen Stunden vertagt. Interimspräsident Alexander Turtschinow und Premierminister Arsenij Jazenjuk hatten das Treffen veranlasst. Eingeladen waren amtierende Politiker, Vertreter der Kirchen und der OSZE, allerdings keine Separatisten.
Die Uno warnt am 16. Mai vor einer "alarmierenden Verschlechterung" der Menschenrechtssituation in der Ostukraine. Die Vereinten Nationen kritisieren in einem neuen Bericht zur krisengeschüttelten Ukraine eine "alarmierende Verschlechterung" der Menschenrechtslage besonders im Osten des Landes. Russland attackiert das Dokument als politisch abgekartet.
Im Streit über die Gaslieferungen an die Ukraine gibt sich Moskau gesprächsbereit. Russland stellt Preissenkungen in Aussicht - vorausgesetzt, die Ukraine zahlt ihre offenen Rechnungen. Moskau sei zu Gesprächen bereit, sagte der russische Energieminister Alexander Nowak. Bedingung sei aber, dass die Ukraine zuvor offene Rechnungen über rund 2,2 Milliarden Dollar begleiche.
Am 18. Mai geht auch der zweite Runde Tisch ohne ein Ergebnis zu Ende. Nach den Gesprächen im ostukrainischen Charkiv sagt Regierungschef Arseni Jazenjuk, die Führung in Kiew sei bereit, "alles für eine Einheit des ukrainischen Staates zu tun". Um eine Lösung der Krise zu finden, solle es weitere Runde Tische geben. Die Vermittlungsgespräche fanden unter der Leitung des deutschen Diplomaten Wolfgang Ischinger statt. Wie bereits beim ersten, ergebnislosen Treffen am vergangenen Mittwoch in der Hauptstadt Kiew waren die Führer der bewaffneten Separatisten auch dieses Mal nicht eingeladen.
Am 20. Mai tagt im südukrainischen Nikolajew der dritte Runde Tisch zur Aussöhnung in der Krise - erneut ohne Separatisten aus den Konfliktregionen im Osten. Übergangspräsident Jazenjuk äußert sich kompromisslos. Auch direkte Gespräche zwischen Moskau und Kiew sind nach seiner Ansicht derzeit unmöglich. Russland habe «das System der europäischen Sicherheit vernichtet, gegen internationales Recht und die UN-Statuten verstoßen», sagt er zur Begründung.
Russlands Präsident Wladimir Putin versichert am 21. Mai, die Armee ziehe wie angekündigt von der Grenze ab, «damit nicht Spekulationen entstehen, wir würden die Präsidentenwahl behindern».
Die Ukraine will die Wahl am Sonntag mit Zehntausenden Polizisten sichern
Bei zwei Angriffen von Separatisten im Osten der Ukraine werden laut ukrainischen Verteidigungsministerium am 22. Mai neun Soldaten getötet und 17 Menschen verletzt.
Am 25. Mai wählt die Ukraine eine neue Regierung. Ersten Wahlprognosen zufolge liegt der Oligarch Petro Poroschenko vorne. Die Wahl wird im Osten der Ukraine von Unruhen -ausgelöst von pro-russischen Separatisten- gestört.
Am 26. Mai heißt es nach den vorläufigen Wahlergebnissen: "Schokoladenkönig" Petro Poroschenko wird mit 55 Prozent der Wählerstimmen neuer Präsident der Ukraine. Ex-Ministerpräsidentin Julija Tymoschenko kommt auf rund 13 Prozent. Der Populist Oleg Lyaschko von der Radikalen Partei holt überraschend acht bis neun Prozent und kommt auf den dritten Platz. Für den prowestlichen Kandidat Anatolij Hryzenko stimmen etwas über sechs Prozent. Der bisherige Regierungschef Arseni Jazenjuk soll nach Poroschenkos Willen im Amt bleiben. Die gesamte Regierung solle ihre Arbeit fortsetzen, so Poroschenko. Ex-Boxweltmeister Vitali Klitschko wird neuer Bürgermeister von Kiew. Er gewinnt die Wahl nach Angaben des ukrainischen Staatsfernsehens mit 57,4 Prozent der Stimmen.
Erstmals gibt es Signale der Gesprächsbereitschaft aus Moskau und somit Hoffnung auf eine Entspannung des Konflikts. Russland respektiere den Willen des ukrainischen Volkes, sagte der russische Außenminister Sergej Lawrow. Er warnte Kiew jedoch davor, den Einsatz der Sicherheitskräfte gegen pro-russische Separatisten im Osten der Ukraine fortzusetzen. Allerdings geht die ukrainische Armee im Osten des Landes weiter verschärft gegen pro-russische Separatisten vor. Bei den Gefechten in der krisengeschüttelten Region um Donezk werden mindestens zwei Menschen getötet.
27. Mai: Der Sieger der Präsidentenwahl in der Ukraine, Petro Poroschenko, kündigt eine Offensive gegen prorussische Milizen an. Am Flughafen von Donezk und in der Stadt kommt es zu heftigen Schusswechseln. Die Separatisten sprechen von mindestens zwei Todesopfern.
30. Mai: Ein weiteres Team der OSZE ist in der Ostukraine verschollen. Die Beobachter sind im Norden der Stadt Lugansk von Bewaffneten gestoppt worden, teilt die Organisation mit - seitdem gibt es keinen Kontakt mehr.
Juni 2014
Juni 2014
Die Kämpfe in der Ostukraine gehen weiter - G7-Treffen in Brüssel mit Forderungen an Russland - Petro Poroschenko wird neuer Präsident der Ukraine - Erste Schritte Richtung Waffenruhe in der Ostukraine - Russland dreht den Gashahn zu - Poroschenko stellt Friedensplan vor - EU schließt Assoziierungabkommen mit der Ukraine ab
2. Juni: Während eines Angriffs Hunderter prorussischer Milizionäre auf ein Lager des ukrainischen Grenzschutzes in Lugansk kommen laut der Behörde mindestens sieben der Separatisten ums Leben.
Die Ukraine hat im Gas-Streit mit Russland einen Teil der Forderungen bezahlt. Der ukrainische Versorger Naftogas überwies 786 Millionen Dollar. Doch eine erneute Frist für eine weitere Rückzahlung läuft bereits.
Russlands Außenminister Lawrow kritisiert die "Anti-Terror-Operation" der Ukraine und fordert ein sofortiges Ende der Gewalt. Die russische Regierung arbeitet an einer Resolution des Uno-Sicherheitsrats für ein sofortiges Ende der Gewalt in der Ukraine.
Der Uno-Sicherheitsrat berät über den russischen Resolutionsentwurf zur Ukraine-Krise. Die US-Regierung weist den Moskauer Plan zurück. Ein Aufruf zur Deeskalation bringe nichts, wenn von Russland unterstützte Separatisten immer neue Ziele angriffen und Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) in ihrer Gewalt hätten, sagte eine Sprecherin des US-Außenministeriums.
G7-Treffen: Die Staats- und Regierungschefs der führenden westlichen Industrienationen treffen am 4. Juni in Brüssel erstmals seit 16 Jahren ohne die Beteiligung Russlands in einer Siebener-Runde (G7) zusammen. In einer gemeinsamen Erklärung zur Ukraine-Krise schließen sie weitere und schärfere Sanktionen gegen Russland nicht aus, falls Russland bestimmte Bedingungen nicht erfüllen sollte. Die vier Kernaufforderungen an Russland sind:
-Zusammenarbeit mit dem neuen ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko
-Stopp des Zustroms von Separatisten und Waffen in die Ostukraine
-Garantien für die Gasversorgung sowie vollständiger Abzug der Truppen von der ukrainischen Grenze.
Zur G7 gehören die USA, Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Italien, Kanada und Japan.
Die Kämpfe zwischen pro-russischen Separatisten und ukrainischen Regierungstruppen nehmen währenddessen kein Ende. In Slowjansk werden nach Angaben der Sicherheitskräfte etwa 500 Rebellen verletzt, auf Seiten der Armee gibt es zwei Tote und 45 Verletzte.
Die USA und Großbritannien erhöhen am 5. Juni den Druck auf Russland. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz stellten der britische Premierminister David Cameron und US-Präsident Barack Obama Russlands Staatschef Wladimir Putin ein Ultimatum. Putin habe einen Monat Zeit, den ukrainischen Präsidenten Petro Poroschenko anzuerkennen, die Waffenlieferungen in die Ostukraine zu unterbinden und die Unterstützung der prorussischen Separatisten einzustellen. Sollte dies nicht geschehen, würden die Sanktionen weiter verschärft.
Petro Poroschenko wird am 7. Juni als fünfter Präsident der Ukraine vereidigt. Der 48-Jährige schwor im Parlament in der Hauptstadt Kiew seinen Amtseid. In seiner Rede bekräftigt Poroschenko: Die Ukraine soll Mitglied der EU werden. Zugleich macht er den Anspruch auf die von Russland annektierte Halbinsel Krim deutlich und verspricht den Menschen in der Ostukraine mehr Souveränität.
Russland will die Grenze zur Ukraine offenbar verstärkt überwachen. Präsident Wladimir Putin habe Geheimdienst und Grenztruppen angewiesen, die Kontrollen zu verstärken und illegale Grenzübertritte zu verhindern, teilt der Kreml laut russischen Nachrichtenagenturen mit. Die G7-Staaten hatten Russland am Donnerstag unter anderem aufgefordert, "den Zustrom von Waffen und Aktivisten über die Grenze zu beenden".
8. Juni: Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko will eine Waffenruhe in der Ostukraine. "Wir sollten in dieser Woche das Feuer einstellen", sagt Poroschenko nach Angaben der Agentur Interfax.
9. Juni: Auch Russland strebt eine Waffenruhe in der Ostukraine an. Die Ukraine müsse den ersten Schritt tun und ihren Militäreinsatz mit Panzerfahrzeugen und Artillerie beenden, um einen Dialog in den Gebieten Donezk und Lugansk zu ermöglichen. Das sagte die Chefin des russischen Föderationsrates, Valentina Matwijenko, im russischen Staatsfernsehen.
Am 10. Juni ordnet der ukrainische Präsident Petro Poroschenko an, humanitäre Fluchtkorridore für die Menschen in der Ostukraine einzurichten. Damit will er den Menschen im umkämpften Osten des Landes eine sichere Flucht ermöglichen. Friedliche Einwohner sollen so das Kampfgebiet ungehindert verlassen können. Die Präsidialverwaltung bezeichnet die Maßnahme als eine Rettungsaktion.
11. Juni: Die Ukraine schlägt ein Kompromissangebot Russlands im Streit über Gaslieferungen aus. Stattdessen peilt sie eine gerichtliche Lösung an, so das Energieministerium. Zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin dem Nachbarland Gas zu einem reduzierten Preis angeboten, wie er auch zu Zeiten des russlandfreundlichen ukrainischen Präsidenten Viktor Janukowitsch galt. Konkret sollte die Ukraine 385 Dollar pro tausend Kubikmeter Gas zahlen.
Die ukrainische Regierung zieht Bilanz: Seit Beginn der "Anti-Terror-Operation" gegen Separatisten in der Ostukraine sind den Behörden zufolge mindestens 250 Zivilisten ums Leben gekommen, darunter etwa 14 Minderjährige.
Am 12. Juni telefonieren der ukrainische und der russische Präsident zum ersten Mal miteinander. Poroschenko legt Putin dabei seine Pläne zur Lösung des Konflikts dar und erhebt neue Vorwürfe gegen Moskau.
Am 14. Juni schießen pro-russische Separatisten nach Regierungsangaben ein ukrainisches Transportflugzeug beim Landeanflug auf Lugansk im Osten des Landes ab. 49 Menschen kommen ums Leben.
Bei einem Angriff auf ukrainische Grenzschützer in Mariupol werden drei ukrainische Soldaten getötet.
16. Juni: Die Ukraine und Gazprom haben ihre Gespräche über ausstehende Gaszahlungen abgebrochen. Russland liefert nun nur noch gegen Vorkasse Gas in die Ukraine und stellt der Ukraine nun offiziell das Gas ab.
Am 20. Juni stellt Petro Poroschenko seinen Friedensplan für die Ostukraine vor. Er sieht u.a. die "Entwaffnung" von Milizen sowie eine "Dezentralisierung der Macht" im Land vor, prorussische Separatisten, die keine "schweren Verbrechen" begingen, sollen straffrei ausgehen, ein "Korridor für russische und ukrainische Söldner" zum Verlassen der Krisenregion soll garantiert werden. Gleichzeitig ordnet Poroschenko eine einwöchige einseitige Feuerpause an.
Am 21. Juni veröffentlicht der Kreml eine Erklärung , in der es heißt, Putin unterstütze den Friedensplan des ukrainischen Präsidenten. "Der Präsident Russlands ruft die Konfliktseiten dazu auf, alle Kampfhandlungen einzustellen und sich an den Verhandlungstisch zu setzen." Zur gleichen Zeit werden tausende russische Soldaten in Zentralrussland in Bewegung gesetzt, um an "Militärübungen" teilzunehmen. Ungeachtet der Feuerpause fallen auch am Wochenende Schüsse. Armee und Aufständische geben sich gegenseitig die Schuld an den Gefechten.
23. Juni: Nach einem Vermittlungstreffen mit Vertretern Russlands und der OSZE in der Separatistenhochburg Donezk wollen auch die prorussischen Separatisten die von Präsident Poroschenko verkündete Waffenruhe bis zum 27. Juni einhalten. Die Feuerpause gilt als zentrales Element des Friedensplans des ukrainischen Präsidenten Poroschenko.
24. Juni: Schon einen Tag nach der von prorussischen Kräften verkündeten Waffenruhe ist der Waffenstillstand wieder in Gefahr. Beim Abschuss eines ukrainischen Militärhubschraubers durch Separatisten kamen neun Soldaten ums Leben.
Trotz der weiter anhaltenden Spannungen mit Russland hat die EU jetzt mit der Ukraine, Georgien und Moldawien ein Assoziierungsabkommen abgeschlossen. Mit Assoziierungsabkommen versucht die EU, Nachbarstaaten enger an sich zu binden, ohne ihnen eine EU-Mitgliedschaft zu eröffnen. Am 27. Juni unterzeichnet Präsident Poroschenko in Brüssel den wirtschaftlichen Teil des Assoziierungsabkommens mit der EU, nachdem der politische Teil schon im März unterschrieben worden war. Die Ukraine hatte ein entsprechendes Abkommen bereits im vergangenen November unterzeichnen wollen, der damalige Präsident Viktor Janukowitsch stoppte das Vorhaben aber auf Druck aus Moskau. Die Kehrtwende löste dann die politische Krise in der Ukraine aus, die zu den Protesten auf dem Maidan, im Februar zur Absetzung der Regierung Janukowitsch und im März zur Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland führte. Nun droht Russland mit "ernsten Konsequenzen".
Juli 2014
Juli 2014
Die Waffenruhe zwischen ukrainischen Militär und pro-russischen Separatisten läuft aus - Weitere Annäherungsbemühungen zwischen der Ukraine und Russland - Gefechte zwischen Separatisten und Militär gehen weiter - Mutmaßlicher Abschuss eines Malaysia Airlines Passagierflugzeugs - Regierung der Ukraine tritt zurück - Regierung bleibt doch im Amt
1. Juli: Die am Vorabend ausgelaufene Waffenruhe im Osten des Landes wird nicht verlängert, heißt es von Staatspräsident Petro Poroschenko. Die "Anti-Terror-Operation" der Armee gegen die prorussischen Separatisten werde nun fortgesetzt. Kurz vor Ablauf der Frist hatte sich Kreml-Chef Wladimir Putin bei einem Telefonat mit Kanzlerin Angela Merkel und dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko dafür ausgesprochen, das Abkommen zu verlängern.
Nach dem Ende der Waffenruhe kämpfen ukrainische Streitkräfte wieder gegen prorussische Separatisten. In Donezk liefern sich beide Parteien schwere Gefechte.
2. Juli: Die Außenminister Laurent Fabius (Frankreich), Pavlo Klimkin (Ukraine), Frank-Walter Steinmeier (Deutschland) und Sergei Lavrov (Russland) treffen sich in Berlin, um gemeinsam über eine Lösung in der Ukraine-Krise zu beraten. Das vorläufige Ergebnis der Verhandlungen: Russland und die Ukraine streben eine Waffenruhe in der Ostukraine an. Eine Kontaktgruppe soll den beidseitigen Waffenstillstand ausarbeiten.
3. Juli: Im Kampf gegen die Separatisten setzt der ukrainische Präsident Poroschenko auf eine neue Militärführung. Auf seinen Vorschlag bestätigt das Parlament Waleri Geletej als neuen Verteidigungsminister und Viktor Muschenko als neuen Generalstabschef. Geletej kündigt eine baldige "Siegesparade" auf der von Russland annektierten Krim an.
4. Juli: Bei den schweren Kämpfen in der Ost-Ukraine gibt es nach Angaben von Regierungstruppen erneut viele Tote. Durch Luftangriffe und Artillerie seien sechs Stellungen pro-russischer Separatisten zerstört und der Ort Nikolajewka vollständig von den Truppen eingeschlossen worden, teilt ein Sprecher des "Anti-Terror-Einsatzes" mit. Dabei seien mindestens 150 Aufständische getötet worden. Auch zwei ukrainische Soldaten seien ums Leben gekommen, vier weitere verletzt, heißt es.
5./6. Juli: Ukrainische Soldaten rücken weiter gegen Stellungen der moskautreuen Kämpfer im Osten des Landes vor. Nach Einnahme der lange umkämpften Stadt Slowjansk meldet die Führung in Kiew einen weiteren Erfolg: Die Rebellen hätten den benachbarten Stützpunkt Kramatorsk aufgegeben. Schließlich nähert sich das ukrainische Militär der Metropole Donezk. Dort halten sich prorussische Milizen zu Tausenden verschanzt.
8. Juli: Die ukrainische Regierung lehnt jegliche Verhandlungen mit den Separatisten im Osten des Landes ab, solange diese nicht ihre Waffen niederlegen. Die prorussischen Rebellen müssten ihr komplettes Arsenal abgeben, bevor die Gespräche aufgenommen werden könnten, sagte der neue Verteidigungsminister Waleri Geletej. Bis auf Weiteres werde die "Anti-Terror-Offensive" fortgeführt, so Geletej.
10. Juli: Ukrainische Truppen rücken auf Donezk und Lugansk vor, offenbar liefern sich die Soldaten schwere Gefechte mit den dortigen Separatisten. Dutzende Menschen sollen getötet worden sein.
13. Juli: Das ukrainische Militär geht erneut massiv gegen die Rebellen im Osten des Landes vor. Nach eigenen Angaben tötet die Luftwaffe Dutzende prorussische Separatisten.
14. Juli: Im Grenzgebiet Lugansk wird dem ukrainischen Verteidigungsministerium zufolge ein ukrainischer Transportflieger vom Typ Antonow-26 abgeschossen. Prorussische Separatisten haben nach eigenen Angaben fünf Besatzungsmitglieder in ihre Gewalt gebracht.
15. Juli: Im ostukrainischen Ort Snischne wird ein Wohngebäude getroffen und teilweise zerstört. Elf Zivilisten seien ums Leben gekommen, so die Gesundheitsbehörden in der von Rebellen gehaltenen Stadt. Es ist unklar, wer für den Angriff verantwortlich ist.
16. Juli: Die auch von Kanzlerin Angela Merkel und Außenminister Frank-Walter Steinmeier mit Nachdruck geforderten Krisengespräche per Videokonferenz kommen nicht zustande. Die Ukraine und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) geben den prorussischen Kräften die Schuld daran, dass die Bemühungen scheitern. Es gebe zu wenig Willen, sich für substanzielle Gespräche für eine beiderseitige Waffenruhe einzusetzen, kritisiert die OSZE.
In Kooperation mit der EU verhängt Amerika neue Sanktionen gegen Moskau. Russland müsse Waffenlieferungen in die Ukraine stoppen und sich auf internationale Vermittlungsgespräche einlassen, so US-Präsident Obama. Die Strafmaßnahmen zielen unter anderem auf die Gazprombank ab. Sanktionen erhebt Amerika zudem gegen weitere Vertreter der russischen Regierung, darunter einen Direktor des Geheimdienstes und den Minister für die Krim.
Von EU-Seite aus zielen die Strafmaßnahmen jetzt auch gezielt gegen Unternehmen, staatliche Stellen oder Organisationen, die zu einer Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine beitragen. Außerdem soll die Europäische Investitionsbank (EIB) vorerst keine neuen öffentlichen Projekte in Russland mitfinanzieren.
17. Juli: Die USA haben weitere Sanktionen gegen Russland verhängt. Die Energiefirmen Rosneft und Novatek sowie die Gazprombank und die Bank für Außenwirtschaft sollen weitgehend vom US-amerikanischen Finanzmarkt abgeschnitten werden.
Über der Ostukraine wird ein Passagierflugzeug der Malaysia Airlines mit der Flugnummer MH17 vermutlich abgeschossen. An Bord sind fast 300 Menschen - darunter 193 aus den Niederlanden und vier Deutsche. Die Ukraine und Russland schieben sich gegenseitig die Schuld zu.
18. Juli: Einen Tag nach dem mutmaßlichen Abschuss einer Passagiermaschine über der Ostukraine mehren sich die Rufe nach einem internationalen Ermittlungsverfahren und nach Konsequenzen. US-Geheimdienstkreisen zufolge wurde die Boeing 777 vermutlich von einer Boden-Luft-Rakete russischer Bauart getroffen. Russland sieht die Schuld bei der Ukraine.
Der UN-Sicherheitsrat hat eine unabhängige Untersuchung des mutmaßlichen Abschusses von Flug MH17 in der Ostukraine gefordert. Die 15 Mitgliedsländer riefen zudem "alle Parteien" dazu auf, "sofortigen Zugang" zu der Absturzstelle zu gewähren.
21. Juli: Vier Tage nach dem Absturz von MH17 ist die Ursache der Katastrophe weiter ungeklärt. Schwer bewaffnete prorussische Separatisten kontrollieren das rund 35 Quadratkilometern große Absturzgebiet. Die Flugschreiber der Maschine befinden sich im Besitz der Rebellen und sollen laut Separatistenanführer Alexander Borodaj an internationale Organisationen übergeben werden. Erst am Mittag sind die ersten ausländischen Experten am Absturzort von Flug MH17 eingetroffen. Niederländische Ermittler beginnen jetzt mit der Identifizierung der Opfer. Internationale Luftfahrtexperten sind auch vier Tage nach dem Absturz nicht vor Ort.
Der UN-Sicherheitsrat verabschiedete eine Resolution mit der Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung des Absturzes. Die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO soll bei der Untersuchung eine "zentrale Rolle" spielen. Experten müssten sofort Zugang zur Unglücksstelle erhalten. Alle 15 Mitglieder des Gremiums stimmten dem Papier am Abend in New York zu.
22. Juli: Die prorussischen Separatisten haben die Flugschreiber von MH17 an malaysische Experten zur Auswertung übergeben.
Das ukrainische Parlament in Kiew hat einen Erlass von Präsident Poroschenko bestätigt, in dem er eine Teilmobilmachung beschlossen hat. Die Teilmobilmachung bedeutet die Masseneinberufung von Männern im wehrdienstfähigen Alter sowie von Reservisten.
Experten-Teams verschiedener Nationen haben begonnen, die Unglücksstelle zu untersuchen. Auf Bitten der Ukraine werden niederländische Experten die Untersuchung zur Absturzursache von Flug MH17 leiten.
23. Juli: Die Kampfhandlungen in der Ostukraine gehen weiter. Die prorussischen Separatisten in der Ostukraine schießen zwei Kampfjets der ukrainischen Luftwaffe ab. Das teilen ein ukrainischer Militärsprecher sowie die Aufständischen mit.
24. Juli: Die ukrainische Regierung ist mitten in der schwersten Krise zurückgetreten. Zuvor hatten die Parteien Udar sowie die nationalistisch geprägte Swoboda ihren Austritt aus der Koalition verkündet. Im Parlament waren daraufhin mehrere Wirtschaftsgesetze gescheitert. Ministerpräsident Arseni Jazenjuk machte damit den Weg frei für Neuwahlen des Parlaments. Als möglicher Termin gilt der 26. Oktober. Das Land steht vor tiefgreifenden Reformen. Der bisherige ukrainische Vize-Ministerpräsident Wladimir Groisman soll die Regierung übergangsweise führen.
25. Juli: die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch beschuldigt das ukrainische Militär, Zivilisten in Donezk mit Raketen beschossen zu haben. Die Flugkörper vom Typ "Grad" seien demzufolge zielungenau - ihr Einsatz im bewohnten Gebiet gelte als ein Kriegsverbrechen.
26. Juli: Die EU erhöht in der Ukraine-Krise den Druck auf Russland: Mehrere hochrangige Behördenvertreter und Unternehmen stehen auf ihrer Sanktionsliste. Auch die Vermögenswerte der Chefs des russischen Inlands- sowie des Auslandsgeheimdienstes Alexander Bortnikow und Michail Fradkow würden eingefroren, heißt es von EU-Vertretern.
29. Juli: Nach der EU verschärfen auch die USA ihre Strafmaßnahmen gegen Russland in der Ukraine-Krise. US-Präsident Obama zufolge sind härtere Handelsbeschränkungen im Energie-, Finanz- und Waffensektor verhängt worden.
Wegen anhaltender Kämpfe zwischen den Separatisten und der ukrainischen Armee können die internationalen Experten die Unglücksstelle von Flug MH17 seit Tagen nicht erreichen.
31. Juli: Die Regierungskrise ist vorerst abgewendet. Das ukrainische Parlament hat mit großer Mehrheit den Rücktritt von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk abgelehnt. Das Parlament beschließt außerdem eine Kriegsabgabe von 1,5 Prozent auf alle steuerpflichtigen Privateinkommen im Land. Diese soll bis zum 1. Januar 2015 gelten. Noch vor einer Woche hatten die Abgeordneten neue Steuergesetze zur Finanzierung des Bürgerkrieges in der Ostukraine abgelehnt. Die Abgeordneten haben auch entschieden, dass Australien und die Niederlande bewaffnete Kräfte an den Absturzort von MH17 in der Ostukraine entsenden dürfen, um ihre Ermittler zu schützen.
Internationale Ermittler gelangen unterdessen erstmals zum Absturzort von MH17.
Der Druck auf Moskau wächst weiter. Die 28 EU-Regierungen beschließen offiziell die Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union gegen Moskau.
Kernstück der Wirtschaftssanktionen ist eine Erschwerung des Zugangs russischer Banken zu den für Moskau wichtigen Kapitalmärkten der EU.
August 2014
August 2014
Manöver von NATO und Russland - Härtere Sanktionen gegen Russland - Importverbot Russlands für westliche Lebensmittel - Kämpfe in Donezk und Lugansk - Ergebnissloses Krisentreffen in Berlin - Treffen zwischen Poroschenko und Putin
3. August: Die Nato reagiert auf die von ihr so genannte "russische Aggression": Generalsekretär Rasmussen will Manöver verstärken und lässt neue Verteidigungspläne ausarbeiten.
In den Konfliktgebieten Lugansk und Donezk daueren die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten unterdessen an. Bei Gefechten werden neun Menschen getötet. In Kiew verbreitet das Militär Erfolgsmeldungen. Die Orte Krasnogorowka und Staromikschailowka seien eingenommen worden, hieß es. Mit der Kontrolle über die beiden Ortschaften stehe man unmittelbar vor Donezk.
4. August: Russische Luftstreitkräfte üben mit einem Großaufgebot an Flugzeugen an der ukrainischen Grenze und in Zentralrussland. Ein Manöver dieser Größe mit Kampfjets und Hubschraubern habe es noch nie gegeben.
Auch in Nato-Staaten hatte es zuletzt im Zuge des Ukraine-Konflikts Militärmanöver gegeben. Wegen der Konfrontation zwischen Russland und dem Westen erhalten solche Übungen erhöhte Aufmerksamkeit.
5. August: Wie die UNO mitteilt, sind seit Jahresbeginn rund 730.000 Menschen aus der Ukraine nach Russland geflüchtet. Zudem gebe es in der Ukraine selbst 117.000 Vertriebene. Tag für Tag wachse die Zahl der Vertriebenen um etwa 1.200 an.
6. August: Zum ersten Mal attackiert die ukrainische Luftwaffe das Zentrum der Separatistenhochburg Donezk. Zwei Kampfjets fliegen über die Millionenstadt im Osten des Landes, die von prorussischen Separatisten kontrolliert wird.
Der Kreml verhängt Einfuhrverbote und -begrenzungen für zahlreiche Waren aus Europa. Betroffen seien Agrarprodukte, Rohstoffe und Lebensmittel aus jenen Länder, die im Ukraine-Konflikt Sanktionen gegen Moskau erlassen hätten, teilt Russlands Präsident Putin mit.
7. August: Russlands Regierungschef Dmitrij Medwedew kündigt als Reaktion auf die Sanktionen des Westens ein "komplettes Embargo" für Lebensmittel aus der EU, den USA, Australien, Kanada und Norwegen an. Betroffen sind Fleisch, Milch, Obst und Gemüse. Gelten sollen die Einfuhrverbote zunächst für ein Jahr.
9./10. August: Die ukrainische Armee nimmt die Großstädte Donzk und Lugansk weiter unter Beschuss. Bei den Gefechten sterben mindestens 13 Soldaten und mehrere Zivilisten. Washington und Berlin warnen Moskau davor, dass jede russische Intervention, auch zu einem angeblichen humanitären Zweck inakzeptabel sei.
12. August: Russland will mit 280 Lastwagen Medikamente, Trinkwasser und Lebensmittel in die Ostukraine liefern. Doch die Regierung in Kiew macht die Grenze dicht - Kiew befürchtet eine verkappte Militärintervention. Im Osten der Ukraine werden infolge der Kämpfe zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten insbesondere in den Rebellenhochburgen Donezk und Lugansk Lebensmittel und Wasser immer knapper.
14. August: Einheiten der ukrainischen Armee nehmen die Rebellenhochburg Donezk unter Beschuss. Erstmals schlagen Granaten nahe dem Stadtkern ein.
15. August: Nach Angaben der ukrainischen Armee hat eine russische Militärkolonne die Grenze überschritten. Die meisten Fahrzeuge seien bei einem Artillerieangriff auf die gepanzerten Truppentransporter und Militärlastwagen zerstört worden. Russland dementiert die Meldung.
16. August: Russland und die Ukraine einigen sich offenbar darüber, wie es mit dem russischen Hilfskonvoi für die Ostukraine weitergehen soll. Kiew müsse noch grünes Licht für den Grenzübertritt geben, und das Rote Kreuz warte auf „Sicherheitsgarantien“ für den Transport der Hilfsgüter auf ukrainischem Territorium. Die etwa 280 Lastwagen, die nach Moskaus Angaben mit 1.800 Tonnen Hilfsgütern beladen sind, stehen noch immer 30 Kilometer vor der ukrainischen Grenze in der Ortschaft Kamensk-Schachtinski.
17. August: Ein Krisentreffen von Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier mit seinen Ministerkollegen aus der Ukraine, Russland und Frankreich geht nach fast fünf Stunden ergebnislos zu Ende. Russlands Außenminister Sergej Lawrow verlässt den Tagungsort in Berlin-Tegel ohne einen Kommentar. Steinmeier spricht von einem "schwierigen Gespräch". In einzelnen Punkten habe man aber Fortschritte erzielt.
Der ukrainische Außenminister Pawel Klimkin bittet die Europäische Union und die Nato um militärische Hilfe im Konflikt mit den prorussischen Separatisten im Osten des Landes.
18. August: In der Nähe von Lugansk wird ein Buskonvoi mit Flüchtlingen angeblich von Raketen getroffen. Das meldet ein Sprecher des ukrainischen Militärs. Separatisten seien für den Angriff verantwortlich. Es habe viele Opfer gegeben. Ein Rebellenvertreter wies die Anschuldigung zurück.
20. August: Die ukrainische Armee erobert nach eigenen Angaben die bisher von Separatisten kontrollierte Stadt Lugansk großteils zurück. Von Seiten der Separatisten wird das weder bestätigt noch dementiert. Auch aus Donezk werden schwere Kämpfe gemeldet.
22. August: Der russische Hilfskonvoi ist auf dem Weg nach Lugansk. Nach eigenen Angaben will die Regierung in Moskau die Weiterfahrt auch ohne das Einverständnis Kiews fortsetzen.
23. August: Die Lastwagen des umstrittenen russischen Hilfskonvois verlassen die Ukraine nach Angaben eines Vertreters der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) ohne Zwischenfälle wieder.
Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft sich mit dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko in Kiew. Dabei sagt Merkel der Ukraine politische und finanzielle Unterstützung zu. Es geht um Bürgschaften über 500 Millionen Euro, die vom ukrainischen Staat oder privaten Investoren als Kredite für den Bau von Schulen oder der Wasser- und Energieversorgung genutzt werden können.
24. August: Mitten im Konflikt mit pro-russischen Separatisten im Osten der Ukraine feiert das Land mit einer Militärparade in Kiew den 23. Jahrestag der Unabhängigkeit von Russland. Rund 1500 Soldaten marschieren durch die Hauptstadt, gefolgt von Panzerfahrzeugen und Lastwagen mit Raketensystemen. Tausende Menschen kommen mit blau-gelben Nationalflaggen auf den Unabhängigkeitsplatz Maidan.
Präsident Petro Poroschenko kündigt die Aufrüstung der ukrainischen Armee an. In den kommenden drei Jahren sollen dafür umgerechnet mehr als 2,2 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt werden.
25. August: Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko löst das Parlament vorzeitig auf. Die Neuwahlen sollen am 26. Oktober stattfinden. Die Koalition in Kiew war vor einem Monat zerbrochen. Die Parteien konnten sich nicht auf eine neue Regierung einigen.
26. August: Erstmals seit Monaten verhandeln der ukrainische Präsident Petro Poroschenko und Kremlchef Wladimir Putin wieder direkt miteinander. In der weißrussischen Hauptstadt Minsk reden die beiden zwei Stunden lang unter vier Augen miteinander über die Ukraine-Krise.
Poroschenko kündigt danach einen Fahrplan für eine Waffenruhe im Osten der Ukraine an. Die Feuerpause müsse von beiden Seiten eingehalten werden, fordert der ukrainische Präsident. Putin zufolge sind die Verhandlungen über eine Waffenruhe mit den Separatisten Sache der Ukraine. Sobald der Friedensprozess beginne, werde Russland seinen Beitrag leisten.
28. August: Die USA vermuten eine "von Russland geführte Gegenoffensive" in der Ostukraine. Zuvor hatte Kiew Moskau vorgeworfen, einen Militärkonvoi in die Ukraine geschickt zu haben. Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert von Russlands Präsident Wladimir Putin Aufklärung.
Laut ukrainischem Sicherheitsrat ist die Stadt Nowoasowsk russischen Truppen in die Hände gefallen. Präsident Poroschenko spricht von einer Intervention. Die Separatisten bestätigen den Einsatz russischer Soldaten. Russland dementiert den Einmarsch.
29. August: US-Präsident Barack Obama macht Russland direkt für die Eskalation in der Ostukraine verantwortlich. Die Separatisten würden von Russland trainiert, bewaffnet und finanziert. Wiederholt und absichtlich habe Russland die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine verletzt. Die jüngsten Aktivitäten Moskaus würden "weitere Kosten und Konsequenzen" nach sich ziehen, drohte Obama. Ein militärisches Eingreifen der USA in den Konflikt schloss er aus.
Unterdessen lobt Russlands Präsident Wladimir Putin den Einsatz der Separatisten in der Ukraine, bestreitet aber weiterhin die Teilnahme russischer Kampfverbände.
September 2014
September 2014
Präsidenten sprechen miteinander - Hoffnung auf Waffenruhe - Vereinbarung von Minsk - Seemanöver im schwarzen Meer - Neue Sanktionen gegen Russland - Assoziierungsabkommen verabschiedet - Prorussische Separatisten kündigen eigene Wahlen für 2. November an
1. September: Die ukrainische Armee gibt eigenen Angaben zufolge den umkämpften Flughafen Lugansk auf. Ukrainische Fallschirmjäger hätten sich eine schwere Schlacht mit einem Panzerbataillon der russischen Streitkräfte um den Flughafen geliefert. Schließlich habe die Armee den Befehl zum geordneten Rückzug erhalten, um weitere Verluste zu verhindern. Der Flughafen von Donezk ist weiterhin umkämpft.
3. September: Präsident Petro Poroschenko kündigte nach einem Telefongespräch mit Kremlchef Wladimir Putin eine Waffenruhe an. Präsident Putin hat einen Plan für die Beendigung der Ukraine-Krise vorgestellt. Sieben Punkte sollen den Konflikt lösen.
- Einstellen der aktiven Angriffsoperationen der Streitkräfte, der bewaffneten Einheiten des Landsturms des Südostens der Ukraine in den Bereichen Donezk und Lugansk.
- Die bewaffneten Einheiten der Ukraine in eine Entfernung verlegen, die ausschließt, das Wohnorte weiter beschossen werden.
- Internationale Beobachter kontrollieren die Einhaltung des Plans.
- Ein Verbot, Militärflugzeuge gegen friedliche Bürger und Wohnsiedlungen im Konfliktgebiet einzusetzen.
- Ein Gefangenen-Austausch ohne Vorbedingungen
- Einrichtung humanitären Korridore für Flüchtlinge und humanitäre Güter.
- Entsendung von „Reparaturbrigaden“ vor, die „soziale und lebensnotwendige Infrastruktur“ erneuern sollten.
4. September: Die Ukraine hat für den 5. September die Unterzeichnung eines mehrstufigen Friedensplans für die Ostukraine angekündigt, der als ersten Schritt eine Waffenruhe mit den Separatisten vorsieht. Auch die Separatisten im Osten der Ukraine sind offenbar zu einer Waffenruhe bereit.
5. September: Unterhändler der Regierung in Kiew, den prorussischen Separatisten, Russlands und der OSZE vereinbaren im Protokoll von Minsk eine Feuerpause für das umkämpfte Gebiet Donbass. Sie tritt am Abend in Kraft.
EU-Diplomaten einigen sich auf schärfere Sanktionen der Europäischen Union gegen Russland. Die neue Sanktionsliste enthält unter anderem Wirtschaftssanktionen und zusätzliche Reiseverbote. Zudem sollen weitere Konten eingefroren werden. Betroffen sind neben etwa 20 Personen auch die russische Gazprom-Bank und der Ölkonzern Gazprom Neft.
6. September: Russland kündigt an, auf die neuen EU-Sanktionen reagieren zu wollen. Die Europäische Union würde mit einem neuen Sanktionspaket ein "Signal der direkten Unterstützung der 'Kriegspartei' in Kiew" senden, so das russische Außenministerium. Die Waffenruhe in der Ostukraine hält unterdessen.
7. September: Die vereinbarte Feuerpause in der Ostukraine ist brüchig. In der Separatistenhochburg Donezk sind Schüsse und Explosionen zu hören. In Mariupol wird eine Frau erschossen.
8. September: Gegen den Protest Russlands starten die Ukraine und die NATO-Bündnispartner USA, Kanada, Rumänien, Spanien und die Türkei im Schwarzen Meer ein gemeinsames Seemanöver. Ziel der dreitägigen Übung "Sea Breeze 2014" sei das Gewährleisten der maritimen Sicherheit in einem Krisengebiet, teilte das Verteidigungsministerium in Kiew mit. Das Manöver findet vor der südwestlichen Schwarzmeerküste der Ukraine statt und damit unweit der im März von Russland annektierten Halbinsel Krim.
Die EU-Staaten haben sich auf das neue Sanktionspaket geeinigt.
9. September: Der erste Bericht zum Absturz von Flug MH17 bringt keine Aufklärung über die Verantwortung für die Katastrophe mit 298 Todesopfern. In den Untersuchungsergebnissen des niederländischen Ermittlerteams heißt es, das Passagierflugzeug von Malaysia Airlines sei "von einer großen Anzahl an energiereichen Objekten" getroffen und so zum Absturz gebracht worden. Von wem und von wo – aus der Luft oder vom Boden – die Geschosse abgegeben wurden, dazu enthält der Bericht des Dutch Safety Board keine Erkenntnisse. Die Ermittler haben weiterhin keinen Zugang zu dem Absturzgebiet.
Die EU schiebt härtere Sanktionen gegen Russland noch einmal auf. Man wolle abwarten, ob die Vereinbarungen zur Umsetzung einer Waffenruhe in der Ostukraine auch eingehalten werden.
10. September: Laut dem ukrainischen Präsidenten Poroschenko hat Russland 70 Prozent seiner Truppen aus dem Nachbarland abgezogen. Russland dementiert weiterhin, Truppen auf ukrainischem Boden zu haben. Trotzdem hält Poroschenko die Waffenruhe zwischen ukrainischem Militär und den Separatisten für schwierig. Diese würden nach wie vor ukrainische Sicherheitskräfte provozieren.
11. September: Die Ukraine will sich während der Waffenruhe im Osten mit Befestigungsanlagen auf neue mögliche Angriffe der russischen Separatisten rüsten. An der Grenze zu Russland lässt die Regierung in Kiew Verteidigungsanlagen bauen.
12. September: Neue Wirtschaftssanktionen der Europäischen Union gegen Russland werden heute gültig. Die Strafmaßnahmen richten sich auch gegen die Konzerne Rosneft, Transneft und Gazprom. Der Kreml reagiert mit Kritik auf die neuen Sanktionen und plant ebenfalls Strafen.
13. September: Ein zweiter russischer Hilfskonvoi soll während der vereinbarten Waffenruhe die Grenze zur Ukraine überquert haben und im Osten der Krisenregion in Richtung der Großstadt Lugansk fahren.
14. September: Das ukrainische Militär und prorussische Separatisten tauschen in der Ostukraine Gefangene aus. Zuvor hatte es zähe Verhandlungen gegeben. Die Übergabe habe etwa 60 Kilometer südlich der Großstadt Donezk stattgefunden, meldeten russische Agenturen. In Donezk werden nach Angaben der Verwaltung sechs Menschen getötet und 15 weitere verletzt. Es handele sich um den schlimmsten gemeldeten Gewaltausbruch seit Inkrafttreten der Feuerpause am 5. September.
Währenddessen haben mehrere Nato-Staaten nach Angaben des ukrainischen Verteidigungsministers Waleri Geletej im Ostukraine-Konflikt begonnen, die Regierungstruppen mit Waffen zu beliefern. Zur Art der Waffen und zu den Herkunftsländern machte der Minister keine Angaben.
Die NATO und die USA beginnen ein großes Militärmanöver im Westen der Ukraine. Auch die Bundeswehr beteiligt sich mit einigen Soldaten daran. Russland sieht in der Präsenz von Soldaten aus Nato-Staaten eine schwere Provokation und eine Gefahr für die Waffenruhe. Das Manöver mit insgesamt 1300 Soldaten aus der Ukraine und weiteren 15 Staaten ist rund 1200 Kilometer vom Konfliktgebiet Donbass entfernt.
16. September: Die Parlamente der Ukraine und der EU verabschieden ein Assoziierungsabkommen. Eigentlich hätte das Abkommen bereits Ende November 2013 in Kraft treten sollen. Ex-Präsident Janukowitsch verweigerte jedoch seine Unterschrift. Es kam zum Umbruch in der Ukraine und dem andauernden Konflikt mit Russland. Das Assoziierungsabkommen besteht aus einem politischen und einem wirtschaftlichen Teil. Ersterer definiert die gemeinsame politische Agenda. So soll die Ukraine demokratische Grundsätze fördern sowie die Menschenrechte stärken. Gleichzeitig geht es darum, in Fragen der internationalen Sicherheitspolitik und beim Thema Korruption zusammenzuarbeiten. Zum Abkommen gehört auch ein Freihandelsvertrag. Ursprünglich sah es vor, dass fast alle Zölle beseitigt würden. Ukrainische Exporteure hätten dadurch Millionen Euro einsparen können. Dessen Umsetzung hat die EU allerdings auf Druck Russlands verschoben. Die Regierung in Moskau fürchtet, dass künftig Waren aus der EU, für die Russland Zölle erhebt, über die Ukraine zollfrei ins Land kommen.
Das ukrainische Parlament verabschiedet ein Gesetz, nach dem die umkämpften Regionen um Donezk und Lugansk künftig einen Sonderstatus haben. Der Sonderstatus gilt für drei Jahre. Das Gesetz verbrieft etwa das Recht auf die eigene Sprache für die russischsprachige Bevölkerung in den Regionen Donezk und Lugansk. Demnach ist auch eine enge Kooperation mit angrenzenden russischen Gebieten geplant. Das Gesetz gesteht den Regionen außerdem eigene Wahlen und die Gründung einer eigenen Volksmiliz in den bisher von prorussischen Separatisten kontrollierten Regionen zu. Zudem sollen die Beteiligten an den bewaffneten Kämpfen straffrei bleiben. Nur besonders schwere Verbrechen sollen geahndet werden. Im Gegenzug sollen die Separatisten in den nicht anerkannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk auf ihre Forderung nach Unabhängigkeit verzichten. Viele Politiker in Kiew sehen in dem Gesetz dennoch die Gefahr einer schleichenden Abspaltung der Ostukraine.
18. September: Rund 4.000 auf der völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel Krim stationierte russische Soldaten werden nach Angaben aus Kiew an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen.
20. September: Die ukrainische Regierung und prorussische Separatisten einigen sich bei einem Treffen in Minsk auf die Einrichtung einer demilitarisierten Zone im Osten der Ukraine. Beide Seiten müssten schwere Waffen um mindestens 15 Kilometer zurückziehen, so der ukrainische Ex-Präsident Leonid Kutschma. Die demilitarisierte Zone soll den Angaben zufolge unter Aufsicht der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) stehen. Die Konfliktparteien hätten zudem vereinbart, in besiedelten Gebieten keine schweren Waffen einzusetzen und die Sicherheitszone nicht mit Flugzeugen oder Drohnen zu überfliegen. Das sei nur Beobachtungsdrohnen der OSZE erlaubt.
Trotz Waffenruhe und Aktionsplan gibt es in der Ostukraine neue Gefechte und Explosionen. Bei Kämpfen sterben dutzende Menschen.
22. September: Ukraines Präsident Poroschenko teilt in einem TV-Interview mit, dass die ukrainischen Regierungstruppen im Verlauf ihrer Einsätze gegen die Separatisten im Osten des Landes schwere Verluste an Material erlitten haben. Es sei zwischen 60 und 65 Prozent der Militärtechnik zerstört worden. Mit dem vereinbarten partiellen Rückzug der Kampftruppen beider Konfliktparteien und der Bildung von Pufferzonen habe die Ukraine jetzt die Gelegenheit, ihre Einheiten wieder aufzufrischen.
23. September: Rebellenführer in der Ostukraine haben Wahlen in den selbsternannten Volksrepubliken Donezk und Lugansk ausgerufen. Für den 2. November 2014 sei die Wahl eines Parlamentes und eines Regierungschefs geplant. Die Regierung in Kiew will die Wahlen nicht anerkennen.
29. September: Ungeachtet der offiziellen Waffenruhe ist zu Gefechten im Gebiet Donezk gekommen. Mindestens 15 Menschen sollen getötet worden sein.
Oktober 2014
Oktober 2014
Die Gefechte in der Ostukraine reißen trotz Waffenruhe nicht ab - Russland zieht Truppen ab - Parlamentswahl am 26. Oktober - Einigung im Gasstreit
1. Oktober: Bei neuen Gefechten in Donezk werden zahlreiche Zivilisten getötet. Ein Kleinbus und eine Schule sollen unter Beschuss geraten sein.
2. Oktober:Die Wirtschaftsleistung der Ukraine bricht in diesem Jahr laut einer Prognose der Weltbank um voraussichtlich acht Prozent ein. Bisher hatte die Institution ein Minus von fünf Prozent vorhergesagt.
9. Oktober: Bei den Gefechten in der Ukraine sind nach neuesten Angaben der Vereinten Nationen seit Mitte April mindestens 3.660 Menschen getötet worden. Mehr als 8.700 Menschen wurden verletzt. Trotz der am 6. September vereinbarten Feuerpause ist die Gewalt in der Region nicht abgeflaut. Seither hat die Uno 331 Todesopfer gezählt. Mehr als 375.000 Menschen sind innerhalb der Ukraine auf der Flucht.
Die ukrainische Staatsführung erlässt ein neues Gesetz gegen die grassierende Korruption im Land und gegen prorussische Funktionäre im Beamtenapparat. Etwa eine Million Staatsbediensteten sind verpflichtet, ihr Vermögen und sämtliche Zusatzeinkünfte zu rechtfertigen. Wer sich weigert, kann bis zu zehn Jahre aus dem öffentlichen Dienst verbannt werden. Ehemalige Agenten des sowjetischen Geheimdiensts KGB sowie frühere Funktionäre der Kommunistischen Partei sollen aus dem Staatsdienst ausgeschlossen werden.
12. Oktober: Nach dem Abschluss eines Manövers in der Region Rostow sollen sich 17.600 russische Soldaten aus der Grenzregion zur Ukraine zurückziehen. Das hat Russlands Präsident Wladimir Putin angeordnet. Die Militärübung sei vorüber, die Einheiten werden zu ihren Stützpunkten zurückkehren.
17. Oktober: Russland und die Ukraine haben sich laut Präsident Putin auf Konditionen für die Gasversorgung der Ukraine im Winter geeinigt."Wir haben uns auf alle Rahmenbedingungen für diese Vereinbarung verständigt", sagte Putin. Zugleich rief er andere Länder auf, der Ukraine bei der Begleichung ihrer Gas-Schulden zu helfen. Diese beliefen sich auf 4,5 Milliarden Dollar.
26. Oktober: Parlamentswahlen in der Ukraine:
Die Ukraine entscheidet sich für Europa und gegen die Links- und Rechtspopulisten. Bei der Parlamentswahl in der Ukraine zeichnet sich ein Sieg der pro-europäischen Parteien ab.
Der Block des Präsidenten Petro Poroschenko erhält laut Hochrechnungen und ersten Teilergebnissen 22 Prozent der Stimmen, die rechtsliberale Volksfront von Ministerpräsident Arseni Jazenjuk kommt ebenfalls auf 22 Prozent.
Die prowestlichen Partei Samopomoschtsch (Selbsthilfe), die Liberalen, kommen laut Prognosen auf 11 Prozent der Stimmen. Die prowestliche Vaterlandspartei der Ex-Regierungschefin Julia Timoschenko schafft mit etwa 6 Prozent nur knapp den Einzug in das Parlament. Die prorussische Partei des ehemaligen Präsidenten Viktor Janukowitsch schafft es den Prognosen zufolge mit fast neun Prozent ebenfalls ins Parlament. Die rechtspopulistische Radikale Partei kommt auf 7,5 Prozent. Die Kommunisten liegen bei nur noch drei Prozent und werden damit das erste Mal seit 1993 nicht ins Parlament einziehen. Der Rechte Sektor, der radikale Flügel der blutigen Proteste auf dem Maidan, erreichte den Prognosen zufolge zwei Prozent.
Unbesetzt bleiben sollen von den 450 Sitzen der Rada die 27 Sitze für die Wahlkreise der von Russland annektierten Halbinsel Krim und den nach Unabhängigkeit strebenden Regionen Donezk und Lugansk, wo die pro-russischen Separatisten die Parlamentswahl nicht zugelassen hatten.
Das Endergebnis soll in zehn Tagen vorliegen.
30.Oktober: Ein kleiner Hoffnungsschimmer: Unter Vermittlung von EU-Energiekommissar Günther Oettinger haben sich die Ukraine und Russland im Gasstreit geeinigt. Der Gaspreis, ein entscheidender Streitpunkt zwischen den Konfliktparteien, wurde auf 385 Dollar pro 1.000 Kubikmeter festgelegt (derzeit liegt der Preis bei 485 Dollar). Die Ukraine muss zudem künftig einen Monat im Voraus das Gas bezahlen. Gesichert sind die Lieferungen nur bis März 2015. Bis Ende des Jahres will die Ukraine Altschulden von insgesamt rund 3,1 Milliarden Dollar tilgen.
November 2014
November 2014
Wahl der Republikchefs und Volksräte in den abtrünnigen Regionen der Ostukraine - Bruch der Waffenruhe- Weitere Sanktionen gegen Russland
2. November: In den umstrittenen Wahlen in der Ostukraine werden die prorussischen Separatistenführer Alexander Sachartschenko in Donezk und Igor Plotnizki in Lugansk bestätigt. Pro-ukrainische Parteien und Kandidaten stehen nicht zur Wahl.
An der Abstimmung in der "Volksrepublik" Donezk haben sich nach Angaben der Wahlkommission eine Million Wählerinnen und Wähler beteiligt. 760.000 stimmen für Sachartschenko, 240.000 für seine beiden Gegenkandidaten. Bei der Wahl zum Volksrat liegt die Partei „Donezker Republik“, deren Liste Sachartschenko anführt, an der Spitze. Ihr haben 660.000 Personen ihre Stimme gegeben.
In der "Volksrepublik" Lugansk bekommt Igor Plotnizki 64 Prozent der Wählerstimmen und liegt damit vor seinen drei Mitbewerbern. In den Volksrat ziehen die von Plotnizki angeführte Bewegung „Frieden für die Lugansker Region“, die 69 Prozent der Wählerstimmen erreichen. Die Wahlbeteiligung liegt bei 68 Prozent.
Nur Russland erkennt die Wahl an. Kiew erklärt die Wahlen im Separatistengebiet für ungültig. UN und EU kritisieren die Wahlen als Hindernis für die Friedensverhandlungen, die Abstimmungen widersprechen zudem den Vereinbarungen von Minsk, dass "vorgezogene lokale Wahlen" nach dem "ukrainischen Gesetz" durchgeführt werden sollen.
4. November: Ukraines Präsident Poroschenko setzt nach den Wahlen in der Ostukraine auf Konfrontation. Seine Regierung will weitere Soldaten entsenden, um die Städte im Osten und Südosten des Landes zu schützen. Es kommt wieder zu Kämpfen mit mindestens 12 Toten.
6. November.: Trotz der Waffenruhe stehen Teile von Donezk und Lugansk im Osten der Ukraine offenbar weiter unter Artilleriebeschuss. Die prorussischen Separatisten beschuldigten die Regierungstruppen, trotz vereinbarter Feuerpause aus einem Vorort von Donezk auf Stellungen der Aufständischen zu schießen. Das russische Außenministerium warf der Ukraine vor, das Genfer Abkommen zu brechen. Die in der Vereinbarung vom April festgehaltenen Maßnahmen sind Teil eines Fahrplans zur friedlichen Lösung der Ukraine-Krise. Das ukrainische Militär hatte stets angegeben, sich an die Waffenruhe zu halten – und nur bei Angriffen das Feuer zu erwidern. Der Sicherheitsrat in Kiew warf der russischen Regierung vor, Truppen von Russland aus in die Ukraine zu bewegen. Moskau wies das zurück.
8.November: Nach Berichten von Augenzeugen kommt es zu den bislang schwersten Kämpfen zwischen ukrainischer Armee und prorussischen Separatisten seit in Kraft treten der Waffenruhe. In der Stadt Donzek, die von den Aufständischen gehalten wird, sollen mehrere Artilleriegranaten eingeschlagen sein, mindestens zehn Menschen seien getötet worden, hieß es. Die Separatisten warfen der ukrainischen Armee die gezielte Zerstörung von Wohnvierteln vor.
11. November: Auch mehr als zwei Monate nach der Unterzeichnung des Abkommens von Minsk sei die Gewalt in der Ostukraine nicht eingedämmt worden und das Risiko einer weiteren Eskalation weiterhin hoch. Das stellt die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) fest.
12. November: Russland kündigt an, seine Bomber-Patrouillen bis an die Grenzen der USA und Kanadas auszuweiten. Als Teil der Ausbildung sollten die Langstreckenbomber über die Gewässer um Nordamerika fliegen, sagte Verteidigungsminister Sergej Schoigu der Nachrichtenagentur Itar-Tass.
Die Nato bestätigt Berichte, wonach Russland seine militärische Präsenz im Osten der Ukraine ausbaut. Die Regierung in Moskau dementiert das.
Derweil verschärfen sich die Kämpfe um die ostukrainische Stadt Donezk. Kiews Uno-Botschafter Jurij Sergejewwarnt vor einer Eskalation der Lage: Russland plane eine "umfassende Invasion".
15. November: Der ukrainische Präsident Poroschenko ordnet an, dass die Bürger in den von Rebellen kontrollierten Gebieten im Osten des Landes keine staatlichen Leistungen mehr erhalten sollen. Das betrifft auch Schulen, Krankenhäuser und Notdienste.
16. November: Eine Annäherung zwischen dem Westen und Russland in der Ukraine-Krise scheint in ferner Zukunft. In einem Fernsehinterview bekräftigt Russlands Präsident Putin noch einmal, Moskau werde nicht zulassen, dass die Regierung in Kiew "alle ihre politischen Gegner vernichtet". Auf dem G20 Gipfel im australischen Brisbane hagelt es von allen Seiten Kritik an Russlands Vorgehen in der Ukraine.
17. November: Die EU-Außenminister beschließen neue Sanktionen gegen die Separatisten in der Ostukraine. Die EU-Kommission soll die Maßnahmen bis Ende des Monats vorbereiten. Bisher stehen 119 Ukrainer und Russen sowie 23 Unternehmen und Organisationen wegen der Ukraine-Krise auf der EU-Sanktionsliste. Mit den Sanktionen wendet sich die EU gegen die jüngst von den Separatisten abgehaltenen Wahlen.
26. November: Mitarbeiter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) werden im Osten der Ukraine angegriffen. Der OSZE zufolge wurde niemand verletzt.
28. November: Die Ukraine meldet neue russische Truppenbewegungen im Osten des Landes. Kiew befürchtet eine Winteroffensive Moskaus. AußenministerPawlo Klimkin fordert deshalb mehr Hilfe von der Bundesregierung.
Dezember 2014
Dezember 2014
Verhandlungen um Waffenruhe - Panne in AKW - Waffenruhe tritt in Kraft - Ukraine beendet Status des Landes als blockfreier Staat
2. Dezember: Die ukrainische Armee und prorussische Aufständische im Raum Lugansk verhandeln nach Angaben der OSZE über eine Waffenruhe. Die schweren Waffen sollen abgezogen werden. Seit dem 1. Dezember werden die Gefechte um den Flughafen von Donezk im Osten der Ukraine laut der ukrainischen Armee weniger.
4. Dezember: Die Rebellen im Osten der Ukraine haben offenbar die Vereinbarungen einer erneuten Waffenruhe ab dem 9. Dezember bestätigt, so die russische Nachrichtenagentur RIA Nowosti.
Im ukrainischen Atomkraftwerk Saporischja hat es eine Panne gegeben. Laut der deutschen Gesellschaft für Reaktorsicherheit war es bereits am 28. November zu einem Kurzschluss im nicht-nuklearen Teil der Anlage gekommen. Die ukrainische Aufsichtsbehörde ordnet die Panne in Saporischja mit Stufe 0 als Ereignis ohne sicherheitstechnische Bedeutung ein.
7. Dezember: Armee und Aufständische in der Ostukraine liefern sich auch zwei Tage vor der geplanten Waffenruhe heftige Kämpfe. Mindestens acht Menschen sterben.
9. Dezember: Die Kämpfe in der Ostukraine werden vorerst eingestellt. Ukrainische Armee und pro-russische Separatisten halten sich an die Waffenruhe. Unklar ist, wie lange die Feuerpause gilt. Die für den 9. Dezember angesetzten Gespräche in Minsk wurden bis auf Weiteres verschoben.
15. Dezember: Weil die Ukraine kurz vor einem Staatsbankrott steht, fordern Deutschland und Frankreich Staatschef Poroschenko auf, die Wirtschaftspolitik zu reformieren. Der ukrainische Ministerpräsident Jazenjuk hatte zuvor eine internationale Geberkonferenz gefordert. Die Ukraine benötige im kommenden Jahr 15 Milliarden Dollar zusätzliche Hilfsmittel.
17. Dezember: Ukraines Präsident Poroschenko will das Land aus der Bewegung der blockfreien Staaten lösen. Damit geht Poroschenko auf Konfrontationskurs mit der Regierung in Russland. Moskaus Außenminister Sergej Lawrow verlangt von der Ukraine, dass die Blockfreiheit des Landes in der Verfassung festgeschrieben werden müsse.
21. Dezember: In Russland wird sich künftig eine offizielle Kommission um die Separatistenregionen Donezk und Lugansk kümmern. Eine entsprechende Verordnung hat Russlands Regierungschef Medwedew beschlossen. Demnach sollen Vertreter verschiedener Ministerien den Wiederaufbau in den Kriegsgebieten koordinieren. In einer Mitteilung des russischen Kabinetts hieß es, die Kommission werde ihre Maßnahmen mit der ukrainischen Regierung abstimmen.
23. Dezember: Das Parlament in Kiew stimmt mit großer Mehrheit einem Gesetz zu, das den Status des Landes als blockfreier Staat beendet. 303 Abgeordnete votieren für die Gesetzesvorlage von Präsident Petro Poroschenko, acht Parlamentarier lehnen sie ab. Als blockfreier Staat gehörte die Ukraine bisher keinem Militärbündnis an. Mittelfristig strebt das Land nun in die NATO. Die Mehrheit der NATO-Staaten ist derzeit allerdings gegen eine Aufnahme des Landes in das Bündnis.
26. Dezember: Bei ihrem ersten Treffen in Minsk nach drei Monaten Pause hat die Kontaktgruppe im Ukraine-Konflikt einen Austausch von Gefangenen vereinbart. Die Ukraine und prorussische Rebellen haben 367 Gefangene ausgetauscht.
30. Dezember: Die ukrainische Wirtschaft ist 2014 nach Angaben der Zentralbank um 7,5 Prozent geschrumpft. Die Inflationsrate habe Ende November im Jahresvergleich 21 Prozent betragen. Für 2015 rechne man nun mit einer Inflationsrate von 17 bis 18 Prozent. Hintergrund seien geplante Preiserhöhungen bei Gas und Strom.
Wo liegt das Baltikum und wo die GUS-Staaten? Was passierte nach dem Ende der Sowjetunion? Und welche Länder gehören inzwischen zur EU? Informationen zu über 20 Ländern der Regionen Baltikum, Ostmitteleuropa und Südosteuropa.
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Wie ist die EU aufgebaut? Welche Länder gehören zur EU? Wellche würden gerne der EU beitreten? Vor welchen Herausforderungen steht Europa aktuell? Unser Europa-Portal liefert Informationen.
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- Der Ukraine-Konflikt
- Chronik des Ukraine-Krieges
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Letzte Aktualisierung: Juli 2023, Internetredaktion LpB BW